Urteil des VG Aachen vom 24.08.2005

VG Aachen: wochenendhaus, aufschiebende wirkung, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, eltern, verlängerung der frist, gebäude, versiegelung, öffentliches interesse, vergleich, genehmigung

Verwaltungsgericht Aachen, 3 K 4009/04
Datum:
24.08.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 K 4009/04
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger begehrt die Aufhebung einer Ordnungsverfügung des Beklagten, mit der ihm
die (vollständige) Beseitigung eines Wochenendhauses aufgegeben worden ist.
2
Er ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung S. , Flur 4, Flurstück 217 (früher: 67 und
152), das südlich von S. am Hang des Obersees liegt. Vor dieser Parzelle befinden sich,
ebenfalls am Obersee gelegen, zwei weitere bebaute Grundstücke in der sonst freien
Landschaft. Ein Bebauungsplan besteht für den hier fraglichen Bereich nicht. Im
Flächennutzungsplan der Gemeinde T. sind die umliegenden Flächen als Fläche für die
Forstwirtschaft dargestellt.
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Am 8. August 1950 erteilte der Oberkreisdirektor des früheren Kreises N. den Herren T1.
und T2. eine Baugenehmigung zur Errichtung eines 8,50 m x 4 m großen
Wochenendhauses mit zwei Räumen in Holzbauweise ohne Dachausbau und ohne
Unterkellerung. Schon am 24. August 1960 lehnte der damalige Oberkreisdirektor des
Kreises N. einen Antrag auf Erweiterung des Wochenendhauses unter Hinweis auf die
Außenbereichslage ab. Am 5. Februar 1985 wurde das Wochenendhaus infolge von
Brandstiftung zerstört.
4
Unter dem 28. Februar 1990 erteilte der Beklagte einem der damaligen Eigentümer
durch gerichtlichen Vergleich in dem Verfahren 3 K 705/89 eine
Bebauungsgenehmigung zur Wiederherstellung des abgebrannten Wochenendhauses
auf einer Grundfläche von 40 qm. Nach Rücknahme eines vorherigen Baugesuchs und
mehrfachen Modifizierungen erteilte der Beklagte dem damals durch seine Eltern
gesetzlich vertretenen Kläger schließlich - unter Befreiung von den Festsetzungen der
einschlägigen Landschaftsschutzverordnung - unter dem 3. August 1993 eine
Baugenehmigung zum Wiederaufbau des Wochenendhauses mit einer Grundfläche von
40 qm auf der Grenze der damaligen Parzellen 67 und 152, das Kellerräume mit einem
Umfang von 26,94 qm zuzüglich eines so genannten Luftraumes von ca. 4 m x 3,6 m
(14,40 qm, = aufgeständeter Luftraum - 0,57 m lichte Höhe unterhalb des Wohnraumes
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im Erdgeschoss und einem Abstand der Oberkante der Kellergeschossdecke von 0,80
m über der hangabwärts vorhandenen Geländeoberfläche -), insgesamt 41,34 qm
umfasste. Die Geltungsdauer dieser Baugenehmigung wurde zuletzt bis zum 3. August
1997 verlängert.
Am 10. November 1993 stellte der Beklagte fest, dass das mit dem Kellergeschoss im
Rohbau fertiggestellte Vorhaben abweichend von der Baugenehmigung errichtet wurde,
da die Grundfläche 51,35 qm betrug, der Pkw- Abstellplatz unterkellert worden war und
der Keller 1,80 m statt 0,80 m aus dem Erdreich herausragte. Trotz Versiegelung der
Baustelle ab dem 10. November 1993 wurde im Folgenden zunächst weitergebaut.
Mehrfach mussten die Siegel erneuert werden.
6
Einen am 16. November 1993 gestellten Bauantrag auf Genehmigung dieses
Kellerraumes nahm der Kläger am 4. Mai 1995 in dem gerichtlichen Vergleich des
Verfahrens 3 K 5661/94 zurück.
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Mit Bauantrag vom 6. Juni 1995 beantragte der Kläger eine Genehmigung zur
Wiedererrichtung des Wochenendhauses mit einer Grundfläche von 51 qm im
Erdgeschoss und 50,34 qm im Kellergeschoss, wobei der Hohlraum unter dem Pkw-
Abstellplatz zugemauert werden und zur Seeseite im Bereich des Luftraumes eine durch
eine Mauer abgeschirmte Außentreppe, die den Zugang der Kellerräume von außen
ermöglicht, angelegt werden sollte. Durch den Verzicht der Natursteinverblendung im
Erdgeschoss regte der Kläger selbst die Verringerung der Grundfläche von ca. 50 qm
auf 40,96 qm an.
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Nach erfolglosem Vorverfahren verpflichtete die erkennende Kammer den Beklagten mit
Urteil vom 21. Mai 1997 - -, dem Kläger die nachgesuchte Baugenehmigung mit der
zuvor vom Kläger akzeptierten Maßgabe zu erteilen, dass das Vorhaben oberhalb der
vorhandenen Betonplatte nicht mehr als 40 qm umfasst, die Aufschüttung vor der
Kelleraußentreppe gemäß der Süd-Ost-Ansicht der Baugenehmigung vom 3. August
1993 erfolgt sowie der Hohlraum unter dem Pkw- Abstellplatz verfüllt und der Zugang
wandstark zubetoniert wird.
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Der Beklagte erteilte dem Kläger am 26. September 1997 die entsprechende
Nachtragsbaugenehmigung, wobei mit schriftlicher Bestätigung der Mutter des Klägers
zur Reduzierung der Grundfläche auf einem so genannten Deckblatt durch
Grüneintragung die Außenwand im Eingangsbereich auf einer Länge von 2,26 m und
Tiefe von 0,60 m nach innen verlegt wurde, so dass insoweit zur Verringerung der
Grundfläche ein 1,35 qm großer überdachter Vorraum entstehen würde. Die
Kelleraußenwände sollten mit Naturstein verblendet und die Erdgeschosswände
antragsgemäß in 11,5 cm Kalksandstein zur Einhaltung der Grundfläche von 40,08 qm
ohne Außenverkleidung errichtet werden. Vor Baubeginn sei der
Standsicherheitsnachweis vorzulegen. Die Verfüllung des Hohlraumes sei eine Woche
vor der Betonverschließung der Türöffnung anzuzeigen. Die Versiegelung der Baustelle
wurde am 14. Oktober 1997 aufgehoben.
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Bei der Bauzustandsbesichtigung des Rohbaus am 13. August 1998 stellte der Beklagte
fest,
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- das tragende Mauerwerk im Erdgeschoss sei auf den genehmigten Außenmaßen
errichtet worden, - an allen Fensterlaibungen seien 6 cm starke vorspringende Pfeiler
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und ein überkragender Ringbalken errichtet worden, so dass die überbaute Grundfläche
von 40 qm überschritten werde, - der Rücksprung des Eingangsbereichs sei nicht
entsprechend der Grüneintragung des Deckblattes durchgeführt worden, - der Freisitz
habe eine nicht genehmigte Überdachung erhalten, - der Hohlraum unter dem Pkw-
Abstellplatz sei weder verfüllt noch zubetoniert worden, - die Stützmauer an der
Außentreppe und die Wiederanfüllung des Geländes an der Süd-Ost-Seite sei nicht
ausgeführt worden.
Am 18. August 1998 versiegelte der Beklagte die Baustelle erneut. Einen Antrag des
Klägers auf Aufhebung der Versiegelung bis auf den Bereich des Vordaches vom 4.
Februar 1999 lehnte die Kammer mit Beschluss vom 12. Mai 1999 - - ab.
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Bereits zuvor hatte der Beklagte dem Kläger mit Ordnungsverfügung vom 3. Dezember
1998 aufgegeben, binnen eines Monats nach Unanfechtbarkeit:
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1. zur Einhaltung der Grundfläche von 40 qm die an den Fensterlaibungen außen
angebrachten, 6 cm starken Pfeiler zu entfernen und danach eine Statik über die
Aussteifung der Außenwände vorzulegen, 2. zur Reduzierung der Grundfläche von 40
qm den Eingangsbereich entsprechend der Nachtragsbaugenehmigung vom 26.
September 1997 (Deckblatt) auszuführen, 3. zur Erhaltung der Grundfläche von 40 qm
die ungenehmigte Überdachung des Freisitzes zu entfernen und 4. im Bereich des
Kellergeschosses/Außentreppe eine Stützmauer zu errichten und die hier geforderte
Anschüttung vorzunehmen. Gleichzeitig müsse für die Stützmauer ein statischer
Nachweis vorgelegt werden.
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Mit Bauantrag vom 5. Februar 1999 begehrte der Kläger eine Baugenehmigung:
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1. zur Überdachung des 3,68 m x 3,23 m (einschließlich Dachüberstand) großen
Freisitzes an der Süd-West-Seite, 2. zur Nutzung des Hohlraumes unter der
Abstellfläche als Zähler- und Brennholzkeller (= 9,68 qm), 3. zur Erdanfüllung des
Kellergeschosses, das im Mittel 0,90 m aus dem Erdreich herausragen soll, 4. zur
Verblendung der Außenwände mit Natursteinen und zur Änderung des
Eingangsbereichs, was zu einer Vergrößerung der Grundfläche von 6,67 qm führen
würde und 5. zur Errichtung einer Pkw-Garage auf dem vorhandenen Abstellplatz.
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Nach dem ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 31. März 1999 und erfolglosem
Widerspruchsverfahren erhob der Kläger am 14. Februar 2000 Klage gegen die
Ordnungsverfügung des Beklagten vom 3. Dezember 1998 ( ) und gegen die Ablehnung
der Baugenehmigung ( ). Während der Klageverfahren wurde das bis dahin nur im
Rohbau errichtete Wochenendhaus trotz Versiegelung der Baustelle komplett
fertiggestellt und spätestens Mitte 2000 von den Eltern des Klägers bezogen.
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Im Rahmen eines Ortstermins im Mai 2001 stellte der Berichterstatter u.a. fest, dass die
Räume im Kellergeschoss weitgehend zu Wohnzwecken genutzt wurden und im
Übrigen die bauliche Substanz den Bauplänen entsprach, die dem Bauantrag vom 5.
Februar 1999 beigefügt waren. Die Kammer wies mit Urteilen vom 29. Mai 2001 beide
Klagen ab und zwar in dem Verfahren mit der Begründung, das zur Genehmigung
gestellte Vorhaben sei planungsrechtlich unzulässig, da ein Wochenendhaus in dem
begehrten Umfang nicht mehr mit dem zulässigerweise errichteten Wochenendhaus
vergleichbar sei. Während des Laufes der Rechtsmittelfrist nahm der Kläger durch
anwaltlichen Schriftsatz gegenüber dem Beklagten (nur) den Bauantrag vom 5. Februar
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1999 zurück. In dem Verfahren begründete die Kammer die Klageabweisung damit, die
Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 sei rechtmäßig, da die errichtete Anlage
formell und materiell illegal sei. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger
Rechtsmittel ein (OVG NRW - - ).
Am 6. Februar 2003 fertigten Mitarbeiter des Beklagten vor Ort Fotos, die zeigten, dass
das Gebäude vollständig eingerichtet und möbliert war. Außerdem ermittelten sie die
tatsächlichen Abmessungen des vorhandenen Gebäudes; hiernach betrug die
Grundfläche des Erdgeschosses (ohne den überdachten Freisitz) ca. 47 qm.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land
Nordrhein-Westfalen am 12. Februar 2003 hob der Beklagte die Ziffer 1. der
Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 (Beseitigung von Pfeilern an den Fenstern
zur Reduzierung der Grundfläche des Gebäudes) auf und verlängerte die Frist zur
Befolgung der im Übrigen aufgegebenen baulichen Veränderungen auf sechs Monate;
der Kläger verzichtete auf Rechtsmittel gegen die genannte Ordnungsverfügung in der
Fassung der Änderung. Daraufhin erklärten die Beteiligten das Rechtsmittelverfahren in
der Hauptsache für erledigt. In dem folgenden Einstellungsbeschluss teilte der Senat die
Kosten des Verfahrens u.a. mit der Begründung, die Rechtmäßigkeit der
Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 unterliege erheblichen Zweifeln, weil die
Bauaufsichtsbehörde regelmäßig im Fall formell und materiell illegaler Bauvorhaben
wie dem vorliegenden Wochenendhaus in der gegenwärtigen Gestalt den vollständigen
Abriss des Gebäudes anzuordnen habe.
21
Am 18. Februar 2003 sprachen die Eltern des Klägers in der Bürgersprechstunde des
Landrats vor mit dem Ziel, das Gebäude in seinem Bestand zu erhalten und legten im
Folgenden Erklärungen von Personen zu Einzelheiten des abgebrannten
Wochenendhauses vor; im Jahre 1993 sei anlässlich der Beseitigung von Resten auch
ein Ziegelsteinkeller mit einer Fläche von ca. 8,5 qm vorhanden gewesen.
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Bei einer Ortskontrolle am 5. Juni 2003 gab der Vater des Klägers nach der
entsprechenden Niederschrift an, er beabsichtige nicht, irgendwelche Maßnahmen
durchzuführen. Die Mitarbeiter des Beklagten erneuerten wiederum auf der Innenseite
von Fenstern fehlende Siegel, die nach Angaben des Vaters des Klägers durch
Einbrecher entfernt worden waren. Es wurde festgestellt, dass die Grundfläche des
Vorhabens im Erdgeschoss ohne abschließende Verkleidung (und ohne den
überdachten Freisitz) knapp 47 qm betrug und möblierte Kellerräume als Schlafzimmer,
Diele und Bad genutzt wurden.
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Unter dem 20. August 2003 ließen die Eltern des Klägers unter teilweiser Vorlage eines
notariellen Vertrags aus dem Jahre 1991 in Kopie, mit dem der Kläger das Grundstück
erworben hatte, mitteilen, ihnen stünde ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an dem
Grundstück zu. Sie seien nicht damit einverstanden, dass der Kläger irgendwelche
(baulichen) Veränderungen vornehme, und würden ihn daran auch hindern. Sie wiesen
auf die hieraus folgende Notwendigkeit eines vollziehbaren Duldungsgebotes gegen sie
hin.
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Nach vorheriger Anhörung, in dessen Rahmen der Vater des Klägers nunmehr
ankündigte, der am 12. Februar 2003 geänderten Ordnungsverfügung vom 3. Dezember
1998 nachkommen zu wollen, forderte der Beklagte den Kläger mit der hier im
vorliegenden Verfahren streitigen Ordnungsverfügung vom 6. Oktober 2003 unter
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Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung der Ersatzvornahme auf, binnen
drei Monaten nach Bekanntgabe der Ordnungsverfügung das streitige Wochenendhaus
vollständig und auf Dauer zu beseitigen. Gleichzeitig hob der Beklagte seine
Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 auf. Mit weiteren Ordnungsverfügungen
vom 8. Oktober 2003 gab der Beklagte den Eltern des Klägers ebenfalls unter
Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes von
1.000,00 EUR auf, die Beseitigung zu dulden.
Der Kläger und seine Eltern legten am 24. Oktober 2003 Widerspruch gegen die
jeweilige Ordnungsverfügung ein und erklärten ihre grundsätzliche Bereitschaft, der
Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 in der Fassung vom 12. Februar 2003
nachkommen zu wollen.
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Am 22. November 2003 stellten der Kläger und seine Eltern beim erkennenden Gericht
Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) - - im Wesentlichen
mit der Begründung, die Ordnungsverfügungen verstießen gegen den "Vergleich" vom
12. Februar 2003 vor dem Oberverwaltungsgericht; das Wochenendhaus sei jedenfalls
in der Form, die ihm nach der Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 in der
Fassung der Änderung vom 12. Februar 2003 zu geben sei, materiell rechtmäßig und es
bestehe kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung. Die
Kammer lehnte die Anträge mit Beschluss vom 15. Dezember 2003 unter Hinweis auf
seine Urteile vom 29. Mai 2001 in den Verfahren und ab, da das Gebäude formell und
materiell illegal sei. Die Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 stehe der
vollständigen Beseitigung nicht entgegen, da das Wochenendhaus trotz Versiegelung
fertiggestellt worden sei und der Kläger sowie seine Eltern damit aufgezeigt hätten, dass
ein Teilabriss für sie nicht in Betracht komme. Eine Ungleichbehandlung liege nicht
darin, dass der Beklagte gegen die von dem Kläger auch in der Vergangenheit
benannten "Vergleichsfälle" nicht vorgehe; schließlich sei wegen der Besonderheiten
des Falles auch trotz des Substanzverlustes die sofortige Vollziehung nicht zu
beanstanden.
27
Der Kläger und seine Eltern legten gegen die Entscheidung der Kammer Beschwerde
ein und trugen vor: Die offensichtliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen
Ordnungsverfügungen folge aus dem "Vergleich" im Sinne von § 55 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) vor
dem 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts am 12. Februar 2003. Insofern sei die
Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 begünstigend, als der Beklagte das
Wochenendhaus in dem herbeizuführenden Umfang als rechtmäßig anerkannt habe.
Sie sei weder widerrufbar noch rücknehmbar. Wegen Versäumung der Ausführungsfrist
könne lediglich und ausschließlich das angedrohte Zwangsgeld festgesetzt werden. Der
Kläger habe nicht erklärt, er wolle sich nicht an den "Vergleich" halten. Im Gegenteil
habe er bereits unter dem 2. Oktober 2003 versichert, er werde seinen Verpflichtungen
nunmehr nachkommen. Hierzu sei er weiterhin bereit. Der Vater des Klägers habe
lediglich aufgrund "neuer gewonnener Erkenntnisse" versucht, den derzeitigen Bestand
zu erhalten. Die Nutzung des Gebäudes sei seit der derzeit noch bestehenden
Versiegelung nicht aufgenommen worden. In dem "Vergleich" vom 12. Februar 2003 sei
abschließend geregelt, welche baulichen Maßnahmen vorzunehmen seien. Diese
Vereinbarung sei getroffen worden, obwohl die Baugenehmigung vom 26. September
1997 bereits erloschen gewesen sei. Deshalb sei hierin die Verlängerung der
Geltungsdauer oder eine Neuerteilung der Baugenehmigung, jedenfalls aber eine
Zusage im Sinne von § 38 VwVfG NRW zu sehen, keinen vollständigen Abriss zu
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fordern, wenn die geforderten Veränderungen vorgenommen würden. Diese Zusage
könne weder widerrufen noch zurückgenommen werden. Wenn er diese Veränderungen
vornehme, sei festgestellt, dass das Wochenendhaus formell und materiell rechtmäßig
sei. Seine Eltern würden die Änderungen dulden. Die Grundfläche des Gebäudes (im
Erdgeschoss) betrage wegen der Wärmedämmung knapp 46 qm; als Wohnfläche
stünden weniger als 36 qm zur Verfügung. Hingegen habe das abgebrannte Gebäude
bei einer tatsächlichen Grundfläche von knapp 39 qm eine Wohnfläche von über 36 qm
aufgewiesen. Nach dem 18. Dezember 2000 sei das Gebäude nicht mehr genutzt
worden. Die Siegel seien jeweils von Unbekannten zerstört worden. Wegen der
Ungleichbehandlung gegenüber anderen Bauherren durch den Beklagten verweise er
erneut auf bauliche Anlagen, gegen die der Beklagte nicht vorgehe.
Mit Beschluss vom 20. August 2004 stellte das Oberverwaltungsgericht für das Land
Nordrhein-Westfalen die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Klägers gegen
Ziffer 2. der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 6. Oktober 2003 nebst Androhung
der Ersatzvornahme und die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Eltern des
Klägers gegen die Ordnungsverfügungen des Beklagten vom 8. Oktober 2003 nebst
Androhung von Zwangsgeldern wieder her und wies im Übrigen die Beschwerde
zurück. Zur Begründung führte es aus: Die Ordnungsverfügungen des Beklagten vom 6.
Oktober und 8. Oktober 2003 seien zwar rechtmäßig. Die im Rahmen eines
Aussetzungsverfahrens zu treffende Interessensabwägung zwischen dem öffentlichen
Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem privaten Interesse des Bauherrn an
einem Aufschub der Vollziehung bis zum Abschluss des Hauptverfahrens gehe zu
Gunsten des Klägers und seiner Eltern aus.
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Mit Bescheiden vom 22. und 28. September 2004 wies die Bezirksregierung L. den
Widerspruch des Klägers mit der Maßgabe zurück, dass das Wochenendhaus innerhalb
von zwei Monaten nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung vom 6. Oktober 2003
vollständig zu beseitigen sei. Die Widersprüche der Eltern des Klägers wies er ohne
Hinweis auf eine Friständerung mit Bescheiden vom 22. September 2004 zurück.
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Der Kläger und seine Eltern haben am 20. Oktober 2004 Klage erhoben (3 K 4009/04).
Sie tragen unter Hinweis auf ihr Vorbringen in dem Verfahren vor: Die
Ordnungsverfügungen des Beklagten vom 6. und 8. Oktober 2003 seien rechtswidrig.
Die darin enthaltene Rücknahme der Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 sei
nicht rechtmäßig. Die bei Erlass dieser Ordnungsverfügung eventuell vorliegende
Rechtsfehlerhaftigkeit sei dadurch geheilt worden, dass im Termin vom 12. Februar
2003 vor dem Oberverwaltungsgericht ( ) die Ordnungsverfügung mit seinem
Einverständnis modifiziert worden sei. Seitdem sei der vollständige Abriss des
Wochenendhauses zur Erzielung eines rechtmäßigen Zustandes nicht mehr
erforderlich. Die Beseitigungsanordnung sei ebenfalls rechtswidrig, da er nunmehr
bereit sei, der Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 in der Fassung vom 12.
Februar 2003 nachzukommen. Der Beklagte habe durch seine Erklärung vom 12.
Februar 2003 sein Handlungsermessen endgültig dahin reduziert, dass er statt des
vollständigen Abrisses des Wochenendhauses nur dessen Anpassung an die
Nachtragsgenehmigung vom 26. September 1997 verlangen könne. Dabei spiele es
keine Rolle, dass mit der Ordnungsverfügung weder die Baugenehmigung vom 26.
September 1997 verlängert noch eine Baugenehmigung konkludent erteilt wurde. Dem
Oberverwaltungsgericht könne nicht darin gefolgt werden, dass das Vertrauen des
Klägers auf das Unterbleiben einer Beseitigungsverfügung nur dann schutzwürdig war,
wenn der Ordnungsverfügung bis zum 12. August 2003 nachgekommen worden sei.
31
Außerdem verstoße die Abbruchverfügung gegen den Gleichheitsgrundsatz. In der
näheren Umgebung seien in vergleichbarer Lage im Außenbereich folgende
ungenehmigte Bauvorhaben vorhanden, gegen die der Beklagte nicht einschreite:
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- I. 2, T. -S. : 1960, 1968 und 1976 seien hier bauliche Anlagen errichtet oder erweitert
worden. - I1. 2, T. -I2. : Das ursprünglich 18 qm große Gebäude von 1956 sei nach
einem Brand im Jahre 1980 mit einer Grundfläche von 21,23 qm genehmigt und
tatsächlich mit einer Grundfläche von 36,01 qm wiederaufgebaut worden. - T. , K. 1:
1994 sei hier ein 40 qm großes Blockhaus als Gästehaus errichtet worden. Im
Anschluss daran sei auf demselben Grundstück ein Gerätehaus mit einer Größe von ca.
53 qm erstellt worden. - Vorhaben Jagdhütte: "S1. Kreuz" und Jagdhütte "S2. ": Die
Jagdhütten seien übergroß, enthielten Schlafgelegenheiten und die Pachtzeiten für die
Jagdreviere seien abgelaufen.
33
Der Kläger beantragt,
34
die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 6. Oktober 2003 in der Gestalt der
Widerspruchsbescheide der Bezirksregierung L. vom 22. und 28. September 2004
aufzuheben.
35
Der Beklagte beantragt,
36
die Klage abzuweisen.
37
Er verweist auf die Ausführungen im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 20.
August 2004 in dem Verfahren und trägt zu den Berufungsfällen ergänzend vor:
38
1. I. 2: Hierbei handele es sich um ein vor 1960 errichtetes Wohnhaus. Gegen später
errichtete Anlagen sei eingeschritten worden, wie sich aus den verwaltungsgerichtlichen
Verfahren bzgl. dieser Grundstücke ergebe. 2. I1. 2: Dieses Vorhaben habe er am 26.
Februar 2004 nochmals überprüft und dabei festgestellt, dass die nördlich gelegene
Dachfläche über die gemäß Baugenehmigung freiliegenden Tragstützen bis zum Boden
verlängert worden war. In dem entstandenen Dreiecksraum von 5,51 qm seien Bretter
und kleine Hölzer gelagert. Aus bauphysikalischen bzw. statischen Gründen sei die
Verlängerung des Daches nachträglich genehmigt worden. Dieses Vorhaben sei schon
wegen des geringen Umfanges mit dem streitbefangenen Vorhaben nicht vergleichbar.
Der zusätzlich genehmigte Dreiecksraum sei eine nicht bewohnbare Fläche und somit
von untergeordneter Nutzung. 3. K. 1: Nach Zeugenaussagen sei dieses Objekt im
Jahre 1957/58 von Herrn N1. errichtet worden als Ersatz für das Haus, welches bereits
vor dem Zweiten Weltkrieg vorhanden war und aufgrund der Aufstockung des Obersees
in den Fluten versunken sei. Nach Auskunft des Steueramts der Gemeinde T. sei das
Wochenendhaus E. . X. seit 1964 steuerlich erfasst, wobei als Zeitpunkt der Errichtung
1957 aktenkundig sei. Die ebenfalls vorhandenen Schuppen stammten aus dem Jahre
1957/58. Er werde diese Angelegenheit erneut aufgreifen. Sollte sich herausstellen,
dass die ihm vorliegenden Zeugenaussagen nicht zutreffen, werde er umgehend ein
ordnungsbehördliches Verfahren einleiten. 4. und 5. Vorhaben Jagdhütte "S1. L2. " und
Jagdhütte "S2. ": Er habe nach Kenntniserlangung in beiden Fällen
ordnungsbehördliche Verfahren eingeleitet. Die Stadt N. beabsichtige, für diese
Vorhaben einen Bebauungsplan aufzustellen. Den Abschluss dieses Verfahrens wolle
er abwarten, da sich danach evtl. eine neue Rechtslage ergebe.
39
Die Kammer hat die Klagen bzgl. der Aufhebung der Duldungsverfügungen zur
gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt und unter den Aktenzeichen
sowie fortgeführt.
40
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und der
Bezirksregierung L. sowie auf die Gerichtsverfahren Bezug genommen.
41
Entscheidungsgründe:
42
Die Kammer konnte im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO
ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden.
43
Die Klage ist mangels Klagebefugnis unzulässig, soweit der Kläger die Aufhebung der
Ordnungsverfügung des Beklagten vom 6. Oktober 2003 zu Ziffer 1. begehrt, mit der der
Beklagte seine Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 mit der Anordnung der
Reduzierung des Wochenendhauses und der Herstellung einer Stützmauer mit
Aufschüttung aufgehoben hat.
44
Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger
geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Der Kläger
wird durch die Aufhebung der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 3. Dezember
1998 erkennbar nicht in seinen Rechten verletzt. Hierbei handelt es sich nämlich um
einen belastenden Verwaltungsakt, dessen Aufhebung den Kläger von der Belastung
befreit, sein Wochenendhaus an vier Stellen verändern zu müssen.
45
Der Kläger erleidet durch die Aufhebung der Ordnungsverfügung vom 3. Dezember
1998 nicht etwa die von ihm behaupteten rechtlichen Nachteile. Die Ordnungsverfügung
vom 3. Dezember 1998 bewirkte nämlich - wie sich aus den nachfolgenden
Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung zu Ziffer 2. ergibt -
weder eine konkludente Verlängerung der Geltungsdauer einer vorher erteilen
Baugenehmigung bzw. die konkludente Erteilung einer neuen Baugenehmigung noch
konnte sie beim Kläger ein schutzwürdiges Vertrauen dahin erwecken, dass nicht später
doch die Beseitigung des gesamten Gebäudes angeordnet wird. Es kann dahingestellt
bleiben, ob die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 3. Dezember 1998 zudem noch
rechtswidrig war (und deshalb ihre Rücknahme nach § 48 Abs. 1 VwVfG NRW
gerechtfertigt war), weil von Anfang an nicht ein Teilabbruch des Gebäudes, sondern
nur der gesamte Abbruch zu fordern gewesen wäre,
46
vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss
vom 20. August 2004 - 7 B 35/04 - .
47
Im Übrigen ist die Klage zulässig aber unbegründet.
48
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der Ordnungsverfügung des Beklagten
vom 6. Oktober 2003 zu Ziffer 2. in der Fassung der Widerspruchsbescheide der
Bezirksregierung L. vom 22. und 28. September 2004. Denn diese Bescheide sind
rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, so dass eine Aufhebung
nicht in Betracht kommt, vgl. § 113 Abs. 1 VwGO.
49
Der Beklagte hat rechtsfehlerfrei,
50
so auch OVG NRW, Beschluss vom 20. August 2004 - 7 B 35/04 -, insoweit bestätigend
den Beschluss der Kammer vom 15. Dezember 2003 - - in dem Verfahren auf
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Klägers gegen
die streitige Verfügung,
51
nachräglich die vollständige Beseitigung des inzwischen im Wesentlichen
fertiggestellten Wochenendhauses angeordnet. Nach § 61 Abs. 1 Satz 2 der
Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) haben die
Bauaufsichtsbehörden nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen
zu treffen, um darüber zu wachen, dass bei der Errichtung, Änderung und
Nutzungsänderung bauliche Anlagen die öffentlich- rechtlichen Vorschriften eingehalten
werden. Dies beinhaltet die Befugnis, den Abbruch formell und materiell illegaler
baulicher Anlagen zu verlangen.
52
Das Wochenendhaus des Klägers ist formell illegal errichtet worden.
53
Das genehmigungspflichtige Gebäude ist nämlich so, wie es mit einem Umfang von
über 40 qm Grundfläche, mit hohem Kellerraum und überdachtem Freisitz errichtet
worden ist, nicht Gegenstand einer dem Kläger oder seinem Rechtsvorgänger erteilten
Baugenehmigung gewesen, wie die Kammer bereits in dem Verfahren im Urteil vom 29.
Mai 2001 dargelegt hat. Das OVG NRW hat in dem vorgenannten Beschluss dazu
ausgeführt:
54
"Für das Gebäude in seinem Bestand ist eine Baugenehmigung nicht erteilt, sondern mit
Bescheid vom 31. März 1999 ausdrücklich abgelehnt worden. Aber auch ein Bauwerk,
wie es mit der Baugenehmigung vom 26. September 1997 genehmigt worden war und
nach der Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 in der Fassung vom 12. Februar
2003 durch bestimmte bauliche Veränderungen des Bestandes hergestellt werden
sollte, wäre formell baurechtswidrig. Insbesondere war die zuletzt erteilte
Baugenehmigung vom 26. September 1997 nach § 77 Abs. 1 BauO NRW in der bis zum
31. Mai 2000 geltenden Fassung bereits Ende 1999 erloschen, da der Antragsteller zu
1. (Anmerkung: = Kläger dieses Verfahrens) durch Errichtung eines aliuds von der
Baugenehmigung keinen Gebrauch gemacht hatte. Schon deshalb scheidet auch eine -
wie der Antragsteller zu 1. vortragen lässt - konkludente nachträgliche Verlängerung
dieser Baugenehmigung Anfang 2003 aus. Der Antragsteller zu 1. räumt ausdrücklich in
dem ... Schriftsatz vom 27. Februar 2004 ein, dass die Baugenehmigung vom 26.
September 1997 bereits erloschen war. Abgesehen davon, dass es ein solches
Rechtsinstitut nicht gibt, kann in der Änderung der Ordnungsverfügung vom 3.
Dezember 1998 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12. Februar 2003
auch keine konkludente Erteilung einer der erloschenen Baugenehmigung vom 26.
September 1997 (weitgehend) entsprechenden Baugenehmigung gesehen werden."
55
Das Wochenendhaus des Klägers ist auch materiell rechtswidrig. Es widerspricht
nämlich seit seiner Errichtung den Vorschriften des Baugesetzbuches (BauGB) und ist
auch nach heutiger Gesetzeslage nicht genehmigungsfähig.
56
Dass das Vorhaben des Klägers unter der Gesetzeslage bis zum 29. Mai 2001 materiell
rechtswidrig ist, ergibt sich bereits aus dem rechtskräftigen Urteil der Kammer vom 29.
Mai 2001 - -. Die materielle Rechtswidrigkeit bis zu diesem Zeitpunkt steht daher auch
57
für das Gericht bindend fest. Hierzu hat das OVG NRW ausgeführt:
"Die Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 121 Nr. 1 VwGO), durch das
eine auf Verpflichtung zur Genehmigungserteilung gerichtete Klage (wegen der
materiellen Rechtswidrigkeit des Vorhabens als unbegründet) abgewiesen wird, erfasst
auch die Frage der materiellen Rechtswidrigkeit. Der Kläger ist bei gleichbleibender
Rechts- und Sachlage gehindert, in einem nachfolgenden Beseitigungs- und auch
einem erneuten Genehmigungsantragsverfahren mit Erfolg geltend zu machen, dass
sein Vorhaben doch materiell baurechtmäßig sei,
58
vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 6. Juni 1975 - IV C 15.73 -
Baurechtssammlung (BRS) 29 Nr. 168 (S. 318); OVG NRW, Urteil vom 17. September
1992 - 7 A 283/92 - .
59
Das Verwaltungsgericht hat vorliegend über die materielle Recht- mäßigkeit des
vorhandenen Gebäudes negativ entschieden. Das errichtete und das mit dem
Bauantrag vom 5. Februar 1999 zur Genehmigung gestellte Gebäude sind - mit
Ausnahme einer geplanten Garage - identisch, da mit der vorgenannten Klage die
nachträgliche Legalisierung des bereits errichteten Wochenendhauses in seinem
Bestand erreicht werden sollte. Die Übereinstimmung des Bestands und des zur
Genehmigung gestellten Vorhabens hat die Ortsbesichtigung des Verwaltungsgerichts
am 29. Mai 2001 im Übrigen bestätigt. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage ist
weder von dem Antragsteller zu 1. vorgetragen noch sonst ersichtlich.
60
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 29. Mai 2001 in dem Verfahren ist nicht
durch die Rücknahme des zugrunde liegenden Bauantrags gegenstandslos geworden.
Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
61
- Urteil vom 14. April 1989 - 4 C 22.88 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ)
1989, 880 -
62
ein Bauantrag auch während der Anhängigkeit der entsprechenden Verpflichtungsklage
zurückgenommen werden mit der Folge, dass die Hauptsache dadurch erledigt wird. Im
vorliegenden Fall hatte der Antragsteller zu 1. vor Eintritt der Rechtskraft des
vorgenannten Urteils des Verwaltungsgerichts Aachen im gerichtlichen Verfahren
jedoch keine Prozesserklärung abgegeben, die die Rechtshängigkeit des Verfahrens
vor dessen rechtskräftigem Abschluss hätte beenden können."
63
Auch für die Zeit nach dem 29. Mai 2001 liegt materielle Illegalität vor. Denn über die
Rechtskraft des Urteils der Kammer vom 29. Mai 2001 hinaus liegen die
Voraussetzungen für die Erteilung einer Baugenehmigung für das bestehende, aber
auch für ein Vorhaben, wie es der erloschenen Baugenehmigung vom 26. September
1997 nach den Plänen zugrunde gelegen hatte, in der Sache nicht vor. Insbesondere
kann sich der Kläger nicht (mehr) auf § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB berufen, wonach
der alsbaldigen Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand,
Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen
Gebäudes an gleicher Stelle bestimmte öffentliche Belange nicht entgegengehalten
werden können. Zum einen ist ein über 40 qm großes Wochenendhaus mit einer
umfangreichen Unterkellerung nicht mit dem im Jahre 1950 genehmigten ( allein auf den
Umfang der Genehmigung kommt es an ) und 1985 durch Brand untergegangenen
Wochenendhaus vergleichbar; zum anderen fehlt es an der alsbaldigen Erneuerung im
64
Sinne dieser Vorschrift. Zwar wurde dem Rechtsvorgänger des Klägers am 28. Februar
1990 durch gerichtlichen Vergleich ( ) eine Bebauungsgenehmigung zur
Wiederherstellung des abgebrannten Wochenendhauses auf einer Grundfläche von 40
qm ohne Obergeschoss und wurden dem Kläger am 3. August 1993 und am 26. Juli
1997 Baugenehmigungen für die Wiedererrichtung eines Wochenendhauses mit einer
Grundfläche auf der Betonplatte im EG mit 40 qm erteilt. Diese Baugenehmigungen hat
der Kläger jedoch nicht ausgenutzt, sondern von Anfang an abweichend ein anderes
Gebäude, ein aliud, errichtet. Auch unter Berücksichtigung der Klageverfahren der
Kammer und kann nach nunmehr 20 Jahren seit dem Brand von einer alsbaldigen
Neuerrichtung des zerstörten Wochenendhauses keine Rede mehr sein,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. August 2004 - 7 B 35/04 -, BVerwG, Beschluss vom
17. Mai 1988 - 4 B 82.88 -, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 248.
65
Schließlich dürften - nach heutigen Maßstäben gemessen - die Voraussetzungen für
eine wegemäßige Erschließung des Wochenendhauses und für eine Befreiung von den
landschaftsschutzrechtlichen Bestimmungen nicht vorliegen.
66
Entgegen dem Vorbringen des Klägers steht die Ordnungsverfügung vom 3. De- zember
1998 in der Fassung vom 12. Februar 2003 dem Erlass der streitigen
Ordnungsverfügung vom 6. Oktober 2003 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt
entgegen. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 20. August
2004 zutreffend ausgeführt:
67
"Von einem teilweise den Antragsteller zu 1. begünstigenden Regelung (Anmerkung:
durch die Regelung der Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998), die in einem
Verzicht auf das Verlangen nach einer vollständigen Beseitigung des streitigen
Gebäudes liegen soll, kann keine Rede sein. Hierfür gibt schon der Wortlaut der
Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 oder der Ergänzung vom 12. Februar 2003,
wie er der Niederschrift über die mündliche Verhandlung in dem Verfahren zu
entnehmen ist, nichts her. Durch Aufhebung der ehemaligen Ziffer 1. der
Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 und Verlängerung der Frist zur Erfüllung
der im Übrigen dem Antragsteller zu 1. weiterhin aufgegebenen Maßnahmen wurde am
12. Februar 2003 lediglich die Belastung des Antragstellers zu 1. reduziert. Allenfalls
dann, wenn der Antragsteller zu 1. innerhalb der ihm gesetzten und von ihm durch
Rechtsmittelverzicht akzeptierten Frist der Ordnungsverfügung - ihre Erfüllbarkeit hier
unterstellend - nachgekommen wäre, hätte der Antragsgegner (Anmerkung: hier
Beklagter) aus Vertrauensgesichtspunkten gehindert gewesen sein können, die
vollständige Beseitigung der dann geschaffenen Bausubstanz zu verlangen.
68
Für die Annahme eines am 12. Februar 2003 zwischen dem Antragsteller zu 1. und dem
Antragsgegner geschlossenen Vergleichsvertrags nach § 55 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG NRW) - unabhängig von §§ 57, 59 Abs. 1, 60
VwVfG NRW - geben die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen einseitigen
Erklärungen des Antragsgegners (Aufhebung von Ziffer 1. der Ordnungsverfügung vom
3. Dezember 1998 und Verlängerung der gesetzten Frist) und des Antragstellers zu 1.
(Rechtsmittelverzicht gegen die Ordnungsverfügung) ebenfalls keinen Anhaltspunkt.
Dies gilt auch für die Annahme einer Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG NRW.
Allerdings geht auch der Antragsgegner nach der Beschwerdeerwiderung davon aus, es
sei ein "Vergleich" geschlossen worden. Für einen übereinstimmenden Willen der
Beteiligten, der im Protokoll keinen Niederschlag gefunden hat, an der
69
Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 auch dann festhalten zu wollen, falls der
Antragsteller zu 1. die bestimmten baulichen Maßnahmen nicht innerhalb der genannten
Frist ausführen würde, gibt es jedoch keinen Anhalt.
Dass mit der Änderung der Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998 am 12. Februar
2003 weder die Baugenehmigung vom 26. September 1997 verlängert noch eine
Baugenehmigung konkludent erteilt wurde, ist oben bereits ausgeführt worden."
70
Die Beseitigung bestimmter Bauteile in der Ordnungsverfügung vom 3. Dezember 1998
in der Fassung vom 12. Februar 2003 stellte lediglich eine dem Kläger angebotene
Vergünstigung dar, die dieser nicht wahrgenommen hat. Ein Vertrauensschutz zu
Gunsten des Klägers, dass der Beklagte für den Fall, dass der Kläger die teilweisen
Beseitigungen nicht durchführt, von einer vollständigen Beseitigung des
Wochenendhauses absehen werde, ist dadurch nicht gesetzt worden. Nachdem das
Vorhaben trotz mehrfacher Versiegelung fertiggestellt worden ist, hat der Kläger gezeigt,
dass er mit einem Teilabbruch nicht einverstanden war. Daher bleibt es dem Beklagten
unbenommen, von der von ihm nur schwer oder gar nicht durchsetzbaren Veränderung
des Wochenendhauses Abstand zu nehmen und den gesamten Abbruch der Anlage
anzuordnen.
71
Der Beklagte hat mit der streitigen Beseitigungsanordnung vom 6. Oktober 2003 auch
nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes für die
Bundesrepublik Deutschland (GG) verletzt. Das wäre nur der Fall, wenn er zeitgleich
oder später errichtete vergleichbare Vorhaben ungleich behandeln würde. Denn es
kann einer Behörde nicht verwehrt werden, eine zeitliche Zäsur dahin zu setzen, dass
gegen vor langer Zeit errichtete bauliche Anlagen nicht (mehr) eingeschritten wird,
gegen ab einem bestimmten Zeitpunkt entstandene Vorhaben (dann aber
gleichbehandelnd) vorgegangen wird. Eine allgemeingültige zeitliche Grenze für ein
unterschiedliches Vorgehen gegen baurechtswidrige Zustände ergibt sich aus dem
verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz nicht,
72
vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. April 1996 - 4 B 38.96 - BRS 48 Nr. 209 = Buchholz
406.17, Bauordnungsrecht Nr. 55.
73
Es verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG, wenn die
Baurechtsbehörde vor dem Erlass einer Abbruchandrohung nicht von sich aus der
Frage nachgeht, ob in dem betreffenden Gebiet weitere ungenehmigte bauliche
Anlagen errichtet oder an vorhandenen genehmigten oder bestandsgeschützten
Anlagen ungenehmigte bauliche Veränderungen vorgenommen worden sind, wenn sie
dafür keine konkreten Hinweise hat,
74
vgl. Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Februar 1996 - 8
S 3371/95 - BRS 58 Nr. 210 = Baurecht (BauR) 1996, 699 = NVwZ-Rechtsprechungs-
Report 1997, 465.
75
Die von dem Kläger vorgetragenen Berufungsfälle sind bereits insoweit nicht
vergleichbar, als sie zeitlich vor seinem Wochenendhaus errichtet, die Vorhaben
weniger umfangreich oder anderer Nutzungsart sind, sie anderen baurechtlichen
Bestimmungen unterliegen oder nicht in einer vergleichbar schützenswerten Landschaft
wie am Hang des Rursees liegen. Im Übrigen hat der Beklagte in allen Fällen glaubhaft
versichert, dass er die Berufungsfälle untersucht und im Falle einer formellen und
76
materiellen Illegalität einschreiten wird. Zu den Berufungsfällen im Einzelnen:
1. Vorhaben I. 2: Hierzu hat die Kammer bereits in dem Verfahren ausgeführt:
77
"Die streitige Ordnungsverfügung verletzt nicht den Gleichheitsgrundsatz. Die
Bebauung auf den Nachbargrundstücken ist mit der Situation auf dem Grundstück des
Klägers nicht vergleichbar. Im Fall des Klägers handelt es sich um einen der Vorschrift
des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB unterliegenden Neubau, während es sich bei der
Ursprungsbebauung auf den Nachbarparzellen um Altbestand handelt, wahrscheinlich
zum Teil vor In-Kraft-Treten des Bundesbaugesetzes im Jahre 1960 und
möglicherweise zum Teil sogar aus der Vorkriegszeit. Etwaige Erweiterungen beurteilen
sich nach anderen Vorschriften und auch nach früher in der Praxis angewandten
Bestandschutzgesichtspunkten. Dem Gericht ist aus dem Verfahren , das auf einer
Anzeige des Klägers beruht, bekannt, dass der Beklagte trotz schwieriger Beweislage
gegen nicht genehmigte Vorhaben auf diesen Parzellen eingeschritten ist, z.B. mit
Ordnungsverfügungen vom 2. Mai 1994 und 21. September 1995."
78
Gerichtliche Vergleiche wurden auf Vorschlag des Gerichts geschlossen, da der
beweispflichtige Beklagte die materielle Illegalität der Vorhaben seit ihrer Errichtung
nicht nachweisen konnte.
79
2. Wochenendhaus I1. 2,
80
Die Genehmigung eines Wochenendhauses mit einer Grundfläche von 21,93 qm nach
einem Brand im Jahre 1980, durch den ein 18 qm großes Wochenendhaus vernichtet
wurde, sowie die Duldung eines Dreiecksraumes von 5,51 qm zu Abstellzwecken ist
schon vom Umfang her nicht mit dem Vorhaben des Klägers vergleichbar.
81
3. K. 1, (E. . X. ):
82
Diese Vorhaben sind 1957/58 von einem Herrn N1. zum Teil als Ersatz für ein Haus,
das dem Obersee weichen musste, errichtet worden und sind seit 1957 aktenkundig.
Nach Auskunft der Gemeinde T. vom 31. März 2004 wird das Vorhaben schon seit 1964
als Einfamilienhaus bewertet. Sollten sich die auf Zeugenaussagen beruhenden
Errichtungsdaten nicht bestätigen und sollten die Anlagen erst im Jahr 1994 errichtet
worden sein, hat der Beklagte versichert, er werde bauordnungsrechtliche Schritte
einleiten.
83
4. und 5. Jagdhütten "S1. L1. " und "Jagdhütte S2. ":
84
Hier liegt bereits deshalb keine ungleiche Behandlung vor, weil Jagdhütten im
Außenbereich privilegiert sind und es früher durchgängige Praxis war, innerhalb der
Jagdhütten auch Schlafmöglichkeiten zuzulassen. Dass der Beklagte früher zulässiger
Weise errichtete privilegierte Vorhaben mit heute nicht mehr zulässigem Umfang anders
beurteilt als das Vorhaben eines Bauherrn in neuer Zeit bei der Errichtung eines
Neubaus, ist nicht zu beanstanden. Außerdem stellt die zuständige Gemeinde für
diesen fraglichen Bereich nach dem Vortrag des Beklagten in der mündlichen
Verhandlung einen Bebauungsplan auf.
85
6. Schafstall, S3. I3. ,
86
Hierbei handelt es sich offensichtlich um eine landwirtschaftliche Nutzung, die mit einer
Wochenendhausnutzung im Außenbereich nicht vergleichbar ist.
87
7. N2.--------straße S2. :
88
Auch hier handelt es sich um eine Jagdhütte, gegen dessen Erweiterungen der
Beklagte aufgrund der Anzeige des Klägers eingeschritten ist. Vorher war ihm dieses
Vorhaben wegen der versteckten Lage nicht bekannt.
89
Zudem scheidet unabhängig von diesen Erwägungen ein Verstoß gegen den
Gleichheitssatz aus, weil der Beklagte das illegal errichtete Wochenendhaus auf dem
Grundstück des Klägers bereits deshalb nicht ohne sachlichen Grund aufgegriffen hat,
weil er schon am 10. November 1993 die Bauarbeiten an dem damals im Rohbau
befindlichen Bauvorhaben stillgelegt hatte und die bauliche Anlage trotz mehrfacher
Versiegelung bezugsfertig hergstellt wurde. Würde man in einem solchen Fall dem
Beklagten nicht die Möglichkeit einräumen, gegen eine solchermaßen fertiggestellte
illegale bauliche Anlage vorzugehen, so müsste er aktuellen und ihm bekannt
gewordenen baurechtswidrigen Entwicklungen tatenlos zusehen. Das würde wiederum
einen verstärkten Anreiz zur Umgehung des Baugenehmigungsverfahrens schaffen,
90
vgl. hierzu ThürOVG, Beschl. v. 7. Juni 1994, 1 EO 182/93, ThürVBl. 1994 S. 291/292
m.w.N. und Verwaltungsgericht Jena, Urteil vom 17. Mai 2004 - 4 K 115/01 GE - in juris.
91
Auch insoweit liegt kein den "Berufungsfällen" vergleichbarer Sachverhalt vor.
92
Die Frist zur Befolgung der Beseitigung des Wochenendhauses ist durch den
ergänzenden Bescheid der Bezirksregierung vom 28. September 2004 auf zwei
Monaten nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung vom 6. Oktober 2003 verlängert
worden und ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angemessen
lang gewährt, zumal der Kläger die Einrichtung und Benutzung des Hauses rechtswidrig
begonnen hat. Die Räumung des Gebäudes und die Auswahl eines geeigneten
Abbruchunternehmens ist innerhalb dieser Frist ohne weiteres möglich und zumutbar.
Die Androhung der Ersatzvornahme mit der Veranschlagung der voraussichtlichen
Kosten in I3. von 12.000,00 EUR ist gemäß §§ 55 und 59 des
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW)
nicht zu beanstanden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
94