Urteil des VG Arnsberg vom 12.02.2002

VG Arnsberg: bebauungsplan, systematische auslegung, lärm, nichtigkeit, windkraftanlage, zone, verwaltungsrecht, ergänzung, begriff, windenergieanlage

Verwaltungsgericht Arnsberg, 4 K 597/01
Datum:
12.02.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 597/01
Tenor:
4 K 597/01
VERWALTUNGSGERICHT ARNSBERG
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
wegen
Erteilung einer Baugenehmigung
hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg aufgrund der
mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2002 durch
Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Derpa, Richter am
Verwaltungsgericht Rauschenberg, Richter Schulte-Steinberg,
ehrenamtlichen Richter Matthias Stirnberg, ehrenamtliche Richterin
Cornelia Zielinski
für Recht erkannt:
4 K 597/01 VERWALTUNGSGERICHT ARNSBERG
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IM NAMEN DES VOLKES
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URTEIL
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In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
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wegen
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Erteilung einer Baugenehmigung
11
hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 12. Februar 2002 durch
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Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Derpa, Richter am Verwaltungsgericht
Rauschenberg, Richter Schulte-Steinberg, ehrenamtlichen Richter Matthias Stirnberg,
ehrenamtliche Richterin Cornelia Zielinski
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für Recht erkannt:
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Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 30. Juni 2000 und des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Arnsberg vom 16. Januar 2001
verpflichtet, den Bauantrag des Klägers vom 23. Novem- ber 1999 betreffend die
Errichtung einer Windenergieanlage auf dem G. . 46 in N. nach geltender Erlasslage zu
genehmigen.
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Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen
Kosten des Klägers je zur Hälfte; ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen sie
jeweils selber.
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T a t b e s t a n d
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Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer
Windkraftanlage auf dem Grundstück Gemarkung F. in N. .
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Der vorgesehene Standort des Vorhabens liegt im Geltungsbereich des einfachen
Bebauungsplans D "Sondergebiet zur Errichtung von Windkraftanlagen südöstlich von
F. " der Gemeinde N. . Bei dem betreffenden Plan handelt es sich um einen von vier
Bebauungsplänen (A, B, C und D), die mit Satzungsbeschlüssen vom 12. August 1999
aus den im Flächennutzungsplan der Beigeladenen festgelegten Windvorrangflächen
entwickelt wurden. Der hier maßgebliche Bebauungsplan D erfasst zwei Teilflächen
westlich und östlich der L 856, die sich im Außenbereich südöstlich von F. und
südwestlich von F1. befinden. Der Plan trifft für den als "Sonstiges Sondergebiet"
gemäß § 11 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) ausgewiesenen Bereich die
folgenden textlichen Festsetzungen:
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"Zulässig sind Anlagen gem. § 35 Abs. 1 Ziffer 6 BauGB, die der Erforschung oder
Nutzung der Windenergie dienen, sowie die hierfür erforderlichen Nebenanlagen.
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Es sind nur solche Anlagen im Geltungsbereich des Bebauungsplans zulässig, die als
Einzelanlagen oder gemeinsam mit gleichartigen Anlagen nicht störend sind.
21
Ausnahmsweise sind Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1-5 BauGB im Plangebiet
zulässig."
22
Am 23. November 1999 beantragte der Kläger beim Beklagten die Erteilung einer
Baugenehmigung für eine Windkraftanlage Südwind S.46/60m und eine Trafostation
(WKA 1) auf dem oben genannten Grundstück. Ausweislich der im Antrag in Bezug
genommenen Schallimmissionsgutachten der Q, I. , vom 21. Juni und 30. September
1999 sowie der Stellungnahme des Staatlichen Umweltamtes Lippstadt vom 5. Oktober
1999 betragen die Schallimmissionswerte der streitgegenständlichen Anlage sowie
weiterer geplanter Anlagen an den jeweiligen Messpunkten zwischen 37,3 und 42,1
dB(A). Mit Schreiben vom 14. März 2000 lehnte der Bürgermeister der Beigeladenen
gegenüber dem Beklagten die Erteilung des Einvernehmens zur Errichtung der
beantragten Windkraftanlage ab, da in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr der im
Bebauungsplan festgesetzte Höchstwert für nicht störende Anlagen überschritten werde.
Daraufhin lehnte der Beklagte nach schriftlicher Anhörung des Klägers vom 19. April
2000 den Bauantrag mit Bescheid vom 30. Juni 2000 ab. Zur Begründung führte er aus,
die im Bebauungsplan getroffene Festsetzung, nach der nur nicht störende Anlagen
zulässig seien, besage, dass ein Schallimmissionsgrenzwert von 40 dB(A) nicht
überschritten werden dürfe. Der Widerspruch zu den Festsetzungen des
Bebauungsplans könne auch nicht durch eine Befreiung ausgeräumt werden, da
Befreiungsgründe gemäß § 31 Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) nicht vorlägen.
23
Mit Schreiben vom 7. August 2000 legte der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid
Widerspruch ein, den er wie folgt begründete: Der Bebauungsplan lege eine
Immissionsgrenze von 40 dB(A) nicht fest. Zwar sei die Beigeladene im
Planaufstellungsverfahren davon ausgegangen, dass Windenergieanlagen einen
Nachtimmissionsgrenzwert von 40 dB(A) einzuhalten hätten; dies sei jedoch im
Bebauungsplan selbst nicht zum Ausdruck gekommen, in dem lediglich von nicht
störenden Anlagen die Rede sei. Die geplante Anlage sei nicht störend im Sinne dieser
Bestimmung. Im Plangebiet seien neben Windenergieanlagen (WEA) auch andere
Anlagen zulässig, für welche die Einschränkung "nicht störend" nicht gelte. Wenn diese
Anlagen bereits einen Geräuschpegel von 45 dB(A) am Immissionsort verursachten,
könnten WEA, die ebenfalls 45 dB(A) verursachten, nicht als störend im eigentlichen
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Sinne angesehen werden. Auch unterstelle das hier zu Grunde liegende
Immissionsgutachten für die Schallimmission jeweils den "worst case", d.h.
insbesondere eine Mitwindsituation in Bezug auf alle Anlagen des Windparks und eine
Referenzwindgeschwindigkeit von 10 m pro Sekunde, bei der die höchste
Schallleistung der WEA erreicht werde. Eine Mitwindsituation liege jedoch für den
einzelnen Immissionsort nur sehr selten vor. Zudem seien im Binnenland hohe
Windgeschwindigkeiten von über 10 m pro Sekunde eher die Ausnahme. Des Weiteren
seien die Windnebengeräusche, die bei hohen Windgeschwindigkeiten die von der
WEA ausgehenden Geräusche überdecken würden, sowie die Vorbelastung des
Gebietes durch bereits vorhandene schallemittierende Anlagen auf den umliegenden
landwirtschaftlichen Betrieben und durch Straßenverkehr zu berücksichtigen. Hilfsweise
werde überdies eingewandt, dass der Bebauungsplan wegen der nicht gerechtfertigten
Ungleichbehandlung von WEA und anderen Anlagen im Plangebiet nichtig sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2001 wies die Bezirksregierung Arnsberg
den Widerspruch als unbegründet zurück.
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Hiergegen hat der Kläger am 16. Februar 2001 die vorliegende Klage erhoben, zu deren
Begründung er in Ergänzung seines bisherigen Vorbringens geltend macht: Die
Bebauungspläne A bis D seien nichtig. Dies folge bereits aus der Nichtigkeit des
Flächennutzungsplans, der an schwerwiegenden Abwägungsfehlern leide. So habe die
Beigeladene in ihrer Planung einige für die Ausweisung von WEA geeignete Standorte,
insbesondere südlich und nördlich des Haarstrangs, nicht berücksichtigt. Die Errichtung
von WEA südlich des Haarstrangs führe auch nicht zu einer Beeinträchtigung der
Erholungsbereiche, die ausschließlich südlich des N1. lägen. Ferner seien die Kriterien,
welche die Beigeladene bei der Bestimmung des Abstands der Konzentrationsflächen
zur umliegenden Wohnbebauung gewählt habe, städtebaulich nicht gerechtfertigt.
Insbesondere der Abstand der Zone D zu den Gebieten F. und F1. sei mit 600 m zu
groß, da es sich hierbei strukturell um Dorfgebiete handle. Des Weiteren seien die
festgelegten Abstände zu Wäldern, Richtfunkstrecken und Straßen ebenso wenig zu
rechtfertigen wie die Begrenzung der Anlagenhöhe auf 100 m. Die Nichtigkeit der
Bebauungspläne folge daraus, dass die Festsetzung "nicht störend" unbestimmt sei.
Der in der BauNVO an verschiedenen Stellen genannte Begriff des "Nichtstörens" sei
relativ und könne erst durch den Bezug auf den im jeweiligen Zusammenhang
genannten Gebietstyp bestimmt werden. Da in der Umgebung der Plangebiete sowohl
allgemeine Wohngebiete als auch Außenbereichslagen und faktische Dorf- und
Mischgebiete anzutreffen seien, sei keine Zuordnung zu einer bestimmten Nutzung und
damit keine hinreichende Bestimmung des Begriffs "nicht störend" möglich. Unklar
bleibe auch, wie die Immissionsbeiträge anderer Anlagen als WEA zu berücksichtigen
seien, für welche die Beschränkung "nicht störend" nicht gelte. Die mangelnde
Bestimmtheit der Festsetzungen könne nicht durch Auslegung anhand der amtlichen
Begründung überwunden werden, da die Festsetzungen aus sich heraus verständlich
sein müßten. Darüber hinaus sei die Festsetzung "nicht störend" unverhältnismäßig,
weil damit allen Nutzungen in der Umgebung unabhängig vom jeweiligen
Gebietscharakter der Schutzanspruch eines allgemeinen Wohngebiets zugebilligt
werde. Schließlich müsse die geplante WEA selbst bei unterstellter Wirksamkeit der
Festsetzungen des Bebauungsplans nur einen Nachtimmissionsgrenzwert von 45 dB(A)
einhalten. Welche Anlagen "nicht störend" seien, beurteile sich nach der Charakteristik
des jeweils betroffenen Gebiets. Hier seien ausschließlich Einzelbebauungen im
Außenbereich, höchstens aber Misch- oder Dorfgebiete betroffen, für die nach den
Bestimmungen der TA-Lärm ein Nachtimmissionsgrenzwert von 45 dB(A) gelte.
26
Der Kläger beantragt,
27
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 30. Juni 2000 und des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Arnsberg vom 16. Januar 2001 zu
verpflichten, seinen Bauantrag vom 23. November 1999 betreffend die Errichtung einer
Windenergieanlage auf dem G. in N. zu genehmigen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
30
Zur Begründung bezieht er sich auf die angefochtenen Bescheide.
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Die Beigeladene beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt sie aus, dass die vom Kläger beantragte WEA ausweislich der im
Genehmigungsverfahren vorgelegten Gutachten den im Bebauungsplan festgesetzten
Störungsgrad überschreite. Überdies seien weder der Flächennutzungsplan noch der
Bebauungsplan nichtig. Insbesondere sei die Auslegung der Festsetzungen des
Bebauungsplans mit Hilfe der Begriffsdefinitionen aus der BauNVO möglich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die zulässige Verpflichtungsklage hat in der Sache Erfolg.
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Der Kläger hat einen Rechtsanspruch darauf, dass ihm die begehrte Baugenehmigung
für die geplante WEA nach geltender Erlasslage erteilt wird, so dass er durch die
ablehnende Entscheidung des Beklagten rechtswidrig in seinen Rechten verletzt wird
im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NW)
ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben öffentlich- rechtli-che
Vorschriften nicht entgegen stehen.
39
Das Vorhaben des Klägers ist bauplanungsrechtlich zulässig. Bauplanungsrechtliche
Beurteilungsgrundlage ist der einfache Bebauungsplan D "Sondergebiet zur Errichtung
von Windkraftanlagen südöstlich von F. " der Gemeinde N. , in dessen Geltungsbereich
das Bauvorhaben verwirklicht werden soll, und gemäß § 31 Abs. 3 BauGB im Übrigen §
35 BauGB, da sich das beplante Gebiet im Außenbereich befindet.
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Die Wirksamkeit des Bebauungsplans im Übrigen unterstellt, hält sich das streitige
Bauvorhaben an dessen Festsetzungen, nach denen im Plangebiet nur "nicht störende"
WEA zulässig sind. Wann eine WEA in diesem Sinne als "nicht störend" anzusehen ist,
muss, da es sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, im Wege der
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Auslegung ermittelt werden. Die weiteren textlichen Festsetzungen des
Bebauungsplans sind insoweit unergiebig, da diese keinen bestimmten
Immissionsgrenzwert benennen.
Eine systematische Auslegung der fraglichen Festsetzung,
42
vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 18. August 1989 - 4 C 12.86
-, Baurechtssammlung (BRS) Bd. 49 Nr. 65,
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kann sich an den Normen der BauNVO orientieren, die den Begriff des "Nichtstö- rens"
mehrfach enthalten. So legen die § 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 3 Nr. 1, § 4 Abs.
2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO fest, welche "nicht
(wesentlich) störenden" Nutzungen in den jeweiligen Baugebieten generell oder
ausnahmsweise zulässig sind. Hierbei gilt kein einheitlicher Störungsbegriff, der
sämtlichen genannten Vorschriften zu Grunde liegt. Vielmehr ist die Abgrenzung
zwischen "nicht (wesentlich) störenden" und "störenden" Nutzungen unter
Berücksichtigung des Charakters und der Schutzbedürftigkeit des jeweils betroffenen
Baugebiets zu treffen. Ein allgemeines Wohngebiet etwa ist nach Art und Ausmaß
geringer geschützt als ein reines Wohngebiet, kann andererseits jedoch einen höheren
Schutzumfang beanspruchen als ein Dorf- oder Mischgebiet,
44
vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 3 BauNVO, Rn. 16, § 5 BauNVO, Rn. 25.
45
Dem entsprechend bestimmt die im Falle von Geräuschimmissionen als
normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift anwendbare Sechste Allgemeine
Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum
Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26. August 1998,
46
vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 1999 - 7 C 15.98 -, Neue Zeitschrift für
Verwaltungsrecht (NVwZ) 2000, S. 440; Beschluss vom 10. Januar 1995 - 7 B 112.94 -,
NVwZ 1995, S. 994 (jeweils zur TA Luft),
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im Einklang mit der als Orientierungshilfe heranzuziehenden Richtlinie des Vereins
Deutscher Ingenieure zur Beurteilung von Arbeitslärm in der Nachbarschaft (VDI-
Richtlinie 2058),
48
vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 1995 - 4 B 16.94 -, NVwZ-
Rechtsprechungsreport Verwaltungsrecht (NVwZ-RR) 1995, S. 6,
49
abgestufte Immissionsrichtwerte, die nach dem Charakter des potentiell gestörten
Gebietes differenzieren,
50
vgl. insoweit auch Oberverwaltungsgericht für das Land Nord- rhein-Westfalen (OVG
NW), Urteil vom 30. November 2001 - 7 A 4857/00 -, S. 41 des amtlichen
Urteilsabdrucks.
51
Überträgt man die vorgenannten Grundsätze auf den vorliegenden Fall, so ist die
streitige WEA nicht als "störend" einzustufen. Die für die Beurteilung maßgebliche
Umgebung des von dem Bebauungsplan D beplanten Gebietes besteht aus dem
nordwestlich im Außenbereich befindlichen X. mit landwirtschaftlicher Nutzung sowie
den nordwestlich bzw. nordöstlich gelegenen Ortsteilen F. und F1. . F. und F1. weisen
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nach den vom Vorbringen der Beteiligten gestützten Erkenntnissen der Kammer neben
reinen Wohnhäusern eine erhebliche Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe sowie
darüber hinaus auch Gewerbebetriebe auf und sind hinsichtlich ihrer Schutzbedürftigkeit
somit nicht mit allgemeinen Wohngebieten oder Kleinsiedlungsgebieten zu vergleichen.
Am ehesten entsprechen sie Dorfgebieten im Sinne von § 5 BauNVO, für die gemäß Nr.
6.1 lit. c der TA-Lärm und Nr. 3.3.1 lit. c der VDI-Richtlinie 2058 ein Immissionsrichtwert
von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts gilt. Die streitige WEA hält diese Vorgaben
ein. Diese verursacht ausweislich des Schallimmissionsgutachtens der Q vom 21. Juni
1999, dessen Inhalt von den Beteiligten nicht in Frage gestellt wird, gemeinsam mit acht
weiteren geplanten Windkraftanlagen an den gewählten acht Messpunkten
Schallimmissionen zwischen 37,3 dB(A) (Messpunkt H) und 42,1 dB(A) (Messpunkt G),
so dass der Schallimmissionsgrenzwert von 45 dB(A) in jedem Fall deutlich
unterschritten wird. Lediglich ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass für die
Messpunkte A (F. ) und F (F1. ) Immissionswerte von 39,0 dB(A) bzw. 37,7 dB(A)
ermittelt worden sind, welche sogar den in allgemeinen Wohngebieten oder
Kleinsiedlungsgebieten,
vgl. insoweit Nr. 6.1 lit. d der TA-Lärm und Nr. 3.3.1 lit. d der VDI-Richtlinie 2058,
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nachts einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 40 dB(A) unterschreiten
54
Das auf diesem Wege gefundene Ergebnis, dass die im Bebauungsplan D getroffene
Festsetzung "nicht störend" die Einhaltung eines Schallimmissionsgrenzwerts von 45
dB(A) verlangt, wird auch nicht durch die in einem weiteren Schritt erforderliche
Auslegung der betreffenden Festsetzung anhand der Planaufstellungsmaterialien in
Frage gestellt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass zur Erläuterung des planerisch
Gewollten die Begründung des Bebauungsplans gemäß § 9 Abs. 8 BauGB
herangezogen werden kann,
55
vgl. BVerwG, Urteil vom 18. August 1989, aaO; Schlichter/Stich, Berliner Kommentar
zum BauGB, 2. Auflage 1995, § 9, Rn. 13; Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 9, Rn.
197.
56
Die amtliche Begründung des Bebauungsplans D enthält jedoch ebenso wenig wie
dessen textliche Festsetzungen eine eindeutige Aussage dahin gehend, dass eine
"nicht störende" WEA nur im Falle der Einhaltung eines Schallimmissionsgrenzwerts
von 40 dB(A) vorliegt. Insoweit wird durch die Formulierung, dass Bewohner derzeit
vorhandener bzw. künftiger Wohngebäude in der Umgebung vor störenden Anlagen
geschützt werden sollten, wobei das gleiche für derzeit noch vorhandene Dorfgebiete
gelte, nichts anderes ausgesagt als durch die Planfestsetzungen selbst. Zwar klingt in
den der Planbegründung beigefügten Anregungen und in dem hierauf bezogenen
Beschluss des Planungsausschusses vom 17. Dezember 1998 die Vorstellung des
Plangebers an, dass eine im Plangebiet betriebene WEA nachts einen
Schallimmissionsgrenzwert von 40 dB(A) beachten muss; diese Motivationslage hat in
der Planbegründung selbst jedoch keinen Niederschlag gefunden und ist somit nicht
geeignet, den im Rahmen der Auslegung der textlichen Festsetzungen des
Bebauungsplans zu ermittelnden Willen des Plangebers hinreichend zu dokumentieren.
Wäre es dem Plangeber entscheidend darauf angekommen, einen
Schallimmissionsgrenzwert von 40 dB(A) festzuschreiben, so wäre es nahe liegend und
auch ohne Weiteres möglich gewesen, dies durch eine entsprechende Ergänzung der
Planfestsetzungen oder jedenfalls durch eine Erläuterung in der Planbegründung
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deutlich zum Ausdruck zu bringen.
Schließlich wäre das Vorhaben des Klägers bauplanungsrechtlich auch dann zulässig,
wenn der Bebauungsplan D "Sondergebiet zur Errichtung von Windkraftanlagen
südöstlich von F. " aufgrund der Nichtigkeit des diesem zu Grunde liegenden
Flächennutzungsplans oder aus anderen Gesichtspunkten, die im Plan selbst begründet
sind, unwirksam sein sollte. In diesem Fall wäre die im Außenbereich geplante WEA
allein anhand von § 35 BauGB zu beurteilen. Gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB handelt
es sich bei Windkraftanlagen um im Außenbereich privilegierte Vorhaben. Öffentliche
Belange gemäß § 35 Abs. 3 BauGB stünden hier nicht entgegen, da die WEA innerhalb
einer der im Flächennutzungsplan der Beigeladenen ausgewiesenen
Konzentrationszone im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB errichtet werden soll bzw.
im Falle der Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans eine entsprechende Zone nicht
vorhanden ist. Ferner hielte das Vorhaben den im Außenbereich nachts maßgeblichen
Schallimmissionsgrenzwert von 45 dB(A),
58
vgl. OVG NW, Urteil vom 30. November 2001- 7 A 4857/00 -, aaO,
59
ein.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 VwGO.
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Die Berufung war nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO (in der Fassung des Gesetzes zur
Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001,
BGBl I S. 3987) nicht zuzulassen, da die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO
nicht vorliegen.
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