Urteil des VG Aachen vom 25.10.2005

VG Aachen: jugendhilfe, unterbrechung, unterbringung, aufenthalt, stationäre behandlung, örtliche zuständigkeit, konkludentes verhalten, geistige behinderung, klinik, jugendamt

Verwaltungsgericht Aachen, 2 K 1949/02
Datum:
25.10.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 1949/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin erstrebt mit der vorliegenden Klage die Erstattung der Kosten im
Jugendhilfefall W. I. für die Zeit ab dem 1. Februar 2000 bis zum 14. September 2001.
2
W. I. wurde am 11. Dezember 1994 als zweites Kind ihrer Eltern geboren. Die Eltern
leben seit 1996 getrennt und sind mittlerweile geschieden. Der 1992 geborene Bruder
lebt mit der Mutter in C. . Nach der Trennung der Eltern lebte W. I. bis zum August 1998
teilweise im Haushalt des Vaters, der seinen gewöhn-lichen Aufenthalt in N. (Kreis B. )
und in der Nähe von N. gelegenen Orten hatte, sowie im Haushalt ihrer Großeltern
väterlicherseits, die in N. wohnten. Bereits Mitte der 90er Jahre mussten sich das
Jugendamt und das Amtsgericht N. mehrfach mit den familiären Verhältnissen der
Herkunftsfamilie von W. I. befassen. Mit Beschluss vom 10. April 1999 - 21 F 267/98 -
entzog das Amtsgericht B. den Eltern die Personen- und Vermögenssorge für W. . Mit
Beschluss vom 14. Juni 1999 - 3 VII 5268 - bestellte das Amtsgericht N. das
Kreisjugendamt B. zum Vormund für W. .
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Am 10. August 1998 wurde W. zunächst im Wege der Inobhutnahme im Kinderheim St.
K. in F. untergebracht. Hintergrund war, dass es bei einer ärztlichen Untersuchung bei
Dr. A. in T. ernste Hinweise auf einen sexuellen Missbrauch des Kindes gab. Mit
Bescheid vom 16. Dezember 1998 wurde die Inobhutnahme rückwirkend ab dem 24.
September 1998 in Hilfe zur Erziehung in Form der Heimpflege umgewandelt. Ab dem
29. Dezember 1998 wechselte W. in die Erziehungsstelle S. mit dem Ziel der
dauerhaften Unterbringung. Auf Grund der Ausbildung von Frau S. und ihrer
langjährigen Arbeit mit behinderten Kinder verfügte diese Pflegestelle über eine
besondere pädagogische Qualifikation. Ausweislich eines Vermerks der zuständigen
Sozialarbeiterin vom 3. Februar 1999 über eine Sitzung des Fachgremiums vom 1.
Februar 1999 gab es in dieser Pflegestelle von Anfang an Probleme, wobei die
Pflegeeltern sich vom Jugendamt nicht hinreichend über die Defizite und
gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Kindes informiert fühlten. Aufgrund ihrer
Verhaltensauffälligkeiten, schweren Entwick- lungsretardierungen und von der
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Pflegefamilie vermuteter Behinderungen aufgrund eines hirnorganischen Leidens teilten
die Pflegeeltern anlässlich eines Besuchstermins in ihrem Haus am 11. Mai 1999 den
Mitarbeitern des Kreises B. mit, dass W. I. nicht dauerhaft bei ihnen verbleiben könne.
Infolge dieses Termins nahm die zuständige Sozialarbeiterin ausweislich eines
Vermerks vom 28. Mai 1999 am 21. Mai 1999 erstmals fernmündlich Kontakt mit dem
Kinderneurologischen Zentrum der Rheinischen Kliniken C1. auf. In dem genannten
Vermerk heißt es hierzu:
"... Eine anschließende stationäre Aufnahme des Kindes im Laufe des Junis wäre dann
möglich. Es folgt eine 6- bis 8- wöchige stationäre Diagnostik. Anschließend findet ein
Auswertungsgespräch mit allen Beteiligten statt. Es wird dann ein Behandlungs- und
Therapieplan für das Kind aufgestellt, in dem auch die Herkunftssituation des Kindes
bzw. Pflege- und Erziehungsstellen mit einbezogen werden. Wird es erforderlich sein,
dass W. in eine andere Erziehungsstelle bzw. in eine therapeutische Einrichtung
wechseln soll oder kann, wird ein solcher Wechsel von dem H. -I1. -Haus vorbereitet
und begleitet. Ein solcher Prozess kann bis zu 6 bis 8 Monaten in Anspruch nehmen.
Die stationäre Unterbringung wird von der Krankenkasse übernommen. ..."
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Zum 28. Juni 1999 wurde W. I. vom Jugendamt des Kreises B. auf Antrag des
Amtsvormundes wieder in dem Kinderheim Hermann-K. in F. untergebracht wurde. Zwar
war sich der zuständige Jugendhilfeträger auf Grund der früheren Unterbringung des
Kindes in dieser Einrichtung klar darüber, dass dies keine geeignete Hilfe für W. I. war.
Ausweislich eines Vermerks über eine Fachkonferenz vom 25. Juni 1999 war dieser
Aufenthalt von vornherein als nur vorübergehende Lösung für zwei Monate gedacht, da
im Kinderneurologischen Zentrum der Rheinischen Kliniken C1. zurzeit kein Platz frei
war. Eine Aufnahme sollte erst am 20. September 1999 erfolgen. Die stationäre
Aufnahme erfolgte dann auch tatsächlich zu diesem Datum.
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In einem Vermerk der Sozialarbeiterin des damals zuständigen Jugendamtes vom 27.
September 1999 wird zum Aufenthalt in der C2. Klinik ausgeführt: "... W. befindet sich
dort für einen Zeitraum von 6 bis 8 Wochen zur stationären Diagnostik. Anschließend
ergeht ein Bericht über den Entwicklungsstand des Kindes, seine mögliche Therapie
und Vorschläge für eine geeignete Weiterunterbringung. Meines Erachtens endet mit
der Unterbringung des Kindes nicht der gestellte Antrag auf Hilfe zur Erziehung für W. ...
Die Grundlage zur Gewährung von Hilfe zur Erziehung ist meines Erachtens nach wie
vor gegeben. Es findet lediglich eine kostenrechtliche Unterbrechung zwecks
Diagnostik statt, um das Kind anschließend einer geeigneten weiteren Unterbringung
zuzuführen."
7
Es folgten noch Hinweise zum Taschengeld und zur Winterbekleidung, die beide
weiterhin vom örtlichen Jugendhilfeträger bewilligt wurden, während die Kosten des
Aufenthalts im Übrigen von der Krankenkasse getragen wurden.
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Mit Schreiben vom 26. Oktober 1999 wandte sich der Kreis B. als örtlich zuständiger
Jugendhilfeträger an die Klägerin und bat um Übernahme des Jugendhilfefalles sowie
Kostenerstattung für die Zeit ab dem 30. Juni 1999. Zu diesem Zeitpunkt sei der Vater,
auf dessen gewöhnlichen Aufenthalt es zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit
ankomme, nach Herzogenrath verzogen. Nachdem die Dauer der Unterbringung von W.
I. im Kinderneurologischen Zentrum der Rheinischen Kliniken C1. und die Erstellung
der Diagnostik sich wesentlich verzögerten, fragte die Klägerin Anfang Januar 2000
beim Deutschen Institut für Vormundschaftswesen in I2. an, ob der nunmehr bereits seit
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mehreren Monaten andauernde Verbleib im Kinderneurologischen Zentrum als Abbruch
der bisher geleisteten Jugendhilfe zu verstehen sei. In seiner Stellungnahme vom 26.
Januar 2000 verneinte dies das Deutsche Institut für Vormundschaftswesen. Im
vorliegenden Fall sei die Jugendhilfe nicht von dem Kind oder einem
Personensorgeberechtigten abgebrochen, sondern lediglich durch den von der
Krankenkasse finanzierten Aufenthalt in der neurologischen Klinik "überlagert" worden.
Es könne deshalb nicht von einer Unterbrechung der Jugendhilfe gesprochen werden.
Im ärztlich-therapeutischen Zwischenbericht vom 10. Februar 2000 diagnostizierten der
Abteilungsarzt Prof. Dr. T1. und die Kinderärztin Dr. S1. bei W. I. einen Zustand nach
gravierender psychosozialer Deprivation und zahlreichen Beziehungsabbrüchen, einen
dringenden Verdacht auf erlebte sexuelle Übergriffe, ein posttraumatisches
Belastungssyndrom, eine gravierende Störung der Emotionen und des Sozialverhaltens
mit autistischen Verhaltensweisen, einen zum Teil ausgeprägten allgemeinen
Entwicklungsrückstand mit Betonung im sprachlichen Bereich, ferner rezidivierende
komplizierte Fieberkrämpfe. Derzeit würden gemeinsam mit den Jugendämtern B. und
I3. eine neue familiäre Perspektive für W. erarbeitet und die dauerhafte Vermittlung des
Kindes in eine Fachpflegefamilie geplant.
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Am 6. Juni 2001 verließ W. das Kinderneurologische Zentrum der Rheinischen Kliniken
C1. und wurde im Rahmen der Hilfe zur Erziehung in die sonderpädagogische
Betreuungsstelle Frau und Herr C3. in D. untergebracht. Im Abschlussbericht der C2.
Klinik vom 15. Juni 2000 heißt es:
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"Wie auch in unserem Zwischenbericht vom 10. Februar 2000 ausgeführt, gehen wir bei
W. einerseits von einem gravierenden posttraumatischen Belastungssyndrom durch
erlebten sexuellen Missbrauch, zahlreiche Beziehungsabbrüche und psychosoziale
Deprivation aus. Betreffs ihres derzeit noch deutlichen allgemeinen
Entwicklungsrückstandes, der zum Entlassungszeitpunkt im Bereich der geistigen
Behinderung lag, müssen neben den oben genannten psychosozialen Faktoren auch
die ätiologisch nicht sicher geklärten neurologischen Defizite ursächlich mit
berücksichtigt werden. Das zugehörige Entwicklungsalter lag zum Zeitpunkt der
Entlassung zwischen 2 und 2 1/2 Jahren, worauf man sich im alltäglichen Umgang mit
ihr einstellen muss. ... Ab August 2000 kann W. in ihrem neuen Zuhause einen
Heilpädagogischen Sonderkindergarten besuchen. Nach einem halben Jahr
Eingewöhnungszeit ist auch die Fortführung der psychotherapeutischen
Einzelbehandlung durch eine Therapeutin vor Ort geplant, die die Pflegefamilie ... sehr
gut kennt."
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Mit Schreiben vom 11. Februar 2000 teilte die Klägerin dem Jugendamt des Kreises B.
mit, dass im Hinblick auf das vorliegende Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für
Vormundschaftswesen die örtliche Zuständigkeit anerkannt werde und sie federführend
die notwendigen Schritte im Hinblick auf eine adäquate Unterbringung des Kindes im
Anschluss an den Aufenthalt im Kinderneurologischen Zentrum in C1. in die Wege
leiten werde. Am 1. Februar 2000 verzog der Vater von W. I. in den örtlichen
Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Nachdem der Klägerin dies bekannt geworden
war, forderte sie mit Schreiben vom 12. Mai 2000 die Beklagte erstmals auf, den
Jugendhilfefall zu übernehmen. Zugleich machte sie Kostenerstattung ab dem 1.
Februar 2000 geltend. Ferner regte sie im Hinblick auf eine adäquate Unterbringung des
Kindes im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt an, den allgemeinen Sozialdienst
der Beklagten in die weitere Planung einzubeziehen. Vor einer Entscheidung forderte
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die Beklagte mit Schreiben vom 19. Mai 2000 die Klägerin zunächst auf, weitere
Unterlagen vorzulegen. Es dränge sich aufgrund der bislang übersandten Unterlagen
die Frage auf, ob es sich im vorliegenden Falle nicht um Eingliederungshilfe gemäß den
§§ 39, 100 BSHG handele. Da W. sich zurzeit in einer Kinderneurologischen
Einrichtung befinde, sei es naheliegend, auch diese Frage medizinisch abklären zu
lassen. Im Übrigen sei unklar, welche Kosten zu erstatten seien.
Auf eine entsprechende Nachfrage der Klägerin, ob W. dem Personenkreis des § 39
BSHG oder dem Personenkreis der seelisch Behinderten im Sinne von § 35 a SGB VIII
zuzuordnen sei und welche Maßnahmen der Eingliederungshilfe in Betracht kämen,
teilte das Kinderneurologische Zentrum mit Schreiben vom 26. September 2000 mit:
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"Bei W. lag zum Zeitpunkt der stationären Behandlung bei uns im Hause ein Mischbild
aus einer gravierenden seelischen Behinderung im Rahmen eines posttraumatischen
Belastungssyndroms (Zustand nach psychosozialer Deprivation, sexuellem Missbrauch
und zahlreichen Beziehungsabbrüchen) und aus neurologischen Problemen (deutlicher
allgemeiner Entwicklungsrückstand, rezidivierende Fieberkrämpfe) vor. Bei der
notwendigen Unterbringung von W. in einer sonderpäda-gogischen Fachpflegestelle
stand die Hilfe zur Erziehung aufgrund der seelischen Behinderung des Kindes und der
Erziehungsunfähigkeit seiner Eltern und Großeltern absolut im Vordergrund. Wenn ihre
damalige familiäre psychosoziale Situation intakt gewesen wäre, hätte W. aufgrund ihrer
neurologischen Auffälligkeiten nicht in eine Fachpflegestelle vermittelt werden müssen."
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Auch in der Folge verweigerte die Beklagte die Übernahme des Hilfefalles. Sie vertrat
die Auffassung, dass während des Aufenthalts im Kinderneurologischen Zentrum eine
Leistungsunterbrechung stattgefunden habe. Der Argumentation des Gutachtens des
Deutschen Vereins für Vormundschaftswesen folge sie insofern, als angesichts einer
fehlenden Rückkehrmöglichkeit in den elterlichen Haushalt unter Umständen an einem
fortbestehenden Bedarf auf Hilfe kein Zweifel bestehe. Im vorliegenden Fall sei jedoch
zum Zeitpunkt der Unterbringung in der Klinik aufgrund des Krankheitsbildes überhaupt
nicht klar gewesen, ob nach Abschluss der Diagnostikphase die Jugendhilfe die richtige
Hilfeform sei. Es hätte durchaus die Möglichkeit bestanden, dass das Kind der
Eingliederungshilfe nach § 39 BSHG bedurft hätte. In diesem Zusammenhang müsse
auch berücksichtigt werden, dass einige Wochen vor der Aufnahme ins Krankenhaus
die Unterbringung in der Erziehungsstelle S. beendet werden musste. Die
Unterbringung im F. Kinderheim sei nur erfolgt, weil kurzfristig bis zum
Krankenhausaufenthalt keine anderweitige Hilfemöglichkeit habe angeboten werden
können. Die Jugendhilfe habe damals nicht gewusst, welche adäquate Hilfe W. I.
angeboten werden konnte; dies sollte während des Aufenthalts im
Kinderneurologischen Zentrum überhaupt erst abgeklärt werden. In Anbetracht der
langen Dauer der Behandlung könne somit nicht von einer bloßen Überlagerung der
Jugendhilfe durch die von der Krankenkasse finanzierte Behandlung gesprochen
werden.
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Daraufhin wandte sich die Klägerin vorsorglich mit Schreiben vom 20. Juni 2001 an das
Jugendamt C1. und bat um Übernahme des Falles. Am 15. September 2001 zog der
Kindesvater aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten in den Kreis B. . Mit
Schreiben vom 1. Februar 2002 übernahm das Jugendamt des Kreises B. den Hilfefall
W. I. und erstattete der Klägerin die ab der Zeit vom 15. September 2001 entstandenen
Kosten in diesem Hilfefall.
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Die Klägerin hat am 27. September 2002 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass
die Beklagte in der Zeit vom 1. Februar 2000 bis zum 14. September 2001 örtlich
zuständiger Jugendhilfeträger gewesen und deshalb zur Erstattung der entstandenen
Aufwendungen im Hilfefall W. I. verpflichtet sei. Maßgeblich sei insoweit auf den
Aufenthalt des Vaters des Kindes abzustellen, in dessen Haushalt und im Haushalt der
Großeltern väterlicherseits W. I. in den letzten sechs Monaten vor Beginn der Hilfe
gelebt habe. Der Vater habe im hier streitbefangenen Zeitraum im Zuständigkeitsbereich
der Beklagten gelebt. Die Beklagte könne sich insbesondere nicht darauf berufen, dass
der Hilfefall durch die 8 1/2 Monate dauernde Behandlung im Kinderneurologischen
Zentrum der Rheinischen Kliniken in C1. unterbrochen worden sei. Zum einen enthalte
das SGB VIII keine ausdrückliche Regelung für eine Unterbrechung. Selbst wenn man
in einer Zusammenschau der Vorschriften eine solche Unterbrechung für möglich halte,
lägen deren Voraussetzungen nicht vor. So habe nach obergerichtlicher
Rechtsprechung eine Maßnahme ihren Charakter als Jugendhilfe nicht deshalb
verloren, weil zeitweise der Sozialversicherungsträger die Hauptkosten im Hilfefall
trage. Die von der Beklagten vorgetragenen Argumente, vor Aufnahme in das
Krankenhaus habe die Möglichkeit der Zuordnung des Kindes zum Personenkreis der §
39 BSHG bestanden und es sei zu berücksichtigen, dass die Hilfe nach § 33 SGB VIII in
der Erziehungsstelle S. habe beendet werden müssen, rechtfertigten nicht die Annahme
einer rechtserheblichen Leistungsunterbrechung. Die Vermutung des Vorliegens einer
geistigen Behinderung löse noch keine Rechtsfolgen aus. Erst ab dem Zeitpunkt der
definitiven Feststellung einer entsprechenden Behinderung sei Raum für die in § 10
SGB VIII normierte Nachrangregelung. Der Umstand, dass faktisch die Betreuung in der
Erziehungsstelle S. beendet worden sei, stelle nicht den Schlusspunkt der Hilfe zur
Erziehung dar. Der seinerzeitig zuständige Träger, das Kreisjugendamt B. , habe den
Hilfefall auch nicht formell eingestellt, sondern sei davon ausgegangen, dass die Hilfe
weiter andauere. Er habe deshalb ab dem 15. September 2001 den Hilfefall erneut
übernommen. Zur Bestätigung ihres Rechtsstandpunkts legte die Beklagte eine
Stellungnahme des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht vom 13. Juni
2003 vor. Dort wurde davon ausgegangen, dass keiner der beiden beteiligten
Jugendhilfeträger eine Hilfeeinstellung verfügt habe. Vielmehr sei im Rahmen der
bestehenden Hilfe zur Erziehung intensiv nach geeigneten Pflegeeltern für W. gesucht
worden, weil eine Rückkehr zu einem Elternteil ausgeschlossen gewesen sei. Eine
Unterbrechung sei auch nicht dadurch bewirkt worden, dass für das Kind während des 8
1/2- monatigen Aufenthaltes im Kinderneurologischen Zentrum keine Leistungen zum
Unterhalt einschließlich der Kosten der Erziehung angefallen seien. Auch sei die Hilfe
zur Erziehung nicht durch konkludentes Verhalten beendet worden. Aus der
obergerichtlichen Rechtsprechung lasse sich nicht der Schluss ziehen, dass eine
Leistungsunterbrechung von mehr als drei Monaten grundsätzlich zu einer
Neubestimmung der örtlichen Zuständigkeit nach § 86 SGB VIII führe. Hilfe zur
Erziehung sei zumindest durch Übernahme der Beiträge für eine freiwillige
Krankenversicherung nach § 40 Satz 2 SGB VIII zu Beginn des Jahres 2000 gewährt
worden.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verpflichten, die im Zeitraum vom 1. Februar 2000 bis zum 14.
September 2001 entstandenen ungedeckten Aufwendungen im Rahmen der
Hilfegewährung nach den §§ 27 ff. SGB VIII für W. I. in Höhe von 49.600,70 EUR (=
97.010,53 DM) nach Maßgabe der §§ 89 ff. SGB VIII nebst Prozesszinsen in Höhe von 5
%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz an die Klägerin zu erstatten.
20
Die Beklagte beantragt,
21
die Klage abzuweisen.
22
Sie ist bereits der Auffassung, dass die Klägerin für die Hilfegewährung, die
ursprünglich beim Kreis B. gelegen habe, nicht zuständig geworden sei. Im Übrigen
halte sie an ihrer Auffassung fest, dass durch den Aufenthalt des Kindes in C1. eine
Leistungsunterbrechung eingetreten sei. Zuständig für die weitere Hilfegewährung sei
daher die vor der Unterbrechung zuständige Behörde. Es könne zutreffen, dass vor
Beginn des Aufenthaltes im Krankenhaus die mit dem Fall betrauten Behörden von
einem langfristigen Hilfebedarf des Kindes auch nach Abschluss der Betreuung im
Kinderneurologischen Zentrum ausgegangen seien. Fraglich seien zum damaligen
Zeitpunkt der Umfang und die Art des Hilfebedarfs sowie die aufgrund entsprechender
Feststellungen erforderlichen Leistungen gewesen. Auch die Klägerin habe
angenommen, dass bei dem Kind sowohl seelische als auch geistige Behinderungen in
Betracht kommen könnten. Im Falle einer geistigen Behinderung wäre aber nicht
Jugendhilfe, sondern Eingliederungshilfe nach dem BSHG zu gewähren gewesen. Es
sei keineswegs sicher gewesen, dass das Kind nach Beendigung des Aufenthaltes
wieder Leistungen nach dem SGB VIII erhalten sollte. Dies lasse nur den Schluss zu,
dass die Leistungsgewährung für den Zeitraum des Aufenthaltes in C1. unterbrochen
gewesen sei.
23
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Klägerin und der Beklagten sowie die im Verfahren
gewechselten Schriftsätze samt beigefügter Unterlagen Bezug genommen.
24
Entscheidungsgründe:
25
Die als allgemeine Leistungsklage zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat
keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung bezüglich der von ihr erbrachten
Jugendhilfeleistungen für W. I. in der Zeit vom 1. Februar 2000 bis zum 14. September
2001.
26
Als Anspruchsgrundlage für das Erstattungsbegehren kommen hier nur die §§ 89 ff.
SGB VIII in Betracht. Welche dieser Erstattungsnormen hier eingreift, kann ebenso
dahingestellt bleiben wie die unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten zum
Wechsel der örtlichen Zuständigkeit nach § 86 Abs. 3 SGB VIII bei Eltern, denen das
Personensorgerecht während der Leistungsgewährung entzogen wurde, da die Klage
aus anderen Gründen abzuweisen ist.
27
Die Klage hat hier jedenfalls keinen Erfolg, weil die Bewilligung von Jugendhilfe
während des Aufenthaltes von W. I. im Kinderneurologischen Zentrum der Rheinischen
Kliniken C1. vom 20. September 1999 bis zum 6. Juni 2000 "unterbrochen" und daher
bei Wiedergewährung der Hilfe ab dem 7. Juni 2000 der zuständige örtliche
Jugendhilfeträger neu zu bestimmen war. Wegen der Unterbrechung der Jugendhilfe
kann zu dem letztgenannten Zeitpunkt nicht mehr auf den damaligen Wohnsitz des
Vaters in B. nach § 86 Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII abgestellt
werden, da W. I. in den letzten sechs Monaten vor Aufnahme der Hilfe (7. Juni 2000)
nicht mit ihm zusammengelebt hatte. Die Bestimmung des örtlich zuständigen
Jugendhilfeträgers ist deshalb nach § 86 Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 86 Abs. 2 Satz 4 SGB
28
VIII in entsprechender Anwendung vorzunehmen, d.h. es ist auf den gewöhnlichen
Aufenthalt des Kindes in den letzten sechs Monaten vor Beginn der Leistung
abzustellen. Da dieser zu keinem Zeitpunkt in B. war, ist die Beklagte nicht
kostenerstattungspflichtig.
Wann von einer "Unterbrechung der Jugendhilfeleistungen" auszugehen ist, ist im SGB
VIII nicht allgemein geregelt. Soweit das Gesetz den Begriff der "Unterbrechung der
Leistung" verwendet, muss diese in den in §§ 86 Abs. 7 Satz 4, 86a Abs. 4 Satz 2, 86 b
Abs. 3 Satz 2 SGB VIII angesprochenen Konstellationen mindestens drei Monate
dauern und ist auf besondere, genau bezeichnete Kreise von Hilfebeziehern, zu denen
W. I. nicht gehört, beschränkt. Darüber hinaus beschränkt die "Unterbrechung der
Leistung" in § 95 Abs. 3 SGB VIII den Zeitraum der Wirksamkeit einer rechtswahrenden
Anzeige, wenn dieser mehr als zwei Monate andauert.
29
Die obergerichtliche Rechtsprechung,
30
vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. September 1997 - 9 S 174/96 - FEVS 48
(1998), S 131 ff., so auch Kunkel in LPK-SGB VIII, 2. Aufl., § 86 Rdnr. 8,
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hat aus einer Gesamtschau der zitierten Vorschriften geschlossen, dass Hilfeleistungen
nur dann als "unterbrochen" angesehen werden sollen, wenn sie während einer
längeren Zeit (mindestens drei Monate) davor nicht erbracht werden. In der genannten
Entscheidung hat das Gericht zugleich zum Ausdruck gebracht, dass allein ein
bestimmter Zeitablauf zur Annahme einer Unterbrechung nicht ausreicht. Vielmehr kann
die "Unterbrechung" nur auf Grund des Gesamtumstände des Hilfefalles ermittelt
werden. Dieser Auffassung schließt sich auch das erkennende Gericht an. Für die
Annahme einer Unterbrechung kann z.B. sprechen, dass nach Leistungsgewährung die
Hilfe faktisch oder förmlich eingestellt wurde oder aufgrund der gegebenen Verhältnisse
die Einstellung die einzig fachlich vertretbare Entscheidung war und wegen des
unklaren zukünftigen Hilfebedarfs eine konkrete Wiederaufnahmeperspektive der bisher
geleisteten Hilfe nicht gegeben war,
32
vgl. etwa VG B. , Urteil vom 30. Dezember 2002 - 2 K 4480/97-, bestätigt durch
Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein Westfalen, Beschluss
vom 24. Mai 2005 -12 A 2451/03 -.
33
In der oben angeführten Literatur,
34
Kunkel in LPK-SGB VIII a.a.O.,
35
werden eine Unterbrechung und ein Neubeginn der Hilfeleistungen weiter
angenommen in den Fällen, in denen die Leistung im Sinne des Leistungskatalogs des
§ 2 Abs. 2 SGB VIII wechselt (z.B. zukünftig Eingliederungshilfe - § 2 Abs. 2 Nr. 5 SGB
VIII - statt bisher Hilfe zur Erziehung - § 2 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII -). Demgegenüber wird
der Wechsel der Hilfeart (z.B. innerhalb der Hilfe zur Erziehung von der Vollzeitpflege im
Sinne des § 33 SGB VIII zur Heimerziehung im Sinne des § 34 SGB VIII) nicht als eine
Unterbrechung der bisherigen Leistung bzw. ein Neubeginn der Leistung bewertet. Eine
Unterbrechung der Jugendhilfe liegt nach Auffassung des erkennenden Gerichts in den
Fällen nicht vor, in denen für ein Kind oder einen Jugendlichen zunächst Jugendhilfe
gewährt wurde, der Begünstigte aber auf Grund eines Unfalls oder einer schweren
Erkrankung zu einem länger als drei Monate dauernden Krankenhausaufenthalt
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gezwungen ist, um nach Gesundung anschließend wieder in die gleiche Einrichtung
oder Pflegefamilie zurückzukehren. Dies gilt selbst in den Fällen, in denen die
stationäre Behandlung von einem anderen Sozialleistungsträger, wie z.B. der
Krankenkasse, finanziert wurde. Denn hier stand die Wiederaufnahme der bislang
gewährten Jugendhilfe nach Behebung der krankheits- oder unfallbedingten
Beeinträchtigungen von vorneherein fest. Maßgeblich ist insoweit immer die Situation,
wie sie sich zum Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses darstellt, das zu einer
Einschätzung der Frage zwingt, ob die Hilfe nun unterbrochen ist oder nicht. In keinem
Fall darf diese Beurteilung aus einer ex- post-Betrachtung vorgenommen werden.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist hier mit der Aufnahme von W. I. in das
Kinderneurologische Zentrum der Rheinischen Kliniken C1. die Jugendhilfe
unterbrochen worden. Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass die zuständige So-
zialarbeiterin ausweislich der im Tatbestand ausführlich wiedergegebenen Vermerke
vom 28. Mai 1999 und 27. September 1999 zunächst nur von einem Verbleib im
Krankenhaus über einen Zeitraum von 6 bis 8 Wochen ausgegangen ist, um eine
Diagnose zu erstellen, die möglichen Therapien aufzuzeigen sowie im Anschluss eine
geeignete Hilfeform zu finden. Nachdem diese Frist für die Erstellung der Diagnostik
nicht gehalten werden konnte - sie wurde nach den dem Gericht vorliegenden
Unterlagen erstmals im Zwischenbericht des Kinderneurologischen Zentrums der
Rheinschen Kliniken C1. vom 10. Februar 2000 mitgeteilt - war dem Erfordernis des
Zeitmoments für eine rückwirkende Annahme einer Unterbrechung spätestens nach drei
Monaten Rechnung getragen. Denn erst nach der Vorlage dieses Zwischenberichts
setzte auch die Suche von Jugendamt und Klinik nach einer geeigneten
Sonderpflegestelle ein. Erst damit beginnt frühestens die Vorbereitung einer neuen
jugendhilferechtlichen Maßnahme.
37
Auch die übrigen Umstände des Falles W. I. sprechen klar für eine Einstellung der
Jugendhilfe. Es war bei Aufnahme des Kindes in die C2. Klinik weder klar, ob für das
Kind weiterhin Jugendhilfe in Form der Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27 ff. SGB VIII
oder Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII oder nach den §§ 39 ff. BSHG zu leisten
war, noch gab es eine konkrete Hilfe in Form der Vollzeitpflege oder der
Heimunterbringung, die nach dem Krankenhausaufenthalt fortgesetzt werden konnte
oder sollte. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, waren die bisherigen
Bemühungen des damals zuständigen Jugendamtes, für W. eine adäquate Maßnahme
der Hilfe zur Erziehung zu finden, gescheitert. Da die Heimunterbringung nicht den
angemessenen Rahmen für eine den Defiziten des Kindes gerecht werdende Hilfe zur
Erziehung bieten konnte, veranlasste der frühere örtliche Jugendhilfeträger die
Unterbringung W.s bei Familie S. als Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege. Die
Pflegefamilie S. , die bereits über besonderen pädagogischen Sachverstand und über
Erfahrungen in der Arbeit mit behinderten Kinder verfügte, sah sich jedoch aufgrund der
schweren Auffälligkeiten des Kindes völlig überfordert und verlangte schon nach einem
halben Jahr kurzfristig die Herausnahme aus ihrem Haushalt. Von dieser Pflegefamilie
kamen wohl die Hinweise auf die neurologischen Auffälligkeiten W. s und wegen der
enormen Entwicklungsretardierungen des Kindes auch die Vermutung, es könnte eine
geistige Behinderung vorliegen. Zwar wurde W. im Anschluss für eine Übergangszeit
von knapp drei Monate (26. Juni bis 20. September 1999) im Kinderheim I.-K. in F.
untergebracht. Der damals zuständige Jugendhilfeträger war sich aber bewusst, dass
dies nur ein Notbehelf bis zur geplanten Klinikaufnahme und nicht die geeignete Form
der Jugendhilfe für W. war. Es gab somit für den damals zuständigen Jugendhilfeträger
keine konkrete jugendhilferechtliche Maßnahme, die nach dem Klinikaufenthalt hätte
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fortgesetzt werden können.
Hinzu kommt, dass er bei seinen Erwägungen zur Unterbrechung der Jugendhilfe die
realistische Möglichkeit einzubeziehen hatte, dass W. wegen einer geistigen
Behinderung zukünftig völlig aus der Jugendhilfe ausscheiden würde, weil sie nach
dem Ergebnis der klinischen Untersuchungen gegebenenfalls in einer Einrichtung der
Eingliederungshilfe nach den §§ 39 ff. BSHG unterzubringen war. Diese Auffassung des
Gerichts stützt sich zum einen darauf, dass die Berichte der damals zuständigen
Sozialarbeiterin und der Fachgremien aus fachlicher Sicht keine Zweifel an der
Richtigkeit der Einschätzung der Pflegefamilie S. erkennen lassen oder dieser gar
entgegengetreten sind. Dass diese Vermutung einer geistigen Behinderung nicht
fernliegend, sondern durchaus ernst zu nehmen war, haben später auch die Berichte
des Kinderneurologischen Zentrums der Rheinischen Kliniken C1. vom 10. Februar
2000 und 15. Juni 2000 bestätigt. So heißt es im letztgenannten Bericht ausdrücklich,
dass bei W. I. ein deutlicher allgemeiner Entwicklungsrückstand vorliege, der zum
Entlassungszeitpunkt im Bereich der geistigen Behinderung gelegen habe. Neben
psychosozialen Faktoren müssten auch die ätiologisch nicht sicher geklärten
neurologischen Defizite ursächlich mit berücksichtigt werden. Aus medizinsicher Sicht
konnten die behandelnden Ärzte somit auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht hinreichend
sicher abklären, inwieweit neurologische Defizite (also organisches Leiden) die
Entwicklungsdefizite W. s mit beeinflussen. Die Zuständigkeit der Jugendhilfe
begründeten sie aus medizinischer Sicht mit dem Überwiegen der psychosozialen
Faktoren.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin musste der örtliche Jugendhilfeträger diese
Möglichkeit einer geistigen Behinderung bei seinen Überlegungen im Jahre 1999 nicht
außer Acht lassen, weil ärztlicherseits noch keine entsprechenden Feststellungen
getroffen war. Diese medizinischen Feststellungen sind nämlich nur dann zwingend
notwendig, wenn es um die konkrete Bewilligung der zutreffenden Hilfe geht. Im
Rahmen der Erwägungen, ob die Jugendhilfe unterbrochen ist, war unter Würdigung
entsprechender Anzeichen nur die ernsthafte Möglichkeit eines solchen Ergebnisses in
den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen. Eines entsprechenden ärztlich
bestätigten Befundes bedurfte es in diesem Rahmen nicht. Dass hier Anlass für solche
Erwägungen bestand, ist oben dargelegt.
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Eine abweichende Entscheidung ist auch nicht durch den Bericht der
Kinderneurologischen Klinik vom 26. September 2000 geboten. Zwar sprechen die
Ärzte dort von einer im Vordergrund stehenden seelischen Behinderung des Kindes und
der Erziehungsunfähigkeit der Herkunftsfamilie als Gründe für eine Fortdauer der
Zuständigkeit der Jugendhilfe im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung während des
Klinikaufenthaltes. Diese Feststellung ist aber aus einer ex-post-Betrachtung getroffen
und beruht nicht auf dem Wissensstand des Jugendamtes zu dem Zeitpunkt, zu dem es
die Frage, ob die Hilfegewährung unterbrochen war, zu entscheiden hatte.
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Bei dieser Sachlage kommt es für die Entscheidung des vorliegenden Verfahrens nicht
darauf an, dass weder der Amtsvormund die Einstellung der Hilfe beantragt noch die
damals zuständige Sachbearbeiterin die förmliche Einstellung der Hilfe verfügt hat, ja
die Sachbearbeiterin ausdrücklich in dem im Tatbestand wiedergegebenen Vermerk
vom 27. September 1999 davon ausgegangen ist, dass die Zuständigkeit der
Jugendhilfe nicht beendet sei. Es reicht für die Annahme einer Unterbrechung aus, dass
diese unter Würdigung der Gesamtumstände des Falles spätestens nach Ablauf von
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drei Monate nach Aufnahme in das Krankenhaus der zutreffende fachliche Befund war.
Eine auf einer fehlerhaften rechtlichen Einschätzung des Jugendamtes beruhende
Fortführung der Jugendhilfe ist nicht geeignet, der Annahme einer Unterbrechung
entgegenzustehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die vorliegende Klage nach
dem 1. Januar 2002 erhoben wurde, ist das Verfahren nicht mehr gerichtskostenfrei (vgl.
§ 188 Satz 2 2. Halbsatz VwGO i.V.m. § 194 Abs. 5 VwGO.
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