Urteil des VG Aachen vom 19.03.2008
VG Aachen: bedürfnis, angemessene frist, sportverein, widerruf, waffen und munition, jäger, revolver, kriminalpolizei, schusswaffe, behörde
Verwaltungsgericht Aachen, 6 K 1511/07
Datum:
19.03.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 1511/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens träg der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger
kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in
Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte
zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
für R e c h t erkannt:
1
Die Klage wird abgewiesen.
2
Die Kosten des Verfahrens träg der Kläger.
3
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d :
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Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf einer ihm erteilten waffenrechtlichen
Erlaubnis durch den Beklagten.
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Am 24. März 1988 stellte der Oberkreisdirektor des Kreises Q. dem Kläger, der damals
der Leiter der Kriminalpolizeibehörde war, nach § 6 Abs. 2 des Waffengesetzes in der
bis zum 31. März 2003 geltenden Fassung - WaffG a. F. - die Bescheinigung Nr. 3/88
über die Berechtigung zum Erwerb von und zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt
über die in der Bescheinigung eingetragene Schusswaffe sowie zum Führen dieser
Waffe aus. Die Erlaubnis war befristet auf den Zeitraum der Tätigkeit des Klägers als
Leiter der Abteilung "Kriminalpolizei" der Kreispolizeibehörde Q. . Am 4. Mai 1988
wurde in die Bescheinigung mit der Nr. 9037 ein Revolver der Marke "Smith & Wesson,
Mod. 60" und eine Munitionserwerbsberechtigung für die Spezialmunition der
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Bezeichnung "38 spez." eingetragen.
Mit Schreiben vom 15. November 1989 beantragte der Kläger, der inzwischen von der
Kriminalpolizei Q. zur Kriminalpolizei C. gewechselt war, beim Polizeipräsidenten C. die
Erteilung einer Waffenbesitzkarte für den Revolver, für den ihm in Q. für den Zeitraum
seiner Tätigkeit als Leiter der Abteilung "Kriminalpolizei" der Kreispolizeibehörde Q. im
Mai 1988 die Bescheinigung Nr. 3/88 nach § 6 Abs. 2 WaffG a. F. ausgestellt worden
war. Wörtlich führte er aus:
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"Unter einstweiliger Zurückstellung eines Antrages auf Erteilung einer waffenrechtlichen
Bescheinigung nach § 6 Abs. 2 WaffG beantrage ich der Ordnung halber vorsorglich die
Erteilung einer Waffenbesitzkarte für
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1 Revolver 38 special Smith & Wesson, Mod. 60, Herstellungsnummer AVR , erworben
am 04.05.1988 bei der Firma F. L. , Münster.
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Da ich als aktiver Sportschütze regelmäßig bei dem Polizei- Schießsportverein Q. e.V.
trainiere, liegt ein Bedürfnis vor.
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Die Munition Kal. 38 special ist bei dem o.g. Verein und bei der Polizei nicht allgemein
erhältlich. Ich bitte daher auch um Eintragung einer Munitionserwerbsberechtigung für
Revolvermunition Kal. 38 special."
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Dem Antrag fügte er einen Trainingsnachweis des Polizei-Schieß-Sport-Vereins Q. e. V.
vom 4. November 1989 bei, wonach er im Jahre 1989 regelmäßig am Training des
Vereins teilgenommen habe.
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Mit Schreiben vom 17. November 1989 zeigte der Kläger dem Polizeipräsidenten C. an,
dass die ihm am 10. März 1987 vom Oberkreisdirektor Q. erteilte Waffenbesitzkarte Nr.
9037 umzugsbedingt abhanden gekommen sei. Die Waffenbesitzkarte war dem Kläger
für fünf Waffen aus Altbesitz (zwei Revolver, eine Pistole, eine Gaspistole und ein
Gewehr) erteilt worden.
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Noch im November 1989 stellte der Polizeipräsident C. daraufhin dem Kläger eine
Zweitausfertigung der Waffenbesitzkarte Nr. 9037 aus. Zugleich gab er dem Antrag des
Klägers auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte für den Revolver Smith & Wesson statt,
indem er den Revolver und die zugehörige Munitionserwerbsberechtigung als "lfd. Nr.
6" in die Zweitausfertigung der Waffenbesitzkarte Nr. 9037 eintrug.
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Am 1. November 1990 verzog der Kläger berufsbedingt - er war in das Polizeipräsidium
B. versetzt worden - nach Belgien.
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Nachdem das Polizeipräsidium B. davon Kenntnis erhalten hatte, dass der Kläger in
seinen Zuständigkeitsbereich verzogen war, ließ es im Oktober 1998 überprüfen, ob der
Kläger die in seine Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen diebessicher und sicher
gegen sonstigen unbefugten Zugriff aufbewahrte und ob die vorhandenen Waffen mit
den in der Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen übereinstimmten. Die Überprüfung
gab keinen Anlass zu Beanstandungen.
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Anfang Februar 2007 erhielt der Beklagte Kenntnis, dass der Kläger bereits am 15.
September 2005 in seinen Zuständigkeitsbereich verzogen war. Mit Schreiben vom 5.
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Februar 2007 forderte er den Kläger daraufhin auf, zwecks ADV-Erfassung eine Kopie
seiner Waffenbesitzkarte und einen Nachweis über die sichere Aufbewahrung der
Waffen zu übersenden. Der Kläger kam der Aufforderung des Beklagten mit Schreiben
vom 5. März 2007 nach.
Mit Schreiben vom 8. März 2007 forderte der Beklagte den Kläger auf, einen Nachweis
vorzulegen, dass er einem Verein angehöre, der einem anerkannten
Schießsportverband angehöre und dass er dort regelmäßig (mindestens 18-mal im Jahr)
den Schießsport ausübe.
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Mit Schreiben vom 15. März 2007 trat der nach dem Eintritt in den Ruhestand
inzwischen als Rechtsanwalt tätige Kläger - verbunden mit der Anzeige, dass er sich in
eigener Sache anwaltlich bestelle - dem Ansinnen des Beklagten entgegen und führte
im Wesentlichen aus: Er sei seit dem Jahre 1988 im Besitz einer waffenrechtlichen
Bescheinigung nach § 6 Abs. 2 WaffG a. F. Nach Wegfall dieses spezifischen
Bedürfnisses als Leiter der Kriminalpolizei sei die Befugnis zum Führen der
Schusswaffe mit Wirkung vom 10. März 1987 nicht etwa ausschließlich wegen seiner
Sportschützentätigkeit beim Polizeischießsportverein Q. e. V. in eine Waffenbesitzkarte
(WBK) mit Munitionserwerbsberechtigung für einen Revolver Smith & Wesson, Kal. 38
spez. umgewandelt worden, sondern auch, weil sein Bedürfnis nach Schutz andauere
und bis heute fortbestehe, wenn auch nicht in der intensiveren Form nach § 6 Abs. 2
WaffG a. F. mit Führungsbefugnis im Sinne des § 19 Abs. 2 des Waffengesetzes in der
heute geltenden Fassung - WaffG -. Auch gehe der Beklagte zu Unrecht davon aus,
dass der individuelle Einzelschütze, der nicht Mitglied in einem Schießsportverein sei,
nicht bedürfnisfähig sei. Alles andere verletze das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1
Grundgesetz - GG - und andere Grundrechte, z. B. das Recht auf negative
Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 GG. Auch sei nach einem Bedürfniswegfall das
Erbenprivileg analog anwendbar. Ebenso bestünden die Möglichkeiten nach § 45 Abs.
3 WaffG. Einer erneuten Bedürfnisüberprüfung stehe im Übrigen § 4 Abs. 3 und
insbesondere Abs. 4 WaffG entgegen. Unabhängig davon sei er wegen seiner derzeit
ausgeübten beruflichen Tätigkeit in gleicher Weise wie z. B. Staatsanwälte gefährdet,
da er als Rechtsanwalt schwerpunktmäßig als Strafverteidiger tätig sei. Mit seiner
Berufserfahrung sei er naturgemäß auch in Kapitalsachen tätig und als Opferanwalt und
Nebenkläger denselben Gefahren ausgesetzt wie ein Ankläger. Ein Bedürfnis ergebe
sich auch aus seiner Schwerpunktsetzung für das Verwaltungs- und Polizeirecht. Hier
werde er in waffenrechtlichen Angelegenheiten Schießsportvereine, Schützen oder
Jäger und das Bewachungsgewerbe verwaltungsrechtlich vertreten. Auch hier sei der
berechtigte Besitz einer Schusswaffe mit Munitionserwerbsberechtigung zwingend
erforderlich. Letztendlich beabsichtige er, wieder einem Schießsportverein beizutreten.
Dies werde allerdings noch etwas Zeit in Anspruch nehmen.
20
Der Beklagte trat den Argumenten des Klägers mit Schreiben vom 12. April 2007
entgegen und forderte ihn auf, das Bedürfnis für den Waffenbesitz als Sportschütze bis
zum 31. Juli 2007 nachzuweisen.
21
Mit Schreiben vom 31. Mai 2007 legte der Kläger gegen die Fristsetzung im Schreiben
des Beklagten vom 12. April 2007 Widerspruch ein und beantragte Fristverlängerung bis
zum Jahresende.
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Mit Schreiben vom 3. Juli 2007 lehnte der Beklagte die beantragte Fristverlängerung ab
und kündigte den Widerruf der für den Revolver Smith & Wesson erteilten
23
Waffenbesitzkarte für den Fall an, dass das Bedürfnis für den Waffenbesitz als
Sportschütze nicht fristgerecht nachgewiesen werde.
Mit Bescheid vom 6. August 2007 widerrief der Beklagte - ausdrücklich ausschließlich
bezogen auf die in der Waffenbesitzkarte unter der lfd. Nr. 6 eingetragene Waffe - die
dem Kläger vom Polizeipräsidenten C. am 10. März 1987 erteilte waffenrechtliche
Erlaubnis Nr. 9037 und gab ihm auf, innerhalb von 2 Monaten nach Bestandskraft der
Verfügung die in der Waffenbesitzkarte unter lfd. Nr. 6 eingetragene Waffe einem
Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen und einen entsprechenden
Nachweis hierüber innerhalb von 14 Tagen nach Durchführung der Maßnahme
vorzulegen. Der Beklagte stützte die Verfügung auf die §§ 45 Abs. 2, 46 Abs. 2, 4 Abs. 1
Nr. 4, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 14 Abs. 2 WaffG. Zur Begründung führte er im Wesentlichen
aus, das Bedürfnis des Klägers für den Besitz einer eigenen Schusswaffe sei entfallen,
da er offensichtlich nicht mehr aktiver Sportschütze sei. Dass er mehr als die
Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet sei, habe er nicht glaubhaft
gemacht.
24
Der Kläger legte gegen den Bescheid vom 6. August 2007 fristgerecht Widerspruch ein.
Zur Begründung machte er geltend: Ein waffenrechtliches Bedürfnis nach § 14 WaffG
müsse er nicht nachweisen, weil er neben dem Bedürfnis als Sportschütze seit dem
Jahre 1987 wegen der von ihm wahrgenommenen hoheitlichen Tätigkeit bis heute im
Sinne des § 6 Abs. 2 "erheblich gefährdet" bzw. im Sinne des § 19 Abs. 1 WaffG "mehr
als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet" sei, und zwar so
sehr, dass sogar ein Bedürfnis zum Führen der Waffe im Sinne des § 19 Abs. 2 WaffG
ununterbrochen bestanden habe. Wegen dieses Bedürfnisses habe ihm der
Oberkreisdirektor des Kreises Q. am 24. März 1988 die Bescheinigung Nr. 3/88 nach § 6
Abs. 2 WaffG a. F. ausgestellt. Es treffe zwar zu, dass er am 15. November 1989 einen
Antrag auf Fortsetzung der Bescheinigung nach § 6 Abs. 2 WaffG a. F. "einstweilen
zurückgestellt" habe, weil er als aktiver Sportschütze im Polizeisportverein dies aus
Zweckmäßigkeitserwägungen nicht für erforderlich gehalten habe. Damit habe er aber
niemals sein eigentliches Bedürfnis im Sinne des § 6 WaffG a. F. infrage gestellt.
Während seiner Tätigkeit in C. habe er aus konkretem Anlass zeitweise unter
Personenschutz gestanden. Das dargelegte Bedürfnis sei keineswegs quasi
automatisch mit seiner Zurruhesetzung am 31. Mai 2006 verringert oder gar beendet
worden; es bestehe unverändert fort, weil nach 30-jähriger Dienstzeit in der
Kriminalpolizei, in der er viele Jahre Kriminal(unter)abtei-lungen in Landratsbehörden
und Kriminalhauptstellen geleitet habe, sein Name und seine Unterschrift auch heute
noch repräsentativ für die Organisation der Ermittlungsbehörden in zahlreichen Kapital-
oder OK-Sachen stehe, deren Vollstreckung noch andauere. All dies sei unstreitig und
nach Aktenlage seit nunmehr 20 Jahren bekannt. Unabhängig davon sei ein neues
Bedürfnis im Sinne des § 19 Abs. 2 WaffG hinzugetreten, das bei der
Ermessensausübung im Rahmen des § 45 Abs. 3 WaffG zu berücksichtigen sei. Wegen
seiner anwaltlichen Tätigkeit sei er Gefährdungen wie ein Staatsanwalt ausgesetzt, weil
er einen Schwerpunkt im Verwaltungs- und Polizeirecht gesetzt habe und dabei in
waffenrechtlichen Angelegenheiten Schießsportvereine, Schützen oder Jäger und das
Bewachungsgewerbe vertrete. Außerdem berate er in Kooperation mit dem
Linguistenverband Deutschland e. V. als "Security-Consultant" mit entsprechender
Webpräsentation - - gefährdete und konkret geschädigte Firmen in Fällen der
Produkterpressung präventiv und operativ; daraus ergebe sich auch ein Bedürfnis im
weiteren Sinne von § 28 WaffG. Auch sei die Widerrufsentscheidung rechtswidrig, weil
der Beklagte das ihm bei vorübergehendem Wegfall des Bedürfnisses zustehende
25
Ermessen nicht ausgeübt habe. Ebenso sei sie rechtswidrig, weil von ihm ein
unmöglicher Nachweis gefordert worden sei. Die in § 14 Abs. 2 Satz 2 WaffG
geforderten mindestens 12-monatigen schießsportlichern Aktivitäten habe er
begriffsnotwendig nicht in der Zeit vom 8. März 2007 bis zum 31. Juli 2007 erfüllen
können.
Mit Bescheid vom 22. November 2007 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers
zurück. Er wiederholte im Wesentlichen die Begründung des Ausgangsbescheides.
26
Der Kläger hat fristgerecht Klage erhoben. Er vertieft sein Vorbringen aus dem
Verwaltungsverfahren.
27
Er beantragt,
28
den Bescheid des Beklagten vom 6. August 2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 22. November 2007 aufzuheben,
29
hilfsweise,
30
den Beklagten zu verurteilen, eine angemessene Frist zum Nachweis schießsportlicher
Betätigungen einzuräumen,
31
ferner,
32
die anwaltliche Selbstvertretung des Klägers in den Vorverfahren und in dem
verwaltungsgerichtlichen Verfahren für notwendig zu erklären. Der Beklagte beantragt,
33
die Klage abzuweisen.
34
Er tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.
35
Die Kammer hat das Verfahren durch Beschluss vom 30. Januar 2008 auf den
Vorsitzenden als Einzelrichter übertragen.
36
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Streitakte und den vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
37
Entscheidungsgründe:
38
Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.
39
Sie ist unbegründet, soweit der Kläger die Aufhebung des Widerrufsbescheides des
Beklagten vom 6. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des
Beklagten vom 22. November 2007 begehrt. Der Widerruf der ihm durch den
Polizeipräsidenten C. im Jahre 1989 durch Eintragung des Revolvers der Marke "Smith
& Wesson, Mod. 60" mit der Herstellungsnummer AVR in die Waffenbesitzkarte Nr.
9037 als laufende Nummer 6 erteilten waffenrechtlichen Erlaubnis ist rechtmäßig und
verletzt ihn nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
40
Der Beklagte war in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen
Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides verpflichtet, die dem Kläger
41
erteilte Waffenbesitzkarte zu widerrufen, weil das Bedürfnis zum Besitz der Waffe
entfallen war.
Rechtsgrundlage für die Widerrufsentscheidung des Beklagten ist § 45 Abs. 2 Satz 1 i.
V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG. Nach § 45 Abs. 2 WaffG ist eine Erlaubnis "nach diesem
Gesetz" zu widerrufen, wenn "nachträglich" Tatsachen eintreten, "die zur Versagung
hätten führen müssen". Eine Erlaubnis ist zu versagen, wenn die Voraussetzungen des
§ 4 WaffG nicht erfüllt sind; eine der Voraussetzungen ist nach Abs. 1 Nr. 4 a.a.O. der
Nachweis eines waffenrechtlichen Bedürfnisses.
42
Der Beklagte hat zutreffend entschieden, dass danach die dem Kläger erteilte Erlaubnis
wegen Bedürfniswegfalls zu widerrufen war.
43
Die widerrufene Erlaubnis des Klägers aus dem Jahre 1989 ist eine Erlaubnis "nach
diesem Gesetz", obwohl sie schon vor dem Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 erteilt
worden ist. Denn nach § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG gelten Erlaubnisse, die auf der
Grundlage des Waffengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 1976
(BGBl I S. 432), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. November 1996 (BGBl I S. 1779)
- WaffG 1976 -, erteilt worden sind, fort. Damit handelt es sich bei diesen
"Alterlaubnissen" um Erlaubnisse "nach diesem Gesetz".
44
Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2007 - 6 C 24.06 -, nachgewiesen in juris, Rdn. 37,
m.w.N.
45
Weiter sind dadurch, dass der Kläger nach der Erteilung der Erlaubnis im Jahre 1989
seine Aktivitäten als Sportschütze eingestellt hat, "nachträglich" - nämlich nach der
Erlaubniserteilung - Tatsachen eingetreten - hier der Wegfall des Bedürfnisses im Sinne
des § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG -, "die zur Versagung hätten führen müssen". Dabei ist
bezogen auf das Tatbestandsmerkmal "die zur Versagung hätten führen müssen" nach
Sinn und Zweck der Regelung nicht nach dem im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung
geltenden Recht, sondern anhand der geltenden Fassung des Waffengesetz zu
entscheiden, ob wegen der nachträglich eingetretenen Tatsachen die Erlaubnis nicht
hätte erteilt werden dürfen.
46
Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2007 - 6 C 24.06 -, nachgewiesen in juris, Rdn. 40 bis
53. Dies vorausgeschickt entspricht die Rechtsauffassung des Beklagten, dass
47
1. ein waffenrechtliches Bedürfnis des Sportschützen nicht nur im Zeitpunkt des Erwerbs
einer Waffe, sondern während der gesamten Dauer des Waffenbesitzes bestehen und
auf jedes sachlich begründete Verlangen der Behörde nachgewiesen werden muss,
48
2. das Bedürfnis die Mitgliedschaft des Sportschützen in einem Verein, der einem nach
§ 15 Abs. 1 anerkannten Schießsportverband angehört, voraussetzt und
49
3. das Bedürfnis entfällt, wenn der Schießsport nicht regelmäßig ausgeübt wird,
50
dem geltenden Recht; sie stimmt mit der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts
überein, das zu den in Rede stehenden Rechtsfragen mit Urteil vom 28. September
2007 im Verfahren 6 K 1730/06 ausgeführt hat:
51
" Der Hinweis des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2
52
Nr. 1 WaffG, wonach für Sportschützen das erforderliche Bedürfnis insbesondere
vorliegt, "wenn der Antragsteller Mitglied eines Vereins ist, der einem nach § 15 Abs. 1
anerkannten Schießsportverband angehört", greift zu kurz. Bei einer systematischen
und am Zweck des Gesetzes orientierten Auslegung handelt es sich bei § 8 Abs. 2 Nr. 1
WaffG um nicht mehr als um eine Rechtfertigungsnorm, mit der der Gesetzgeber
gegenüber der Allgemeinheit begründet, weshalb bei Mitgliedern der beiden
mitgliederstarken und deshalb in der Praxis besonders bedeutsamen Personengruppen
der Sportschützen und Jäger eine Bedürfnisüberprüfung nur anlässlich der ersten
Erlaubniserteilung (§ 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 WaffG) und drei Jahre nach der
ersten Erlaubniserteilung (§ 4 Abs. 4 Satz 1 WaffG) erfolgt, wenngleich dem
Prozessbevollmächtigten des Klägers einzuräumen ist, dass die Entstehungsgeschichte
des § 8 Abs. 2 Nr. 1 WaffG bei isolierter Betrachtung auch Raum für eine
"mitgliederfreundlichere" Auslegung zugunsten der Mitglieder eines nach § 15 Abs. 1
WaffG anerkannten Schießsportverbands geben könnte. Denn § 8 Abs. 2 Nr. 1 WaffG
wird in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/8886 S. 110) folgendermaßen
begründet:
" Nachdem die einmalige, intensive Überprüfung eines Sportschützen oder eines Jägers
nach drei Jahren (vgl. § 4 Abs. 4) ergeben hat, dass es sich nicht um einen
`Scheinschützen´ oder um einen bloßen `Waffenanschaffer´ handelt, soll es künftig nach
dem neuen Absatz 2 ausreichen, dass durch die fortdauernde Mitgliedschaft eines
Sportschützen in einem Schießsportverein oder durch die fortwährende Innehabung
eines Jagdscheines durch einen Jäger belegt wird, dass er die Waffen weiterhin für den
Schießsport / für die Jagd benötigt, mithin ein Bedürfnis gegeben ist."
53
Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 WaffG ist jedoch nicht isoliert, sondern im
Zusammenhang mit dem zentralen Grundanliegen der Neufassung des Waffengesetzes
im Jahre 2002 und mit den in den §§ 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1, 15 Abs. 1 Nr. 7b)
sowie § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG getroffenen Regelungen auszulegen, die das
Erfordernis, ob auch Sportschützen fortlaufend ein waffenrechtliches Bedürfnis
nachweisen können müssen, spezieller und damit vorrangig regeln.
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Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 WaffG setzt der Bedürfnisnachweis des
Sportschützen nicht nur die Mitgliedschaft in einem anerkannten Schießsportverein
voraus; der Sportschütze muss nämlich neben der Antragstellung durch eine
Bescheinigung seines Vereins glaubhaft machen, dass er regelmäßig bereits seit 12
Monaten den Schießsport ausübt. Dabei bedeutet regelmäßige Ausübung des
Schießsports zwar nicht, dass der Sportschütze nach einem festgelegten Plan
regelmäßig den Schießsport betreiben muss. Mit Blick auf die diesbezüglichen
Vorstellungen des Gesetzgebers im Gesetzgebungsverfahren sind allerdings völlig
unregelmäßige Trainingszeiten und ein im Umfang nicht mehr als effektives Training zu
bezeichnendes gelegentliches Schießen mit dem Begriff des Sportschützen nicht mehr
vereinbar. In der Bundestagsdrucksache 14/7758, S. 63 - zu § 14 Abs. 1 alt - heißt es
hierzu:
55
"Eine regelmäßige Sportausübung ist in der Regel daher dann anzunehmen, wenn der
Sportschütze im maßgeblichen Jahreszeitraum wenigstens achtzehnmal oder einmal
pro Monat intensiv und mit einer gewissen Dauer Schießübungen mit der Waffe derart
betrieben hat, für die er ein Bedürfnis geltend macht."
56
Erforderlich, aber ausreichend trainiert damit auch derjenige, der nicht jeden Monat
57
trainiert, aber statt eines regelmäßigen Trainings ein intensiveres Trainingsprogramm
(dafür mit längeren Pausen) absolviert.
Vgl. Bushart in: Apel/Bushart, Waffenrecht, Band 2: Waffengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr.
8.
58
Dass der Sportschütze die für die erste Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis
erforderlichen regelmäßigen schießsportlichen Aktivitäten auch in den Folgejahren
betreiben muss, belegt nicht nur die Formulierung in § 14 Abs. 1 Satz 1 WaffG "Die
Erlaubnis zum Erwerb und B e s i t z von Schusswaffen und Munition … ", sondern mehr
noch § 15 Abs. 1 Nr. 7 b WaffG, der dem Schießsportverein des Schützen auferlegt,
einen Nachweis über die Häufigkeit der schießsportlichen Aktivitäten jedes seiner
Mitglieder während der ersten drei Jahre zu führen und damit der Behörde die in § 4
Abs. 4 Satz 1 WaffG vorgesehene Regelüberprüfung zu ermöglichen.
59
Dass für Sportschützen auch nach dem Drei-Jahres-Zeitraum ein waffenrechtliches
Bedürfnis nur besteht, solange der Schießsport weiter regelmäßig betrieben wird, und
dass nicht etwa anschließend daran wegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 WaffG die Ausübung des
Schießsports für das "Behaltendürfen" der waffenrechtlichen Erlaubnis nicht mehr
erforderlich ist, ergibt sich schließlich ausschlaggebend aus § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG
und den mit der Novellierung des Waffengesetzes im Jahre 2002 verfolgten
gesetzgeberischen Zielen. Sie belegen zwingend, dass die Behörde verpflichtet und
damit auch berechtigt ist, das Fortbestehen des waffenrechtlichen Bedürfnisses bei
allen Waffenbesitzern und damit auch bei Sportschützen und Jägern
60
- vgl. hierzu Scheffer, GewArch 2005, S. 278 ff. -
61
aus sachlichem Grund jederzeit zu überprüfen. Denn zum einen hat der Gesetzgeber mit
§ 45 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 WaffG spezielle Regelungen für den Widerruf
waffenrechtlicher Erlaubnisse bei vorübergehendem und endgültigem Wegfall des
Bedürfnisses getroffenen, was keine andere als die Schlussfolgerung erlaubt, dass die
in § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG normierte Grundregel des Widerrufs als Unterfall den
Wegfall des Bedürfnisses einschließt. Zum anderen hat der Gesetzgeber die in § 45
Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 WaffG normierten Grundregeln des Widerrufs und der
Rücknahme waffenrechtlicher Erlaubnisse mit Blick auf die sicherheitspolizeiliche
Zielsetzung des Waffengesetzes als zwingende ("gebundene") Entscheidungen
ausgestaltet; mit diesem Grundprinzip ist eine dauerhafte Freistellung der Sportschützen
und Jäger vom Erfordernis eines fortdauernden Bedürfnisses ab dem vierten Jahr nach
der Erteilung der ersten Erlaubnis nicht vereinbar. Dafür spricht bei
europarechtskonformer Auslegung letztlich auch, dass die Erteilungsvoraussetzungen
für eine waffenrechtliche Erlaubnis einschließlich des Bedürfnisses den
"Fortdauervoraussetzungen" entsprechen, bei deren Wegfall - wie sich aus Art. 87 Abs.
1 des Schengener Durchführungsübereinkommens vom 19. Juni 1990 (BGBl. II 1993, S.
1013 ff.) ergibt - den Vertragsstaaten vorgeschrieben ist, waffenrechtliche Erlaubnisse
zu widerrufen.
62
Vgl. Steindorf, Waffenrecht, 8. Auflage, § 45 Rdnr. 2 mit Hinweis auf OVG Berlin, NVwZ-
RR 2000, 431 f.
63
Letztendlich streitet für das Erfordernis eines fortdauernden Bedürfnisses für
Sportschützen und Jäger auch der dem Waffengesetz zugrunde liegende Gedanke,
64
dass das in § 8 WaffG näher geregelte Bedürfnis die Basis für jede Erlaubnis darstellt
und deshalb zu jeder Zeit vorliegen muss. Dementsprechend ist aus § 4 Abs. 4 Satz 1
WaffG nicht zu folgern, die Behörde sei nach dem Ablauf von 3 Jahren nicht mehr
berechtigt, das weitere Vorliegen des waffenrechtlichen Bedürfnisses zu überprüfen.
Der Sinn der Regelüberprüfung nach 3 Jahren besteht vielmehr - nur - darin, ein
längerfristiges Bedürfnis festzustellen.
Vgl. Bushart a.a.O., § 4 Rdnr. 22.
65
Deshalb besteht die Prüfmöglichkeit der Behörde latent immer und wird durch das
Vorliegen eines Prüfungsanlasses jeweils akut. Die aus sicherheitspolizeilichen
Gründen in § 4 Abs. 4 Satz 1 vorgeschriebene turnusmäßige Überprüfung unterstreicht
damit nur das dargelegte Grundprinzip des Gesetzes.
66
Vgl. Steindorf a.a.O., § 4 Rdnr. 11.
67
Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 WaffG wird damit in der Kommentarliteratur zu Recht
als "missglückt" bezeichnet.
68
Vgl. Bushart a.a.O., § 8 Rdn. 20.
69
Denn entgegen dem ersten Anschein entbindet sie - wie dargelegt - Sportschützen und
Jäger nicht von dem Erfordernis eines konkret fortdauernden Bedürfnisses."
70
Das Gericht hält an der vorstehend im Einzelnen begründeten Rechtsprechung fest. Der
Kläger hat keinen Grund aufgezeigt, der Anlass geben könnte, die vorstehenden
Erwägungen zu vertiefen oder anders zu entscheiden. Dementsprechend war der
Beklagte nach dem Zuzug des Klägers in seinen Zuständigkeitsbereich berechtigt zu
überprüfen, ob der Kläger, der im Jahre 1989 in C. einem Schießsportverein angehört
hatte, immer noch aktiver Sportschütze war. Auch ist der Beklagte zu Recht davon
ausgegangen, dass das waffenrechtliche Bedürfnis, das der Erlaubniserteilung
zugrunde lag, entfallen war, weil der Kläger (a.) nicht Mitglied in einem Verein war, der
einem nach § 15 Abs. 1 anerkannten Schießsportverband angehört, und (b.) den
Schießsport nicht mehr regelmäßig ausübte.
71
Demgegenüber kann der Kläger nicht - hilfsweise - mit Erfolg geltend machen, der
Beklagte sei am Widerruf gehindert, weil die widerrufene Erlaubnis ihm im Jahre 1989
wegen eines weiteren Bedürfnisses erteilt worden sei, das nicht nachträglich entfallen
sei, nämlich ein Bedürfnis zum Besitz und zum Führen einer Schusswaffe im Sinne des
§ 6 Abs. 2 WaffG a. F. und des § 19 Abs. 1 und 2 WaffG aus beruflichen Gründen. Eine
solche Erlaubnis ist dem Kläger nämlich ersichtlich nicht, jedenfalls nicht in der durch §
10 Abs. 1 Satz 1 WaffG - und auch schon bei Erteilung der Erlaubnis im Jahre 1989,
72
vgl. Steindorf a.a.O., § 10 Rdn. 2 -
73
zwingend vorgeschriebenen Schriftform erteilt worden. Für welchen Zweck eine
Waffenbesitzkarte ausgestellt wird, erschließt sich aus der - schriftlichen - Eintragung
der Waffe in die Waffenbesitzkarte in Verbindung mit den vom Antragsteller zum
Nachweis eines waffenrechtlichen Bedürfnisses geltend gemachten Gründen,
vorliegend also aus dem Antragsschreiben des Klägers vom 15. November 1989. Darin
hat er ausdrücklich und unmissverständlich erklärt, es liege ein Bedürfnis vor, weil er "
74
als aktiver Sportschütze regelmäßig bei dem Polizei-Schießsportverein Q. e.V.
trainiere". Außerdem hat er im Antragsschreiben ausdrücklich einen Antrag auf Erteilung
einer waffenrechtlichen Bescheinigung nach § 6 Abs. 2 WaffG a.F. zurückgestellt und
damit nicht gestellt. Eine schriftliche Erlaubnis zum Besitz des im Jahre 1988
erworbenen Revolvers aus beruflichen Gründen besaß der Kläger somit seit seinem
Wechsel von der Kriminalpolizei Q. zur Kriminalpolizei C. nicht mehr. Dass ihm eine
Erlaubnis aus beruflichen Gründen mündlich erteilt worden sei, behauptet der Kläger
nicht. Eine mündlich erteilte Erlaubnis wäre im Übrigen nach § 44 Abs. 2 Nr. 2 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - nichtig und damit unbeachtlich.
Vgl. Bushart a.a.O., § 10 Rdn. 5.
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Dementsprechend setzte der Widerruf der Waffenbesitzkarte auch nicht den Wegfall des
behaupteten Bedürfnisses aus beruflichen Gründen voraus.
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Ebenso wenig ist der Widerruf rechtlich zu beanstanden, weil der Beklagte dem Kläger
mit Schreiben vom 12. April 2007 zur Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung eines
anerkannten Schießsportvereins Frist bis zum 31. Juli 2007 gesetzt hat. Der Kläger
verkennt, dass der Beklagte nicht verpflichtet war, mit dem Widerruf so lange zu warten,
bis der Kläger die Voraussetzungen für die Neuerteilung einer Waffenbesitzkarte wegen
eines schießsportlichen Bedürfnisses würde geschaffen haben. Im Gegenteil bestand
für den Beklagten nach § 45 Abs. 2 WaffG schon vor dem 31. Juli 2007 im Grunde die
Verpflichtung, die Waffenbesitzkarte zu widerrufen, nachdem der Kläger mit Schreiben
vom 15. März 2007 deutlich zu erkennen gegeben hatte, dass er seit Jahren nicht mehr
Mitglied in einem Schießsportverein war. Dass er dennoch - und auch dies verkennt der
Kläger - dem Kläger eine "goldene Brücke" baute, indem er ihm zur Vorlage einer
Mitgliedsbescheinigung eines anerkannten Schießsportvereins nochmals Zeit bis zum
31. Juli 2007 ließ, war dementsprechend ein bürgerfreundliches Entgegenkommen, auf
das der Kläger mit Blick auf § 45 Abs. 2 WaffG keinen Anspruch hatte. Schließlich hat
der Beklagte im Zusammenhang mit der beanstandeten Fristsetzung auch nicht dadurch
rechtlich fehlerhaft gehandelt, dass er vom Kläger tatsächlich Unmögliches gefordert
hätte. Die Meinung des Klägers, er sei verpflichtet worden, bis zum 31. Juli 2007
mindestens 12-monatige schießsportliche Aktivitäten nachzuweisen, entspricht nicht
den Tatsachen. Wie bereits dargelegt, hat der Beklagte lediglich die Vorlage einer
Mitgliedsbescheinigung eines anerkannten Schießsportvereins verlangt. Er war damit
bereit, im Fall des Eintritts des Klägers in einen anerkannten Schießsportverein ohne
weitere Sachverhaltsaufklärung die Zeit der Inaktivität des Klägers in der Zeit als
vorübergehende Inaktivität im Sinne des § 45 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative, WaffG zu
werten und dem Kläger die Waffenbesitzkarte vorerst zu belassen. Mit dieser
Vorgehensweise hat der Beklagte keine Rechte des Klägers verletzt, sondern den
Kläger - ohne dass eine Rechtspflicht dazu bestanden hätte - lediglich begünstigt. Dies
hat der Kläger nicht erkannt.
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Die angefochtene Widerrufsentscheidung ist auch nicht fehlerhaft, weil der Beklagte
keine Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative, WaffG getroffen
hat. Der Beklagte hat zutreffend erkannt, dass die Voraussetzungen der Vorschrift nicht
vorlagen, weil das Bedürfnis des Klägers als Sportschütze nicht nur vorübergehend,
sondern dauerhaft im Sinne der 2. Alternative des § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG entfallen
war. Dazu, wann von einem "vorübergehenden" Wegfall des Bedürfnisses auszugehen
ist, wird in der Begründung des Gesetzesentwurfs in der Bundestagsdrucksache
14/7758 S. 79 ausgeführt:
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"Schon nach der Regelung des bisherigen § 47 Abs. 2 Satz 1 des Waffengesetzes war
auch bei Wegfall des Bedürfnisses der Widerruf der Erlaubnis zwingend
vorgeschrieben. Die Vorschrift führte teilweise zu schwer vermittelbaren Härten und
wurde deshalb vielfach nicht strikt angewendet. Absatz 3 schafft nunmehr die
Möglichkeit, flexibel zu reagieren: Satz 1, 1. Alternative, lässt nunmehr bei einem nur
vorübergehenden Wegfall des ursprünglichen Bedürfnisses zu, dass die zuständige
Behörde von einem Widerruf der Erlaubnis absieht. Vorübergehend ist der Wegfall
eines Bedürfnisses, wenn das Wiederaufleben des der Erlaubnis zugrunde liegenden
Bedürfnisses in naher Zukunft zu erwarten ist. Dies ist etwa gegeben, wenn ein
Sportschütze oder ein Jäger einen einjährigen Auslandsaufenthalt zum Beispiel aus
beruflichen Gründen antritt. Anhaltspunkt für das zu erwartende Wiederaufleben des
Bedürfnisses kann etwa das Fortsetzen der Mitgliedschaft in einem Sportschützenverein
sein."
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Nach der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers ist das Bedürfnis für einen
Sportschützen danach jedenfalls dann dauerhaft entfallen, wenn er - wie der Kläger -
schon seit mehreren Jahren den Schießsport nicht mehr aktiv betreibt und keinem
Schießsportverein mehr angehört. Erst recht ist es dauerhaft entfallen, wenn der
Waffenbesitzer - wie der Kläger - auch auf den behördlichen Hinweis, das
waffenrechtliche Bedürfnis setze die Mitgliedschaft in einem Schießsportverein und das
aktive Betreiben des Schießsports voraus, nicht sofort einem Schießsportverein beitritt
und den Schießsport wieder aktiv betreibt.
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Die angefochtene Widerrufsentscheidung ist auch nicht fehlerhaft, weil der Beklagte
keine Ermessensentscheidung nach der 2. Alternative des § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG
getroffen hat. Dem Beklagten ist darin zuzustimmen, dass der Kläger keinen
"besonderen Grund" geltend gemacht hat, die den Beklagten berechtigen könnten, nach
dieser Vorschrift vom Widerruf der Erlaubnis abzusehen. In der Bundestagsdrucksache
14/7758 S. 79 wird dazu ausgeführt:
81
"Satz 1, 2. Alternative, eröffnet die Möglichkeit, auch bei einem endgültigen Wegfall des
Bedürfnisses von einem Widerruf aus diesem Grund absehen zu können, wenn ein
besonderer Grund hierfür vorliegt. Hat ein Jäger, Sportschütze, Waffen- oder
Munitionssammler gewissermaßen sein Leben lang die Jagd, den Schießsport, oder
das Sammeln ausgeübt, so wird in der Regel auch bei altersbedingter dauernder
Unmöglichkeit des aktiven Umgangs mit Waffen und Munition von einem Widerruf der
Erlaubnis abzusehen sein."
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Einen daran gemessen "besonderen Grund" trägt der Kläger nicht vor. Denn er
behauptet nicht, dass er "gewissermaßen sein Leben lang" den Schießsport mit dem im
Jahre 1988 erworbenen Revolver ausgeübt hat und ihn deshalb aus einem
Affektionsinteresse heraus behalten will, obwohl ihm der aktive Umgang mit der Waffe
nicht mehr möglich ist. Eine solche Begründung würde dem Beklagten das in Rede
stehende Ermessen eröffnen, dass gerade für den Fall gedacht ist, dass der Besitz der
Waffe nicht mehr durch ein Bedürfnis zu rechtfertigen ist. Der Kläger begründet seinen
Anspruch auf eine positive Ermessensentscheidung nach der 2. Alternative des § 45
Abs. 3 Satz 1 WaffG demgegenüber mit anderen waffenrechtlichen Bedürfnissen,
insbesondere mit einer erheblichen Gefährdung im Sinne des § 6 Abs. 2 WaffG a.F.
bzw. mit der erhöhten Gefahr eines Angriffs auf Leib oder Leben im Sinne des § 19 Abs.
1 WaffG aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Kriminaldirektor und seiner jetzigen
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Tätigkeit als Anwalt und Security-Consultant. Das damit vom Kläger geltend gemachte
Bedürfnis für den Waffenbesitz berechtigt aus systematischen Gründen prinzipiell nach
keiner der beiden Alternativen des § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG zu einer
Ermessensentscheidung. Ob jemand eine Schusswaffe besitzen darf, weil er wegen
seiner beruflichen Tätigkeit mehr als die Allgemeinheit gefährdet oder als Security-
Consultant waffenrechtlich möglicherweise einem Bewachungsunternehmer
gleichzustellen ist, hat der Gesetzgeber nicht in § 45 Abs. 3 Satz 1, sondern in den
Unterabschnitten 1, 2, 3 und 4 des zweiten Abschnitts des Waffengesetzes geregelt.
Nach § 2 Abs. 2 WaffG bedarf der Umgang mit Waffen, der den Waffenbesitz
einschließt, der Erlaubnis. Die Erlaubnis ist - wie sich zum Beispiel § 4 Abs. 1 WaffG
entnehmen lässt - zu beantragen; sie wird nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG in der Form
der Ausstellung einer Waffenbesitzkarte oder durch Eintrag in eine bereits vorhandene
Waffenbesitzkarte erteilt, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für eine Erlaubnis und
(§§ 4 bis 8 WaffG) und der beanspruchte besondere Erlaubnistatbestand - im Fall des
KIägers die §§ 19 und 28 WaffG - erfüllt sind. Das dargelegte Erlaubnisverfahren ist
nach der Systematik des Gesetzes zwingend einzuhalten. Über § 45 Abs. 3 Satz 1
WaffG lässt sich der Waffenbesitz mit den vom Kläger geltend gemachten Gründen nicht
legalisieren, und zwar auch dann nicht, wenn - wofür bislang allerdings wenig spricht -
dem Kläger tatsächlich eine Erlaubnis nach § 19 Abs. 1 WaffG oder nach § 28 WaffG zu
erteilen wäre. Erforderlich war und bleibt insoweit die Stellung eines Antrages auf
Erteilung einer Waffenbesitzkarte für den geltend gemachten Zweck, und selbst wenn
der Kläger einen Antrag nach § 19 Abs. 1 WaffG im Zeitpunkt der
Widerrufsentscheidung bereits gestellt gehabt hätte und ihm zu entsprechen gewesen
wäre, wäre es rechtlich nicht zu beanstanden gewesen, wenn der Beklagte zugleich mit
Neuerteilung einer Waffenbesitzkarte für ein anderes Bedürfnis die für schießsportliche
Zwecke erteilte Waffenbesitzkarte aus Gründen der Rechtsklarheit bzw. zur
"Registerbereinigung" widerrufen hätte.
Die Klage ist auch unbegründet, soweit sich der Kläger gegen die Anordnung wendet,
wie er mit der Schusswaffe nach Eintritt der Bestandskraft der Verfügung zu verfahren
hat. Die Anordnung, die in seinem Besitz befindliche Schusswaffe innerhalb der
angemessenen Frist von zwei Monaten unbrauchbar zu machen oder einem
Berechtigten zu überlassen, entspricht der Vorschrift des § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG.
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Soweit der Kläger hilfsweise begehrt, den Beklagten zu verurteilen, ihm eine
angemessene Frist zum Nachweis schießsportlicher Betätigungen einzuräumen, hat die
Klage keinen Erfolg, weil - wie bereits dargelegt wurde - ein Anspruch hierauf nicht
besteht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; als unterliegender Teil hat der
Kläger die Kosten zu tragen.
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Der Antrag, die anwaltliche Selbstvertretung des Klägers im Vorverfahren und im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren für notwendig zu erklären, ist gegenstandslos, weil
der Kläger ohnehin die Kosten zu tragen hat.
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Die Entscheidung über die vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt
aus § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
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