Urteil des VG Arnsberg vom 19.05.2008

VG Arnsberg: schüler, eröffnung des verfahrens, unterricht, post, lese, gutachter, leistungsfähigkeit, enkel, versetzung, empfehlung

Verwaltungsgericht Arnsberg, 10 K 3902/06
Datum:
19.05.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
10. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 3902/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
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Die Klägerin ist Erziehungsberechtigte ihres Enkels N. L. , geb. am 18. Dezember 1995.
Der Schüler ist seit dem Schuljahr 2002/03 schulpflichtig. Er wurde zunächst zum 01.
August 2002 in die Grundschule in I. eingeschult. Zum 01. August 2003 wechselte der
Schüler zur G. -Schule N1. , Grundschule der Stadt M. . Auf Antrag der Klägerin erfolgte
seine Zurückstellung in die erste Klasse ab dem 08. März 2004. Die Klasse zwei
durchlief der Schüler im Schuljahr 2004/05. Das Klassenziel der Klasse drei erreichte
der Schüler im Schuljahr 2005/06 nicht. Er wurde deshalb nicht versetzt und wiederholte
im Schuljahr 2006/07. Im laufenden Schuljahr 2007/08 besucht der Schüler die Klasse 4
a der Grundschule. Ausweislich des Halbjahreszeugnisses vom 18. Januar 2008 ist
seine Versetzung erneut gefährdet.
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Nachdem die Klägerin für ihren Enkel zunächst die Eröffnung eines Verfahrens zur
Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs unter dem 27. Januar 2006
beantragt, diesen Antrag später jedoch wieder zurückgenommen hatte, stellte der
Schulleiter der G. -Schule N1. unter dem 13. Februar 2006 einen entsprechenden
Antrag. In dem zugehörigen Bericht der Schule vom 23. Januar 2006 wird u. a.
ausgeführt: Der Schüler sei auf Grund seines Lern-/Arbeitsverhaltens und seiner
psychischen wie physischen Verfassung den Anforderungen einer Grundschule nicht
gewachsen. Seit Beginn der Grundschulzeit seien verstärkt Verhaltensstörungen zu
beobachten, die sein Lern- und Arbeitsverhalten stark beeinträchtigten. Die
Auffälligkeiten im Lernverhalten und die Verhaltensstörungen machten sich auch im
Umgang mit seinen Mitschülern und seiner Lehrerin bemerkbar. Die Lernbehinderung
mit der einhergehenden Verhaltensstörung und Überforderung des Schülers sprächen
dafür, dass die Grundschule nicht der geeignete Lernort sei. Zur bisherigen Entwicklung
wird ausgeführt, dass seine Langsamkeit besonders auffällig sei. Er träume häufig und
sei mit seinen Gedanken wo anders. Oft beschäftige er sich mit anderen Gegenständen,
die ihn ablenkten. Bereits nach kurzen Lernphasen könne er dem Unterricht nicht mehr
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mit der nötigen Konzentration und Ausdauer folgen, er wende sich vom
Unterrichtsgeschehen ab. Seine Aufgaben führe er meist flüchtig aus und viel zu
langsam, um Texte oder Aufgaben in einem angemessenen Tempo von der Tafel
abzuschreiben. Oftmals verweigere er die Mitarbeit, so dass Aufgaben nicht erledigt
würden. Zum Bereich Sprache/Sachunterricht wird u. a. ausgeführt: Der Schüler lese
zügig und sicher, aber nur wenn er in der Stimmung dazu sei. Auf Grund seiner
feinmotorischen Schwäche gelinge es ihm noch nicht, die Buchstaben formklar und in
die Linien zu schreiben. Nach Diktaten sei er nicht in der Lage, alle Wörter ohne Vorlage
und ganze Sätze aus der Vorstellung auswendig und fehlerfrei zu schreiben, weil er
wegen seines Arbeitstempos mit anderen Schülern nicht mithalten könne. Der Schüler
könne im Bereich Mathematik im Zahlenraum bis 1.000 nur mit Hilfe halbschriftlich
addieren und subtrahieren. Das kleine 1 x 1 mit den entsprechenden Divisionsaufgaben
löse er noch nicht sicher. Er könne sein mathematisches Wissen noch nicht auf
Sachaufgaben anwenden. Viele Arbeiten blieben bei ihm wegen seiner langsamen
Arbeitsweise unvollständig.
In dem im Rahmen des Verfahrens zur Feststellung des sonderpädagogischen
Förderbedarfs erstellten schulärztlichen Gutachten vom 06. April 2006 wird u. a.
ausgeführt: Der Schüler leide an einer eingeschränkten Konzentrationsfähigkeit, einer
Wahrnehmungsstörung und einem geringen Arbeitstempo. Die Ursachen lägen bei
durchschnittlicher Begabung wohl eher in einer Milieuschädigung. Als Förderort könne
die Sprach-Heilschule fungieren, weil es dem Schüler dort ermöglicht werde, in einer
kleinen Gruppe zu lernen. Für die Entwicklung des Kindes sei der Lehrer eine wichtige
Bezugsperson, die ihn in einem vertrauensvollen Verhältnis fördern und betreuen
könne. Eine Begabtenabklärung vor ca. zwei Jahren bei "Aufwind" habe bei dem
Schüler eine durchschnittliche Intelligenz und eine Lese-Rechtsschreibschwäche
ergeben. Bei der Testung sei auffällig gewesen, dass die Ergebnisse uneinheitlich
gewesen seien. Das auffallenste Defizit zeige der Schüler in der Arbeitsgeschwindigkeit
und in der Ablenkbarkeit. Die z. Zt. aufgetretenen gravierenden Schulprobleme seien
eher auf seine Milieuschädigung und nicht auf mangelnde Intelligenz zurück zu führen.
Bei der Auswahl der sonderpädagogischen Förderung solle der Aspekt des langsamen
Arbeitstempos und der hohen Ablenkbarkeit eine besondere Bedeutung und
Gewichtung haben. Der Schüler zeige träumerisches Verhalten, es lägen Defizite der
auditiven und visuellen Wahrnehmung vor. Vor diesem Hintergrund erscheine die
Schule für Lernbehinderung bei Vorliegen einer durchschnittlichen Intelligenzleistung
nicht als der geeignete Förderort. Da der Schüler ein geringes Arbeitstempo und eine
eingeschränkte Wahrnehmungsleistung zeige, sei er allerdings den Anforderungen der
Regelschule nicht gewachsen. Sein sonderpädagogischer Förderbedarf sei im Hinblick
auf die stattfindende Kleingruppenförderung in einer Schule für Sprachbehinderte
möglich.
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In dem daraufhin erstellten sonderpädagogischen Gutachten vom 31. Mai 2006 führen
die Gutachter zusammenfassend aus, dass sich die Förderschule mit dem
Förderschwerpunkt Lernen als geeigneter Förderort empfehle, die
Kleingruppenförderung, die im medizinischen Gutachten für den Schüler gefordert
werde, finde auch in dieser Schulform statt. Hier könne dieser bei seinem jetzigen
Lernstand abgeholt und seinem langsamen Tempo und Leistungsvermögen
entsprechend gefördert werden. Auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse sei von einer
Lernbehinderung bei dem Schüler auszugehen, da seine Lern- und Leistungsausfälle
schwerwiegender, umfänglicher und langdauernder Art seien und im vorliegenden Fall
durch eine Milieuschädigung verstärkt würden. Zur intellektuellen Leistungsfähigkeit des
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Schülers wird ausgeführt: Bei einer Gesamtpunktzahl von 632 und einem IQ von 97 sei
dieser als durchschnittlich zu bezeichnen. Allerdings weise er in den Untertests große
Unterschiede auf. Die untere Grenze der Intelligenzquantität entspreche dabei einem
Prozentrang von 1,1 %. Beurteile man die intellektuelle Leistungsfähigkeit anhand der
Minimalleistung, so sei dieser als sehr niedrig einzustufen. Vergleiche man die
Ergebnisse der einzelnen Untertests, so erreiche der Schüler sein bestes Ergebnis im
Untertest zwei (Realitätssicherheit: 66). Dieses Ergebnis müsse im Zusammenhang mit
dem Untertest acht (Antizipieren und Kombinieren: 52) gesetzt werden. Hier werde das
schlussfolgernde Denken in Bezug auf die Fähigkeit geprüft, Teile eines Ganzen zu
erkennen und dieses zu gestalten. Der Schüler könne demnach die Wirklichkeit um
Dinge des Alltags - auf die Norm bezogen sogar durchschnittlich - gut erfassen und
kontrollieren, vorausgesetzt, es handele sich um konkrete, wenig komplexe und
manuell-visuell lösbare Problemstellungen. Einen ähnlich durchschnittlichen Wert im
Bereich der manuell-visuellen Fähigkeiten erreiche der Schüler im Untertest zehn
(Analysieren und Synthetisieren: 52). Hier werde die Fähigkeit geprüft, komplexe
(abstrakte) Gestalten durch geeignete Strukturierung zu Reproduzieren. Die Werte im
Untertest neun (Funktionen abstrahieren: 46) und vier (soziale und sachliche
Folgerichtigkeit: 62) deuteten auf eine analytische und schrittweise Bearbeitungsweise
des Schülers hin. Das Ergebnis im Untertest drei (angewandtes Rechnen: 45) zeige,
dass der Schüler nur begrenzt fähig sei, alltägliche Aufgabenstellungen durch
Rechenoperationen zu lösen. Die Rechenoperationen seien numerisch so einfach
gestaltet, dass es dem Schüler unabhängig von seinen schulischen Rechenfertigkeiten
gelingen könnte, passende Rechenoperationen anzuwenden. Das niedrige Ergebnis im
Untertest fünf (Zahlen nachsprechen: 19, 38) beweise, dass der Schüler über eine
unterdurchschnittliche Konzentrationsfähigkeit im verbal-akustischen Leistungsbereich
verfüge und eine Störung in der akustischen (Kurzzeit-) Speicherung vermutet werden
könne. Im Untertest sechs (Synonyme finden: 66) werde der passive Wortschatz erfasst.
Die Testergebnisse im Untertest sieben (Kodieren und Assoziieren: 31, 47) sagten aus,
dass der Schüler nicht in der Lage sei, symbolische Informationen im manuell-visuellen
Bereich zu verarbeiten. Im Untertest eins (Alltagswissen: 43) erreiche der Schüler einen
unterdurchschnittlichen Wert. Dieses sei sicherlich abhängig vom erzieherischen
Anregungsmilieu. Der Lernquotient, der Aufschluss über die Lernfähigkeit des Schülers
gäbe, mit der er in bestimmten Problemsituationen Lösungsstrategien oder Fertigkeiten
entwickle, sei mit einem PR von 2,5 % sehr niedrig. Der Schüler könne den Kindern
zugeordnet werden, die mechanisch ohne jede "latente Lernfähigkeit" lernten.
Nach Durchführung eines Gesprächs mit der Klägerin, in dem diese sich als Förderort
für ihren Enkel die Förderschule Sprache in B. gewünscht hatte, stellte der Beklagte mit
Bescheid vom 14. Juni 2006 für den Schüler sonderpädagogischen Förderbedarf mit
dem Förderschwerpunkt Lernen fest und bestimmte als schulischen Förderort eine
Förderschule mit dem entsprechenden Förderschwerpunkt.
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Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin vom 30. Juni 2006 wies die
Bezirksregierung Arnsberg mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2006 zurück.
Die Zustellung an die Klägerin erfolgte durch Einschreiben zur Post gegeben am 16.
Oktober 2006.
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Daraufhin hat die Klägerin am 27. November 2006 Klage erhoben. Der
Widerspruchsbescheid sei ihr am 09. November 2006 zugestellt worden. Eine
erhebliche Beeinträchtigung des Lernvermögens ihres Enkels, die eine
sonderpädagogische Förderung an einer Förderschule für Lernbehinderung notwendig
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mache, liege nicht vor. Vielmehr sei insoweit die Gefahr einer Stigmatisierung wegen
der Erziehungsunfähigkeit seiner Eltern gegeben. Dem Bericht des Dipl.-Psychologen
I1. -I2. C. vom 30. Oktober 2006 an das Jugendamt der Stadt M. sei zu entnehmen, dass
die schulischen Schwierigkeiten ihres Enkels ihren Grund nicht in einer
Lernbehinderung hätten. Vielmehr sei seine intellektuelle Begabung
überdurchschnittlich. Nach dem bei ihm durchgeführten Hamburg-Wechsler Intelligenz-
Test für Kinder (HAWIK III) habe er einen Gesamttestwert von 112 IQ-Punkten erreicht.
Eine psycho-therapeutische Behandlung sei im vorliegenden Fall nicht indiziert.
Vielmehr benötige der Schüler danach eine Unterstützung im schulischen Bereich,
möglicherweise in Form einer intensiven Hausaufgabenhilfe. Darüber hinaus sei eine
intensivere sozialpädagogisch Familienhilfe geboten, nicht die Versetzung auf eine
Sonderschule. Entsprechend der Grundschulempfehlung für den Besuch der
Hauptschule sei ihr Enkel zwischenzeitlich bei der B1. -G1. -Hauptschule N1. ,
Hauptschule der Stadt M. angemeldet worden. Eine entsprechende verbindliche
Bestätigung liege vor.
Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 14. Juni 2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Arnsberg vom 10. Oktober 2006
aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt zur Begründung unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide im
Wesentlichen ergänzend vor: Die Klage sei bereits wegen Versäumung der Klagefrist
unzulässig. Gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW sei der Widerspruchsbescheid der
Bezirksregierung Arnsberg durch Einschreiben zur Post vom 16. Oktober 2006 am 19.
Oktober 2006 als bekannt gegeben anzusehen. Gemäß § 74 Abs. 1 VwGO i. V. m § 22
ZPO i. V. m. §§ 186 ff. BGB sei Fristbeginn der 20. Oktober 2006, Fristende demnach
der 20. November 2006. Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet. Bei dem
Enkel der Klägerin liege nach wie vor sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem
Förderschwerpunkt Lernen vor. Dies ergebe sich aus den Feststellungen des
Schulleiters der G. -Schule N1. vom 03. April 2007, 20. Juni 2007, 25. Januar 2008 und
16. April 2008. Ausweislich insbesondere des aktuellen Leistungsberichts vom 25.
Januar 2008 sei nach wie vor von einer nicht unerheblichen Lernbehinderung des
Schülers auszugehen, die ohne zusätzlich zwingend gebotene sonderpädagogische
Förderung nicht behoben werden könne. Insofern könne sich die Klägerin auch nicht auf
die Schulformempfehlung zum Halbjahreszeugnis vom 18. Januar 2008 berufen. Nach §
8 Abs. 3 AO-GS könne eine Empfehlung nur für die Haupt- oder Gesamtschule
ausgesprochen werden, da in der AO-GS keine Übergangsempfehlung zu einer
Förderschule vorgesehen sei. Mit einem sofortigen Wechsel zu einer Förderschule mit
dem Förderschwerpunkt Lernen bereits im Jahre 2006 wären dem Schüler viele
Frustrationen, Überforderungen und Misserfolge in den vergangenen Monaten erspart
geblieben. Zu den Leistungen im Fach Deutsch werde in dem Leistungsbericht des
Weiteren ausgeführt, dass eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem dritten
Schuljahr - seinem Wiederholungsjahr - zu konstatieren sei. Sehr bedauerlich sei es aus
pädagogischer Sicht, dass der Schüler bei seiner ständigen Überforderung immer stiller,
in sich gekehrter und frustrierter werde und dem von allen Seiten einwirkenden Druck
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nur durch passives Ausharren Stand halten könne. Danach zeige der Schüler im Fach
Mathematik nur ein geringes Interesse an den Unterrichtsinhalten und bringe wenig
Einsatzwillen mit. Er habe kaum eigenen Antrieb, sich im Unterricht zu beteiligen und
müsse immer wieder zur Mit- und Weiterarbeit aufgefordert werden. Trotz Ausschöpfung
aller Fördermöglichkeiten zeige er auch in diesem Fach nur geringe Lern- und
Entwicklungsfortschritte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Bezirksregierung B2. verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO
ohne mündliche Verhandlung.
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Die Klage ist (bereits) wegen Versäumung der Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO
unzulässig. Danach muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach
Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden. Dies ist hier nicht der Fall.
Die für den Fristbeginn maßgebliche Zustellung (vgl. § 57 Abs. 1 VwGO) des
Widerspruchsbescheides erfolgte hier gemäß § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO in Verbindung §
4 Abs. 1 VwZG mittels eingeschriebenen Briefes zur Post gegeben am 16. Oktober 2006
am 19. Oktober 2006, denn gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG gilt das Dokument am dritte
Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem
späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Ausweislich des entsprechenden Vermerks ist der
Widerspruchsbescheid am 16. Oktober 2006 als Einschreiben zur Post gegeben
worden. Damit gilt der Widerspruchsbescheid entsprechend der Zustellfiktion am 19.
Oktober 2006 als zugestellt, da der Bescheid der Klägerin nicht nicht oder zu einem
späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Zwar hat die Behörde gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 im
Zweifel den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen. Indes führt dies hier nicht zur
Nichtannahme der Zustellfiktion, denn auch in Ansehung der Regelung des § 4 Abs. 2
Satz 2 und 3 VwZG ist es nicht ausreichend, den unterbliebenen oder verspäteten
Zugang zu behaupten; erforderlich ist vielmehr der substantiierte Vortrag eines
atypischen Geschehensablaufs, um die Fiktion zu wiederlegen.
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Vgl. Schwarz, in: Fehling/Kastner/Warendorf, Verwaltungsrecht (VwVfG/VwGO),
Handkommentar, 1. Aufl. 2006, Rdnr. 27 und 28 zu § 41 VwVfG mit weiteren
Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur.
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Hiervon ausgehend hat die Klägerin die Fiktionswirkung nicht wiederlegt. Durch
Klageschrift vom 27. November 2006 hat die Klägerin lediglich in dem formulierten
Antrag bezüglich des Widerspruchsbescheides beiläufig "zugestellt am 09. November
2006" angemerkt, ohne dies auch nur ansatzweise durch einen substantiierten Vortrag
zu unterlegen. Auch nachdem der Beklagte durch Schriftsätze vom 13. Februar und 29.
Juli 2007 unter Hinweis auf die Zustellfiktion des § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW die
Unzulässigkeit der Klage vorgetragen hatte, hat die Klägerin im Rahmen dieses
Klageverfahrens insoweit nicht ansatzweise ergänzend vorgetragen. Die demnach am
19. Oktober 2006 in Lauf gesetzte Monatsfrist endete gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222
ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB grundsätzlich am 19. November 2006, da es sich
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bei diesem Tag um einen Sonntag gehandelt hat, gemäß § 193 BGB am darauf
folgenden Werktag, dem 20. November 2006. Die erst am 27. November 2006 bei
Gericht eingegangene Klage war demnach verfristet.
Darüber hinaus ist die Klage auch unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 14.
Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung B2. vom 10.
Oktober 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs.
1 Satz 1 VwGO). Insoweit nimmt das Gericht zunächst, um Wiederholungen zu
vermeiden, gemäß § 117 Abs. 5 VwGO Bezug auf die zutreffenden Gründe in den
angefochtenen Bescheiden, denen es folgt.
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Ergänzend führt das Gericht unter besonderer Berücksichtigung des Vorbringens der
Klägerin im Rahmen dieses Klageverfahrens aus:
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Die angefochtenen Bescheide begegnen weder in formeller noch in materieller Hinsicht
durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die materiellen Voraussetzungen für die
Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs wegen einer Lernbehinderung
des Schülers und seiner Zuweisung zu einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt
Lernen als des zutreffenden Förderortes gemäß § 5 Abs. 1 der Verordnung über die
sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke
(Ausbildungsordnung gemäß § 52 SchulG - AO-SF -) vom 29. April 2005, zuletzt
geändert durch Verordnung vom 31. Januar 2007 (SGV.NRW.223) sind gegeben. Bei
der gerichtlichen Überprüfung des vorliegenden Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung ist
die Entwicklung des Schülers bis zum Zeitpunkt der letzten tat- sacheninstanzlichen
Entscheidung zu berücksichtigen.
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Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss
vom 11. August 1993 - 19 A 2010/93 - mit weiteren Nachweisen aus der
Rechtsprechung des Senats.
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Bis zu dem hiernach maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts hat sich
gegenüber der zutreffenden Beurteilung der Lern- und Leistungsfähigkeit des Schülers
durch den Bericht zum Antrag auf Eröffnung des Verfahrens zur Feststellung des
sonderpädagogischen Förderbedarfs der G. -Schule N1. vom 23. Januar 2006 keine
wesentliche Änderung zu Gunsten des Schülers ergeben. Insoweit ist nach wie vor von
einer Lernbehinderung gemäß § 5 Abs. 1 AO-SF auszugehen. Diese liegt danach vor,
wenn 1. die Lern- und Leistungsausfälle schwerwiegender, umfänglicher und
langdauernder Art sind und 2. durch Rückstand der kognitiven Funktionen oder der
sprachlichen Entwicklung oder des Sozialverhaltens verstärkt werden.
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Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen, ergibt sich aus der bisherigen schulischen
Karriere des Schülers sowie dem vorgenannten Bericht vom 23. Januar 2006, der
schulärztlichen Stellungnahme vom 06. April 2006, dem sonderpädagogischen
Gutachten vom 31. Mai 2006, den im Rahmen dieses Klageverfahrens eingeholten
Entwicklungsberichten der G. -Schule N1. vom 03. April 2007, 20. Juni 2007, 25. Januar
2008 und 16. April 2008 bei Berücksichtigung auch der durch die Klägerin zu den
Gerichtsakten gereichten Stellungnahme des Dipl.-Psychologen I1. -I3. C. vom 30.
Oktober 2006.
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Dass die bei dem Schüler festgestellten Lern- und Leistungsausfälle, schwerwiegender,
umfänglicher und langdauernder Art sind, wird bereits durch seine bisherige
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Schullaufbahn indiziert. Der Schüler ist bereits während seines Besuchs der zweiten
Grundschulklasse ab dem 08. März 2004 in die Klasse eins zurückgeführt worden, er
hat die Klasse drei wiederholt und es wurde ausweislich des Halbjahreszeugnisses für
das Schuljahr 2007/08 für die Klasse 4 a vom 14. Januar 2008 festgestellt, dass die
Versetzung des Schüles wiederum gefährdet ist. Dementsprechend wird in dem in sich
stimmigen und nachvollziehbaren sonderpädagogischen Gutachten vom 14. Juni 2006
zusammenfassend festgestellt, dass bei dem Schüler von Lern- und Leistungsausfällen
schwerwiegender, umfänglicher und langdauernder Art auszugehen sei, die in seinem
Fall durch eine Milieuschädigung verstärkt würden. Im einzelnen wird ausgehend von
dem Bericht der abgebenden Schule, der schulärztlichen Untersuchung und auf Grund
eigener Unterrichtsbeobachtungen und Überprüfung der intellektuellen Fähigkeiten
ausgeführt, zwar sei die intellektuelle Leistungsfähigkeit des Schülers bei einer
Gesamtpunktzahl von 632 und einem IQ von 97 als "durchschnittlich" zu bezeichnen,
indes seien im Bereich der Teilleistungen erhebliche Unterschiede festzustellen, wobei
die untere Grenze der Intelligenzquantität einem Prozentrang von 1,1 % entspreche,
was als sehr niedrig einzustufen sei. Insgesamt wird als das auffallenste Defizit des
Schülers seine extrem langsame Arbeitsgeschwindigkeit und eine hohe Ablenkbarkeit
bei einem erheblichen Mangel an Konzentrationsfähigkeit herausgestellt. In
Übereinstimmung mit dem schulärztlichen Gutachten wird sodann als Ursache und
Verstärkung für die erheblichen Lern- und Leistungsdefizite eine Milieuschädigung
festgestellt. Des Weiteren wird nachvollziehbar ausgeführt, dass bei dem Schüler auch
Defizite im auditiven und visuellen Wahrnehmungsbereich vorlägen. Auf Grund seines
insgesamt geringen Arbeitstempos und seiner nur eingeschränkten
Wahrnehmungsleistung sei er den Anforderungen der Regelschule nicht mehr
gewachsen, wobei nicht der Gebrauch der Sprache nachhaltig gestört sei und deshalb
von einem Förderschwerpunkt Sprache nicht auszugehen sei.
Diese Beurteilung des Vorliegens schwerwiegender, umfänglicher und langdauernder
Lern- und Leistungsausfälle wird bestätigt durch die vorgenannten aktuellen
Leistungsberichte über einen längeren Zeitraum hinweg. In dem Leistungsbericht vom
25. Januar 2008 wird dementsprechend ausgeführt: Der Schüler beteilige sich im Fach
Deutsch nur sporadisch am Unterricht. Oft klage er über Müdigkeit und verliere sich in
Tagträumen oder spiele gedankenverloren mit irgendwelchen Schreibeutensilien.
Gelegentlich melde er sich zu Wort, habe dann aber oft, wenn er sich äußern solle, den
Faden verloren und seinen geplanten Beitrag schon wieder vergessen, hin und wieder
verblüffe er allerdings durch gute Antworten. Schriftliche Arbeiten beginne er bereits mit
sichtlicher Unlust und beinah gequälter Miene, da ihn Umfang und angesetzte Zeit
schon vor Arbeitsbeginn zu lähmen schienen. Verglichen mit dem Arbeitspensum seiner
Mitschüler schaffe er nicht einmal die Hälfte, obwohl er schon zwei Jahre älter sei als
diese. Beim eigenständigen Verfassen kleiner Geschichten habe er seit dem dritten
Schuljahr kaum Fortschritte gemacht. Zwar sei er in der Lage, Texte themenbezogen
und folgerichtig aufzubauen, doch fehlt es ihm danach an jeglicher Motivation diese
Texte sprachlich auszuschmücken und lebendig zu erzählen. Sein vorrangiges Ziel
besteht danach darin, möglichst kurz und knapp zu formulieren, um ohne viel Mühe
beim Schreiben schnell fertig zu sein. Seine Rechtschreibleistung sei beim freien
Schreiben eigener Texte deutlich besser als bei Klassendiktaten. Hier könne er - trotz
intensiver Vorbereitung und Übung - seine Diktate nur mit sehr hoher Fehlerzahl
schreiben. Der Schüler sei bei einem vorgegebenen Schreibtempo nicht in der Lage,
Wörter durchzustrukturieren und sie ohne Buchstabenauslassungen aufzuschreiben.
Auch fehlten, obwohl die Sätze in kleinen Schreibabsätzen und mehrfach diktiert
würden, häufig mehrere Wörter pro Satz. Seine Schrift sei formtreu und klar gegliedert,
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doch noch sehr ungelenkt und entspreche nicht der flüssigen, ausgeprägten Handschrift
eines Viertklässlers. Auch beim Lesen habe der Schüler gegenüber dem dritten
Schuljahr nur geringe Fortschritte gemacht. Beim gemeinsamen Lesen von
Klassenlektüren lese er still sehr häufig nicht mit, sondern nutze die Gelegenheit für eine
Auszeit vom Lernen. So entwickle sich sein Lesevortrag kaum, so dass er
anspruchsvollere Texte nicht flüssig genug vortrage. Frage nach wichtigen Details
könne er häufig nur unzureichend beantworten, da ihm bei längeren Texten der
Überblick zu fehlen scheine. Insgesamt sei eine deutliche Verschlechterung seiner
Deutschleistungen gegenüber dem dritten Schuljahr (seinem Wiederholungsjahr) zu
konstatieren. Sehr bedauerlich sei es aus pädagogischer Sicht, dass der Schüler bei
seiner ständigen Überforderung immer stiller, in sich gekehrter und frustrierter werde
und dem von allen Seiten auf ihn einwirkenden Druck nur passives Ausharren Stand
halten könne. Zum Fach Englisch wird des Weiteren ausgeführt: In diesem Fach lasse
der Schüler nur ein geringes Interesse an den Unterrichtsinhalten erkennen und bringe
wenig Einsatzwillen auf. Er zeige kaum eigenen Antrieb, sich im Unterricht zu beteiligen
und müsse immer wieder zur Mit- und Weiterarbeit aufgefordert werden. Er wirke ständig
müde, abwesend und verträumt. Der Schüler könne sich nicht über einen längeren
Zeitraum hin konzentrieren und unterbreche schriftliche Arbeiten immer wieder. Beim
Kopfrechnen arbeite er nur selten mit, da es ihm schwer falle, aufmerksam und
zielgerichtet zu arbeiten. Er brauche auch zum Rechnen einfachster Aufgaben stets sehr
viel Zeit. Obwohl er die meisten Aufgaben zu den Grundrechenarten verstehe und
weitgehend auch lösen könne, sei es ihm in keiner Unterrichtsstunde möglich gewesen,
die geforderten Aufgaben vollständig zu erledigen. Auch bei Klassenarbeiten schaffe er
in dem gestellten Zeitrahmen nur einen geringen Teil der Anforderungen. Der Schüler
nehme an allen Förderstunden in Mathematik (wöchentlich eine Stunde) teil, um seine
tägliche Unterrichtsarbeit ein wenig zu vervollständigen bzw. zusätzliche Erklärungen
durchzusprechen. Hierbei würden neben der fehlenden Leistungsmotivation auch
Mängel und Unsicherheiten in der Rechenfertigkeit - z. B. im 1 X 1 - deutlich. Der
Schüler zeige trotz Ausschöpfung aller Fördermöglichkeiten nur geringe Lern- und
Entwicklungsfortschritte. Allgemein wird zusammenfassend festgestellt, dass der
Schüler sich nur selten an Unterrichtsgesprächen beteiligt und mit eigenen Beiträgen
sehr zurückhaltend ist. Seine Konzentration zeigt danach erhebliche Schwankungen,
weil seine Ausdauer- und Anstrengungsbereitschaft von seinem jeweiligen Interesse
und der entsprechenden Neigung abhängig ist. Beim Erfassen neuer Lerninhalte
benötigt der Schüler danach viel Zeit und zusätzliche, intensive Hilfe. Seine
Hausaufgaben sind häufig unvollständig oder gar nicht vorhanden. Auch
Arbeitsmaterialien kann er nicht immer pünktlich vorweisen. Insgesamt liege bei dem
Schüler nach wie vor eine nicht unerhebliche Lernbehinderung vor, die ohne zusätzlich
zwingend gebotene Förderung nicht behoben werden kann. Diese Feststellungen
werden durch Bericht der G. -Schule N1. vom 16. April 2008 als nach wie vor aktuell
bestätigt.
Aus den vorgenannten Erkenntnisgrundlagen folgte zugleich das die im Sinne des § 5
Abs. 1 AO-SF rechtserheblichen Lern- und Leistungsausfälle im vorliegenden Fall zwar
nicht durch den Rückstand kognitiver Funktionen und weniger der sprachlichen
Entwicklung allerdings durch den Rückstand seines Sozialverhaltens im Hinblick auf
die vorhandene Milieuschädigung verstärkt werden.
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Demgegenüber kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf das Halbjahreszeugnis vom 15.
Januar 2007 als Nachweis für eine wesentliche Verbesserung seines Lern- und
Leistungsverhaltens sowie seine Anmeldung mit Aufnahmebestätigung an der Anne-G1.
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-Hauptschule N1. aufgrund der begründeten Empfehlung für die weitere Schullaufbahn
der G. -Schule N1. vom 18. Januar 2008 berufen.
Das Halbjahreszeugnis vom 15. Januar 2007 für die Klasse 3 a im Schuljahr 2006/07 ist
bereits inhaltlich nicht geeignet, nachzuweisen, dass der Schüler inzwischen sehr viel
strebsamer, leistungsfähiger und selbstständiger geworden ist. Darüber hinaus ergibt
sich aus dem aktuelleren Halbjahreszeugnis vom 14. Januar 2008 für die Klasse 4 a im
Schuljahr 2007/08, dass die Versetzung des Schülers wiederum gefährdet ist.
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In der Schulform-Empfehlung vom 18. Januar 2008 zum Halbjahreszeugnis war nach §
8 Abs. 3 AO-GS nur die Möglichkeit der Haupt- oder Gesamtschule anzugeben, da in
der AO-GS keine Übergangsempfehlung zu einer Förderschule vorgesehen ist. Darüber
hinaus ergibt sich aus der Begründung der Schulform-Empfehlung selbst, dass bei dem
Schüler von einer Lernbehinderung im Rechtssinne auszugehen ist. Auch darin wird
bereits wie in dem aktuellen Leistungsbericht vom 25. Januar 2008 ausgeführt, dass der
Schüler kaum in der Lage sei, konzentriert zu arbeiten und sein geringes Lerninteresse
durch seine seltene Mitarbeit dokumentiere. Es gelinge ihm noch nicht, seine Aufgaben
vollständig zu erledigen und seine Hefte und Arbeitsunterlagen ordentlich zu führen. Er
sei selten in der Lage, das Erarbeitete selbstständig, zielstrebig und sachgerecht
umzusetzen. Im Fach Deutsch habe er die Ziele nur teilweise erreicht. Er beteilige sich
nur sporadisch am Unterricht und scheine meist in Träumereien vertieft zu sein.
Gelegentlich beweise er, dass er sich mündlich durchaus treffend und sachbezogen
äußern könne. Sein grosses Problem bei allen schriftlichen Arbeiten sei der Faktor Zeit.
Er sei kaum fähig, eine Arbeit in der angesetzten Zeit zu erledigen. Geübte Diktate
schreibe er im Klassenverband mit einer sehr hohen Fehlerzahl auf. Beim Schreiben
eigener Texte halte sich die Zahl seiner Rechtschreibfehler in einem angemessenen
Rahmen. Eigene Texte baue er themenbezogen und folgerichtig auf, doch beschränke
er sich auf eine sehr kurze Darstellung, um möglichst schnell fertig zu werden. Der
Schüler lese Texte im allgemeinen recht flüssig und scheinbar sinnentnehmend. Fragen
nach wichtigen Details könne er demgegenüber vor allem bei längeren Texten oft nur
unzureichend beantworten.
32
Eine abweichende rechtliche Beurteilung hinsichtlich des festzustellenden
Förderbedarfs mit dem Förderschwerpunkt Lernen ergibt sich schließlich nicht aus der
durch die Klägerin zu den Gerichtsakten gereichten Stellungnahme des Dipl.-
Psychologen I1. -I3. C. vom 30. Oktober 2006. Denn abgesehen davon, dass diese
Stellungnahme bereits angesichts des erheblichen Alters nicht mehr aussagekräftig ist
und sich entgegen der gesetzlichen Definition in § 5 Abs. 1 AO-SF die Begründung für
die Diagnose "sicherlich nicht vorliegende Lernbehinderung" darauf beschränkt, dass
bei dem Kläger eine überdurchschnittliche intellektuelle Begabung vorliege, ist nach
ständiger Rechtsprechung des OVG NRW die Beantwortung der Frage, ob ein Schüler
einer sonderpädagogischen Förderung bedarf, durch den Schüler isoliert außerhalb der
Schule überprüfende Gutachter in der Regel - so auch hier - nicht zugänglich.
33
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. September 2005 - 19 B 1468/05 - und 29.
November 2004 - 19 A 3615/04 -.
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Die entscheidungserhebliche Frage, ob ein Schüler durch den Unterricht der
Grundschule oder eine weiterführende Regelschule hinreichend gefördert werden kann,
ist nämlich aus seinem Lern- und Leistungsverhalten im Unterricht der Schule bzw.
aufgrund dieses ihn in die soziale Gemeinschaft mit anderen Schülern einbindenden
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Unterrichts und unter Hinzuziehung im Sonderschulaufnahmeverfahren vorgesehener
ergänzender schulpädagogischer und medizinischer Untersuchung zu beantworten und
deshalb einer Beantwortung durch einen den Schüler isoliert außerhalb der schulischen
Gemeinschaft überprüfenden Gutachter in der Regel nicht zulässig. So liegt der Fall
auch hier. Von der Klägerin ist nämlich weder substantiiert geltend gemacht noch
konkret unter Beweis gestellt worden, dass die Bewertung der Leistungen ihres Enkels
im Einzelnen oder die in dem Sonderschulaufnahmeverfahren eingeholten Gutachten
derart fehlerhaft sind, dass eine Neubeurteilung durch einen Gutachter erforderlich wäre,
um eine sachgerechte Prognose darüber treffen zu können, ob er in Zukunft in einer
Regelschule oder ausschließlich in der Sonderschule für Lernbehinderte hinreichend
gefördert werden kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
36
B e s c h l u s s :
37
Ferner hat das Gericht beschlossen:
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Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
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Gründe:
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Der Streitwert ist gemäß § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes in Höhe des
Auffangwertes ausreichend und angemessen festgesetzt, weil hinreichende
Anhaltspunkte für eine anderweitige Festsetzung nicht vorliegen.
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