Urteil des VG Aachen vom 17.08.2004

VG Aachen: unterbringung, unterhaltung, datum, anknüpfung, form, einzelrichter, einreise, aussiedler, zustellung, verwaltungsverfahren

Verwaltungsgericht Aachen, 2 K 2089/03
Datum:
17.08.2004
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 2089/03
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d :
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Unter dem 9. Julil 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von
Pauschalen nach § 9 Abs. 2 des Gesetzes über die Aufnahme von Aussiedlern,
Flüchtlingen und Zuwanderern (Landesaufnahmegesetz - LAufG -) in der Fassung des
Gesetzes vom 28. Februar 2003 (GV NRW S. 95). Der Antrag betraf die Gewährung der
so genannten Vierteljahrespauschale gemäß § 9 Abs. 2 LAufG zum Stichtag 30. Juni
2003 für in Übergangswohnheimen im Stadtgebiet der Klägerin untergebrachte 12
Kontingentflüchtlinge (jüdische Emigranten) in Höhe von jeweils 200,00 EUR pro
Person (= 2.400,00 EUR).
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Mit Bescheid vom 11. Juli 2003 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zur Begründung
verwies sie darauf, dass das Land Nordrhein-Westfalen gemäß § 9 Abs. 2 LAufG für die
mit der Unterhaltung der Übergangsheime verbundenen Aufwendungen eine
Vierteljahrespauschale in Höhe von 200,00 EUR für jeden in einem Übergangsheim
untergebrachten Berechtigten gewähre. Wer zum Personenkreis dieser Berechtigten
gehöre, ergebe sich aus § 2 LAufG. Nach dieser Vorschrift umfasse der Personenkreis
ausschließlich Aussiedler, Spätaussiedler sowie Familienangehörige im Sinne von § 7
Abs. 2 und § 8 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes - BVFG -. Daher könnten nur für
diesen berechtigten Personenkreis Landesleistungen im Sinne des § 9 Abs. 2 LAufG
bei einer Unterbringung in einem kommunalen Übergangsheim gezahlt werden. Denn
für die Gewährung von Landesleistungen nach § 9 Abs. 2 LAufG sei hier maßgebende
Tatbestandsvoraussetzung, dass die Berechtigten im Sinne von § 2 LAufG im
Übergangsheim untergebracht seien. Demgegenüber werde die Kostenerstattung für
den Personenkreis der jüdischen Emigranten in der Sondervorschrift des § 10 a LAufG
geregelt. Die Unterbringung in einem Übergangsheim sei hier keine
Tatbestandsvoraussetzung für die Leistungsgewährung. Daraus ergebe sich, dass für
den Personenkreis der jüdischen Emigranten auch keine Kostenerstattung gemäß § 9
Abs. 2 LAufG zusätzlich erfolgen könne.
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Hiergegen erhob die Klägerin mit am 28. Juli 2003 bei der Beklagten eingegangenem
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Faxbrief vom 23. Juli 2003 Widerspruch, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen
darauf verwies, dass nach § 10 a LAufG die Vorschriften der §§ 1 bis 10 LAufG für den
Personenkreis der Kontingentflüchtlinge entsprechend anzuwenden seien. Hieraus
ergebe sich, dass die Gemeinden nach § 5 LAufG verpflichtet seien, die für die
Unterbringung von Kontingentflüchtlingen erforderlichen Übergangsheime zu errichten
und zu unterhalten und im Gegenzug nach § 9 Abs. 2 LAufG vom Land für die mit der
Unterhaltung der Übergangsheime verbundenen Aufwendungen eine
Vierteljahrespauschale in Höhe von 200,00 EUR für jeden hier untergebrachten
Kontingentflüchtling erhielten.
Dieser Argumentation schloss sich die Beklagte nicht an, sondern wies den
Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2003 zurück.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass mit der Novellierung des LAufG
die Vorschriften über die Landeserstattungen insbesondere für jüdische Emigranten in
das Gesetz integriert worden seien, ohne dabei den wesentlichen Regelungsinhalt über
die Landesleistungen gegenüber den bisherigen Regelungen im Flüchtlingsauf-
nahmegesetz zu ändern. Der neue § 10 a LAufG sehe für diesen Personenkreis
Landeserstattungen für drei Jahre seit der Einreise in Höhe von 1.036,00 EUR pro
Quartal und Person vor. Voraussetzung sei, dass die jüdischen Emigranten Hilfe zum
Lebensunterhalt bzw. Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz erhielten. Insoweit
handele es sich bei § 10 a LAufG um eine Sondervorschrift für die Kostenerstattungen
betr. jüdische Emigranten, wobei die Unterbringung in einem Übergangsheim hier nicht
als Tatbestandsvoraussetzung für die Leistungsgewährung bewertet werde. Die
Quartalspauschalen in Höhe von jeweils 1.036,00 EUR enthielten bereits eine
Beteiligung des Landes an den ihnen entstandenen Aufwendungen für die
Unterbringung der jüdischen Emigranten. Daher könne für diese Personengruppe keine
Kostenerstattung nach § 9 Abs. 2 LAufG zusätzlich erfolgen.
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Die Zustellung des Widerspruchsbescheides an die Klägerin erfolgte am 17. September
2003.
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Am 9. Oktober 2003 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie auf ihr
Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren verweist.
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Die Klägerin beantragt,
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den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 11. Juli 2003 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 15. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu
verpflichten, die von ihr mit Datum vom 9. Juli 2003 beantragte Vierteljahrespauschale
gemäß § 9 Abs. 2 LAufG zum Stichtag 30. Juni 2003 für in Übergangswohnheimen
untergebrachte 12 Kontingentflücht-linge in Höhe von jeweils 200,00 EUR nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist sie auf ihre bisherige Argumentation in den angefochtenen
Bescheiden, insbesondere auf Sinn und Zweck des neuen § 10 a LAufG.
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Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die im Verfahren gewechselten
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Schriftsätze sowie den Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Beklagten (Beiakte I)
verwiesen.
Das Verfahren ist durch Beschluss der Kammer vom 26. Juli 2004 auf den Einzelrichter
übertragen worden.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung der beantragten - weiteren -
Vierteljahrespauschalen.
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Das Gericht ist mit der Beklagten der Auffassung, dass es sich bei § 10 a LAufG um eine
Sondervorschrift für die Kostenerstattungen im Zusammenhang mit der Unterbringung
jüdischer Emigranten handelt, die insoweit abschließenden Charakter besitzt. Die
Sonderstellung dieser Vorschrift wird im Wortlaut bereits zu Beginn des Absatzes 1
durch die Einschränkungen "nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4" sowie durch die
Formulierung "entsprechende (Anwendung)" gekennzeichnet. Die
Erstattungsansprüche der Gemeinden für den in § 10 a Abs. 1 LAufG definierten
Personenkreis sind im Folgenden in § 10 a Abs. 3 LAufG umrissen, und zwar in
Anknüpfung an besondere, in § 10 a Abs. 3 Satz 1 Buchstabe a) und b) normierte
Voraussetzungen, die in dieser Form auf andere nach dem LAuFG erfasste Personen
keine Anwendung finden. Der Erstattungsregelung nach § 10 a Abs. 3 LAufG liegt, wie
sich aus den gänzlich anderen Zahlenwerten für Vierteljahres- pauschale und
Betreuungspauschale ergibt, eine gesonderte und angesichts der Anknüpfungspunkte
systematisch offenbar andersartige Kalkulation der Höhe der Erstattungsleistungen
zugrunde, die nicht darauf schließen lässt, dass daneben Ansprüche auf die
Vierteljahrespauschale nach § 9 Abs. 2 LAufG in Höhe von weiteren 200,00 EUR
statuiert werden sollten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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