Urteil des VG Aachen vom 17.05.2005

VG Aachen: stadt, kreis, juristische person, gesellschaft mit beschränkter haftung, gebot der erforderlichkeit, firma, lfg, verordnung, abfallentsorgung, betriebsführung

Verwaltungsgericht Aachen, 7 K 1253/02
Datum:
17.05.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 1253/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils
vollstreckbaren Betrages leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Zweifamilienhaus bebauten Grundstücks C.--
-----straße 35 in B. . Das Grundstück ist an die städtische Abfallentsorgung
angeschlossen.
2
Im Rahmen der Abfallentsorgung bediente sich die Stadt B. in den Jahren 1998 und
1999 der B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH, die in diesen Jahren zusammen
mit der Firma S. + U. Entsorgung GmbH Kommanditistin der MVA X. GmbH &. Co. KG
war. Die zuletzt genannte Gesellschaft betreibt die 1997 in Betrieb gegangene
Müllverbrennungsanlage X. (MVA X. ), in der Abfall aus dem Gebiet der Stadt B. und der
Gemeinden des Kreises B. verbrannt wird. Die Bezirksregierung L. erteilte für die MVA
X. , die über drei Verbrennungsstraßen mit einer Kapazität von jeweils 16 t je Stunde
verfügt, unter dem 30. Juni 1994 und dem 24. Februar 1995 immissionsschutzrechtliche
Genehmigungen. In einer vom 19. Juni 1997 datierenden
Zusammenarbeitsvereinbarung zwischen dem Kreis B. , der Stadt B. , der
Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH sowie der Firma S. + U. Entsorgung GmbH
und der MVA X. GmbH &. Co. KG i.G. verpflichteten sich die Abfallwirtschaft Kreis und
Stadt B. GmbH sowie die Firma S. + U. Entsorgung GmbH, zur besseren Auslastung der
MVA X. ein jährliches Abfallkontingent in Höhe von jeweils 145.000 t/a auf die Dauer
von 20 Jahren zu übernehmen. Für die Zeit bis zum 31. Dezember 2005 wurde der
Firma S. + U. Entsorgung GmbH ein Verbrennungspreis von 220,00 DM/t je Tonne
garantiert. Die Abfallwirtschaft Stadt und Kreis B. GmbH zahlt ein auf der Basis von
145.000 t ermitteltes Entgelt zuzüglich eines Betrages von 50 % der kalkulierten nicht
3
gedeckten Kosten. Die weiteren nicht gedeckten Kosten gehen zu Lasten der MVA X.
GmbH &. Co. KG. Ab 2006 hat die Firma S. + U. Entsorgung GmbH ein Entgelt in
gleicher Höhe zu zahlen wie die Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH.
Mit Bescheiden vom 29. Januar 1998 und 28. Januar 1999 zog der Beklagte die Kläger
unter anderem zu Abfallbeseitigungsgebühren für das Jahr 1998 in Höhe von 548,40
DM und für das Jahr 1999 in Höhe von 510,-- DM heran und erklärte diese Bescheide
für vorläufig. Nachdem die erkennende Kammer in dem Verfahren gleichen Rubrums 7
K 3321/97 mit rechtskräftigem Urteil vom 22. Juni 2001 die Klage gegen die
Heranziehung zu Abfallbeseitigungsgebühren für das Jahr 1997 abgewiesen hatte,
setzte der Beklagte mit Bescheid vom 17. April 2002 die zunächst vorläufig
festgesetzten Abfallbeseitigungsgebühren endgültig fest.
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Den hiergegen eingelegten Widerspruch mit der Begründung, die
Abfallbeseitigungsgebühren seien wegen der Überdimensionierung der MVA X.
überhöht, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2002 als
unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Die
Betriebsergebnisse würden eine Unterdeckung für 1998 in Höhe von 286.857,11 DM
und für 1999 in Höhe von 4.425.198,82 DM ausweisen. Die in die
Gebührenbedarfsberechnung eingestellte Kapazität der MVA X. von 290.000 t/a habe
nicht auf Planungsfehlern beruht, sondern ihr habe eine sachgerechte Planung
zugrunde gelegen. Sowohl Kreis und Stadt B. bei der Ursprungsplanung wie im
weiteren Planungsverfahren die B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH und
schließlich im Genehmigungsverfahren die Bezirksregierung hätten aufgrund der
seinerzeit erkennbaren abfallwirtschaftlichen Entwicklung eine sachgerechte Planung
durchgeführt bzw. diese bestätigt.
5
Die Kläger haben am 19. Juni 2002 Klage erhoben. Sie tragen im Wesentlichen vor:
Wie auch die tatsächliche Entwicklung belege, sei die MVA X. von Anfang an zu groß
geplant worden. Soweit 50 % der kalkulierten nicht gedeckten beim Betrieb der MVA X.
anfallenden Kosten als so genannter B. -Aufschlag zu Lasten der Gebührenzahler
gingen, der von der erkennenden Kammer in den das Gebührenjahr 1997 betreffenden
Verfahren beanstandet worden sei, wirke sich dieser methodisch fehlerhafte
Kalkulationsansatz nunmehr aus. Im Übrigen stehe die Entgeltkalkulation der B.
Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH unter dem Vorbehalt der Prüfung durch die
Bezirksregierung. Laut Auskunft der Bezirksregierung L. vom 1. Oktober 2002 in dem
Verfahren VG Aachen 7 K 1347/02 sei aber eine Preisprüfung gemäß den Vorschriften
der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Vorschriften bisher nicht
erfolgt.
6
Die Kläger beantragen,
7
die Heranziehungsbescheide des Beklagten vom 29. Januar 1998 und vom 28. Januar
1999 in Gestalt des Bescheides vom 17. April 2002 und des Widerspruchsbescheides
vom 21. Mai 2002 aufzuheben, soweit sie mit diesen Bescheiden zu
Abfallbeseitigungsgebühren herangezogen werden.
8
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
10
Zur Begründung seines Antrages trägt er im Wesentlichen vor: Bereits in ihrer
Entscheidung betreffend das Gebührenjahr 1999 habe sich die erkennende Kammer mit
dem Schema der Entgeltkalkulation der B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH
beschäftigt und die Ansatzfähigkeit des so genannten "B. - Aufschlages" gerügt. Die
Ausführungen der Kammer wären zutreffend, wenn man davon ausginge, dass das
Kalkulationsschema auf einer Vereinbarung beruhen würde, die vor Planung und
Errichtung der Anlage im Hinblick auf die zu erwartende Verbrennungskapazität und
deren Aufteilung zwischen der öffentlichen Hand einerseits und dem privaten
Müllentsorger andererseits getroffen worden wäre. Dann wäre es unter dem
Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Betriebsführung nach Nr. 4 der Leitsätze für die
Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten - LSP - nicht zu rechtfertigen, die der
öffentlichen Hand zuzuordnen Kosten zu Gunsten des privaten Dritten zu erhöhen und
dadurch den Kostenanteil zu übernehmen, der auf den privaten Dritten als Differenz
zwischen dem gezahlten Entgelt und den Selbstkosten der Anlage entfalle. Ein solches
Handeln wäre zu Lasten der öffentlichen Hand weder betriebsnotwendig noch unter
dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Handelns zu rechtfertigen. Der Sachverhalt
stelle sich in entscheidenden Punkten jedoch anders dar. Die
Zusammenarbeitsvereinbarung vom 19. Juni 1997 sei keine Vereinbarung, die vor
Planung, Bau und Inbetriebnahme der Anlage geschlossen worden sei. Die
Vereinbarung stelle vielmehr eine Reaktion auf eine Mengenentwicklung dar, die nach
der Planung und dem Bau der Anlage eingetreten sei und zu einer drastischen
Überkapazität der Anlage geführt habe. Im Unterschied zu den bis dahin bestehenden
Regelungen von Dezember 1993 beinhalte die Zusammenarbeitsvereinbarung, dass
die B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH nicht sämtliche ungedeckten Kosten der
Anlagen trage, sondern nur die Hälfte der noch verbleibenden Kosten nach Abzug der
Erlöse durch Drittnutzung und aus der S. + U. -Kontingentverpflichtung sowie aus freier
Vermarktung. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Nordrhein-Westfalen sei Prüfungsmaßstab für die Einbeziehung der von einem Dritten
in Rechnung gestellten Entgelte in die Gebührenkalkulation, ob die geltend gemachten
kalkulierten Selbstkosten sich als betriebsnotwendige Kosten im Rahmen der
Aufgabenstellung darstellten und ihre Bemessung nicht dem Äquivalenzprinzip
widerspreche. Daneben müssten die Entgelte auf einer wirksamen zivilrechtlichen
Vereinbarung beruhen, die insbesondere dem öffentlichen Preisrecht entspreche. Ob
eine entsorgungspflichtige Körperschaft Entgelte eines privaten Dritten für die
thermische Behandlung von Abfällen in die Gebührenkalkulation übernehmen könne,
richte sich allein nach den genannten Kriterien. Keine Rolle spiele die Frage, ob die
Anlagen des Dritten gegebenenfalls überdimensioniert seien. Nach Nr. 4 Abs. 2 LSP
seien bei Preisermittlungen aufgrund von Selbstkosten nach Art und Höhe nur
diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur
Erstellung der Leistung entstünden. Übertragen auf den zu entscheidenden Fall bedeute
dies, dass es letztlich völlig unerheblich sei, wie die Entgelte im Einzelnen zu Stande
gekommen seien, wenn sie den Grundsätzen der Leitsätze für die Preisermittlung
aufgrund von Selbstkosten entsprächen und insbesondere auf einer wirtschaftlicher
Betriebsführung beruhen würden. Die Verhaltsweise der B. Abfallwirtschaft Kreis und
Stadt B. GmbH stelle sich angesichts der geschilderten Entwicklung aber keineswegs
als unwirtschaftlich dar, sondern sei nach dem Gebot der wirtschaftlichen Verhaltsweise
sogar zu fordern gewesen. Bei andienungspflichtigen Abfällen von 144.755 t (50 % von
289.550 t) hätte sich ohne die Zusammenarbeitsvereinbarung von Juni 1997 zu Lasten
der B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH ein Durchschnittspreis je Tonne von
455,84 DM unter Zugrundelegung der tatsächlichen Zahlen für 1998 ergeben. Unter
Berücksichtigung der Zusammenarbeitsvereinbarung belaufe sich dieser Preis bei
11
einem so genannten B. -Aufschlag in Höhe von 7.773 TDM jedoch nur auf 366,17 DM/t.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie des Verfahrens 7 K 1347/02 einschließlich der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage wird abgewiesen; denn sie ist unbegründet.
14
Die Abgabenbescheide des Beklagten vom 29. Januar 1998 und vom 28. Januar 1999
in Gestalt des Bescheides vom 17. April 2002 über die endgültige Festsetzung der
zunächst vorläufig festgesetzten Abfallbeseitigungsgebühren und des
Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2002 sind hinsichtlich der Heranziehung zu den
vorgenannten Gebühren für die Jahre 1998 und 1999 rechtmäßig und verletzen die
Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
15
1. Rechtsgrundlage der streitigen Heranziehung für das Jahr 1998 und deren
endgültiger Festsetzung ist die Abfallwirtschaftssatzung (AWS) der Stadt B. vom 10.
Dezember 1992 in der Fassung der VIII. Nachtrages vom 15. Dezember 1999 in
Verbindung mit §§ 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) KAG NRW, 165 AO.
16
Die vorgenannte Abfallwirtschaftssatzung stellt formell und materiell gültiges, mit
höherrangigem Recht zu vereinbarendes Ortsrecht dar, soweit die Kammer von Amts
wegen oder aufgrund des Vorbringens der Beteiligten Veranlassung zu einer
Überprüfung hat.
17
Vgl. insoweit zum Überprüfungsmaßstab von Abgabensatzungen BVerwG, Urteil vom
17. April 2002 - 9 CN 1.01 -, BVerwGE 116, 188, NJW 2002, 2807, NVwZ 2002, 1123.
18
Der in § 20 AWS geregelte Gebührenmaßstab, der als Wahrscheinlichkeitsmaßstab im
Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW auf die Zahl, Art und Größe der aufgestellten
Restmüllbehälter sowie auf die Häufigkeit der regelmäßigen Abfuhr abstellt und darüber
hinaus einen Gebührenerlass für Gebührenpflichtige vorsieht, die eine qualifizierte
Eigenkompostierung betreiben, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
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Vgl. insoweit unter anderem das Urteil der Kammer in dem Verfahren gleichen Rubrums
7 K 3321/97 vom 22. Juni 2001, auf das insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen
Bezug genommen wird.
20
Auch die Ausgestaltung der in § 20 Abs. 1 AWS enthaltenen Gebührenregelung als
Einheitsmaßstab für die Inanspruchnahme der verschiedenen Leistungen der
städtischen Abfallentsorgung steht im Einklang mit der hierzu ergangenen
Rechtsprechung.
21
Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2000 - 11 C 7.00 -, BVerwGE 112, 297,
NWVBl. 2001, 255, so wie im Anschluss hieran OVG NRW, Urteile vom 5. April 2001 - 9
A 1795/99 -, KStZ 2001, 213, NWVBl. 2002, 37, und vom 4. Oktober 2001 - 9 A 2737/00
-, KStZ 2003, 13.
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Wie das Oberwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in den zuvor zitierten
23
Entscheidungen dargelegt hat, findet die Heranziehung von nicht an die
Bioabfallentsorgung angeschlossenen Eigenkompostierern zu der Einheitsgebühr
letztlich eine ausreichende Rechtfertigung darin, dass die jeweilige
abfallbeseitigungspflichtige Kommune ihr Entsorgungssystem, auf das die
Eigenkompostierer jederzeit wieder zurückgreifen können, in einem gewissen Umfang
auch für diese Gruppe von Abfallerzeugern vorhalten muss.
Darüber hinaus ist der Einheitsmaßstab auch im Hinblick auf die frühere
Rechtsprechung zur Quersubventionierung von Biotonnen nicht unzulässig. Eine
Einbeziehung der Entsorgungskosten für den so genannten Biomüll in eine (allgemeine)
Einheitsgebühr war bereits nach früherer Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der
Typengerechtigkeit hinzunehmen, wenn die Gruppe der nicht an die
Bioabfallentsorgung angeschlossenen weniger als 10 % der an die öffentliche
Abfallentsorgung angeschlossenen Grundstückseigentümer umfasst.
24
Vgl. hierzu: OVG NRW, Urteile vom 17. März 1998 - 9 A 1430/96 -, NWVBl. 1998, 361,
und - 9 A 3871/96 -, KStZ 1999, 37.
25
Diese Voraussetzung ist gegeben. Nur 6416 und damit unter 10 % von 65.725
Gebührenpflichtigen nahmen 1998 nicht an der Bioabfallentsorgung teil, die zudem
gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 AWS einen pauschalen Gebührenabschlag von jährlich 30,--
DM auf das zur Verfügung gestellte Restabfallbehältervolumen erhielten.
26
Auch im Übrigen stellt sich die für das streitbefangene Gebührenjahr 1998
interessierende und in § 20 Abs. 1 Satz 2 AWS enthaltene Gebührensatzregelung
letztlich als wirksam dar.
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Zwar ist davon auszugehen, dass diese Regelung in der Fassung des V. Nachtrages
vom 17. Dezember 1997 wegen eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG NRW
ebenso rechtsfehlerhaft war wie die zunächst für das Jahr 1997 geltende
Gebührenregelung.
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Vgl. das bereits erwähnte Urteil der erkennenden Kammer vom 22. Juni 2001 - 7 K
3321/97 -.
29
Nach dieser zwingenden Vorschrift ist in der Satzung der Abgabensatz, also hier der
Gebührensatz, festzulegen. Eine wirksame Festlegung der Gebührensätze in diesem
Sinne lag wegen der in § 20 Abs. 2 enthaltenen Gebührenanpassungsklausel zunächst
nicht vor. Die Gebührensätze wurden hierdurch unter den Vorbehalt einer späteren
Veränderung gestellt. Allerdings hat der Rat der Stadt B. später die verfassungsrechtlich
unbedenkliche Möglichkeit genutzt, die unzulässige Gebührenanpassungsklausel durch
den VIII. Nachtrag vom 15. Dezember 1999 rückwirkend zum 1. Januar 1997
aufzuheben. Mit der Aufhebung der Anpassungsklausel hat der Rat zugleich die bis
dahin rechtlich unwirksamen Gebührensätze bestätigt, indem er lediglich die in Rede
stehende Anpassungsklausel aufhob und nicht zugleich Gebührensätze für das
Veranlagungsjahr 1998 ausdrücklich neu bestimmte.
30
Ohne rechtliche Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der für 1998 bestimmten
Gebührensätze bleibt insoweit, dass der Rat der Stadt B. seinem rückwirkenden
Satzungsbeschluss nicht das Betriebsergebnis dieses inzwischen abgelaufenen
Gebührenjahres zugrunde legte.
31
Vgl. zur Maßgeblichkeit eines Betriebsergebnisses nach Ablauf des Gebührenjahres
Schulte/Wiesemann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 126 und 127, 27.
Erg. Lfg. (Sept. 2002).
32
Dieser Umstand führt nicht zur Unwirksamkeit der maßgeblichen Gebührensätze. Diese
lassen sich gleichwohl auf das Betriebsergebnis 1998 stützen. Nach ständiger
Rechtsprechung der mit Gebührenstreitigkeiten nach nordrhein-westfälischem
Landesrecht befassten Spruchkörper,
33
vgl. die Zusammenstellung bei Schulte/Wiesemann, a.a.O., § 6 Rn. 119 ff., 29. Erg. Lfg.
(Sept. 2003),
34
ist davon auszugehen, dass der satzungsrechtlich festgelegte Gebührensatz lediglich im
Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührensatzvorschriften (§ 6 Abs. 1
Satz 3, Abs. 2 KAG NRW) entsprechen muss. Danach kann eine Gemeinde ohne
Einschaltung des Rats eine fehlerfreie Kalkulation bzw. nach Ablauf des
Gebührenjahres eine Nachberechnung gemäß dem Betriebsergebnis nachschieben.
Das Gericht hat sodann zu überprüfen, ob sich die der Heranziehung zugrunde
liegenden Gebührensätze im Ergebnis als von der Nachkalkulation bzw.
Nachberechnung getragen erweisen und ob die Ansätze aus dem Betriebsergebnis
ihrerseits gebührenrechtlich zulässig sind. Überhöhte Kostenansätze können
gegebenenfalls ohne Auswirkungen auf die Gültigkeit des Gebührensatzes und auf die
Satzung insgesamt bleiben, wenn sich im Rahmen einer umfassenden Prüfung
herausstellt, dass zulässige Kostenansätze unterblieben oder zu niedrig bemessen
worden sind.
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Im Einzelnen gilt Folgendes: Zunächst sind die für das Jahr 1998 in § 20 Abs. 1 AWS
festgesetzten Abfallbeseitigungsgebühren nicht aufgrund des im Klagevorbringen in den
Vordergrund gerückten Gesichtspunktes einer Überkapazität der MVA X. als
rechtswidrig zu bewerten.
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Vgl. zu dem Begriff der Überkapazität unter anderem Schulte/Wiesemann, a.a.O., § 6
Rn. 74 ff., 30. Erg. Lfg. (März 2004) und 29. Erg. Lfg. (Sept. 2003); Queitsch, "Anlagen -
Überkapazitäten und Abfallgebühr", AbfallR 2002, 30 ff..
37
Insoweit kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, die mit drei
Verbrennungsstraßen ausgestattete MVA X. sei im Hinblick auf den im Kreis und in der
Stadt B. tatsächlich anfallenden verbrennungsgeeigneten Abfall von Anfang an zu groß
geplant und gebaut worden.
38
Bei den für die MVA X. anfallendenden Verbrennungskosten handelt es sich um
gebührenfähige Fremdkosten. Zu den in eine Gebührenbedarfsberechnung
einstellbaren Kosten im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 KAG NRW
gehören nach § 6 Abs. 2 Satz 2 KAG NRW in der bis zum 31. Dezember 1998
geltenden Fassung (bzw. nach § 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW in der Fassung des
Gesetzes vom 24. Dezember 1998 - GV NW. S. 686 -) auch Entgelte für in Anspruch
genommene Fremdleistungen. Fremdleistungen im Sinne der genannten Vorschriften
sind Leistungen, die eine dritte Person - sei es eine natürliche Person oder
Personenmehrheit oder eine juristische Person - für die entsorgungspflichtige
Körperschaft als eigentlichen Aufgabenträger der Abfallentsorgung erbringt. Dritte
39
Person in diesem Sinne kann unabhängig von der Frage, welchen Anteil die
Gebietskörperschaft an der Gesellschaft hält, auch eine juristische Person des
Privatrechts sein, z.B. eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 22. Juni 2001 - 7 K 3321/97 - mit weiteren
Rechtsprechungsnachweisen; Dittmann, "Die Ansatzfähigkeit von sog. Leerkosten bei
der Erhebung von Abfallgebühren nach § 6 KAG NW und § 9 Abs. 2 LAbfG NW",
NWVBl. 1997, 413 ff.
40
Allerdings darf der Entsorgungsträger, der Gläubiger der Gebührenschuld ist, das in
Rechnung gestellte bzw. das angekündigte Entgelt nicht unbesehen übernehmen. Bei
dem Fremdentgelt muss es sich vielmehr um vertragsgemäße, betriebsnotwendige
Kosten handeln, deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip zu entsprechen hat. Insoweit
besteht eine entsprechende Prüfungspflicht der entsorgenden Körperschaft bzw. hat sie
bei Vorlage einer Vorkalkulation des Fremdleisters eine Entscheidung darüber zu
treffen, ob die Entgelte den besagten Anforderungen genügen. Dabei erstreckt die
Prüfung sich auch darauf, ob die in der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei
öffentlichen Aufträgen vom 21. November 1953 (BAnz. Nr. 244) enthaltenen
Bestimmungen eingehalten wurden.
41
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 24. November 1999 - 9 A 6065/96 -, NWVBl. 2000, 373,
vom 5. April 2001 - 9 A 1795/99 - und vom 4. Oktober 2001 - 9 A 2737/00 -, jeweils
a.a.O., Beschluss vom 31. Juli 2003 - 9 A 2954/03 -, KStZ 2004, 15; Dittmann, a.a.O.
42
Des Weiteren ist zu beachten, dass eine Gebührenbedarfsberechnung hinsichtlich
eingestellter Entgelte für Fremdleistungen nur dann fehlerhaft ist, wenn bei der im
Zeitpunkt der Prognoseentscheidung bzw. der Feststellung des Betriebsergebnisses
gebotenen Prüfung eine Reduzierung der Entgeltforderung absehbar und insofern nur
ein bestimmter niedrigerer Kostenansatz vertretbar war.
43
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2003 - 9 A 2954/03 -, a.a.O.
44
Danach stellen die Entgelte für die von der Müllverbrennungsanlage X. GmbH & Co. KG
erbrachten Verbrennungsleistungen einen grundsätzlich gebührenfähigen Aufwand dar.
Insbesondere genügen diese Entgelte gemäß den zwischen der Stadt B. , dem Kreis B. ,
der B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH vom 17. und 23. Dezember 1993 und
mit der Firma S. + U. Entsorgung GmbH sowie der MVA X. GmbH & Co. KG am 19. Juni
1997 geschlossenen Vertragswerke den preisrechtlichen Anforderungen gemäß der
Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen und den auf § 8 der
vorgenannten Verordnung beruhenden Leitsätzen für die Preisermittlung auf Grund von
Selbstkosten - LSP. Aus den vertraglichen Vereinbarungen von Dezember 1993 folgt,
dass die Vertragsparteien Entsorgungsentgelte auf der Grundlage von
Selbstkostenpreisen vorsehen wollten. Laut Rahmenvertrag zwischen dem Kreis B. , der
Stadt B. und der B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH vom 23. Dezember 1993
ist diese Gesellschaft im Wesentlichen zur eigenverantwortlichen Sicherstellung der
ordnungsgemäßen Entsorgung der im Kreis- und Stadtgebiet anfallenden Abfälle gegen
eine Vergütung in Form von Entgelten nach einer von ihr zu erlassenden und von Stadt
und Kreis zu genehmigenden Entgeltordnung verpflichtet. Nach § 6 Abs. 1 des
Rahmenvertrages hat sie bei der Ermittlung der Entgelte die im
Kommunalabgabengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen enthaltenen Grundsätze
der Vollkostendeckung und der Äquivalenz von Leistung und Entgelt nach Maßgabe der
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Grundsätze des § 9 LAbfG zu beachten. Gemäß § 2 Abs. 2 des Entgeltvertrages
zwischen der Stadt B. und dieser Gesellschaft vom 17. Dezember 1993 verpflichtete
sich die B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH bei der Ermittlung ihrer Entgelte zur
Einhaltung der Vorschriften des öffentlichen Preisrechts, ferner zur Berücksichtigung der
Grundsätze der Vollkostendeckung sowie der Äquivalenz von Leistung und
Gegenleistung. Nach § 2 Abs. 2 des Entgeltvertrages hat die Entgeltkalkulation den
jeweils geltenden preisrechtlichen Vorschriften des öffentlichen Preisrechts gemäß der
Verordnung PR Nr. 30/53 und den Leitsätzen über die Preisermittlung aufgrund von
Selbstkosten zu entsprechen. Im Rahmen der Vollkostendeckung ist nach dem
Rahmenvertrag vom 23. Dezember 1993 und dem Entgeltvertrag vom 17. Dezember
1993 eine den betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entsprechende, angemessene
Entgeltgestaltung zugrunde zu legen, die eine angemessene Eigenkapitalverzinsung,
einen angemessenen Gewinn und eine angemessene Risikovergütung enthält.
Die auf der Grundlage des vorgenannten Vertragswerkes insbesondere für die durch die
MVA X. erbrachten Verbrennungsleistungen angesetzten Selbstkostenpreise sind
danach nicht zu beanstanden, soweit die Kammer von Amts wegen bzw. aufgrund des
Vorbringens der Beteiligten Veranlassung zu einer Überprüfung hat.
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Die Berücksichtigung von Selbstkostenpreisen für die Erbringung von
Verbrennungsleistungen durch die MVA X. GmbH & Co. KG steht nicht im Widerspruch
zu der Regelung des § 1 VO PR Nr. 30/53. Nach Abs. 1 der genannten Vorschrift ist für
Leistungen aufgrund öffentlicher Aufträge bei der Vereinbarung von Preisen
grundsätzlich Marktpreisen gemäß § 4 der Vorzug vor Selbstkostenpreisen gemäß §§ 5
bis 8 zu geben. Marktpreise für den von Kreis und Stadt B. zu entsorgenden
verbrennungsgeeignetem Abfall gab es im maßgeblichen Zeitpunkt nicht. Insoweit ist
entscheidungserheblich auf den Zeitpunkt der Fixierung des Preises für die Beurteilung
von dessen Zulässigkeit abzustellen. Die Auftragsverhältnisse, wie sie sich zu diesem
Zeitpunkt darbieten, bestimmen die Art des zulässigen Preistyps. Bei längerfristigen
Verträgen hat dieser Preistyp auch dann Bestand, wenn sich während der Laufzeit des
Vertrages die Verhältnisse ändern.
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Vgl. Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 7. Auflage
2001, § 1 Rn. 106.
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Danach ist die Berechnung der Verbrennungsentgelte auf der Grundlage von
Selbstkostenpreisen rechtlich nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht für
das Land Nordrhein-Westfalen hat in seiner bereits zitierten Entscheidung vom 5. April
2001 - 9 A 1795/99 - dargelegt, dass es im Zeitraum 1991 bis 1996 im Regierungsbezirk
L. zulässig war, mit einem privaten Betreiber einer Müllverbrennungsanlage einen
Selbstkostenpreis für Aufträge zur thermischen Verwertung von Rest- und Sperrmüll in
einer Größe von 100.000 bis 150.000 t/a zu vereinbaren, weil es insoweit für solch
große Abfallmengen keinen Markt gab. Von dem gleichen Ansatz ist auch die
erkennende Kammer in ihrem Urteil vom 22. Juni 2001 - 7 K 3321/97 - ausgegangen, so
dass es keiner weiteren Erörterung bedarf, ob an der damaligen Begründung
festgehalten wird.
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Ausgehend von Nr. 4 Abs. 2 LSP führt die verbrennungstechnische Auslegung der MVA
X. und ihre Entgeltordnung nicht zu einer Rechtswidrigkeit der danach ermittelten
Gebührensätze. Nach Nr. 4 Abs. 2 LSP sind in Preisermittlungen aufgrund von
Selbstkosten im Sinne dieser Leitsätze nach Art und Höhe nur diejenigen Kosten zu
50
berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistungen
entstehen. Zwar kann bei einer deutlichen Unterbeschäftigung einer Anlage (z.B. infolge
einer Überkapazität), eine wirtschaftliche Betriebsführung im Sinne von Nr. 4 Abs. 2 LSP
angezweifelt werden, da die Höhe der bei einer Leistungserstellung anfallenden Kosten
wesentlich vom Beschäftigungsgrad der eingesetzten Betriebsmittel bestimmt wird und
es gegebenenfalls zu einem erheblichen Kostenanstieg je Produktionseinheit kommt.
Vgl. Ebisch/Gottschalk, a.a.O., Nr. 4 LSP, Rn. 23.
51
Auch ist von einer Überkapazität der MVA X. auszugehen, die zunächst für die
Verbrennung von Abfallmengen errichtet wurde, die im Kreis und in der Stadt B. als
entsorgungspflichtige Körperschaften anfallen. Ausweislich der der Kammer
vorliegenden immissionsschutzrechtlichen rechtlichen Genehmigungen der
Bezirksregierung L. vom 30. Juni 1994 und 24. Februar 1995 wurde diese
Müllverbrennungsanlage mit drei Verbrennungsstraßen und einem Mülldurchsatz von
16 t/h geplant und errichtet. Im Dauerbetrieb sind dies bei 24 Stunden pro Tag und 365
Tagen im Jahr 420.480 t. Abschaltvorgänge und Stilllegungszeiten infolge auftretender
Betriebsstörungen oder notwendiger periodischer Wartungsmaßnahmen führen jedoch
dazu, dass nur ein bestimmter Anteil der Volllastjahreskapazität von
Müllverbrennungsanlagen tatsächlich zur Verfügung steht. Im Abfallentsorgungsplan für
den Regierungsbezirk L. , Band 2, Teilplan Siedlungsabfälle, Stand: Januar 1996 (unter
anderem auf Seite 33) wird von einer Verfügbarkeit von rund 85 % (also von etwa
360.000 t/a) ausgegangen. Vor der Inbetriebnahme der MVA X. wurden insoweit
Erfahrungssätze von 75 % bis 90 % genannt (Seite 3 der "Betriebswirtschaftlichen
Auswirkungen einer Verkleinerung der Müllverbrennungsanlage X. von 3 auf 2 Linien"
vom 11. August 1997 = K- UR/ES in der aus dem Verfahren gleichen Rubrums
beigezogenen Beiakte IXL). Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes
für das Land Nordrhein- Westfalen führen Abschaltvorgänge und Stilllegungszeiten
infolge auftretender Betriebsstörungen oder notwendiger periodischer
Wartungsmaßnahmen dazu, dass erfahrungsgemäß nur 70 % der Volllast-
Jahreskapazität von Müllverbrennungsanlagen tatsächlich zur Verfügung stehen.
52
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. April 2001 - 9 A 1795/99 -, a.a.O.; Schulte/Wiesemann,
a.a.O., § 6 Rn. 74, 30. Erg.Lfg. (März 2004).
53
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Ausnutzbarkeit einer
Müllverbrennungsanlage auch durch den Heizwert des zu entsorgenden Abfalls
mitbestimmt wird, kann für die MVA X. mithin von einer verfügbaren
Verbrennungskapazität von sicherlich ca. 290.000 t/a ausgegangen werden. Diese
Kapazitätsgröße wurde auch in dem zwischen dem Kreis und der Stadt B. , der
Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH, der damals noch in Gründung befindlichen
MVA X. GmbH & Co. KG sowie der Firma S. + U. Entsorgung GmbH geschlossenen
Zusammenarbeitsvereinbarung vom 19. Juni 1997 zugrunde gelegt.
54
Dieser Kapazität stehen ausweislich der von der C. Deutschen Warentreuhand
Aktiengesellschaft, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, geprüften Entgeltkalkulation 1998,
Anlage VI, für das Jahr 1998 Planmengen in Höhe von 128.020 t an thermisch zu
beseitigenden Abfallmengen aus dem Kreis und der Stadt B. gegenüber. In der
entsprechenden 1998 erstellten Kalkulation für 1999 ist der Planansatz für 1998 auf
122.549 t fortgeschrieben worden, während 120.040 t für 1999 erwartet wurden.
55
Die danach festzustellende Überkapazität rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, dass die
dadurch verursachten (Mehr-)Aufwendungen als so genannte Leerkosten nicht in die
Gebührenbedarfsberechnung des Beklagten als ansatzfähige Kosten eingestellt werden
dürfen. Die Entscheidung der Frage, ob und in welchem Umfang die Kosten einer im
Eigentum eines Dritten stehenden Anlage mit einer Überkapazität, die nicht auf eine
mangelnde Wahrnehmung der Unternehmerfunktion, sondern auf Verlangen eines
öffentlichen Auftraggebers zurückzuführen ist (hier von Stadt und Kreis B. ),
56
vgl. insoweit Ebisch/Gottschalk, a.a.O., Nr. 4 LSP Rn. 23; Dittmann, a.a.O., S. 417;
Schulte/Wiesemann, a.a.O., § 6 Rn. 77, 29. Erg.Lfg. (Sept. 2003),
57
als Fremdkosten an die Gebührenpflichtigen weitergegeben werden können, hängt von
der Beachtung des gebührenrechtlichen Grundsatzes der Erforderlichkeit von Kosten
als Ausprägung des allgemeinen abgabenrechtlichen Gebotes der sparsamen und
wirtschaftlichen Haushaltsführung ab. Hierdurch wird eine äußerste Grenze markiert, die
eine Kommune nicht überschreiten darf. Die Gebührenpflichtigen sollen danach nicht zu
Kosten überflüssiger Maßnahmen herangezogen werden. Den Einrichtungsträgern steht
jedoch bei der Beurteilung der Maßnahme als solcher wie auch der dafür entstandenen
Aufwendungen ein weiter Ermessensspielraum zu.
58
Vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 20. September 2001 - 12 A 10063/01 OVG -, KStZ
2002, 52; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Juni 1995 - 13 K 3903/94 -, NWVBl. 1995,
482 (487); Dittmann, a.a.O.; Schulte/Wiesemann, a.a.O., § 6 Rn. 69 f, 30. Erg.Lfg. (März
2004)
59
Überschritten wird diese Grenze erst, wenn das von dem Dritten beanspruchte Entgelt in
für die Kommune erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreicht, d.h.
sachlich schlechthin unvertretbar ist.
60
Vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 20. September 2001 - 12 A 10063/01 OVG -, KStZ
2002, 52; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Juni 1995 - 13 K 3903/94 -, a.a.O.; Dittmann,
a.a.O.
61
In diesem Zusammenhang ist auch das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip von
Belang, das aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
herzuleiten ist und nach dem öffentliche Abgaben nicht in einem gröblichen
Missverhältnis zu der von der öffentlichen Gewalt gebotenen Leistung stehen sollen.
Dieses Gebot ist auch dann zu beachten, wenn Entgelte für die Inanspruchnahme einer
Fremdleistung in die Gebührenkalkulation eingestellt werden.
62
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 1999 - 11 B 53.99 -, juris; kritisch hierzu VG
Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Juni 1995 - 13 K 3903/94 -, a.a.O.
63
Allerdings erfordert das Äquivalenzprinzip nicht, dass die vielfältigen Kosten, von denen
die Beantwortung der Frage abhängt, ob angefallene Kosten auf einer sparsamen
Haushaltsführung beruhen und in diesem Sinne erforderlich waren, zu Lasten der
Allgemeinheit gehen, was notwendig die Folge wäre, wenn Aufwendungen als nicht
gebührenfähig angesehen werden, obwohl sie sachlich nicht schlechthin unvertretbar
sind.
64
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2003 - 9 BN 3.03 -, NVwZ-RR 2003, 774, KStZ
65
2004, 12.
Zunächst stand es in dem bei einer gerichtlichen Überprüfung zu respektierenden und
durch Art. 28 Abs. 2 GG, 78 Abs. 1 Verf NW geschützten und nicht durch das
kommunale Gebührenrecht ausgeschlossenen weiten Organisationsermessen der Stadt
B. , sich im Rahmen der ihr obliegenden Aufgaben der Abfallentsorgung der B.
Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH bzw. der MVA X. GmbH & Co.KG als
beauftragten Dritten gemäß § 5 Abs. 7 LAbfG zu bedienen und sich für die thermische
Beseitigung von Abfall zu entscheiden.
66
Vgl. insoweit auch: BVerwG, Beschluss vom 23. November 1998 - 8 B 173.98 -, NVwZ
1999, 653.
67
Auch angesichts des zuvor festgestellten Umfangs der Überkapazität der MVA X. ist
letztlich ein Verstoß gegen das Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen
Haushaltsführung nicht mit der Folge gegeben, dass das für die Erbringung der
Verbrennungsleistung geforderte Entgelt eine grob unangemessene Höhe erreicht hat,
d.h. sachlich schlechthin unvertretbar ist. Zwar kann der sich auch in der von den
Klägern erwähnten "Stellungnahme zur Kapazitätsauslegung der MVA X. im Auftrag der
Stadt Baesweiler" des Öko-Institutes e.V. von April 1997 wiederfindenden Auffassung,
dass die tatsächliche Entwicklung der Abfallmengen aus der Stadt und dem Kreises B.
die bereits im Planungsstadium vorgetragene Kritik an der Dimensionierung der MVA X.
durchaus bestätigt hat, nicht mit Erfolg widersprochen werden. Jedoch folgt hieraus nicht
die Annahme eines Verstoßes gegen das aufgezeigte Gebot der gebührenrechtlichen
Erforderlichkeit. Ein derartiger Verstoß würde nur dann vorliegen, wenn die Schaffung
der Überkapazitäten auf einer schlechthin sachlich nicht vertretbaren Planung beruhen
würde.
68
Vgl. Lichtenfeld in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 740a, 27. Erg. Lfg. (Sept.
2002).
69
Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, auch wenn es bereits Ende der 80er und
Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts, d.h. vor der Unterzeichnung des auf
die Errichtung der MVA X. ausgerichteten Verträge im Dezember 1993, eine Reihe von
Anzeichen gab, dass sich die zu entsorgenden Abfallmengen deutlich reduzieren
würden. Gleichwohl sahen das Ministerium für Umwelt, Raumordnung und
Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und die Bezirksregierungen noch im
Jahr 1993 keine Veranlassung, die Abfallmengenprognosen für die
Gebietskörperschaften zu korrigieren. In Abfallmengenprognosen, die unter anderem für
die Bemessung der Kapazitäten für künftige Abfallentsorgungsanlagen verwendet
wurden, legte man in Nordrhein-Westfalen eine jährliche lineare Steigerung der
Abfallmengen von 1,5 % zugrunde. Des Weiteren hatte das vorgenannte Ministerium die
Bezirksregierungen und das Landesoberbergamt noch mit Runderlassen vom 5. März
und 30. April 1993 angewiesen, bei entsorgungspflichtigen Körperschaften des
öffentlichen Rechts auf eine frühestmögliche Umsetzung der Anforderungen der TA
Siedlungsabfall (TASI) hinzuwirken, die eine Ablagerung unbehandelter Abfälle
zukünftig ausschließen sollte. Des Weiteren wurde auch in Teilen der Literatur die
Meinung vertreten, dass im Hinblick auf die Müllverbrennung weniger die Befürchtung
zu hegen sei, dass den vorhandenen Anlagen der Brennstoff ausginge, denn nahezu
alle Müllverbrennungsanlagen würden eher an der oberen Kapazitätsgrenze betrieben.
70
Vgl. insoweit zusammenfassend: Dittmann, a.a.O., mit Nachweisen.
71
Eine schlechterhin unvertretbare Planungsentscheidung für die MVA X. kann aber
schon im Hinblick auf die entsprechenden Ausweisungen im Abfallentsorgungsplan für
den Regierungsbezirk L. , Stand: Januar 1992, nicht angenommen werden. Dieser auf
§§ 16, 17 LAbfG vom 21. Juni 1988 (in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur
Änderung des Landesabfallgesetzes und damit in Zusammenhang stehender
Vorschriften vom 24. November 1998 - GV NW. S. 666 - geltenden Fassung) beruhende
Abfallentsorgungsplan (S. 104/109) prognostizierte einen Verbrennungsbedarf für das
Jahr 2000 und für die Stadt sowie den Kreis B. zwischen 280.000 t bis 340.000 t und
sah bei einer Verfügbarkeit von 80 % eine Kapazitätsauslegung der (noch zu bauenden)
MVA X. von 400.000 t vor. Gemäß § 17 Abs. 5 LAbfG in der angesprochenen Fassung
wurden Abfallentsorgungspläne mit ihrer Bekanntgabe Richtlinien für alle behördlichen
Entscheidungen, Maßnahmen und Planungen, die für die Abfallentsorgung Bedeutung
hatten. Nach § 5 b Abs. 1 Satz 2 LAbfG in der Fassung des Gesetzes vom 14. Januar
1992 (GV NW. S. 32) hatte das Abfallwirtschaftskonzept von Kreis und Stadt B. von
September 1993, das gleich hohe Abfallmengen vorhersah, die Festsetzungen des
Abfallentsorgungsplanes 1992 zu beachten.
72
Die in die Gebührenberechnung einfließenden Verbrennungsentgelte stehen auch nicht
vor dem Hintergrund, dass die Bezirksregierung L. ab Mitte 1994 für das Jahr 2000 nur
noch zu verbrennende Abfallmengen aus Stadt und Kreis B. in Höhe von 234.589 t
erwartete und gleichwohl die MVA X. nicht umgeplant und kleiner gebaut wurde, im
Widerspruch zu dem gebührenrechtlichen Gebot der Erforderlichkeit. Ein solcher Fehler
ist unter anderem anzunehmen, wenn eine entsorgungspflichtige Kommune auf
Änderungen von Rahmenbedingungen offensichtlich sachwidrig reagiert, indem sie z.B.
eine zunächst vertretbar gewesene Prognoseentscheidung bei der Planung der in Rede
stehenden Entsorgungsanlage nicht oder nicht rechtzeitig anpasst, obwohl dies
eindeutig möglich und auch unter Berücksichtigung der durch eine veränderte Planung
voraussichtlich entstehenden Mehrkosten und zeitlichen Verzögerungen zweifelsfrei
zumutbar gewesen wäre.
73
Vgl. Lichtenfeld, a.a.O.
74
In einem derartigen Fall wäre das für die Erbringung der Fremdleistung beanspruchte
Entgelt sachlich schlechthin unvertretbar.
75
Vgl. zu diesem Kriterium bei der Erforderlichkeit, BVerwG, Beschluss vom 30. April 1997
- 8 B 105.97 -, Buchholz 401.9, Beiträge Nr. 38; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 20.
September 2001 - 12 A 10063/01 OVG -, a.a.O., Lichtenfeld, a.a.O., § 6 Rn. 740 a, 27.
Erg. Lfg. (Sept. 2002).
76
Die zuvor genannte Voraussetzung einer offensichtlich sachwidrigen bzw. offensichtlich
nicht ausreichenden bzw. unterbliebenen Reaktion auf die Reduzierung der
Abfallmengen liegt hinsichtlich der Müllverbrennungsanlage X. jedoch nicht vor.
77
Von ausschlaggebender Bedeutung für die Annahme, dass auf die drastische
Reduzierung von Abfallmengen nicht sachwidrig reagiert wurde, ist die vom 19. Juni
1997 datierende Zusammenarbeitsvereinbarung zwischen dem Kreis B. , der Stadt B. ,
der Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH sowie der Firma S. + U. Entsorgung GmbH
und der MVA X. GmbH &. Co. KG i.G. In Vollzug dieses Vertrages werden die von den
78
Gebührenzahlern aus der Stadt und dem Kreis B. aufzubringenden Kosten der
Müllverbrennung zunächst um einen Betrag in Höhe von 31.900.000,-- DM (220,-- DM/t
x 145.000 t) jährlich reduziert. Die Zusammenarbeitsvereinbarung sah die Übertragung
der MVA X. auf die neu zu gründende MVA X. GmbH & Co. KG vor, deren
Gesellschaftsanteile in den hier interessierenden Jahren zu je 50% bei der B.
Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH und der Firma S. + U. Entsorgung GmbH
lagen. Beide Gesellschafter garantierten für die zunächst vorgesehene Vertragslaufzeit
von 20 Jahren jeweils die Anlieferung von 145.000 t zu verbrennenden Abfalls je Jahr.
Für die Zeit bis zum 31. Dezember 2005 wurde der Firma S. + U. Entsorgung GmbH ein
Verbrennungspreis von 220,-- DM/t garantiert (für die Zeit danach soll ein Entgelt
entsprechend dem für das B. -Kontingent anfallen) und der insoweit die Gebührenzahler
entlastet. Auch werden nach dem in der Vereinbarung bestimmten Entgeltsystem,
welches ansonsten ausdrücklich auf die Vorschriften der Verordnung PR Nr. 30/53 über
die Preise bei öffentlichen Aufträgen Bezug nimmt, 50 % der in der MVA X. GmbH & Co.
KG kalkulierten, nicht gedeckten Kosten nicht über die B. Entsorgung GmbH an die
Stadt und den Kreis B. als deren Gesellschafter und damit an den Gebührenzahler
weitergegeben, sondern fließen (als Verlustvortrag) in die Bilanz der MVA X. GmbH &
Co. KG ein. Für das Jahr 1998 bedeutete dies zu Gunsten der Gebührenzahler bei
einem für die thermische Abfallbeseitigung prognostizierten Verlust von insgesamt
13.777 TDM (vgl. Anlage II, Blatt 2 der von der C. Deutschen Warentreuhand
Aktiengesellschaft geprüften Entgeltkalkulation 1998) eine Entlastung von 6.889 TDM.
Dieser Betrag liegt sogar noch über den in der vorgenannten Aufstellung enthaltenen
Wagnis- und Gewinnzuschlag von 5 % (der Nettoselbstkosten) in Höhe von 5.553 TDM.
Ausweislich der Vorbemerkung zu der Vereinbarung vom 19. Juni 1997 wurde diese
geschlossen, weil der Abfallentsorgungsplan der Bezirksregierung L. , Stand: Juli 1996,
verdeutliche, dass die Entwicklung des Abfallaufkommens in Kreis und Stadt B. die
Auslastung der im Bau befindlichen Müllverbrennungsanlage nicht mehr gewährleistete
und die Gebührenzahler entlastet werden sollten. Nach einer vom Beklagten mit
Schriftsatz vom 6. September 2004 auf der Grundlage der tatsächlichen Zahlen für 1998
vorgelegten Vergleichsberechnung wäre der auf die B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt
B. GmbH entfallende Durchschnittstonnenpreis ohne die
Zusammenarbeitsvereinbarung um ca. 90,-- DM höher ausgefallen. Bei dieser Sach-
und Rechtslage kann dahinstehen, dass der Beklagte in der vorgenannten
Vergleichsberechnung anscheinend das B. - Abfallkontingent gemäß der
Zusammenarbeitsvereinbarung zugrunde legte. Es müssten jedoch die Abfallmengen in
Ansatz gebracht werden, auf die ohne die Zusammenarbeitsvereinbarung die Kosten zu
verteilen gewesen wären. Wie weiter oben bereits erwähnt, wurden zum Zeitpunkt der
Aufstellung der Entgeltkalkulation 1999 für 1998 Abfallmengen aus der Stadt und dem
Kreis von (nur) ca. 122.500 t erwartet. Ausgehend hiervon wäre ohne die
Zusammenarbeitsvereinbarung noch ein deutlich höherer Durchschnittstonnenpreis
angefallen.
Soweit die Kammer in Urteilen vom 22. Juni 2001 unter anderem in dem Verfahren
gleichen Rubrums 7 K 3321/97 ausgeführt hat, dass infolge der in Rede stehenden
Zusammenarbeitsvereinbarung 50 % der kalkulierten verbleibenden nicht gedeckten
Kosten als so genannter B. -Aufschlag über die B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B.
GmbH in unzulässiger Weise an die Gebührenzahler weitergegeben würden, wird an
dieser Bewertung nicht festgehalten. Insoweit hat der Prozessbevollmächtigte des
Beklagten zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Ansatz nur dann richtig wäre,
wenn das Kalkulationsschema auf einer Vereinbarung beruhen würde, die vor Planung
und Errichtung der Anlage im Hinblick auf die zu erwartende Verbrennungskapazität
79
und deren Aufteilung zwischen der öffentlichen Hand einerseits und dem privaten
Mitgesellschafter andererseits getroffen worden wäre. Dann wäre es unter dem
Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Betriebsführung nach Nr. 4 LSP nicht zu
rechtfertigen, die der öffentlichen Hand zuzuordnenden Kosten zu Gunsten eines
Privaten zu erhöhen und dadurch den Kostenanteil zu übernehmen, der auf den privaten
Dritten als Differenz zwischen dem gezahlten Entgelt und den Selbstkosten der Anlage
entfiele. Ein solches Handeln zu Lasten der öffentlichen Hand wäre weder
betriebsnotwendig noch unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Handelns zu
rechtfertigen. Wie bereits aufgezeigt, stellt sich der maßgebliche Sachverhalt in
entscheidenden Punkten anders dar. Die Zusammenarbeitsvereinbarung datiert vom 19.
Juni 1997. Zu diesem Zeitpunkt war bereits der Probebetrieb für die MVA X. angelaufen,
und diese Vereinbarung stellt ausweislich ihrer Vorbemerkung, die Vertragsbestandteil
ist, eine Reaktion auf die Entwicklung von Abfallmengen dar, um die Belastung mit
Gebühren zu verringern.
In den Blick zu nehmen ist auch, dass eine kostenneutrale Umplanung der MVA X.
infolge der Reduzierungen von Müllmengen, worauf auch der Prokurist der B.
Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH - nunmehr B. Entsorgung GmbH - in der
mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, nur bis zu einem Zeitpunkt deutlich vor dem
im Juli 1994 erfolgten ersten Spatenstich möglich gewesen wäre. Aber bereits im
Dezember 1993 waren zu einem Zeitpunkt, als für die Stadt und den Kreis B. noch die
Vorgaben des Abfallentsorgungsplanes für den Regierungsbezirk L. , Stand: Januar
1992, der die MVA X. in der errichteten Form vorsah, maßgeblich waren, die Verträge für
die Errichtung und zum Betrieb der MVA X. mit drei Verbrennungsstraßen und einem
Durchsatz von rechnerisch 3 x 16 t/h x 24 h/Tag x 365 Tagen unterzeichnet worden. Den
Vertragsabschlüssen waren wiederum jahrelange Planungen vorausgegangen. In
diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass nach der von dem Beklagten
in dem Verfahren gleichen Rubrums 7 K 3321/97 eingereichten Stellungnahme der B. -
Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH - vom 11. August 1997 "Betriebswirtschaftliche
Auswirkungen einer Verkleinerung der Müllverbrennungsanlage X. von 3 auf 2 Linien"
eine für 1993 unterstellte entsprechende Umplanung zu ca. 30 % höheren
Verbrennungsentgelten geführt hätte. Als Gründe hierfür werden aufgeführt, dass zwar
einerseits die Verkleinerung der Anlage zu einer Investitionsersparnis von 82,65
Millionen DM (= 11,7 % der budgetierten Investitionssumme) geführt hätte. Aber
andererseits müsse davon ausgegangen werden, dass die Firma S. + U. Entsorgung
GmbH nicht die Anlieferung von 145.000 t/a zu einem Preis von 220,-- DM/t, sondern
allenfalls von 40.000 t/a garantiert hätte. Ebenso sei bei einer Verkleinerung davon
auszugehen, dass die vorgenannte Firma sich nicht zu 50 % an der MVA X. GmbH &
Co. KG beteiligt hätte, die wiederum gemäß der Zusammenarbeitsvereinbarung vom 19.
Juni 1997 50% der verbleibenden kalkulierten nicht gedeckten Kosten der MVA X. trägt.
Die Beantwortung der Frage, ob die hypothetischen Ansätze der angesprochenen
Stellungnahme zutreffend sind, kann jedoch dahingestellt bleiben, da schon aufgrund
der zuvor erörterten Gesichtspunkte nicht davon ausgegangen werden kann, dass auf
die Reduzierung von Abfallmengen seit 1994 in einer schlechthin sachwidrigen Art und
Weise reagiert wurde.
80
Schließlich verweist die Kammer zur Beurteilung der Frage, ob das von der MVA X.
GmbH &. Co. KG für die Erbringung von Verbrennungsleistungen geforderte Entgelt in
erkennbarer Weise eine gröblich unangemessene Höhe erreicht, d.h. sachlich
schlechthin unvertretbar ist, (lediglich) ergänzend noch darauf hin, dass das
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem bereits zitierten
81
Urteil vom 5. April 2001 - 9 A 1795/99 - einen Gebührensatz als rechtlich nicht zu
beanstanden angesehen hat, dem unter anderem ein für das Jahr 1996 von der
1991/1992 in Betrieb gegangenen Müllverbrennungsanlage Bonn gefordertes
Verbrennungsentgelt von 350,-- DM/t (ohne Mehrwertsteuer) zugrunde lag (S. 18 des
Urteilsabdruckes). Vor dem Hintergrund, dass die MVA X. erst in den Jahren 1994 bis
1997 errichtet wurde, der damit verbundenen Baupreissteigerungen und
unterschiedlichen Abschreibungszeiten kann bei einer vergleichenden Betrachtung der
für 1998 prognostizierte Durchschnittstonnenpreis von 413,-- DM/t (397,41 DM/t für
1999) nicht als sachlich schlechthin unvertretbar angesehen werden.
Ausgehend von der grundsätzlichen Ansatzfähigkeit der Verbrennungsentgelte und des
Grundsatzes, dass eine Gebührenbedarfsberechnung hinsichtlich eingestellter Entgelte
für Fremdleistungen nur dann fehlerhaft ist, wenn bei der im Zeitpunkt der
Prognoseentscheidung bzw. der Feststellung des Betriebsergebnisses gebotenen
Prüfung eine Reduzierung der Entgeltforderung absehbar und insofern nur ein
bestimmter niedrigerer Kostenansatz vertretbar war,
82
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2003 - 9 A 2954/03 -, a.a.O.,
83
sind unter Berücksichtigung des Betriebsergebnisses für das Jahr 1998 und der
gebotenen Überprüfung die für dieses Jahr maßgeblichen Gebührenfestsetzungen im
Ergebnis nicht zu beanstanden.
84
Zwar ist der Ansatz eines Gewinn- und Wagniszuschlages in Höhe von 2,5 % statt 1 %
der Nettoselbstkosten bei den (sonstigen) von der B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B.
GmbH erbrachten Fremdleistungen zu beanstanden,
85
vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 4. Oktober 2001 - 9 A 2737/00 -, a.a.O.,
86
und gemäß der vom Gericht insoweit angeforderten Neuberechnung um insgesamt
96.625,20 DM zu reduzieren.
87
Des Weiteren ist der für die kalkulatorischen Zinsen angenommene Ansatz von 8 %
überhöht. Unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Emissionsrenditen für Anleihen
der öffentlichen Hand zwischen 1955 und 1996 gemäß der Kapitalmarktstatistik der
Deutschen Bundesbank - II. Festverzinsliche Wertpapiere inländischer Emittenten, 7a),
Emissionsrenditen nach Wertpapierarten, Anleihen der öffentlichen Hand - von 7,27 %
sowie einer zulässigen Erhöhung bis zu ca. 0,5 % ergibt dies einen für 1998
ansatzfähigen Zinssatz von 7,8 %.
88
Vgl. insoweit OVG NRW, Urteil vom 13. April 2005 - 9 A 3120/03 - .
89
Dieser anzusetzende Zinssatz führt nach insoweit unbestrittenen Angaben des
Beklagten zu einer Kostenreduzierung von 22.283,20 DM.
90
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass nicht jede Verletzung des § 6
Abs. 1 Satz 3 KAG NRW normierten Kostenüberschreitungsverbotes zu einer
Unwirksamkeit der satzungsmäßig festgelegten Gebührensätze führt. Nach der
genannten Norm soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen
Kosten der Einrichtung oder Anlage nicht übersteigen. Anknüpfend an frühere
Rechtsprechung, nach der nur eine erhebliche oder gröbliche Verletzung des
91
Kostenüberschreitungsverbotes beachtlich war,
vgl. insoweit die Übersicht bei Schulte/Wiesemann, a.a.O., § 6 Rn. 257 ff., 30. Erg. Lfg.
(März 2004),
92
sind nach inzwischen ständiger Rechtsprechung Kostenüberschreitungen von bis zu 3
% der in rechtmäßiger Weise anzusetzenden Gesamtkosten noch als unerheblich
anzusehen.
93
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 - NVwZ 1995, 1233, NWVBl.
1994, 428, und zuletzt vom 13. April 2005 - 9 A 3120/03 -.
94
Das laut Betriebsabrechnung für das Jahr 1998 ermittelte Gebührenaufkommen von
62.939.747,41 DM zuzüglich eines Betrages in Höhe von 196.531,20 DM für den
Verkauf von Abfallsäcken und den darin enthaltenen Gebühren (= 63.136.278,61 DM)
übersteigt selbst unter Berücksichtigung der aufgezeigten problematischen
Kostenpositionen nicht das ansatzfähige Kostenvolumen um mehr als 3 %. Ausgehend
von dem in der Betriebsabrechnung für 1998 ermittelten gebührenfähigen Aufwand von
63.423.135,72 DM liegt die zu tolerierende 3 %ige Fehlergrenze bei 1.899.126,82 DM
(3% von 63.423.135,72 DM - 22.283,20 DM - 96.625,20 DM). Bei dieser Sach- und
Rechtslage und einem anzusetzenden Gebührenaufkommen von (nur) 63.136.278,61
DM kann die Frage offen bleiben, ob wie vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung
vorgetragen, zu den gebührensatzfähigen Aufwendungen noch 300.000,00 DM für die
Entsorgung so genannten wilden Mülls hinzuzurechnen sind.
95
Im Übrigen kann von Klägerseite nicht mit Erfolg gerügt werden, dass die
Entgeltkalkulation der B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. unter dem Vorbehalt einer
bisher nicht erfolgten Prüfung durch die Bezirksregierung L. als der nach § 9 VO PR
30/53 zuständigen Behörde für die Preisbildung und Preisüberwachung stehe. Ein
derartiger Vorbehalt ergibt sich zunächst nicht aus den Vorschriften des öffentlichen
Preisrechtes. Nach § 9 Abs. 2 VO PR 30/53 ist die entsprechende Behörde (lediglich)
berechtigt, zu überprüfen, ob die Vorschriften dieser Verordnung eingehalten wurden.
Ein entsprechender Vorbehalt ergibt sich auch nicht aus dem Entgeltvertrag zwischen
der Stadt B. und der B. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. vom 17. Dezember 1993. In §
2 Abs. 4 dieses Vertrages heißt es nur, dass gegebenenfalls preisrechtlich zulässige
Entgelte zu vereinbaren sind, wenn eine behördliche oder gerichtliche Preisprüfung
ergeben würde, dass die geforderten Entgelte preisrechtlich unzulässig sind. Danach ist
eine Gebührenbedarfsberechnung hinsichtlich eingestellter Entgelte für
Fremdleistungen - wie bereits erwähnt - nur dann fehlerhaft, wenn bei der im Zeitpunkt
der Prognoseentscheidung bzw. der Feststellung des Betriebsergebnisses gebotenen
Prüfung eine Reduzierung der Entgeltforderung absehbar und insofern nur ein
bestimmter niedrigerer Kostenansatz vertretbar war,
96
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2003 - 9 A 2954/03 -, a.a.O.
97
2. Rechtsgrundlage der streitigen Heranziehung für das Jahr 1999 und deren endgültige
Festsetzung ist die Abfallwirtschaftssatzung der Stadt B. vom 10. Dezember 1992 in der
Fassung der VI. Nachtrages vom 16. Dezember 1998 i. V. m. §§ 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst.
b) KAG NRW, § 165 AO. Die vorgenannte Abfallwirtschaftssatzung stellt ebenfalls
formell und materiell gültiges, mit höherrangigem Recht zu vereinbarendes Ortsrecht
dar, soweit die Kammer von Amts wegen oder aufgrund des Vorbringens der Beteiligten
98
Veranlassung zu einer Überprüfung hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird
zunächst auf die vorstehenden Ausführungen zu der satzungsrechtlichen Grundlage der
Heranziehung für das Jahr 1998 verwiesen.
Hinsichtlich der durch den IV. Nachtrag vom 30. Dezember 1996 in § 20 Abs. 2 Satz 2
AWS eingeführten Gebührenanpassungsklausel ist allerdings darauf hinzuweisen, dass
für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der für 1999 geltenden Gebührensätze auf die
dem Ratsbeschluss über den VI. Nachtrag zur Abfallwirtschaftssatzung vom 16.
Dezember 1998 zugrunde liegende und auf einer Prognose beruhenden
Gebührenkalkulation des Beklagten abzustellen ist. Durch den VI. Nachtrag vom 16.
Dezember 1998 (Art. IV) ist zugleich die in Rede stehende Anpassungsklausel mit
Wirkung für die Zukunft aufgehoben worden.
99
Danach sind die Gebührensätze für das Veranlagungsjahr 1999 rechtlich nicht zu
beanstanden. Soweit in der Kalkulation Verbrennungsentgelte enthalten sind, wird
wiederum auf die vorstehenden Ausführungen für das Gebührenjahr 1998 verwiesen.
100
Nach den zuvor dargestellten Ansätzen ist die Gebührenkalkulation für 1999 auch im
Übrigen nicht zu beanstanden. Dies gilt schon deshalb, weil den vom Rat der Stadt B.
am 16. Dezember 1998 für 1999 beschlossenen Abfallbeseitigungsgebühren eine
Gebührenkalkulation zugrunde lag, die eine gebührenmindernde Zuführung aus der
Gebührenausgleichsrücklage in Höhe von 4.800.000,00 DM vorsah. Diese Rücklage
wurde infolge der Rückerstattung von Verbrennungsentgelten wegen des verlängerten
Probebetriebes der MVA X. im Jahr 1997 gebildet. Diese freiwillige Zuführung ist jedoch
im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung des Kostenüberschreitungsverbotes (§ 6 Abs.
1 Satz 3 KAG NRW) nicht kostenmindernd zu berücksichtigen. Für die gerichtliche
Überprüfung von Kostenansätzen ist allein darauf abzustellen, welche Kosten nach § 6
Abs. 1 Satz 3 KAG NRW in Verbindung mit § 6 Abs. 2 KAG NRW gerechtfertigt sind.
Werden zum Zwecke der Verminderung der hiernach gerechtfertigten Kosten zu
Gunsten der Gebührenpflichtigen etwa periodenfremde Erträge in die Kalkulation
eingestellt oder erfolgt die Kostenminderung durch Entnahmen aus Rücklagen, sind
diese Kostenminderungen bei der gerichtlichen Überprüfung der Einhaltung des
Kostenüberschreitungsverbots außer Acht zu lassen.
101
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Januar 1998 - 9 A 6093/96 - und vom 19. März
1998 - 9 B 144/98 -, Städte- und Gemeinderat 1998, 154.
102
Im Hinblick auf die Höhe des vorgenannten Betrages führen weder zu hoch angesetzte
Gewinn- und Wagniszuschläge für Fremdleistungen seitens der B. Abfallwirtschaft Kreis
und Stadt B. GmbH oder der MVA X. GmbH &. Co. KG, die sich nach den in der
mündlichen Verhandlung gemachten Angaben insgesamt auf 176.300,00 DM belaufen,
noch zu hoch angesetzte kalkulatorische Zinsen, die statt mit 8 % gemäß den
Ausführungen für das Gebührenjahr 1998 lediglich mit höchstens 7,7 % angesetzt
werden könnten,
103
vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. April 2005 - 9 A 3120/03 -,
104
zur Rechtswidrigkeit der Gebührensätze. Gemäß der Anlage zum Schriftsatz des
Beklagten vom 11. Mai 2005 beträgt die entsprechende Zinsdifferenz lediglich
30.098,14 DM. Im Hinblick auf die (freiwillige) Zuführung aus der
Gebührenausgleichsrücklage könnte sogar der gesamte Ansatz für kalkulatorische
105
Zinsen außer Ansatz bleiben, ohne dass dies die Rechtswidrigkeit der festgesetzten
Gebührensätze zur Folge hätte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die übrigen prozessualen
Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11,
711 ZPO.
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