Urteil des VG Aachen vom 12.10.2004

VG Aachen: mündliche prüfung, diplom, vorprüfung, wichtiger grund, betriebswirtschaftslehre, bwl, anerkennung, stadt, erstausbildung, unverzüglich

Verwaltungsgericht Aachen, 5 K 1462/03
Datum:
12.10.2004
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 K 1462/03
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin die Klage
zurückgenommen hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten
nicht erhoben werden.
T a t b e s t a n d :
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Die im Jahre 1976 geborene Klägerin schloss im August 1999 die Berufsausbildung zur
Hebamme ab und studierte ab dem Wintersemester 1999/2000 das Fach
Betriebswirtschaftslehre an der S. in B. . Nachdem sie nach Scheitern in der mündlichen
Ergänzungsprüfung am 20. April 2001 die Diplom-Vorprüfung endgültig nicht bestanden
hatte, wurde sie von der S. zwangsexmatrikuliert.
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Am 1. September 2001 nahm die Klägerin an der I. A. in T. /Niederlande das Studium
der International Business und Managing Studies auf. Der Oberbürgermeister der Stadt
B. gewährte ihr auf ihren Antrag Ausbildungsförderung in Höhe von 1.035,00 DM für den
Zeitraum von September 2001 bis August 2002 sowie in Höhe von monatlich 290,00
EUR für den Zeitraum von September 2002 bis Juli 2003.
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Im Dezember 2002 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Bewilligung von
Ausbildungsförderung für ein Auslandsstudium an der T1. N. State University in den
USA für den Zeitraum von August bis Dezember 2003. Sie gab an, dass das
Auslandsstudium Bestandteil des Studiums an der niederländischen Hochschule und
Voraussetzung für die Zulassung zum Examen an dieser Hochschule sei.
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Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 31. Januar 2003 mit der
Begründung ab, das Studium könne gemäß § 7 Abs. 3
Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) nicht gefördert werden. Die Klägerin
habe nach der Beendigung ihres Betriebswirtschaftsstudiums an der S. in B. die
Fachrichtung gewechselt. Da der Fachrichtungswechsel nach dem Beginn des 4.
Fachsemesters erfolgt sei, müsse für die Weiterförderung der neuen Ausbildung ein
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unabweisbarer Grund vorliegen. Ein solcher sei in dem endgültigen Nichtbestehen des
Vordiploms nicht zu erkennen. - Der Bescheid wurde am 3. Februar 2003 an die
Klägerin abgesandt -.
Die Klägerin erhob am 4. März 2003 Widerspruch und machte zur Begründung geltend,
das Amt für Ausbildungsförderung der Stadt B. habe ihr Studium in den Niederlanden im
Rahmen der so genannten Grenzgängerförderung nach § 5 Abs. 1 BAföG als
förderungswürdig anerkannt, wobei auch bekannt gewesen sei, dass sie an der S. in B.
nicht habe weiterstudieren können. Da sich in Bezug auf ihren Studiengang in den
Niederlanden keine Änderungen ergeben hätten, sei eine Einschränkung der
Förderzusage nicht nachvollziehbar. Die Studienrichtlinien im Studiengang IBMS an der
I. A. sähen zwingend vor, das 5. Fachsemester als Auslandssemester zu absolvieren.
Sie habe bisher gute Leistungen in dem derzeit absolvierten Studiengang erbracht, das
dem deutschen Vordiplom entsprechende Propedeuse habe sie in der vorgegebenen
Mindeststudiendauer absolviert. Die Diplom-Vorprüfung im Studium
Betriebswirtschaftslehre an der S. in B. habe sie im 3. Semester nach Scheitern in den
Klausuren nicht bestanden. Die folgende mündliche Prüfung, die noch diesem 3.
Semester zuzurechnen sei, habe jedoch erst im Folgesemester, und zwar am 20. April
2001 stattgefunden. Da sie davon ausgegangen sei, diese Prüfung auf jeden Fall zu
bestehen, habe sie sich auch für das Sommersemester 2001 immatrikulieren müssen.
Das Nichtbestehen der Diplom-Vorprüfung sei danach dem 3. Semester zuzurechnen,
was auch der prüfende Professor Dr. T2. schriftlich bestätigt habe. Sie habe das
Scheitern in der Prüfung nicht zu einem früheren Zeitpunkt absehen können. Um sich
auf die in Rede stehende mündliche Prüfung gründlich vorzubereiten, habe sie die Hilfe
einer Assistentin des Instituts für BWL an der S. in B. , Frau Q. , in Anspruch genommen,
mit der sie mehr als zwei Wochen lang täglich intensive Vorbereitungen betrieben habe.
Danach seien sie und Frau Q. sicher gewesen, die mündliche Prüfung zu bestehen.
Dies bestätige Frau Q. auch schriftlich.
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Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 9. Mai 2003 u.a. mit, dass er frühere
Bewilligungsbescheide des Amtes in B. , soweit sie auch gleichzeitig eine Bewilligung
dem Grunde nach für den gesamten Ausbildungabschnitt beinhalteten, insoweit mit
Wirkung ab Beginn der Auslandsausbildung in den USA bis zu deren Ende aufhebe.
Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.
Juni 2003 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, nach § 7 Abs. 3 BAföG sei für
die Weiterförderung des Studiums der Klägerin nach dem Wechsel der Fachrichtung ein
unabweisbarer Grund hierfür erforderlich, weil der Studienabbruch bzw.
Fachrichtungswechsel erst nach Beginn des 4. Fachsemesters erfolgt sei. Die Klägerin
sei für das 4. Fachsemester an der S. eingeschrieben gewesen. Der Gesetzgeber stelle
nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 BAföG allein darauf ab, ob das frühere Studium nach
Beginn des 4. Fachsemesters oder vorher abgebrochen worden sei. Aus welchen
Gründen das 4. Fachsemester begonnen worden sei, sei dabei ohne Belang. Mit der
Immatrikulation gelte das betreffende Semester als begonnen und die Ausbildung als
betrieben. Ein unabweisbarer Grund für den Fachrichtungswechsel liege nicht vor.
Unabweisbar könne nur ein Grund sein, welcher die Wahl zwischen der Fortsetzung der
bisherigen Ausbildung und ihrem Abbruch bzw. dem Überwechseln in eine andere
Fachrichtung nicht zulasse. Das endgültige Nichtbestehen einer Zwischenprüfung
erfülle diese Voraussetzung nicht. Unabhängig hiervon käme es für die Anerkennung
eines unabweisbaren Grundes ohnehin darauf an, ob dieser vorhersehbar gewesen sei
und der Auszubildende nicht schon früher hätte Konsequenzen ziehen können. Wenn
die Auszubildende eine Prüfung endgültig nicht bestanden habe, müssten dieser
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Prüfung aber mehrere vergebliche Versuche vorausgegangen sein, da grundsätzlich für
jede Prüfung Wiederholungsmöglichkeiten gegeben seien. - Der Widerspruchsbescheid
wurde am 18. Juni 2003 an die Klägerin per Einschreiben abgesandt -.
Die Klägerin hat am 21. Juli 2003 Klage erhoben und zwar zunächst mit dem Begehren,
ihr auch ab Mai 2003 Leistungen zu bewilligen. Sie führt zur Begründung über ihr
bisheriges Vorbringen hinaus aus, entgegen der Auffassung des Beklagten sei in der
Zwangsexmatrikulation als Folge des Nichtbestehens der Diplom- Vorprüfung ein
unabweisbarer Grund für die Nichtfortsetzung ihres BWL-Studiums zu sehen. Die
Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung die Klage zurückgenommen, soweit sie
sich auf den Zeitraum von Mai 2003 bis einschließlich Juli 2003 richtete.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 31. Januar 2003 und seines
Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2003 zu verpflichten, der Klägerin
Ausbildungsförderung für ihr Auslandsstudium in den USA für den Zeitraum von August
2003 bis einschließlich Dezember 2003 zu bewilligen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er nimmt zur Begründung im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide Bezug.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs.
3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.
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Die weitergehende Klage hat keinen Erfolg.
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Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig, § 113 Abs.1 und 5 VwGO.
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Soweit der Beklagte in seinem Schreiben vom 9. Mai 2003 erklärt und in seinem
Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2003 wiederholt hat, dass er den
Ausgangsbescheid des Oberbürgermeisters der Stadt B. vom 29. August 2002 für den
Zeitraum der Auslandsausbildung in den USA zurücknimmt, soweit in diesem Bescheid
dem Grunde nach über eine andere Ausbildung nach § 7 Abs. 3 des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) positiv entschieden worden ist, vgl. §
50 Abs. 1 Satz 4 BAföG, beruht diese Entscheidung auf § 45 Sozialgesetzbuch -
Zehntes Buch - (SBG X) und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß § 45 Abs. 2 Satz
1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar
geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 der Bestimmung
zurückgenommen werden. Die Bewilligung von Ausbildungsförderung durch den
Oberbürgermeister der Stadt B. war, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 7 Abs.
3 BAföG nicht erfüllt waren, wie sich aus den unten folgenden Ausführungen ergibt,
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rechtswidrig. Gemäß § 45 Abs. 2 SGB X hängt die Rücknahmemöglichkeit von einer
Abwägung des Vertrauens des Begünstigten in die Bestandskraft des Verwaltungsaktes
gegenüber dem öffentlichen Interesse an dessen Rücknahme ab. Die Abwägung der
widerstreitenden Interessen ergibt im vorliegenden Fall, dass das Vertrauen der
Klägerin auf den Fortbestand der positiven Grundentscheidung nicht vorrangig
schutzwürdig ist. Die Klägerin ist nämlich geraume Zeit vor dem Beginn ihres USA-
Aufenthaltes über die mangelnde Förderungsmöglichkeit desselben hingewiesen
worden. Ihr ist damit hinreichend Zeit gegeben worden, sich auf die geänderte
Förderungslage für diesen Zeitraum einzurichten. Vor diesem Hintergrund ist dem
öffentlichen Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung vorliegend der Vorrang
einzuräumen. Der Beklagte hat auch das ihm in § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte
Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise betätigt.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung für ihr Auslandsstudium in
den USA gemäß §§ 5 Abs. 2, 11 ff. BAföG. Ihre Ausbildung erfüllt nämlich nicht die
gesetzlichen Voraussetzungen für die Förderung einer anderen Ausbildung gemäß § 7
Abs. 3 Satz 1 BAföG. Gemäß letztgenannter Bestimmung wird Ausbildungsförderung für
eine andere Ausbildung geleistet, wenn der Auszubildende 1. aus wichtigem Grund
oder 2. aus unabweisbarem Grund die Ausbildung abgebrochen oder die Fachrichtung
gewechselt hat; bei Auszubildenden an Hochschulen gilt Nr. 1 allerdings nur bis zum
Beginn des 4. Fachsemesters. Nachdem die Klägerin in ihrem
Betriebswirtschaftsstudium die Diplom-Vorprüfung endgültig nicht bestanden hatte und
von der S. B. zwangsexmatrikuliert worden war, hatte sie mit der Aufnahme des neuen
Studiums an der I. A. in den Niederlanden die Fachrichtung gewechselt, § 7 Abs. 3 Satz
3 BAföG.
20
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 22. Februar 1995 - 11 C 6.94 -,
FamRZ 1995, 901.
21
Das Auslandsstudium, für das die Klägerin vorliegend Ausbildungsförderung begehrt, ist
Bestandteil der 2. Ausbildung, nämlich der International Business and Managing
Studies an der I. A. in den Niederlanden.
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Für die Frage, ob für den Fachrichtungswechsel ein wichtiger Grund oder vielmehr ein
unabweisbarer Grund im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG vorliegen musste, kommt
es darauf an, ob die Klägerin die erste Ausbildung "bis zum Beginn des 4.
Fachsemesters" aufgegeben hat. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die Klägerin
hat die mündliche Ergänzungsprüfung in dem Teilgebiet "Grundzüge der
Betriebswirtschaftslehre II", in welcher sie letztlich gescheitert ist, am 20. April 2001
abgelegt. Das Sommersemester 2001, welches das 4. Fachsemester der Klägerin im
BWL-Studium war, hatte bereits am 1. April 2001 begonnen, Vorlesungsbeginn war laut
der Zeittafel im Vorlesungsverzeichnis der S. für das Sommersemester 2001 der 17.
April 2001. Die Rückmeldefrist für das Sommersemester datierte vom 15. Januar bis
zum 6. März 2001.
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Im Hinblick auf § 15 b Abs. 1 BAföG, wonach die Ausbildung als mit dem Anfang des
Monats aufgenommen gilt, in dem die Vorlesungen tatsächlich begonnen werden,
erscheint es folgerichtig, den Beginn des Fachsemesters auf den Beginn des Monats
festzulegen, in dem die Vorlesungen aufgenommen werden.
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Vgl. Blanke in Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, Kommentar, 5.
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Auflage, Stand: September 2001, § 7 Rn. 42.2.
Das Argument der Klägerin, die Ergänzungsprüfung sei eigentlich dem 3. Fachsemester
zuzuordnen, welches auch durch die Bestätigung des Prof. T2. vom 26. Mai 2003
gestützt wird, greift nicht. Die in § 7 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz BAföG vorgesehene
zeitliche Begrenzung der Erheblichkeit eines Fachrichtungswechsels aus wichtigem
Grund bringt die Absicht des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass nur für eine begrenzte
Zeit der nutzlose Einsatz von Ausbildungskapazitäten und Fördermitteln hingenommen
werden soll.
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Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen OVG NRW), Urteil vom
24. Oktober 2000 - 16 A 2971/00 -.
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Dem Gesetzgeber ist es für die Frage der Förderungsfähigkeit der Ausbildung und auch
der Art der Förderungsgewährung auch nicht verwehrt, auf den objektiven Umstand
einer förderungsrechtlich nutzlosen Inanspruchnahme eines Studienplatzes für die
aufgegebene Erstausbildung abzustellen.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Oktober 2001 - 16 A 2350/99 - .
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Mit der Fortsetzung der Ausbildung - das Absolvieren einer Prüfung ist Bestandteil der
Ausbildung - hat die Klägerin das 4. Fachsemester begonnen; sie hat für dieses
Semester einen Studienplatz "nutzlos" in Anspruch genommen. Für die
Berücksichtigung des im Einzelfall vorliegenden Grundes für die Fortsetzung der
Ausbildung über den maßgeblichen Stichtag hinaus bietet das Gesetz weder nach
seinem Wortlaut noch nach seinem Sinn und Zweck Raum. Darauf, dass die Klägerin
sich nur deshalb für das Sommersemester 2001 hatte einschreiben müssen, weil aus
organisatorischen Gründen des Lehrstuhls die noch zu absolvierende mündliche
Ergänzungsprüfung jetzt zu Beginn des 4. Fachsemesters erfolgen konnte, kommt es
mithin für das objektive Erfordernis, den Beginn des 4. Fachsemesters, nicht an.
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Nachdem die Klägerin ihr BWL-Studium nicht vor Beginn des 4. Fachsemesters
beendet hatte, hängt die Förderungsfähigkeit der anderen Ausbildung davon ab, ob sie
für den Fachrichtungswechsel einen unabweisbaren Grund im Sinne des § 7 Abs. 3
Satz 1 Nr. 2 BAföG hatte. Dies ist zu verneinen. Unabweisbar ist ein Grund nur dann,
wenn Umstände eintreten, die die Fortführung der bisherigen Ausbildung objektiv und
subjektiv unmöglich machen. Der Grund muss die Wahl zwischen der Fortsetzung der
bisherigen Ausbildung und ihrem Abbruch oder dem Überwechseln in eine andere
Fachrichtung nicht mehr zulassen. Das in Teilziffer 7.3.16 a der Verwaltungsvorschriften
zum Bundesausbildungsförderungsgesetz angeführte Beispiel für die Unabweisbarkeit
eines Grundes, nämlich eine unerwartete - etwa als Unfallfolge eingetretene -
Behinderung oder Allergie gegen bestimmte Stoffe, die die Ausbildung oder die
Ausübung des bisher angestrebten Berufs unmöglich macht, macht zutreffend deutlich,
dass nur solche Umstände berücksichtigt werden können, die zu einem Wegfall der
Eignung des Auszubildenden für die künftige Ausübung des bisher angestrebten Berufs
und die dahin zielende noch zu absolvierende Ausbildung geführt haben. Es muss
unumstößlich feststehen, dass der Auszubildende zu den erforderlichen Leistungen
nicht in der Lage ist.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 1981 - 5 C 36.79 -, FamRZ 1981, 822; OVG NRW,
Beschluss vom 29. Oktober 2001 - 16 A 2350/99 -.
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Dafür, dass mit dem endgültigen Nichtbestehen der Diplom-Vorprüfung und der
Zwangsexmatrikulation in diesem Sinne unumstößlich feststeht, dass die Klägerin zu
den erforderlichen Leistungen im Studium der Betriebswirtschaft nicht in der Lage ist,
sprechen gewichtige Gründe.
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Vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden Württemberg, Urteil vom 17. Februar 2003 - 7 S
1338/02 -, juris.
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Allerdings wird vertreten, dass die Anerkennung eines unabweisbaren Grundes für
einen Fachrichtungswechsel weiter voraussetzt, dass für den Auszubildenden
hochschulrechtlich eine Fortsetzungsmöglichkeit überhaupt noch besteht; sei dies nicht
der Fall, so treffe der Auszubildende keine eigene Entscheidung mehr und wechsele
aus diesem Grunde schon begrifflich nicht die Fachrichtung. Nach dieser Auffassung
kommt die Anerkennung eines unabweisbaren Grundes dann nicht in Betracht, wenn
der Auszubildende in den Vor- oder Zwischenprüfungen der Erstausbildung endgültig
gescheitert ist.
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Vgl. Blanke in Rothe/Blanke, a.a.O., § 7 Rn. 43.1.
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Diese Rechtsfrage bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn es
fehlte im Falle der Klägerin auch in dem Fall, dass das endgültige Nichtbestehen der
Zwischenprüfung grundsätzlich als unabweisbarer Grund in Betracht käme, an dem
weiteren Erfordernis, dass sie den Fachrichtungswechsel unverzüglich nach dem
Erkennen der fehlenden Eignung für das Erststudium vorgenommen hat. Wie dies auch
im Rahmen der Prüfung eines wichtigen Grundes für den Fachrichtungswechsel im
Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG gilt,
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Mai 1989 - BVerwG 5 B 117.88 -, Buchholz 436.36, §
7 BAföG Nr. 83,
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so ist auch für die Anerkennung eines unabweisbaren Grundes zu verlangen, dass der
Auszubildende, bei dem ernsthafte Zweifel an der Eignung für das gewählte Fach
entstehen, sich alsbald Gewissheit verschafft, ob die fehlende Eignung der Fortsetzung
der Ausbildung entgegensteht, und sodann unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes
Zögern, die erforderlichen Konsequenzen zieht. Diese Anforderung folgt aus dem das
Ausbildungsförderungsrecht durchziehenden Grundsatz, dass der Auszubildende
grundsätzlich gehalten ist, seine Ausbildung umsichtig zu planen und zielstrebig zu
betreiben.
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Vgl. BVerwG, a.a.O..
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Mit zunehmender Dauer des Erststudiums steigen damit die Anforderungen an das
Vorliegen eines wichtigen oder unabweisbaren Grundes.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1976 - V C 56.74 -, FamRZ 1976, 555; OVG NRW,
Urteil vom 24. Oktober 2000 - 16 A 2971/00 -, VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.
Februar 2003, a.a.O..
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Nicht mehr unverzüglich handelt der Auszubildende, der entsprechend seinem
Ausbildungsstand und Erkenntnisvermögen den Gründen, die einer Fortsetzung der
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Ausbildung entgegenstehen, nicht rechtzeitig begegnet. So dürfte der Grund dann nicht
unabweisbar sein, wenn der Auszubildende, der ein Studium, für das er ersichtlich nicht
geeignet ist, da er notwendige Prüfungen mehrfach nicht bestanden hat, dieses bis zur
Zwangsexmatrikulation geführt hat, obwohl er seine fehlende Eignung bereits vorher
hätte erkennen müssen. Die Unmöglichkeit, die ursprünglich gewählte Ausbildung
fortzusetzen, ist in diesem Fall nicht unerwartet eingetreten.
Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 18. Juli 1997 - 13 K 3948/97 -.
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Unter Heranziehung dieser rechtlichen Maßstäbe kann das endgültige Nichtbestehen
der Diplom-Vorprüfung in dem Erststudium der Klägerin und ihr darin zum Ausdruck
gekommener Eignungsmangel für die Erstausbildung nicht als unabweisbarer Grund
anerkannt werden, weil die Klägerin ihre mangelnde Eignung zu einem früheren
Zeitpunkt hätte erkennen können. Dies ist aus dem Verlauf ihres BWL-Studiums an der
S. B. zu folgern. Ihr war es nicht annähernd gelungen, die Prüfungsfächer der Diplom-
Vorprüfung in dem von der für sie gültigen Diplom- Prüfungsordnung für den
Diplomstudiengang Betriebswirtschaftslehre der S. B. vorgesehenen Zeitrahmen von 4
Semestern, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 4 der Diplomprüfungsordnung vom 26. Juni 1998
(ABl.NRW 2, S. 1082) anzugehen und mit Erfolg abzuschließen. In der Klausur in dem
Teilgebiet "Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre II" scheiterte sie dreimal, nämlich im
Wintersemester 1999/2000, im Sommersemester 2000 und im Wintersemester
2000/2001. In den anderen von ihr absolvierten Teilgebietsprüfungen erzielte sie nur
einmal eine bessere Bewertung als "ausreichend". Die Prüfungen in den Fächern
Volkswirtschaftslehre und EDV und Wirtschaftsinformatik sowie die
Teilgebietsprüfungen Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre I und Grundzüge der
Betriebswirtschaftslehre III, auf welche sich gemäß der Diplomprüfungsordnung die
Diplom-Vorprüfung darüber hinaus erstreckt, hatte sie überhaupt noch nicht in Angriff
genommen bzw. abgebrochen. Diese Prüfungen wollte sie nach ihrem eigenen
Bekunden in der mündlichen Verhandlung in späteren Semestern absolvieren, weil sie
sich zunächst auf die Klausur in der Teilgebietsprüfung Betriebswirtschaftslehre II
konzentrieren wollte. Bei diesem Studienverlauf hätten sich der Klägerin bereits zu
einem Zeitpunkt vor dem Ende des dritten Semesters Zweifel an ihrer Eignung für den
gewählten Studiengang aufdrängen müssen. Davon, dass das endgültige Scheitern in
der mündlichen Ergänzungsprüfung ausschließlich auf besondere Probleme mit einem
eingegrenzten Teilgebiet zurückzuführen und nach der intensiven Vorbereitung auf
diese Prüfung für die Klägerin überraschend gekommen war, kann mit Blick auf den sich
bereits in den ersten Semestern abzeichnenden insgesamt schleppenden und nur
teilweise erfolgreichen Studienverlauf keine Rede sein.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO.
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