Urteil des VG Arnsberg vom 27.11.2002

VG Arnsberg: staatsangehörigkeit, anspruch auf einbürgerung, entlassung, öffentliche gewalt, auslandsvertretung, richteramt, vergleich, religionsfreiheit, empfang, unbefristet

Verwaltungsgericht Arnsberg, 1 K 607/02
Datum:
27.11.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 607/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
1
Die Kläger sind türkische Staatsangehörige und machen ihre Einbürgerung in den
deutschen Staatsverband geltend.
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Der Kläger zu 2. wurde 1971 in der Türkei geboren. Seit 1979 lebt er - mit einer
Unterbrechung in den Jahren 1983 bis 1985 - in Deutschland. Seit dem 19. Juni 1989
verfügt er über eine Aufenthaltserlaubnis, die seit dem 19. April 1995 unbefristet ist.
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Die Klägerin zu 1., die Ehefrau des Klägers zu 2., wurde 1968 in der Türkei geboren und
lebt seit 1973 im Bundesgebiet. Sie erhielt im November 1985 eine
Aufenthaltserlaubnis, die seit April 1992 unbefristet erteilt ist. Bei den Klägern zu 3. bis
5. handelt es sich um die 1992, 1996 und 1998 in Deutschland geborenen Kinder der
Kläger zu 1. und 2..
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Im Januar 1997 beantragten die Kläger zu 1. und zu 2., ihnen und den Klägern zu 3. und
4. gemäß § 86 des Ausländergesetzes (AuslG) - damaliger Fassung - die deutsche
Staatsangehörigkeit zu verleihen. Im August 1997 erteilte die Bezirksregierung Arnsberg
ihnen daraufhin eine auf zwei Jahre befristete Einbürgerungszusicherung für den Fall,
dass der Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen werde. Die
Zusicherung war mit dem Vorbehalt versehen, dass sich die für die Einbürgerung
maßgebliche Sach- und Rechtslage bis zur Einbürgerung nicht ändere. Zugleich
wurden die Kläger zu 1. und zu 2. darauf hingewiesen, sich ernsthaft und nachhaltig um
die Entlassung aus ihrer bisherigen Staatsbürgerschaft zu bemühen. Nach
Einbeziehung des Klägers zu 5. in das Verfahren erteilte ihm der inzwischen zuständige
Beklagte im April 1998 ebenfalls eine befristete Einbürgerungszusicherung.
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Im November 1998 teilten die Kläger mit, sie hätten sich vergeblich um die Entlassung
aus der türkischen Staatsangehörigkeit bemüht. Das Generalkonsulat reagiere einfach
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nicht. Im Oktober 1999 berichteten sie, sie hätten mehrfach versucht, beim türkischen
Generalkonsulat in Essen vorzusprechen. Wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes,
das auf eine bestimmte religiöse Einstellung hindeute, seien sie unter
Gewaltanwendung aus dem Konsulatsgebäude gewiesen worden.
Der Beklagte erklärte daraufhin, es sei dem Kläger zu 2. zuzumuten, das Konsulat in
„normaler Straßenkleidung" aufzusuchen. Nach einer Aktualisierung des
Einkommensnachweises des Klägers zu 2. erteilte der Beklagte den Klägern unter dem
2. November 2000 erneut eine auf zwei Jahre befristete Einbürgerungszusicherung, die
mit ähnlichen Zusätzen wie die zuvor erteilte versehen war.
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Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 erklärte das Generalkonsulat der Republik Türkei
in Essen der Bezirksregierung Arnsberg, die Entlassungsbefugnisse und die
endgültigen Bescheinigungen über die Entlassung aus der türkischen
Staatsangehörigkeit lägen für die Kläger bereit. Um das Entlassungsverfahren
fortzuführen, müssten sie in das Generalkonsulat kommen. Trotz mehrfacher
Aufforderung seien sie jedoch nicht erschienen.
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Auf einen entsprechenden Hinweis des Beklagten trug der Kläger zu 2. vor, er sei nicht
in der Lage, die Unterlagen abzuholen, weil man ihm aufgrund seines äußeren
Erscheinungsbildes den Zutritt zum Generalkonsulat verweigere. In der Folgezeit
bevollmächtigte er den Beklagten, sich die Entlassungsurkunden unmittelbar von der
türkischen Auslandsvertretung übersenden zu lassen. Auf dessen wiederholte Bitte um
Übersendung reagierte das Generalkonsulat nicht.
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Im März 2001 teilte das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen dem
Beklagten unter Angabe einzelner Erkenntnisse mit, der Kläger zu 2. könne als
Funktionär des „Kalifatsstaates" des Herrn Metin Kaplan bezeichnet werden.
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Mit Bescheid vom 8. Mai 2001 lehnte der Beklagte die Einbürgerung der Kläger mit der
Begründung ab, § 86 Abs. 1 AuslG verlange u. a., dass die bisherige
Staatsangehörigkeit aufgegeben werde oder verloren gehe. Diese Voraussetzung sei
nicht erfüllt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz greife nicht ein. Dem Kläger zu 2.
sei es zuzumuten, das türkische Generalkonsulat in Essen in „normaler
Straßenkleidung" aufzusuchen, um die Entlassungsgenehmigung in Empfang zu
nehmen.
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Den hiergegen am 14. Mai 2001 erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung
Arnsberg mit Bescheid vom 6. Februar 2002 zurück. In Ergänzung der Begründung des
Ablehnungsbescheides führte sie aus, der Einbürgerung des Klägers zu 2. stehe auch
die zu Beginn des Jahres 2002 in Kraft getretene Änderung des § 102 a AuslG
entgegen. Danach sei im vorliegenden Fall die Verleihung der deutschen
Staatsangehörigkeit ausgeschlossen, weil tatsächliche Anhaltspunkte für eine
verfassungsfeindliche oder extremistische Betätigung vorlägen.
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Am 20. Februar 2002 ist die vorliegende Klage bei Gericht eingegangen. Eine in dieser
Sache bereits im April 2001 erhobene Untätigkeitsklage - 1 K 1485/01 - haben die
Kläger inzwischen zurückgenommen.
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Sie tragen vor: Es sei ihnen nicht zuzumuten, sich in „normaler Straßenkleidung" in das
tür-kische Konsulat zu begeben. Als streng gläubige Moslems trügen sie nur eine
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Kleidung, die Hinweise auf ihre Glaubensüberzeugung gebe. Niemand, auch nicht
deutsche oder ausländische Behörden, habe das Recht, Menschen zu benachteiligen,
die ihrer religiösen Überzeugung durch eine entsprechende Gestaltung ihres Äußeren
Ausdruck verliehen. Sie, die Kläger, hätten zu keiner Zeit verfassungsfeindliche oder
sonst extremistische Aktivitäten entwickelt und gehörten auch nicht einer
entsprechenden Organisation an. Selbstverständlich stünden sie auf dem Boden des
Grundgesetzes. Die anders lautende Stellungnahme des Innenministeriums des Landes
Nordrhein-Westfalen sei vollkommen unsubstantiiert.
Die Kläger beantragen,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 8. Mai 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Arnsberg vom 6. Februar 2002 zu
verpflichten, sie unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit in den deutschen Staatsverband
einzubürgern.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen und verweist insbesondere auf die
Begründung des Widerspruchsbescheides.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte, der beigezogenen Akte 1 K 1485/01
sowie der vom Beklagten und von der Widerspruchsbehörde übersandten
Verwaltungsakten Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Den Klägern steht der geltend gemachte
Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband nicht zu. Der ihr Begehren
ablehnende Bescheid des Beklagten vom 8. Mai 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Arnsberg vom 6. Februar 2002 ist
rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
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Der Anspruch ergibt sich nicht aus den §§ 85 ff. AuslG. Da die Kläger ihre
Einbürgerungsanträge bis zum 16. März 1999 gestellt haben, ist nach § 102 a AuslG in
der Fassung des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli
1999, BGBl I S. 1618, die vor dem 1. Januar 2000 geltende Fassung des
Ausländergesetzes (vom 9. Juli 1990, BGBl I S. 1354, zuletzt geändert durch Gesetz
vom 16. Dezember 1997, BGBl I S. 2970) anzuwenden. Die Hinnahme von
Mehrstaatigkeit beurteilt sich allerdings nach § 87 AuslG in der Fassung des bereits
genannten Gesetzes vom 15. Juli 1999 (vgl. § 102 a AuslG in der Fassung des
letztgenannten Gesetzes), außerdem ist auch bei Stellung des Einbürgerungsantrages
bis zum 16. März 1999 die Einbürgerung zu versagen, wenn ein Ausschlussgrund nach
§ 86 Nr. 2 oder Nr. 3 der am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Neufassung des
Ausländergesetzes vorliegt (vgl. Art. 11 Nr. 16 des Terrorismusbekämpfungsgesetzes
vom 9. Januar 2002, BGBl I S. 361).
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Vgl. zur Entwicklung der anzuwendenden Fassung der §§ 85 ff AuslG: Hailbronner in
Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 3. Auflage, § 85 AuslG Randnummern
1-7.
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Nach § 86 Abs. 1 AuslG in der hier maßgeblichen, vor dem 1. Januar 2000 geltenden
Fassung war ein Ausländer, der seit 15 Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen
Aufenthalt im Bundesgebiet hat, auf Antrag einzubürgern, wenn er - neben weiteren
Voraussetzungen - seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgab oder verlor (vgl. § 86
Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes). Der Ehegatte und die Kinder des Ausländers konnten nach
Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit
15 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten (vgl. § 86 Abs. 2 AuslG in der soeben
genannten Fassung). Nach § 85 Abs. 1 AuslG in der vorbezeichneten Fassung war ein
Ausländer, der nach Vollendung seines 16. und vor Vollendung seines 23.
Lebensjahres die Einbürgerung beantragte - die Anwendung dieser Bestimmung kommt
im Hinblick auf den Kläger zu 3. in Betracht -, unter im Gesetz genannten (erleichterten)
Voraussetzungen einzubürgern. Auch insoweit war jedoch Voraussetzung, dass der
Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgab oder verlor (vgl. § 85 Abs. 1 Nr. 1
AuslG in der vorgenannten Fassung).
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Die hiernach maßgeblichen Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllen die Kläger nicht,
weil sie, ohne dass es auf weitere gesetzliche Anforderungen ankommt, jedenfalls ihre
bisherige türkische Staatsangehörigkeit nicht aufgeben oder verlieren und dies nicht
nach den Bestimmungen des § 87 AuslG in seiner jetzt geltenden Fassung
hinzunehmen ist. Dies wäre im Übrigen auch nach früherem Recht, bei Anwendung des
§ 87 AuslG in der vor Beginn des Jahres 2000 geltenden Fassung, nicht der Fall
gewesen.
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Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 AuslG in der im vorliegenden Fall anzuwendenden, seit dem 1.
Januar 2000 geltenden Fassung wird von der Aufgabe oder dem Verlust der bisherigen
Staatsangehörigkeit abgesehen, wenn der Ausländer diese Staatsangehörigkeit nicht
oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Nach Satz 2 der
vorbezeichneten Bestimmung ist dies in den nachfolgend im Gesetz aufgeführten Fällen
anzunehmen. Sie enthalten eine, sofern nicht weitere gesetzliche Sonderregelungen
eingreifen, abschließende Konkretisierung des § 87 Abs. 1 Satz 1 AuslG. Das ergibt
sich aus dem Vergleich mit der zuvor geltenden Rechtslage, der Entstehungsgeschichte
der genannten Vorschriften und dem rechtssystematischen Vergleich mit der
Formulierung in § 87 Abs. 3 AuslG.
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Vgl.: hierzu im Einzelnen Hailbronner, aa0, § 87 AuslG Randnummern 4 ff.
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Die Voraussetzungen der einzelnen Fallgruppen des § 87 Abs. 1 Satz 2 AuslG sind
jedoch nicht gegeben. Dies gilt insbesondere für § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AuslG.
Hiernach ist von der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit abzusehen, wenn der
ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt
hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen
abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag
nicht in angemessener Zeit entschieden hat. Entgegen diesen Vorschriften haben die
Kläger ihre nicht erfolgte Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit zu
vertreten; der türkische Staat macht die Entlassung nicht von unzumutbaren
Bedingungen abhängig.
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Die Entlassung der Kläger aus der türkischen Staatsangehörigkeit hängt allein davon
ab, dass der Kläger zu 2. im eigenen Namen und als Vertreter seiner Ehefrau und seiner
Kinder die entsprechenden Urkunden persönlich im türkischen Generalkonsulat in
Essen in Empfang nimmt. Die türkische Auslandsvertretung gestattet ihm, wie der
Kläger zu 2. in der mündlichen Verhandlung noch einmal bestätigt und unter Hinweis
auf die entsprechende, in seinem Heimatland von den Behörden allgemein beachtete
Vorgehensweise erläutert hat, das Betreten ihrer Räumlichkeiten nur, wenn er dort in
„normaler Straßenkleidung" vorspricht. Gemeint ist damit, dass seine Bekleidung und
auch sein sonstiges äußeres Erscheinungsbild (kein zu langer Bart) nicht auf ein
bestimmtes religiöses Bekenntnis hindeuten dürfen. Insbesondere wird das Ablegen
seiner turbanähnlichen Kopfbedeckung verlangt, die - wie er selbst in der mündlichen
Verhandlung bestätigt hat - als Bekenntnis zum Islam zu verstehen ist; der türkische
Staat will mit den erwähnten Verhaltensanforderungen seine weltanschauliche
Neutralität zum Ausdruck bringen. Mit der Beachtung dieser Vorgaben beim Vollzug der
Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit wird vom Kläger nichts
Unzumutbares verlangt.
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Dies gilt zum einen für die Notwendigkeit, persönlich die Auslandsvertretung des
bisherigen Heimatstaates aufzusuchen. Die Zumutbarkeit dieser Anforderung ist in der
Rechtsprechung einhellig anerkannt; der vorliegende Fall bietet keinen Anlass zu einer
hiervon abweichenden Bewertung.
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Vgl. hierzu etwa Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 16. September
1990 - 2 BvR 1864/88 -, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1991, S. 633;
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH BW), Urteil vom 7. November 1991 -
13 S 1627/90 -, Informationsbrief Ausländerrecht (InfAuslR) 1992, S. 98;
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 23.
Februar 1996 - 25 A 2570/94 und - 25 A 2571/94 -.
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Unzumutbar ist die persönliche Vorsprache im türkischen Generalkonsulat auch nicht
deshalb, weil vom Kläger zu 2. dabei ein „religiös neutrales" Erscheinungsbild,
insbesondere ein Auftreten ohne eine Kopfbedeckung verlangt wird, die ihn als
Anhänger einer (bestimmten) islamischen Glaubensrichtung kennzeichnet. Die
grundrechtlich geschützte Religionsfreiheit des Klägers zu 2. (Artikel 4 Abs. 1 des
Grundgesetzes - GG -) und auch seine Menschenwürde (Artikel 1 Abs. 1 GG) werden
durch das fragliche Ansinnen nicht verletzt.
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Der Beklagte und die Widerspruchsbehörde haben in ihren das Klagebegehren
ablehnenden Bescheiden zu Recht darauf hingewiesen, dass die Grundrechte des
Grundgesetzes nur die deutsche öffentliche Gewalt binden, grundsätzlich also nicht
gegenüber ausländischen Staaten und ihren Behörden geltend gemacht werden
können. Aber auch wenn man insoweit die Grundsätze über die Drittwirkung von
Grundrechten heranzieht, wird dem Kläger zu 2. nicht ein mit der Religionsfreiheit
unvereinbares Verhalten zugemutet. Er muss lediglich für kurze Zeit eine
„religionsneutrale" Kleidung benutzen. Damit ist lediglich eine kurzfristige und in ihrer
Intensität äußerst geringe Einschränkung der Ausdrucksmöglichkeiten für die eigene
religiöse Überzeugung verbunden. Diese Einschränkung bezieht sich zudem auf einen
Vorgang, der keinen Bezug zu Lebenssachverhalten aufweist, in denen Angehörige
bestimmter Religionen üblicherweise ihre Überzeugung offenbaren. Unter
Berücksichtigung all dieser Umstände, auch im Vergleich mit den anderen in § 87 Abs.
1 Satz 2 und Abs. 3 AuslG geregelten Fallgruppen, wird vom Kläger zu 2. in diesem
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Zusammenhang nichts Unzumutbares verlangt.
Diese Beurteilung steht in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung, die es u.a. als
zumutbar angesehen hat, wenn eine zum Christentum übergetretene Iranerin, die die
deutsche Staatsangehörigkeit erwerben will, ihren Antrag auf Entlassung aus der
iranischen Staatsangehörigkeit persönlich bei der iranischen Auslandsvertretung zu
stellen und dabei Lichtbilder zu übergeben hat, auf denen sie einen „islamischen
Schleier" trägt.
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Vgl. zu letzterem VGH BW, Urteil vom 7. November 1991 - 13 S 1627/90 -, aa0.
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Nach alledem ist nicht erheblich, ob der Einbürgerung des Klägers zu 2. auch § 86 Nr. 2
und Nr. 3 AuslG (nF) entgegenstehen. Nach näherer Regelung dieser Vorschriften ist
die Einbürgerung ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme
rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder unterstützt
oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische
Grundordnung gerichtet sind oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf
gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik
Deutschland gefährden oder wenn ein Ausweisungsgrund nach § 46 Nr. 1 AuslG
vorliegt. Der Frage, ob einer dieser Ausschlussgründe wegen einer Verbindung des
Klägers zu 2. zu dem so genannten Kalifatsstaat des Herrn Metin Kaplan eingreift,
braucht das Gericht nicht nachzugehen, weil die Klage bereits aus den oben
ausgeführten Gründen insgesamt erfolglos bleibt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO in Verbindung
mit § 100 Abs. 1 der Zivilprozessordnung.
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Die Kammer sieht davon ab, gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO die Berufung zuzulassen,
weil die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.
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Rechtsmittelbelehrung:
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Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung beim
Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg, Postanschrift:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 59818 Arnsberg) Antrag auf Zulassung der Berufung
gestellt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von
zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die
Berufung zuzulassen ist.
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Die Berufung ist nur zuzulassen, 1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des
Urteils bestehen, 2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche
Schwierigkeiten aufweist, 3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des
Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des
Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung
beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender
Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung
beruhen kann.
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Die Begründung ist bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821
Arnsberg, Postanschrift: Verwaltungsgericht Arnsberg, 59818 Arnsberg) einzureichen.
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Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-
Westfalen in Münster durch Beschluss.
Bei der Antragstellung und vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte,
soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer
deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum
Richteramt vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich
auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie
Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder
Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des
jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören,
vertreten lassen.
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Der Antragsschrift sollen möglichst Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt
werden.
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