Urteil des VG Arnsberg vom 09.02.2007

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Verwaltungsgericht Arnsberg, 3 K 1087/06.A
Datum:
09.02.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 K 1087/06.A
Tenor:
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung von Zif. 2. und 3. des Bescheides
vom 17. Januar 2003 verpflichtet, festzustellen, dass in der Person des
Klägers die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60
Abs. 7 S. 1 AufenthG für Burkina Faso vorliegen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens, für
das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen der Kläger und die
Beklagte je zur Hälfte.
T a t b e s t a n d :
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Der am 3. September 1975 geborene Kläger ist Volkszugehöriger von Burkina Faso.
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Er reiste am 26. Januar 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 27.
Januar 1993 einen Asylantrag mit der Begründung, dass sein Vater getötet worden sei.
Er habe eine Schädelverletzung. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 13. Dezember
1994 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab.
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Am 28. Oktober 2002 stellte der Kläger einen Asylfolgeantrag mit der Begründung, er
leide an einem posttraumatischen Belastungssyndrom.
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Mit Bescheid vom 17. Januar 2003 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab.
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Hiergegen richtet sich die am 30. Januar 2003 erhobene Klage.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid vom 17. Januar 2003 aufzuheben, den Kläger als Asylberechtigten
anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 AufenthG
vorliegen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Streitakte
sowie die dazu vorgelegten Verwaltungsvorgänge und die dem
Prozessbevollmächtigten des Klägers mit der Ladung bekannt gegebene Aufstellung
von Presseberichten, soweit sie für die vorliegende Entscheidung von Bedeutung sind
verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage hat teilweise Erfolg.
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Sie ist begründet, soweit sie darauf gerichtet ist, unter entsprechender Aufhebung der
Zif. 2. und 3. in dem angegriffenen Bescheid die Beklagte zu verpflichten, in der Person
des Klägers das Vorliegen der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes i. S. d. -
nunmehr nach Art. 15 Abs.12 und Abs. 3 Nr. 1 des Zuwanderungsgesetzes
anwendbaren - § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG für Burkina Faso festzustellen.
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Im übrigen ist die Klage unbegründet. Insoweit ist der angefochtene Bescheid des
Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113
Abs. 5 VwGO).
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Die Beklagte hat zu Recht die Durchführung eines Asylfolgeverfahrens abgelehnt
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Für den Kläger besteht allerdings ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1
AufenthG. Für den Kläger besteht im Falle einer Abschiebung in sein Heimatland eine
erhebliche konkrete Gefahr für die in der Vorschrift genannten Schutzgüter.
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Erheblich ist eine Leibes- und Lebensgefahr im Hinblick auf eine Erkrankung, wenn sich
der Gesundheitszustand des Betroffenen wegen unzureichender medizinischer
Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat der Abschiebung in einem angemessenen
Prognosezeitraum wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde.
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Vgl.: OVG NRW, Beschlüsse vom 17. September 2004 - 13 A 3598/04.A - und vom 16.
Dezember 2004 - 13 A 4512/03.A -
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Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ( § 77 Abs.1 AsylVfG) leidet
der Kläger an akustischen und optischen Halluzinationen sowie einer depressiven
Verstimmung. Wegen dieser Erkrankung war er bereits im November 2002 stationär in
der Westfälischen Klinik für Psychiatrie in Dortmund untergebracht. Nach dem Attest der
behandelnden Ärztin N. C. vom 4. 5. 2006 sind psychiatrische Behandlung
einschließlich Medikamentengabe und eine weitere Betreuung durch die
sozialpsychiatrischen Dienste der Stadt Dortmund kontinuierlich erforderlich. Nach
diesem Attest sowie nach dem Eindruck, den das Gericht vom Kläger während der
mündlichen Verhandlung gewinnen konnte, ist eine effiziente Behandlung des Klägers
in seinem Heimatland nicht möglich. Eine solche umfassende Betreuung des Klägers
durch Fachärzte und sozialpsychiatrische Dienste ist jedoch nur hier gewährleistet.
Auch das Gesundheitsamt der Stadt Dortmund hat mit Gutachten vom 18. August 2003
dem Kläger eine schwere Erkrankung aus dem neurologisch-psychiatrischen
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Formenkreis mit optischen und akustischen Wahrnehmungsstörungen attestiert und
festgestellt, dass der Kläger hilflos ist und dringend einer fachspezifischen Behandlung
bedarf.
Zwar mögen psychiatrische Erkrankungen in Burkina Faso medizinisch behandelbar
sein. Abzustellen ist jedoch nicht auf die jeweilige Einzelerkrankung. Es ist vielmehr das
Krankheitsbild des Klägers insgesamt in den Blick zu nehmen. Vor diesem Hintergrund
erschließt sich dem Gericht nicht, dass für den Kläger eine sofort nach seiner Rückkehr
einsetzende Behandlung gewährleistet ist, die einer existentiellen
Gesundheitsgefährdung vorbeugt. Eine solche wird von der Beklagten auch nicht
konkret aufgezeigt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1, VwGO; die Gerichtskostenfreiheit
ergibt sich aus § 83 b AsylVfG.
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Dem Antrag sollen möglichst Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
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T1.
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