Urteil des VG Arnsberg vom 19.01.2006

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Verwaltungsgericht Arnsberg, 12 K 2325/05
Datum:
19.01.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
12. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 K 2325/05
Tenor:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
r ü n d e:
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Klage nicht
die hierfür erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. § 166 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit §§ 114 ff der
Zivilprozessordnung - ZPO -). Denn nach dem derzeitigen Erkenntnisstand hat die
Klägerin keinen Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten.
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Gemäß § 1 der Verordnung zur Ausführung des § 97 Abs. 4 des Schulgesetzes
(Schülerfahrkostenverordnung -SchfkVO -) vom 16. April 2005 (Gesetz- und
Verordnungsblatt NRW 2005 S. 420) sind Schülerfahrkosten die Kosten, die für die
wirtschaftlichste, der Schülerin oder dem Schüler zumutbare Art der Beförderung zu den
Schulen und zurück notwendig entstehen. Fahrkosten entstehen notwendig, wenn ein
Schulweg bestimmte Entfernungsggrenzen überschreitet (§ 5 Abs.2 SchfkVO),
besonders gefährlich oder nach den örtlichen Verhältnissen für Schüler ungeeignet ist
(§ 6 Abs.2 SchfkVO) oder wenn ein Schüler aus dringenden persönlichen Gründen ein
Verkehrsmittel benutzen muss (§ 6 Abs.1 SchfkVO). Diese Voraussetzungen sind nach
derzeitigem Erkenntnisstand vorliegend nicht erfüllt.
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Die Länge des Schulweges lässt die Fahrkosten nicht notwendig entstehen, denn der
Schulweg überschreitet die in § 5 Abs.2 SchfkVO für Schüler der Sekundarstufe I
festgesetzte Länge von 3,5 km nicht. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass
die Söhne der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen ein Verkehrsmittel benutzen
müssen.
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Der Schulweg ist auch nicht besonders gefährlich im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 SchfkVO.
Nach S.2 dieser Vorschrift ist ein Schulweg insbesondere dann besonders gefährlich,
wenn er überwiegend entlang einer verkehrsreichen Straße ohne Gehweg oder
begehbaren Randstreifen führt, oder wenn eine verkehrsreiche Straße ohne besondere
Sicherung für Fußgänger überquert werden muss. Auch wenn diese Beispielsfälle nicht
erfüllt sind, so kann ein Schulweg dann im Sinne von Satz 1 dieser Vorschrift besonders
gefährlich oder ungeeignet sein, wenn andere Gefahren hinzutreten. Mit dem
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qualifizierenden Merkmal "besonders" hat der Verordnungs- geber aber zum Ausdruck
gebracht, daß die üblichen Risiken, denen Schüler auf dem Weg zur Schule -
insbesondere im modernen Straßenverkehr - üblicherweise ausgesetzt sind,
fahrkostenrechtlich unbeachtlich sein sollen. Nur wenn konkrete Umstände hinzutreten,
die das Schadensrisiko als überdurchschnittlich hoch erscheinen lassen, soll danach
ein Anspruch auf Fahrkostenerstattung bestehen.
vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom
18. April 1989 - 16 A 2246/86 -, in: Städte- und Gemeinderat 1990, 195, vom 14.
November 1989 - 16 A 2639/88 -, in: Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter
(NWVBl.) 1990, 208 und OVG E 41, 296 (303) sowie vom 26. September 1996 - 19 A
5093/95 - .
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In Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe ist der Schulweg aufgrund des Eindrucks,
den der Berichterstatter bei einer Besichtigung im Verfahren 12 K 2813/04 gewonnen
hat und den Mitgliedern der Kammer anhand der in den beigezogenen Verfahren 12 K
2813/04 und 12 K 985/05 vorgelegten Lichtbildern vermittelt hat, auch nicht besonders
gefährlich im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 SchfkVO. Soweit der Schulweg der Söhne der
Klägerin entlang der C 2 Straße führt, kann es dahinstehen, ob die C 2 eine
verkehrsreiche Straße im Sinne des § 6 Abs.2 S.2 SchfkVO ist, denn diese Straße ist
durchgehend mit einem von der Fahrbahn mittels Bordsteinkante abgetrennten Gehweg
versehen. Auch wenn sich dieser Gehweg in Höhe des Hauses C 2 Straße 118 auf
einer Länge von ca. 10 m auf eine Breite von nur 0,55 m verengt, so ändert dies nichts
am Vorhandensein eines zwar schmalen, aber von einem Schüler begehbaren
Gehweges.
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Der Schulweg im Bereich der C 2 Straße ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch
nicht deshalb besonders gefährlich, weil die Straße von tonnenschweren LkWs und
Bussen befahren wird, denn das Befahren einer Straße mit LkW und Bussen ist im
modernen Straßenverkehr üblich und vermag ein besonderes Verkehrsrisiko nicht zu
begründen.
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Die Benutzung des Gehweges ist den Söhnen der Klägerin auch unter
Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse zumutbar. Der Schulweg ist
nicht wegen der fehlenden Beleuchtung besonders gefährlich oder ungeeignet. Denn
Schüler müssen das allgemeine Unfallrisiko dadurch herabsetzen, dass sie die
allgemeinen Sicherheitsregeln besonders sorgfältig beachten und helle oder
reflektierende Kleidungsstücke tragen. Zwar lässt sich auch bei Beachtung dieser
Vorsichtsmaßnahmen nicht sicher ausschließen, daß die Schüler von unachtsamen
Kraftfahrern nicht oder zu spät wahrgenommen wird. Insoweit handelt es sich aber um
ein allgemeines Verkehrsrisiko, das der Verordnungsgeber den Schülern grundsätzlich
zumutet.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. November 1989 - 16 A 2639/88 - a.a.O.; VG Arnsberg,
Urteil vom 29. Oktober 1999 - 12 K 5048/98 -.
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Es liegen insoweit auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es in der Vergangenheit
besonders häufig zu Unfällen in diesem Bereich gekommen ist und dass für Fußgänger
ein überdurchschnittlich hohes Unfallrisiko besteht. Insoweit kann die Kammer zwar
nachvollziehen, dass die Klägerin jedenfalls jedes Unfallrisiko für ihre Kinder vermeiden
möchte. Allerdings muss sie dann gegebenenfalls mit eigenen Mitteln für eine
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gefahrlosere Art der Beförderung zur Schule im Herbst/Winter sorgen.
Der Antrag ist somit mangels Erfolgsaussichten der Klage abzulehnen.
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