Urteil des VG Aachen vom 23.06.2009

VG Aachen: jugendamt, schule, stadt, rechtsschutz, amtshilfe, behörde, menschenrechte, gerichtsbarkeit, unterricht, sorgerecht

Verwaltungsgericht Aachen, 2 K 96/09
Datum:
23.06.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 96/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht
erhoben werden.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger erstrebt mit der vorliegenden Klage die Feststellung eines Fehlverhaltens
der Mitarbeiter des Jugendamtes der Stadt B., Frau X. und Herrn O. , in einem
familiengerichtlichen Verfahren.
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Der Kläger und Frau P. B. N. , eine rumänische Staatsangehörige, sind die nicht
miteinander verheirateten Eltern des am 6. September 2000 geborenen Kindes E. N. .
Die Eltern hatten das gemeinsame Sorgerecht und haben bis November 2004
zusammengelebt.
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Nach der Trennung lebte das Kind zunächst gemäß einer gemeinsamen Absprache bei
Mutter und Vater. Bis dahin hatte der Kläger regelmäßigen Umgang mit seinem Sohn.
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E. , der zunächst den Kindergarten "J. H. " in B. besucht hatte, wurde zum Schuljahr
2006/2007 in der Grundschule "B1. S. " eingeschult. Von der Kindesmutter wurde E. zur
offenen Ganztagsschule mit Nachmittagsbetreuung angemeldet. Der Kläger, der
grundsätzlich mit der Ganztagsschule einverstanden war, sah durch die "massive
Zunahme der nachschulischen Betreuung" eine Übersättigung des Kindes. Er wünschte
eine Reduzierung der Ganztagsbetreuung und bot Handlungsalternativen im
Zusammenleben mit ihm an.
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J. Laufe des Jahres 2006 kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Kindeseltern.
Die Kindesmutter warf dem Kläger vor, ohne Absprache mit ihr Umgang mit dem Kind zu
haben, E. nach Besuchskontakten nicht rechtzeitig zurückgebracht zu haben oder trotz
schwerer Erkrankungen des Kindes einseitig darauf bestanden zu haben, sein
Umgangsrecht auszuüben. Dies führte beim Amtsgericht B. zu familiengerichtlichen
Auseinandersetzungen.
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In dem Verfahren 28 F 292/06 EA wurde durch Beschluss vom 9. März 2007 im Wege
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der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Kindesmutter
übertragen. Gleichzeitig wurde dem Kläger ein umfassendes Umgangsrecht a)14-tägig
jeweils von Freitag nach der Schule bis zum darauffolgenden Montag sowie b)
dazwischen in der Woche, auf das Wochenende, in der das Umgangsrecht entfällt, von
Montagmittag nach der Schule bis zum darauffolgenden Dienstag eingeräumt.
In dem Verfahren 28 F 492/06 wurde im Hauptsacheverfahren um das
Personensorgerecht und das Umgangsrecht gestritten.
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Nachdem der Kläger E. gegen den Willen der Schule im Jahr 2007 mehrfach - auch
nach einem von der Schule ausgesprochenen Hausverbot - vorzeitig aus der offenen
Ganztagsschule abgeholt hatte, erging in dem Verfahren 28 F 492/06 EASO II am
19.12.2007 ein Beschluss, mit dem im Wege der einstweiligen Anordnung der Teil der
elterlichen Sorge, der die schulische Erziehung des Kindes betrifft, auf die Kindesmutter
übertragen wurde. Zugleich wurde der Beschluss vom 9. März 2007 dahin modifiziert,
dass das Umgangsrecht des Klägers erst nach Ende des Kurs- und Förderangebots
jeweils am Freitag nach 16.00 Uhr und jeweils am Montag nach 15.00 Uhr einsetzte.
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J. Hauptsacheverfahren 28 F 492/06 holte das Gericht ein Gutachten des
Sachverständigen W. zu den Fragen ein, wem zukünftig das Recht der elterlichen Sorge
übertragen werden und wo der Aufenthalt E1. in Zukunft sein solle. An diesem
Verfahren war auch das Jugendamt der Stadt B. beteiligt, für das der Mitarbeiter O. die
nach § 50 SGB VIII erforderlichen Stellungnahmen gegenüber dem Familiengericht
abgab. B1. 25. März 2009 hat das Familiengericht in dem Verfahren 28 F 492/06
verhandelt. Dort hat Herr O. (Protokoll der dortigen Gerichtsverhandlung S.6) u.a. erklärt,
dass der Kläger hinsichtlich der elterlichen Sorge eine Mediation beantragt habe. Er
habe daraufhin Kontakt mit der Mutter gesucht; diese habe hinsichtlich des Umgangs
Gesprächsbereitschaft bekundet. Hinsichtlich der gemeinsamen elterlichen Sorge sei
sie nicht gesprächsbereit.
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Mit Beschluss vom 25. März 2009 - 28 F 492/06 - hat das Amtsgericht B. dem Kläger das
Recht der elterlichen Sorge entzogen und der Kindesmutter zur alleinigen Ausübung
übertragen. Weiter wurde für E. auch in der Hauptsache eine Umgangspflegschaft
eingerichtet und Herr Q. L. zum Umgangspfleger bestimmt. Die Umgangspflegschaft
wurde begrenzt bis zum 31.12.2009. Über eine Verlängerung soll entschieden werden
auf Grund eines vom Umgangspfleger bis zum 30. 11.2009 zu erstellenden Berichts.
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Der Kläger hat am 15. Januar 2009 die vorliegende Klage erhoben und zur Begründung
vorgetragen: Die Kindesmutter habe sich Ende 2006 mit falschen Angaben an das
Jugendamt gewandt. Aus seiner Sicht habe sich das Jugendamt von Anfang an zum
Handlanger der Kindesmutter gemacht. Tatsächlich sei bis dahin erfolgreich ein
Wechselmodell mit Schwerpunkt bei ihm gelebt worden. E. habe sich in dieser Zeit
prächtig entwickelt. Die Kindesmutter hat dem gegenüber beim Jugendamt vorgetragen,
er - der Kläger - habe sich nie um das Kind gekümmert, sei gewalttätig und aggressiv
und letztlich eine Gefahr für das Kind. Herr O. habe darauf sofort reagiert und die bis
dahin tätige und mit dem Sachverhalt vertraute Mitarbeiterin Frau Offermann durch Frau
X. ersetzt. In Gesprächen sei Herr O. aggressiv, einseitig, unverschämt und sachlich
falsch mit der Angelegenheit umgegangen. Die Akten des Jugendamtes seien von nun
an unter Verschluss genommen worden. Er - Herr O. - habe Frau X. angewiesen, dieser
Linie zu folgen, was diese erkennbar gegen ihr Gewissen getan habe. Die Kindesmutter
sei bestärkt worden, das Gespräch mit ihm zu verweigern. Durch dieses Verhalten sei
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sein Leben und das seines Sohnes ins Chaos gestützt worden. Man habe es seitens
des Amtes zunächst nicht einmal für erforderlich gehalten, auf eine Übergangsregelung
bei den zwischen den Eltern streitigen Fragen bis zum Ergehen einer gerichtlichen
Entscheidung hinzuwirken. Frau X. habe - ohne sein Wissen - eine
Elterngesprächsreihe bei der Caritas in die Wege geleitet. Diese Gespräche seien dann
von der Kindesmutter wieder abgesagt worden. Die Mutter sei hinsichtlich seines
Umgangs und seiner Rechte bei der Erziehung des Kindes nun immer aggressiver
gegen ihn vorgegangen. Die chaotischen Zustände, die seit dem Beginn der
Beschulung eingetreten seien, hätten sich immer mehr verschlimmert. Er habe eine
Lösung versucht, in dem er das Kind zu sich genommen und den weiteren Umgang der
Kindesmutter mit E. davon abhängig gemacht habe, dass die Mutter wieder zu
regelmäßigen Zeiten beim Umgang bereit sei. Dabei habe er der Mutter mündlich und
schriftlich die freie Wahl gelassen, damit alle Beteiligten vernünftig mit der Situation
umgehen könnten. Die Mutter habe sich aber jeder Kommunikation verschlossen. Nach
zwei Wochen habe er das Jugendamt um Hilfe gebeten. Dieses habe aber nicht reagiert
und sei für ihn auf einmal nicht mehr erreichbar gewesen. Tatsächlich sei erkennbar
gewesen, dass das Jugendamt die Kindesmutter bei der Chaotisierung der
Lebensumstände und der Erzwingung eines Gerichtsverfahrens gegen ihn unterstützte.
J. ersten Anhörungstermin des gerichtlichen Verfahrens habe das Jugendamt gelogen.
Frau X. habe dies - für ihn ersichtlich - auf Anweisung von Herrn O. getan. So sei die
Vorgeschichte, weshalb er E. so kurz entschlossen in seinen Haushalt aufgenommen
habe, nicht dargestellt worden. Es sei unerwähnt geblieben, dass die Kindesmutter
gegenüber Frau X. , die in seiner und Herrn O. Anwesenheit ein vermittelndes Telefonat
geführt habe, sich brüllend jeder Einigungsbemühungg entzogen habe. Wahrheitswidrig
habe Frau X. erklärt, dass dem Jugendamt keinerlei Erkenntnisse bezüglich des
Vorlebens des Kindes vorlägen. Das Gericht habe diese Passage ungenau protokolliert.
Noch schlimmere Lügen seien in Bezug auf das Verhalten des Kindes abgegeben
worden. Man habe behauptet, E. würde kaum noch mit jemandem sprechen. Er sei nicht
mehr in der Lage, im Unterricht auf Fragen zu antworten. Man könne ihn kaum noch
verstehen. Er würde kaum noch mit anderen Kindern spielen. Er kaue seine Fingernägel
bis zum Nagelbett und kote ein. Dies werde vom Jugendamt als das Ergebnis seines
Handelns, das Kind zu sich zu nehmen, dargestellt. Diese Angaben ständen allerdings
mit der Realität nicht im Einklang. E. sei ein fröhliches Kind, das auch damals viel und
gerne mit anderen Kindern gespielt habe. Das Einkoten sei einmal passiert; dabei sei er
so intensiv in das Spiel vertieft gewesen, dass er zu spät zur Toilette gegangen sei. Das
mit dem Nägelkauen treffe zwar zu; er habe dies aber im gleichen Alter begonnen. J.
Übrigen habe sich am Nägelkauen bei E. bis heute nichts geändert. E. habe sich in
gleicher Weise wie zuvor am Unterricht beteiligt. Er habe lediglich etwas nachdenklicher
gewirkt. Demgegenüber habe die Kindesmutter E. in der Schule aufgesucht, um ihm
dabei klar zu machen, dass er seine Mama nicht mehr sehen dürfe. Zu diesen
Vorgängen habe er eine Mappe gefertigt und dem Familiengericht vorgelegt. Der
Familienrichter habe das Jugendamt aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, was
dieses bis heute nicht getan habe. In der Zwischenzeit habe die Mutter alle Register
gezogen und eine Rufmordkampagne gegen ihn an der Schule gestartet. Dies habe
dazu geführt, dass die Schule falsche Angaben gegenüber dem Familiengericht
gemacht habe. Alle diese falschen Angaben hätten zu einer unrichtigen und
rechtswidrigen Entscheidung des Familiengerichts geführt, in deren Folge die familiären
Auseinandersetzungen immer mehr eskalierten. J. Ergebnis sei ihm das Sorgerecht
entzogen und der Umgang auf zwei Stunden wöchentlich beschränkt worden. Das
Verhältnis zwischen ihm und dem Jugendamt sei völlig zerrüttet. In der Folge habe er
die Behörde nur noch im Schriftverkehr über das Familiengericht an die Einhaltung ihrer
Pflichten ermahnt. Dies sei erfolglos geblieben. So sei es gekommen, dass er durch das
Verhalten des Jugendantes seinen Sohn sechs Monate nicht gesehen habe. In diesem
Zeitraum sei das Jugendamt vom Gericht explizit beauftragt gewesen, den Umgang
sicherzustellen. Darüber hinaus sei die Behörde im Interesse des Kindes verpflichtet
gewesen, sich um eine anderweitige gerichtliche Regelung zu bemühen. Nach einer
neuerlichen Anhörung sei dann wieder ein normaler Umgang angeordnet worden. Es
habe wieder einige Zeit gedauert, bis die angeordnete Umgangspflegschaft umgesetzt
worden sei. Die Kindesmutter habe sich dies zunutze gemacht, in dem sie wieder
jeglichen Umgang zwischen Vater und Sohn verweigert habe. In der Zeit der Umgangs-
verweigerung sei von Herrn O. jegliche Kooperation verweigert und somit das Verhalten
der Kindesmutter passiv unterstützt worden.
Der Kläger beantragt,
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festzustellen, dass das Jugendamt der Stadt B. in Person von Herrn O. und Frau X. a) in
mehreren Fällen vor dem Familiengericht in der Sache 28 F 492/06 falsch ausgesagt
sowie wesentliche Angelegenheiten verschwiegen haben, b) im Zusammenhang mit der
Familienrechtssache mehrfach dringend benötigte Hilfeleistungen nicht erbracht und
gerichtliche Anordnungen in wesentlichen Angelegenheiten ignoriert haben, c) die
gerichtliche Anordnung zu einer Stellungnahme ignoriert haben, was zu einer massiven
Verfahrensverzögerung führte, d) eine gerichtliche Anordnung, begleiteten Umgang mit
dem Kläger und seinem Sohn herbeizuführen, ignoriert zu haben, weshalb er seinen
Sohn ein halbes Jahr nicht gesehen habe. Der Beklagte beantragt, die Klage
abzuweisen.
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Er hält die Klage für unzulässig. Für die Vorwürfe eines angeblichen Fehlverhaltens im
Rahmen des familiengerichtlichen Verfahrens sei der Rechtsweg zu den
Verwaltungsgerichten nicht eröffnet. Eine Überprüfung in der Sache sei dem Gericht
nicht möglich. Nur informatorisch werde mitgeteilt, dass aus seiner Sicht die seitens des
Klägers erhobenen Vorwürfe jeglicher Grundlage entbehrten.
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Die Kammer hat mit Beschluss vom 3. April 2009 - 2 L 146/09 - den Antrag, den
Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
Herrn O. die Wahrnehmung von Aufgaben des Jugendamtes in seiner Angelegenheit zu
entziehen und einen anderen Mitarbeiter zu beauftragen, abgelehnt.
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Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die im Verfahren gewechselten Schriftsätze
Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Sie ist nach Auffassung der Kammer bereits als unzulässig abzuweisen, da für die vom
Kläger unterbreiteten Begehren der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40
der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht gegeben ist. Die vom Kläger dem
Gericht unterbreiteter Begehren sind nicht als öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne
der genannten Vorschrift zu würdigen, für die der Rechtsweg zu den
Verwaltungsgerichten eröffnet ist.
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a) Soweit das Rechtsschutzbegehren in der Sache auf die Feststellung fehlerhaften
Verhaltens gerichtet ist, das vom Kläger den Mitarbeitern des Jugendamtes im Rahmen
der Aufgabenerfüllung nach § 50 SGB VIII zur Unterstützung des Amtsgerichts -
Familiengericht - Aachen in der Sache 28 F 492/06 vorgehalten wird, fehlt es bereits an
der Notwendigkeit zusätzlichen Rechtsschutzes durch die Verwaltungsgerichte. Nach
Auffassung des Klägers sollen in dem genannten familiengerichtlichen Verfahren die
Mitarbeiter Herr O. und Frau X. entweder inhaltlich falsch ausgesagt oder durch
Verkürzung des Sachverhalts wesentliche Angelegenheiten verschwiegen haben und
damit zu einer für ihn negativen Entscheidung des Familiengerichts geführt haben.
Soweit ein solches Verstoß gegen die Verfahrensordnung gegeben sein sollte, ist dies
in dem Rechtsweg zu rügen, in dem der Verstoß begangen worden sein soll.
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Es ist deshalb für die Entscheidung des vorliegenden Verfahrens ohne Bedeutung, dass
der Kläger nicht präzisiert hat, bezüglich welcher konkreten Aussagen der genannten
Mitarbeiter im familiengerichtlichen Verfahren er diese Vorwürfe erhebt. Soweit dem
Kläger Anhaltspunkte bekannt sind, die für seine Auffassung sprechen sollten, ist es
seine Aufgabe, im familiengerichtlichen Verfahren diese Sachverhalte durch Darlegung
entsprechenden Sachvortrags dem Familiengericht - oder dem Oberlandesgericht im
Rechtsmittelverfahren - zu unterbreiten. Es obliegt den Prozessbeteiligten im laufenden
- hier zivilgerichtlichen - Verfahren, etwaige tatsächliche Unrichtigkeiten anzuzeigen
oder die vom Jugendamt vorgenommenen Wertungen und Schlüsse sowie den dort zum
Ausdruck kommenden Sachverstand des Jugendamtes durch geeigneten Vortrag so in
Zweifel zu ziehen, dass das Fachgericht Veranlassung sieht, die Einholung
entsprechender weiterer Gutachten zu veranlassen oder die vom Antragsteller durch
konkrete Angaben als falsch angezweifelte Angaben des Jugendamtes in der
gerichtlichen Entscheidungsfindung entsprechend zu würdigen. Darauf gründende
Rechtsstreitigkeiten, die ein Prozessverhalten im Zivilprozess zum Gegenstand haben,
fallen deshalb in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit (§ 13 des
Gerichtsverfassungs-gesetzes - GVG -), hier: des örtlich zuständigen Familiengerichts (§
23 b GVG). Bislang hat der Kläger nicht vorgetragen, einen Amtshaftungsprozess nach
Art 34 S. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. § 839 BGB gegen das Jugendamt zu erwägen.
Auch dafür wäre wegen des Sachzusammenhangs nicht der Rechtsweg zu den
Verwaltungsgerichten, sondern zu den ordentlichen Gerichten gegeben (Art. 34 Satz 3
GG i.V.m. § 40 Abs. 2 VwGO). Dass er ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren
wünscht, hat der Kläger selbst nicht vorgetragen.
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Schließlich folgt die Kammer der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Nordrhein-Westfalen,
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Beschluss vom 24. Oktober 2007 - 12 B 1570/07 -, soweit ersichtlich nicht veröffentlicht,
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wonach es in der Regel Rechtsschutzbegehren der vorliegenden Art an der Darlegung
eines Rechtsanspruchs fehlt, weil nämlich das jeweilige Jugendamt in einem
verwaltungsgerichtlichen Verfahren dieser Art grundsätzlich nicht verpflichtet werden
kann, Berichte oder gutachterliche Stellungnahmen, die das Jugendamt den
Familiengerichten übermittelt hat, aus den vom Kläger geltend gemachten Gründen (das
in Art. 6 Abs. 2 GG verortete Elternrecht) zurückzunehmen oder für unbrauchbar zu
erklären. J. Einzelnen hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt:
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"Gibt das Jugendamt nach § 50 SGB VIII eine Stellungnahme gegenüber dem
Familiengericht ab, ist Adressat dieser Stellungnahme das Gericht und nicht das Kind
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oder die Eltern, so dass sich diese gegen die Stellungnahme des Jugendamtes nicht
gesondert auf dem Verwaltungsrechtswege wehren können. Ihr Rechtsschutz nach Art.
19 Abs. 4 GG gegen diese Mitteilungen als unselbständige Teile des
familiengerichtlichen Erkenntnisprozesses wird dadurch gewährleistet, dass sie
Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen der Familiengerichte ergreifen können.
Vgl. hierzu BayVGH, Beschluss vom 7. April 2005 - 12 CE 04.3375 -, Juris, und
Röchling, in: LPKSGB VIII, 3. Aufl., Anhang 5 - Verwaltungsverfahren des Jugendamts
und Rechtsschutz - Rdnr. 83.
27
Soweit die familiengerichtliche Entscheidung, zur deren Begründung die
jugendamtliche Stellungnahme verwendet wurde, keinem Rechtsmittel mehr zugänglich
ist, gilt vor dem Hintergrund der Verteidigungsmöglichkeiten in diesem Verfahren in der
Regel der allgemeine Grundsatz, dass weder Art. 19 Abs. 4 GG noch das allgemeine
Rechtsstaatsprinzip einen (weiteren bzw. zusätzlichen) Instanzenzug gewährleisten.
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Vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juni 1993 - 1 BvR 938/93 -, RGV I 123, m.
w. N.
29
Ob bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise Raum für eine Überprüfung
der im Rahmen der Mitwirkung in einem sorgerechtlichen Verfahren vor dem
Familiengericht abgegebenen jugendamtlichen Stellungnahme in einem
verwaltungsgerichtlichen Verfahren sein kann, ...... braucht hier nicht geklärt zu werden.
Eine solche Rechtsverletzung macht der Antragsteller vorliegend nicht geltend, und sie
ist auch im Übrigen nicht ersichtlich. Demgemäss kann die jugendamtliche
Stellungnahme ... .. hier entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht getrennt von
ihrer Zweckbestimmung, als Entscheidungshilfe im familienrechtlichen Verfahren zu
dienen, erfolgen, also völlig losgelöst von der Frage ihrer Verwertung. Etwas anderes
ergibt sich auch nicht aus den vom Antragsteller angeführten Urteilen zu etwaigen
Amtshaftungsansprüchen wegen einer rechtswidrigen jugendamtlichen Stellungnahme.
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Siehe BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98 -, NJW 1999, 3126; vorgehend: OLG
Schleswig-Holstein, Urteil vom 3. September 1998 - 11 U 116/97 -, OLGR Schleswig
1998, 436; nachgehend: Urteil vom 2. November 1999 - 11 U 116/97 -.
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Insbesondere ist den vorgehend zitierten Entscheidungen nicht zu entnehmen, dass die
Verfolgung eines Anspruchs auf Beseitigung der Folgen einer unrichtigen bzw.
rechtswidrig zustande gekommenen Stellungnahme des Jugendamtes in einem
familiengerichtlichen Verfahren ihrerseits vor den Verwaltungsgerichten zu erfolgen hat,
und dabei die bloße Beseitigung der Stellungnahme durch deren Widerruf zum
Gegenstand haben kann. Wenn der Antragsteller den beiden Urteilen sinngemäß
entnehmen will, der Antragsgegner sei hier aufgrund vermeintlich rechtswidriger,
nämlich mit schwerwiegenden fachlichen Mängeln behafteter Amtshilfe seines
Jugendamtes - einen Fall der Amtshilfe bei der Mitwirkung des Jugendamtes im
familiengerichtlichen Verfahren verneinend:
32
Münder u.a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 5. Aufl., vor § 50 Rdnr. 15 m.w.N. -,
33
zur Beseitigung der Folgen einer dadurch bewirkten Verletzung seines Grundrechts aus
Art. 6 Abs. 2 GG dergestalt verpflichtet, dass er die Stellungnahme vom .... zurücknimmt,
räumt er vielmehr selbst die vom Verwaltungsgericht richtigerweise für maßgeblich
34
erachtete Konnexität zwischen der jugendamtlichen Stellungnahme als schlichtem
Verwaltungshandeln und dem familiengerichtlichen Verfahren ein. Soweit das
Bundesverwaltungsgericht in einem Verfahren wegen der Beseitigung der Folgen einer
rechtswidrigen Auskunft,
vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 1971 - IV C 99.67 -, BVerwGE 38, 336,
35
von einer verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit ausgegangen ist, lag dem eine
abweichende Fallkonstellation zugrunde, weil dort - anders als hier und damit nicht
vergleichbar - nicht in ein konkretes gerichtliches Verfahren mit den diesbezüglichen
Rechtsschutzmöglichkeiten eingebundene Amtshilfe geleistet worden ist."
36
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer - die Eröffnung des
Verwaltungsrechtswegs einmal zu Gunsten des Klägers unterstellt - auch für die hier
streitigen Begehren vorbehaltlos an. Diese Erwägungen führen auch hier in der Sache
zur Zurückweisung des Rechtsschutzgesuchs.
37
Auch hinsichtlich der weiteren Anträge zu b), c) und d) gilt nichts anderes. Es ist allein
Aufgabe des Familiengerichts zu intervenieren, wenn das Jugendamt im
Zusammenhang mit der Familienrechtssache benötigte Hilfeleistungen nicht erbringt
oder gerichtliche Anordnungen - welchen Inhalts auch immer - ignoriert. Das gilt auch für
den bedauerlichen Fall, dass sich die Wahrnehmung des Umgangsrechts durch ein
dem Jugendamt zuzurechnendes Verhalten mit seinem Sohn unangemessen verzögert
hätte, was vom Beklagten bestritten wird. Daneben ist für zusätzlichen
verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz kein Raum.
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Dem erkennenden Gericht sind die grundlegenden Entscheidungen des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte,
39
vgl. Urteile vom 8. Juli 2003 - Beschwerde Nr. 31871/96 und 30943/96 -, FamRZ 2004,
337 ff., und 26. Februar 2004 - Beschwerde Nr. 74969/01 - FamRZ 2004, 1456 ff.,
40
zur Rechtsstellung (insbes. in Bezug auf das Umgangsrecht) des nichtsorgeberechtigten
Vaters von Kindern nicht miteinander verheirateter Eltern im Lichte der Art. 8 EMRK
bekannt; sie hat die Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
bei der hier zu treffenden Entscheidung berücksichtigt. Trotzdem bleibt es dabei, dass
es nicht Aufgabe der Verwaltungs- gerichte ist, Sorgerechtsentscheidungen der
Familiengerichte zu korrigieren oder auch nur in Frage zu stellen. Dies konnte in der
Vergangenheit nur im Rechtsmittelzug der ordentlichen Gerichtsbarkeit erfolgen und
kann zukünftig bei zu Gunsten des Klägers und seines Sohnes geänderten
tatsächlichen Verhältnissen ggf. durch ein neues Sorgerechtsverfahren geschehen.
41
Eine Verweisung des Rechtsstreites nach § 17a des Gerichtsverfassungsgesetzes
(GVG) an das Amtsgericht - Familiengericht - B. kommt nach Auffassung der Kammer
nicht in Betracht, da sich der Rechtsstreit schon angesichts des Passivrubrums
(Beklagter ist der Oberbürgermeister der Stadt B.) nicht als an das Familiengericht
verweisungsfähig erweist. Familiengerichtliche Regelungen werden insoweit nicht
gegenüber dem jeweiligen Jugendamt, sondern zwischen den jeweils in Betracht
kommenden Elternteilen/Eheleuten bzw. den sorge- oder umgangsberechtigten
Personen getroffen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
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