Urteil des VG Aachen vom 16.04.2008

VG Aachen: aufschiebende wirkung, auflage, gemeinde, nachteilige veränderung, raumordnung, windkraftanlage, anfechtungsklage, öffentlich, ausweisung, windenergieanlage

Verwaltungsgericht Aachen, 6 K 1065/07
Datum:
16.04.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 1065/07
Tenor:
Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2007 wird
aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten
der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
Vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
für R e c h t erkannt:
1
Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2007 wird aufgehoben.
2
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten der
Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
3
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrags abwenden,
wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d :
5
Unter dem 12. Mai 2006 beantragte die Beklagte beim Staatlichen Umweltamt B. die
Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage
vom Typ Enercon E-70 E4 mit einer Nennleistung von 2.000 kW, einer Nabenhöhe von
98,20 m und einem Rotordurchmesser von 71 m in X. - C. , Gemarkung C1. , Flur 25,
Flurstücke 33 und 34.
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Die von dem Antrag umfassten Flurstücke befanden sich in einer in der 41. Änderung
des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen, die der Rat der Beigeladenen in der
Sitzung vom 11. Mai 1999 beschlossen, die die Beklagte mit Verfügung vom 18. August
1999 genehmigt hatte und die im Amtsblatt der Beigeladenen vom 29. Oktober 1999
7
bekannt gemacht worden war, dargestellten Fläche für Windenergieanlagen.
Ausweislich des Erläuterungsberichts der Beigeladenen zur "41. Änderung des
Flächennutzungsplans (Flächen für Windenergieanlagen)" vom 16. April 1999 hatte die
Beigeladene aufgrund von ihr durchgeführter Untersuchungen - siehe dazu die
vorhergehenden Erläuterungsberichte vom 23. Januar 1998 und vom 26. März 1998 -
und vorgenommener Bewertungen folgende Bereiche als Konzentrationszone für
Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan dargestellt: 1. Fläche zwischen E. und C.
(ca. 9,3 ha), 2. Fläche zwischen C. und der ehemaligen Bahntrasse X. -F. (ca. 16,2 ha),
3. Fläche östlich der ehemaligen Bahntrasse X. -F. im Bereich des F1. Weges (ca. 17,8
ha), 4. Fläche zwischen O. und St. K. (ca. 20,5 ha). Im Abschnitt "Ziele, Zwecke und
Inhalt der Änderung" des Erläuterungsberichts wird ausgeführt, durch die 41. Änderung
des Flächennutzungsplanes würden Konzentrationszonen für Windenergieanlagen
ausgewiesen, um die Zersiedlung der Landschaft durch solche Anlagen zu verhindern
und um die notwendigen Abstände einzuhalten. Zu dem Punkt "Abstände und
Beschränkungen" heißt es u. a.: Im Bereich F2. existiere ein Gelände für
Modellflugzeuge. Gemäß der Betriebserlaubnis des Regierungspräsidenten E1. vom 13.
Juli 1979 seien die Luftraumgrenzen, in denen der motorgetriebene Modellflugbetrieb
stattfinden dürfe, auf einen Radius von 300 m um das Modellfluggelände begrenzt.
Dieser Bereich zuzüglich der bauordnungsrechtlich notwendigen Abstandsflächen sei
von Windenergieanlagen freizuhalten. Die "Auswahl von Flächen ohne
Beschränkungen" wurde damit begründet, dass sich aufgrund der notwendigen
Abstände und Beschränkungszonen ergebe, dass große Teile des Stadtgebiets nicht für
die Aufnahme von Windenergieanlagen geeignet seien. Nach den bisher untersuchten
Kriterien - Windverhältnisse, Landschaftsbild, Entfernung zu den vorhandenen
Umspannwerken, Zuwegung für Bau und Unterhaltung - geeignet seien die
ausgewählten Bereiche.
Mit Schreiben an die Beigeladene vom 19. Juli 2006 übersandte das Staatliche
Umweltamt B. dieser den Genehmigungsantrag mit der Bitte, im Rahmen ihrer
Zuständigkeit zu prüfen, ob die Anlage den öffentlich-rechtlichen Vorschriften
entspreche. Ferner werde gebeten, die Antragsunterlagen mit dem Prüfvermerk der
Beigeladenen zu versehen, zu dem Antrag Stellung zu nehmen und dem Staatlichen
Umweltamt B. die gegebenenfalls erforderlichen Nebenbestimmungen sowie Hinweise
mitzuteilen. Es werde gebeten, die Stellungnahme mit Rückgabe der Unterlagen
innerhalb eines Monats vorzulegen.
8
In einem internen Vermerk der Beigeladenen vom 17. August 2006 heißt es, das
Vorhaben der Klägerin liege in einer Vorrangzone und sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 5
BauGB zulässig. Eine Zurückstellung nach § 15 Abs. 3 BauGB sei erforderlich. In der
66. Änderung des Flächennutzungsplans ("Beschluss zur Aufstellung und
Zurückstellung am 31.08.06") solle die Fläche für Windenergieanlagen
herausgenommen werden.
9
Am 31. August 2006 beschloss der Ausschuss für Umwelt und Stadtentwicklung der
Beigeladenen die Aufstellung der 66. Änderung des Flächennutzungsplanes ("Bereich:
Windenergieanlagen nördlich von C. , Modellflugplatz"). In der diesbezüglichen
Begründung vom 4. Januar 2007 heißt es, alle für Windkraftanlagen im Stadtgebiet
geeigneten Flächen seien in der 41. Änderung des Flächennutzungsplans dargestellt
worden. Es seien bei der Auswahl der Flächen keine Prioritäten getroffen worden.
Insgesamt betrage die Flächengröße der dargestellten Vorrangzonen für
Windenergieanlagen 63,8 ha, die Größe bzw. die Bodenfläche des Stadtgebietes
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betrage 3.438,7 ha (Stand: 31. Dezember 2005). Davon entfielen 1.211,4 ha auf
Siedlungs- und Verkehrsflächen. Es verblieben 2.227,3 ha Freiraum, der bereits durch
diverse andere Nutzungen vorbelastet sei. Im Abschnitt "Ziel, Zweck und Inhalt der
Planung" wird ausgeführt, die nördlich von C. gelegene Fläche für
Windenergienanlagen solle entfallen. Dies entspreche der Zielsetzung der
Beigeladenen, die Windenergieanlagen nur noch in den verbleibenden drei
Konzentrationszonen nördlich von F2. und nordöstlich von Linden-O. zuzulassen, also
schwerpunktmäßig an zwei Standorten im Norden der Beigeladenen. Die
Konzentrationszone nördlich von C. sei relativ klein und liege in direkter Nähe zu C.
sowie einzeln stehenden Häusern am E2. Weg. Zwischen diesen beiden Ortsteilen
sollten keine weiteren Windenergieanlagen entstehen. Die Windkraftanlagen sollten an
den beiden bereits bestehenden Standorten konzentriert werden. Eine gleichmäßige
Verteilung von einzelnen Windkraftanlagen im Norden der Beigeladenen solle
vermieden werden. Seit der Darstellung der Konzentrationszonen für
Windenergieanlagen in der 41. Änderung des Flächennutzungsplans im Jahr 2000
habe sich die Windkrafttechnik weiterentwickelt. Die Anlagen seien höher geworden
und jede einzelne Windenergieanlage bilde eine leistungsstarke Großanlage. Durch
den Bau der leistungsstarken Windkraftanlagen habe sich die Situation im Vergleich zur
Zeit der Planung der Konzentrationsflächen geändert. Die einzeln stehenden großen
Windkraftanlagen dominierten optisch den nördlichen Stadtraum. Der Bau einer
zusätzlichen hohen Windenergieanlage nördlich von C. würde zu einer
gießkannenartigen Verteilung von einzeln stehenden Windkraftanlagen im gesamten
nördlichen Stadtgebiet führen. Die Möglichkeit, Flächen im Stadtgebiet zu
konzentrieren, werde im Gebiet der Beigeladenen nicht genutzt. Alle überhaupt nur
möglichen Konzentrationszonen seien dargestellt worden. Alle anderen Flächen im
Stadtgebiet schieden durch die in der 41. Änderung des Flächennutzungsplans
genannten Vorbelastungen aus. Um der gleichmäßigen Verteilung einzelner
Windenergieanlagen im Norden der Beigeladenen entgegen zu wirken, werde
vorgeschlagen, die Konzentrationsflächen auf drei zu reduzieren und
Windenergieanlagen an zwei Schwerpunkten (zwischen F2. und F. sowie östlich von M.
-O. ) anzusiedeln. An diesen beiden Stellen könnten innerhalb der Vorrangzonen
weitere Windkraftanlagen entstehen, was optisch zu einer Schwerpunktbildung im
Stadtgebiet führen werde. Die im Flächennutzungsplan dargestellten
Konzentrationsflächen lägen in einem insgesamt dicht besiedelten Raum. Der wenige
verbleibende Freiraum - im Norden der Beigeladenen in der Regel eine ausgeräumte
Agrarlandschaft - werde zusätzlich stark von Hochspannungsleitungen und
Straßenbändern durchschnitten. Aufgrund weiterer Nutzungen im Außenbereich wie z.
B. dem Flugplatz N. im Osten der Stadt, der Öltanklager der Wehrbereichsverwaltung im
südlichen Freiraumbereich einschließlich der dorthin verlaufenden NATO-Pipelines, die
den ganzen östlichen Freiraum durchzögen, den landwirtschaftlichen Nutzungen im
Außenbereich, insbesondere der Pferdehaltung (z. B. Reithallen der
Pferdezuchtbetriebe), und weitere Freizeitnutzungen (Schützenschießständen, dem
Modellflugplatz etc.) verschwömmen die Grenzen zwischen Siedlungsraum und
Freiraum immer mehr. Dieser Eindruck würde sich durch den Bau weiterer
Windenergieanlagen nördlich von C. zusätzlich verstärken. Mit den drei weiterhin
bestehenden Konzentrationsflächen, die bisher fünf Windenergieanlagen aufgenommen
hätten, habe die Beigeladene bereits substantiell Raum zur Nutzung der Windenergie
geschaffen. Die 41. Änderung des Flächennutzungsplans sei davon ausgegangen, dass
in den vier Vorrangzonen fünf Windkraftanlagen errichtet werden könnten. Diese seien
bereits innerhalb der drei Vorrangzonen errichtet worden. Die drei Vorrangzonen
könnten weitere Windkraftanlagen aufnehmen. Die neuen Anlagen könnten ebenso wie
die dort bereits vorhandenen Windkraftanlagen wirtschaftlich betrieben werden. Ziel der
Beigeladenen sei es, auch weiterhin die Windenergienutzung in ihrem Stadtgebiet zu
fördern, jedoch solle das mit einem möglichst geringen Flächenverbrauch und einer
Bündelung der Anlagen einhergehen. Die Bündelung solle dem Freiraumschutz dienen.
Die Beigeladene habe das Ziel, neben dem Naturschutzgebiet X1. im Westen der Stadt
einen weiteren, wenn auch kleinen zusammenhängenden wenig belasteten Freiraum zu
erhalten. Angesichts der technischen Neuentwicklung der Anlagen (Nabenhöhen,
Rotordurchmesser) und der damit einher gehenden Dominanz im Landschaftsbild sei
eine Neubewertung erforderlich. Die prägenden Landmarken wie die Kohlehalden, die
Kirchtürme und der Wasserturm von C1. sollten ihre Wirkung und Bedeutung im
Landschaftsbild behalten und nicht durch zusätzliche Windenergieanlagen gestört bzw.
unbedeutend werden. Dabei spiele die Lage in nächster Nähe zu der teilweise bereits
angelegten städtischen Sammelausgleichsfläche westlich des E2. Weges eine
bedeutende Rolle. Durch die geplante Erweiterung der Fläche auch östlich des E2.
Weges sollten weitergehenden Vernetzungen entstehen und die jetzige Fläche für
Windkraftanlagen solle in ein Konzept einbezogen werden, das der Naherholung diene
(Ausbau von Spazierwegen, Anreicherung der Landschaft mit Grünelementen etc.). Bei
einer breiten Streuung von einzelnen Windkraftanlagen im ganzen nördlichen Freiraum
der Beigeladenen würden die Ziele des Landschaftsplanes und des
Gebietsentwicklungsplanes ad absurdum geführt. Zusätzlich werde durch die
verschiedenen verteilten Windenergieanlagen in den Vorrangzonen der Flugverkehr
immer mehr beeinträchtigt. Diese betreffe den am Flugplatz N. stationierten
Rettungshubschrauber ebenso wie den militärischen Flugbetrieb. Nördlich von F2. im
südlichen Plangebiet existiere seit langer Zeit ein Modellflugplatz. Im Bereich des
Modellflugplatzes solle eine Grünfläche mit der Zweckbestimmung "Modellflugplatz"
dargestellt werden. Die Darstellung der Grünfläche solle den Standort verdeutlichen.
Der Standort solle langfristig als Modellfluggelände gesichert werden. In der
"Zusammenfassung" heißt es abschließend: Anderweitige Lösungsmöglichkeiten seien
nicht geprüft worden, da es sich hier um die Sicherung einer vorhandenen Nutzung
handele und im Fall der Windenergieanlagen die Nulllösung gewählt worden sei.
Am 14. September 2006 beantragte die Beigeladene beim Staatlichen Umweltamt B. ,
den Genehmigungsantrag der Klägerin zurückzustellen. Zur Begründung verwies die
Beigeladene auf den Beschluss ihres Ausschusses für Umwelt und Stadtentwicklung
vom 31. August 2006.
11
Mit Bescheid vom 11. Januar 2007 setzte die Beklagte die Entscheidung über den
Genehmigungsantrag der Klägerin bis zum 13. Januar 2008 aus.
12
Am 9. Februar 2007 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den
Zurückstellungsbescheid vom 11. Januar 2007. Im Hinblick auf die aufschiebende
Wirkung des Widerspruchs bitte sie um umgehende Weiterbearbeitung des
Genehmigungsantrags.
13
Am 7. März 2007 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Anordnung der
sofortigen Vollziehung des Zurückstellungsbescheids.
14
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2007 änderte die Beklagte den
Zurückstellungsbescheid dahingehend ab, dass das Genehmigungsverfahren bis zum
30. September 2007 zurückgestellt werde. Im Übrigen wies sie den Widerspruch der
Klägerin zurück.
15
Die Klägerin erhob am 17. April 2007 Klage gegen den Zurückstellungsbescheid der
Beklagten vom 11. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.
April 2007, die bei dem erkennenden Gericht unter dem Aktenzeichen 6 K 335/07
geführt wurde.
16
Mit Schreiben vom 23. April 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die
beantragte Windkraftanlage derzeit nicht genehmigt werden könne, obwohl die
materiellen Voraussetzungen des § 6 BImSchG vorlägen. Der Genehmigung stehe ein
Verfahrenshindernis entgegen, da die aufschiebende Wirkung den
Zurückstellungsbescheid nicht aufheben könne.
17
Am 8. Mai 2007 erhob die Klägerin Untätigkeitsklage mit dem Ziel der Verpflichtung der
Beklagten, die am 12. Mai 2006 beantragte Genehmigung zu erteilen. Diese Klage
wurde bei dem erkennenden Gericht unter dem Aktenzeichen 6 K 402/07 geführt.
18
Am 12. Juni 2007 beschloss der Rat der Beigeladenen die 66. Änderung des
Flächennutzugsplans.
19
Am 17. August 2007 fand in den Sachen 6 K 335/07 und 6 K 402/07 vor dem
erkennenden Gericht ein Erörterungstermin statt. Das Gericht wies darauf hin, dass
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Zurückstellungsbescheid
aufschiebende Wirkung hätten. Folge dessen sei, dass die Genehmigungsbehörde die
Amtspflicht habe, die Bearbeitung fortzusetzen, solange kein Sofortvollzug angeordnet
werde. Die Vertreterin der Beklagten erklärte daraufhin, dass aus derzeitiger Sicht ein
Genehmigungsanspruch der Klägerin mit Blick auf das beantragte Vorhaben bestehe.
Sie erklärte weiter, den Genehmigungsantrag der Klägerin schnellstmöglich positiv zu
bescheiden.
20
Mit Genehmigungsbescheid vom 21. August 2007, der Klägerin ausgehändigt am 24.
August 2007, erteilte die Beklagte der Klägerin eine Genehmigung zur Errichtung und
zum Betrieb einer Windenergieanlage vom Typ Enercon E-70 E4 mit einer Nennleistung
von 2.000 kW, einer Nabenhöhe von 98,20 m und einem Rotordurchmesser von 70 m in
X. , Gemarkung C1. , Flur 25, Flurstücke 33 und 34. Da die Voraussetzungen des § 6
BImSchG vorlägen, sei die Genehmigung mit den in den Nebenbestimmungen
vorgesehenen Einschränkungen zu erteilen.
21
Mit Schriftsätzen vom 28. August 2007 und vom 6. September 2007 erklärten die
Hauptbeteiligten die Verfahren 6 K 335/07 und 6 K 402/07 in der Hauptsache für
erledigt.
22
Mit Verfügung vom 28. August 2007 genehmigte die Beklagte die 66. Änderung des
Flächennutzungsplans der Beigeladenen.
23
Am 31. August 2007 wurde die 66. Änderung des Flächennutzungsplans im Amtsblatt
der Beigeladenen bekannt gemacht.
24
Die Beigeladene erhob am 10. September 2007 Widerspruch gegen den
Genehmigungsbescheid vom 21. August 2007. Zur Begründung machte sie geltend: Im
vorliegenden Fall werde das aus der Planungshoheit abzuleitende materielle Recht der
Beigeladenen durch die erteilte Genehmigung beeinträchtigt, weil dem genehmigten
25
Vorhaben öffentliche Belange im Sinne des § 35 BauGB entgegen stünden.
Grundsätzlich komme die Ausschlusswirkung einer Standortfestlegung für
Windkraftanlagen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur wirksamen
Flächennutzungsplänen, nicht aber planreifen Entwürfen zu. Hieraus lasse sich aber
keine Sperrwirkung ableiten, die es verhindere oder entbehrlich mache, eine in
Aufstellung befindliche Flächennutzungsplandarstellung auch im Rahmen des § 35
Abs. 1 BauGB als unbenannten öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1
BauGB einzustufen. Die zukünftige Ausschlusswirkung einer in Aufstellung befindlichen
Flächennutzungsplanänderung könne einem Außenbereichsvorhaben jedenfalls dann
als unbenannter öffentlicher Belang entgegen gehalten werden, wenn der
Planungsträger die abschließende Abwägungsentscheidung getroffen habe und es wie
im vorliegenden Fall nur noch vom Vollzug der bereits in Aussicht gestellten
Genehmigung und der abschließenden Bekanntmachung abhänge, dass eine
Zielfestsetzung entstehe, die die in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB genannten Merkmale
aufweise. Der Verfahrensstand zur 66. Änderung des Flächennutzungsplans der
Beigeladenen sei der Beklagten zum Zeitpunkt ihrer Genehmigungsentscheidung
bekannt gewesen. Der Beklagten sei weiterhin bekannt gewesen, dass die
Genehmigung dieser Flächennutzungsplanänderung in ihrem Hause bereits vorbereitet
und in Aussicht gestellt gewesen sei. Damit habe die Beklagte die beantragte
Genehmigung wegen planungsrechtlicher Unzulässigkeit aufgrund des entgegen
stehenden öffentliche Belangs der unmittelbar vor der Rechtswirksamkeit stehenden
Ausschlusswirkung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen versagen müssen, da
dieser öffentliche Belang - wie in den Verfahrensunterlagen zur
Flächennutzungsplanänderung dokumentiert - das Interesse der Klägerin, die in Rede
stehenden Grundstücke für Zwecke der Windenergienutzung in Anspruch zu nehmen,
überwiege.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2007 hob die Beklagte den
Genehmigungsbescheid vom 21. August 2007 auf. Zur Begründung führte sie aus, zwar
sei die Genehmigung vom 21. August 2007 im Zeitpunkt ihrer Erteilung rechtmäßig
gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe die genehmigte Windkraftanlage in einer durch
Flächennutzungsplan ausgewiesenen Konzentrationszone für Windkraftanlagen
gelegen, so dass sie auch bauplanungsrechtlich genehmigungsfähig gewesen sei. Für
die Widerspruchsbehörde maßgeblich sei jedoch die Sach- und Rechtslage im
Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch. Am 31. August 2007 habe sich mit
dem Inkrafttreten der am 28. August 2007 genehmigten 66. Änderung des
Flächennutzungsplanes die Rechtslage geändert, weil der Flächennutzungsplan im
Hinblick auf die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB wie eine Satzung zu
behandeln sei. Die Genehmigung sei infolge des am 10. September 2007 von der
Beigeladenen erhobenen Widerspruchs in ihrer Wirksamkeit gehemmt und mit dem
Inkrafttreten der 66. Änderung des Flächennutzungsplans rechtswidrig geworden. Sie
habe ab dem 31. August 2007 nicht mehr erteilt werden dürfen. Die Rechtsprechung
zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt bei baurechtlichen Nachbarklagen sei nicht
übertragbar.
26
Die Klägerin hat am 16. Oktober 2007 Klage erhoben.
27
Zur Begründung trägt sie vor, entgegen der Auffassung der Beklagten komme es im
vorliegenden Fall nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch,
sondern auf den Zeitpunkt der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung
an. Es sei das Meistbegünstigungsprinzip zugunsten des Bauherrn anzuwenden.
28
Unabhängig davon sei durch das Inkrafttreten der 66. Änderung des
Flächennutzungsplans der Beigeladenen keine Rechtsänderung eingetreten. Vielmehr
sei diese Flächennutzungsplanänderung rechtswidrig und unwirksam. Ein
Abwägungsmangel ergebe sich daraus, dass die Beigeladene im Rahmen des
Flächennutzungsplanänderungsverfahrens nicht erneut in eine Abwägung der für und
gegen die wegfallenden bzw. beizubehaltenden Standorte für die Windenergienutzung
sprechenden Belange eingetreten sei und dabei das gesamte Gemeindegebiet erneut in
den Blick genommen habe. Der "planreife" Entwurf eines Flächennutzungsplans könne
dem Vorhaben der Klägerin im Übrigen nicht entgegen gehalten werden. Von einer
"Planreife" könne auch nicht gesprochen werden, weil die 66. Änderung des
Flächennutzungsplans rechtswidrig und unwirksam sei.
Die Klägerin beantragt,
29
den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2007 aufzuheben.
30
Die Beklagte beantragt,
31
die Klage abzuweisen.
32
Sie trägt vor, sie halte an der Auffassung fest, dass für den Widerspruchsbescheid die
Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch
maßgeblich sei. Demnach habe die Genehmigung mit dem Inkrafttreten der 66.
Änderung des Flächennutzungsplans nicht mehr erteilt werden dürfen und aufgehoben
werden müssen. Dies verdeutliche auch die Bestimmung des § 21 Abs. 7 BImSchG.
33
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
34
Sie trägt vor, die streitgegenständliche Genehmigung sei bereits im Zeitpunkt ihrer
Erteilung rechtswidrig gewesen. Die zu diesem Zeitpunkt in Aufstellung befindliche 66.
Änderung des Flächennutzungsplans sei als unbenannter öffentlicher Belang im Sinne
von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB einzustufen. Dies zu berücksichtigen habe die Beklagte
unterlassen, worin bereits eine Verletzung der Planungshoheit der Beigeladenen liege.
Ein etwa erteiltes Einvernehmen der Beigeladenen stehe dem nicht entgegen, weil sich
die Umstände der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens seither geändert
hätten. Die 66. Änderung des Flächennutzungsplans sei auch wirksam.
35
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der von der Beklagten (1 Heft) und der Beigeladenen (3 Hefte)
vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Bezug genommen wird
außerdem auf den Inhalt der Gerichtsakten 6 K 335/07 und 6 K 402/07.
36
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
37
Die Klage ist zulässig und begründet.
38
Sie ist als (isolierte) Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten
vom 10. Oktober 2007 gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft.
39
Nach dieser Vorschrift ist Gegenstand der Anfechtungsklage auch der Abhilfebescheid
oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.
40
Die Regelung des § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO betrifft Verwaltungsakte mit Drittwirkung,
Fälle also, in denen ein ursprünglich den Adressaten bzw. einen Dritten begünstigender
Verwaltungsakt durch den Widerspruchsbescheid zum Nachteil des ursprünglich
Begünstigten abgeändert wurde. In diesen Konstellationen ist die Anfechtung nur des
Abhilfe- bzw. nur des Widerspruchsbescheids obligatorischer Natur. Dies folgt zwingend
aus der Überlegung, dass derjenige, der erstmalig durch den Abhilfe- bzw.
Widerspruchsbescheid beschwert ist, durch den ursprünglichen Verwaltungsakt
begünstigt war und deshalb diesen Bescheid schon wegen mangelnder Beschwer gar
nicht anfechten kann.
41
Vgl. Brenner, in: Sodan/Ziekow, 2. Auflage 2006, § 79 Rn. 27; siehe auch BVerwG,
Beschluss vom 3. März 1995 - 4 B 15.95 -, NVwZ-RR 1995, 613 = juris Rn. 5.
42
Eine solche Situation ist hier gegeben, weil die Beklagte mit dem streitgegenständlichen
Widerspruchsbescheid die der Klägerin am 21. August 2007 erteilte Genehmigung auf
den Widerspruch der Beigeladenen vom 10. September 2007 aufhob.
43
Aus diesem Grund geht von dem Widerspruchsbescheid im Verhältnis zur Klägerin
auch eine "erstmalige Beschwer" aus, weil er für sie die Entziehung einer ursprünglich
gewährten begünstigenden Rechtsposition bedeutet.
44
Vgl. insoweit wiederum Brenner, in: Sodan/Ziekow, 2. Auflage 2006, § 79 Rn. 28 unter
Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 11. Mai 1962 - VII C 27.61 -, BVerwGE 14, 151, 153;
ebenso offenbar: BayVGH, Beschluss vom 17. Juli 1990 - 14 AS 90.1387 -, NVwZ-RR
1990, 594 = juris Rn. 12; VGH B.-W., Beschluss vom 19. September 2000 - 5 S 1843/00
- NVwZ-RR 2001, 543 = juris Rn. 5 (jeweils mit Blick auf eine durch
Widerspruchsbescheid aufgehobene Baugenehmigung).
45
Der (isolierten) Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid fehlt vorliegend
nicht deswegen das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin auf die Erhebung einer
Verpflichtungsklage auf Wiedererlangung der Begünstigung zu verweisen wäre.
Vielmehr handelt es sich in der zugrunde liegenden Fallgestaltung bei der
Anfechtungsklage um die speziellere und rechtsschutzintensivere Klageart.
46
Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, § 79 Rn. 7; Brenner, in: Sodan/Ziekow, 2.
Auflage 2006, § 79 Rn. 28; Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO,
Loseblatt, Stand Mai 1997, § 79 Rn. 9.
47
Etwas anderes folgt für den zu entscheidenden Fall nicht aus dem Urteil des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 1996 - 10 A
1691/91 -,
48
NJW 1997, 409 = NWVBl. 1997, 19 = juris.
49
Soweit es dort heißt, dass die Verpflichtungsklage und nicht die isolierte
Anfechtungsklage gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO die zutreffende Rechtsschutzform
darstelle, wenn die Widerspruchsbehörde dem Widerspruch eines Dritten gegen einen
stattgebenden Namensänderungsbescheid entspricht, ist dies spezifisch auf das
Namensrecht zugeschnitten und nicht auf die im Widerspruchsverfahren erfolgreiche
Drittanfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung übertragbar. Denn die
50
genannte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen
beruht darauf, dass Streitgegenstand der auf eine Namensänderung gerichteten Klage
ist, zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen, ob die vom Kläger für sich in Anspruch
genommenen Voraussetzungen der Namensänderung im dort allein maßgeblichen
Beurteilungszeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gegeben sind.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Mai 1996 - 10 A 1691/91 -, NJW 1997, 409 = NWVBl.
1997, 19 = juris Rn. 18 ff.
51
Namensrechtliche Streitigkeiten unterscheiden sich damit in Streitgegenstand und
maßgeblichem Beurteilungszeitpunkt wesentlich von Streitigkeiten, in denen es der
Klägerin - wie hier - um die Wiederherstellung des Zustands vor der sie beschwerenden
Widerspruchsentscheidung geht, als sie Inhaberin einer immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung war. Für den durch den Widerspruchsbescheid Beschwerten stellt es ein
schutzwürdiges Anliegen dar, über die gerichtliche Aufhebung des
Widerspruchsbescheides eine Verpflichtung der Widerspruchsbehörde zu erreichen,
erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den weiterhin
anhängigen Widerspruch zu entscheiden. Denn nur auf diesem Wege kann er sich die
für ihn günstige und unter Umständen streitentscheidende Rechtsposition erhalten, dass
- worauf noch näher einzugehen sein wird - es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit
einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung womöglich auf die Sach- und
Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ankommt. Verwiese man ihn
hingegen auf die Verpflichtungsklage, wäre ihm die Einnahme dieses Standpunktes von
vornherein verwehrt. Denn maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt wäre dann die Sach-
und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, wodurch nach
Genehmigungserteilung eingetretene, für ihn nachteilige Veränderung zu
berücksichtigen wären.
52
Die Klage ist auch begründet.
53
Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2007 ist rechtswidrig und
verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§§ 115, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
54
Die Beklagte durfte den Genehmigungsbescheid vom 21. August 2007 nicht mit der
Begründung aufheben, dass die Genehmigung mit dem Inkrafttreten der 66. Änderung
des Flächennutzungsplans der Beigeladenen am 31. August 2007 rechtswidrig
geworden sei.
55
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist vorliegend nämlich die Sach- und Rechtslage im
Zeitpunkt der Genehmigungserteilung, in dem die Genehmigungsvoraus-setzungen des
§ 6 Abs. 1 BImSchG - worauf auch die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid zu
Recht hinweist - vorlagen, die Genehmigung also recht-mäßig erteilt wurde.
56
Die für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen maßgebliche Sach- und
Rechtslage beurteilt sich nach dem jeweils heranzuziehenden materiellen Fachrecht.
57
Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 4. Juli 2006 - 5 B 90.05 -, juris Rn. 6.
58
Von diesem Ausgangspunkt ausgehend schließt sich das Gericht für
Fallkonstellationen, in denen - wie hier - eine Änderung der bauplanungsrechtlichen
Rechtslage zu einem nachträglichen Wegfall der Genehmigungsvoraussetzungen nach
59
§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG führt, der in Parallelität zu baurechtlichen Nachbarklagen
geäußerten Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen
an, dass in Fällen der Genehmigungsanfechtung durch Dritte der Zeitpunkt der
Genehmigungserteilung und nicht der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung
oder der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Januar 2008 - 8 B 215/07 -, S. 13 des amtlichen
Umdrucks und Beschluss vom 23. Januar 2008 - 8 B 237/07 - S. 12 des amtlichen
Umdrucks (jeweils unter Hinweis auf die hinsichtlich der Drittanfechtung von
Baugenehmigungen ergangene Entscheidung OVG NRW, Urteil vom 28. November
2007 - 8 A 2325/06 -, juris Rn. 47 ff.; so im Übrigen auch Wolff, in: Sodan/Ziekow, 2.
Auflage 2006, § 113 Rn. 119.
60
Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht für eine Nachbarklage gegen eine gemäß §
67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG als immissionsschutzrechtliche Genehmigung fortgeltende
Baugenehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage den Zeitpunkt der
Widerspruchsentscheidung als maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt angesehen hat,
61
vgl. Beschluss vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 - , NVwZ 2008, 76 = juris Rn. 14; siehe
insoweit überdies BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1991 - 7 B 102.90 -, BayVBl.
1991, 375 = juris Rn. 3, wo für die Entscheidung über die Anfechtungsklage
Drittbetroffener gegen die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung
die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der "angefochtenen Behördenentscheidung (ggf.
in Gestalt des Widerspruchsbescheids)" als maßgebend angesehen wird,
62
und obwohl etwa das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht sich auf den
Standpunkt gestellt hat, im Immissionsschutzrecht komme es für die Beurteilung der
Sach- und Rechtslage nicht entscheidend auf den Zeitpunkt der Genehmigung an,
vielmehr seien auch nachfolgende Änderungen tatsächlicher oder rechtlicher Art von
Interesse,
63
vgl. Beschluss vom 17. September 2007 - 12 ME 38/07 -, juris Rn. 12 unter Hinweis auf
BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1982 - 7 C 42.80 -, BVerwGE 65, 80 = NJW 1983, 32 = juris
und Jarass, BImSchG, 7. Auflage 2007, § 6 Rn. 40 und 44; siehe auch Dietlein, in:
Landmann/Rohmer, Umweltrecht I, BImSchG, Loseblatt, Stand September 2005, § 6 Rn.
64,
64
verdient die hier vertretene Ansicht für die in Rede stehende Fallgestaltung den Vorzug.
65
Soweit die Genehmigungserteilung entscheidend von den Vorgaben des
Bauplanungsrechts als "anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften" im Sinne des § 6
Abs. 1 Nr. 2 BImSchG und damit streitentscheidendem materiellen Fachrecht abhängt,
besteht kein Anlass, den Inhaber einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im
Falle einer Drittanfechtung mit Blick auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt
anders zu stellen als den Inhaber einer Baugenehmigung. In beiden Situationen greift
der Gedanke Platz, dass gerade das Bodenrecht durch Vorschriften gekennzeichnet ist,
die dem Bauherrn eingeräumte Rechtspositionen trotz Änderung der Sach- oder
Rechtslage belassen oder zumindest nicht entschädigungslos entziehen.
66
Vgl. insoweit OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, juris Rn. 50.
67
Wie auch von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgetragen, wird mit einer
Gleichbehandlung der Beurteilungszeitpunkte bei immissionsschutzrechtlichen und
baurechtlichen Nachbarklagen jedenfalls mit Rücksicht auf die bauplanungsrechtlichen
Genehmigungsanforderungen auch der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG
Rechnung getragen, welche die Nähe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung
zur Baugenehmigung, die sie im Zuge der Konzentrationswirkung ersetzt,
68
vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 - 4 C 36.86 -, NVwZ 1990, 464 =
juris Rn. 50,
69
unterstreicht.
70
Der Einwand der Beklagten, aus § 21 Abs. 7 BImSchG, wonach § 21 Abs. 1 bis 6
BImSchG nicht gelten, wenn eine Genehmigung, die von einem Dritten angefochten
worden ist, während des Vorverfahrens oder während des verwaltungsgerichtlichen
Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch oder der Klage
abgeholfen wird, ergebe sich, dass nicht der Zeitpunkt der Genehmigung, sondern
derjenige der Entscheidung über den Widerspruch maßgeblich sei, weil andernfalls
dem Widerspruch eines Dritten gegen eine rechtmäßige Genehmigung niemals
stattgegeben werden könne und § 21 Abs. 7 BImSchG ins Leere liefe, führt nicht zu
einer anderslautenden Betrachtungsweise.
71
Zum einen mag hinsichtlich des maßgeblichen Beurteilungszeitpunktes etwas anderes
als vorliegend bei Drittrechtsbehelfen gegen eine immissionsschutzrechtliche
Genehmigung gelten, in der die Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1
BImSchG oder - im Zusammenhang mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG - andere als
bauplanungsrechtliche Vorschriften im Streit stehen.
72
Zum anderen enthält § 21 Abs. 7 BImSchG keine unmittelbare Aussage zu der bei der
Entscheidung über Drittrechtsbehelfe gegen eine immissionsschutzechtliche
Genehmigung maßgeblichen Sach- und Rechtslage. Die Bestimmung bringt lediglich
zum Ausdruck, dass § 21 BImSchG nicht für die Aufhebung einer erteilten Genehmigung
im Widerspruchsverfahren durch die Widerspruchsbehörde und im Klageverfahren
durch das Gericht gilt; denn insoweit kommen §§ 72 f. VwGO bzw. § 113 VwGO zum
Tragen.
73
Vgl. Jarass, BImSchG, 7. Auflage 2007, § 21 Rn. 3.
74
Die behördliche Befugnis zum Widerruf einer rechtmäßig erteilten Genehmigung muss
sich mit der Befugnis zu deren Aufhebung auf den Rechtsbehelf eines Dritten aber nicht
decken. Dass das Prüfungsprogramm ein jeweils anderes ist, zeigt gerade der Blick auf
den Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG: Danach kann eine rechtmäßig
erteilte Genehmigung nur widerrufen werden, wenn die Genehmigungsbehörde auf
Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, die Genehmigung nicht zu
erlassen, soweit der Betreiber von der Genehmigung noch keinen Gebrauch gemacht
hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Der
Rechtsbehelf eines Dritten gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung kann
aber nur dann Erfolg haben, wenn die Genehmigung gegen nachbarschützende
Vorschriften verstößt. Dieser subjektiv- rechtlich ausgerichtete Ansatz engt das
behördliche (und das gerichtliche) Prüfungsprogramm bei Drittrechtsbehelfen im
Vergleich zu der Widerrufsmöglichkeit etwa nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG spezifisch
75
ein. Vor diesem Hintergrund ist es stimmig anzunehmen, dass § 21 Abs. 7 BImSchG nur
dann unmittelbare Bedeutung zukommt, wenn nachbarschützende Anforderungen nach
Erlass der Genehmigung und vor Erlass des Widerspruchsbescheids verschärft werden
und dadurch die Genehmigung rechtswidrig wird.
Vgl. Jarass, BImSchG, 7. Auflage 2007, § 21 Rn. 3.
76
Denn nur in diesen Fällen kann es zu einer Überschneidung der Anwendungsbereiche
der Widerrufsregeln und etwa von §§ 72 f. VwGO kommen, der eine sachliche
Unterscheidung dieser behördlichen Aufhebungsmöglichkeiten erforderlich macht.
Diese Unterscheidung wird mit Blick auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt aber
gerade mitvollzogen, legte man diesen nur dann auf den Zeitpunkt der
Genehmigungserteilung, wenn es um die Einhaltung (nicht nachbarschützender)
bauplanungsrechtlicher Vorschriften und nicht etwa um die der nachbarschützenden
Betreiberpflicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG geht.
77
In dem für die zugrunde zu legende Sach- und Rechtslage im zu entscheidenden Fall
somit maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung am 21. August 2007 lagen
die Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 BImSchG vor, weshalb die
Genehmigung durch die Beklagte zu erteilen war.
78
Gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist,
dass sich die aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen
Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1), und andere öffentlich-
rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem
Betrieb der Anlage nicht entgegen stehen (Nr. 2).
79
Das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG im
Zeitpunkt der Genehmigungserteilung wird von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen.
80
Es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass den Anforderungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1
BImSchG - insbesondere denen des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG - nicht genüge
getan worden sein könnte. Namentlich werden von dem genehmigten
(leistungsreduzierten) Betrieb der in Rede stehenden Windkraftanlage voraussichtlich
keine schädlichen Umwelteinwirkungen für die Nachbarschaft in der Gestalt von
Geräuschimmissionen hervorgerufen. Soweit es an den im Genehmigungsbescheid
(dort S. 11) aufgeführten Immissionspunkten IP A (D. ), IP B (L. Straße 24) und IP J (L.
Straße / Ecke M1. 233) mit einer Gesamtbelastung von 46,0 dB(A), von 47,2 dB(A) bzw.
von 46,0 dB(A) zu einer Überschreitung des einzuhaltenden Nachtrichtwerts von 45
dB(A) kommt, ist dies - worauf im Genehmigungsbescheid zu Recht hingewiesen wird -
gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm unbeachtlich. Denn danach kann die Genehmigung
für die zu beurteilende Anlage auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte
aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn
der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck
als nicht relevant anzusehen ist (Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 1 der TA Lärm). Das ist in der
Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung
die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 der TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort um
mindestens 6 dB(A) unterschreitet (Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 der TA Lärm). Eine solche
Situation ist hier gegeben. Denn wie im Genehmigungsbescheid auf S. 11 dargestellt,
verursacht die im Streit befindliche Windkraftanlage in Bezug auf den IP A eine
Zusatzbelastung von 32,0 dB(A), auf den IP B von 31,9 dB(A) und auf den IP J von 35,1
81
dB(A).
Auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG waren im Zeitpunkt der
Genehmigungserteilung erfüllt. Dem Vorhaben der Klägerin standen keine "anderen
öffentlich-rechtlichen Vorschriften" - insbesondere keine des Bauplanungsrechts, um die
es vorliegend einzig geht - entgegen.
82
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des im Außenbereich geplanten Vorhabens der
Klägerin richtet sich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB.
83
Danach darf ein Vorhaben, das - wie die geplante Windkraftanlage - der Nutzung der
Windenergie dient und deshalb im Außenbereich an sich privilegiert zulässig ist, unter
anderem dann nicht zugelassen werden, wenn ihm öffentliche Belange entgegen
stehen.
84
Das war im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung am 21. August
2007 nicht der Fall.
85
Die Genehmigung der streitigen Windkraftanlage scheiterte zunächst nicht an der mit
einer ihr entgegen stehenden Flächennutzungsplanung der Beigeladenen verbundenen
Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB.
86
Für Windkraftanlagen und andere Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis Nr. 6 BauGB
bestimmt § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, dass ihnen in der Regel auch dann öffentliche
Belange entgegen stehen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan
oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.
87
Dies war im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nicht der Fall. Das Vorhaben der
Klägerin, das sie in X. -C. , Gemarkung C1. , Flur 25, Flurstücke 33 und 34, realisieren
will, befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem Bereich, der durch die 41. Änderung des
Flächennutzungsplans der Beigeladenen als Konzentrationszone für
Windenergieanlagen dargestellt worden war.
88
Dass der Rat der Beigeladenen am 12. Juni 2007 mit der 66. Änderung des
Flächennutzungsplans den Wegfall der Konzentrationszone, in der sich das klägerische
Vorhaben befindet, beschloss, kann dem Vorhaben der Klägerin aus der Sicht des
maßgeblichen Zeitpunktes der Genehmigungserteilung nicht mit der Ausschlusswirkung
des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen gehalten werden. Denn die 66. Änderung des
Flächennutzungsplans war im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nicht wirksam. Die
gemäß § 6 Abs. 1 BauGB erforderliche Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde
stand noch aus und erfolgte erst mit der Verfügung der Beklagten vom 28. August 2007.
Wirksamkeit konnte die 66. Änderung des Flächennutzungsplans gemäß § 6 Abs. 5
Satz 2 BauGB erst mit der Bekanntmachung erlangen. Diese wurde im Amtsblatt der
Beigeladenen vom 31. August 2007 vorgenommen.
89
Dem Vorhaben der Klägerin kann nicht als öffentlicher Belang nach § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB entgegen gehalten werden, dass die 66. Änderung des Flächennutzungsplans
der Beigeladenen im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung in Aufstellung befindlich
war.
90
Denn Entwürfen eines Flächennutzungsplans kommt die Steuerungswirkung des § 35
91
Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht zu. Die Vorschrift setzt vielmehr nach ihrem Wortlaut und
nach ihrem Sinn und Zweck voraus, dass der betreffende Plan bereits formell in Kraft
getreten ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 3.02 -, NVwZ 2003, 1261 = juris Rn. 30;
NdsOVG, Beschluss vom 12. September 2003 - 1 ME 212/03 -, NVwZ-RR 2004, 91 =
juris Rn. 16 f.; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Auflage 2006, § 35 Rn. 117; Jung, in:
Schrödter, BauGB, 7. Auflage 2006, § 5 Rn. 71a.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg,
BauGB, Loseblatt, § 35 Rn. 124.
92
§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB spricht von "Darstellungen im Flächennutzungsplan" und
nicht - wie sinngemäß § 33 BauGB - von Planentwürfen.
93
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 3.02 -, NVwZ 2003, 1261 = juris Rn. 30.
94
Ferner setzt die rechtliche Möglichkeit, im Außenbereich privilegierte Vorhaben
gleichwohl gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB an bestimmten Standorten
auszuschließen, voraus, dass diese Vorhaben durch Darstellungen im
Flächennutzungsplan oder durch Ausweisung als Ziele der Raumordnung an anderer
Stelle zugelassen worden sind. Hierfür bedarf es einer abgewogenen Planung auf der
Grundlage eines gesamträumlichen Planungskonzepts. Nur wenn durch Planung
sichergestellt ist, dass die in § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis Nr. 6 BauGB genannten Vorhaben in
Teilbereichen des Plangebiets errichtet werden können, lässt sich ihr Ausschluss an
anderer Stelle rechtfertigen. Deshalb folgt aus dem Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB,
dass seine Ausschlusswirkung nicht nur von einer materiell rechtmäßigen Planung
abhängt, sondern dass die Pläne auch formell in Kraft getreten sein müssen.
95
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 3.02 -, NVwZ 2003, 1261 = juris Rn. 30.
96
Die in Aufstellung befindliche 66. Änderung des Flächennutzungsplans der
Beigeladenen stand dem Vorhaben der Klägerin im hier maßgeblichen Zeitpunkt der
Genehmigungserteilung des Weiteren nicht als sonstiger, ungeschriebener öffentlicher
Belang im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegen.
97
Gegen die Möglichkeit, dass ein Entwurf eines Flächennutzungsplans im Stadium der
"Planreife" einem im Außenbereich privilegierten Vorhaben als öffentlicher Belang
entgegen stehen kann, spricht nicht schon von vornherein, dass der Entwurf eines
Flächennutzungsplans in dem Katalog der öffentlichen Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1
BauGB nicht ausdrücklich erwähnt wird. Denn diese Aufzählung ist nicht abschließend.
98
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 3.02 -, NVwZ 2003, 1261 = juris Rn. 31.
99
Andererseits ergibt sich die Berücksichtigungsfähigkeit eines "planreifen"
Flächennutzungsplans im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht notwendig aus
der beigeladenenseits in Bezug genommenen Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Januar 2005 - 4 C 5.04 -,
100
BVerwGE 122, 364 ff. = NVwZ 2005, 578 = juris.
101
Denn diese verhält sich zu einem in Aufstellung befindlichen Ziel der Raumordnung,
welches die Qualität eines öffentlichen Belangs hat, wenn es inhaltlich hinreichend
102
konkretisiert ist und wenn zu erwarten ist, dass es sich zu einer verbindlichen, den
Wirksamkeitsanforderungen genügenden Zielfestlegung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG
verdichtet.
Gegen eine unmittelbare Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf die vorliegende
Fallkonstellation spricht, dass §§ 4 Abs. 4 Satz 1, § 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG
spezialgesetzlich deutlich machen, dass im Fachrecht nicht bloß verbindliche Ziele der
Raumordnung relevant sind, sondern auch in Aufstellung befindliche Ziele der
Raumordnung.
103
Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2005 - 4 C 5.04 -, BVerwGE 122, 364 ff. = NVwZ
2005, 578 = juris Rn. 21.
104
Denn in § 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG heißt es, im Sinne dieses Gesetzes seien sonstige
Erfordernisse der Raumordnung auch in Aufstellung befindliche Ziele der
Raumordnung. Eine entsprechende Bestimmung für in Aufstellung befindliche
Flächennutzungspläne existiert nicht.
105
Eine Berücksichtigung von Entwürfen von Flächennutzungsplänen als sonstiger
öffentlicher Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist - was zusätzlich gegen eine
Berücksichtigungsfähigkeit spricht - nicht zur Sicherung der Flächennutzungsplanung
der Gemeinde in einer der hier in Rede stehenden vergleichbaren Situation erforderlich.
Über das Instrument der Zurückstellung des § 15 Abs. 3 BauGB, das auch im
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren Anwendung findet,
106
vgl. dazu etwa VG B. , Urteil vom 15. November 2007 - 6 K 71/07 - juris Rn. 40 ff.,
107
ist eine einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis Nr. 6 BauGB entgegen stehende
Flächennutzungsplanung der Standortgemeinde, mit der die Rechtswirkungen des § 35
Abs. 3 Satz 3 BauGB erreicht werden sollen, hinreichend geschützt.
108
Vgl. auch Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Auflage 2006, § 35 Rn. 117, der insoweit von
einem "gewissen Korrektiv" spricht.
109
Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass Rechtsbehelfe gegen einen
Zurückstellungsbescheid aufschiebende Wirkung entfalten mit der Folge, dass die
Genehmigungsbehörde die Amtspflicht hat, die Bearbeitung fortzusetzen, solange kein
Sofortvollzug angeordnet wird.
110
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Oktober 2006 - 8 A 764/06 -, juris Rn. 50.
111
Denn die Standortgemeinde hat die Möglichkeit, bei der Genehmigungsbehörde die
Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zurückstellung zu beantragen und
gegebenenfalls diesbezüglich gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 VwGO
um gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen.
112
Letztlich kann die Frage, ob "planreife" Entwürfe von Flächennutzungsplänen - wie hier
die 66. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen im Zeitpunkt der
Genehmigungserteilung am 21. August 2007 - als sonstige ungeschriebene öffentliche
Belange im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB Berücksichtigung finden können,
aber offen bleiben.
113
Offen gelassen auch von OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -,
juris Rn. 88.
114
Denn auch wenn dies der Fall wäre, hätte dieser Belang dem klägerischen Vorhaben im
Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nicht im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB
entgegen gestanden.
115
Bei der Anwendung des § 35 Abs. 1 BauGB bedarf es einer Abwägung zwischen dem
Interesse des Bauherrn an der Verwirklichung seines Vorhabens und den von den
Vorhaben berührten öffentlichen Belangen. Im Rahmen des § 35 Abs. 1 BauGB ist
dabei die Privilegierung der dort aufgeführten Vorhaben gebührend in Rechnung zu
stellen, was sich in einem stärkeren Durchsetzungsvermögen dieser Vorhaben
gegenüber den von ihnen berührten öffentlichen Belangen auswirkt. Durch die generelle
Verweisung dieser Vorhaben in den Außenbereich hat der Gesetzgeber selbst eine
planerische Entscheidung zu ihren Gunsten getroffen. Er hat die Vorhaben in
planähnlicher Weise dem Außenbereich zugewiesen und durch die Privilegierung zum
Ausdruck gebracht, dass sie dort in der Regel zulässig sind.
116
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. März 1975 - IV C 41.73 -, BVerwGE 48, 109 ff. = NJW
1975, 2114 = juris Rn. 30; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Auflage 2006, § 35 Rn. 8 f.
Gemessen an diesem Grundsatz stand die im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung in
Aufstellung befindliche 66. Änderung des Flächennutzungsplans dem klägerischen
Vorhaben nicht entgegen, weil davon auszugehen war, dass die Planänderung
unwirksam ist.
117
Aus der Sicht des Zeitpunktes der Genehmigungsentscheidung der Beklagten war
davon auszugehen, dass die 66. Änderung des Flächennutzungsplans der
Beigeladenen das Abwägungsverbot des § 1 Abs. 7 BauGB verletzt.
118
Das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB ist verletzt, wenn eine sachgerechte
Abwägung überhaupt nicht stattfindet. Im Weiteren ist es verletzt, wenn in die Abwägung
an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden
muss. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange
verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen
Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner
Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das
Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde
in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und
damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet.
119
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 - 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 = juris Rn.
44.
120
Ausgehend von diesen allgemeinen Anforderungen des Abwägungsgebots und dem
Erfordernis eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts muss die
gemeindliche Entscheidung über die Ausweisung von Flächen für die Windkraftnutzung
im Flächennutzungsplan nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen
die positive Standortzuweisung getragen wird. Sie muss auch deutlich machen, welche
städtebaulichen Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von
Windkraftanlagen freizuhalten. Die öffentlichen Belange, die für die negative Wirkung
121
der planerischen Darstellung ins Feld geführt werden, sind mit dem Anliegen, der
Windkraftnutzung "an geeigneten Standorten eine Chance" zu geben, die ihrer
Privilegierung gerecht wird, nach Maßgabe des § 1 Abs. 7 BauGB abzuwägen. Ebenso
wie die positive Aussage müssen sie sich aus den konkreten örtlichen Gegebenheiten
nachvollziehbar herleiten lassen.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 - 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 = juris Rn.
46.
122
Allerdings ist es einer Gemeinde verwehrt, den Flächennutzungsplan als Mittel zu
benutzen, das ihr dazu dient, unter dem Deckmantel der Steuerung Windkraftanlagen in
Wahrheit zu verhindern. Bei einer bloßen "Feigenblatt"-Planung, die auf eine verkappte
Verhinderungsplanung hinausläuft, darf sie es nicht bewenden lassen. Vielmehr muss
sie der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen und für die
Windkraftnutzung in substantieller Weise Raum schaffen. Wo die Grenze zur
Verhinderungsplanung verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Beschränkt sich die
Gemeinde darauf, eine einzige Konzentrationszone auszuweisen, so ist dies, für sich
genommen, noch kein Indiz für einen fehlerhaften Gebrauch der Planungsermächtigung.
Das gilt auch dann, wenn es im Gemeindegebiet weitere Flächen gibt, die sich von
ihren Standortbedingungen her im Vergleich mit der ausgewiesenen
Konzentrationszone für die Errichtung von Windkraftanlagen ebenso gut oder noch
besser eignen. Die Feststellung, dass sich diese oder jene Fläche für Zwecke der
Windkraftnutzung eignet, ist nur ein Gesichtspunkt, der bei der planerischen Abwägung
gebührend zu berücksichtigen ist, bei der Standortwahl aber nicht zwangsläufig den
Ausschlag geben muss. Auch Größenangaben sind, isoliert betrachtet, als Kriterium für
eine missbilligenswerte Verhinderungstendenz ungeeignet. Die ausgewiesene Fläche
ist nicht nur in Relation zu setzen zur Gemeindegröße, sondern auch zur Größe der
Gemeindegebietsteile, die für eine Windkraftnutzung, aus welchen Gründen auch
immer, nicht in Betracht kommen. Dazu gehören nicht zuletzt die besiedelten Bereiche,
zusammenhängende Waldflächen sowie Flächen, die aufgrund der topographischen
Verhältnisse im Windschatten liegen. In diesem Zusammenhang ist auch zu
berücksichtigen, in welchem Umfang Teile des Gemeindegebiets förmlich unter
Landschaftsschutz gestellt, damit dem planerischen Zugriff der Gemeinde weitgehend
entzogen und einer baulichen Nutzung auch sonst nicht ohne weiteres zugänglich sind.
Denn durch derartige Unterschutzstellungen sind den Entfaltungsmöglichkeiten der
Windkraftnutzung in den betroffenen Bereichen enge Grenzen gesetzt.
123
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 - 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 = juris Rn.
47 unter Hinweis auf BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE
117, 287, 295 ff., vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33, 37, und vom 21.
Oktober 2004 - 4 C 2.04 -, BVerwGE 122, 109, 111.
124
Für die Rechtmäßigkeit der Flächenauswahl sind allein die Erwägungen maßgeblich,
die tatsächlich Grundlage der Abwägungsentscheidung des Rats der Gemeinde waren.
Entscheidend für die gerichtliche Überprüfung sind damit in erster Linie die
Verlautbarungen in dem Erläuterungsbericht, der bei der abschließenden
Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan bzw. dessen Änderung
mitbeschlossen wird, sowie die Erwägungen z. B. in den entsprechenden
Verwaltungsvorlagen, denen der Rat der Gemeinde bei seiner abschließenden
Beschlussfassung gefolgt ist.
125
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 - 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 = juris Rn.
49.
126
Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen zu
dessen Gesamtnichtigkeit, wenn die übrigen Regelungen oder Festsetzungen eine in
jeder Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen gerecht werdende, sinnvolle
städtebauliche Ordnung nicht bewirken können. Die Konzentrationsplanung von
Windkraftanlagen in einem Flächennutzungsplan ist deshalb insgesamt nichtig, wenn
dem Plan mangels ausreichender ("substantieller") Darstellungen von Positivflächen für
die Errichtung von Windkraftanlagen kein schlüssiges gesamträumliches
Planungskonzept zugrunde liegt. Der Planbetroffene kann sich daher auf die
Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans auch mit der Begründung berufen,
Alternativstandorte seien nicht richtig abgewogen.
127
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 - 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 = juris Rn.
51 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 4 C 2.04 -, BVerwGE 122,
109, 111.
128
Ausgehend von diesen Grundsätzen war zur Zeit der Genehmigungserteilung durch die
Beklagte davon auszugehen, dass die 66. Änderung des Flächennutzungsplans der
Beigeladenen, die einen Wegfall der Konzentrationszone nördlich von C. vorsieht,
aufgrund eines Verstoßes gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB
unwirksam ist, weil es zum einen an dem erforderlichen schlüssigen gesamträumlichen
Planungskonzept fehlt und weil zum anderen einzelne in die Planung eingestellte
Belange fehlerhaft gewichtet worden sind.
129
Ausweislich der maßgeblichen Begründung der Beigeladenen zur 66. Änderung ihres
Flächennutzungsplans vom 4. Januar 2007 fehlt es zum einen an dem erforderlichen
schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzept.
130
Die positive Ausweisung eines Standorts für Windkraftanlagen wird nach dem Zweck
der Schaffung von Konzentrationszonen mit einer Ausschlusswirkung für den übrigen
Planungsraum verbunden. Damit bedingen sich die negativen und positiven
Komponenten der Planung in der Weise, dass die planerische Entscheidung, den
Planungsraum außerhalb der Konzentrationszonen von Windkraftanlagen freizuhalten,
ihre Rechtfertigung u.a. aus den positiven Standortzuweisungen erfährt. Bei einem
Eingriff in einen einmal hergestellten Ausgleich zwischen Positiv- und
Negativausweisungen verschiebt sich demgemäß das Gesamtgefüge des
Planungskonzepts. Im Hinblick auf diese Wirkungen muss die Gemeinde erneut in die
Abwägung der für und gegen die wegfallenden und beizubehaltenden Standorte
sprechenden Belange eintreten, wenn sich die Teilfortschreibung ihres
Flächennutzungsplans im Ergebnis auf den Wegfall von Zonen für die Nutzung der
Windkraft beschränkt.
131
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 - 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 = juris Rn.
58.
132
Diesen Anforderungen ist die Beigeladene nicht gerecht geworden. Mit dem Wegfall der
Vorrangzone nördlich von C. , die ca. 9,3 ha umfasst, entfielen ca. 15 % der insgesamt
mit der 41. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen dargestellten
Vorrangzonen für Windenergieanlagen. Auf diese Weise greift die Beigeladene
133
erheblich in das ursprüngliche Planungskonzept ein, wodurch die Frage nach der
Gewichtung der zu berücksichtigenden Belange umfassend neu aufgeworfen ist. Zwar
hat sich die Beigeladene ausweislich der Begründung zur 66. Änderung des
Flächennutzungsplans durchaus die Frage gestellt, ob eine Vorrangzone für
Windkraftanlagen anstelle der Fläche nördlich von C. anderweitig in ihrem Stadtgebiet
dargestellt werden könnte. Dabei hat sie jedoch nicht erkennen lassen, dass sie die
anlässlich der Aufstellung der 41. Änderung des Flächennutzungsplans gewonnenen
Erkenntnisse erneut ernstlich in den Blick genommen und die für und gegen die
prinzipiell geeigneten Standorte sprechenden Gründe in Bezug auf die für die
Aufhebung vorgesehene Konzentrationszone sprechenden Gründe neu gewichtet hätte.
Vgl. zu diesem Erfordernis: OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 - 8 A 2677/06 -,
NWVBl. 2008, 26 = juris Rn. 60; siehe zu den Auswahlkriterien außerdem: BVerwG,
Urteil vom 24. Januar 2008 - 4 CN 2.07 -, juris Rn. 15 f.
134
Die Beigeladene hat sich vielmehr darauf beschränkt, darauf zu verweisen, dass sich im
Rahmen der Vorbereitung der 41. Änderung des Flächennutzungsplans ergeben hätte,
dass große Teile des Stadtgebietes aufgrund der notwendigen Abstände und
Beschränkungszonen für die Aufnahme von Windkraftanlagen nicht geeignet seien. Alle
überhaupt nur möglichen Konzentrationszonen seien dargestellt worden. Alle anderen
Flächen im Stadtgebiet schieden durch die in der 41. Änderung des
Flächennutzungsplans genannten Vorbelastungen aus. Im Weiteren hat die
Beigeladene im Wesentlichen Gründe aufgeführt, die gegen den Fortbestand der
wegfallenden Vorrangzone sprächen: Die Windkraftanlagen sollten an den bereits
bestehenden zwei Standorten konzentriert werden; eine gleichmäßige Verteilung von
einzelnen Windkraftanlagen im Norden des Stadtgebiets solle vermieden werden, um
den wenigen vorhandenen Freiraum im Stadtgebiet zu schützen.
135
In diesem Abwägungsvorgang kann keine Neugewichtung der für und gegen die
prinzipiell geeigneten Standorte sprechenden Gründe in Bezug auf die für die
Aufhebung vorgesehene Konzentrationszone gesehen werden. Eine solche
Neugewichtung hätte es etwa erfordert, auch die im Zuge der Aufstellung der 41.
Änderung des Flächennutzungsplans letztlich als nicht geeignet eingestufte "Fläche
zwischen Gut L1. und T. " bzw. "Fläche zwischen X2. Hof und der B1. 4" (siehe dazu
etwa den Erläuterungsbericht vom 26. März 1998) erneut in die Betrachtung
einzubeziehen sowie gegebenenfalls andere konkrete Flächen, die zusätzlich als für die
Windenergienutzung geeignet in Betracht kommen könnten. Darüber hinaus hätte auch
- wie im Verlauf der Aufstellung der 41. Änderung des Flächennutzungsplans
geschehen - an eine Verkleinerung der Flächen für die Windenergienutzung nördlich
von C. statt an einen völligen Wegfall gedacht werden können.
136
Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 - 8 B1. 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 =
juris Rn. 70.
137
Zum anderen hat die Beigeladene bei der Planung der 66. Änderung des
Flächennutzungsplans einzelne eingestellte Belange fehlerhaft gewichtet.
138
Die Erwägungen der Beigeladenen zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes, das
grundsätzlich ein legitimes Planungsziel darstellt, in ihrem nördlichen Stadtgebiet, das
Teil des zu schützenden Landschaftsraumes zwischen C1. , O1. , P. und F. sei, stellen
keinen sachgerechten Ausgleich zwischen diesen Belangen und dem durch die
139
Privilegierung in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gesetzlich hervorgehobenen Interesse an der
Nutzung der Windkraft her.
Die von der Beigeladenen hierzu angeführten Gründe stehen zu der privilegierten
Nutzung der Windkraft außer Verhältnis. Die örtliche Situation im nördlichen Stadtgebiet
stellt sich im Zeitpunkt der Aufstellung der 66. Änderung des Flächennutzungsplans
genauso dar wie im Zeitpunkt der 41. Änderung des Flächennutzungsplans. Die
Beigeladene legt nicht hinreichend plausibel dar, warum der Gesichtspunkt des Orts-
und Landschaftsbildes nunmehr einer anderen Gewichtung bedürfte als im Jahre 1999.
Allein der Hinweis auf die technische Entwicklung der Windkraftanlagen, deren
Nabenhöhe und Rotordurchmesser sich seither vergrößert habe, ist insofern nicht
ausreichend. Diesem Aspekt hätte womöglich ebenso geeignet mit der Darstellung
einer Höhenbegrenzung für Windkraftanlagen Rechnung getragen werden können.
140
Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 - 8 B1. 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 =
juris Rn. 70; zur Möglichkeit einer Höhenbegrenzung im Flächennutzungsplan siehe
OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2004 - 7 B1. 3368/02 -, juris.
141
Der Begründung der 66. Änderung des Flächennutzungsplans ist auch nicht
hinreichend deutlich zu entnehmen, inwieweit gerade die Errichtung von
Windkraftanlagen in der für den Wegfall vorgesehenen Vorrangzone zu einer
wesentlichen Entwertung des Orts- und Landschaftsbildes führen würde. Hierbei wäre
zu berücksichtigen gewesen, dass der besagte Landschaftsraum nicht nur als
"zukünftiger Erholungsraum" mit "prägenden Landmarken" wie Bergehalden,
Kirchtürmen und dem Wasserturm von C1. angesehen werden kann, sondern dass die
nähere Umgebung durch die bereits errichteten fünf Windkraftanlagen optisch
vorbelastet ist.
142
Zu stark gewichtet hat die Beigeladene des Weiteren die Belange des nahegelegenen
Modellflugplatzes "nördlich von F2. im südlichen Plangebiet", nicht zuletzt dessen
Bestand mittels der 66. Änderung des Flächennutzungsplans augenscheinlich gesichert
werden soll, wie es aus der Begründung der Flächennutzungsplanänderung hervorgeht
und in der "Zusammenfassenden Erklärung" der Beigeladenen vom 30. August 2007
nochmals hervorgehoben wird. Auch in dieser Hinsicht wird nicht aufgezeigt, weshalb
die Belange des Modellflugplatzes - zuzuordnen einem Belang von Sport, Freizeit und
Erholung im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB - nunmehr stärker gewichtet werden, als
dies bei der 41. Änderung des Flächennutzungsplans geschehen ist. Denn dessen
Belange waren ausweislich des Erläuterungsberichts vom 16. April 1999 seinerzeit
bereits berücksichtigt worden. Dazu wurde dort ausgeführt, dass gemäß der
Betriebserlaubnis des Regierungspräsidenten E1. vom 13. Juli 1979 die
Luftraumgrenzen, in denen der motorgetriebene Modellflugbetrieb stattfinden dürfe, auf
einen Radius von 300 m um das Modellfluggelände begrenzt seien. Dieser Bereich
zuzüglich der bauordnungsrechtlich notwendigen Abstandsflächen sei von
Windenergieanlagen freizuhalten.
143
Die dargelegten Abwägungsfehler stellen offensichtliche - weil anhand der objektiv
erfassbaren äußeren Umstände des Falls erkennbare - Mängel im Abwägungsvorgang
dar, die auf das Abwägungsergebnis von Einfluss - weil nach den Umständen des
Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders
ausgefallen wäre - und mithin im Sinne des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erheblich sind.
144
Vgl. hierzu wiederum OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 - 8 B1. 2677/06 -, NWVBl.
2008, 26 = juris Rn. 73 ff.
145
Der Umstand, dass die Beklagte bei Erlass des Genehmigungsbescheids vom 21.
August 2007 die in Aufstellung befindliche 66. Änderung des Flächennutzungsplans
nicht erkennbar als öffentlichen Belang in Betracht gezogen hat, macht die
Genehmigung nicht rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 BImSchG
ungeachtet dessen im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung - wie
gezeigt - vorgelegen haben.
146
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
147
Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht
gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, weil sie keinen Sachantrag
gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
148
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1
VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
149
150