Urteil des VG Arnsberg vom 16.07.2003

VG Arnsberg: fachschule, anerkennung, sozialarbeiter, fachhochschule, beamtenverhältnis, abschlusszeugnis, ermächtigung, ergänzung, gleichwertigkeit, hochschulstudium

Verwaltungsgericht Arnsberg, 2 K 90/01
Datum:
16.07.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 90/01
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
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Der Kläger ist Träger der seit ca. 100 Jahren bestehenden A. - Schule, die seit
Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Schulverwaltungsgesetzes
(Berufskolleggesetz) vom 25. November 1997 - GV NW 1997, S. 426 - die Bezeichnung
A. - Berufskolleg trägt. Das Berufskolleg ist eine als Ersatzschule genehmigte private
berufsbildende Schule. Es ist gegliedert in eine Fachschule für Sozialpädagogik, eine
Fachschule für Heilpädagogik und eine Höhere Fachschule für Sozialarbeit. Die zu dem
A. - Berufskolleg gehörende Höhere Fachschule für Sozialarbeit bildet in einer
dreijährigen Schulausbildung, an die sich ein einjähriges Berufspraktikum anschließt,
Sozialarbeiter aus, denen nach erfolgreicher Ausbildung auf Antrag die Berechtigung
zuerkannt wird, die Bezeichnung „staatlich anerkannter Sozialarbeiter"
(Wohlfahrtspfleger) zu führen. Die Absolventen erfüllen die Voraussetzungen, um als
hauptamtliche Bewährungshelfer i. S. d. § 2 des Bewährungshelfergesetzes (BewHG)
tätig zu werden.
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Da der Beklagte mehrfach Absolventen der Höheren Fachschule für Sozialarbeit des A.
- Berufskollegs die Teilnahme an Bewerbungsverfahren zur Einstellung als
hauptamtlicher Bewährungshelfer mit der Begründung versagte, sie erfüllten die
beamtenrechtlichen Voraussetzungen für die Einstellung in die einschlägige Laufbahn
der besonderen Fachrichtungen des gehobenen Dienstes nicht - als Befähigung sei
nach § 32 Abs. 2 Nr. 1 der Laufbahnverordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
(LVO) mindestens das Abschlusszeugnis einer Fachhochschule zu fordern - , richtete
sich der Leiter des A. - Berufskollegs mit Schreiben vom 15. Februar 2000 an den
Beklagten und erbat, in der Zukunft die Absolventen an den beamtenrechtlichen
Auswahlverfahren teilnehmen zu lassen. Zur Begründung machte er geltend, dass die
Absolventen die in § 2 des BewHG genannten Anforderungen für eine hauptamtliche
Tätigkeit als Bewährungshelfer erfüllten. Die bundesgesetzlichen Regelungen des
BewHG gingen den kollidierenden Bestimmungen der auf Landesebene erlassenen
LVO vor.
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Daraufhin holte der Beklagte eine Stellungnahme des Justizministeriums des Landes
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Nordrhein-Westfalen ein. Mit Erlass vom 30. März 2000 bestätigte das Justizministerium
die Rechtsauffassung des Beklagten und führte aus: Die streitige Einstellung in den
gehobenen Dienst setze nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LBG in Verbindung mit § 32 Abs. 2 Nr. 1
LVO zwingend das Abschlusszeugnis einer Fachhochschule voraus. Die von dem
Eingabeverfasser vorrangig als Begründung für sein Begehren angeführte staatliche
Anerkennung als Sozialarbeiter sei bei der Berufung von Bewährungshelfern in das
Beamtenverhältnis lediglich ein zusätzlich zu fordernder Befähigungsnachweis (§ 32
Abs. 3 Nr. 2 LVO). Die an dem A. - Berufskolleg ausgebildeten Sozialarbeiter erfüllten
zwar die in § 2 des BewHG genannten Mindestanforderungen für eine hauptamtliche
Tätigkeit als Bewährungshelfer, damit aber nicht gleichzeitig auch die Voraussetzungen
für die Berufung in das Beamtenverhältnis.
Daraufhin teilte der Beklagte dem Leiter des A. - Berufskollegs mit Schreiben vom 15.
Februar 2000 mit, dass er sich auch in Zukunft nicht in der Lage sehen werde,
Absolventen des A. - Berufskollegs als hauptamtliche Bewährungshelfer in das
Beamtenverhältnis einzustellen.
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Mit der vorliegenden, am 15. November 2000 beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Mit Beschluss vom 8. Januar
2001 - 1 K 6447/00 - hat sich das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen für örtlich
unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 83 Satz 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit § 17 a Abs. 2 Satz 1 des
Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - an das erkennende Gericht verwiesen.
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Zur Begründung seiner Klage wiederholt der Kläger sein bisheriges Vorbringen und
führt ergänzend aus: Die Klage sei zulässig. Die verlangte Anerkennung der Ausbildung
der Absolventen der Schule sei für ihn - den Kläger - von großer, vor allem
wirtschaftlicher Bedeutung. Es müsse ihm möglich sein, den Ausbildungsbetrieb
zukunftsgerichtet zu planen und zu kalkulieren. In jüngerer Zeit lägen von
verschiedenen Einstellungsträgern Anfragen vor, die Zweifel an der Gleichwertigkeit der
Ausbildung erkennen ließen. Es bestehe die konkrete Gefahr, dass sowohl öffentliche
als auch freie Träger der Sozialarbeit Absolventen der Schule ablehnten. Die Folge sei,
dass durch hoheitliche Maßnahmen ein nach der Rechtsprechung sowohl des
Bundesverwaltungsgerichts als auch des Bundesverfassungsgerichts vom Staat zu
verhindernder wirtschaftlicher Niedergang der Ersatzschule eintreten würde. Die
Ausbildung an der Höheren Fachschule für Sozialpädagogik sei vergleichbar mit der
entsprechenden Ausbildung an der Fachhochschule. Dies zeige sich daran, dass auch
die Gesamtausbildung an der Höheren Fachschule nahezu parallel zu der Ausbildung
an der Fachhochschule verlaufe. Die Absolventen der Höheren Fachschule für
Sozialarbeit erlangten ihre staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter und bedienten
dasselbe Berufsfeld wie die Absolventen der Fachhochschule. Die Höheren
Fachschulen seien als Vorgängereinrichtungen der Fachhochschulen diesen im
Vergleich der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen und der Rahmenlehrpläne sogar
überlegen. Durch das Fachhochschulerrichtungsgesetz seien bis zum 1. September
1971 alle öffentlichen Höheren Fachschulen automatisch ohne fachliche oder
personelle Veränderungen zu Fachhochschulen umgewandelt worden. Die
Aufgabenbeschreibung der Höheren Fachschule für Sozialarbeit im Errichtungserlass
sowie in § 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Sozialarbeiter sei mit § 2 des
Fachhochschulgesetzes nahezu identisch. Die Studienzeit sei ebenfalls vergleichbar. §
13 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) bestimme, dass
bei gleichwertiger berufspraktischer Ausbildung oder Tätigkeit die Anforderungen der
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Befähigung für die Laufbahn einander gleichwertig sein müssen. Der
Bundesgesetzgeber habe dementsprechend in §§ 2, 3 des BewHG ohne weitere
Differenzierung bestimmt, dass die staatlich anerkannten Sozialarbeiter
(Wohlfahrtspfleger) die Aufgaben des hauptamtlichen Bewährungshelfers - und zwar in
der Regel als Beamte - wahrnehmen. Die ausnahmslose Bezugnahme des § 32 Abs. 2
Nr. 1 LVO auf den Abschluss an einer Fachhochschule verletze damit bundesrechtliche
und bundesverfassungsrechtliche Grundsätze. Unter allgemeinrechtlichen,
insbesondere verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten sei daher festzustellen, dass die
Höhere Fachschule der A. - Schule der einschlägigen Fachhochschule gleichwertig sei.
Dies gelte vor allem im Lichte der §§ 14 c BRRG und 21 a LBG, die den Bezug auf die
Richtlinien des Europarates - 89/48 EWG - vom 21. Dezember 1988 und - 89/48 EWG -
vom 18. Juni 1992 herstellten. Hieraus folge für die nordrhein- westfälischen
Laufbahnvorschriften, dass keine Vorbildungsanforderungen verlangt werden dürften,
welche über „Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise" hinausgingen,
die „eine mindestens dreijährige Berufsausbildung" abschlössen. Die LVO sei überdies
nichtig, weil es an einem konkreten Ermächtigungsgesetz mangele. Dieses müsse
Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen. Zwar nenne die 7.
Änderungsverordnung zur LVO im Vorspann als Ermächtigungsnorm § 15 Abs. 1 LBG;
dieser enthalte aber nicht das vom Ermächtigungsgesetz vorzugebende
Verordnungsprogramm, welches sich in den in § 15 Abs. 2 LBG genannten §§ 16 bis 26
LBG finde.
Der Kläger beantragt,
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festzustellen, dass die Absolventen der Höheren Fachschule für Sozialarbeit ( A. -
Berufskolleg in Dortmund), die über die Fachhochschulreife und die staatliche
Anerkennung als Sozialarbeiter verfügen, die Einstellungsvoraussetzungen für
hauptamtliche beamtete Bewährungshelfer erfüllen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seine vorprozessualen Ausführungen.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und
des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist als Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO zulässig, aber nicht
begründet. Der Kläger kann die Feststellung, dass die Absolventen der Höheren
Fachschule für Sozialarbeit ( A. - Berufskolleg), die über die Fachhochschulreife und die
staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter verfügen, die Einstellungsvoraussetzungen
für hauptamtliche beamtete Bewährungshelfer erfüllen, nicht verlangen.
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Die am B. A. - Berufskolleg ausgebildeten Sozialarbeiter erfüllen zwar die in § 2 BewHG
genannten Mindestanforderungen für eine hauptamtliche Tätigkeit als
Bewährungshelfer, erfüllen damit aber, auch wenn sie zusätzlich über die
Fachhochschulreife verfügen, nicht gleichzeitig auch die Voraussetzungen für die
Berufung in das Beamtenverhältnis ( Einstellung in den Vorbereitungsdienst für die
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Laufbahn der besonderen Fachrichtungen des gehobenen Dienstes ).
Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LBG i. V. m. §§ 26 Abs. 2, 32 Abs. 2 Nr. 1 LVO ist von Bewerbern
für den hier maßgeblichen gehobenen Dienst mit besonderer Fachrichtung - neben
weiteren Voraussetzungen - das Abschlusszeugnis einer Fachhochschule zu fordern.
Es handelt sich hierbei um eine laufbahnrechtliche Mindestanforderung. In § 32 Abs. 2
LVO werden - ähnlich wie beim mittleren und beim höheren Dienst - die beiden
typischen Gestaltungselemente für die Befähigung in Laufbahnen besonderer
Fachrichtungen verwendet: Vorausgesetzt werden eine bestimmte Vorbildung, die in
Form eines Abschlusszeugnis nachzuweisen ist, und eine hauptberufliche Tätigkeit, die
durch das besondere Erfordernis der staatlichen Anerkennung nach § 32 Abs. 3 Nr. 2
LVO ergänzt wird. Dabei wird das abgeschlossene Fachhochschulstudium nicht (nur)
als Vorbildung, sondern als sachnotwendige Voraussetzung für die Gleichwertigkeit der
hauptberuflichen Tätigkeit und wie diese selbst als Erfordernis für die unmittelbare
Zuerkennung der Befähigung vorausgesetzt. Die hauptberufliche Tätigkeit dient nur der
berufspraktischen Ergänzung der Befähigungsvoraussetzungen.
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Vgl. Höffken / Kohlen / Kleeberg, Laufbahnrecht des Landes Nordrhein - Westfalen,
Stand: März 2003, B II § 32 Anm. 6 a; Schröder / Lemhöfer / Krafft, Laufbahnrecht der
Bundesbeamten, § 35 Rdnr. 7.
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Die ausdrückliche Möglichkeit, auch Bewerber mit Abschlusszeugnis einer
Vorgängereinrichtung der heutigen Fachhochschulen einzustellen, ist durch Änderung
des § 32 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 LVO mit Inkrafttreten der 7. Änderungsverordnung der
LVO vom 32. März 1987 (GV NW 1987, S. 149 ff.) entfallen. Damit hat der
Landesgesetzgeber sich den Mindestanforderungen, die in der
Bundeslaufbahnverordnung (BLV) neben der gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 des
Bundesbeamtengesetzes (BBG) erforderlichen Hochschulreife für Bewerber für die
Laufbahn des gehobenen Dienstes besonderer Fachrichtungen festgeschrieben sind,
angenähert. Denn auch nach § 24 BLV ist - unter anderem - neben einer
hauptberuflichen Tätigkeit zur Ergänzung der Befähigungsvoraussetzungen (vgl. §§ 25
Abs. 5, 34 Abs. 1 Satz 2 BLV) der Abschluss eines Fachhochschulstudiengangs
erforderlich. Der Grund für die seinerzeitige Änderung des § 32 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3
LVO liegt darin, dass Absolventen der Vorgängereinrichtungen der heutigen
Fachhochschulen in der Regel nicht eine zu einem Hochschulstudium berechtigende
Schulbildung und damit nicht die zwingenden Vorbildungsvoraussetzungen für die
Einstellung in eine Laufbahn des gehobenen Dienstes gemäß § 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 Nr.
3 LBG besitzen.
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Vgl. Höffken / Kohlen/Kleeberg, a.a.O., B II § 32 Anm. 6 a).
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Entsprechend setzt auch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung zur Regelung der
Ausbildung, Prüfung und staatlichen Anerkennung von Sozialarbeitern - Runderlass des
Arbeits- und Sozialministers vom 23. März 1959 - IV B4-6910 -, MBl NRW 1959, S. 684
ff, als Voraussetzung für die Aufnahme in die Höhere Fachschule für Sozialarbeit
(Wohlfahrtsschule) nicht die zu einem Hochschulstudium berechtigende Schulbildung
voraus, sondern lässt unter anderem das Zeugnis über den Abschluss einer Realschule
gem. § 4 Abs. 2 b) genügen. Die Möglichkeit zum Erwerb der Fachhochschulreife haben
die Studierenden der Höheren Fachschulen nur, wenn sie am Ende eines
Fachschulbildungsganges mit mindestens 2.400 Unterrichtsstunden die
Fachhochschulreife in einer besonderen Prüfung nachweisen (vgl. die Neufassung der
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Anlage E zur Verordnung über die Ausbildung und Prüfung in den Bildungsgängen des
Berufskollegs vom 29. Juni 2002, GV NRW S. 223 ff ).
Hieraus ergibt sich, dass die Absolventen des A. - Berufskollegs - Höhere Fachschule
für Sozialarbeit - die Mindestanforderungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 LBG i. V. m. § 32 Abs.
2 Nr. 1 LVO nicht erfüllen. Dass die Höhere Fachschule - in staatlicher Form - eine
Vorgängereinrichtung der heutigen Fachhochschulen gewesen ist, ist nicht von
entscheidungserheblicher Bedeutung. Denn die beiden Schulformen entwickeln sich
nunmehr seit der Einrichtung von Fachhochschulen durch das Gesetz über die
Errichtung von Fachhochschulen im Lande Nordrhein- Westfalen (FHEG) vom 8. Juni
1971 nach Ablauf der Überleitungs- und Übergangsregelungen ( vgl. §§ 6, 7 FHEG )
unabhängig voneinander (fort).
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Soweit der Kläger meint, dass § 15 Abs. 1 Satz 2 LBG als Ermächtigung zum Erlass der
Laufbahnverordnung den Anforderungen, die Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -
und Art. 70 Satz 2 der Verfassung des Landes Nordrhein - Westfalen - VerfNRW - an
Inhalt, Zweck und Ausmaß eines Ermächtigungsgesetzes stellen, nicht genüge, ist dem
nicht zu folgen. Denn diesen Erfordernissen genügt eine Ermächtigungsnorm bereits
dann, wenn sich der Gegenstand der Ermächtigung durch Auslegung nach Maßgabe
der allgemein anerkannten Auslegungsmethoden ermitteln und feststellen lässt. Dabei
können zur Klärung von Zweck, Inhalt und Ausmaß der Ermächtigung der
Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Bestimmungen in Beziehung gesetzt und
das Ziel, das die gesetzliche Regelung insgesamt verfolgt, berücksichtigt und auch die
Entstehungsgeschichte der Norm herangezogen werden.
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Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 20. Februar 1952 - 1 F 2/51 -,
Entscheidungen des BVerfG ( BVerfGE) 1, 117 (127, 134 ff); Beschluss vom 11. Februar
1958 - 2 BvL 21/56 -, BVerfGE 7, 267; Urteil vom 5. März 1958 - 2 BvL 18/56 -, BVerfGE
7, 282.
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Danach genügt § 15 Abs. 1 Satz 2 LBG dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit.
Zwar präzisiert § 15 Satz 2 LBG Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nicht bis in
Einzelheiten. Die Ermächtigung ist jedoch genügend konkretisiert durch die bei einer
Auslegung gebotenen Berücksichtigung der das Berufsbeamtentum prägenden
hergebrachten Grundsätze, durch die in §§ 17 bis 26 LBG präzisierten Vorstellungen
des Gesetzgebers zur Gestaltung des Laufbahnrechts, die historische Entwicklung des
Laufbahnrechts und durch den Regelungsinhalt des früheren Laufbahnrechts.
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Durch die mit Inkrafttreten der 7. Änderungsverordnung der LVO erfolgte ersatzlose
Streichung der in Abs. 2 und 3 des § 32 der LVO (a.F.) vorgesehenen Möglichkeit, auch
Bewerber mit Abschlusszeugnis einer Vorgängereinrichtung der heutigen
Fachhochschulen einzustellen, hat das Land Nordrhein-Westfalen auch nicht gegen die
im BRRG festgeschriebenen Grundsätze des Laufbahnrechts verstoßen. Die Kammer
hat keine Bedenken, dass die sich aus § 32 Abs. 2 Nr. 1 LVO ergebende
Befähigungsvoraussetzung des Abschlusses an einer Fachhochschule mit den in § 13
Abs. 2 und Abs. 3 BRRG enthaltenen Regelungen zur Herstellung der Gleichwertigkeit
der Bildungsvoraussetzungen vereinbar ist. Denn es ist durchaus rechtlich zulässig,
Beamte, die dieselbe Tätigkeit ausüben, auf Grund ihrer Vorbildung verschiedenen
Laufbahnen zuzuordnen und verschiedenen Besoldungsgruppen zuzuweisen. Dem
steht nicht etwa der aus Art. 3 GG abzuleitende Grundsatz entgegen, dass gesetzliche
Vorschriften so auszulegen sind, dass in wesentlicher Hinsicht Gleiches auch rechtlich
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gleich behandelt wird. Denn eine unterschiedliche Vorbildung kann ein zulässiges,
sachlich gerechtfertigtes Differenzierungskriterium sein. So beruht etwa die Zuordnung
der Ämter zu Besoldungsgruppen u.a. auf der generellen Überlegung, dass es zulässig
und geboten ist, eine qualifiziertere Vorbildung zur Voraussetzung für eine höhere
Besoldung zu machen, wenn die qualifiziertere Vorbildung generell für die
ordnungsgemäße Erfüllung der höher eingestuften Tätigkeit „von Bedeutung" ist.
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 21. Dezember 2000. - 2 C 41/00 -.
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Diese Überlegungen lassen sich auf die in § 32 Abs. 2 LVO bestimmten
Mindestvoraussetzungen, die an Bewerber für die Laufbahn besonderer Fachrichtungen
zu stellen sind, übertragen. Durch das mit der zu einem Hochschulstudium
berechtigenden Schulbildung einhergehende grundsätzlich höhere Leistungsniveau
unterscheiden sich die (zukünftigen) Studenten der Fachhochschule von den
Vorbildungsvoraussetzungen der (zukünftigen) Schüler der Höheren Fachschulen. Die
qualifiziertere schulische Vorbildung in Form der Hochschulreife ist typischerweise
untrennbar mit den Anforderungen eines Abschlusses an der Fachhochschule
verbunden und mit der Einführung der Fachhochschulen auch bezweckt worden. Dass
der qualifizierteren Vorbildung - generell - für die ordnungsgemäße Erfüllung der
hauptberuflichen Tätigkeit im öffentlichen Dienst - wie die des Sozialarbeiters
(Sozialpädagoge) - Bedeutung beigemessen wird und damit als Befähigungsmerkmal
Eingang in die Laufbahnverordnung auch hinsichtlich der Laufbahn des gehobenen
Dienstes mit besonderer Fachrichtung gefunden hat, ist nicht zu beanstanden.
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Die Zulässigkeit des nach § 32 Abs. 2 Nr. 1 LVO NRW für die Laufbahn des gehobenen
Dienstes besonderer Fachrichtungen maßgeblichen Differenzierungskriteriums der
unterschiedlichen Vorbildung (Abschluss an einer Fachhochschule) wird schließlich
auch nicht durch § 14 c BRRG und § 21 a LBG in Frage gestellt. Diese Vorschriften
schaffen für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union die
Möglichkeit, die Laufbahnbefähigung auch auf Grund der Richtlinie - 89/48 EWG - des
Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der
Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl.
EG 1989 Nr. L 19/16), oder auf Grund der Richtlinie - 92/51/EWG - des Rates vom 18.
Juni 1992 über eine Zweite Allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher
Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie - 89/48/EWG - (ABl. EG Nr. L 209 S.
25), zu erwerben, um sie Deutschen im Sinne des Art. 116 GG für den Zugang zum
Beamtenverhältnis gleichzustellen. Diese Methode der gegenseitigen Anerkennung der
Ausbildungsgänge wurde gewählt, um im Rahmen des Binnenmarktes die Hindernisse
für die berufliche Freizügigkeit rasch zu beseitigen, was bei einer Koordinierung der
Ausbildungsgänge undurchführbar gewesen wäre. Da die gegenseitige Anerkennung
nicht darin besteht, dass die Ausbildungsgänge als einander gleichwertig anerkannt
werden, sondern darin, dass der Aufnahmestaat den Zugang zu einem reglementierten
Beruf oder dessen Ausübung dann nicht verweigern darf, wenn der Bewerber ein
Diplom besitzt, dass ihn in einem anderen Mitgliedstaat zur Ausübung dieses Berufes
berechtigt, werden die Laufbahnregelungen der Mitgliedsstaaten nicht berührt. Vielmehr
ist Grundlage für die gegenseitige Anerkennung das Vertrauen der Mitgliedstaaten auf
die vergleichbare Qualität ihrer Ausbildungsgänge.
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Letztendlich kollidiert die 7. Verordnung zur Änderung der LVO auch nicht mit § 2 des
BewHG. Nach dieser Norm soll der hauptamtliche Bewährungshelfer eine
abgeschlossene sozialpädagogische Ausbildung sowie die staatliche Anerkennung als
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Sozialarbeiter besitzen und sich in der Menschenführung bereits bewährt haben. Zu
Recht weist der Beklagte darauf hin, dass die am B. A. - Berufskolleg ausgebildeten
Sozialarbeiter die in § 2 BewHG genannten Mindestanforderungen für eine
hauptamtliche Tätigkeit als Bewährungshelfer besitzen, damit aber nicht gleichzeitig
auch die Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllen. Die
näheren Voraussetzungen für Beamtenbewerber der einschlägigen Laufbahnen
besonderer Fachrichtungen des gehobenen Dienstes liegen außerhalb des
Regelungsgegenstandes des Bewährungshelfergesetzes und ergeben sich
ausschließlich aus §§ 32 bis 35 LVO. Soweit der Kläger auf das Vorliegen der
staatlichen Anerkennung als Sozialarbeiter abstellt, hält der Beklagte dem zu Recht
entgegen, dass diese Anerkennung im Rahmen der Berufung von Bewährungshelfern in
das Beamtenverhältnis lediglich einen zusätzlich zu fordernden Befähigungsnachweis
darstellt (§ 32 Abs. 3 Nr. 2 LVO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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