Urteil des VG Aachen vom 24.05.2002

VG Aachen: vernehmung von zeugen, abwasser, hauptsache, abgabe, stickstoff, analyse, klagerücknahme, datum, erlass, betriebsstörung

Verwaltungsgericht Aachen, 7 K 2721/98
Datum:
24.05.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 2721/98
Tenor:
1. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der
Hauptsache erledigt erklärt haben beziehungsweise die Klägerin die
Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
2. Der Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 25. August 1998 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. September 1998 sowie
des Änderungsbescheides vom 17. Mai 2002 betreffend die
Abwasserabgabe für die Einleitung von Schmutzwasser in den F. C. für
das Veranlagungsjahr 1997 wird aufgehoben, soweit in dem Bescheid
eine Abwasserabgabe von mehr als 60.427,50 DM festgesetzt wird.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung für die Klägerin gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 7.700,00 EUR vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung einer Abwasserabgabe für das Jahr
1997.
2
Die Klägerin leitete im Veranlagungsjahr 1997 aus der Kläranlage (KA) F1. Abwasser in
den F. C. ein. Grundlage dieser Einleitung war der Erlaubnisbescheid des vormaligen
Regierungspräsidenten Köln vom 17. Juli 1987 in Verbindung mit dem
Sanierungsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 24. April 1996. Sowohl der
Erlaubnis- als auch der Sanierungsbescheid setzte für den Parameter Chemischer
Sauerstoffbedarf (CSB) einen Überwachungswert von 60 mg/l fest.
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Am 19. November 1996 ging bei dem Beklagten eine Abgabeerklärung der Klägerin
gemäß § 6 Abwasserabgabengesetz (AbwAG) für das Veranlagungsjahr 1997 ein. In
dem entsprechenden Vordruck war für den Parameter CSB ein Überwachungswert von
50 mg/l, für den Parameter Phosphor (P gesamt) ein Wert von 2 mg/l sowie für den
Parameter Stickstoff (N anorganisch) ein Überwachungswert von 15 mg/l aufgeführt.
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Zum Jahreswechsel 1996/97 kam es in der KA F1. zu einer Betriebsstörung, in deren
Folge das Staatliche Umweltamt B. aufgrund einer Probenahme vom 6. Januar 1997
erhebliche Überschreitungen der in dem Erlaubnisbescheid bzw. der Erklärung nach § 6
AbwAG enthaltenen Überwachungswerte ermittelte. In Auswertung einer weiteren
Probenahme vom 12. August 1997 kam das Staatliche Umweltamt B. gleichfalls zu
einer Überschreitung, die sich jedoch diesmal auf den Parameter Phosphor
beschränkte. Zu den Überschreitungen im Einzelnen wird auf die in der Beiakte III, Blatt
5, enthaltene Liste Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 25. August 1998 setzte der Beklagte die Abwasserabgabe für das
Jahr 1997 betreffend die Einleitung aus der KA F1. , Einleitungs- nummer 156019/005,
auf einen Betrag in Höhe von 695.992,50 DM fest. Dieser Berechnung lag für den
Parameter CSB der im Sanierungsbescheid festgelegte Überwachungswert in Höhe
von 60 mg/l sowie das am 6. Januar 1997 gemessene Überwachungsergebnis von 252
mg/l zugrunde. Für den Parameter Phosphor bezieht sich die Festsetzung auf den
erklärten Überwachungswert von 2 mg/l sowie die Überwachungsergebnisse vom 6.
Januar 1997 in Höhe von 11,5 mg/l und vom 12. August 1997 in Höhe von 6,27 mg/l. In
Bezug auf den Parameter Stickstoff (NH4- N + NO2-N +NO3-N) ging die Festsetzung
von dem erklärten Überwachungswert von 15 mg/l aus. Aufgrund der für diesen
Parameter geltenden Mindestanforderung in Höhe von 18 mg/l wurde der Abgabesatz
gemäß § 9 Abs. 5 AbwAG um 75 % auf 17,50 DM je Schadeinheit ermäßigt.
5
Die Klägerin legte am 8. September 1998 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie
aus, dass hinsichtlich des Wertes CSB lediglich der in der Erklärung der Stadt
enthaltene Überwachungswert von 50 mg/l hätte angesetzt werden dürfen. Des
Weiteren seien die aufgrund der Probenahme am 6. Januar 1997 ermittelten Werte der
Abgabenerhebung nicht zugrunde zu legen, da diese Werte Folge einer nicht
vermeidbaren Betriebsstörung der Anlage gewesen seien. Daraus folge, dass auch der
für den Parameter "P gesamt" am 6. Januar 1997 ermittelte Wert nicht anrechenbar sei.
Gleiches gelte im Ergebnis auch für den bei der Probenahme am 12. August 1997
ermittelten P-Wert, der seine Ursache in der behördlicherseits genehmigten
Außerbetriebnahme eines der beiden Belebungsbecken gehabt habe.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 24. September 1998 wies der Beklagte den
Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er an, dass die Abwasserabgabe nicht an
einem bestimmtem Verhalten des Einleiters, sondern allein an den objektiven
Tatbestand der Einleitung von schädlichem Abwasser anknüpfe. Grund für Zahlung sei
somit lediglich die Verursachung der Gewässerbelastung, ohne Rücksicht darauf, ob
diese legal oder illegal, vermeidbar oder unvermeidbar sei.
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Die Klägerin hat am 23. Oktober 1998 Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung der
Bescheide in beschränkter Höhe weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt und vertieft
sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Sie ist der Auffassung, dass die
Probenahme am 6. Januar 1997 sowie die anschließende Laboranalytik nicht
ordnungsgemäß erfolgt seien und die ermittelten Werte der Abgabenfestsetzung
demzufolge nicht hätten zugrunde gelegt werden dürfen. Sie weist darauf hin, dass der
Probenahmeauftrag mangelhaft gewesen sei und die Probenahme selbst nicht
regelgerecht durchgeführt und dokumentiert worden sei.
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Nach Klageerhebung beantragte die Klägerin beim Beklagten den Erlass der
Abwasserabgabe in der angefochtenen Höhe. Gegen die Ablehnung dieses Antrags mit
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Bescheid vom 24. Februar 1999 erhob die Klägerin unter dem Datum des 26. März 1999
Widerspruch, über den bislang noch nicht entschieden ist. Mit am 18. September 1999
bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den
Beklagten zum Erlass der festgesetzten Abgabe in Höhe des mit der vorliegenden
Klage angefochtenen Teilbetrages des Festsetzungsbescheides zu verpflichten.
In der mündlichen Verhandlung am 26. April 2002 hat die Klägerin ihre Auffassung
hinsichtlich des Ansatzes eines niedriger erklärten Überwachungswertes für CSB von
50 mg/l nicht mehr aufrecht erhalten und dementsprechend die Klage in Höhe eines
Teilbetrages von 6.100,00 DM zurückgenommen. Als Reaktion auf den auf Wunsch der
Beteiligten unterbreiteten gerichtlichen Vergleichsvorschlag hat der Beklagte die
Abwasserabgabe unter Ausklammerung des am 12. August 1997 ermittelten
Überwachungsergebnisses für den Parameter P neu berechnet und durch
Änderungsbescheid vom 17. Mai 2002 auf einen Betrag von 276.538,37 EUR
festgesetzt. Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit teilweise - hinsichtlich des
reduzierten Abgabebetrages - übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt
haben,
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beantragt die Klägerin nunmehr schriftsätzlich,
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den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 25. August 1998 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 24. September 1998 sowie des Änderungsbescheides
vom 17. Mai 2002 aufzuheben, soweit in dem Bescheid eine Abwasserabgabe von
mehr als 60.427,50 DM festgesetzt wird,
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hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 24.
Februar 1999 zu verpflichten, der Klägerin die mit Bescheid vom 25. August 1998 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. September 1998 sowie des
Änderungsbescheides vom 17. Mai 2002 festgesetzte Abwasserabgabe für die
Einleitung von Schmutzwasser in den F. C. für das Veranlagungsjahr 1997
billigkeitshalber zu erlassen, soweit mit dem angesprochenen Festsetzungsbescheid
eine Abwasserabgabe von mehr als 60.427,50 DM festgesetzt worden ist.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er nimmt zunächst auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 24.
September 1998 Bezug. Des Weiteren führt er aus, dass der Rückgriff auf den CSB-
Bescheidwert in Höhe von 60 mg/l nicht zu beanstanden sei. Bescheidwerte im Sinne
von § 4 Abs. 1 Satz 2 AbwAG hätten regelmäßig Vorrang vor erklärten Werten nach § 6
Abs. 1 Satz 1 AbwAG. Eine Umdeutung in eine Erklärung nach § 4 Abs. 5 AbwAG
komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen
einer Erklärung nach § 4 Abs. 5 AbwAG - Unterschreitung des Bescheidwertes um
mindestens 20 % - nicht gegeben seien.
16
Die ermittelten Überwachungsergebnisse könnten der Abgabenerhebung ungeachtet
des Umstandes zugrunde gelegt werden, dass es im jeweiligen Zeitpunkt der
Probenahme Betriebsstörungen im Ablauf der Kläranlage gegeben habe. Es sei in der
Rechtsprechung anerkannt, dass Störfälle zu erheblichen Überschreitungen von
Überwachungswerten und damit zu einer starken Erhöhung der Abgabe führen könnten,
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auch wenn den Abgabenpflichtigen selbst kein Verschulden an dem Störfall treffe. Im
Übrigen wären die Witterungsbedingungen durch rechtzeitig eingeleitete
Präventivmaßnahmen beherrschbar gewesen.
Soweit die Klägerin die ordnungsgemäße Probenahme sowie Analytik in Frage stelle,
sei darauf hinzuweisen, dass das StUA B. mit Schreiben vom 5. September 2000
nochmals dargelegt und bestätigt habe, dass die Durchführung einer qualifizierten
Stichprobe entsprechend der Vorgaben des amtlichen Leitfadens "amtliche
Abwasserprobenahme in NRW", eine DIN-gerechte Homogenisierung und
Probenteilung sowie die Bestimmung des Konzentrationswertes für CSB als Mittelwert
einer Doppelbestimmung und für den Phosphatgehalt als Einzelbestimmung mit einer
Dreifachmessung ordnungsgemäß erfolgt seien.
18
Die Kammer hat über die Abwasserprobenahmen am 6. Januar und 12. August 1997
Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Zum Ergebnis wird auf die
Sitzungsniederschrift vom 26. April und 3. Mai 2002 verwiesen.
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Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Klägerin und des
Beklagten Bezug genommen.
20
Entscheidungsgründe:
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Soweit die Klägerin ihre Klage in der mündlichen Verhandlung am 26. April 2002
hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 6.100,00 DM zurückgenommen hat
beziehungsweise die Beteiligten den Rechtsstreit im Hinblick auf den durch den
Änderungsbescheid vom 17. Mai 2002 reduzierten Abgabebetrag übereinstimmend für
in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3
Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - einzustellen.
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Im Übrigen ist die Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der
Beteiligten nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ohne Durchführung
einer weiteren mündlichen Verhandlung entschieden werden kann, mit ihrem
Hauptantrag begründet.
23
Der Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 25. August 1998 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 24. September 1998 sowie des Änderungsbescheides
vom 17. Mai 2002 ist im (noch) angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt die
Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24
Rechtsgrundlage der Heranziehung zu der Abwasserabgabe für das Veranlagungsjahr
1997 sind die §§ 1, 3 und 4 des Abwasserabgabengesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 3. November 1994 (BGBl. I S. 3370) geändert durch Artikel 3 des
6. Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes vom 11. November 1996
(BGBl. I S. 1690). Die Erhebung der Abgabe setzt gemäß § 3 AbwAG voraus, dass das
Abwasser eine Schädlichkeit oberhalb der Schwellenwerte nach der Anlage zu § 3, Teil
A, aufweist und erfordert gemäß § 4 AbwAG, dass für eine Erhöhung der
Abwasserabgabe nach § 4 Abs. 4 AbwAG die Überwachungswerte überschritten
werden. Das Vorliegen einer solchen Überschreitung kann nicht festgestellt werden,
weil die vorliegend noch streitige Erhöhung der Abwasserabgabe auf der Grundlage
des § 4 Abs. 4 AbwAG auf einem Messergebnis der staatlichen Überwachung beruht,
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welches abgabenrechtlich nicht verwertbar ist.
Die der streitigen Festsetzung eines höheren Abgabebetrages als 60.427,50 DM
zugrunde liegenden Überwachungsergebnisse der Probenahme am 6. Januar 1997
sind nicht verwertbar, weil das angewandte Probenahmeverfahren nicht den rechtlichen
Anforderungen genügt.
26
Gemäß § 3 Abs. 1 AbwAG richtet sich die Höhe der Abgabe nach der Schädlichkeit des
Abwassers. Die Ermittlung des Schadstoffgehalts erfolgt nach dieser Vorschrift gemäß
der Anlage zu § 3 AbwAG, Teil B. Nach Satz 1 dieses Abschnitts werden die
Schadstoffgehalte aus der nicht abgesetzten, homogenisierten Probe bestimmt.
Hinsichtlich der Schadstoffanalyse zu den einzelnen Schadstoffparametern verweisen
die Ziffern 1. - 6. auf die nach der Allgemeinen Rahmenvorschrift über
Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer - Rahmen-
AbwasserVwV - vom 8. September 1989 (Ziff. 2 des Anhangs [Analyseverfahren])
jeweils für die Parameter vorgeschriebenen Bestimmungsverfahren. Diese Verweisung
ist inhaltlich durch die am 1. April 1997 In-Kraft-getretene Anpassung des Teil B der
Anlage zu § 3 AbwAG an die Abwasserverordnung vom 21. März 1997 unverändert
geblieben. In der Rahmen- AbwasserVwV sind daneben unter Ziffer I. des Anhangs die
der Analyse vorgelagerten allgemeinen Verfahren geregelt. Dass diese allgemeinen
Verfahren ebenfalls - wenn auch nicht ausdrücklich - in der Anlage zu § 3 AbwAG, Teil
B, in Bezug genommen sind, ergibt sich zwangsläufig aus der herausragenden
Bedeutung der der jeweiligen Analyse vorangehenden Art und Weise der Ziehung und
Behandlung der Abwasserprobe. Denn die ordnungsgemäße, also sachgerechte und
einheitliche Probenahme, stellt eine wichtige Voraussetzung für die Präzision und
Richtigkeit der späteren Analyse dar. Ihr kommt eine besondere Bedeutung zu, weil die
Fehlermöglichkeiten hierbei in der Regel erheblich größer sind als bei der analytischen
Untersuchung selbst.
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Vgl. Köhler, Abwasserabgabengesetz, 1999, Anlage (zu § 3), Rn. 39; siehe auch
Landesamt für Wasser und Abfall, LWA- Merkblätter Nr. 10, amtliche
Abwasserprobenahme in NRW - Leitfaden -, Juli 1992, S. 5.
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Hieraus folgt, dass bereits für die Beprobung von Abwasser die dem Stand der
Wissenschaft und Technik - vgl. § 3 Abs. 4 AbwAG - entsprechende DIN 38402-11
"Allgemeine Angaben (Gruppe A) Teil 11: Probenahme von Abwasser (A 11)" zu
beachten ist.
29
Vgl. Köhler, Abwasserabgabengesetz, a.a.O.
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Daneben ergibt sich die Anwendbarkeit dieser DIN-Vorschrift über die Entnahme der
Abwasserprobe auch aus der unter Ziffer I. 1. "Allgemeine Verfahren" des Anhangs der
Rahmen-AbwasserVwV in Bezug genommenen DIN 38402- A30 über die
Vorbehandlung, Teilung und Homogenisierung heterogener Abwasserproben. Dort
heißt es unter Ziffer 3 Grundlagen: "Die Wasserprobe wird unter Berücksichtigung der
Hinweise zur Probenahme in DIN 38402 Teil 11 [...] entnommen." Dieser
Zusammenhang macht deutlich, dass für eine regelgerechte Behandlung einer
Abwasserprobe die vorangegangene DIN- und damit regelgerechte Probenahme
unverzichtbare Voraussetzung ist.
31
Vorliegend ist die Probenahme am 6. Januar 1997 nicht entsprechend der DIN 38402-
32
11 durchgeführt worden.
Dabei kann, auch wenn bereits Beachtliches dafür sprechen dürfte, zunächst
dahinstehen, ob die nach der Errichtung der KA F1. vorgenommenen baulichen
Veränderungen der Probenahmestelle durch den Einbau einer Metallwand bereits von
vornherein eine regelgerechte Probenahme ausgeschlossen hätten. Denn die
Probenahme am 6. Januar 1997 erfolgte nach den Bekundungen des Zeugen G. , der
an diesem Tag die Abwasserproben an der Probenahmestelle entnommen hat,
jedenfalls in einer Art und Weise, die den DIN-Vorgaben nicht entsprach.
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In Ziffer 7.4. "Technik der Probenahme" Unterpunkt 7.4.1 "Allgemeines" der DIN 38402-
11 heißt es:
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"Bei Ableitungen in den Vorfluter ist auf einen möglichen Rückstau oder auf eine
Gegenströmung aus dem Vorfluter zu achten, damit keine verfälschte Probe entnommen
wird."
35
Unter Ziffer 7.4.2 "Manuelle Probenahme" heißt es in Absatz 2:
36
"Bei der Probenahme mittels Schöpfbechern aus Gerinnen ist darauf zu achten, dass
das Schöpfgefäß unter der Wasseroberfläche mit einer der Strömung angepassten
Geschwindigkeit bewegt wird."
37
Diesen Anforderungen wurde die Probenahme am 6. Januar 1997 nicht gerecht. Nach
der in der vorangegangenen mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahme
steht zu Überzeugung des Gerichts aufgrund der Bekundungen des Zeugen G. zunächst
fest, dass die Probenahme an diesem Tag aus dem Bereich der Probenahmestelle Q
vor der Metallwand (Ablaufkante) entnommen wurde. Der Zeuge G. hat insoweit erklärt,
dass er in der KA F1. Abwasserproben regelmäßig aus dem Bereich zwischen der
Wand zur Mengenmessung und der Ablaufkante entnommen hat und den Schöpfbecher
insgesamt unter die Wasseroberfläche eingetaucht hat. In diesem vorderen Bereich der
Probenhamestelle Q trat jedoch durch eine bereits im Jahr 1981 eingebaute Metallwand
zum einen ein nach der DIN-Regelung zu vermeidender Rückstau des Abwassers ein,
zum anderen wies der Abwasserstrom aus diesem Grund nicht die erforderliche
Fließrichtung in Richtung des Vorfluters auf. Diese Einschätzung der
Strömungsverhältnisse in dem vorderen Bereich der Probenahmestelle wird auch durch
die Aussage des Zeugen T. - dem Klärmeister der KA F1. - sowie der von diesem
Zeugen gefertigten Skizze der baulichen Verhältnisse in diesem Bereich im
maßgeblichen Zeitraum (vgl. Bl. 227 der Gerichtsakte), die zwischen den Beteiligten
unstreitig sind, bestätigt. Der Zeuge T. hat bekundet, dass die Metallwand gerade aus
dem Grund eingebaut worden sei, einen Rückstau des Abwasserstromes
herbeizuführen. Dies sei erforderlich gewesen, um durch die dadurch eintretende
Vermeidung von Lufteinschlüssen ein ordnungsgemäßes Funktionieren der
vorgelagerten Mengenmesseinrichtung zu gewährleisten. Es sei aufgrund dieser
baulichen Verhältnisse zu Turbulenzen im Probenahmebereich und zu Rückstaus
gekommen. Dieser Sachverhalt hat nach Aussage des Zeugen T. dazu geführt, dass es
in den Ecken des Probenahmebereichs, wie anlässlich einer Trockenlegung vor
Kurzem festgestellt worden sei, zu Ablagerungen von Kies und Steinen gekommen sei.
Auch dieser Umstand macht deutlich, dass in dem Bereich zwischen der
Mengenmessung und der Metallwand ("Ablaufkante") keine gleichmäßige und
ausreichende Fließrichtung des Abwasserstromes gegeben war, die für eine DIN-
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gerechte Probenahme erforderlich gewesen wäre.
Letztlich hat auch der Vertreter des StUA B. in der mündlichen Verhandlung diesen
probenahmetechnisch problematischen Zustand eingeräumt. Nach seiner Erklärung ist
die vorhandene Metallwand kurze Zeit vor der mündlichen Verhandlung durch ein sog.
Thompsonwehr mit V-Einschnitt ersetzt worden. Dieser Umbau habe den Zweck gehabt,
Rückstaus zu vermeiden und die Strömungsverhältnisse zu verbessern.
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Sind daher die im Rahmen der amtlichen Gewässerüberwachung am 6. Januar 1997
ermittelten Schadstoffkonzentrationen aufgrund einer nicht DIN-gerechten Probenahme
abgabenrechtlich nicht verwertbar, ist die für die Anwendung des § 4 Abs. 4 AbwAG
erforderliche Überschreitung der bescheidrechtlichen Überwachungswerte nicht
feststellbar. Es verbleibt damit bei der Abgabenfestsetzung auf der Grundlage der
bescheidrechtlichen Überwachungswerte nach § 4 Abs. 1 AbwAG. Hiervon ausgehend
ergeben sich für den Parameter CSB 1.680, für den Parameter Phosphor 933 sowie für
den Parameter Stickstoff 840 Schadeinheiten. Multipliziert mit dem aufgrund der
Einhaltung der Mindestanforderungen nach § 9 Abs. 5 AbwAG um 75 % auf 17,50 DM
zu ermäßigenden Abgabesatz ergeben sich hieraus Abgabebeträge in Höhe von
29.400,00 DM für CSB, 16.327,50 DM für Phosphor und 14.700,00 DM für Stickstoff,
insgesamt somit ein rechtmäßig festzusetzender Abgabebetrag in Höhe von 60.427,50
DM. Da der Bescheid hinsichtlich dieses Betrages nach der teilweisen Klagerücknahme
der Klägerin bestandskräftig ist und lediglich der darüber hinausgehende Abgabebetrag
(noch) angefochten ist, war der Klage mit dem entsprechend beschränkten Hauptantrag
insgesamt stattzugeben.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3, 161
Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich des von den Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache
für erledigt erklärten Teils entspricht es der Billigkeit, die Kosten ebenfalls dem
Beklagten aufzuerlegen, da dieser den Festsetzungsbescheid nach Überprüfung seiner
Rechtsansicht zu Gunsten der Klägerin teilweise abgeändert hat. Soweit die Klägerin
die Klage in Höhe eines Betrages von 6.100,00 DM zurückgenommen hat, hat sie zwar
grundsätzlich gemäß § 155 Abs. 2 VwGO die Kosten zu tragen. Jedoch ist für die
Bildung der einheitlichen Kostenquote zwischen dem zurückgenommenen und dem
streitig entschiedenen Teil wieder auf § 155 Abs. 1 VwGO zurückzugreifen,
41
vgl. Eyermann/Rennert, Verwaltungsgerichtsordnung, 11. Aufl. 2000, § 155 Rn. 7.
42
Nach § 155 Abs. 1 Satz 3 waren auch die Kosten der teilweisen Klagerücknahme dem
Beklagten aufzuerlegen, da die Klägerin insoweit nur zu einem geringen Teil (rund 1 %)
unterlegen ist. Ob durch die weitergehende Anfechtung zusätzliche Kosten verursacht
worden sind, ist - insoweit anders als bei § 92 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) -
unerheblich.
43
Vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: 2. Erg.-Lfg.
November 1999, § 155 Rn. 13.
44
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in
Verbindung mit § 709 ZPO.
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