Urteil des VG Arnsberg vom 11.12.2008

VG Arnsberg: stellenausschreibung, landrat, gemeindeordnung, vorbereitende handlung, gemeindeverwaltung, begriff, kreis, auflage, datum, beförderung

Verwaltungsgericht Arnsberg, 20 K 2063/07.PVL
Datum:
11.12.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
20. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
20 K 2063/07.PVL
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
G r ü n d e :
1
I.
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Die Beteiligten streiten über das verfassungsmäßig zuständige oberste Organ, dem der
Antrag des Personalrates nach dessen erfolgloser Mitwirkung bei einer
Stellenausschreibung vorzulegen ist.
3
Der Beteiligte legte dem Antragsteller unter dem Datum des 29. Juni 2007 die
Ausschreibung einer nach der Besoldungsgruppe A 7 BBesG bzw. Entgeltgruppe 6
TVöD bewerteten Stelle einer Sachbearbeiterin / eines Sachbearbeiters im Bereich der
Unteren Jagd- und Fischereibehörde zur Mitwirkung vor; nach dem Entwurf der
Stellenausschreibung war keine Teilzeitbeschäftigung möglich. Unter dem 10. Juli 2007
teilte der Antragsteller mit, es sei beabsichtigt, der Stellenausschreibung nicht
zuzustimmen. Nach Erörterung erhob der Antragsteller unter dem 25. Juli 2007
schriftlich Bedenken gegen die Ausschreibung und begründete diese im Wesentlichen
damit, dass Stellen gemäß § 8 Abs. 6 des Landesgleichstellungsgesetzes NRW
grundsätzlich in Teilzeit ausgeschrieben werden müssten und hier keine zwingenden
dienstlichen Belange erkennbar seien, die eine Nichtteilbarkeit rechtfertigten. Daraufhin
teilte der Beteiligte dem Antragsteller unter dem 27. Juli 2007 mit, dass den
Einwendungen nicht entsprochen werde; nach Rücksprache mit der derzeitigen
Stelleninhaberin, den betroffenen Kollegen und dem Fachdienstleiter sei die Stelle aus
organisatorischen Gründen nicht teilbar.
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Am 13. August 2007 beantragte der Antragsteller gemäß § 69 Abs. 6 Satz 1 des
Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen
(Landespersonalvertretungsgesetz - LPVG NRW) die Entscheidung des
Kreisausschusses und wies ergänzend darauf hin, dass sich dessen Zuständigkeit aus
§ 15 Abs. 3 der Hauptsatzung des N. Kreises ergebe. Dem trat der Beteiligte mit
Schreiben vom 31. August 2007 entgegen und führte unter Hinweis auf obergerichtliche
Rechtsprechung aus, die Funktion des verfassungsmäßig zuständigen obersten Organs
in Angelegenheiten von Stellenausschreibungen sei dem Hauptverwaltungsbeamten
übertragen.
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In dem am 20. September 2007 eingeleiteten personalvertretungsrechtlichen
Beschlussverfahren macht der Antragsteller weiterhin geltend, dass die Angelegenheit
dem Kreisausschuss vorzulegen sei, und führt ergänzend und vertiefend aus: Nach § 69
Abs. 6 Satz 1 LPVG NRW und § 15 Abs. 3 der Hauptsatzung des N. Kreises sei der
Kreisausschuss das verfassungsmäßig zuständige oberste Organ. Soweit das
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) im Gegensatz
dazu den Hauptverwaltungsbeamten als zuständig angesehen habe, könne dem nicht
gefolgt werden. Das Oberverwaltungsgericht fasse unter gleichzeitiger unzulässiger
Verbindung die Zuständigkeiten des Dienstvorgesetzten und Landrates unter den
Begriff des verfassungsmäßig zuständigen obersten Organs. Hierdurch werde das
Spannungsverhältnis zwischen Landespersonalvertretungsgesetz und Kreisordnung
nicht aufgelöst. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber im
Landespersonalvertretungsgesetz bewusst und gewollt eine andere Zuordnung
getroffen habe als nach den Vorschriften der Kreisordnung. Dies mache auch
systematisch Sinn, denn die Anrufung des Dienststellenleiters, der schon zuvor die
Einwendungen des Personalrats nicht geteilt habe, sei von vornherein "sinnlos"; hierzu
hätte es der Vorschrift des § 69 Abs. 6 Satz 1 LPVG NRW nicht bedurft. Gerade die
Tatsache, dass konkret auf die Gemeinde bzw. Gemeindeverbände Bezug genommen
werde, verdeutliche, dass der Gesetzgeber eine Überprüfung durch den nach der
Kreisordnung eilzuständigen (richtig: allzuständigen) Kreistag als verfassungsmäßiges
Organ gewollt habe. Dem gemäß gehe § 69 Abs. 6 LPVG NRW als lex specialis der
Kreisordnung vor.
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Der Antragsteller beantragt
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festzustellen, dass er, sofern der Beteiligte den im Rahmen der Mitwirkung bei einer
Stellenausschreibung erhobenen Einwendungen nicht entspricht, berechtigt ist, eine
Entscheidung des Kreisausschusses als dem verfassungsmäßig zuständigen obersten
Organ zu beantragen.
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Der Beteiligte beantragt,
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den Antrag abzulehnen,
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und macht zur Begründung geltend: Er - der Landrat - sei gemäß § 49 Abs. 1 der
Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (KrO NRW) Dienstvorgesetzter der
Bediensteten des Kreises und treffe die dienstrechtlichen und arbeitsrechtlichen
Entscheidungen. Eine grundsätzlich zulässige und davon abweichende Regelung
enthalte die Hauptsatzung des N. Kreises nicht. Lediglich über Widersprüche in
Angelegenheiten der Beamten entscheide gemäß § 15 Abs. 2 der Hauptsatzung der
Kreisausschuss bzw. Kreistag. Bei historischer Betrachtung sei eine Verschiebung der
Zuständigkeiten in personalrechtlichen Angelegenheiten vom Kreistag zum Landrat zu
verzeichnen; bis auf wenige Ausnahmen, wie z.B. der Bestellung des Kämmerers und
des Kreisdirektors oder der Beschäftigten des Rechnungsprüfungsamtes, habe der
Kreistag sämtliche Zuständigkeiten in personalrechtlichen Angelegenheiten verloren.
Dem entsprechend sei der Landrat ausschließlich zuständig für
Stellenausschreibungen. Die durch die Kreisordnung eingeräumte ausschließliche
Zuständigkeit des Landrates werde durch § 69 Abs. 6 LPVG NRW nicht aufgehoben.
Dabei dürfe der Begriff des verfassungsmäßig zuständigen obersten Organs nicht mit
demjenigen des verfassungsmäßig obersten Organs verwechselt werden. Auch der
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Landrat könne das verfassungsmäßig zuständige oberste Organ sein. Diese
Rechtsauffassung werde ebenfalls in den kommunalrechtlichen Standardkommentaren
vertreten. Das gelte gleichermaßen für die höchstrichterliche Rechtsprechung und
diejenige des Oberverwaltungsgerichts zu §§ 68 bzw. 69 LPVG NRW. Nichts anderes
ergebe sich aus § 15 Abs. 3 der Hauptsatzung, der lediglich eine der Kreisordnung
nachrangige Regelung für die Fälle enthalte, in denen nicht der Landrat, sondern der
Kreistag bzw. Kreisausschuss zur Entscheidung berufen sei; das gelte zum Beispiel für
Mitwirkungsangelegenheiten im Zusammenhang mit dem Frauenförderplan oder - je
nach Umfang - für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Auflösung oder
Zusammenlegung von Dienststellen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei
auch eine erneute Anrufung des Dienststellenleiters nicht sinnlos. Schließlich sei der
Landrat in gleicher Weise demokratisch legitimiert wie der Kreistag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Vorgänge des
Beteiligten Bezug genommen.
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II.
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Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist für die vom Antragsteller zur Entscheidung
gestellte Streitfrage das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eröffnet.
Gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1 LPVG NRW entscheiden die
Verwaltungsgerichte im (personalvertretungsrechtlichen) Beschlussverfahren u.a. über
die Zuständigkeit der Personalvertretungen. Zur Zuständigkeit in diesem Sinne gehört
auch die Klärung, bei welchem verfassungsmäßig zuständigen obersten Organ oder
Ausschuss der bei einer Kreisverwaltung gebildete Personalrat eine Entscheidung
gemäß § 69 Abs. 6 Satz 1 LPVG NRW beantragen kann. Diese Entscheidung ist noch
Teil des Mitwirkungsverfahrens. Bei der Frage, wer im Rahmen eines
Mitwirkungsverfahrens endgültig zu entscheiden hat, handelt es sich daher um eine
personalvertretungsrechtliche Verfahrensfrage, nicht aber um eine
organisationsrechtliche Streitfrage, über die im personalvertretungsrechtlichen
Beschlussverfahren nicht entschieden werden könnte.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 1992 - CL 69/89 -, juris RdNrn. 15 bis 17 (in
Abgrenzung zu dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts [BVerwG] vom 17. März
1987 - 6 P 15.85 -, Die Personalvertretung [PersV] 1988, 131).
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Für den Antrag besteht ferner ein Rechtsschutzbedürfnis. Hieran ändert nichts, dass die
ursprünglich streitbefangene Maßnahme, d.h. die Ausschreibung der Stelle einer
Sachbearbeiterin / eines Sachbearbeiters im Bereich der Unteren Jagd- und
Fischereibehörde, zwischenzeitlich durchgeführt worden ist. Denn ein
Rechtsschutzbedürfnis ist in personalvertretungsrechtlichen Streitigkeiten auch dann zu
bejahen, wenn der konkrete Anlass, aus dem sich der rechtliche Streit entwickelt hat,
nicht mehr besteht, die Streitfrage aber gleichwohl der Klärung bedarf, weil sie sich
jederzeit wieder stellen kann und die zu ihr bestehenden Meinungsverschiedenheiten
das Verhältnis von Personalvertretung und Dienststelle beeinträchtigen können. Das gilt
jedenfalls dann, wenn die Streitfrage - wie hier - in zulässiger Weise von dem konkreten
Anlass gelöst und in abstrakter Form zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird. Auch
eine Wiederholungsgefahr ist gegeben, denn zwischen den Beteiligten kann es immer
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wieder zum Streit darüber kommen, bei welchem Organ oder Ausschuss der
Antragsteller die Entscheidung nach § 69 Abs. 6 Satz 1 LPVG NRW bei einer seiner
Mitwirkung unterliegenden Stellenausschreibung zu beantragen hat.
Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Antragsteller ist nicht berechtigt, eine
Entscheidung des Kreisausschusses zu beantragen, sofern der Beteiligte den im
Rahmen der Mitwirkung bei einer Stellenausschreibung erhobenen Einwendungen
nicht entspricht. Das in einem solchen Fall zur Entscheidung berufene zuständige
oberste Organ ist nicht der Kreisausschuss, sondern als Hauptverwaltungsbeamter der
Landrat.
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Gemäß § 73 Nr. 2 LPVG NRW in der jetzt maßgeblichen Fassung des Art. I des
Gesetzes zur Änderung des Personalvertretungsrechts und schulrechtlicher Vorschriften
vom 9. Oktober 2007 (GV NRW S. 394) wirkt der Personalrat, soweit eine gesetzliche
oder tarifliche Regelung nicht besteht, u.a. bei Stellenausschreibungen mit; ein
vergleichbares Mitwirkungsrecht enthielt zuvor § 73 Nr. 9 LPVG NRW a.F. Erhebt der
Personalrat unter Mitteilung von Gründen Einwendungen und entspricht die Dienststelle
(richtig: der Dienststellenleiter) den Einwendungen nicht, so teilt sie dem Personalrat
ihre Entscheidung unter Angabe der Gründe schriftlich mit (§ 69 Abs. 2 Sätze 2 und 4
LPVG NRW). In einem solchen Fall kann der Personalrat u.a. eines
Gemeindeverbandes - wie hier eines Kreises (vgl. § 1 Abs. 2 KrO NRW) - gemäß § 69
Abs. 6 Satz 1 LPVG NRW in der Fassung der Berichtigung vom 4. März 2008 (GV NRW
S. 186) die Entscheidung des verfassungsmäßig zuständigen obersten Organs oder des
von ihm bestimmten Ausschusses beantragen. Das ist bei der in Streit stehenden
Mitwirkungsangelegenheit bei einer Stellenausschreibung nicht der Kreisausschuss des
N. Kreises, sondern dessen Landrat, d.h. der Beteiligte.
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Mit Bezug auf das für die endgültige Entscheidung bei einer mitbestimmungspflichtigen
Umsetzung verfassungsmäßig zuständige oberste Organ hat das
Bundesverwaltungsgericht bereits mit Beschluss vom 17. März 1987 - 6 P 15.85 -
(PersV 1988, 131) in einem obiter dictum darauf hingewiesen, dass für diese
Entscheidung nach § 68 Satz 1 Nr. 2 LPVG NRW der Gemeindedirektor (heute
Bürgermeister) zuständig sei, und zur Begründung Folgendes ausgeführt:
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"Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen i.d.F.
vom 13. August 1984 (GV NW S. 475) - GO - ist der Rat der Gemeinde ,für alle
Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses Gesetz nichts
anderes bestimmt'. Eine diese Allzuständigkeit einschränkende Bestimmung trifft § 54
Abs. 1 Satz 2 GO hinsichtlich der Personalmaßnahmen gegenüber Beschäftigten der
Gemeindeverwaltung, indem er festlegt, daß ,die Beamten der Gemeinden auf Grund
eines Ratsbeschlusses ernannt, befördert und entlassen' werden. Aus dieser Regelung
ergibt sich nämlich im Gegenschluß, daß für alle sonstigen Personalmaßnahmen - also
auch für die Umsetzung von Beamten - der Gemeindedirektor zuständig ist, der gemäß §
53 Abs. 1 Satz 1 GO die Geschäfte der Gemeinde leitet und verteilt und gemäß Abs. 2 2.
Halbsatz der Vorschrift Dienstvorgesetzter der Beamten, Angestellten und Arbeiter der
Gemeinde ist. Die darauf beruhende, nur hinsichtlich der den Status von Beamten
begründenden, ändernden oder beendenden Maßnahmen zugunsten des Rates
beschränkte Personalleitungsbefugnis des Gemeindedirektors ist ein Recht, daß ihm
nicht entzogen werden darf (vgl. Rauball/Pappermann/ Roters, Gemeindeordnung für
Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl., § 53 Rz 1; Körner, Gemeindeordnung Nordrhein-
Westfalen, 4. Aufl., Erl. 1 zu § 53; Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung für das Land
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Nordrhein-Westfalen, Erl. 1 zu § 53) und das durch § 68 Satz 1 Nr. 2 LPVG NW auch
erkennbar nicht angetastet werden sollte. Daraus folgt, daß der Beteiligte im
vorliegenden Fall als das für diese Maßnahme i.S. v. § 68 Satz 1 Nr. 2 LPVG NW
,verfassungsmäßig zuständige oberste Organ' zu Recht über die Umsetzung der
Beamtin entschieden hat."
Dem ist das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Bezug auf
mitwirkungspflichtige Angelegenheiten beigetreten und hat durch Beschluss vom 10.
Juni 1992 - CL 69/89 - (juris) entschieden, dass sich das verfassungsmäßig zuständige
oberste Organ im Sinne des § 69 Abs. 6 LPVG NRW nach den jeweils in Betracht
kommenden organisationsrechtlichen Vorschriften bestimme; soweit in einer
mitwirkungspflichtigen Angelegenheit Arbeitnehmer einer Gemeinde betroffen seien, sei
das verfassungsmäßig zuständige oberste Organ der Gemeindedirektor (jetzt
Bürgermeister). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt:
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"Das Verwaltungsgericht hat zu Recht dahin erkannt, daß jedenfalls dann, wenn sich
das Mitwirkungsverfahren - hier gemäß § 73 Nr. 6 LPVG NW - auf einen Arbeitnehmer
einer Gemeinde bezieht, der Gemeindedirektor (Stadtdirektor, Oberstadtdirektor) und
nicht der Rat oder ein von ihm bestimmter Ausschuß endgültig zu entscheiden hat. Der
Antragsteller hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, daß den Gemeinden,
Gemeindeverbänden und sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts eine mehrstufige,
vertikal gegliederte Verwaltung fehlt und daher das Stufenverfahren gemäß § 69 Abs. 3
LPVG NW nicht in Betracht kommt. Um eine dem Stufenverfahren bei vertikaler
Verwaltungsgliederung entsprechende Regelung zu schaffen, ist die Vorschrift des § 69
Abs. 6 LPVG NW getroffen worden. Vgl. Havers, LPVG NW, 8. Aufl., § 69 Erl. 18.
Hieraus ergibt sich jedoch entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht, daß die
endgültige Entscheidung in jedem Fall der Rat einer Gemeinde zu treffen hat. Es kann
dahingestellt bleiben, ob der Landesgesetzgeber für den Bereich des
Personalvertretungsrechts eine von der Gemeindeordnung abweichende
Zuständigkeitsregelung hätte treffen können, da er dies erkennbar nicht getan hat. Vgl.
ebenso zu § 68 Satz 1 Nr. 2 LPVG NW: BVerwG, Beschluß vom 17. März 1987 - 6 P
15.85 -, aaO. Denn in § 69 Abs. 6 Satz 1 LPVG NW heißt es ausdrücklich, daß, falls in
einer mitwirkungspflichtigen Angelegenheit die Dienststelle Einwendungen des
Personalrats nicht oder nicht in vollem Umfang entspricht, dieser die Entscheidung des
verfassungsmäßig zuständigen obersten Organs oder des von ihm bestimmten
Ausschusses beantragen kann. Damit verweist das LPVG NW, soweit es sich wie hier
um eine Gemeinde handelt, auf die Zuständigkeitsregelungen der Gemeindeordnung.
Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 GO NW ist der Rat der Gemeinde ,für alle Angelegenheiten
der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt'.
Eine diese Allzuständigkeit einschränkende Bestimmung trifft § 54 Abs. 1 Satz 2 GO
NW hinsichtlich der Personalmaßnahmen gegenüber Beschäftigten der
Gemeindeverwaltung, indem er festlegt, daß ,die Beamten der Gemeinde ... auf Grund
eines Ratsbeschlusses ernannt, befördert und entlassen' werden. Aus dieser Regelung
ergibt sich im Gegenschluß, daß für alle sonstigen Personalmaßnahmen - also auch für
Stellenausschreibungen für Arbeitnehmer - der Gemeindedirektor zuständig ist, der
gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GO NW die Geschäfte der Gemeindeverwaltung leitet und
verteilt und gemäß Abs. 2 Halbs. 2 dieser Vorschrift Dienstvorgesetzter der Beamten,
Angestellten und Arbeiter ist. Die darauf beruhende, nur hinsichtlich der den Status von
Beamten begründenden, ändernden oder beendenden Maßnahmen zu Gunsten des
Rates beschränkte Personalleitungsbefugnis des Gemeindedirektors ist ein Recht, das
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ihm nicht entzogen werden darf und das durch § 69 Abs. 6 LPVG NW erkennbar auch
nicht angetastet werden sollte. Daraus folgt, daß der Beteiligte im vorliegenden Fall als
das für die streitbefangene Maßnahme im Sinne des § 69 Abs. 6 Satz 1 LPVG NW
,verfassungsmäßig zuständige oberste Organ' zu Recht über die beabsichtigte
Stellenausschreibung endgültig entschieden hat."
Diese Rechtsauffassung hat das Oberverwaltungsgericht sodann mit weiterem
Beschluss vom 2. Dezember 1993 - 1 A 2714/92.PVL - (PersV 1996, 376) auf die
Ausschreibung eines Beförderungsdienstpostens für Gemeindebeamte erstreckt und
dem Gemeindedirektor, nicht aber dem Rat, das "Letztentscheidungsrecht" im
personalvertretungsrechtlichen Mitwirkungsverfahren nach § 69 Abs. 6 LPVG NRW a.F.
zugesprochen. Ergänzend wurde dort noch ausgeführt:
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"Demgemäß hat der Fachsenat bereits entschieden, daß, soweit es um die Mitwirkung
bei einer Stellenausschreibung für Arbeitnehmer geht, das Letztentscheidungsrecht
gemäß § 73 Nr. 6 iVm § 69 Abs. 6 Satz 1 LPVG NW dem Gemeindedirektor zusteht. Vgl.
Beschluß des Fachsenats vom 10.6.1992 - CL 69/89 -. Dasselbe gilt, jedenfalls soweit
wie hier die Hauptsatzung nicht gemäß § 54 Abs. 1 Satz 4 GO NW eine andere
Regelung getroffen hat, auch hinsichtlich der Stellenausschreibung eines
Beförderungsdienstpostens für einen Beamten. § 54 Abs. 1 Satz 2 GO NW bestimmt
zwar, daß die Beamten der Gemeinde auf Grund eines Ratsbeschlusses ernannt,
befördert und entlassen werden. Aus dieser Regelung ergibt sich jedoch im
Gegenschluß, daß für alle sonstigen Personalmaßnahmen der Gemeindedirektor
zuständig ist. Vgl. zur Umsetzung eines Beamten: BVerwG, Beschluß vom 17.3.1987 - 6
P 15.85 -, PersV 1988, 131 = ZBR 1987, 249. Ob über den Wortlaut des § 54 Abs. 1
Satz 2 GO NW hinaus dann etwas anderes gilt, wenn eine Personalmaßnahme oder
eine sie vorbereitende Handlung mit den in der erwähnten Vorschrift genannten den
Status von Beamten begründenden, ändernden und beendenden Maßnahmen so eng
zusammenhängen, daß sie als eine Vorentscheidung anzusehen sind - zu denken ist z.
B. an die Übertragung eines Beförderungsdienstpostens mit der Zusage einer
Beförderung im Falle der Bewährung -, vgl. zu § 73 Abs. 1 Satz 1 HGO: Hess. VGH,
Beschluß vom 13.8.1992 - 1 TG 924/92 -, ZBR 1993, 338 kann dahingestellt bleiben.
Wenn auch durch die Fassung einer Stellenausschreibung der Kreis der Bewerber zu
beeinflussen sein mag, kann keine Rede davon sein, daß die Ausschreibung eines
Beförderungsdienstpostens bereits eine Vorentscheidung für die spätere Beförderung
darstellt. Auch die Ausschreibung von Beamtendienstposten ist daher Sache des
Gemeindedirektors. Vgl. Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-
Westfalen, Komm., Stand: August 1992, § 53 GO Erl. I 1; a. A. von Loebell,
Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Komm., Stand: November 1992, §
53 Erl. 7. Ihm steht daher, wie sich aus dem Gesagten ergibt, im Rahmen des
Mitwirkungsverfahrens bei einer Stellenausschreibung auch das
Letztentscheidungsrecht zu."
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Der Auffassung der Rechtsprechung, dass weder § 68 Satz 1 Nr. 2 LPVG NRW noch §
69 Abs. 6 Satz 1 LPVG NRW das zur abschließenden Entscheidung berufene Organ
einer Gemeinde selbst bestimmt, sondern lediglich auf die Regelungen in der
Gemeindeordnung verweist, ist auch die Kommentarliteratur weitgehend gefolgt.
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Vgl. Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-
Westfalen, Loseblattkommentar, Stand: 43. Aktualisierung Oktober 2008, § 68 (a.F.)
RdNrn. 7 f. und § 69 (n.F.) RdNr. 156, einschränkend und zweifelnd allerdings (noch) in
27
RdNr. 145 zu § 69 (a.F.) der 37. Aktualisierung; Havers,
Landespersonalvertretungsgesetz NW, Kommentar, 9. Auflage, § 68 Erl. 3 und § 69 Erl.
18; Welkoborsky, Landespersonalvertretungsgesetz NRW, Kommentar, 4. Auflage, § 68
RdNr. 2 und § 69 RdNr. 8; a.A. nur Neubert/Sandfort/Lorenz/Kochs,
Landespersonalvertretungsgesetz, Kommentar, § 68 Erl. 2 (allerdings ohne
Begründung).
Die Fachkammer folgt aus den nachfolgenden Erwägungen der herrschenden
Auffassung in Rechtsprechung und Kommentarliteratur.
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Bereits der Wortlaut des § 69 Abs. 6 Satz 1 LPVG NRW steht der Annahme entgegen,
dass durch die Norm selbst das verfassungsmäßig zuständige oberste Organ bestimmt
würde. Entgegen der Auffassung des Antragstellers verweist § 69 Abs. 6 Satz 1 LPVG
NRW die Entscheidung nicht an das "verfassungsmäßig... oberste Organ", sondern an
das verfassungsmäßig "zuständige" oberste Organ. Der Begriff des "zuständigen"
Organs darf nicht einfach aus dem Gesetzestext hinweggedacht werden, ihm kommt
vielmehr in zweifacher Hinsicht zentrale Bedeutung zu: Einerseits benennt das
Landespersonalvertretungsgesetz weder in § 69 Abs. 6 Satz 1 noch an anderer Stelle
das zur (Letzt-)Entscheidung berufene Organ, so dass sich die Zuständigkeit aus dem
jeweiligen Organisationsrecht des Entscheidungsträgers ergibt; andererseits kommt
dem Begriff "zuständig" vor allem dann Bedeutung zu, wenn bei dem
Entscheidungsträger mehrere oberste Organe vorhanden sind, für die jeweils
untereinander abgegrenzte Zuständigkeiten bestehen.
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Auch aus der Gesetzessystematik folgt, dass § 69 Abs. 6 Satz 1 LPVG NRW die Frage
der Zuständigkeit nicht selbst löst, sondern mit Bezug darauf bei Gemeinden und
Gemeindeverbänden auf das jeweilige kommunale Organisationsrecht in der
Gemeindeordnung bzw. Kreisordnung verweist. Gegenteiliges könnte nur dann gelten,
wenn die Vorschrift selbst oder durch Verweis auf andere personalvertretungsrechtliche
Normen das zur (Letzt-)Entscheidung berufene Organ bestimmte. Das ist indes nicht der
Fall. Weder § 69 Abs. 6 Satz 1 LPVG NRW noch die inhaltsgleiche Vorschrift des § 68
Satz 1 Nr. 2 LPVG NRW enthält konkrete zuständigkeitsbegründende
organisationsrechtliche Regelungen. Diese Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der
Zuweisung personalvertretungsrechtlicher Kompetenzen ist Folge des regelmäßig in
Gesetzen oder Satzungen anderweitig normierten Zuständigkeits- und
Organisationsrechts, wie z.B. im Landesorganisationsgesetz, in der Gemeindeordnung
oder Kreisordnung. Dem dort jeweils festgelegten (behördlichen) Organisationsgefüge
folgt das Personalvertretungsrecht, ohne jedoch in dieses (ändernd) einzugreifen.
Deutlich zeigt sich das etwa auch in den Regelungen über das Stufenverfahren (vgl.
dazu § 66 Abs. 5 LPVG NRW) und die Beteiligung der Stufenvertretungen in § 78 Abs. 1
und 3 LPVG NRW.
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Die davon abweichende Gesetzesauslegung des Antragstellers widerspricht zudem den
verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Organisationsrechts im Allgemeinen und
denen des Kommunalverfassungsrechts im Besonderen. Die Zusammengehörigkeit von
Letztverantwortung und Entscheidungsbefugnissen ist nicht nur ein elementarer
allgemeiner Organisationsgrundsatz, sondern auch wesentliches Merkmal speziell des
Kommunalverfassungsrechts und einer rechtsstaatlichen demokratischen
Kompetenzverteilung. Die Trennung von Entscheidungsbefugnissen und
Verantwortlichkeit würde daher einen grundlegenden Wandel im Verständnis des
demokratischen Staatsaufbaus bewirken und z.B. im Verhältnis zwischen Rat und
31
Hauptgemeindeverwaltungsbeamten einen Umbruch herbeiführen, der die
Kräftebalance zwischen Rat und Verwaltung aus dem Gleichgewicht brächte. Eine
solche Verschiebung in den Gewichten widerspräche den grundlegenden
Strukturprinzipien des geltenden Kommunalverfassungsrechts und verstieße gegen die
kommunale Selbstverwaltungsgarantie, die in Art. 78 der Verfassung für das Land
Nordrhein-Westfalen und Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes niedergelegt ist.
Vgl. dazu Stüer, Personalvertretungsrecht und Kommunalverfassung, PersV 1989, 381
(384).
32
Hiernach ist in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten, die nach der
Gemeindeordnung oder Kreisordnung dem Rat bzw. Kreistag oder Kreisausschuss zur
Entscheidung zugewiesen sind, allein dieser das verfassungsmäßig zuständige oberste
Organ, dem zugleich die Letztentscheidung obliegt. Ist hingegen organisationsrechtlich
die Zuständigkeit des Rates bzw. Kreistags oder Kreisausschusses für eine
beteiligungspflichtige Angelegenheit nicht gegeben und diese dem
Hauptverwaltungsbeamten - Bürgermeister, Oberbürgermeister oder Landrat -
zugewiesen, so obliegt ihm zugleich die ausschließliche und unentziehbare
Letztentscheidungsbefugnis; in einem solchen Fall ist allein der
Hauptverwaltungsbeamte zuständig, es gibt dann kein anderes zuständiges Organ als
ihn und insbesondere kein "höheres" Organ.
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Vgl. ebenso ausdrücklich Stüer, a.a.O.
34
Dem steht auch der Einwand des Antragstellers nicht entgegen, es sei nicht sinnvoll,
dem Landrat von Gesetzes wegen eine Angelegenheit, die er bereits entschieden habe,
ein weiteres Mal zur endgültigen Entscheidung zu übertragen. Diese Auffassung
verkennt, dass z.B. in Angelegenheiten, in denen der Kreistag oder Kreisausschuss zur
(Erst-)Entscheidung berufen ist, diesem in gleicher Weise ebenfalls die
Letztentscheidung zufällt.
35
Vgl. dazu und zu weiteren Anwendungsfällen Stüer, a.a.O. (385).
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Bestimmt sich nach alldem die Zuständigkeit des Organs für die Entscheidung nach §
69 Abs. 6 Satz 1 LPVG NRW ausschließlich nach dem für den N. Kreis geltenden
Organisationsrecht, so ergibt sich für die hier streitgegenständliche Mitwirkung bei einer
Stellenausschreibung Folgendes:
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Die Zuständigkeiten einerseits des Kreistages und Kreisausschusses sowie
andererseits des Landrates sind in der Kreisordnung klar voneinander abgegrenzt. Sie
ergeben sich für den Kreistag vor allem aus § 26 Abs. 1 KrO NRW, dort sind zahlreiche
Zuständigkeiten enumerativ aufgeführt, ohne dass sich daraus eine Zuständigkeit des
Kreistages im Zusammenhang mit einer Stellenausschreibung ableiten ließe. Das gilt
gleichermaßen für die in § 50 KrO NRW geregelten Zuständigkeiten des
Kreisausschusses. Im Gegensatz und in Abgrenzung zu den vorgenannten
Zuständigkeitsbestimmungen regelt aber § 49 Abs. 1 KrO NRW, dass einerseits der
Landrat Dienstvorgesetzter der Bediensteten des Kreises ist (Satz 1) und andererseits
die dienstrechtlichen und arbeitsrechtlichen Entscheidungen trifft, soweit gesetzlich
nichts anderes bestimmt ist. Hierzu gehört, was zwischen den Beteiligten im Übrigen
nicht streitig ist und deshalb keiner weiteren Vertiefung bedarf, die Besetzung einer
nach Besoldungsgruppe A 7 BBesG bzw. Entgeltgruppe 6 TVöD bewerteten
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Sachbearbeiterstelle und somit auch die zuvor erforderliche Ausschreibung. Des
weiteren ist der Ausnahmetatbestand des § 49 Abs. 1 Satz 3 KrO NRW nicht erfüllt.
Allerdings kann danach die Hauptsatzung bestimmen, dass für Bedienstete in
Führungsfunktionen Entscheidungen, die das beamtenrechtliche Grundverhältnis oder
Arbeitsverhältnis verändern, durch den Kreistag oder den Kreisausschuss im
Einvernehmen mit dem Landrat zu treffen sind; um eine solche Entscheidung handelt es
sich bei der Besetzung einer Sachbearbeiterstelle jedoch offensichtlich nicht. Letztlich
folgt die Zuständigkeit des Kreisausschusses auch nicht aus § 15 Abs. 3 der
Hauptsatzung des N. Kreises. Zwar ist dort bestimmt, dass die Entscheidungen nach §
68 Satz 1 Nr. 2 und § 69 Abs. 6 Satz 1 LPVG NRW dem Kreisausschuss übertragen
werden, soweit nicht der Kreisausschuss selbst an der Maßnahme beteiligt war. Diese
Zuständigkeitsübertragung betrifft aber ohne jeden Zweifel allein solche
Entscheidungen, für die der Kreistag selbst - und nicht wie hier der Landrat - originär
zuständig war.
Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen
Beschlussverfahren.
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