Urteil des VG Arnsberg vom 15.04.2010

VG Arnsberg (der rat, steuer, vergnügungssteuer, richtlinie, ewg, stadt, www, umsatzsteuer, höhe, wirtschaftliche leistungsfähigkeit)

Verwaltungsgericht Arnsberg, 5 K 1367/09
Datum:
15.04.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 K 1367/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte
seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe
leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin betreibt in einer Spielhalle in X. Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit (im
Folgenden: Gewinnspielgeräte).
2
Mit Vergnügungssteueranmeldung vom 6. April 2009 meldete die Klägerin
Vergnügungssteuer für das 1. Quartal 2009 von 10.806,36 EUR an.
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Am 6. Mai 2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Zu deren Begründung macht sie u.a.
geltend: Dem Rat der Stadt X. fehle die Kompetenz, bei den Spielgeräteaufstellern eine
Vergnügungssteuer von 15 % der Bruttokasse zu erheben. Zudem müsse die
Saldierung negativer Einspielergebnisse eines Gerätes mit positiven
Einspielergebnissen anderer Geräte im jeweiligen Besteuerungszeitraum möglich sein.
Ebenso müsse eine Bereinigung um die Abzugspositionen der Vergnügungs- und
Umsatzsteuer vorgenommen werden. Der Rat habe sich keine Gedanken über die
Auswirkungen des Steuersatzes auf die Aufsteller gemacht, so dass die Steuer
willkürlich sei. Der Steuersatz habe erdrosselnde Wirkung. Zu beanstanden sei auch die
vom Satzungsgeber festgelegte Möglichkeit einer abweichenden Besteuerung nach
dem Stückzahlmaßstab. Überdies stelle die Vergnügungssteuer eine Umsatzsteuer dar
und verstoße somit gegen Gemeinschaftsrecht. Das Satzungsrecht widerspreche
schließlich auch § 168 der Abgabenordnung (AO).
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Mit Vergnügungssteuererklärung vom 13. Juli 2009 für das 2. Quartal meldete die
Klägerin einen Steuerbetrag von 9.136,14 EUR an. Hierauf hat sie ihre Klage mit
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Schriftsatz vom 13. August 2009 erweitert. Mit weiterer Selbstanmeldung vom 13.
Oktober 2009 für das 3. Quartal meldete sie Vergnügungssteuer in Höhe von 9.188,71
EUR. Diesbezüglich hat sie mit Schriftsatz vom 13. November 2009 ihre Klage erweitert.
Mit weiterem Schriftsatz, eingegangen am 10. Februar 2010, hat die Klägerin schließlich
ihre Klage auf die Selbstanmeldung vom 10. Januar 2010 in Höhe von 9.297,76 EUR für
das 4. Quartal 2009 erweitert.
Die Klägerin beantragt,
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die als Steuerfestsetzungen geltenden Vergnügungssteueranmeldungen vom 6. April
2009, 13. Juli 2009, 13. Oktober 2009 und vom 10. Januar 2010 aufzuheben.
7
Der Beklagte beantragt,
8
die Klage abzuweisen.
9
Er verteidigt das angegriffene Ortsrecht und macht geltend: Das Satzungsrecht sei am 6.
bzw. 8. April 2009 fehlerfrei bekannt gemacht worden. In X. seien, wie bereits
anderweitig in dem Verfahren 5 K 1971/08 dargelegt, bis zum Jahresende 2007
insgesamt fünf Spielhallen betrieben worden. Der Steuersatz für Gewinnspielgeräte sei
in diesem Zeitraum gleich geblieben, ebenso wie die Zahl der Spielhallen. Nach
Einführung des Einspielergebnismaßstabs zum 1. Januar 2008 habe sich bis zum
Beginn des Jahres 2009 die Zahl der Spielhallen auf acht erhöht. Die Klägerin habe
nach Umbaumaßnahmen die von ihr angebotenen Gewinnspielgeräte in ihrer Spielhalle
von zehn auf zwölf erhöht. Insgesamt sei die Zahl der Gewinnspielgeräte in Jahresfrist
von 60 auf 98 gestiegen. Der Rat habe soweit wie möglich die Erhebungsgrundlage vor
seinem Satzungsbeschluss festgestellt. Ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht sei nicht
ersichtlich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte 5 K 1971/08 und der
beigezogenen Satzungs- und Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
11
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
12
Die gemäß § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige
Anfechtungsklage ist unbegründet. Die angefochtenen
Vergnügungssteueranmeldungen vom 6. April 2009, 13. Juli 2009, 13. Oktober 2009
und vom 10. Januar 2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht ihren
Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
13
Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu Vergnügungssteuer ist die Satzung über die
Erhebung von Vergnügungssteuer in der Stadt X. (Vergnügungssteuersatzung) vom 20.
Dezember 2002 in der Fassung der Satzung vom 3. April 2009 (VStS). Dieses Ortsrecht
enthält unter Art. 2, soweit vorliegend von Bedeutung, folgende Bestimmungen:
14
"§ 1 Steuergegenstand
15
Der Besteuerung unterliegen die im Gebiet der Stadt X. veranstalteten nachfolgenden
Vergnügungen (Veranstaltungen): [...]
16
5. das Halten von Spiel-, Musik-, Geschicklichkeits-, Unterhaltungs- oder ähnlichen
Apparaten in a) Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, [...]
17
§ 2 Steuerfreie Veranstaltungen
18
Steuerfrei sind [...]
19
4. das Halten von Apparaten nach § 1 Nr. 5 im Rahmen von Volksbelustigungen,
Jahrmärkten, Kirmessen und ähnlichen Veranstaltungen.
20
§ 3 Steuerschuldner
21
Steuerschuldner ist der Unternehmer der Veranstaltung (Veranstalter). In den Fällen des
§ 1 Nr. 5 ist der Halter der Apparate (Aufsteller) Veranstalter.
22
§ 4 Erhebungsformen
23
(1) Die Vergnügungssteuer wird erhoben als [...]
24
2. Steuer nach dem Spielumsatz, nach der Größe des benutzten Rau- mes, nach der
Roheinnahme, nach dem Einspielergebnis bzw. der Anzahl der Apparate nach §§ 7 bis
10a. [...]
25
III. Steuer nach dem Spielumsatz, nach der Größe des benutzten Raumes, nach der
Roheinnahme und nach dem Einspielergebnis bzw. der Anzahl der Apparate [...]
26
§ 10 Nach dem Einspielergebnis bzw. der Anzahl der Apparate
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(1) Die Steuer für das Halten von Spiel-, Musik-, Geschicklichkeits-,
Unterhaltungsgeräten oder ähnlichen Apparaten bemisst sich bei Apparaten mit
Gewinnmöglichkeit nach dem Einspielergebnis, bei Apparaten ohne Gewinnmöglichkeit
nach deren Anzahl. Einspielergebnis ist der Betrag der elektronisch gezählten Brutto-
Kasse. Dieser errechnet sich aus der elektronisch gezählten Kasse zzgl.
Röhrenentnahme (sog. Fehlbetrag), abzüglich Röhrenauffüllung, Falschgeld,
Prüftestgeld und Fehlgeld. Die Steuer beträgt je Apparat und angefangenen
Kalendermonat bei der Aufstellung
28
1. in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen (§ 1 Nr. 5 a) bei Apparaten mit
Gewinnmöglichkeit 15 v.H. des Einspielergebnisses [...]
29
§ 10 a Abweichende Besteuerung (1) Soweit für Besteuerungszeiträume die
Einspielergebnisse nicht durch Ausdrucke manipulationssicherer elektronischer
Zählwerke nachgewiesen und belegt werden können, kann bei den
Besteuerungstatbeständen nach § 10 eine Besteuerung nach der Zahl der Apparate
erfolgen. [...]
30
§ 13 Festsetzung und Fälligkeit
31
[...] (3) Bei Apparaten mit Gewinnmöglichkeit im Sinne des § 10 ist der Steuer-schuldner
verpflichtet, die Steuer selbst zu errechnen. Bis zum 15. Tag nach Ablauf eines
Kalendervierteljahres ist der Stadt X. eine Steueranmeldung nach amtlich
32
vorgeschriebenem Vordruck einzureichen und die errechnete Steuer an die Stadtkasse
zu entrichten. Abweichend hiervon ist der Stadt X. für die Abrechnungszeiträume
01.01.2008 bis 31.03.2009 eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem
Vordruck bis zum 15.05.2009 einzureichen und die errechnete Steuer an die Stadt X. zu
entrichten. Die unbeanstandete Entgegennahme der Steueranmeldung gilt jeweils als
Steuerfestsetzung.
(4) Ein Steuerbescheid ist nur dann zu erteilen, wenn der Steuerpflichtige eine
Steueranmeldung nicht abgibt oder die Steuerschuld abweichend von der Anmeldung
festzusetzen ist. In diesem Fall ist die Steuer innerhalb von 14 Tagen nach
Bekanntgabe des Steuerbescheides zu entrichten.
33
(5) Bei der Besteuerung nach den Einspielergebnissen sind den Steueranmeldungen
nach Abs. 3 Zählwerk-Ausdrucke für den jeweiligen Abrechnungszeitraum beizufügen,
die als Angaben mindestens Geräteart, Gerätetyp, Gerätenummer, die fortlaufende
Nummer des Zählwerkausdruckes und den Kasseninhalt enthalten müssen. [...]"
34
Mit den vorgenannten Satzungsregelungen, die gemäß Art. 3 VStS rückwirkend zum 1.
Januar 2008 in Kraft getreten sind, stellt die Vergnügungssteuersatzung eine wirksame
Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Steuerveranlagung von
Gewinnspielgeräten im Jahr 2009 dar.
35
Es bestehen zunächst keine Zweifel an der Normsetzungskompetenz des Rates der
Stadt X. für eine Besteuerung von Gewinnspielgeräten nach deren Einspielergebnis.
Die Auffassung der Klägerin, eine einspielergebnisbezogene Vergnügungssteuer für
Gewinnspielgeräte stelle keine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a Satz 1 des
Grundgesetzes (GG) dar, trifft nicht zu. Ob eine als Vergnügungssteuer erhobene
Abgabe eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne der genannten Verfassungsnorm
darstellt, bestimmt sich nicht nach ihrer Bezeichnung, sondern nach ihrem
Steuertatbestand, ihrem Steuermaßstab und ihren wirtschaftlichen Auswirkungen, wobei
für die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen nach dem Grundgesetz maßgebend
auf die Sicht des traditionellen deutschen Steuerrechts abzustellen ist. Ob die
Bemessungsgrundlage in jeder Beziehung verfassungskonform ist, ist keine Frage der
Gesetzgebungskompetenz. Zweifel an der Tauglichkeit des Steuermaßstabs lassen den
Typus der Abgabe und damit ihren Charakter als Aufwandsteuer unberührt.
36
Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 -,
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2009, 968; Bundesverwaltungsgericht
(BVerwG), Urteile vom 10. Dezember 2009 - 9 C 12.08 und 9 C 13.08 -.
37
Die vom Beklagten erhobene Vergnügungssteuer für Gewinnspielgeräte stellt danach
eine Aufwandsteuer i.S.v. Art. 105 Abs. 2a GG dar. Sie soll die Leistungsfähigkeit des
Spielers, der sich an den Gewinnspielgeräten vergnügt, treffen und wird entsprechend
dem herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer gemäß § 3 VStS bei dem Halter der
Geräte als Veranstalter des Vergnügens erhoben.
38
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - a.a.O.; BVerwG, Urteile vom
10. Dezember 2009 - 9 C 12.08 und 9 C 13.08 -.
39
Darüber hinaus bestehen in formeller Hinsicht gegen die Wirksamkeit der
Vergnügungssteuersatzung keine rechtlichen Bedenken. Die Klägerin hat keine
40
konkreten, die Vergnügungssteuersatzung betreffende Formmängel dargelegt, solche
sind dem Satzungsvorgang auch sonst nicht zu entnehmen. Mit der öffentlichen
Bekanntmachung des Vergnügungssteuersatzungsrechts gemäß § 17 der
Hauptsatzung der Stadt X. in der Fassung der 4. Änderungssatzung vom 3. April 2009
hat der Rat der Stadt der Rechtsprechung der Kammer zur Frage der Bekanntmachung
von Satzungsrecht in X. (vgl. dazu das rechtskräftige Urteil vom 20. März 2009 - 5 K
1970/08 -, juris und www.nrw.de) zutreffend Rechnung getragen.
Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Vergnügungssteuersatzung,
soweit nach deren § 10 Abs. 1 Gewinnspielgeräte einer einspielergebnisbezogenen
Vergnügungssteuer unterliegen, als wirksam. Insbesondere bestehen weder gegen den
Steuermaßstab rechtliche Bedenken (1) noch gegen die Rückwirkung des
Satzungsrechts (2). Der einspielergebnisbezogene Steuermaßstab verstößt ferner nicht
gegen Gemeinschaftsrecht (3). Die Höhe des Steuersatzes erweist sich schließlich als
ebenso rechtsfehlerfrei (4) wie die Regelungen in § 13 Abs. 3 VStS (6).
41
(1) Die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung von Gewinnspielgeräten gemäß §
10 Abs. 1 VStS ist rechtlich nicht zu beanstanden. In der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die
Tragfähigkeit eines Steuermaßstabs an dem in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz
der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten zu messen ist. Der sachgerechteste Maßstab
für eine Spielgerätesteuer ist danach der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand
des einzelnen Spielers. Wählt der Normgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des
Wirklichkeitsmaßstabs einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so
ist er auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand
wenigstens wahrscheinlich macht. In jedem Fall verlangt der Grundsatz der
Belastungsgleichheit einen zumindest lockeren Bezug des Steuermaßstabs zum
Vergnügungsaufwand des Spielers.
42
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 -, a.a.O.; BVerwG, Urteile vom
10. Dezember 2009 - 9 C 12.08 und 9 C 13.08 -.
43
Der in § 10 Abs. 1 VStS enthaltene Steuermaßstab genügt sowohl den
verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts als auch denen des
Bundesverfassungsgerichts. Soweit danach bei Gewinnspielgeräten mit
manipulationssicherem Zählwerk die elektronisch gezählten Bruttokasseneinnahmen,
die sich aus der elektronisch gezählten Kasse zuzüglich Röhrenentnahme, abzüglich
Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld errechnen, für die Ermittlung
der Vergnügungssteuer maßgeblich sind, unterwirft der Satzungsgeber in zulässiger
Weise alle Geldbeträge, die für die Nutzung der Gewinnspielgeräte aufgewendet
werden, der Besteuerung. Durch diesen Maßstab wird ferner sichergestellt, dass nur der
von den Spielern tatsächlich erbrachte Aufwand der Besteuerung unterliegt.
44
Vgl. Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg, Urteile vom 20. Januar 2009 - 5 K 1422/08 -,
vom 24. April 2008 - 5 K 2713/06 und 5 K 2085/06 -, jeweils rechtskräftig (juris und
www.nrwe.de) sowie vom 7. August 2008 - 5 K 2686/07 - (juris und www.nrwe.de); im
Übrigen zu einem ähnlichen Maßstab einer anderen Vergnügungssteuersatzung auch:
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 6.
März 2007 - 14 A 608/05 -, Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.) 2007,
351, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BVerwG, Beschluss vom 31.
März 2008 - 9 B 30.07 -.
45
Überdies muss die Bruttokasse als Bemessungsgrundlage der Vergnügungssteuer
entgegen der Auffassung der Klägerin nicht um den Anteil gezahlter
Spielapparatesteuer, der als Bestandteil der Spielentgelte in die Kasse gelangt ist,
bereinigt werden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (Hess. VGH) hat hierzu in
seinem Urteil vom 20. Februar 2008 - 5 UE 82/07 -, Der Gemeindehaushalt 2008, 137,
Folgendes ausgeführt:
46
"Soweit nach dem Umsatzsteuergesetz Basis der Berechnung des prozentual
bemessenen Steuerbetrags der Nettopreis - also der um die Steuer verminderte
Bruttopreis - ist (§ 10 Abs. 4 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes), besteht kein Zwang,
dies auf die Bemessung der Spielapparatesteuer zu übertragen. Den Modus der
Berechnung der Steuerhöhe legt der Satzungsgeber nach seinem Ermessen fest. Es
steht ihm frei, ob er hierfür auf einen bestimmten Prozentsatz der Bruttokasse oder aber
der Nettokasse zurückgreift. Die Anknüpfung an die 'unbereinigte' Bruttokasse für die
Bemessung der Spielapparatesteuer liegt deshalb nahe, weil die Steuer vom Spieler als
Teil seines Spielentgelts entrichtet und sodann vom Apparateaufsteller an die
Gemeinde als Steuergläubiger abgeführt wird. So gesehen wird der Steueranteil der
gezahlten Entgelte aus dem Kasseninhalt wieder 'herausgezogen'. Bemessung der
Steuer auf 10% der Bruttokasse bei Gewinnspielgeräten [...] ist also nichts anderes als
die Berechnung der von den Spielern für das Spielen am jeweiligen Gerät entrichteten
Steuer anhand des Kasseninhalts."
47
Diesen Ausführungen, die auch für die Regelung des Steuermaßstabs in § 10 Abs. 1
Satz 2 VStS Geltung beanspruchen, schließt sich das erkennende Gericht an.
48
Vgl. VG Arnsberg, Urteile vom 6. November 2008 - 5 K 630/08 -, vom 4. Dezember 2008
- 5 K 523/08 - und vom 13. August 2009 - 5 K 677/09 - (juris und www.nrwe.de).
49
Der Steuermaßstab begegnet ferner insoweit keinen rechtlichen Bedenken, als nach der
Definition des Einspielergebnisses in § 10 Abs. 1 Satz 2 VStS nicht (auch) die
Umsatzsteuer vom Betrag der Bruttokasse in Abzug zu bringen ist. Das
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat hierzu in seinem Urteil
vom 6. März 2007 - 14 A 608/05 -, a.a.O., Folgendes ausgeführt:
50
"Soweit nach dem hier verwendeten Maßstab die Umsatzsteuer nicht abgezogen wird,
steht dies mit höherrangigem Recht in Einklang. Es gibt keinen Grundsatz, dass von
Bruttoeinnahmen nicht zwei Steuern nebeneinander erhoben werden dürfen. So wurde
auch nach dem Vergnügungssteuergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen auf der
Grundlage des Bruttoprinzips die Vergnügungssteuer nach den Roheinnahmen
bemessen.
51
Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 31.1.2007 - 14 A 2042/05 -."
52
Hieran hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem
Beschluss vom 18. Juli 2008 - 14 A 4206/06 - festgehalten. Dem schließt sich das
erkennende Gericht an.
53
Vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 6. November 2008 - 5 K 630/08 - und vom 13. August 2009
- 5 K 677/09 -, a.a.O..
54
Soweit die Klägerin darüber hinaus vorträgt, die Satzung sei fehlerhaft, weil im
jeweiligen Besteuerungszeitraum negative Einspielergebnisse nicht mit positiven
Ergebnissen anderer Geldspielgeräte verrechnet werden könnten, vermag sie hiermit
nicht durchzudringen. Es ist nicht erforderlich, dass eine Vergnügungssteuersatzung
eines solche Verrechnungsmöglichkeit vorsieht. Die Vergnügungssteuer zielt darauf ab,
die mit der Einkommensverwendung für ein Vergnügen zum Ausdruck kommende
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten.
55
Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1999 - 11 CN 1.99 -, NVwZ 2000, 936.
56
Vergnügungsaufwand wird durch jeden Einwurf von Geld in ein Spielgerät zu
Spielzwecken getätigt.
57
Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2009 - 9 C 12.08 und 9 C 13.08 -.
58
In Gestalt der Spielautomatensteuer knüpft die Vergnügungssteuer daher an den
Aufwand an, den der Spieler für sein Vergnügen - das Bespielen des Automaten -
erbringt. Bei der Nutzung eines Gewinnspielgerätes kann sich im Ergebnis
herausstellen, dass der Spieler keinen Aufwand für sein Vergnügen hatte, weil er
(mindestens) seinen Spieleinsatz (zurück-)gewonnen hat. Der zu besteuernde Aufwand
des Spielers wäre in diesem Fall allenfalls mit einem Betrag von 0 EUR zu bemessen.
Der Spielaufwand kann dagegen selbst im Falle eines den Spieleinsatz übersteigenden
Gewinns niemals negativ sein und sich folglich auch nicht in einem "Minusbetrag"
niederschlagen.
59
Vgl. VG Arnsberg, Urteile vom 12. Oktober 2007 - 5 K 2838/06 - (juris und www.nrwe.de)
und vom 14. August 2009 - 5 K 889/09; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. September 2006 -
25 K 4880/06 - (juris und www.nrwe. de).
60
Schließlich ist auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3
Abs. 1 GG mit Blick auf § 10a VStS ersichtlich. Die Mutmaßung der Klägerin, der
Beklagte lege den dortigen ersatzweise zur Anwendung kommenden Stückzahlmaßstab
auch dann zugrunde, wenn tatsächlich die Tatbestandsvoraussetzungen - namentlich
die Unmöglichkeit der Nachweisführung durch Zählwerksausdrucke - nicht gegeben
seien, worin ein Gleichheitsverstoß zum Ausdruck komme, entbehrt jeder tatsächlichen
Grundlage.
61
(2) Auch die für den hier streitigen Abrechnungszeitraum des 1. und (teilweise) 2.
Quartals 2009 rückwirkende Inkraftsetzung des Satzungsrechts mit Ratsbeschluss vom
2. April 2009 ist rechtlich unbedenklich.
62
Eine Steuersatzung, deren Gültigkeit zweifelhaft ist, kann rückwirkend durch eine neue
Satzungsregelung ersetzt werden.
63
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. April 2008 - 14 B 592/07 -.
64
Hier bestanden solche Zweifel, nachdem aufgrund der fehlenden Bekanntmachung des
Ortsrechts in X. (vgl. Urteil der Kammer vom 20. März 2009 - 5 K 1971/08 -) keine
Rechtsgrundlage für die Vergnügungssteuerheranziehung vorhanden war.
65
Das Gestaltungsermessen des Satzungsgebers ist im Hinblick auf den
66
Vertrauensschutz der Geräteaufsteller als Steuerschuldner allerdings eingeschränkt. Bei
der Würdigung des Schutzes eines etwaigen Vertrauens der Aufsteller ist von
besonderer Bedeutung, ob der - nunmehr - gültigen Satzungsregelung in der
Vergangenheit gleichartige Regelungsversuche vorangegangen sind und deshalb dem
etwaigen Vertrauen der Aufsteller, eine Steuer nicht zahlen zu müssen, die
Schutzwürdigkeit fehlt.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. August 2007 - 9 B 14.07 -, Kommunale Steuer-
Zeitschrift (KStZ) 2007, 212; BVerfG, Beschluss vom 3. September 2009 - 1 BvR
2384/08 -, NVwZ 2010, 313.
67
Ferner müssen die Aufsteller nicht damit rechnen, dass sie als Folge einer Neufassung
des Satzungsrechts zu höheren Steuern herangezogen werden als dies nach der zuvor
geltenden Steuersatzung möglich gewesen wäre.
68
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 2008 - 9 B 45.07 -; OVG NRW, Beschlüsse vom 8.
März 2007 - 14 B 2417/06 - und vom 6. September 2007 - 14 B 2583/06 -.
69
Ein solches schutzwürdiges Vertrauen der Spielhallenbetreiber fehlt hier, weil die mit
Ratsbeschluss vom 2. April 2009 rückwirkend in Kraft gesetzte Satzung, mit der das
formell unwirksame vorherige Recht ersetzt worden ist, nicht zu einer höheren
Belastung der Steuerpflichtigen führt.
70
(3) Darüber hinaus verstößt die Besteuerung von Gewinnspielgeräten in der
Vergnügungssteuersatzung auch nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Die Beurteilung, ob
eine nach dem Einspielergebnis bemessene Vergnügungssteuer für Gewinnspielgeräte
gemeinschaftsrechtlich zulässig ist, richtet sich für den hier streitigen
Besteuerungszeitraum des Jahres 2009 nach Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG des
Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (RL
2006/112/EG), die zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist (Art. 413 RL 2006/112/EG)
und zugleich die Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (RL 77/388/EWG) aufgehoben hat (Art. 411 Abs.
1 RL 2006/112/EG). Die genannte Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
71
"Unbeschadet anderer gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften hindert diese Richtlinie
einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Spiele und Wetten,
Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben
und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder
einzuführen, sofern die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr
zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübertritt verbunden ist."
72
Hiernach ist die Erhebung einer einspielergebnisbezogenen Vergnügungssteuer für
Gewinnspielgeräte nicht verboten, da sie weder Formalitäten bei Grenzübertritten
auslöst noch den Charakter einer Umsatzsteuer hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat
in seinen Urteilen vom 10. Dezember 2009 - 9 C 12.08 und 9 C 13.08 - mit Bezug auf
eine Besteuerung von Gewinnspielgeräten nach dem Spieleinsatz festgestellt, dass die
Vergnügungssteuer nicht gegen die RL 77/388/EWG verstößt, da sie keine
Umsatzsteuer darstellt, und hierzu Folgendes ausgeführt:
73
"Die Erhebung der Vergnügungsteuer verstößt insbesondere nicht gegen Art. 33 der
Richtlinie 77/388/EWG i.d.F. der Richtlinie 91/680/EWG vom 16. Dezember 1991 (ABl
74
EG Nr. L 376 S. 1). Das hat das Bundesverwaltungsgericht bereits mehrfach
entschieden (Beschluss vom 21. März 1997 - BVerwG 8 B 51.97 - Buchholz 401.68
Vergnügungsteuer Nr. 30 S. 21 f.; Urteile vom 22. Dezember 1999 - BVerwG 11 CN 3.99
- Buchholz 401.68 Vergnügungsteuer Nr. 35 S. 12 und - BVerwG 11 CN 1.99 -
BVerwGE 110, 237 <246 ff.>). Hieran hält der Senat fest.
Nach den genannten Vorschriften des Gemeinschaftsrechts hindern die Bestimmungen
der Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Spiele und Wetten,
Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben
und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder
einzuführen, sofern diese Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den
Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind. Es mag
dahinstehen, ob die Vergnügungsteuer in der Form der Spielautomatensteuer danach
als 'Abgabe auf Spiele' auch dann zulässig wäre, wenn sie den Charakter von
Umsatzsteuern hätte. Denn das ist nicht der Fall.
75
Die Frage, ob eine Steuer, Abgabe oder Gebühr den Charakter einer Umsatzsteuer
i.S.v. Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG hat, hängt vor allem davon ab, ob sie das
Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dadurch beeinträchtigt, dass
sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer der Mehrwertsteuer vergleichbaren
Art und Weise belastet (EuGH, Urteil vom 31. März 1992 - Rs. C-200/90 - Slg. 1992 I-
2217). Das ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs immer dann
der Fall, wenn Steuern, Abgaben und Gebühren die wesentlichen Merkmale der
Mehrwertsteuer aufweisen. Als solche müssen vorliegen: allgemeine Geltung der Steuer
für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte;
Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als
Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält; Erhebung der Steuer
auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe,
ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden
Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer,
so dass sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe
vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen
wird.
76
Es mag dahin stehen, ob das Merkmal der Proportionalität erfüllt ist. Jedenfalls fehlen
der Vergnügungsteuer die weiteren den Charakter der Mehrwertsteuer bestimmenden
Merkmale. Insbesondere ist weder der Steuerpflichtige noch der Steuerschuldner zum
Vorsteuerabzug berechtigt. Dem kann die Klägerin nicht entgegen halten, dass nur ein
einstufiger Vorgang vorliege wie bei einem Verkauf unmittelbar durch den Erzeuger.
Abgesehen davon, dass dieser vorsteuerabzugsberechtigt ist, ist die Vergnügungsteuer
strukturell nicht auf einen Vorsteuerabzug angelegt. Sie wird darüber hinaus nicht
allgemein, sondern nur für Geld- und Unterhaltungsspielgeräte sowie sonstige
Vergnügungen in einer Gemeinde erhoben."
77
Diese Ausführungen, die in der Rechtsprechung auch mit Bezug auf eine - wie hier -
einspielergebnisbezogene Besteuerung von Gewinnspielgeräten einhellig geteilt
werden,
78
vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 26. Februar 2007 - II R 2/05 -, Neue Zeitschrift
für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungsreport (NVwZ-RR) 2008, 55, 57; OVG NRW,
Urteil vom 6. März 2007 - 14 A 608/05 -, a.a.O., Hess. VGH, Beschlüsse vom 10. April
79
2007 - 5 TG 3116/06 -, KStZ 2007, 131 und vom 5. März 2009 - 5 L 2256/07.N - (juris);
Niedersächsisches OVG (Nds. OVG), Beschluss vom 22. März 2007 - 9 ME 84/07 -,
Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF) 2007, 210; Sächsisches OVG, Beschluss vom
19. Dezember 2006 - 5 BS 242/06 -, ZKF 2007, 138; OVG für das Land Schleswig-
Holstein, Urteil vom 18. Okto-ber 2006 - 2 LB 11/04 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 25.
September 2006 - 25 K 4880/06 - (juris und www.nrwe.de); VG Gießen, Beschluss vom
1. Februar 2007 - 8 G 2406/06 -, Gewerbearchiv (GewArch) 2007, 199; VG Münster,
Urteil vom 16. Mai 2007 - 9 K 769/03 - (juris und www.nrwe.de); VG Minden, Urteil vom
30. August 2006 - 11 K 4192/04 -,
und denen sich das erkennende Gericht anschließt, gelten gleichermaßen für die
Regelung in Art. 401 RL 2006/112/EG, die der Erhebung von Vergnügungssteuer für
Gewinnspielgeräte in X. auf der Grundlage der Vergnügungssteuersatzung somit nicht
entgegensteht.
80
Vgl. ebenso VG Arnsberg, Urteile vom 7. August 2008 - 5 K 2686/07 -, a.a.O. sowie vom
20. Januar 2009 - 5 K 600/08 - und vom 14. August 2009 - 5 K 1700/09 -.
81
Auch aus der Richtlinie 92/12/EWG über das allgemeine System, den Besitz, die
Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren
(Verbrauchsteuerrichtlinie) ergibt sich nichts anderes. Nach deren Art. 3 Abs. 3 Satz 2 ist
es den Mitgliedstaaten ebenfalls weiterhin freigestellt, Steuern auf Dienstleistungen zu
erheben, soweit es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt. Der Formulierung
"umsatzbezogene Steuern" in der vorgenannten Norm kommt entgegen der Auffassung
der Klägerin auch nicht (allein schon) aufgrund des unterschiedlichen Wortlauts ein
anderer Regelungsinhalt zu als der Wendung "Charakter von Umsatzsteuern" in Art. 33
RL 77/388/EWG bzw. Art. 401 RL 2006/112/EG. Das Bundesverwaltungsgericht hat
hierzu in seinem Beschluss vom 26. Januar 2010 - 9 B 40.09 - Folgendes ausgeführt:
82
"Die Beschwerde vertritt zwar die Auffassung, dass der Begriff der 'umsatzbezogenen
Steuern' nach Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 92/12/EWG anders zu interpretieren sei als der
Begriff der 'Umsatzsteuern' in Art. 33 der 6. Richtlinie 77/388. Sie zeigt jedoch nicht auf,
welcher abweichende Inhalt dem Begriff der 'umsatzbezogenen Steuern' danach
zukommen könnte und dass und ggf. weshalb die hier in Rede stehende
Vergnügungssteuer hiervon erfasst sein könnte. Des Weiteren ist zu beachten, dass die
Vorschrift des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 92/12/EWG die Zulässigkeit von 'Steuern auf
Dienstleistungen' regelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist
Steuergegenstand der Vergnügungssteuer in Gestalt der Spielautomatensteuer nicht die
Dienstleistung, die der Halter der Spielautomaten gegenüber den Spielern erbringt,
sondern der Vergnügungsaufwand des einzelnen Spielers (Urteil vom 13. April 2005 -
BVerwG 10 C 5.04 - BVerwGE 123, 218 <220>; stRspr). Vor diesem Hintergrund hätte
die Beschwerde auch darlegen müssen, dass und weshalb die vorliegende
Vergnügungssteuer als 'Steuer auf Dienstleistungen' im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der
Richtlinie 92/12/EWG zu verstehen sein könnte.
83
Im Übrigen hat der Europäische Gerichtshof bereits festgestellt, dass eine 'Steuer auf
Dienstleistungen' im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie 92/12/EWG dann
keine 'umsatzbezogene Steuer' nach dieser Vorschrift ist, wenn sie nur für eine
bestimmte Warengruppe gilt; die insoweit in Bezug genommenen Entscheidungen
betreffen Urteile des Europäischen Gerichtshofs zu den Wesensmerkmalen einer
'Umsatzsteuer' im Sinne des Art. 33 der 6. Richtlinie 77/388 (EuGH, Urteil vom 10. März
84
2005 - Rs. C-491/03 - Slg. 2005, I-2025 Rn. 29 mit Verweis auf die Urteile vom 3. März
1988 - Rs. C-252/86 - Slg. 1988, 01343 Rn. 15 und 16 sowie vom 29. April 2004 - Rs. C-
308/01 - Slg. 2004, I-04777 Rn. 33 und 35). Offenkundig erhebt die Beklagte die
Vergnügungssteuer nicht allgemein auf den Waren- und Dienstleistungsverkehr in ihrem
Gebiet, so dass diese Steuer weder einer 'Umsatzsteuer' im Sinne des Art. 33 der 6.
Richtlinie 77/388 gleichkommt (stRspr, vgl. Urteile vom 22. Dezember 1999 - BVerwG
11 CN 3.99 - Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 35 S. 12 ff. und BVerwG 11 CN
1.99, BVerwGE 110, 237 <246 ff.>; ebenso BFH, Urteil vom 26. Februar 2007 - II R 2/05
- BFHE 217, 280) noch entsprechend der oben genannten Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs eine 'umsatzbezogene Steuer' nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs.
2 der Richtlinie 92/12/EWG darstellt."
Diesen Erwägungen schließt sich das erkennende Gericht ebenfalls an.
85
(4) Ferner ist die Festsetzung des Steuersatzes durch den Satzungsgeber
rechtsfehlerfrei erfolgt. Entgegen dem - nicht näher konkretisierten - Vortrag der Klägerin
ist der Steuersatz von 15% nicht willkürlich festgesetzt worden. Es kann hier
dahinstehen, ob sich die Festlegung eines Steuersatzes für Gewinnspielgeräte bereits
deshalb als willkürlich erweisen kann, weil der Satzungsgeber vor der
Beschlussfassung keine "ausreichend verlässlichen Tatsachenermittlungen" angestellt
hat,
86
vgl. in diesem Sinne VG Köln, Urteile vom 17. September 2008 - 23 K 4340/07 - und
vom 13. Mai 2009 - 23 K 3425/06 - jeweils m.w.N. (juris und www.nrwe.de),
87
oder ob sich insoweit die gerichtliche Überprüfung auf die bloße Kontrolle des
Ergebnisses des Abwägungsvorgangs des Satzungsgebers beschränkt.
88
Vgl. VG Aachen, Urteil vom 30. Oktober 2008 - 4 K 1032/07 - m.w.N. (juris und
www.nrwe.de); VG Münster, Urteil vom 3. September 2008 - 9 K 779/06 - (juris und
www.nrwe.de); VG Dresden, Urteil vom 24. Februar 2009 - 2 K 642/07 -.
89
Denn der Rat der Stadt X. hat bei der Beschlussfassung über die
Vergnügungssteuersatzung jedenfalls (auch) die wirtschaftliche Situation der
Spielhallenbetreiber in X. und mithin die Angemessenheit der Steuer hinreichend
berücksichtigt. Der Satzungsgeber hat in der Vorlage-Nr. 673 vom 13. September 2007
zu der vorhergehenden, insoweit inhaltsgleichen Vergnügungssteuersatzung vom 14.
September 2007 erwogen, dass das im Jahr 2006 in Spielhallen im Gemeindegebiet X.
je Gewinnspielgerät anfallende Einspielergebnis monatlich durchschnittlich 1.087,78
EUR betrug. Dieser durchschnittliche Steuerbetrag wurde auf der Grundlage von
aussagekräftigem Zahlenmaterial ermittelt. Der Beklagte hatte alle Automatenbetreiber
in X. angeschrieben und diese um Mitteilung der Einspielergebnisse der
Gewinnspielgeräte im Jahr 2006 gebeten. Ein namhafter Teil der Aufsteller (zehn von
15) stellte die erbetenen Daten daraufhin zur Verfügung. Diese hat der Rat mit den
Einspielergebnissen anderer Kommunen (B. und X1. ) verglichen. Ausgehend hiervon
hat er mit Blick auf eine mögliche erdrosselnde Wirkung der Steuer die Konsequenzen
von Steuersätzen zwischen 10 v.H. und 16 v.H. erörtert. Außerdem hat er ergänzend
ausgeführt, nur wenige Einspielergebnisse seien von der Aufstellern an die Verwaltung
übermittelt worden. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Werte
unterhalb der Durchschnittseinnahmen bewegten. Deshalb erscheine es angemessen,
auch zur Sicherung des bisherigen Einnahmeniveaus, einen Steuersatz von 15 v.H. (=
90
163,17 EUR durchschnittliche Steuerbelastung) einzuführen.
Des Weiteren ist die Höhe des Steuersatzes rechtlich nicht zu beanstanden. Es lässt
sich nichts dafür feststellen, dass der in § 10 Abs. 1 VStS bestimmte Steuersatz von
15% erdrosselnde Wirkung hat.
91
Ein unzulässiger Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Berufsfreiheit liegt nach
der höchstrichterlichen Rechtsprechung vor, wenn die Steuerbelastung es für sich
genommen unmöglich macht, im Satzungsgebiet den Beruf des
Spielautomatenbetreibers ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der
Lebensführung zu machen. Insoweit ist ein durchschnittlicher Betreiber zum Maßstab zu
nehmen, da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer
unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet. Maßgeblich ist daher, ob der
durchschnittlich von den Aufstellern erzielte Bruttoumsatz die durchschnittlichen Kosten
unter Berücksichtigung aller anfallenden Steuern einschließlich eines angemessenen
Betrages für Eigenkapitalverzinsung und Unternehmerlohn abdecken kann. Für die
Berechnung sind die Ergebnisse einer kostensparenden marktgerechten
Betriebsführung zugrunde zu legen. Die Kosten sind deshalb daraufhin zu untersuchen,
ob sie in der Regel erforderlich sind. Das schließt es aus, Geldspielgeräte in die
Berechnung einzubeziehen, die von vornherein, auch unabhängig von der
Vergnügungssteuer, unwirtschaftlich sind und daher geeignet sein könnten, den
durchschnittlichen Ertrag zu mindern. Bei der Bewertung der Frage, ob die Höhe der
Vergnügungssteuer noch einen wirtschaftlich sinnvollen Betrieb von Spielautomaten
zulässt, kann auch der Entwicklung der Anzahl der entsprechenden Betriebe im
Gemeindegebiet und der dort aufgestellten Spielgeräte seit Erlass des Satzungsrechts
indizielle Bedeutung zukommen.
92
Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2009 - 9 C 12.08 und 9 C 13.08 - m.w.N.
93
Ausgehend von diesen Grundsätzen gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür,
dass der in X. geltende Steuersatz für Gewinnspielgeräte in Spielhallen für einen
durchschnittlichen Automatenaufsteller im Satzungsgebiet erdrosselnd wirkt. Vielmehr
sind nach Mitteilung des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 5. Januar 2009 zu dem
Verfahren 5 K 1971/08 in den Jahren 2003 bis 2007 - bis zum 1. Januar 2008 - in X. fünf
Spielhallen betrieben worden. Seit dem 1. August 2008 sind drei weitere Spielhallen
hinzugekommen. Bis Ende 2007 hat die Zahl der Gewinnspielgeräte 60, seither 98
betragen. Diese Entwicklung deutet nicht (ansatzweise) darauf hin, dass es dem
durchschnittlichen Betreiber einer Spielhalle in X. nach Inkrafttreten der
Vergnügungssteuersatzung nicht mehr möglich ist, seinen Betrieb wirtschaftlich zu
führen.
94
Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - 14 A 4006/04 -.
95
Für die Annahme einer Erdrosselungswirkung gibt unabhängig davon auch die von der
Klägerin vorgelegte "Übersicht der für das Satzungsgebiet ermittelten durchschnittlichen
betriebsnotwendigen Veranstaltungskosten" nichts her. Das von der Klägerin
übermittelte Zahlenmaterial bezieht sich auf eine "durchschnittliche Spielhalle mit 10
Geldspielgeräten"; mit Bezug darauf fehlt es an jeglicher Darlegung, inwieweit eine
Spielhalle mit (lediglich) zehn Geräten als repräsentativ für das Satzungsgebiet X.
anzusehen sein sollte, in dem seit August 2008 in acht Spielhallen 98
Gewinnspielgeräte betrieben werden. Ferner hat die Klägerin weder angegeben noch
96
ist sonst ersichtlich, auf welches Jahr sich die Daten beziehen. Zudem werden die
angeführten Daten kaum erläutert und es fehlen jegliche Belege für deren Richtigkeit.
Insbesondere lässt die Übersicht auch eine Erklärung für den von der Klägerin pauschal
angesetzten "angemessenen Unternehmerlohn" von 2.000,00 EUR je Spielhalle
vermissen. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang nicht ansatzweise dargelegt,
weshalb ein Unternehmerlohn allgemein nur in dieser Höhe als "angemessen" zu
erachten sein sollte, zumal der "Unternehmerlohn" zwangsläufig von einer Vielzahl von
Parametern (etwa der Größe und der Lage der Halle, der Werbung, des Typs der
aufgestellten Automaten etc.) beeinflusst wird.
Hinzu kommt, dass der vom Satzungsgeber zugrunde gelegte monatliche Steuerbetrag
für Gewinnspielgeräte in Spielhallen von durchschnittlich 163,17 EUR sich - deutlich - in
einem Rahmen bewegt, der in der Vergangenheit von der Rechtsprechung - bezogen
auf die Verhältnisse in anderen Städten und eine Besteuerung nach dem
Stückzahlmaßstab - als hinnehmbar anerkannt worden ist.
97
Vgl. etwa: BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1999 - 11 CN 1.99 -, NVwZ 2000, 936:
600,00 DM/Monat und Urteil vom 22. Dezember 1999 - 11 CN 3/99 -, a.a.O.: 400,00
DM/Monat; Hess. VGH, Beschluss vom 14. März 1996 - 5 TH 508/96 -, ZKF 1996, 232:
400,00 DM/ Monat; VG Düsseldorf, Urteil vom 17. März 2004 - 25 K 7334/03 -: 240,00
EUR/ Monat; VG Arnsberg, Urteil vom 8. Juni 2001 - 3 K 2272/99 -: 405,00 DM/Monat.
98
Ferner bemisst sich die Steuerlast nunmehr nach dem Einspielergebnis des einzelnen
Gewinnspielapparates, so dass (zeitweilige) Einnahmeminderungen (z.B. aufgrund
weniger bespielter Apparate) durch eine geringere Steuerschuld kompensiert werden
und der wirtschaftlichen Situation des einzelnen Aufstellers - anders als bei der
vorherigen pauschalen Besteuerung - somit Rechnung getragen wird.
99
Vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 7. August 2008 - 5 K 2686/07 - a.a.O.
100
Der von den vorgenannten Umständen ausgehenden Indizwirkung, dass die
Vergnügungssteuer für Gewinnspielgeräte in X. keine erdrosselnde Wirkung hat, ist die
Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten.
101
Vor diesem Gesamthintergrund ist überdies anzunehmen, dass die Vergnügungssteuer
als Aufwandsteuer auf den Spieler abgewälzt werden kann. Zum Erfordernis der
Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer hat das Bundesverfassungsgericht in seinem
Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 -, a.a.O., Folgendes ausgeführt:
102
"Wird eine Steuer nicht bei dem erhoben, dessen Leistungsfähigkeit sie in einem
bestimmten Vorgang, wie hier dem Spielaufwand, erfassen soll, sondern indirekt bei
einem Dritten, so muss sie dem wahren Besteuerungsgrund folgend von diesem
Steuerschuldner grundsätzlich auf den eigentlich zu Belastenden abwälzbar sein. Nach
den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu entwickelten
Grundsätzen (s. oben 1 c) genügt bei einer solchen indirekt erhobenen Steuer wie der
Vergnügungssteuer die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne,
dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner
Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit
seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann. Es reicht aus, wenn die
Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den eigentlichen
Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt
103
(vgl. BVerfGE 110, 274 <295>). Bei der Besteuerung des Vergnügungsaufwands an
Geldspielautomaten besteht allerdings die Besonderheit, dass die gewerberechtlichen
Rahmenbedingungen den Aufsteller und Betreiber der Automaten in seinen
unternehmerischen Entscheidungsspielräumen einengen und damit die kalkulatorische
Abwälzung erschweren. Dies gilt namentlich für die im Ausgangsverfahren noch
maßgebliche Fassung der Spielverordnung (vgl. BGBl I 1962, S. 153 mit späteren
Änderungen, zuletzt BGBl I 1993, S. 460), nach der für Spielautomaten mit
Gewinnmöglichkeit unter anderem eine Mindestquote des auszuschüttenden Gewinns
und ein Höchstbetrag für den Einwurf vorgeschrieben waren (s. oben A I 4). Die Steuer
konnte daher weder ohne weiteres durch Erhöhung des Preises für das einzelne Spiel
noch durch Senkung der Gewinnquote weitergegeben werden. Diese
gewerberechtlichen Rahmenbedingungen ändern indes nichts daran, dass die
Spielgerätesteuer eine auf Überwälzung auf den Spieler angelegte Steuer ist, die
dessen im Spielaufwand zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit erfassen will (s.
oben I 2). Weder die Mindestquote des auszuschüttenden Gewinns noch der
Höchstbetrag des Einsatzes schließen die Abwälz-barkeit der Steuer aus, weil diese
rechtlichen Vorgaben den Aufsteller nicht daran hindern, seinen Umsatz zu steigern
(vgl. bereits BVerfGE 14, 76 <97 f.>) oder seine Betriebskosten zu senken. Die
Spielräume der Unternehmer als Steuerschuldner sind durch die konkrete
Ausgestaltung der Spielgerätesteuer und die Bedingungen der Spielverordnung nicht in
einer Weise begrenzt, die ihnen die Überwälzung der Steuerlast auf die Spieler, etwa
auf der Grundlage einer Erhöhung des Umsatzes oder der Senkung der Selbstkosten,
rechtlich oder tatsächlich unmöglich machen würde. Dies ist zumindest so lange nicht
der Fall, wie der Spielereinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen
Unkosten für den Betrieb des Spielgerätes deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft
(vgl. BVerfGE 31, 8 <20>). In rechtlicher Hinsicht wird die betriebswirtschaftliche
Planung und Kalkulation des Unternehmers innerhalb der von den genannten Normen
eröffneten Spielräume nicht beeinflusst. Insbesondere setzt die gewerberechtliche
Regelung in der Spielverordnung der Erhöhung des Umsatzes je Apparat oder auch der
Senkung der Betriebskosten keine rechtlichen Grenzen; beides ist allein vom
kaufmännischen Geschick und der Marktlage abhängig (vgl. BVerfGE 14, 76 <98>)."
Die Abwälzbarkeit auf die Spieler setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung
auch nicht voraus, dass die Vergnügungssteuer - wie beispielsweise beim
Stückzahlmaßstab - im Voraus exakt berechnet werden kann. Entscheidend ist
vielmehr, dass der Unternehmer die abzuführende Steuer anhand langfristiger
Erfahrungs- und Durchschnittswerte verlässlich kalkulieren kann.
104
Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2009 - 9 C 12.08 und 9 C 13.08 -.
105
Da die Vergnügungssteuer für Gewinnspielgeräte in Spielhallen in X. nach einem
(festen) Prozentsatz der Bruttokasseneinnahmen der Geräte zu ermitteln ist, konnte die
Klägerin die Besteuerungsgrundlagen für Gewinnspielgeräte nach der
Vergnügungssteuersatzung bei der Kalkulation ihrer betrieblichen Kosten im
streitgegenständlichen Zeitraum des Jahres 2009 berücksichtigen.
106
(5) Schließlich sind auch die Bestimmungen in § 13 Abs. 3 (und 4) VStS nicht zu
beanstanden. Diese Regelungen stehen im Einklang mit den Vorschriften der
Abgabenordnung betreffend Steueranmeldungen, die nach dem
Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) auf die von den
Gemeinden erhobene Vergnügungssteuer entsprechende Anwendung finden. Gemäß §
107
12 Abs. 1 Nr. 4a KAG i.V.m. § 150 Abs. 1 Sätze 1 und 3 AO hat der Steuerpflichtige in
der grundsätzlich nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck einzureichenden
Steuererklärung die Steuer selbst zu berechnen, soweit dies gesetzlich - bzw. wie hier
durch die Vergnügungssteuersatzung satzungsrechtlich - vorgeschrieben ist
(Steueranmeldung). Ist eine Steuer aufgrund gesetzlicher - bzw. satzungsrechtlicher -
Verpflichtung anzumelden, so ist eine Festsetzung der Steuer nach § 155 AO nur
erforderlich, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der
Steuerschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt (§ 12 Abs. 1 Nr. 4b KAG i.V.m. § 167
Abs. 1 Satz 1 AO). Die Steueranmeldung steht einer Steueranmeldung unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung i.S.v. § 164 AO gleich (§ 12 Abs. 1 Nr. 4b KAG i.V.m. § 168
Satz 1 AO). Hält der Anmeldende die Steueranmeldung für rechtswidrig, so kann er
diese wie eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung anfechten.
Die Regelungen in § 13 Abs. 3 VStS erweisen sich auch nicht deshalb als unwirksam,
weil unklar ist, wann die Frist für die Klage gegen eine Steueranmeldung beginnt. Das
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat in seinem Beschluss vom
29. Januar 2009 - 14 A 2216/06 - zu der Rüge, ein Satzungsrecht, wie es hier von der
Stadt X. beschlossen worden ist, lasse keine eindeutigen Rechtsmittelfristen
hervortreten, ausgeführt:
108
"Entgegen der Auffassung der Klägerin verletzt die Vergnügungssteuersatzung nicht Art.
2, 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 GG deshalb, weil aus § 13 Abs. 3 der Satzung keine eindeutigen
Rechtsmittelfristen hervorgingen. In § 13 Abs. 3 ist für Apparate mit Gewinnmöglichkeit
die Abgabe der Steueranmeldung geregelt. Nach § 13 Abs. 3 Satz 3 gilt die
unbeanstandete Entgegennahme der Steueranmeldung als Steuerfestsetzung. Diese
Satzungsbestimmung lehnt sich an § 168 AO an, der auf Kommunalabgaben gemäß §
12 Nr. 4a KAG anwendbar ist. Wenn ein Automatenaufsteller gegen die
Steueranmeldung vorgehen will, so kann er innerhalb eines Monats nach Eingang der
Steueranmeldung bei der Behörde Klage erheben. Wenn nach Klageerhebung noch
eine anderweitige Steuerfestsetzung erfolgt, bleibt es dem Kläger unbenommen, diese
in das Klageverfahren einzubeziehen. Eine unzumutbare Erschwernis bei der
Rechtsverfolgung ist nicht zu erkennen."
109
Dem folgt die Kammer. Deshalb bedarf die Frage, ob vor diesem Hintergrund für Klagen
gegen Vergnügungssteueranmeldungen überhaupt eine Klagefrist gilt und wann diese
gegebenenfalls beginnt bzw. endet, hier keiner abschließenden Entscheidung. Da die
dargelegten Unklarheiten bezüglich der Rechtsmittelfrist ihre Ursache nicht im
Satzungsrecht der Stadt X. , sondern ausschließlich im Verwaltungsverfahrens- bzw.
Verwaltungsprozessrecht haben, berühren sie die Wirksamkeit der
Vergnügungssteuersatzung von vornherein nicht. Dem Satzungsgeber ist es überdies
mangels einer entsprechenden Rechtsetzungskompetenz verwehrt, Regelungen zum
Beginn oder Ablauf von Rechtsmittelfristen in einer Steuersatzung zu treffen.
Demgemäß bestimmt § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage
für den Erlass von Abgabensatzungen, dass die Satzung (nur) den Kreis der
Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den
Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit angeben muss. Mit Bezug auf das
"Verwaltungsverfahren" verweist § 12 KAG hingegen ausschließlich auf Vorschriften der
Abgabenordnung, ohne indes dem Satzungsgeber insoweit eine ergänzende
Satzungsermächtigung einzuräumen.
110
Ist nach alldem die Vergnügungssteuersatzung wirksam, so erweisen sich auch die als
111
Steuerfestsetzungen geltenden Vergnügungssteueranmeldungen vom 6. April 2009, 13.
Juli 2009, 13. Oktober 2009 und vom 10. Januar 2010 ihrerseits als rechtmäßig, soweit
die Klägerin zu Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 38.428,97 EUR für das Jahr
2009 herangezogen worden ist. Diesbezüglich hat die Klägerin keine Bedenken geltend
gemacht und solche sind auch anderweitig nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. den §§
708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
112
113