Urteil des VG Arnsberg vom 12.10.2007

VG Arnsberg: unechte rückwirkung, vergnügungssteuer, satzung, stadt, steuersatz, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, aufwand, saldo, unternehmen, bemessungsgrundlage

Verwaltungsgericht Arnsberg, 5 K 2717/06
Datum:
12.10.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 K 2717/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Die Klägerin betreibt in zwei Spielhallen in X. u.a. Geldspielgeräte mit
Gewinnmöglichkeit (im Folgenden: Gewinnspielgeräte).
2
Mit Vergnügungssteuerbescheid vom 4. Mai 2006 zog die Beklagte die Klägerin zu
Vergnügungssteuer für Gewinnspielgeräte von insgesamt 7.117,63 EUR für den
Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. März 2006 - 2.518,07 EUR für 16 Geräte im
Januar 2006, 1.861,37 EUR für 16 Geräte im Februar 2006 und 2.738,19 EUR für 20
Geräte im März 2006 -, zu leisten zum 7. Mai 2006, heran, nachdem die Klägerin der
Beklagten zuvor die Nettokasse der betreffenden Geräte in den jeweiligen Monaten
mitgeteilt hatte.
3
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2. Juni 2006 legte die Klägerin
Widerspruch gegen den Vergnügungssteuerbescheid ein. Durch Widerspruchsbescheid
vom 20. Juni 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
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Am 8. Juli 2006 beantragte die Klägerin die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.
Zur Begründung des Antrags führte sie u.a. aus, der Rat der Stadt X. habe bei der
Beschlussfassung über den Steuersatz für Gewinnspielgeräte die wirtschaftlichen
Folgen für die Automatenaufsteller nicht ausreichend berücksichtigt. Der festgesetzte
Steuersatz von 15 % habe erdrosselnde Wirkung. Zudem sei die Definition des Begriffs
"Einspielergebnis" in der Satzung zu unbestimmt. Das erkennende Gericht lehnte den
Antrag mit Beschluss vom 18. August 2006 - 5 L 658/06 - ab. Die hiergegen von der
Klägerin eingelegte Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht für das Land
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Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) mit Beschluss vom 5. Juli 2007 - 14 B 1929/06 -
zurück.
Bereits am 15. Juli 2006 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie in
Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens im einstweiligen Rechtsschutzverfahren u.a.
ausführt: Die geltende Vergnügungssteuersatzung der Stadt X. sei rechtsfehlerhaft. Die
Definition des Begriffs "Einspielergebnis" in der Satzung genüge nicht den
Anforderungen an das Gebot der Normenklarheit. Soweit das "Einspielergebnis" mit der
"Nettokasse" gleichgesetzt werde, fehle es an einer näheren Erläuterung des
vorgenannten Begriffs. Die Satzung regele auch nicht, welche Positionen zur Ermittlung
der konkreten Besteuerungsgrundlage vom Kasseninhalt abzuziehen seien.
Korrekterweise sei der um die Umsatzsteuer bereinigte "Saldo (2)" der Besteuerung
zugrundezulegen. Überdies sei die Satzung unklar, da nach deren § 4 die
Vergnügungssteuer für Gewinnspielgeräte als "Pauschsteuer" erhoben werde, während
nach § 5 die Besteuerung nach dem Einspielergebnis der Geräte erfolge. Rechtswidrig
sei ferner die Erhebung einer Mindeststeuer. Diese führe dazu, dass bei einer leeren
oder sogar negativen Kasse Steuer auf eine nicht vorhandene Besteuerungsgrundlage
gezahlt werden müsse. Soweit die Satzung das Halten von Gewinnspielgeräten im
Rahmen von Volksbelustigungen, Jahrmärkten, Kirmessen oder ähnlichen
Veranstaltungen für steuerfrei erkläre, liege eine sachlich nicht gerechtfertigte
Ungleichbehandlung gegenüber dem Halten solcher Geräte in Spielhallen oder
Gaststätten und somit ein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) vor. Eine
sachwidrige Ungleichbehandlung liege ferner darin, dass die Satzung für
Gewinnspielgeräte in Spielcasinos und Spielclubs einen geringeren Steuersatz festlege
als für die in Spielhallen oder Gaststätten betriebenen Geräte. Schließlich sei es
unzulässig, dass nach § 1 Nr. 2 der Satzung nicht der Aufwand des Spielers, sondern
das Halten der Geräte besteuert werde.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den
Vergnügungssteuerbescheid vom 4. Mai 2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2006 aufgehoben, soweit Vergnügungssteuer für
den Monat Januar 2006 im Umfang von 2.518,07 EUR festgesetzt worden ist. Sodann
haben die Beteiligten das Verfahren in dem vorgenannten Umfang teilweise für in der
Hauptsache erledigt erklärt; insoweit hat die Kammer das Verfahren abgetrennt und
unter dem Aktenzeichen 5 K 2247/07 eingestellt. Ferner hat die Beklagte die für die
Monate Februar und März 2006 noch festgesetzte Vergnügungssteuer von 4.599,56
EUR auf den 15. November 2007 neu fällig gestellt.
7
Die Klägerin beantragt,
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den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 4. Mai 2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2006 und der Erklärung der Vertreter der
Beklagten in der mündlichen Verhandlung aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung nimmt sie zunächst Bezug auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides
und macht ergänzend geltend: Lediglich der von den Spielern getätigte Aufwand
unterliege der Besteuerung. Wenn aufwandsfremde Beträge anfielen, würden diese
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ebenso von der Position "Saldo (2)" auf den Zählwerkauslesestreifen abgezogen wie
die Mehrwertsteuer; nur der Differenzbetrag - d.h. die Nettokasse - werde besteuert. Am
1. Januar 2006 seien in X. 18 Spielhallen betrieben worden und am 31. Juli 2007 16. In
der Zwischenzeit habe bei zwei Spielhallen der Betreiber gewechselt, drei Spielhallen
seien geschlossen und eine sei neu eröffnet worden. Die Bezeichnung der Steuer als
"Pauschsteuer" führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Bescheide, da die Besteuerung
nach dem Einspielergebnis und nicht im Sinne einer groben Pauschale erfolge. Ferner
liege keine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Spielcasinos o.ä. vor. Selbst wenn es
derartige Einrichtungen in X. gäbe, was nicht der Fall sei, würden dort aufgestellte
Gewinnspielgeräte ebenso besteuert wie Geräte in Spielhallen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakten 5 L 658/06 und 5 K
2247/07, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der in dem
Verfahren 5 K 2286/06 beigezogenen Satzungsakte Bezug genommen.
13
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
14
Die gemäß § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige
Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angefochtene Vergnügungssteuerbescheid vom
4. Mai 2006 ist, soweit die Beklagte diesen aufrecht erhalten hat, in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2006 und der Erklärung der Vertreter der
Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung rechtmäßig und verletzt die Klägerin
daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
15
Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu Vergnügungssteuer ist die Satzung über die
Erhebung der Vergnügungssteuer in der Stadt X. vom 27. Februar 2006 (VStS 2006),
die am 14. März 2006 bekanntgemacht wurde. Die Satzung enthält, soweit vorliegend
von Bedeutung, folgende Bestimmungen:
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"§ 1 Steuergegenstand
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Die Stadt X. erhebt nach dieser Satzung eine Vergnügungssteuer als örtliche
Aufwandsteuer. Der Besteuerung unterliegen die im Stadtgebiet veranstalteten
nachfolgenden Vergnügungen:
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1. Das Ausspielen von Geld oder Gegenständen in Spielclubs, Spielcasinos und
ähnlichen Einrichtungen;
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2. das Halten von Musik-, Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen
Apparaten
20
a) in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen,
21
...
22
§ 2 Steuerfreie Veranstaltungen
23
Steuerfrei sind
24
...
25
2. das Halten von Apparaten nach § 1 Nr. 2 im Rahmen von Volksbelustigungen und
Schaustellungen auf Jahrmärkten, Kirmessen und ähnlichen Veranstaltungen.
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§ 3 Steuerschuldner und Haftung
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Steuerschuldner ist der Unternehmer der Veranstaltungen (Veranstalter). In den Fällen
des § 1 Nr. 2 gilt der Halter als Veranstalter.
28
§ 4 Erhebungsform und Bemessungsgrundlage
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(1) Die Steuer wird als Pauschsteuer erhoben.
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(2)
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(3) Für Veranstaltungen gem. § 1 Nr. 1 ist die Pauschsteuer nach dem Spielumsatz zu
berechnen. Spielumsatz ist der Gesamtbetrag der eingesetzten Spielbeträge.
32
...
33
(4) Für das Halten von Musik-, Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder
ähnlichen Apparaten mit Gewinnmöglichkeit wird die Steuer nach dem Einspielergebnis
berechnet. Als Einspielergebnis für diese Geräte gilt die Nettokasse nach dem
Zählwerkauslesestreifen der Kontrolleinrichtung nach der Spielverordnung.
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§ 5 Höhe der Steuer
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(1) Für Veranstaltungen gem. § 1 Nr. 1 beträgt die Steuer 5 % des Spielumsatzes.
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(2) Die Steuer beträgt in den Fällen des § 1 Nr. 2 a) in Spielhallen und ähnlichen
Unternehmen für
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a) Apparate mit Gewinnmöglichkeit 15 % des Einspielergebnisses
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mindestens 35,- Euro je Apparat und angefangenem Kalendermonat
39
...
40
§ 6 Entstehung der Steuer
41
...
42
(2) Die Steuer gem. § 5 Abs. 2 u. 3 entsteht mit der Aufstellung der Geräte.
43
§ 7 Festsetzung und Fälligkeit der Steuer
44
...
45
(3) Bei Apparaten mit Gewinnmöglichkeit ist der Steuerschuldner verpflichtet, der Stadt
bis zum 15. Tag nach Ablauf eines Kalendervierteljahres eine Steueranmeldung
einzureichen.
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(4) Die Steuer ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheides zu
entrichten.
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(5) Den Steueranmeldungen nach Abs. 3 sind Zählwerkausdrucke für den jeweiligen
Abrechnungszeitraum beizufügen, die als Angaben mindestens Geräteart, Gerätetyp,
Gerätenummer, die fortlaufende Nummer des Zählwerkausdruckes, die Anzahl der
entgeltpflichtigen Spiele, den Gesamtbetrag der aufgewendeten Geldbeträge, den
Auswurf, den Röhreninhalt und die Nettokasse enthalten müssen.
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§ 13 Inkrafttreten
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Diese Satzung tritt rückwirkend zum 01.01.2003 in Kraft, gleichzeitig tritt die
Vergnügungssteuersatzung vom 13.12.2002 außer Kraft."
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Mit den vorgenannten Regelungen stellt die VStS 2006 eine wirksame Rechtsgrundlage
für die Veranlagung von Gewinnspielgeräten dar, die ab Februar 2006 in Spielhallen
betrieben worden sind.
51
Dies gilt zunächst in formeller Hinsicht. Die Klägerin hat konkrete, die VStS 2006
betreffende Formmängel nicht dargelegt. Solche sind dem Satzungsvorgang auch sonst
nicht zu entnehmen.
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Ebenfalls in materieller Hinsicht erweist sich die VStS 2006, soweit sie vorliegend
einschlägig ist, für die Zeit ab Februar 2006 als wirksam.
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Die in § 13 VStS 2006 angeordnete Rückwirkung der VStS 2006 ist nicht zu
beanstanden, soweit diese (auch) den Zeitraum vom 1. Februar 2006 bis zur
Bekanntmachung der VStS 2006 am 14. März 2006 umfasst. Dabei kann letztlich
dahinstehen, ob es sich um eine sog. echte Rückwirkung bzw. Rückbewirkung von
Rechtsfolgen oder eine unechte Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung
handelt.
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Vgl. zur Begrifflichkeit Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., § 4 Rz. 172 und 174.
55
Denn ungeachtet dessen, wie die Rückwirkung hier rechtlich einzuordnen wäre, ist
diese zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) ist eine unechte Rückwirkung verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie
liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte
und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene
Rechtsposition nachträglich entwertet. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des
Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit
ergeben. Diese sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete
unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder
erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die
Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen. Eine echte Rückwirkung ist
dagegen verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz
nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände
eingreift. Auch in diesem Fall tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im
Vertrauensschutz hat, aber zurück, wenn sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den
Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Davon ist unter anderem dann
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auszugehen, wenn der Betroffene schon im Zeitraum, auf den die Rückwirkung bezogen
war, nicht mit dem Fortbestand der Regelung rechnen durfte. Der Schutz des Vertrauens
in den Bestand des alten Rechts endet in jedem Fall mit dem Beschluss des neuen
Rechts.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44, 48/92 -, Amtliche Sammlung
der Entscheidungen des BVerfG (BVerfGE) 95, 64, 86 f., sowie Urteile vom 23.
November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239, 263 und vom 19. Dezember 1961 - 2
BvL 6/59 -, BVerfGE 13, 261, 272 f.; Tipke/Lang, a.a.O., § 4 Rz. 173 und 175 m.w.N. der
Rechtsprechung.
57
Nach Maßgabe dieser Grundsätze stellt sich die (echte bzw. unechte) Rückwirkung hier
als zulässig dar. Das Vertrauen der Spielhallenbetreiber in X. auf den Fortbestand der
Satzung über die Erhebung der Vergnügungssteuer in der Stadt X. vom 13. Dezember
2002 (VStS 2002), insbesondere des dort bestimmten pauschalen Steuermaßstabs für
Gewinnspielgeräte, war jedenfalls ab Februar 2006 nicht mehr schutzwürdig, nachdem
der Rat der Stadt X. bereits am 30. Januar 2006 die VStS 2006 mit dem neuen
Steuermaßstab für Gewinnspielgeräte beschlossen hatte. Ein die Veränderungsgründe
des Satzungsgebers überwiegendes Bestandsinteresse der Spielhallenbetreiber an der
Fortgeltung der VStS 2002 ist ebenfalls nicht ersichtlich, da ausgehend von der neueren
Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-gerichts (BVerwG),
58
vgl. Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ)
2005, 1316,
59
(zumindest) erhebliche Zweifel daran bestanden, ob der Stückzahlmaßstab für die
Besteuerung von Gewinnspielgeräten in der VStS 2002 rechtswirksam war. Die
(rückwirkende) Umstellung auf einen an das Einspielergebnis der Geräte anknüpfenden
Steuermaßstab war daher zweckmäßig, wenn nicht sogar zwingend geboten.
60
Des Weiteren ist die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung von
Gewinnspielgeräten in Spielhallen in § 4 Abs. 4 VStS 2006 rechtlich nicht zu
beanstanden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erfordert Art. 105 Abs. 2 a
GG bei einer Aufwandsteuer wie der Spielautomatensteuer zumindest einen lockeren
Bezug zwischen dem verwendeten Steuermaßstab und dem letztlich zu besteuernden
Vergnügungsaufwand der Spieler. Bei der Wahl des konkreten Steuermaßstabs
innerhalb dieses Rahmens wird dem Normgeber ein weiter Gestaltungsspielraum
zugebilligt. Der gewählte Steuermaßstab muss aber jedenfalls grundsätzlich geeignet
sein, den zu besteuernden Vergnügungsaufwand zumindest entfernt abzubilden.
61
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, a.a.O.
62
Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt der in § 4 Abs. 4 VStS 2006 bestimmte
Steuermaßstab. Soweit danach das Einspielergebnis des jeweiligen Gerätes - definiert
als Nettokasse nach dem Zählwerkauslesestreifen der Kontrolleinrichtung nach der
Spielverordnung - für die Ermittlung der Vergnügungssteuer maßgeblich ist, unterwirft
der Satzungsgeber in zulässiger Weise alle Geldbeträge, die für die Nutzung der
Spielgeräte aufgewendet werden, der Besteuerung und knüpft damit an den
wirtschaftlichen Aufwand an, den die Spieler für das Spielvergnügen betreiben. Dies ist
mit Art. 105 Abs. 2 a GG vereinbar.
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Es begegnet dabei keinen durchgreifenden Bedenken, dass § 4 Abs. 4 Satz 2 VStS
2006 nicht ausdrücklich bestimmt, dass Falschgeld, Fehlgeld, Prüftestgeld oder
Wechselgeld nicht der Besteuerung unterliegen. Zwar stellen die genannten Positionen
keinen Aufwand dar, den ein Spieler aus seinen Mitteln zu seinem Vergnügen einsetzt.
64
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2007 - 14 B 1929/06 - und vom 12. Juli 2007 -
14 B 1927/06 -.
65
Jedoch folgt schon aus den Zählwerkauslesestreifen, dass Falschgeld, Fehlgeld,
Prüftestgeld oder Wechselgeld, das jeweils nach dem sog. "Saldo (2)" ausgewiesen
wird, weder in die Bruttokasse fällt noch in der Nettokasse (= Bruttokasse nach Abzug
der Mehrwertsteuer) enthalten ist. Darüber hinaus hat die Beklagte nachvollziehbar
dargelegt, dass sie die fraglichen aufwandsfremden Beträge entsprechend dem Inhalt
der Zählwerkauslesestreifen nicht der Vergnügungssteuer unterwirft.
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Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 28. März 2007 - 14 B 1967/06 -.
67
Falls im Einzelfall bei einem Gerät aufwandsfremde Einwürfe zu verzeichnen sind,
werden diese nach Angaben der Beklagten von der Position "Saldo (2)" auf den
Zählwerkauslesestreifen in Abzug gebracht, so dass tatsächlich nur der von den
Spielern für das Spielvergnügen getätigte Aufwand der Besteuerung unterliegt. Diesen
Ausführungen ist die Klägerin nicht entgegengetreten.
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Ferner lässt die Definition des Einspielergebnisses in § 4 Abs. 4 Satz 2 VStS 2006
entgegen der Auffassung der Klägerin die Besteuerungsgrundlage für die
Steuerpflichtigen hinreichend deutlich erkennen. So war es der Klägerin ohne weiteres
möglich, die nach der VStS 2006 zu besteuernde "Nettokasse" jedes Gerätes in den
Monaten Februar und März 2006 zu ermitteln und der Beklagten mitzuteilen. Die
entsprechenden Beträge hat die Beklagte sodann gemäß § 5 Abs. 2 a) VStS 2006 in
dem angefochtenen Bescheid besteuert.
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Darüber hinaus ist es unschädlich, dass § 4 Abs. 4 Satz 2 VStS 2006 nicht ausdrücklich
eine Bereinigung der dort näher definierten Nettokasse um die vom Automatenaufsteller
abzuführende Mehrwertsteuer vorsieht. Dies gilt hinsichtlich des hier (noch) zu
überprüfenden Zeitraums von Februar bis März 2006 bereits deshalb, weil für
Gewinnspielautomaten erst seit Mai 2006 wieder Mehrwertsteuer zu entrichten ist. Ohne
dass es danach im vorliegenden Verfahren noch entscheidungserheblich darauf
ankommt, merkt das Gericht allerdings an, dass auch ab Mai 2006 auf der Grundlage
der VStS 2006 keine Doppelbesteuerung erfolgt. Ausweislich der dem Gericht
bekannten Zählwerkauslesestreifen wird die Umsatzsteuer in Höhe von 16% (bzw. 19%
seit dem 1. Januar 2007) von der im Regelfall mit dem Saldo (2) identischen Bruttokasse
abgezogen; als Ergebnis dieses Rechenvorgangs wird die Nettokasse ausgewiesen.
Genau dies entspricht im Übrigen dem Begehren der Klägerin, bei der Besteuerung den
um die Umsatzsteuer bereinigten Saldo (2) zugrundezulegen.
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Ferner unterliegt es keinen rechtlichen Bedenken, dass § 5 Abs. 2 a) VStS 2006 für
Gewinnspielgeräte eine Mindeststeuer von 35,00 EUR je Apparat und angefangenem
Kalendermonat bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist
es dem kommunalen Satzungsgeber nicht verwehrt, einen stückzahlbezogenen
Ersatzmaßstab als Auffangtatbestand für einen je Automat geschuldeten
Mindeststeuerbetrag beizubehalten, sofern sich nach seiner Einschätzung mit einem
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umsatzbezogenen Steuermaßstab die mit der Spielautomatensteuer auch verfolgten
legitimen Lenkungszwecke, namentlich die Eindämmung der Spielsucht, nicht
ausreichend wirksam erreichen lassen, weil bei einem solchen Maßstab auch
Spielautomaten an schwächer frequentierten Standorten noch lohnend betrieben
werden können. Dieser Ersatzmaßstab muss freilich so ausgestaltet sein, dass er den
primären, den Vergnügungssteueraufwand der Spieler angemessen abbildenden
Steuermaßstab auch in seiner tatsächlichen Besteuerungswirkung nicht in Frage stellt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, a.a.O., m.w.N. der
Rechtsprechung.
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Vor diesem Hintergrund ist die Festsetzung eines Mindeststeuersatzes für
Gewinnspielgeräte grundsätzlich nicht zu beanstanden.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2007 - 14 B 1929/06 - und vom 12. Juli 2007 -
14 B 1927/06 -; Sächsisches OVG, Beschluss vom 19. Dezember 2006 - 5 BS 242/06 -,
Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF) 2007, 138; Hessischer Verwaltungsgerichtshof
(Hess. VGH), Beschluss vom 10. April 2007 - 5 TG 3116/06 -, Kommunale Steuer-
Zeitschrift (KStZ) 2007, 131.
74
Im Hinblick auf die VStS 2006 gilt nichts anderes. Es ist nicht erkennbar, dass durch die
Erhebung einer Mindeststeuer für ertragsschwache Apparate bei einem Steuersatz von
(lediglich) 35,00 EUR die sonst für Gewinnspielgeräte geltende Besteuerung nach dem
Einspielergebnis verfälscht wird.
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Des Weiteren ist der Steuermaßstab für Gewinnspielgeräte nicht deshalb unwirksam,
weil in § 4 Abs. 1 VStS 2006 die Steuer als "Pauschsteuer" bezeichnet wird. Zwar
erscheint der Begriff "Pauschsteuer" in der genannten Satzungsbestimmung als
unscharf und möglicherweise sogar unzutreffend, soweit Gewinnspielgeräte gemäß § 4
Abs. 4 VStS 2006 nicht (mehr) mit einem pauschalen, in der Satzung festgelegten
Betrag, sondern abhängig von deren Einspielergebnis besteuert werden.
76
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2007 - 14 B 1929/06 - und vom 12. Juli 2007 -
14 B 1927/06 -.
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Aus den weiteren Satzungsbestimmungen ergibt sich jedoch zweifelsfrei, dass die
Vergnügungssteuer für Gewinnspielgeräte in Spielhallen allein nach dem
Einspielergebnis der Geräte erhoben wird (vgl. § 4 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 2 a) VStS
2006). Die danach an anderer Stelle in der Satzung möglicherweise fehlerhafte
Verwendung des Begriffs "Pauschsteuer" ist somit nicht geeignet, die Wirksamkeit der
allein maßgeblichen steuerlichen Bemessungsgrundlage zu beeinträchtigen.
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Ferner unterliegt es auch vor dem Hintergrund, dass Gewinnspielgeräte gemäß § 4 Abs.
4 VStS 2006 nach deren Einspielergebnis besteuert werden, keinen Bedenken, dass §
1 Nr. 2 VStS 2006 als Steuergegenstand das "Halten" dieser Geräte bezeichnet. Das
Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein hat hierzu in seinem Urteil
vom 18. Oktober 2006 - 2 LB 11/04 - Folgendes ausgeführt: "Maßgebend für den
Charakter der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer ist, dass die in der
Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
belastet werden soll (BVerfG, Urt. v. 06.12.1983 - 1 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325
(346)). Hierzu gehört traditionell die Spielautomatensteuer, die als Steuer auf Spiel-,
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Musik- und ähnliche Automaten wirtschaftlich den Aufwand des Spielers erfasst, der
sich des Automaten zu seinem Vergnügen bedient. Dazu genügt es nach ständiger
Rechtsprechung zum herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer, dass diese
steuertechnisch vom Geräteaufsteller erhoben und sodann auf den Konsumenten als
Steuerträger überwälzt wird. Unter Beachtung dieser unumstrittenen Grundsätze zum
Vergnügungssteuerrecht (so schon BVerfG, Teilurt. v. 10.05.1962, a.a.O. S.79) ist die
Satzung dahingehend auszulegen, dass unter dem ‚Halten' das ‚Bereithalten' von
Spielgeräten zu verstehen ist, da Steuergegenstand der Vergnügungsaufwand ist, der
sich im Bereithalten von Spielgeräten ausdrückt."
Diese Ausführungen, denen sich das erkennende Gericht anschließt, gelten ebenso für
die Regelung in § 1 Nr. 2 VStS 2006.
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Vgl. auch Verwaltungsgericht (VG) Minden, Urteil vom 17. Januar 2007 - 11 K 2291/06 -
zu einer inhaltsgleichen Satzungsregelung.
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Zudem lässt sich nicht feststellen, dass der in § 5 Abs. 2 a) VStS 2006 bestimmte
Steuersatz von 15% des Einspielergebnisses für Gewinnspielgeräte in Spielhallen
erdrosselnde Wirkung hat. Das erkennende Gericht hat hierzu bereits in seinem im
vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss vom 18. August 2006 - 5 L
658/06 - Folgendes ausgeführt:
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"Ein unzulässiger Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) garantierte
Berufsfreiheit wäre nur dann anzunehmen, wenn die Besteuerung es in aller Regel und
nicht nur in Ausnahmefällen unmöglich werden ließe, den gewählten Beruf ganz oder
teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen, wobei insoweit
ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet als Maßstab zu nehmen ist, da Art.
12 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen
Betriebsführung gewährleistet.
83
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 22. Dezember 1999 - 11 CN 3.99
-, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2000, 933 (934) und vom 13. April 2005
- 10 C 5.04 -, NVwZ 2005, 1316 m.w.N.; Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes
, Beschluss vom 21. Mai 2003 - 1 W 11/03 - m.w.N.
84
Die Lage des konkreten Aufstellers - wie hier der Antragstellerin - an einem bestimmten
Standort oder gar nur hinsichtlich eines bestimmten Spielapparats ist hingegen nicht
entscheidend.
85
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 1998 - 8 B 228.97 -, Buchholz, Sammel- und
Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Buchholz)
401.68 Vergnügungssteuer Nr. 32, S. 22 (25).
86
Eine in diesem Sinne erdrosselnde Wirkung der im Gebiet der Stadt X. erhobenen
Vergnügungssteuer ist bei summarischer Prüfung nicht erkennbar. Dafür, dass der in X.
geltende Steuersatz für in Spielhallen betriebene Apparate mit Gewinnmöglichkeit
Automatenaufsteller in aller Regel in den wirtschaftlichen Ruin führt, gibt es keine
hinreichenden Anhaltspunkte. Gegen die Richtigkeit der diesbezüglichen gegenteiligen
Darstellung der Antragstellerin spricht schon, dass die Stadt X. nach Inkrafttreten der
VStS 2006 hinsichtlich der Gewinnspielapparate geringere
Vergnügungssteuereinnahmen erwartet als nach der zuvor geltenden
87
Vergnügungssteuersatzung vom 13. Dezember 2002 (VStS 2002), die eine pauschale
Besteuerung von Gewinnspielapparaten nach dem sog. Stückzahlmaßstab vorsah.
Hierzu heißt es in der Verwaltungsvorlage für die Sitzung des Rates der Stadt X. vom
30. Januar 2006 - 0332/V 14 - u.a. wie folgt:
‚Für eine fundierte Bemessungsgrundlage der künftigen Vergnügungssteuer wurden die
Automatenaufsteller um Mitteilung der Einspielergebnisse für den Zeitraum Juli 2004 bis
Juni 2005 gebeten.
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Auf der Grundlage von 14 der 20 Spielhallenbetreiber und 2.560 Gerätemonaten wurde
ein Durchschnittswert von 1.118,- EUR Einspielergebnis pro Gerät und Monat ermittelt.
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Damit in etwa der bisherige Pauschsteuersatz von 204,- EUR pro Gerät und Monat
erzielt wird, müsste ein Steuersatz von 18 v.H. zugrunde gelegt werden.
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Von den Aufstellern wird gegen die Höhe der bisherigen Steuersätze eine
Erdrosselungswirkung geltend gemacht. Eine abschließende gerichtliche Prüfung ist
noch nicht erfolgt. Darüber hinaus dürfen die Steuersätze nicht zu einer höheren
Belastung als bisher führen.
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Es soll ausgeschlossen werden, dass die neue Satzung aus den oben genannten
Gründen angreifbar ist. Es wird daher ein Steuersatz von 15 v.H. für Geldspielgeräte mit
Gewinnmöglichkeit in Spielhallen empfohlen. Dies entspricht einer Steuerlast von 167,-
EUR pro Automat.'
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Ausgehend hiervon wird ein jährlicher Einnahmeausfall für Gewinnspielgeräte in
Spielhallen und Gaststätten in Höhe von 142.164,00 EUR prognostiziert, der ‚im
Interesse an einer möglichst hohen Rechtssicherheit der neuen Satzung ... in Kauf zu
nehmen' sei.
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Der danach durchschnittlich je Gewinnspielapparat in Spielhallen monatlich anfallende
Steuerbetrag von 167,00 EUR, der auf der Grundlage von aussagekräftigem
Zahlenmaterial ermittelt wurde, bewegt sich - deutlich - in einem Rahmen, der in der
Vergangenheit von der Rechtsprechung - bezogen auf die Verhältnisse in anderen
Städten und eine Besteuerung nach dem sog. Stückzahlmaßstab - als hinnehmbar
anerkannt worden ist.
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Vgl. etwa: BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1999 - 11 CN 1/99 -, NVwZ 2000, 936
(936, 938): 600,00 DM/Monat; Urteil vom 22. Dezember 1999 - 11 CN 3/99 -, NVwZ
2000, 933 (934 f.): 400,00 DM/Monat; Hessischer Verwaltungsgerichtshof (Hess. VGH),
Beschluss vom 14. März 1996 - 5 TH 508/96 -, Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF)
1996, 232: 400,00 DM/ Monat; Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf, Urteil vom 17. März
2004 - 25 K 7334/03 -: 240,00 EUR/Monat; VG Arnsberg, Urteil vom 8. Juni 2001 - 3 K
2272/99 -: 405,00 DM/Monat.
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Auch der Umstand, dass die steuerliche Belastung je Gewinnspielapparat nach der
VStS 2006 - im Mittel - erheblich geringer ist als nach der VStS 2002, spricht gegen die
Annahme, dass die Besteuerung es Automatenaufstellern in X. künftig in aller Regel
unmöglich werden lässt, ihren Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage
der Lebensführung zu machen. Da sich die Steuerlast nunmehr nach dem
Einspielergebnis des einzelnen Gewinnspielapparates bemisst, werden zudem
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(zeitweilige) Einnahmeminderungen (z.B. aufgrund weniger bespielter Apparate) durch
eine geringere Steuerschuld kompensiert, so dass der wirtschaftlichen Situation des
einzelnen Aufstellers - anders als bei der bisherigen pauschalen Besteuerung -
Rechnung getragen wird.
Vor diesem Hintergrund rügt die Antragstellerin darüber hinaus zu Unrecht, die
Festsetzung einer Vergnügungssteuer von 15% des Einspielergebnisses für
Gewinnspielapparate in Spielhallen bewirke ‚eine erhebliche Erhöhung der bisherigen
Steuerbelastungen der betroffenen Unternehmen' und der Rat der Stadt X. habe sich bei
der Beschlussfassung über die VStS 2006 keine Gedanken über die wirtschaftlichen
Folgen der Festsetzung gemacht. Ein solches Abwägungsdefizit ist, wie die oben
zitierte Verwaltungsvorlage zu der Ratssitzung vom 30. Januar 2006 belegt, nicht
festzustellen, zumal nach der dortigen Prognose die Steuereinnahmen für
Gewinnspielapparate in Spielhallen nach dem neuen Satzungsrecht nicht steigen,
sondern vielmehr erheblich niedriger ausfallen als auf Grundlage der VStS 2002."
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An dieser rechtlichen Bewertung hält das Gericht auch bei nunmehr abschließender
Prüfung fest, zumal ihr die Klägerin im Klageverfahren nicht entgegengetreten ist. Hinzu
kommt, dass nach Mitteilung der Beklagten die Zahl der Spielhallen in X. zwischen dem
1. Januar 2006 und dem 31. Juli 2007 nur geringfügig von 18 auf 16 Standorte
zurückgegangen ist. Lediglich bei fünf der zum 1. Januar 2006 existierenden Spielhallen
sind im fraglichen Zeitraum Änderungen zu verzeichnen, wobei zwei auf Wechsel des
Betreibers und nur drei auf Betriebsaufgaben zurückzuführen sind. Im Gegenzug ist eine
zuvor seit dem Jahr 2005 geschlossene Spielhalle neu eröffnet worden. Diese Zahlen
lassen auf eine normale Fluktuation schließen und deuten nicht darauf hin, dass es dem
durchschnittlichen Betreiber einer Spielhalle in X. nach Inkrafttreten der VStS 2006 nicht
mehr möglich ist, seinen Betrieb wirtschaftlich zu führen.
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Des Weiteren verstößt die Besteuerung von Gewinnspielgeräten in Spielhallen nicht
gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG. Dies gilt entgegen der
Auffassung der Klägerin zunächst im Hinblick auf die Regelung in § 2 Nr. 2 VStS 2006.
Zwar ist danach das Halten von Apparaten nach § 1 Nr. 2 VStS 2006 im Rahmen von
Volksbelustigungen und Schaustellungen auf Jahrmärkten, Kirmessen und ähnlichen
Veranstaltungen steuerfrei. Dieser Befreiungstatbestand hat jedoch für die hier allein
streitgegenständlichen Gewinnspielgeräte in der Praxis keine Auswirkungen. Gemäß §
1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit
Gewinnmöglichkeit (Spielverordnung - SpielV -) in der seit dem 1. Januar 2006
geltenden Fassung vom 27. Januar 2006 darf ein Spielgerät, bei dem - wie hier - der
Gewinn in Geld besteht (Geldspielgerät), "in Betrieben auf Volksfesten, Schützenfesten
oder ähnlichen Veranstaltungen, Jahrmärkten oder Spezialmärkten" ohnehin nicht
aufgestellt werden. Geht die Steuerbefreiung somit für Gewinnspielgeräte ins Leere,
liegt hinsichtlich dieser Geräte von vornherein keine ungleiche Behandlung vor. Darüber
hinaus bleibt dem Satzungsgeber bei der Schaffung von Ermäßigungs- und
Befreiungstatbeständen in Steuersatzungen unter Beachtung des Gleichheitssatzes ein
erheblicher Gestaltungsspielraum.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 1996 - 22 A 5053/95 -.
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Die Grenzen dieses Gestaltungsspielraums hat der Rat der Stadt X. bei der Fassung
des Befreiungstatbestandes in § 2 Nr. 2 VStS 2006 nicht überschritten, da die dort von
der Steuer freigestellten Veranstaltungen lediglich vorübergehend sind und nur
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vergleichsweise kurze Zeiträume andauern, während der Betrieb der in § 1 Nr. 2 a)
VStS 2006 genannten Apparate in Spielhallen - jedenfalls grundsätzlich - auf Dauer
angelegt ist. Der (zeitliche) Ausnahmecharakter der unter § 2 Nr. 2 VStS 2006
angeführten Veranstaltungen stellt daher ein zulässiges sachliches
Differenzierungskriterium gegenüber dem dauerhaften und ortsfesten Betrieb in
Gaststätten oder Spielhallen dar, so dass eine Unterscheidung nach dem Aufstellort
zulässig ist.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2007 - 14 B 1929/06 - und vom 12. Juli 2007 -
14 B 1927/06 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. September 2006 - 25 K 4880/06 -; VG
Minden, Urteil vom 30. August 2006 - 11 K 4192/04 -.
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Selbst wenn überdies zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden könnte, dass die
Regelung in § 2 Nr. 2 VStS 2006 im Hinblick auf den in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten
Gleichbehandlungsgrundsatz unwirksam wäre, hätte dies allein die Nichtigkeit des
Befreiungstatbestandes zur Folge und berührte im Übrigen die Wirksamkeit der VStS
2006 - insbesondere des Steuermaßstabs für Gewinnspielgeräte in Spielhallen in § 5
Abs. 2 a) VStS 2006 - nicht.
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Vgl. dazu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 25. September 2006 - 25 K 4880/06 - unter
Hinweis auf die Urteile des OVG NRW vom 28. März 1996 - 22 A 5055/95 - und vom 23.
Januar 1997 - 22 A 2455/96 -, NVwZ 1999, 318.
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Ferner ist keine Ungleichbehandlung von Gewinnspielgeräten in Spielhallen gegenüber
solchen Geräten, die in Spielclubs, Spielkasinos oder ähnlichen Einrichtungen im Sinne
von § 1 Nr. 1 VStS 2006 aufgestellt werden, erkennbar. Entgegen der Ansicht der
Klägerin lässt sich nicht feststellen, dass die VStS 2006 unterschiedliche
Besteuerungsregelungen für Gewinnspielgeräte an den genannten Standorten vorsieht.
Selbst wenn es - was nach Auskunft der Beklagten nicht der Fall ist - in X. Unternehmen
gäbe, die der Regelung in § 1 Nr. 1 VStS 2006 unterfallen, würden dort betriebene
Gewinnspielgeräte nicht auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 VStS 2006 in Höhe von 5 %
des Spielumsatzes besteuert. Der in dieser Vorschrift in Bezug genommene § 1 Nr. 1
VStS 2006, der "das Ausspielen von Geld oder Gegenständen" in den betreffenden
Örtlichkeiten regelt, und die Definition des Begriffs "Spielumsatz" in § 4 Abs. 2 Satz 2
VStS 2006 als "Gesamtbetrag der eingesetzten Spielbeträge" verdeutlichen vielmehr,
dass der nach § 5 Abs. 1 VStS 2006 zu besteuernde "Spielumsatz" lediglich Einsätze
bei Tischgeldspielen wie Roulette, Black Jack o.ä. erfasst. Die Beklagte hat zutreffend
darauf hingewiesen, dass Gewinnspielgeräte in Spielclubs o.ä. der Regelung in § 1 Nr.
2 a) VStS 2006 unterfielen, da es sich bei diesen Örtlichkeiten um Spielhallen ähnliche
Unternehmen handelt und die dort aufgestellten Gewinnspielgeräte folglich nach § 5
Abs. 2 a) VStS 2006 ebenso wie Geräte in Spielhallen zu besteuern wären.
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Ist nach alldem die VStS 2006 für den Zeitraum ab Februar 2006 wirksam, so erweist
sich auch der Vergnügungssteuerbescheid seinerseits als rechtmäßig, soweit die
Klägerin für die Monate Februar und März 2006 zu Vergnügungssteuer von insgesamt
4.599,56 EUR herangezogen worden ist. Diesbezüglich hat die Klägerin keine
Bedenken geltend gemacht und solche sind auch anderweitig nicht (mehr) ersichtlich,
nachdem die Beklagte die in der vorgenannten Höhe noch festgesetzte
Vergnügungssteuer im Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 15. November
2007 neu fällig gestellt hat, so dass die Fälligkeitsregelung nunmehr im Einklang mit § 7
Abs. 4 VStS 2006 steht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus
§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
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Der Anregung der Klägerin, die Berufung zuzulassen, folgt das Gericht nicht, weil die
Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere hat die
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, denn die Frage der Besteuerung von
Gewinnspielgeräten in Spielhallen nach einem an das Einspielergebnis anknüpfenden
Steuermaßstab ist rechtsgrundsätzlich geklärt.
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