Urteil des VG Aachen vom 10.12.2001

VG Aachen: klagebefugnis, umweltverträglichkeitsprüfung, körperliche unversehrtheit, rechtsschutz, freizügigkeit, europäische menschenrechtskonvention, gütliche einigung, körperliche integrität

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
1
2
3
4
Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Aachen, 9 K 684/00
10.12.2001
Verwaltungsgericht Aachen
9. Kammer
Urteil
9 K 684/00
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, und zwar sowohl
für den Beklagten als auch für die Beigeladene gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 3.600,00 DM.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Zulassung des Rahmenbetriebsplans für den Tagebau
Garzweiler I/II, Zeitraum 2001 - 2045.
Er ist Miteigentümer der Hof- und Gebäudefläche in Erkelenz, K. , mit der katasteramtlichen
Bezeichnung Gemarkung G1, sowie Pächter eines E. - und M. geschäftes in Immerath.
Nach den Angaben der Beigeladenen sollen die Umsiedlung ab dem Jahre 2005 und die
bergbauliche Inanspruchnahme der Fläche ab dem Jahre 2017 erfolgen.
Nachdem der Beklagte unter dem 22. Dezember 1997 den Rahmenbetriebsplan für den
Tagebau Garzweiler I/II vom 5. Oktober 1987 mit Änderungen und Ergänzungen vom 31.
August 1995 für den Zeitraum 2001 - 2045 zugelassen hatte, erhob der Kläger am 22.
Januar 1998 Widerspruch, den der damalige Verfahrensbevollmächtigte im Wesentlichen
dahin gehend begründete, der Rahmenbetriebsplan enthalte - anders als etwa Haupt- oder
Sonderbetriebspläne - noch keine Gestattungswirkung für das bergbauliche Vorhaben.
Dennoch sei die erforderliche Widerspruchsbefugnis anzunehmen. Im Gegensatz zum
Braunkohlenplan besitze nämlich die streitbefangene Entscheidung des Beklagten die für
die Annahme eines Verwaltungsakts erforderliche Außenwirkung für den Bürger. Da ein
Rechtsschutz gegen die eventuell erforderliche Grundabtretung nicht effektiv sei, müssten
sich die Betroffenen gegen den Rahmenbetriebsplan wehren können. Im Hinblick auf die
Konzentrationswirkung sei dies für die in Form eines Planfeststellungsbeschlusses
ergehende Zulassung des Rahmenbetriebsplans ohne weiteres anzunehmen. In Fällen der
vorliegenden Art, in denen dieses Verfahren umgangen werde, könne nichts anderes
gelten. Nicht zuletzt für Pächter fände Rechtsschutz im Grundabtretungsverfahren nicht
statt. Dieses komme im Übrigen zu spät. Der demgemäß zulässige Widerspruch sei
begründet. So sei das erforderliche Planfeststellungsverfahren mit einer
Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden. Die Durchführung sei auch nicht
5
6
Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden. Die Durchführung sei auch nicht
ausnahmsweise nach bergrechtlichen Vorschriften entbehrlich gewesen, und der
Braunkohlenplan enthalte keine die Umweltverträglichkeitsprüfung gegebenenfalls
entbehrlich machende Genehmigungsentscheidung. Es komme hinzu, dass die im
Braunkohlenplan durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung nicht den Anforderungen
des Bundesberggesetzes genüge. Neben der Tatsache, dass bestimmte Unterlagen nicht
ausgelegt worden seien, sei entscheidend, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung
inhaltliche Defizite aufweise. Des Weiteren könne eine Planumweltverträglichkeitsprüfung
die erforderliche Projektumweltverträglichkeitsprüfung nicht ersetzen. Schließlich sei für
das Trapezstück zwischen Garzweiler I und II eine Umweltverträglichkeitsprüfung gar nicht
durchgeführt worden. Darüber hinaus genüge der Rahmenbetriebsplan den
europarechtlichen Anforderungen an eine Verträglichkeitsuntersuchung nicht. Denn es sei
weder die erforderliche Verträglichkeitsprüfung nach der Flora-Fauna-Habitat- Richtlinie
noch diejenige nach der Vogelschutzrichtlinie durchgeführt worden. Darüber hinaus ergebe
sich die Rechtswidrigkeit des Rahmenbetriebsplans daraus, dass dieser die von ihm als
geklärt bezeichneten wasserwirtschaftlichen Fragen nicht einer Klärung zuführe. Die
Zulassungsentscheidung setze sich auch nicht in dem gebotenen Umfang mit den
Eingriffsfolgen des Tagebaus im Hinblick auf die Schutzgüter Mensch, Eigentum und
Einrichtungen auseinander. Schließlich sei der Tagebau weder erforderlich noch
verhältnismäßig.
Durch Bescheid vom 24. Februar 2000, zugestellt am 26. Februar 2000, wies das
Landesoberbergamt Nordrhein-Westfalen (nunmehr: Bezirksregierung Arnsberg - Abt. 8,
Bergbau und Energie in NRW -) den Widerspruch zurück. Zur Begründung ist im
Wesentlichen ausgeführt, es bestünden bereits erhebliche Zweifel an der
Widerspruchsbefugnis. Diese könnten letztlich auf sich beruhen, da der Widerspruch
infolge Rechtmäßigkeit der getroffenen Zulassungsentscheidung und fehlender
Rechtsverletzung des Klägers unbegründet sei. So habe etwa weder eine Verpflichtung zur
Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens noch eine Pflicht zum Durchführen einer
Umweltverträglichkeitsprüfung bestanden. Mangels gestattender Wirkung der Zulassung
des Rahmenbetriebsplans für das konkrete Abbauvorhaben scheide ein Eingriff in die
Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit, der Glaubens- und Gewissensfreiheit, der
Freizügigkeit und des Eigentums aus.
Der Kläger hat am Montag, dem 27. März 2000, Klage erhoben. Er trägt vor: Der von der
Beigeladenen im Jahre 1987 eingereichte Rahmenbetriebsplan sei nicht zugelassen
worden. Die in den Jahren 1992 und 1995 eingereichten Rahmenbetriebspläne beträfen
eigenständige Vorhaben, die auf der Grundlage selbstständiger Anträge zugelassen
worden seien. Der Beklagte setze sich nicht inhaltlich mit seinen, des Klägers, Rechten
auseinander. Da mit der Zulassung des Rahmenbetriebsplans der vollständige Abbau
seines Grundeigentums vorgesehen sei, sei vor dem Hintergrund einer sich
abzeichnenden Inanspruchnahme seiner Grund- und Geschäftsflächen und der
erforderlichen Umsiedlung eine mögliche Verletzung in den Grundrechten aus Art. 14 Abs.
1, 11 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) sowie des Rechts aus
Art. 19 Abs. 4 GG gegeben. Die mögliche Rechtsverletzung sei nicht eindeutig
auszuschließen, so dass seine Klagebefugnis anzunehmen sei. Die Klage sei infolge
Grundrechtsbeeinträchtigung auch begründet. So enthalte das Bundesberggesetz
(BBergG) Einfallstore für die Berücksichtigung von Grundrechten. Wegen ihrer Funktion,
dem Vorhaben zu bescheinigen, dass ihm keine überwiegenden öffentlichen Interessen
entgegenständen und keine gemeinschädlichen Einwirkungen von ihm ausgingen,
beinhalte die Zulassungsentscheidung des Beklagten die Aussage, dass sich die
Betroffenen gegen das Vorhaben nicht im Verwaltungsverfahren hätten durchsetzen
können. Demgemäß müssten die bergrechtlichen Regelungen eine Überprüfung der
Grundrechte bei der Entscheidungsfindung vorsehen. Es komme hinzu, dass der
Hauptbetriebsplan nur die betrieblichen Details der Betriebsführung regele. Demgegenüber
seien die Gesichtspunkte, die der Rahmenbetriebsplan abgedeckt habe, nicht mehr
Gegenstand der Prüfung von Hauptbetriebsplänen. Konkret bedeute dies, dass die
Überbaggerung nicht mehr geprüft werde. Mit der Zulässigkeit des Rahmenbetriebsplans
sei daher die Grundentscheidung der Vorhabensdurchführung getroffen worden.
Demgegenüber sei es auch ineffektiv, immer wieder neu die Zulässigkeit des Vorhabens
zu prüfen. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob die Inanspruchnahme
eines Grundstücks zulässig sei. Werde dies erst im Grundabtretungsverfahren geprüft, so
bedeute dies keinerlei effektiven Rechtsschutz. Das Abwarten des
Grundabtretungsverfahrens sei aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen unzumutbar.
Effektiver Rechtsschutz könne nur gegen die streitbefangene Zulassungsentscheidung
gewährleistet werden, weil es zwischen der grundsätzlichen, die Inanspruchnahme der
Wohnorte vorsehenden Zulassung der Tagebauplanung der Beigeladenen und dem
(theoretischen und nur auf das Eigentum bezogenen) Grundabtretungsverfahren keine
weiteren von Seiten der Bürger angreifbaren Entscheidungen betreffend den Tagebau
gebe. Die eigentlichen Folgen der tagebaubedingten Betroffenheit ergäben sich bereits
durch das im Vorfeld ausgelöste Umsiedlungsgeschehen. Zu dem Zeitpunkt, in dem das
Grundabtretungsverfahren gegebenenfalls durchgeführt werde, seien die Rechtsgüter,
deren Beachtung verlangt werde, bereits unwiderruflich verletzt. Der Erhalt des formal
eventuell noch vorhandenen Eigentums sei dann sinnlos geworden. Demgemäß sei die
streitige Entscheidung hinsichtlich der grundsätzlichen Zulässigkeit der
Tagebaudurchführung der entscheidende Auslöser für die Beeinträchtigungen auf
Klägerseite. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom
16. März 1989) gewährleiste § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG Drittschutz. Mit der Zulassung des
Vorhabens sei bereits ein hinsichtlich des Eigentumsgrundrechts unvermeidbarer
Nutzungskonflikt erkennbar. Vergleichbares gelte für andere Grundrechte. Auch über § 55
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(Urteil vom 13. Dezember 1991) ein Drittschutz von Gesundheit, Leben und Sachgütern
von Betroffenen gewährleistet. Wenngleich die Vorschrift des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9
BBergG grundsätzlich nicht drittschützend sei, so könne trotzdem die fehlende
Übereinstimmung des Tagebauvorhabens der Beigeladenen mit dem Allgemeinwohl
geltend gemacht werden. Durch den vollständigen Abbau der Oberfläche komme es nicht
nur zu einem Eingriff in Rechte so genannter Oberflächeneigentümer, sondern auch in
diejenigen des Allgemeinwohls als des Zusammenschlusses einer Mehrzahl von
Personen. Eine Grundrechtsbetroffenheit ergebe sich bereits daraus, dass der Beklagte ein
Vorhaben zugelassen habe, das die Durchführung eines Tagebaus auf Flächen zum Inhalt
habe, auf denen sich unter anderem bebaute Grundstücke befänden. Es komme hinzu,
dass im Rahmen der Zulassung eine inhaltliche Prüfung der Vereinbarkeit mit
Grundrechten ausgeblieben sei und demgemäß Rechtsschutz gegen die
Vorhabenzulassung in Form einer materiellen Prüfung in dem für die Beachtung von
Grundrechten entscheidenden Verfahren nicht gewährt worden sei. Im Hinblick auf das
Eigentumsgrundrecht sei zu berücksichtigen, dass bei der Durchführung des Vorhabens
die schwerste Beeinträchtigung von Oberflächeneigentum eintrete. Wegen der
bevorstehenden Inanspruchnahme sei das Oberflächeneigentum langfristig nicht mehr
uneingeschränkt nutzbar. Der Beklagte habe sich nicht, wie erforderlich, inhaltlich mit
dieser Rechtsposition auseinandergesetzt. Die Annahme, dass Rechtsschutz im
Grundabtretungsverfahren gewährleistet werde, gehe fehl. Dieses Verfahren stelle nämlich
kein geeignetes Mittel zur Beachtung des Grundrechts dar, zumal es keinen effektiven
Rechtsschutz gewährleiste. Darüber hinaus fänden die Grundrechte der Freizügigkeit, der
Berufsfreiheit und der körperlichen Unversehrtheit im Grundabtretungsverfahren keine
Berücksichtigung. Die Zulassung des Rahmenbetriebsplans nehme die bergbauliche
Nutzung des Grundeigentums vorweg. Sofern man davon ausgehe, dass das
Bundesberggesetz keine Berücksichtigungsmöglichkeit für das Eigentumsgrundrecht
eröffne, sei über Art. 1 Abs. 3 GG gesondert auf Art. 14 Abs. 1 GG zurückzugreifen. Da
dieses Grundrecht bei der streitbefangenen Zulassungsentscheidung nicht berücksichtigt
worden sei, liege ein ungerechtfertigter Grundrechtseingriff vor. Unter Berücksichtigung der
vorerwähnten Tragweite der Rahmenbetriebsplanzulassung gehe der Verweis auf das
Grundabtretungsverfahren fehl. Denn die Grundrechtsbefugnis könne dort nicht mehr
angemessen wahrgenommen werden. Letztlich werde sie sogar unmöglich gemacht. Da
durch die Genehmigungslage des Tagebaus dessen wirksame Abwehr nicht möglich sei,
liege bereits jetzt ein Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG vor. In diesem Zusammenhang sei das
Zusammentreffen verschiedener rechtlicher und tatsächlicher Umstände
zusammenfassend zu berücksichtigen: Neben der Intensität der
Eigentumsbeeinträchtigung sowie der Bedeutung des Eigentums an Grundstücken sei die
Wirkung der Zulassung des Rahmenbetriebsplans auf die Betroffenen im Hinblick auf die
Unzumutbarkeit des Abwartens bergrechtlicher Grundabtretungsverfahren ebenso zu
berücksichtigen wie die mangelnde Effektivität des Rechtsschutzes im
Grundabtretungsverfahren. Hinzu komme die Verfassungswidrigkeit der im Rahmen des
Grundabtretungsverfahrens maßgeblichen Vorschriften des Bundesberggesetzes. Bereits
die Genehmigung des Vorhabens greife massiv in das Recht auf eigenverantwortliche
Lebensgestaltung, Vermögenswerte sowie persönliche und privatrechtliche Bereiche ein.
Unter dem tatsächlichen und finanziellen (Umsiedlungs-)Druck des heranrückenden
Tagebaus unterbleibe erfahrungsgemäß die Prüfung der Rechtmäßigkeit der
bergbaulichen Inanspruchnahme im Grundabtretungsverfahren. Mangels weiterer
hoheitlicher Entscheidungen bezüglich der Rechtmäßigkeit der Vorhabensdurchführung
komme der Rahmenbetriebsplanzulassung die Wirkung einer endgültigen Entscheidung
über die Grundstücksinanspruchnahme zu. Durch die Zulassung des
Rahmenbetriebsplanes werde eine Situation geschaffen, die zu einer Art Selbstvollziehung
einer Grundabtretung auf privatrechtlichem Wege führe. Wolle man keinen unmittelbaren
Grundrechtseingriff annehmen, dann liege jedenfalls ein mittelbarer,
grundrechtserheblicher Eingriff vor, weil der Rechtsschutz nicht verkürzt werden dürfe. Es
sei nämlich eine einheitliche, grundrechtsbeeinträchtigende Handlung anzunehmen.
Gegebenenfalls sei eine Grundrechtsgefährdung, vor der Schutz zu bieten sei, zu bejahen.
In diesem Zusammenhang könne der Gedanke der Verwaltungsrechtsprechung zu
Zwangspunkten beim Planfeststellungsverfahren fruchtbar gemacht werden. Das
Bundesverwaltungsgericht habe nämlich entschieden, dass Dritte, die nicht unmittelbar
durch den planfestgestellten Abschnitt betroffen würden, durch die Abschnittsbildung in
ihren Rechten verletzt sein könnten, wenn ein früherer Abschnitt für einen späteren einen
"Zwangspunkt" setze. Mit derartigen Konstellationen sei die vorliegende
Rahmenbetriebsplanzulassung vergleichbar, sofern man annehme, dass diese noch nicht
unmittelbar in klägerische Rechte eingreife. Denn die Genehmigungslage schaffe
jedenfalls eine Situation, die zu einer Anfechtbarkeit des den Zwangspunkt auslösenden
Verwaltungsakts führen müsse. Vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG stellten sich die
bergrechtlichen Vorschriften zum Grundabtretungsverfahren als verfassungswidrig dar, weil
der Eigentümer keinen ausreichenden Rechtsschutz gegen bergbaubedingte
Beeinträchtigungen seines Grundstücks erhalte. Aus den in der Vergangenheit
geschehenen Umsiedlungen, etwa bezogen auf Garzweiler oder Inden/Altdorf, lasse sich
ablesen, dass die Umsiedlung lange vor der tatsächlichen bergbaulichen
Inanspruchnahme abgeschlossen werde, so dass ein Grundabtretungsverfahren
bedeutungslos sei. Vor diesem Hintergrund werde deutlich, dass das
Grundabtretungsverfahren nur theoretischen Rechtsschutz biete. Hinzu komme, dass der
Gesetzgeber nicht, wie erforderlich, die besonders schwer wiegenden, dringenden
Bedürfnisse des Gemeinwohls zur Rechtfertigung eines Eingriffs in das Grundrecht aus Art.
14 Abs. 1 GG bestimme. Die Ermächtigungsgrundlage zur Enteignung sei so allgemein
gefasst, dass der private Unternehmer deren Erfüllung immer in der Hand habe. Dies gelte
für alle in § 79 Abs. 1 BBergG genannten Enteignungsgründe. Die
Rahmenbetriebsplanzulassung greife des Weiteren in den Schutzbereich des Art. 11 Abs.
1 GG, der auch die Erhaltung des Wohnsitzes umfasse, ein. Die Zulassungsentscheidung
prüfe die Verlegung von Ortschaften nicht auf § 48 Abs. 2 Satz 2 BBergG bezogen. Vor
dem Hintergrund der durch die Rahmenbetriebsplanzulassung entstehenden
Genehmigungslage sei letztlich der freie Verbleib an einem Ort beeinträchtigt. Mit der
Zulassung des Rahmenbetriebsplans trete eine gefestigte Planung der
Tagebaudurchführung ein. Es komme zu einem faktischen Absiedeln, durch das soziale
Kontakte auseinandergerissen würden. Durch die unfreiwillige Aufgabe des Wohnsitzes
nach erfolgter Rahmenbetriebsplanzulassung sei ein Eingriff in das Grundrecht aus Art. 11
Abs. 1 GG anzunehmen. Die Grundrechtsschranken des Art. 11 Abs. 2 GG seien nicht
wirksam ausgefüllt. Das Grundrecht der Berufsfreiheit sei ebenfalls verletzt. Er - der Kläger -
betreibe ein E. - und M. geschäft sowie einen Vertrieb von D. und D. - Bedarf. Mit der
Zulassung des Rahmenbetriebsplanes werde er durch den damit einher gehenden
Einwohnerrückgang in Immerath in der Ausübung seines Berufes negativ beeinflusst, da
mangels ausreichender Anzahl von Kunden in naher Zukunft eine Geschäftsschließung
drohe. Von der Geschäftsstruktur und dem Warenangebot her sei sein Geschäft exakt auf
die örtlichen Strukturen des Dorfes zugeschnitten. Die Einwohner von Immerath, denen ein
Aufsuchen der weiter entfernten Geschäfte zu mühselig oder aus altersbedingten Gründen
kaum möglich sei, bildeten einen wichtigen Kundenstamm. Blieben diese Kunden aufgrund
des Wegzuges aus, stehe ein Umsatzverlust von 50 % zu erwarten. Die Eröffnung eines
neuen Geschäftes am eventuellen Umsiedlungsstandort sei nicht kostendeckend,
geschweige denn gewinnbringend. Er werde zunächst keinen ausreichenden
Kundenstamm auffinden. Des Weiteren werde eine beträchtliche Anzahl seiner
Stammkunden nicht mehr am Ort wohnen. Auch werde die emotionale Bindung zu seinem
Geschäft am angestammten Ort verloren gehen. Außerdem sei er am Umsiedlungsort einer
größeren Konkurrenz durch andere Großmärkte ausgesetzt. Dies werde dazu führen, dass
er in naher Zukunft nicht mehr in der Lage sein werde, sein Geschäft weiter zu betreiben.
Gerade in diesem Zusammenhang sei das Abwarten eines Grundabtretungsverfahrens
unzumutbar. Darüber hinaus sei die Zulassung des Rahmenbetriebsplans geeignet, sich
auf die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG
auszuwirken. Es entstehe nämlich im Anschluss an die Zulassung des
Rahmenbetriebsplanes eine permanente Belastung wegen der Gewissheit, Heimatort und
Häuser räumen zu müssen. Durch diese Situation komme es zu Schlafstörungen und
Krankheiten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Frage der Rechtmäßigkeit der
Inanspruchnahme von Grundvermögen unklar bleibe. Infolgedessen träten Lebenskrisen
und Depressionen ein. Suizidgefahren seien nicht auszuschließen. Da der
Braunkohlenplan nicht auf die Rechtsstellung der Bürger einwirke, sondern nur Ziele der
Landesplanung festlege, seien die Ausführungen des Beigeladenen zum Braunkohlenplan
Garzweiler II unergiebig. Dieser Plan lege im Übrigen die Erforderlichkeit einer Umsiedlung
nicht fest. Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen (VerfGH NRW)
habe keine Aussage bezüglich einer Zulässigkeit etwaiger Grundrechtseingriffe getroffen.
Entscheidend sei im Übrigen, dass die energiepolitische Notwendigkeit des Tagebaus
bislang nicht gerichtlich geprüft worden sei. Derartiges sei aber zur Beantwortung der
Frage, ob die mit dem Vorhaben verbundenen Grundrechtseingriffe gerechtfertigt seien,
notwendig. Die Leitentscheidung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre
7
8
9
10
11
1991 sei im Hinblick auf die Liberalisierung des Strommarktes überholt. Von
entscheidender Bedeutung sei, dass die Zulassung des Rahmenbetriebsplans die
materielle Grundentscheidung über die Durchführung der Zulässigkeit des
Tagebauvorhabens treffe. Die eingangs genannte Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts aus den Jahren 1989 und 1991 sei auf den
Rahmenbetriebsplan zu großflächigen Abbauvorhaben der vorliegenden Art zu übertragen.
Die Rahmenbetriebsplanzulassung sei auch deswegen rechtswidrig, weil weder ein
Planfeststellungsbeschluss ergangen noch eine Umweltverträglichkeitsprüfung
durchgeführt worden seien. Schon die Tatsache, dass die reine Benennung des im Jahre
1995 gestellten Zulassungsantrags nicht über die fehlende inhaltliche Identität mit dem
ursprünglich im Jahre 1987 gestellten Antrag hinwegtäuschen könne, bedinge, dass nach
den einschlägigen Bestimmungen des Bundesberggesetzes eine
Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. Spätestens aus der in den 90er-Jahren
erfolgten wesentlichen Umkonzeptionierung des Vorhabens ergebe sich die
Notwendigkeit, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (vgl. § 52 Abs. 2 a bis 2
c BBergG). Insbesondere greife § 52 Abs. 2 b BBergG, wonach ausnahmsweise eine
Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich sein könne, nicht ein. Denn es handele sich
weder um einen "geführten Gewinnungsbetrieb", noch lege der Braunkohlenplan
Garzweiler II, wie vom Gesetz gefordert, die Abbaugrenzen und Haldenflächen fest. Im
Übrigen genüge die im Braunkohlenplanverfahren durchgeführte
Umweltverträglichkeitsprüfung nicht den Anforderungen des Bundesberggesetzes.
Jedenfalls aber stelle sich die Freistellung des Vorhabens von der Durchführung einer
solchen Prüfung als europarechtswidrig dar. Denn die Richtlinie 85/337/EWG über die
Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (vom 27.
Juni 1985 - ABl. der EG Nr. L 175, S. 40 -, geändert durch die Richtlinie 97/11/EG vom 3.
März 1997 - ABl. der EG Nr. L 73, S. 5 -; im Folgenden: UVP-Richtlinie) erfordere eine
projektbezogene im Gegensatz zur hier durchgeführten planbezogenen
Umweltverträglichkeitsprüfung. Er, der Kläger, könne sich nach der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofes auch auf die Verletzung der aus der UVP-Richtlinie folgenden
Pflichten vor den nationalen Behörden und Gerichten berufen.
Der Kläger beantragt,
die durch den Beklagten erfolgte Zulassung des Rahmenbetriebsplans für den Tagebau
Garzweiler I/II (Zeitraum 2001 bis 2045) vom 22. Dezember 1997 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides des Landesoberbergamts Nordrhein- Westfalen (nunmehr:
Bezirksregierung Arnsberg - Abt. 8, Bergbau und Energie in NRW -) vom 24. Februar 2000
aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt zunächst vor, dass nicht mehrere, eigenständige Rahmenbetriebspläne vorgelegt
worden seien, und erwidert im Übrigen, es fehle an der Klagebefugnis des Klägers. Die
gerügten Grundrechtsverletzungen begründeten wegen des im mehrpoligen
Verwaltungsrechtsverhältnis zu beachtenden Anwendungsvorrangs einschlägiger einfach-
gesetzlicher Vorschriften keine Klagebefugnis. Der Gesetzgeber habe die kollidierenden
Interessen zwischen Grundeigentümern und Bergbauunternehmern durch den Erlass des
Bundesberggesetzes, im Besonderen durch die dortigen Regelungen über die
Betriebsplanpflicht bergbaulicher Vorhaben und die Vorschriften über die Grundabtretung,
geregelt. Des Weiteren ergebe sich keine Klagebefugnis aus einer möglichen Verletzung
einfach-gesetzlicher Normen. Darüber hinaus fehle es an der erforderlichen Kausalität
zwischen dem angefochtenen Verwaltungsakt und der behaupteten Rechtsverletzung.
Lediglich faktische Auswirkungen eines Verwaltungsakts reichten für die Bejahung des
erforderlichen Kausalzusammenhangs nicht aus. Die angefochtene
Rahmenbetriebsplanzulassung habe bezogen auf das Grundstück und die sonstige
Situation des Klägers allenfalls faktische, jedoch keine rechtlichen Wirkungen, weil die
Rahmenbetriebsplanzulassung noch keine die Ausführung des Abbauvorhabens
gestattende Wirkung entfalte. Zudem fehle in den Fällen, in denen der Kohlenabbau
unvermeidlich mit der Inanspruchnahme von Grundstücken verbunden sei, der
Rahmenbetriebsplanzulassung eine Bindungswirkung für Grundabtretungsverfahren. Das
bedeute nicht, dass die Rahmenbetriebsplanzulassung keinerlei Auswirkungen habe. Der
Unternehmer müsse sich mit seinen später einzureichenden Haupt- und
Sonderbetriebsplänen an den abgesteckten Rahmen halten. Zwar habe das
Bundesverwaltungsgericht in seiner so genannten Tiefgasspeicher-Entscheidung vom 13.
Dezember 1991 die Klagebefugnis gegen den Rahmenbetriebsplan aufgrund des dortigen
besonderen Gefährdungspotenzials bejaht. Diese Rechtsprechung sei indes nicht
übertragbar. Überdies habe das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung
ausgeführt, dass Haupt- oder Sonderbetriebspläne nicht im Hinblick auf einen
Rahmenbetriebsplan zugelassen werden könnten, wenn sich Umstände ergäben, die ihrer
Zulassung entgegenständen. Im Übrigen werde im Betriebsplanverfahren nicht über die
Voraussetzungen einer späteren Grundabtretung verbindlich entschieden. Die
Grundabtretungsentscheidung könne mit der Klage uneingeschränkt angefochten werden,
weil die Grundabtretung dem Wohl der Allgemeinheit entsprechen müsse. Daran hindere
auch eine bestandskräftige Betriebsplanzulassung nicht. Die gerichtliche Überprüfung
erfasse vielmehr die Rechtmäßigkeit des gesamten bergbaulichen Vorhabens. Auch
bezüglich anderer als Eigentümerrechte fehle es an einer Kausalität der
Rahmenbetriebsplanzulassung. Dies gelte angesichts der Begrenztheit der
Rahmenbetriebsplanzulassung zunächst für Artikel 11 Abs. 1 GG. Der Kläger sei auch
nicht in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Artikel 12 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt. Ein
Eingriff in die Berufswahl scheide von vornherein aus, so dass lediglich die
Berufsausübungsfreiheit betroffen sein könne. Es sei aber nicht ersichtlich, dass ihm in
adäquat kausaler Weise die Ausübung seines Berufes als Einzelhändler durch die
angefochtene Rahmenbetriebsplanzulassung unmöglich gemacht werde. Im Übrigen sei
dem Vortrag, die Verweisung auf das Grundabtretungsverfahren widerspreche dem Gebot
der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Artikel 19 Abs. 4 GG, zunächst
entgegenzuhalten, dass zwischen der Rahmenbetriebsplanzulassung und dem
Grundabtretungsverfahren sehr wohl angreifbare Entscheidungen in Form von Haupt- und
Sonderbetriebsplanzulassungen ergingen. Soweit außerdem beklagt werde, dass Bürger
sich schon zehn Jahre vor der voraussichtlichen Inanspruchnahme ihrer Grundstücke mit
der Beigeladenen einigten und wegzögen, so dass umsiedlungsunwillige Bürger isoliert in
einer sich entleerenden Ortschaft verbleiben müssten, sei dies weniger eine Folge der
Rahmenbetriebsplanzulassung, sondern eher des Braunkohlenplans und der
Entscheidungen dieser Bürger, von den darin enthaltenen Umsiedlungsangeboten
Gebrauch zu machen. Der Braunkohlenplan Garzweiler II enthalte Ziele der Raumordnung
und Landesplanung, insbesondere das Gebot der gemeinsamen Umsiedlung und die
Durchführung der Umsiedlung in gestaffelten Zeiträumen entsprechend dem
Tagebaufortschritt. Gemäß diesen Zielen müsse die Beigeladene die zur Umsiedlung
erforderlichen Schritte in den einzelnen Ortschaften relativ früh einleiten. Im Interesse der
Sozialverträglichkeit der Umsiedlungen sei es erforderlich, dass ausreichend Zeit bestehe,
um sich auf eine einschneidende Veränderung der Lebensverhältnisse nach und nach
einstellen zu können. Zugegebenermaßen würden etwaige Grundabtretungsverfahren
12
13
14
relativ spät eingeleitet. In der Regel beantrage die Beigeladene die Grundabtretung je nach
Größe des Objekts zwei bis drei Jahre vor der Inanspruchnahme. Es sei nicht zu
verkennen, dass auch ein solcher Zeitraum kurz sei, das Grundabtretungsverfahren mithin
relativ spät beginne. Dies beruhe jedoch darauf, dass eine Grundabtretung rechtlich nur
zulässig sei, wenn die Inanspruchnahme des Grundstücks notwendig sei und die
Bemühungen um eine gütliche Einigung vergeblich gewesen seien. Ein
Grundabtretungsverfahren könne einerseits erst durchgeführt werden, wenn die Fläche in
absehbarer Zeit benötigt werde; Enteignungen gleichsam auf Vorrat seien unzulässig.
Andererseits müsse sich das Unternehmen frühzeitig um freihändigen Erwerb der von ihm
benötigten Grundstücke bemühen. Sowohl das Oberverwaltungsgericht als auch das
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hätten in Entscheidungen von Juli 2000
sowie Juni 2001 betreffend die Weiterführung des Tagebaus Jänschwalde die Klage- bzw.
Antragsbefugnisse der dortigen Kläger verneint. Wenn man die Klage für zulässig erachte,
erweise sie sich als unbegründet. Die geltend gemachte Grundrechtsverletzung liege nicht
vor. Hinsichtlich Artikel 14 GG fehle es an einem Eingriff in das Grundeigentum durch die
Rahmenbetriebsplanzulassung. Zudem handele es sich weder bei der
Rahmenbetriebsplanzulassung noch bei einer zu einem späteren Zeitpunkt erforderlichen
Inanspruchnahme der Grundflächen um eine gewollt gegen die Freizügigkeit gerichtete
Maßnahme und deshalb auch nicht um einen Eingriff in das Grundrecht aus Artikel 11 Abs.
1 GG. Ansonsten wäre in den Blick zu nehmen, dass dem Grundrecht auf (negative)
Freizügigkeit auch eine grundrechtlich geschützte Position des Bergbautreibenden
gegenüberstehe. Die Beigeladene könne sich ebenfalls auf Artikel 14 Abs. 1 GG berufen,
weil sie Inhaberin bergrechtlicher Abbauberechtigungen sei. Hinsichtlich Artikel 2 Abs. 2
GG sei bereits die Möglichkeit einer Verletzung durch die Rahmenbetriebsplanzulassung
nicht ausreichend dargelegt. Es sei nicht erkennbar, dass psychische Störungen und
dadurch verursachte physische Beschwerden aufträten, die über die Belastungen
hinausgingen, die mit dem Gedanken an einen in der Zukunft zu vollziehenden Orts- und
Wohnungswechsel typischerweise verbunden seien. Schließlich verstoße die
angefochtene Rahmenbetriebsplanzulassung nicht gegen nationale oder europarechtliche
Vorschriften über die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, die zudem nicht
drittschützend seien.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: Bereits der Braunkohlenplan beachte das Konzept gemeinsamer Umsiedlung.
Für weitere als dort erfasste Orte seien eigenständige Braunkohlenplanverfahren
durchzuführen. Im Herbst 2000 sei hiermit für die Orte Immerath, Lützerath, Pesch und
Borschemich begonnen worden. Der Braunkohlenplan Garzweiler II bewerte in seinem
Kapitel 10 die Sozialverträglichkeit. Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-
Westfalen habe in seiner Entscheidung vom 9. Juni 1997 die im Braunkohlenplanverfahren
vorgenommene Abwägung nach sorgfältiger Prüfung im Hinblick auf ihre
Verfassungsgemäßheit bestätigt. Die Zulassung des Rahmenbetriebsplans stelle die
fachliche Grundentscheidung zur Durchführung des Bergbauvorhabens dar. Einzelheiten
hinsichtlich der Zulässigkeit des Vorhabens sowie seiner Verwirklichung würden nicht
geregelt. Insbesondere komme der Rahmenbetriebsplanzulassung keine gestattende
Wirkung zu. Dies ergebe sich nicht nur aus der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, sondern auch aus derjenigen des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Brandenburg. Demgemäß könne der Kläger nicht in eigenen Rechten betroffen
sein. Da die Zulassung mangels Bindungswirkung nicht in klägerische Rechte eingreife,
fehle es an der erforderlichen Klagebefugnis. Die vom Kläger dargelegte faktische
Beeinträchtigung in etwaigen Rechten reiche für die Annahme einer Klagebefugnis nicht
aus. Vielmehr laufe der Klägervortrag auf die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes
gegen die Grundstücksinanspruchnahme hinaus. Es sei nichts dafür erkennbar, dass die
behauptete tatsächliche Auswirkung der Rahmenbetriebsplanzulassung zu einer
möglichen Rechtsverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung
(VwGO) führe. Wegen der sich aus § 34 Abs. 4 des Landesplanungsgesetzes NRW (LPlG)
ergebenden Bindung an den Braunkohlenplan seien Umsiedlungsmöglichkeiten nicht im
Rahmen eines Klageverfahrens gegen die Rahmenbetriebsplanzulassung zu prüfen.
Vielmehr werde im Rahmen des Grundabtretungsverfahrens nach den §§ 77 ff. BBergG die
umfassende Prüfung der Zulässigkeit der Abtretung und damit letztlich des gesamten
Tagebauvorhabens eröffnet. Die Zulassung des Rahmenbetriebsplans beinhalte keine
Entscheidung über die Zulässigkeit einer Grundstücksinanspruchnahme. Auf der
Grundlage dieser Überlegungen sei vorliegend nicht zu untersuchen, ob das geplante
Vorhaben den Vorschriften des Bundesberggesetzes entspreche und ob die
Voraussetzungen für eine Grundstücksinanspruchnahme erfüllt seien. Der im Rahmen des
Grundabtretungsverfahrens gewährleistete Rechtsschutz sei nach der Auffassung des
Bundesverwaltungsgerichts auch effektiv. Eine Klagebefugnis ergebe sich auch nicht aus §
48 Abs. 2 BBergG. Mit seinem Urteil vom 16. März 1989 habe das
Bundesverwaltungsgericht zwar bezogen auf den Steinkohlenabbau eine Klagebefugnis
im Hinblick auf Schäden am Oberflächeneigentum durch Bodenabsenkungen nicht
generell ausgeschlossen. Der Braunkohlentagebau setze jedoch die vollständige
Inanspruchnahme von Oberflächeneigentum voraus. § 48 Abs. 2 BBergG sei insofern nicht
einschlägig, weil es um die unmittelbare Inanspruchnahme von Eigentum im Gegensatz zu
im Steinkohlenabbau anzunehmenden mittelbaren Auswirkungen des Bergbaus gehe. Die
Grundentscheidung für die Inanspruchnahme von Flächen durch den Tagebau sei auf der
Grundlage des Landesplanungsgesetzes durch den Braunkohlenplan getroffen worden.
Daher könnten über § 48 Abs. 2 BBergG ausschließlich sonstige zu erwartende
Auswirkungen betreffend Flächen außerhalb des aufzuschließenden Bereichs erfasst
werden. Der Kläger sei auch nicht bezogen auf Grundrechte aus den Art. 14, 12, 11 und 2
Abs. 2 GG klagebefugt. Insoweit sei zunächst zu berücksichtigen, dass die grundsätzlichen
Gesichtspunkte des Vorhabens durch die Landesplanung (Braunkohlenplan) vorgegeben
seien. Bezogen auf Art. 14 Abs. 1 GG bleibe offen, worin eine konkrete
Eigentumsverletzung bestehen solle. Insbesondere beinhalte die streitbefangene
Entscheidung kein Präjudiz für ein Grundabtretungsverfahren. Es sei demgemäß kein
Grund ersichtlich, schon im jetzigen Stadium durch Annahme einer Klagebefugnis
Rechtsschutz zu eröffnen. Was das Grundrecht der Berufsfreiheit anbelange, so liege in der
Rahmenbetriebsplanzulassung kein Eingriff in dieses Grundrecht. Sowohl die Freiheit der
Berufswahl als auch diejenige der Berufsausübung blieben, gegebenenfalls durch
Fortsetzung an einem anderen Ort, erhalten. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, aus welchen
Gründen der Kläger mit umfassender Unterstützung der Beigeladenen nicht in der Lage
sein solle, sein Geschäft mit einer ähnlichen Ausrichtung am Umsiedlungsstandort oder in
dessen Nähe fortzuführen. Mangels Gestattungswirkung greife die
Rahmenbetriebsplanzulassung auch nicht in das Grundrecht der Freizügigkeit ein. Es
komme hinzu, dass die etwaige mittelbare Beschränkung der Freizügigkeit vor dem
Hintergrund, dass das bergbauliche Vorhaben den landesplanerischen Vorgaben
entspreche, gerechtfertigt sei. Schließlich komme den Gesichtspunkten der
Rohstoffsicherung und Energieversorgung überragende Bedeutung zu. Wegen des
fehlenden diesbezüglichen Regelungsgehalts der Rahmenbetriebsplanzulassung scheide
auch ein Eingriff in das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ersichtlich aus. Im Übrigen
sei die streitbefangene Zulassungsentscheidung rechtmäßig. Bereits aus dem Wortlaut der
15
16
17
18
19
20
Vorschrift ergebe sich, dass Belange der Umsiedlung nicht auf der Grundlage des § 55
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG zu berücksichtigen seien. Die Umsiedlung bereite den
Tagebau nur vor. Sie stelle sich nicht als dessen Betrieb dar. Bezogen auf § 55 Abs. 1 Satz
1 Nr. 9 BBergG sei zu berücksichtigen, dass die Vorschrift nur einschlägig sei, wenn der
Abbau Folgen verursache, deren Nachteile größer seien als der durch die
Betriebshandlung erwachsende Vorteil. Ein Vergleich mit dem Steinkohlenabbau sei
wegen dessen grundsätzlicher Andersartigkeit unergiebig. Es komme hinzu, dass ein
Abwägungsvorgang bereits im Braunkohlenplanverfahren stattgefunden habe. Ein weiterer
Raum für eine Abwägung bestehe im Grundabtretungsverfahren. Entgegen der
klägerischen Auffassung stellten die Zulassungsanträge aus den Jahren 1987, 1992 und
1995 keine eigenständigen, drei selbstständige Vorhaben betreffende
Rahmenbetriebspläne dar. Schließlich tritt die Beigeladene der klägerischen Ansicht,
wonach eine Umweltverträglichkeitsprüfung und ein Planfeststellungsverfahren hätten
durchgeführt werden müssen, entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der Beiakten Bezug genommen. Darüber hinaus hat die Kammer die
Verwaltungsvorgänge XI, XIII sowie XIV des Verfahrens 9 K 2954/00, den
Verwaltungsvorgang III des Verfahrens 9 K 1145/00 sowie den Verwaltungsvorgang XVII
des Verfahrens 9 K 691/00 bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unzulässig.
Dem Kläger fehlt die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis. Nach dieser
Vorschrift ist - da es an einer anderweitigen gesetzlichen Bestimmung im Sinne von § 42
Abs. 2, 1. Halbsatz VwGO fehlt - die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht,
durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach allgemeiner Auffassung
setzt die Klagebefugnis auch in der hier gegebenen Fallgestaltung der so genannten
Drittbetroffenheit, in der ein Kläger den an einen Dritten gerichteten und diesen
begünstigenden Verwaltungsakt anficht, voraus, dass eine Verletzung der Rechte des
Klägers durch den angefochtenen Verwaltungsakt jedenfalls nicht offensichtlich und
eindeutig nach jeder denkbaren Betrachtungsweise unmöglich erscheint. Die Behauptung
einer rechtlichen Betroffenheit genügt hierfür nicht. Die Annahme einer Klagebefugnis
erfordert vielmehr unter anderem, dass der Kläger von dem in Rede stehenden
Verwaltungsakt in der geltend gemachten, rechtlich geschützten Position unmittelbar
tatsächlich betroffen ist oder dass jedenfalls die Möglichkeit einer solchen tatsächlichen
Betroffenheit nach Lage der Dinge nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint. Des
Weiteren setzt die Annahme einer Klagebefugnis voraus, dass für die rechtliche
Beurteilung des geltend gemachten (Aufhebungs-)Anspruchs die Anwendung von
Rechtssätzen des öffentlichen Rechts in Betracht kommt, die zumindest auch dem Schutz
der Interessen von Personen in der rechtlichen Situation, in der sich der Kläger befindet, zu
dienen bestimmt sind.
Vgl. statt aller Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 12. Aufl., 2000, § 42 Rdnrn. 65, 71, 73
(zu "gestuften Verfahren"); v. Albedyll, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v. Albedyll,
Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 1999, § 42 Rdnrn. 100 f.
Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Kläger auf der Grundlage des bergrechtlichen
Systems über Rahmen- und Haupt- bzw. Sonderbetriebsplanzulassungen zunächst als
Oberflächeneigentümer, dessen Eigentum durch eine spätere Inanspruchnahme
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
(Abbaggerung) unmittelbar betroffen sein wird, nicht als klagebefugt anzusehen (I.).
Gesichtspunkte des grundrechtlichen Eigentumsschutzes (II.) verlangen - ebenso wie
weitere Grundrechtsvorschriften (III.) - keine abweichende Beurteilung. Darüber hinaus
ergibt sich die erforderliche Klagebefugnis weder aus einfach-gesetzlichen Bestimmungen
(IV.) oder aber unter europarechtlichen Gesichtspunkten (V.). I.
Was zunächst die Eigenschaft des Klägers als Eigentümer eines im geplanten
Abbaugebiet gelegenen Grundstücks anbetrifft, so ergibt sich hieraus keine Klagebefugnis.
Auszugehen ist in diesem Zusammenhang von Folgendem: Rahmenbetriebspläne
enthalten grundsätzlich allgemeine Angaben über das beabsichtigte Vorhaben, dessen
technische Durchführung und voraussichtlichen zeitlichen Ablauf (vgl. § 52 Abs. 2 Nr. 1
BBergG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
Urteil vom 9. November 1995 - 4 C 25.94 -, Amtliche Entscheidungssammlung des
Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 100, 31, 34,
gibt der Gesetzgeber den Bergbehörden mit dem Rahmenbetriebsplanverfahren ein
zusätzliches Kontrollinstrument für den Fall an die Hand, dass ein Koordinierungsbedarf
sichtbar wird, der sich durch eine Mehrzahl von Haupt- und Sonderbetriebsplänen allein
nicht befriedigen lässt. Die Rahmenbetriebsplanzulassung entfaltet noch keine
Gestattungswirkung. Vielmehr erschöpft sich ihr Regelungsgehalt in der Feststellung, dass
das beabsichtigte Vorhaben die in § 55 BBergG genannten Zulassungsvoraussetzungen
erfüllt. Insbesondere darf auf der Grundlage des Rahmenbetriebsplans noch nicht mit der
Ausführung von Arbeiten begonnen werden. Vielmehr bedarf es dafür der vorherigen
Zulassung eines Hauptbetriebsplans.
Vgl. auch BVerwG, Urteile vom 2. November 1995 - 4 C 14.94 -, BVerwGE 100, 1, 13,
sowie vom 13. Dezember 1991 - 7 C 25.90 -, Zeitschrift für Bergrecht (ZfB) 1992, 38, 41.
Während das Bundesverwaltungsgericht in der zuletzt genannten Entscheidung,
am angegebenen Ort, S. 43,
der Rahmenbetriebsplanzulassung weder eine der ersten Teilgenehmigung im
Immissionsschutz- oder Atomrecht ähnliche Funktion noch die Funktion eines Konzept-
oder Standortvorbescheides im Sinne etwa des § 9 des Bundesimmissionsschutzgesetzes
oder des § 7 a des Atomgesetzes beigemessen, sondern die Bindungswirkung eines
zugelassenen Rahmenbetriebsplans eher mit derjenigen eines ebenfalls Rahmen
setzenden Flächennutzungsplans für nachfolgende Bebauungspläne verglichen hatte, hat
es in seinem Urteil vom 2. November 1995,
am angegebenen Ort, S. 12,
angedeutet, dass eine Rahmenbetriebsplanzulassung eine gegenüber dem Vorbescheid
mindere Bindungswirkung haben könnte, etwa in dem Sinne, dass bei unveränderter Sach-
und Rechtslage die Zulassung eines Haupt- oder Sonderbetriebsplans nicht aus einem
Grund versagt werden dürfe, der schon zur Versagung der Rahmenbetriebsplanzulassung
habe führen müssen. Diese Frage hat der erkennende Senat indessen in der vorerwähnten
Entscheidung auf sich beruhen lassen.
Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein- Westfalen
(OVG NRW),
31
32
33
34
35
36
37
Urteil vom 15. Mai 1998 - 21 A 7553/95 -, ZfB 1998, 146, 152,
trifft die Zulassung des Rahmenbetriebsplans die Feststellung, dass das Vorhaben die
gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen nach den §§ 55, 48 Abs. 2 BBergG erfüllt. Diese
Feststellung hat je nach dem Konkretisierungsgrad der allgemeinen Angaben
rahmenmäßig Bindungswirkung für die Entscheidung über die Zulassung nachfolgender,
dasselbe Vorhaben betreffender Betriebspläne. Im Hinblick auf die Feststellungswirkung
der Zulassung des Rahmenbetriebsplans hat das Gericht die Klagebefugnis der seinerzeit
klagenden Selbstverwaltungskörperschaft angenommen, weil sich die
Feststellungswirkung der Zulassung des Rahmenbetriebsplans rechtlich nachteilig in der
Weise auf die Rechtsposition der Klägerin auswirken konnte, dass sie gemäß der
angesprochenen Bindungswirkung den die Ausführung des Vorhabens gestattenden
Betriebsplanzulassungen nicht mehr umfassend entgegenhalten kann, dadurch in
geschützten Rechtspositionen verletzt zu werden. Dieser Rechtsprechung ist die
erkennende Kammer in ihrem rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 3. Juli 2001 - 9 L
354/01 - gefolgt.
Vgl. S. 13 f. des Entscheidungsabdrucks.
Die vorerwähnte Rechtsprechung bezieht sich indessen ausschließlich auf die
Klagebefugnis einer Selbstverwaltungskörperschaft im Sinne des Art. 28 Abs. 2 GG. Sie ist
nicht auf die vorliegende Fallgestaltung, in der ein Oberflächeneigentümer des in den Blick
genommenen Abbaubereiches gegen die dem Unternehmen erteilte Zulassung des
Rahmenbetriebsplans klagt, übertragbar. Einem derartigen Oberflächeneigentümer
vermitteln die Vorschriften des Bundesberggesetzes über die Zulassung von
Betriebsplänen von vornherein keinen Drittschutz. Dabei kann auf sich beruhen, ob sich
Drittschutz zugunsten des Oberflächeneigentümers im Bergrecht generell aus § 48 Abs. 2
und/oder aus § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG ergibt.
Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1991 - 7 C 25.90 -, ZfB 1992, 38, 40 f., sowie
Urteil vom 16. März 1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329, 335 ff.
Denn es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Zulassung eines
Rahmenbetriebsplans diejenigen Grundeigentümer, auf deren Grundstück die in Rede
stehende Maßnahme zugelassen werden soll, grundsätzlich nicht in ihren Rechten zu
verletzen vermag. Mit der Zulassung eines bergrechtlichen Rahmenbetriebsplans wird
nämlich noch nicht über die Zulässigkeit der Inanspruchnahme einzelner Grundstücke
entschieden. Der Eigentümer kann die Rechtmäßigkeit der bergbaulichen Maßnahme, für
die sein Grundstück beansprucht werden soll, uneingeschränkt im bergrechtlichen
Grundabtretungsverfahren nach den §§ 77 ff. BBergG zur Überprüfung stellen. Eine - wie
auch immer geartete - präjudizierende Wirkung geht insoweit von Betriebsplanzulassungen
nicht aus. Ein (bestandskräftig) zugelassener Betriebsplan, der im Übrigen nicht
Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass oder den Bestand eines
Grundabtretungsbeschlusses ist, hat gegenüber dem Grundabtretungspflichtigen allenfalls
Indizcharakter dafür, dass die Maßnahmen nach ihm sachgemäß ausgeführt werden und
dem Bergrecht entsprechen. Er bewirkt aber keinerlei Bindungswirkung für den
Grundabtretungspflichtigen.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Dezember 1990 - 7 C 5.90, BVerwGE 87, 241, 253, sowie - 7
C 18.90 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1991, 992, 993;
Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg (OVG Brandenburg), Beschluss vom 17.
Juli 2000 - 4 A 94/99 -, S. 4/7 des Entscheidungsabdrucks; Verwaltungsgericht (VG)
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
Cottbus, Urteil vom 17. Dezember 1998 - 5 K 488/94 und andere -, S. 39 f. des
Entscheidungsabdrucks; OVG Brandenburg, Beschlüsse vom 28. September 2000 - 4 B
130/00 -, S. 15 f. des Entscheidungsabdrucks, sowie vom 16. Mai 1995 - 4 B 20/95 -, ZfB
1995, 199, 202 f.
Aus den zuvor beschriebenen Gründen lässt sich die zu Planfeststellungsbeschlüssen
ergangene Rechtsprechung betreffend eine mögliche Rechtsverletzung von
Grundstückseigentümern durch Abschnittsbildungen bei Fernstraßen, die für spätere
Abschnitte einen so genannten Zwangspunkt setzen,
vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 - 4 A 16/95 -, NVwZ 1997, 491, 492, sowie Beschluss
vom 2. November 1992 - 4 B 205/92 -, NVwZ 1993, 887, 888 mit weiterem Nachweis,
nicht auf die zu beurteilende Fallgestaltung übertragen. Demgemäß kommt der
Rahmenbetriebsplanzulassung keine enteignende Vorwirkung zu. Zudem sieht das
Bergrecht im Gegensatz zu § 19 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes keine Enteignung
allein auf der Grundlage eines etwaigen Planfeststellungsbeschlusses vor. Vielmehr ist
ungeachtet beispielsweise in § 57 a Abs. 5 BBergG angesprochener
Konzentrationswirkungen auch in derartigen Fällen ein Grundabtretungsverfahren mit den
in den §§ 77 ff. BBergG aufgestellten Voraussetzungen durchzuführen.
Den Einwendungen, das Grundabtretungsverfahren stelle ein theoretisches Verfahren dar,
es sei verfassungswidrig, und es gewährleiste keinen effektiven Rechtsschutz, ist nicht zu
folgen.
Was zunächst den Hinweis des Klägers auf die rechtstatsächliche Handhabung der §§ 77
ff. BBergG betrifft, so stellt dieser das rechtliche System des Grundabtretungsverfahrens als
solches nicht in Frage. Dies gilt auch - wie noch auszuführen sein wird - insoweit, als der
Zeitpunkt für die Einleitung eines derartigen Verfahrens als (zu) spät gerügt wird.
Die Erwägung, die Vorschriften über das bergrechtliche Grundabtretungsverfahren seien
verfassungswidrig, vermag die Kammer im Hinblick auf die höchstrichterliche
Rechtsprechung nicht zu teilen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem bereits
erwähnten Urteil vom 14. Dezember 1990,
- 7 C 5.90 -, BVerwGE 87, 241, 246 bis 254,
ausgeführt, dass die §§ 77 ff. BBergG den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG an ein
Gesetz, das die Enteignung aufgrund behördlicher Entschließung zulässt, entsprechen. Zur
Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt die Kammer auf diese Entscheidung Bezug.
Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 28. April 1988 - 12 A 903/86 -, ZfB 1988, 371, 375 ff.
Das Vorbringen, das bergrechtliche Grundabtretungsverfahren gewährleiste keinen
effektiven Rechtsschutz, greift ebenfalls nicht durch. Bereits in seinem an anderer Stelle
erwähnten Urteil vom 14. Dezember 1990,
- 7 C 18.90 -, NVwZ 1991, 992, 993,
hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, der Bergbauunternehmer trage das Risiko
dafür, dass von ihm im Vertrauen auf bestandskräftig zugelassene Betriebspläne gemachte
Aufwendungen wertlos werden können, wenn und soweit die Inanspruchnahme fremder
Grundstücke für das bergbauliche Vorhaben an den Voraussetzungen für die Zulässigkeit
50
51
52
53
54
55
56
der Grundabtretung scheitert. Zwar hat der erkennende Senat darauf hingewiesen, dass es
in dem zu beurteilenden Fall noch nicht um das Verhältnis zwischen
Betriebsplanzulassung und Grundabtretung für einen großflächigen Tagebau selbst,
sondern für vorbereitende Tätigkeiten für einen beabsichtigten Tagebau, über dessen
betriebsplanmäßige Zulassung und sonstige öffentlich-rechtliche Zulässigkeit erst noch zu
entscheiden sei, gehe. Indessen kann diese ergänzende Bemerkung nicht in dem Sinne
verstanden werden, dass die zuvor vom Bundesverwaltungsgericht aufgezeigten
Grundsätze zum Grundabtretungsverfahren ausschließlich im Verhältnis zu einer
Betriebsplanzulassung für Erkundungsarbeiten gelten sollen. Denn der Eingriff in das
Grundeigentum, um dessen Abwehr es dem Kläger letztlich geht, nämlich dessen Entzug,
erfolgt nicht bereits durch die Zulassung eines Rahmenbetriebsplans, sondern erst durch
die Grundabtretung als solche.
Vgl. auch OVG Brandenburg, Beschluss vom 17. Juli 2000 - 4 A 94/99 -, S. 5 f. des
Entscheidungsabdrucks.
Nach alledem ist der Eigentümer von im geplanten Abbaugebiet liegendem Grundeigentum
gegenüber der Zulassung eines Rahmenbetriebsplans nicht klagebefugt.
So auch VG Cottbus, Urteil vom 17. Dezember 1998 - 5 K 488/94 und andere -, S. 37 / 39 ff.
des Entscheidungsabdrucks; OVG Brandenburg, Beschluss vom 17. Juli 2000 - 4 A 94/99 -;
vgl. zu diesen Entscheidungen auch: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil
vom 28. Juni 2001 - VfGBbg 44/00 -, sowie Bundesverfassungsgericht (BVerfG), 3. Kammer
des Ersten Senats, Beschluss vom 5. Februar 2001 - 1 BvR 1919/00 -.
Bei dieser Rechtslage kommt der im Zusammenhang mit einer luftrechtlichen
Genehmigung eines Flughafens ergangenen Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts,
Beschluss des Zweiten Senats (Vorprüfungsausschuss) vom 1. August 1980 - 2 BvR
1366/79 -, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 1981, 374, 375,
wonach zur Ermittlung des Sach- und Regelungsgehalts der Genehmigung nach § 6 des
Luftverkehrsgesetzes (in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung vom 4.
November 1968 - BGBl. I S. 1113 -, geändert u. a. durch Art. 3 des Gesetzes vom 16.
August 1977 - BGBl. I S. 1577 -, - LuftVG a. F. -) gegenüber dem Bürger auch die
tatsächlichen Zwangsläufigkeiten oder sehr wahrscheinlichen Auswirkungen einer
Entscheidung in Betracht zu ziehen sind, die sich daraus ergeben, dass Dritte sich in ihrem
weiteren Verhalten auf diese Entscheidung rechtlich stützen dürfen und faktisch stützen
werden, keine entscheidende Bedeutung mehr zu. Denn die diesbezüglichen Erwägungen
lassen sich auf das zuvor dargestellte bergrechtliche System mit Rahmen-, Haupt- und
Sonderbetriebsplänen nicht übertragen. Eine in tatsächlicher Hinsicht vorgegebene
Bindung für eine der behördlichen Entscheidung nachfolgende, abschließende
Planfeststellung im Sinne der §§ 8 ff. LuftVG a. F. mit ihren Vorwirkungen für eine
Enteignung (vgl. § 28 Abs. 2 Nr. 4 LuftVG a. F.) lässt sich dem Bundesberggesetz nämlich
nicht entnehmen. Vielmehr weist das Bundesberggesetz, wie bereits dargelegt, dem
Betriebsplanverfahren keine Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens mit
bindender Wirkung auch für die Grundabtretung zu.
Vgl., auch mit Blick auf § 28 Abs. 2 LuftVG, OVG NRW, Urteil vom 28. April 1988 - 12 A
903/86 -, ZfB 1988, 371, 377.
57
58
59
60
61
62
63
64
65
Ungeachtet dessen lässt sich die vorerwähnte Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts nicht auf die streitige Zulassung eines Rahmenbetriebsplans
übertragen, weil dem Bergamt hierbei kein (abwägende Elemente beinhaltendes)
Planungsermessen zusteht.
Vgl. OVG NRW, am angegebenen Ort, S. 377 f.
II.
An der Bewertung, dass der Kläger als Eigentümer eines im geplanten Abbaugebiet
liegenden Grundstücks nicht klagebefugt ist, ist auch unter Berücksichtigung des in Art. 14
Abs. 1 Satz 1 GG verankerten Eigentumsschutzes festzuhalten. Denn ein Eingriff in den
Schutzbereich dieses Grundrechts liegt mit der streitbefangenen
Rahmenbetriebsplanzulassung ersichtlich noch nicht vor. Nach dem zuvor beschriebenen
System der bergrechtlichen Betriebsplanzulassungen ist für das grundrechtlich geschützte
Eigentum davon auszugehen, dass die Rahmenbetriebsplanzulassung, die im Übrigen
keine den Bergbaubetrieb gestattende Wirkung beinhaltet, dem Oberflächeneigentümer
weder eine schutzfähige Position entzieht noch die Nutzung, Verfügung oder Verwertung
einer solchen Position in rechtlich erheblicher Weise beschränkt.
Des Weiteren ist auch kein mittelbarer Eingriff in das Eigentumsgrundrecht gegeben, vor
dem bereits im jetzigen bergrechtlichen Verfahrensstadium wirksamer gerichtlicher Schutz
gewährleistet werden müsste. Derartiges setzt nach herkömmlicher Auffassung voraus,
dass das Eigentum durch die in Rede stehende Maßnahme nachhaltig verändert und dass
der Dritte schwer und unerträglich beeinträchtigt wird.
Vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Kommentar, 5. Aufl., 2000, Art. 14 Rdnr. 28 (a)
mit zahlreichen Nachweisen; Wendt, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 2. Aufl., 1999,
Art. 14 Rdnr. 52 f.
Die Kammer verkennt in diesem Zusammenhang keineswegs, dass ein großflächiges
Tagebauvorhaben, das aus Sicht des Oberflächeneigentümers scheinbar unaufhaltsam an
sein Grundstück herannaht, einen tatsächlichen und finanziellen Umsiedlungsdruck zu
bewirken vermag. Allerdings beinhaltet die hier streitbefangene
Rahmenbetriebsplanzulassung, die nicht durch Planfeststellungsbeschluss ergangen ist,
keine Konzentrationswirkung im Hinblick auf nachfolgende Haupt- oder
Sonderbetriebspläne der Beigeladenen (vgl. § 57 a Abs. 5 BBergG). Demgemäß können
die zuvor erwähnten Auswirkungen eines herannahenden Tagebaus nicht rechtfertigen,
der Zulassung eines Rahmenbetriebsplanes Rechtswirkungen zuzubilligen, die ihr nach
dem System des Bundesberggesetzes nicht zukommen. Stellt mit anderen Worten die
Zulassung des Rahmenbetriebsplans das Grundrecht auf Eigentum als solches noch nicht
infrage, ist mit dem Grundabtretungsverfahren nach den §§ 77 ff. BBergG ein
Enteignungsverfahren vorgesehen, das den erforderlichen Schutz des
Eigentumsgrundrechts ausreichend zu gewährleisten vermag.
Vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2001 - VfGBbg
44/00 -, S. 18 ff. des Entscheidungsabdrucks.
Abgesehen davon werden die Umsiedlung und damit einhergehende Belastungen für die
betroffenen Oberflächeneigentümer nicht erst durch die Zulassung eines
Rahmenbetriebsplans, sondern bereits vorher durch Braunkohlenpläne ausgelöst. Nach §
24 Abs. 2 Satz 3 LPlG sind in einem Braunkohlenplan die sachlichen, räumlichen und
66
67
68
69
70
71
72
zeitlichen Abhängigkeiten auch für die Umsiedlung darzustellen. Gemäß § 25 Abs. 1 LPlG
wird die Abgrenzung des Braunkohlenplans unter anderem durch Gebiete für die
Umsiedlung bestimmt. Der Landesgesetzgeber hat damit die Umsiedlungsplanung in die
Zuständigkeit des Braunkohlenausschusses, bei dem es sich um eine demokratisch
legitimierte Einrichtung handelt,
vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 9. Juni 1997 - VerfGH 20/95 u. a. -, ZfB 1997, 300, 307 ff.,
gestellt. Für die am frühesten vom heranrückenden Tagebau betroffenen Ortschaften ist die
Umsiedlung bereits im Braunkohlenplan Garzweiler II geregelt. Mit diesem durfte für das
vorgesehene Abbaugebiet der Vorrang der Braunkohlengewinnung vor anderen
Nutzungen übereinstimmend nicht zuletzt mit der gesetzgeberischen Entscheidung in den
§§ 18, 26 Abs. 2 des Gesetzes zur Landesentwicklung, einheimische Rohstofflagerstätten
für einen Abbau im Interesse einer langfristig gesicherten Energieversorgung
landesplanerisch zu sichern, festgelegt werden.
Vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 9. Juni 1997 - VerfGH 20/95 u. a. -, S. 51 des
Entscheidungsabdrucks, insoweit veröffentlicht in juris; OVG NRW, Urteil vom 28. April
1988 - 12 A 903/86 -, ZfB 1988, 371, 381.
Des Weiteren stellt der auch aus Sicht der Kammer erhebliche Zeitablauf zwischen den
Braunkohlenplänen beziehungsweise dem Beginn der Umsiedlungsbestrebungen des
Bergbauunternehmens einerseits sowie der Einleitung etwaiger Grundabtretungsverfahren
andererseits die Gewährleistung des erforderlichen Schutzes für das Eigentumsgrundrecht
durch das bergrechtliche Grundabtretungsverfahren nicht in Frage. Den bereits an anderer
Stelle festgehaltenen Erwägungen (siehe dazu unter I.) ist insoweit hinzuzufügen, dass die
mit der Inanspruchnahme von Oberflächeneigentum und der Umsiedlung von Ortschaften
einhergehende Braunkohlengewinnung angesichts großflächiger Umsiedlungsplanungen
und - vorbereitungen zwangsläufig einen beträchtlichen zeitlichen Vorlauf erfordert.
Darüber hinaus ist die Braunkohlenplanung nicht statisch. Vielmehr schreibt § 35 Satz 1
LPlG die Pflicht zur Überprüfung und erforderlichenfalls zur Änderung des
Braunkohlenplans vor, wenn sich die Grundannahmen für den Braunkohlenplan wesentlich
ändern. Derartige Änderungen der Landesplanung sowie ihrer Grundannahmen dürften
nicht ohne Auswirkung auch auf etwaige Grundabtretungsverfahren bleiben.
III.
Des Weiteren ergibt sich die erforderliche Klagebefugnis auch nicht unter Berücksichtigung
weiterer Grundrechte.
Ein Eingriff in den Schutzbereich des Grundrechts der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG)
kommt ersichtlich nicht in Betracht. Dieses (gegenüber der allgemeinen Handlungsfreiheit
aus Art. 2 Abs. 1 GG speziellere) Grundrecht gewährleistet die Freiheit, unbehindert durch
die Staatsgewalt an jedem Ort innerhalb des Landes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen.
Es umfasst auch die negative Freiheit, an einem frei gewählten Wohnort zu verbleiben.
Allerdings ist ein Eingriff in den Schutzbereich nur dann anzunehmen, wenn der
Regelungsgegenstand staatlicher Maßnahmen auf die Beschränkung der Freizügigkeit
gerichtet ist, nicht aber bei solchen Maßnahmen, die für bestimmte Bereiche eine
bestimmte Nutzung erzwingen. Demgemäß berühren staatliche Entscheidungen und
Planungen, die für ein bestimmtes Gebiet eine Nutzung vorsehen, die der Besiedlung des
Gebietes entgegensteht, den Schutzbereich des Freizügigkeitsgrundrechts nicht.
73
74
75
76
77
78
79
80
81
Vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2001 - VfGBbg
44/00 -, S. 15 f. des Entscheidungsabdrucks; Jarass, in: Jarass/Pieroth, am angegebenen
Ort, Art. 11 Rdnr. 7; anderer Auffassung: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Band I, 5.
Aufl., 2000, Art. 11 Rdnr. 19 am Ende mit Nachweisen.
Darüber hinaus ergibt sich eine Klagebefugnis eindeutig nicht unter dem Blickwinkel der
durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit. Denn die streitige
Rahmenbetriebsplanzulassung greift in dieses Grundrecht nicht ein. Zum einen enthält die
Zulassungsentscheidung des Beklagten keine Regelungen, die sich final auf die berufliche
Betätigung beziehen und sie unmittelbar zum Gegenstand haben,
vgl. hierzu Tettinger, in: Sachs, am angegebenen Ort, Art. 12 Rdnr. 71 mit weiterem
Nachweis, so dass ein unmittelbarer Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers
ausscheidet. Zum anderen weist die Zulassung des Rahmenbetriebsplans nicht die für das
Vorliegen eines mittelbaren Eingriffs erforderliche objektiv berufsregelnde Tendenz,
vgl. zu diesem Erfordernis BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990 - 1 BvR 355/86 -, Amtliche
Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 82, 209, 223 f.
mit weiteren Nachweisen, sowie Urteil vom 8. April 1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267,
302,
auf. Sie befasst sich nämlich mit den allgemeinen Angaben des Unternehmers über das
beabsichtigte Vorhaben, dessen technische Durchführung und voraussichtlichen zeitlichen
Ablauf (vgl. § 52 Abs. 2 Nr. 1 BBergG). Demgemäß kann ihr eine aus objektiver Sicht
bestehende, auf die Ausübung von Berufen bezogene Wirkung nicht zuerkannt werden.
Dies gilt um so mehr, wenn man in den Blick nimmt, dass sich der Regelungsgehalt der
Rahmenbetriebsplanzulassung in der Feststellung erschöpft, dass das beabsichtigte
Vorhaben die in § 55 BBergG genannten Zulassungsvoraussetzungen erfüllt.
Darüber hinaus scheidet ein Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art.
2 Abs. 2 Satz 1 GG) mit der erforderlichen Eindeutigkeit aus. Das Grundrecht schützt zwar
auch psychische Beeinträchtigungen, die nach Art und Schwere mit Eingriffen in die
körperliche Integrität vergleichbar sind.
Vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2001 - VfGBbg
44/00 -, S. 14 des Entscheidungsabdrucks mit Nachweisen.
Derartige Auswirkungen sind mit der streitbefangenen Zulassung des
Rahmenbetriebsplans indessen nicht verbunden. Die Kammer berücksichtigt dabei
durchaus, dass diejenigen Personen, die im von der Beigeladenen geplanten
Abbaubereich leben, angesichts derzeit noch bestehender Unwägbarkeiten hinsichtlich
ihrer weiteren Lebensplanung einer individuell unterschiedlich empfundenen Belastung
ausgesetzt sind. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf Lebenskrisen sowie
Depressionen und sogar auf eine nicht auszuschließende Gefahr von Suiziden hinweist, ist
indessen festzuhalten, dass der Umsiedlungsdruck, wie bereits dargelegt, nicht erst durch
die Zulassung des Rahmenbetriebsplans ausgelöst wird. Außerdem gehen die hiermit
verbundenen Belastungen objektivierbar nicht über dasjenige hinaus, was allgemein mit
einem Wohnortwechsel verbunden ist. Derartige Belastungen liegen ihrer Art nach
außerhalb des Schutzbereichs von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.
Vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, am angegebenen Ort, S. 13 ff. des
Entscheidungsabdrucks.
82
83
84
85
86
87
88
89
90
91
92
93
94
Des Weiteren kommt ein Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche
Betätigungsfreiheit ersichtlich nicht in Betracht. Die Frage, ob sich der Schutzbereich
dieses Grundrecht über Ge- und Verbote (die die Rahmenbetriebsplanzulassung nicht
enthält) hinaus auch auf faktische beziehungsweise mittelbare Beeinträchtigungen
erstreckt,
vgl. zum Meinungsstand Jarass, in: Jarass/Pieroth, am angegebenen Ort, Art. 2 Rdnr. 12,
kann an dieser Stelle auf sich beruhen. Denn abgesehen davon, dass eine
Schutzbereichsverletzung ausscheidet, wenn dem Betroffenen ein angemessener
Spielraum verbleibt, sich wirtschaftlich frei zu entfalten,
vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 1988 - 1 BvL 22/85 -, BVerfGE 78, 232, 245,
bedarf es für die Annahme eines Eingriffs einer Zielgerichtetheit beziehungsweise auf den
Schutzbereich der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit bezogenen Gestaltungsabsicht der
Maßnahme.
Vgl. Murswiek in: Sachs, am angegebenen Ort, Art 2 Rdnr. 79, 82 f.; BVerwG, Urteil vom 18.
April 1985 - 3 C 34.84 -, BVerwGE 71, 183, 193 f.; Verwaltungsgerichtshof Baden-
Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 1996 - 10 S 176/96 -, Gewerbearchiv 1997, 113, 114,
sowie nachgehend BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 1997 - 3 B 19/97 -, Neue Juristische
Wochenschrift 1998, 2919 f.
Derartiges ist der Rahmenbetriebsplanzulassung nicht zu entnehmen. Insoweit nimmt die
Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf ihre Ausführungen zu Art. 12 Abs. 1 GG
Bezug.
Eine Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG
scheidet ebenfalls eindeutig aus. Im Hinblick auf die zuvor beschriebene, begrenzte und
Schutzgüter des Einzelnen noch nicht erfassende Wirkung des Rahmenbetriebsplans
sowie vor dem Hintergrund der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung etwaiger im
bergrechtlichen Grundabtretungsverfahren ergangener Hoheitsakte ist eine die
Grundrechte des Klägers einschließende Prüfung vorliegend (noch) nicht erforderlich.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1991 - 7 C 25.90 -, ZfB 1992, 38, 44;
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2001 - VfGBbg
44/00 -, S. 20 f. des Entscheidungsabdrucks.
Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass der Anspruch des Klägers auf effektiven
Rechtsschutz auch insofern nicht verletzt sein kann, als die angegriffene Zulassung des
Rahmenbetriebsplans ihn - was bezogen auf bergrechtliche Bestimmungen und
europarechtliche Vorschriften sogleich noch darzulegen ist - nicht in seiner materiellen
Rechtsstellung beeinträchtigen kann.
Vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 1991 - 1 BvR 756/90 -, NVwZ
1991, 978.
IV.
Ferner lässt sich die erforderliche Klagebefugnis nicht aus einfach-gesetzlichen
Vorschriften ableiten.
95
96
97
98
99
100
101
102
103
104
105
106
Was zunächst bergrechtliche Vorschriften anbetrifft, so ergibt sich die Klagebefugnis
eindeutig nicht aus § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG. Nach dieser Bestimmung ist die
Zulassung eines Betriebsplans im Sinne des § 52 BBergG zu erteilen, wenn
gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung oder Gewinnung nicht zu erwarten sind.
Der Begriff des Gemeinschadens ist nicht bereits dann erfüllt, wenn ein Einzelner
geschädigt wird. Es muss vielmehr ein Schaden in einem solchen Umfang drohen, dass er
sich auf das Allgemeinwohl auswirkt.
Vgl. Boldt/Weller, Bundesberggesetz, Kommentar, 1984, § 55 Rdnr. 40.
Die Vorschrift vermittelt keinen Drittschutz. Voraussetzung für die Annahme eines
drittschützenden Charakters einer Rechtsvorschrift ist u. a., dass der Kreis der geschützten
Personen in der betreffenden Norm hinreichend klargestellt und abgegrenzt wird.
Wenngleich der Gesetzgeber nicht von vornherein daran gehindert ist, auch einem großen,
zahlenmäßig nicht bestimmten Kreis von Personen subjektive Rechte einzuräumen, so ist
dennoch erforderlich, dass sich aus den individualisierten Tatbestandsmerkmalen der
Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet.
Vgl. Kopp/Schenke, am angegebenen Ort, § 42 Rdnr. 84 mit Nachweisen.
Mit der Anknüpfung an den Begriff der Gemeinschädlichkeit, der einen überindividuellen
Bezug aufweist,
vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 1995 - 4 C 25.94 -, BVerwGE 100, 31, 35,
ist die erforderliche Individualisierbarkeit des geschützten Personenkreises nicht gegeben.
Bereits die Wendung "gemeinschädliche Einwirkungen" legt nämlich nahe, dass die Norm
nicht, wie für die Annahme einer drittschützenden Vorschrift notwendig, einen
abgrenzbaren Personenkreis in den Blick nimmt. Unter Berücksichtigung dessen, dass
wegen der besonderen Sachgesetzlichkeit des Bergbaus bei der Zuerkennung von
drittschützenden Vorschriften eher Zurückhaltung geboten ist,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 1994 - 4 B 102.94 -, DVBl. 1994, 1152, 1153,
kommt eine Klagebefugnis im Hinblick auf § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG mithin nicht in
Betracht.
Vgl. insoweit auch BVerwG, Urteile vom 16. März 1989 - 4 C 25/86 -, NVwZ 1989, 1162,
1163, sowie - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329, 335 bis 338; OVG NRW, Urteil vom 20.
Dezember 1984 - 12 A 704/83 -, ZfB 1985, 198, 214 f.; Beschluss der Kammer vom 3. Juli
2001 - 9 L 354/01 -, S. 27 f. des Entscheidungsabdrucks; VG Gelsenkirchen, Beschluss
vom 2. September 1988 - 8 L 835/88 -, ZfB 1990, 51, 53; VG Koblenz, Urteil vom 8. Mai
1989 - 7 K 92/87 -, ZfB 1991, 206, 208.
Soweit man davon ausgehen will, dass § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG mit seiner
Wendung "Gefahren für Leben, Gesundheit" auch den Schutz von Oberflächeneigentümern
des Abbaugebiets bei Rahmenbetriebsplanzulassungen erfassen und demgemäß
Drittschutz vermitteln will, verweist die Kammer bezüglich der hier gegebenen fehlenden
Maßgeblichkeit der Vorschrift auf die vorstehenden Ausführungen zu einem fehlenden
Eingriff in das Grundrecht des Klägers auf Leben und körperliche Unversehrtheit (siehe
oben unter III.).
Hinsichtlich § 48 Abs. 2 BBergG nimmt die Kammer zur Vermeidung unnötiger
107
108
109
110
111
112
113
Wiederholungen auf ihre Ausführungen zum bergrechtlichen System der Betriebspläne
(siehe oben unter I.) Bezug.
Die vom Kläger im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erhobene Rüge, es sei keine
ordnungsgemäße Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden, begründet ebenfalls
keine Klagebefugnis. Denn eine gegebenenfalls erforderliche
Umweltverträglichkeitsprüfung weist keinen Bezug zu subjektiv-öffentlichen Rechten des
Klägers auf, weil die Vorschriften über die Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung nicht drittschützend sind. Sie dienen ausschließlich dazu,
Informationen über die Auswirkungen eines Projekts auf die natürliche Umwelt
einschließlich der menschlichen Gesundheit zu verschaffen. Die
Umweltverträglichkeitsprüfung ist unselbstständiger Teil des verwaltungsbehördlichen
Verfahrens (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung -
UVPG -).
Vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 18. September 1997 - 1 S 354/96 -,
ZfB 1997, 314, 322 mit Nachweisen; Verwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom
21. Oktober 1993 - 2 F 121/93 -, ZfB 1994, 44, 48 f.; Beschluss der Kammer vom 3. Juli
2001 - 9 L 354/01 -, S. 23 des Entscheidungsabdrucks.
Unabhängig davon ist anzumerken, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die
Zulassung des streitbefangenen Rahmenbetriebsplans nicht durchgeführt werden musste:
Zum einen war § 52 Abs. 2 a BBergG, der auf die Notwendigkeit einer
Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß § 57 c BBergG verweist, hier gemäß Art. 2 Satz 2
des Gesetzes zur Änderung des Bundesberggesetzes vom 12. Februar 1990 (im
Folgenden: Bergrechtsänderungsgesetz), insoweit in Kraft getreten am 1. August 1990 (vgl.
Art. 4 Satz 2 des Gesetzes, BGBl. I S. 215, 218), schon nicht anwendbar. Selbst wenn man
diese Vorschrift anwenden wollte, so hat - bezogen auf das Abbaugebiet Garzweiler II -
gemäß § 52 Abs. 2 b Satz 2 in Verbindung mit § 54 Abs. 2 Satz 3 BBergG vor dem
Hintergrund der im Braunkohlenplanverfahren Garzweiler II durchgeführten
Umweltverträglichkeitsprüfung kein Erfordernis zur Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen eines bergrechtlichen
Planfeststellungsverfahrens bestanden. Schließlich war eine
Umweltverträglichkeitsprüfung auch nicht nach § 52 Abs. 2 c BBergG mit Blick auf eine
wesentliche Änderung eines Vorhabens im Sinne des Absatzes 2 a Satz 1 aufgrund einer
Änderung, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben kann, notwendig.
Vgl. die Urteile der Kammer vom heutigen Tage - 9 K 2800/00 - sowie - 9 K 2954/00 -.
V.
Schließlich ergibt sich die erforderliche Klagebefugnis nicht aus europarechtlichen
Vorschriften.
Dies gilt zunächst für Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 685, 953;
Bek. v. 15. Dezember 1953, BGBl. 1954 II S. 14 - MRK -). Nach Absatz 1 dieser Vorschrift
hat jede Person Anspruch unter anderem auf Achtung ihres Privatlebens sowie ihrer
Wohnung. Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass die hier allein zu beurteilende
Zulassung des Rahmenbetriebsplans mangels einer diesbezüglichen Regelungs- oder
Gestattungswirkung nicht in diese Schutzgüter eingreift. Eine abweichende Beurteilung ist
nicht im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für
114
115
116
117
118
119
120
121
122
Menschenrechte (EGMR) betreffend die Umsiedlung der Einwohner des Dorfes Horno in
Brandenburg, die auf der Grundlage des brandenburgischen
Braunkohlengrundlagengesetzes sowie von Braunkohlenplänen erfolgen soll, geboten.
Vgl. die Entscheidung vom 25. Mai 2000 - Beschwerde Nr. 46346/99, Günther Noack u. a. /
Deutschland -, Landes- und Kommunalverwaltung (LKV) 2000, 69 ff., sowie hierzu Lenz,
"Chancen und Grenzen der Menschenrechtsbeschwerde - dargestellt am Beispiel der
Horno-Entscheidung des EGMR", LKV 2000, 446 ff.
Der Gerichtshof hat zwar insoweit einen Eingriff bejaht. Diese Rechtsprechung lässt sich
jedoch auf den vorliegenden Fall schon deswegen nicht übertragen, weil sie sich zu einem
umsiedlungsbedingten Eingriff verhält, nicht aber zu einer Rahmenbetriebsplanzulassung,
die die Frage einer Umsiedlung nicht verbindlich regelt.
Ungeachtet dessen folgte bei einer Übertragung der Rechtsprechung kein anderes
Ergebnis. Nach Art. 8 Abs. 2 MRK darf eine Behörde in die Ausübung dieses (scil.: aus
Abs. 1 folgenden) Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und
in einer demokratischen Gesellschaft zum Beispiel für das wirtschaftliche Wohl des Landes
notwendig ist. Der Gerichtshof hat es als Rechtfertigung für den umsiedlungsbedingten
Eingriff ausreichen lassen, dass besagtem Braunkohlengrundlagengesetz ein besonderes
Verfahren mit einer Anhörung von unterschiedlichen Vereinigungen und Interessengruppen
voraufgegangen ist, und unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums des
Mitgliedsstaates den Eingriff als schwer wiegend, aber gegenüber dem verfolgten
berechtigten Ziel, nämlich das wirtschaftliche Wohl des Landes, nicht als
unverhältnismäßig angesehen.
Vgl. EGMR, am angegebenen Ort, S. 71 f.
Vor dem Hintergrund der bereits dargestellten Rechtsprechung des
Verfassungsgerichtshofes für das Land Nordrhein-Westfalen zur demokratischen
Legitimation des Braunkohlenausschusses und zu den §§ 18, 26 Abs. 2 des Gesetzes zur
Landesentwicklung dürfte nicht davon auszugehen sein, dass eine Rechtfertigung eines
etwaigen Eingriffs gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK angesichts der Ausgestaltung des nordrhein-
westfälischen Braunkohlenplanverfahrens und der landesplanerischen Zielsetzungen
ausscheidet.
Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht unter Berücksichtigung des Urteils des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
vom 2. Oktober 2001 - Beschwerde Nr. 36022/97, Hatton u. a. / Vereinigtes Königreich -,
das der Kammer in nichtamtlicher Übersetzung sowie in englischer Sprache
(http://www.echr.int) vorliegt, geboten. Die erkennende Kammer ist der englischen Sprache
hinreichend mächtig, um die Entscheidung ohne Übersetzung in die Gerichtssprache
nachvollziehen zu können. Der Gerichtshof hat im Fall Hatton u. a. gegen das Vereinigte
Königreich eine Verletzung des Art. 8 MRK wegen des Anstiegs des Lärmpegels durch die
Benutzung des Flughafens Heathrow bei Nacht angenommen. Er hat darauf verwiesen,
dass ein fairer Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen geboten sei und im
Wesentlichen darauf abgestellt, dass es an einer hinreichenden rechtzeitigen
Begutachtung des Nutzens sowie der Auswirkungen des Nachtflugbetriebes fehlte.
Vgl. Seiten 21 bis 23 des Entscheidungsausdrucks in englischer Sprache. Abgesehen
123
124
125
126
127
128
129
130
131
132
133
davon, dass es hier an einem Eingriff in die Schutzgüter des Art. 8 Abs. 1 MRK durch die
Rahmenbetriebsplanzulassung fehlt, spricht derzeit nichts gegen die Möglichkeit, bei einer
zukünftigen Verwirklichung des von der Beigeladenen geplanten Tagebauvorhabens den
seitens des Gerichtshofes geforderten angemessenen Interessenausgleich im Zuge einer
sich an gesondert erfolgende Braunkohlenplanverfahren anschließenden Umsiedlung oder
in allfälligen Grundabtretungsverfahren erzielen zu können.
Scheidet demgemäß ein Verstoß gegen Art. 8 MRK erkennbar aus, bedarf es keines
Eingehens auf den in der zuletzt zitierten Entscheidung ebenfalls angenommenen Verstoß
gegen Art. 13 MRK. Hiernach hat jede Person, die in ihren in der
Menschenrechtskonvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, das
Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch
wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft
gehandelt haben. Diese Vorschrift beinhaltet eine akzessorische Verfahrensgarantie, sie
setzt eine Verletzung von in der Konvention festgelegten Rechten voraus,
vgl. Frowein, in: Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-
Kommentar, 2. Auflage, 1996, Art. 13 MRK Rdnr. 2 (S. 427 f.); Gollwitzer, in: Löwe-
Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, herausgegeben
von Rieß, Großkommentar, 24. Auflage, Sechster Band, 2. Teilband, Art. 13 MRK Rdnr. 1,
12 (Stand: 1. September 1991),
an der es, wie bereits dargelegt, hier fehlt.
Soweit zu erwägen ist, der Kläger könne sich nach der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofes (EuGH) auf die Verletzung der aus der UVP-Richtlinie folgenden Pflichten
vor den nationalen Behörden und Gerichten berufen, kann auf sich beruhen, ob die
richtlinienbezogene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes,
vgl. Urteil vom 16. September 1999 - Rs. C-435/97 -, Amtliche Sammlung der
Entscheidungen des EuGH (Slg.) 1999 I-5613, 5661 (Rdnr. 71),
für die Annahme einer diesbezüglichen Klagebefugnis spricht. Denn diese Richtlinie ist
hier nach der bereits erwähnten Rechtsprechung der Kammer nicht anwendbar, weil das
Zulassungsverfahren vor Ablauf der Umsetzungsfrist (3. Juli 1988) mit der Einreichung des
Rahmenbetriebsplans vom 5. Oktober 1987 im November 1987 eingeleitet worden war.
Vgl. auch EuGH, Urteile vom 18. Juni 1998 - Rs. C-81/96 -, Slg. 1998 I-3923, 3944 (Rdnrn.
23 f.), vom 22. Oktober 1998 - Rs. C-301/95 -, NVwZ 1998, 1281, 1282, sowie vom 21.
Januar 1999 - Rs. C-150/97 -, Rdnr. 18, veröffentlicht in juris; BVerwG, Urteil vom 12.
Dezember 1996 - 4 C 29/94 -, NVwZ 1997, 908, 909.
Darüber hinaus ist der UVP-Richtlinie eine die Vermeidung von Doppelprüfungen der
Umweltverträglichkeit einschränkende Vorgabe nicht zu entnehmen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Mai 1997 - 11 A 43.96 -, BVerwGE 104, 367, 375; Urteile der
Kammer vom heutigen Tage - 9 K 2800/00 - sowie - 9 K 2954/00 -.
Nach alledem war die Klage mangels Klagebefugnis als unzulässig abzuweisen.
Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass sich die Klage aus den vorstehend dargelegten
Erwägungen auch als unbegründet erweisen würde, weil die nach § 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO erforderliche Verletzung des Klägers in eigenen (subjektiv-öffentlichen) Rechten
134
135
136
137
138
139
durch die streitige Rahmenbetriebsplanzulassung - ungeachtet deren objektiver
Rechtmäßigkeit beziehungsweise Rechtswidrigkeit - ausgeschlossen ist.
Vgl. hierzu Kuntze, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v. Albedyll, am angegebenen Ort, § 113
Rdnr. 13.
Auf sich beruhen könnte demgemäß, inwieweit die vom Kläger erhobenen Rügen einer
verwaltungsgerichtlichen Überprüfung überhaupt zugänglich wären und welcher Zeitpunkt
der gerichtlichen Entscheidung insoweit zu Grunde zu legen wäre.
Vgl. zu den Grenzen der gerichtlichen Kontrolle energiepolitischer Leitvorstellungen von
Regierungen oder aber des Gesetzgebers VerfGH NRW, Urteil vom 9. Juni 1997 - VerfGH
20/95 u. a. -, ZfB 1997, 300, 310 f.; OVG Brandenburg, Beschluss vom 28. September 2000
- 4 B 130/00 -, S. 23 des Entscheidungsabdrucks; vgl. auch BVerfG, 3. Kammer des Ersten
Senats, Beschluss vom 8. Juni 1998 - 1 BvR 650/97 u. a. -, NVwZ 1998, 1060 f.; Urteil der
Kammer vom heutigen Tage - 9 K 2954/00 -, auch zum maßgeblichen
Beurteilungszeitpunkt in Fällen der Drittbetroffenheit.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der
Billigkeit, die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
auszusprechen, weil sie sich einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO)
und weil sie als notwendig Beigeladene in das Verfahren einzubeziehen war.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 1998 - 21 A 6726/95 -, ZfB 1998, 160, 170.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 709
Satz 1 ZPO. Sie berücksichtigt jeweils neben den sich aus dem Streitwert ergebenden
abrechenbaren Gebühren der Prozessbevollmächtigten des Beklagten sowie der
Beigeladenen deren Ansprüche auf Ersatz von Auslagen und anteiligen Aufwendungen
anlässlich der Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung (vgl. die §§ 25, 26
und 28 f. der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte).