Urteil des VG Aachen vom 22.04.2008
VG Aachen: kinderbetreuung, anspruch auf bewilligung, berufliche tätigkeit, eltern, verfügung, gesundheit, zuschuss, wiederaufnahme, erwerbstätigkeit, ausschluss
Verwaltungsgericht Aachen, 2 K 1281/06
Datum:
22.04.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 1281/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten
nicht erhoben werden.
T a t b e s t a n d:
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Die Klägerin ist Volljuristin und erstrebt mit der vorliegenden Klage einen Zuschuss zu
den Kinderbetreuungskosten aus dem Förderprogramm "Kinderbetreuung U 3 als
Instrument der Arbeitspolitik" für Elternteile nach Rückkehr aus der Elternzeit.
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Die Klägerin ist Mutter des am 16. Dezember 2004 geborenen Sohnes G. D. . Am 23.
Januar 2006 nahm sie eine bis zum 31. Dezember 2006 befristete Tätigkeit als
teilzeitbeschäftigte Angestellte mit 50% der regelmäßigen Arbeitszeit einer
vollbeschäftigten Angestellten bei der Bundesagentur für Arbeit auf. Ihr Sohn wurde
während der Arbeitszeit von einer vom Verein für Familiäre Tagesbetreuung in Aachen
vermittelten Tagesmutter betreut. Für diese Tagesbetreuung hatte die Klägerin pro
Stunde 4,50 EUR aufzuwenden.
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Vor der Aufnahme der Tätigkeit beantragte sie am 19. Januar 2006 einen Zuschuss zu
den Betreuungskosten. Auf einem entsprechenden Formblatt kreuzte sie an, dass sie
vor Aufnahme der Tätigkeit ALG II (das sind Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch
Zweites Buch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitssuchende -) bezogen habe. Auf die
Anforderung eines entsprechenden Beleges, legte sie dar, dass sie bis zur Aufnahme
der in Rede stehenden Berufstätigkeit Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch
Drittes Buch (SGB III) - Arbeitsförderung - bezogen habe. Diese Angabe bestätigte sie
mit dem Aufhebungsbescheid der Agentur für Arbeit Aachen vom 23. Januar 2006.
Leider habe sie nach dem Ende ihrer Elternzeit (31. Mai 2005) keine Möglichkeit gehabt,
ihre Tätigkeit bei ihrem alten Arbeitgeber wieder aufzunehmen, da ihr Vertrag nicht
verlängert worden sei. Sie bat darum, nicht schlechter behandelt zu werden als eine
Arbeitnehmerin, die in der glücklichen Lage sei, einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu
haben.
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Mit Bescheid vom 8. Februar 2006 lehnte der Beklagte die Bewilligung des beantragten
Zuschusses zu den Kinderbetreuungskosten ab. Nach den Fördergrundsätzen könne
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die Betreuung von Kindern im Alter von unter drei Jahren durch Dritte gefördert werden,
wenn sie erforderlich werde durch die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit eines ALG II
beziehenden Elterteils oder die Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit beim früheren
Arbeitgeber. Die Klägerin erfülle keine dieser Voraussetzungen.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Die Regelung sei willkürlich. Es sei nicht
nachvollziehbar, warum SGB II - Leistungsbezieher und gut verdienende Elternteile den
Zuschuss bekommen, nicht aber Bezieher von Leistungen nach dem SGB III. Am 23.
Januar 2006 habe sie ihre neue Beschäftigung aufgenommen. Solle sie nun einen Tag
Elternzeit beantragen, um die Fördervoraussetzungen zu erfüllen?
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Nach Einschaltung der Regional Agentur Aachen, die keine Möglichkeit der Bewilligung
entsprechender Fördermittel - auch nicht im Ermessenswege - für die Klägerin sah, wies
der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2006 den Widerspruch als
unbegründet zurück.
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Die Klägerin hat am 10. August 2006 Klage erhoben. Sie rügt, dass vom Beklagten nach
lit. a) der Fördergrundsätze nur die Betreuung von Kindern unter drei Jahren bei
Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit eines ALG II beziehenden Elterteils gefördert
werde, nicht aber Elternteile, die bis dahin Leistungen nach dem SGB III bezogen
haben. Sie halte dies für willkürlich und vermute, dass in den Förderrichtlinien die
Bezieher von Leistungen nach dem SGB III schlichtweg vergessen worden seien. Es
handle sich aber um Steuer- und EU-Mittel, die nicht willkürlich vergeben werden
dürften. Im Laufe des Verfahrens rügt sie, dass die Förderrichtlinien ab dem 1. August
2006 bezüglich Buchstabe b) geändert wurden und ab diesem Zeitpunkt auch
Neuanträge von Eltern gefördert würden, die eine Berufstätigkeit bei anderen
Arbeitgebern als vor der Elternzeit aufgenommen hätten. Sie verlange zumindest eine
Gleichbehandlung mit diesen Eltern. Hätte diese Alternative der Förderrichtlinien schon
am 1. Januar 2006 gegolten, wären ihr von Anfang an Leistungen aus dem Programm
"Kinderbetreuung U 3 als Instrument der Arbeitspolitik" zu bewilligen gewesen.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des versagenden Bescheides vom 8. Februar 2006 und
des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 21.
Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006 einen Zuschuss zu den
Kinderbetreuungskosten ihres Sohnes nach den Förderrichtlinien "Kinderbetreuung U
3" als Mittel der Arbeitspolitik zu bewilligen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte tritt der Klage entgegen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf
Bewilligung eines Betreuungszuschusses in Höhe von 2,50 EUR pro
Betreuungsstunde. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) des
Landes Nordrhein-Westfalen habe für das Programm "Kinderbetreuung U 3 als
Instrument der Arbeitspolitik" für die Jahre 2005 bis 2007 insgesamt 25 Millionen EUR
aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds zur Verfügung gestellt. Der bedarfsgerechte
Ausbau der Betreuung für Kinder unter drei Jahren sei eine Aufgabe der Kommunen, die
nach dem Gesetz zum qualitätsorientierten Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder
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(Tagesbetreuungsausbaugesetz - TAG) vom 27.12.2004, BGBl. I S.3852, u.a. durch
Einsparungen finanziert werden solle, die nach den Erwartungen der beteiligten
Behörden bei der Umsetzung des SGB II frei werden. Für einen Übergangszeitraum bis
2007 habe die Landesregierung den Kommunen das Förderangebot "Kinderbetreuung
U 3 als Instrument der Arbeitspolitik" aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds
angeboten. Die Landesregierung habe daher auch die Förderrichtlinien erlassen
können. Bei der Verwendung der Mittel stehe deshalb den Kommunen kein
Ermessenspielraum zu. Die Voraussetzungen der Förderrichtlinien erfülle die Klägerin
nicht. Auch auf die Änderungen der Förderrichtlinien ab dem 1. August 2006 könne sich
die Klägerin nicht berufen. Diese Regelung gelte ausdrücklich nur für die Elternteile, die
ihre Erwerbstätigkeit erst nach dem 1. August 2006 aufgenommen und nach diesem
Stichtag einen entsprechenden Kinderbetreuungsvertrag geschlossen haben.
Die Kammer hat mit Verfügung vom 13. März 2008 dem Ministerium für Arbeit
Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen sieben Fragen zu den
Förderrichtlinien unterbreitet, die mit Schreiben vom 3. April 2008 beantwortet wurden.
Auf den Inhalt dieses Schreibens wird Bezug genommen.
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Wegen der Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Verwaltungsakte des
Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen
nach den Förderrichtlinien über die "Kinderbetreuung U 3 als Instrument der
Arbeitspolitik".
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Nach den bei Antragstellung (19. Januar 2006) geltenden Förderrichtlinien mit Stand
vom 1. Oktober 2005 in Verbindung mit dem jeweiligen Haushaltsgesetz wird die
Betreuung von Kindern im Alter von unter drei Jahren durch Dritte gefördert, die
erforderlich wird durch a) die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit eines ALG II
beziehenden Elternteils oder b) Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit beim selben
Arbeitgeber - durch Rückkehr aus der Elternzeit - innerhalb der Elternzeit.
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Die berufliche Tätigkeit muss in einem Umfang von mindestens 15 Stunden pro Wochen
erfolgen. Daneben enthalten die Förderrichtlinien eine Reihe weiterer Voraussetzungen
und Ausschlusstatbestände, die für den vorliegenden Rechtsstreit sämtlich ohne
Bedeutung sind. Die Förderhöhe beträgt 50 v. H. der notwendigen Ausgaben der
Kinderbetreuung, höchstens aber 2,50 EUR pro Betreuungsstunde und höchstens 5.000
EUR pro betreutem Kind und pro Jahr. Die Leistungen werden für die Dauer von
höchstens 12 Monaten bewilligt
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Ab dem 1. August 2006 wurden die Förderrichtlinien bzgl. des Punktes b) dahin
abgeändert, dass die Beschäftigung nicht mehr ausschließlich beim selben Arbeitgeber
wieder aufgenommen werden musste.
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Die Klägerin erfüllt weder die Voraussetzungen der Förderrichtlinien nach dem Stand
vom 1. Oktober 2005 noch nach der Neuregelung ab dem 1. August 2006.
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Auf die Fördervoraussetzungen ab dem 1. Oktober 2005 kann die Klägerin sich nicht
berufen, weil sie ausweislich des von ihr im Verwaltungsverfahren selbst vorgelegten
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Bescheides der Agentur für Arbeit vom 23. Januar 2006 vor Aufnahme ihrer
Berufstätigkeit am 23. Januar 2006 keine Leistungen nach dem SGB II - das sogenannte
ALG II -, sondern Leistungen nach dem SGB III bezogen hat. Auch die Alternative der
Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit beim selben Arbeitgeber, entweder durch
Rückkehr aus der Elternzeit oder innerhalb der Elternzeit, erfüllt die Klägerin nicht. Nach
ihrem eigenen Vortrag endete für sie die Elternzeit am 31. Mai 2005, also mehr als 7
Monate vor Aufnahme der Berufstätigkeit bei der Agentur für Arbeit. Im Übrigen konnte
sie ihre Tätigkeit beim alten Arbeitgeber nicht fortsetzen, da der zeitlich befristete
Arbeitsvertrag nicht verlängert worden war. Es ist deshalb ohne Bedeutung, dass die
Betreuung ihres Sohnes während der Tätigkeit vom 23. Januar 2006 bis zum 31.
Dezember 2006 im Übrigen den Vorgaben der Förderrichtlinien "Kinderbetreuung U 3
als Instrument der Arbeitspolitik" genügte.
Auf die ab dem 1. August 2006 geltenden Neuregelungen der Förderrichtlinien kann die
Klägerin sich auch aus weiteren Gründen nicht berufen. Zwar muss die Beschäftigung
nun nicht mehr ausschließlich beim selben Arbeitgeber wiederaufgenommen werden.
Allerdings gilt diese Regelung nur für die Eltern, die ihre Erwerbstätigkeit erst nach dem
1. August 2006 aufnehmen und deren Betreuungsvertrag mit einer Tagespflegestelle
ebenfalls erst nach diesem Zeitpunkt beginnt.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Nichtanwendung dieser Neuregelung auf
sie ab dem 1. August 2006 nicht willkürlich. Sie entspricht vielmehr Zif. 1.3 der
Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung (VV LHO) Rd.Erl. des
Finanzministeriums vom 30. September 2003 - I1 - 0125 - 3 - I3 - 0079 -02, SMBl.
Gliederungsnr. 631. Sie bestimmt für die Vergabe von Fördermitteln aller Art (also z. B.
Wirtschafts-, Landwirtschafts- oder Sozialförderprogramme), dass Zuwendungen nur für
solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen worden sind. In anderer
Formulierung handelt sich somit um ein Verbot der Förderung von Maßnahmen, die vor
der Bewilligungsentscheidung bereits "in Gang gesetzt" oder begonnen worden sind.
Genau dies steht einer Förderung der Klägerin entgegen, denn sie hatte am 23. Januar
2006 ihre Tätigkeit bei der Agentur für Arbeit aufgenommen und ab diesem Tag ihren
Sohn in der Kindertagespflege untergebracht.
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Dieser Erwägung kann die Klägerin auch nicht entgegenhalten, dass die
Förderrichtlinien keinen entsprechenden Hinweis auf § 44 LHO oder die
entsprechenden VV LHO enthalten. Denn die in den VV LHO aufgestellten Grundsätze
für den Erlass von Förderrichtlinien besagen ausdrücklich, dass letztere sich im
Rahmen der Vorgaben der VV zu § 44 LHO halten müssen, ohne dass dies einer
besonderen Erwähnung bedarf. Nur soweit förderungsspezifische Besonderheiten,
insbes. Anweisungen zum Verfahren, Ergänzungen zu den VV/VVG und - soweit
unumgänglich - abweichende Vorschriften von den VV LHO erfordern, sind diese
ausdrücklich in den Förderrichtlinien zu regeln.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin wurde die Einbeziehung von Leistungsbeziehern
des SGB III in den Kreis der Anspruchsberechtigten nach lit. a) der Förderrichtlinien
weder vergessen noch ist ihr Ausschluss aus diesem Adressatenkreis des
Förderprogramms "Kinderbetreuung U 3 als Instrument der Arbeitspolitik" versehentlich
erfolgt. Vielmehr wollte die Landesregierung nach den Angaben des Schreibens des
Ministeriums für Arbeit Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom
3. April 2008 mit dem hier in Rede stehenden Förderprogramm bewusste Förderanreize
zur Arbeitsaufnahme für Bezieher von Leistungen des SGB II bieten.
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Die Nichtberücksichtigung der Leistungsbezieher nach dem SGB III bei lit. a) der
Förderrichtlinien verstößt nicht gegen den bei der Vergabe öffentlicher Subventionen zu
beachtenden Gleichbehandlungsgrundsatz im Sinne des deutschen Verfassungsrechts
und des Europarechts.
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Das Förderprogramm "Kinderbetreuung U 3 als Instrument der Arbeitspolitik" wurde
nach den Darlegungen des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des
Landes Nordrhein-Westfalen ausschließlich mit Ziel 3/Mitteln des Europäischen
Sozialfonds finanziert. Nach der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21.
Juni 1999, L 161/1 ff. (L 161/7) umfasst das Ziel 3 die Unterstützung der Anpassung und
Modernisierung der Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungspolitiken und -systeme.
Sie ist eins von fünf Politikfeldern, an der sich die Arbeitsmarktpolitik des Landes in der
Förderperiode 2000 bis 2006/2007 ausrichtete. Eines der Ziele war eine Verbesserung
der Beschäftigungssituation, insbesondere von Frauen mit kleinen Kindern.
Insbesondere Bezieherinnen von Leistungen nach dem SGB II sollten unterstützt
werden, um ihnen eine Rückkehr in das Berufsleben zu ermöglichen. Arbeitgebern
wurde damit ein Instrumentarium finanzieller Anreize - in begrenztem Umfang - zur
Verfügung gestellt, um interessierte Eltern vorzeitig aus der Elternzeit zurückzuholen
und durch die angebotenen finanziellen Hilfen Familie und Berufstätigkeit auch bei
kleineren Kindern zum beiderseitigen Gewinn besser miteinander zu vereinbaren. Das
hier in Rede stehende Förderprogramm der Kinderbetreuung U 3 steht im engen
Zusammenhang mit dem Gesetz zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten
Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder (Tagesbetreuungsausbaugesetz - TAG -) vom
27. September 2004, BGBl. I, S. 3852. Ziel dieses Gesetzes war eine weitgehende
Fortentwicklung des Abschnitts des 2. Kapitels des SGB VIII. Mit den §§ 22 bis 26 SGB
VIII sollte die Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen vor dem vollendeten 3.
Lebensjahr und das Angebot an Kindertagespflegestellen bedarfsgerecht ausgebaut
werden. Gesetzgeberische Intention ist dabei nicht die Verhinderung oder Behebung
von erzieherischen Defiziten. Vielmehr soll Eltern, die u.a. aus beruflichen Gründen bei
der Betreuung und Versorgung ihres Kleinkindes eingeschränkt sind, ein
Betreuungsangebot unterbreitet werden, das darauf ausgerichtet ist, Erwerbstätigkeit
und Kindererziehung besser miteinander zu verknüpfen. In gleichem Maße dienen die
Tageseinrichtungen für Kinder und die Kindertagespflege der Unterstützung und
Ergänzung der Erziehung und Bildung in der Familie sowie der Förderung der
Entwicklung des Kindes.
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Vgl. hierzu etwa Fischer in Schellhorn/Fischer/Mann, SGB VIII, 3. Aufl. 2007, § 22 Rdz
7.
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Da die Kommunen das Ziel der Bereitstellung entsprechender Plätze in
Tageseinrichtungen bei Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2005 noch nicht erreicht
hatten, war mit Leistungen aus dem Förderprogramm "Kinderbetreuung U 3 als
Instrument der Arbeitspolitik" für die Jahre 2005 bis 2007 beabsichtigt, finanzielle
Unterstützung und Anreize gerade für die Frauen zu schaffen, die bereits seit einiger
Zeit ihren Lebensunterhalt mit Leistungen nach dem SGB II bestreiten müssen.
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Der Ausschluss von Leistungsbeziehern nach dem SGB III aus dem Kreis der
Anspruchsberechtigten nach lit. a) des Förderprogramms "Kinderbetreuung U 3 als
Instrument der Arbeitspolitik" ist entgegen dem Vortrag der Klägerin weder willkürlich
noch diskriminierend. Zwar ist dieser Ausschluss nicht gesetzlich zwingend geboten.
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Der Landesgesetzgeber hat aber einen großen Gestaltungsspielraum, welchen
Personenkreis er bei der Wiedereingliederung in das Berufsleben durch Bereitstellung
zusätzlicher finanzieller Anreize besonders fördern will. Es ist für die Kammer nicht
ersichtlich, dass die Ausgestaltung der hier in Rede stehenden Förderrichtlinien eine
rechtlich nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung oder Diskriminierung der Klägerin
darstellt. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Leistungen des SGB III auf Grund
von Versicherungsleistungen finanziert werden, zu denen die Klägerin während der
Dauer ihres früheren Beschäftigungsverhältnisses beigetragen hat. Demgegenüber sind
Leistungen nach dem SGB II wie Leistungen nach dem SGB XII steuerfinanziert. Zum
andern lassen insbesondere die unterschiedlichen gesetzlichen Fördermöglichkeiten
der Arbeitsaufnahme nach dem SGB II und dem SGB III die Ausgestaltung des lit. a) der
Förderrichtlinien nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Nach den §§ 117, 119 Abs. 5
SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld nur, wer arbeitslos ist. Arbeitslos ist ein
Arbeitnehmer, der nicht (mehr) in einem Beschäftigungsverhältnis steht, sich aber
bemüht seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen
der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht. Den Vermittlungsbemühungen der Agentur
für Arbeit steht nach § 119 Abs. 5 SGB III derjenige zur Verfügung, der eine
versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare
Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden
Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Wer gegenüber dem Arbeitsamt eine solche
Bereitschaft bekundet, um Leistungen nach dem SGB III zu erhalten, muss für eine
entsprechende Kinderbetreuung für den kurzfristigen Wiedereinstieg in das Berufsleben
bereits gesorgt haben. Daneben ist auch zu berücksichtigen, dass Beziehern von
Leistungen nach dem SGB III im Vergleich zu den Beziehern von Leistungen nach dem
SGB II bevorzugt Angebote für eine alsbaldige Vermittlung einer Arbeitsstelle
unterbreitet werden (vgl. §§ 35 ff. SGB III) und eine Reihe sonstiger Beihilfen zur
Wiedereingliederung in das Arbeitsleben geboten werden (§§ 53 f SGB III), die
Beziehern von Leistungen nach dem SGB II nicht in diesem Umfang rechtlich
zugesichert sind. Deshalb war die Landesregierung berechtigt, bei Erlass der
Förderrichtlinien in ihre Erwägungen einzubeziehen, dass nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II
dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Arbeit nicht zumutbar ist, wenn damit die
Erziehung des Kindes gefährdet würde. Eine solche Gefährdung wird von Gesetzes
wegen bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes praktisch fingiert. Eine
freiwillige Arbeitsaufnahme steht dem Bezieher von Leistungen nach dem SGB II aber
offen; sie sollte durch den Anreiz der finanziellen Hilfestellung bei den
Kinderbetreuungskosten im Rahmen des U 3 Programms forciert werden. Mit der
Annahme dieses Förderprogramms und Aufnahme einer entsprechenden
Berufstätigkeit, die mit einem - zumindest teilweisen - Ausscheiden aus dem Bezug von
Leistungen nach dem SGB II verbunden ist, werden Steuermittel frei, die die
Kommunen, die an der Finanzierung von Leistungen nach dem SGB II beteiligt sind, für
andere Zwecke, z.B. den mit dem TAG angestrebten Ausbau der U3-Betreuung,
einsetzen können. Diese unterschiedliche Ausgangslage lässt die unterschiedliche
Behandlung der Leistungsbezieher von SGB II und SGB III, einschließlich des
Ausschlusses der SGB III Bezieher aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten nach lit:
a) des Förderprogramm "Kinderbetreuung U 3 als Instrument der Arbeitspolitik" als nicht
sachwidrig erscheinen.
Es ist schließlich rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass in lit b) der Förderrichtlinien
erst ab dem 1. August 2006 von dem Erfordernis einer Rückkehr zum bisherigen
Arbeitgeber abgesehen wurde. Wie das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales
auf die Anfrage des Gerichts mitgeteilt hat, zeigte es sich im Programmverlauf, dass bei
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rückkehrwilligen Eltern in Elternzeit ein einvernehmliches Ausweichen auf andere
Arbeitgeber in einem größeren Umfang gewünscht wurde als zunächst angenommen
worden war. Dies gab dem MAGS Veranlassung, das Förderangebot zum Stichtag 1.
August 2006 entsprechend zu erweitern. Daraus ergab sich jedoch keine Verpflichtung
diese Änderung rückwirkend ab dem 1. Januar 2006 in Kraft zu setzen. Eine solche
Rechtspflicht des MAGS lässt sich insbesondere nicht damit begründen, dass die
Klägerin in der Vergangenheit nur ein befristeten Arbeitsvertrag hatte und deshalb nicht
zu ihrem früheren Arbeitgeber zurückkehren konnte. Die Förderrichtlinien brauchen
nicht auf alle denkbaren Ausgestaltungen individualarbeitsrechtlicher Regelungen
Rücksicht zu nehmen. Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass die Zahl der befristeten
Arbeitsverhältnisse in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Diesen Arbeitnehmern ist
aber der Zugang zu diesen Fördermitteln nicht generell versperrt, sondern nur über die
Anspruchsvoraussetzungen des lit a) der Förderrichtlinien eröffnet. Im Übrigen wäre
auch bei einer rückwirkenden Inkraftsetzung des lit. b) der Förderichtlinien zum 1.
Januar 2006 die weitere Bewilligungsvoraussetzung, der Rückkehr in oder aus der
Elternzeit, nach wie vor bei der Klägerin nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Kammer geht
davon aus, dass die hier in Streit stehenden Fördermittel wegen der engen Verknüpfung
mit der "zu den Maßnahmen der Jugendhilfe" gehören, die im Rahmen der allgemeinen
Fürsorge von den Gerichtskosten befrei
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