Urteil des VG Aachen vom 14.05.2009
VG Aachen: grundsteuer, eigentum, erlass, kreis, stadt, untätigkeitsklage, geschäftsführer, vollstreckung, minderung, meinung
Verwaltungsgericht Aachen, 4 K 1106/07
Datum:
14.05.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 1106/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen ihn auf Grund des
Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor
der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d :
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Der Beklagte zog die Kläger durch Grundbesitzabgabenbescheid 2006 vom 20. Januar
2006 und Grundbesitzabgabenbescheid 2007 vom 12. Januar 2007 jeweils für ihr
Eigentum in N. , S. , Auft.-Pl. Nr. 6 zur Grundsteuer B in Höhe von jeweils jährlich 88,13
EUR heran.
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Mit Schreiben vom 24. Juli 2007 an den Beklagten beantragte die C . in N. , die
Grundsteuer, auch für die Jahre 2005 und 2006, zu reduzieren. Bei der Einheit Nr. 6 der
Eigentümergemeinschaft S. 13 handele es sich um einen nicht ausgebauten
Dachboden. Ein angedachter Ausbau werde vorerst nicht zum Tragen kommen.
Nachdem der Beklagte den Antrag urschriftlich an die C. mit der Empfehlung
zurückgesandt hatte, zur Klärung des Anliegens zuständigkeitshalber Kontakt mit der
Bewertungsstelle des zuständigen Finanzamtes Aachen-Kreis in Aachen aufzunehmen,
da die Bewertung des baulichen Zustandes des Eigentums und Festsetzung des
Grundsteuermessbetrages in dessen Zuständigkeit falle, bat die C. durch ihren
Geschäftsführer T. mit Schreiben vom 5. August 2007 an den Beklagten um einen
rechtsmittelfähigen Bescheid. Nicht das Finanzamt Aachen-Kreis, sondern der Beklagte
sei zur Entscheidung über den Antrag zuständig. Beantragt worden sei der Erlass der
Grundsteuer. Bei der Entscheidung sei die übereinstimmende Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) und des Bundesverwaltungsgerichts, zuletzt vom 24. April
2007, zu beachten.
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Mit Bescheid vom 14. August 2007 an die C. , Herrn T. in N. mit dem Betreff
"Grundsteuer B, S. 13, Auft.-Pl. 6, Einheitswertnummer: 202.827.3.00956.6,
Kassenzeichen: 5001561-0100-1" lehnte der Beklagte den Antrag auf
Reduzierung/Erlass der Grundsteuer im Wesentlichen mit der Begründung ab, die
Wohneinheit Nr. 6 sei als Wohnungseigentum grundsteuerrechtlich durch das
Finanzamt Aachen-Kreis mit einem entsprechenden Einheitswert bewertet worden. Der
Beklagte sei bei der Festsetzung der Grundsteuer an den vom Finanzamt erlassenen
Grundsteuermessbescheid gebunden, der Grundlage für den Festsetzungsbescheid sei.
Wenn es sich bei dem Eigentum um einen nicht ausgebauten Dachboden handele,
könne dem nur durch Fortschreibung des Einheitswertes, das heiße Herabsetzung des
Einheitswertes und Grundsteuermessbetrages, durch das hierfür allein zuständige
Finanzamt Aachen- Kreis Rechnung getragen werden (§ 33 Abs. 5 Grundsteuergesetz).
Eine derartige bewertungsrechtliche Beurteilung obliege nicht der Stadt N. .
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Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid
vom 25. September 2007 an die C. , Herrn T. in N. mit dem Betreff "Grundbesitzabgaben
WEG 'S. 13'; hier: Grundsteuer B, S. 13, Auft.-Pl. 6, Einheitswertnummer:
202.827.3.00956.6, Kassenzeichen: 5001561-0100-1" im Wesentlichen aus den im
Erstbescheid angeführten Gründen und mit dem weiteren Bemerken zurück, ein
Grundsteuererlass für das Jahr 2005 scheide schon deshalb aus, weil das Eigentum
erst ab 2006 mit Grundsteuer B belastet worden sei.
5
Am 25. Oktober 2007 hat die C. durch ihren Geschäftsführer T. für die Kläger mit dem
Begehren, die Grundsteuer zu erlassen, Klage erhoben. Der Boden sei noch nicht
ausgebaut, habe eigentlich schon ausgebaut sein sollen und werde es wohl auch in
Kürze sein. Die Klage sei als Untätigkeitsklage anzusehen, weil der Widerspruch gegen
den Bescheid des Beklagten vom 14. August 2007 bislang nicht beschieden worden
sei. Stattdessen habe der Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 25. September
2007 an die Wohnungseigentümergemeinschaft "S. 13" gerichtet.
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Der Bevollmächtigte der Kläger hat mit dem Klageschriftsatz unter Hinweis im Betreff "...
wg. Erlass der Grundbesitzabgaben 2006" wörtlich beantragt:
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"Wir erheben Untätigkeitsklage und beantragen, den Bürgermeister der Stadt N. zu
verurteilen, die Grundsteuer zum Kassenzeichen 5001561-0100-6 Einheitswertnummer
202.827.3.00956.6 zu erlassen."
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Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten haben schriftsätzlich beantragt,
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die Klage abzuweisen.
10
Sie erwidern, der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 25. September 2007 sei
ausweislich seines Betreffs zu dem Eigentum "Auft.-Pl. Nr. 6" unter Angabe der
Einheitswertnummer und des Kassenzeichens, die sich einzig und allein auf das
Eigentum der Kläger bezögen, ergangen. Der Beklagte habe bereits zutreffend darauf
hingewiesen, dass der Antrag auf Erlass der Grundsteuer nicht bei dem Beklagten,
sondern vielmehr beim Finanzamt zu stellen sei. Der Beklagte sei an den
Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes gebunden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug
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genommen.
Entscheidungsgründe:
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Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 14.
August 2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 25. September 2007 sind
rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen
Anspruch auf Erlass der Grundsteuer B (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Der den begehrten Erlass ablehnende Bescheid des Beklagten vom 14. August 2007 ist
in der Gestalt zu überprüfen, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 25.
September 2007 gefunden hat. Der Widerspruchsbescheid ist nämlich ausweislich
seines Betreffs zu dem Eigentum "Auftl.-Pl. Nr. 6" unter Angabe der hiermit
korrespondierenden Einheitswertnummer und des Kassenzeichens ergangen und
bezieht sich damit - für den Bevollmächtigten der Kläger erkennbar - auf das Eigentum
der Kläger, an die der Widerspruchsbescheid zu Händen ihres Bevollmächtigten
gerichtet sein sollte.
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Ein Anspruch auf Erlass der Grundsteuer B für das Jahr 2006 scheidet bereits wegen
verfristeter Antragstellung aus. Gemäß § 34 Abs. 2 des Grundsteuergesetzes (GrStG) ist
der für ein Erlassbegehren notwendige Antrag bis zu dem auf den Erlasszeitraum
folgenden 31. März zu stellen. Der zunächst auf "Reduzierung" der Grundsteuer B
gerichtete Antrag des Bevollmächtigten der Kläger vom 24. Juli 2007, von ihm später als
"Erlassantrag" präzisiert, ist am 26. Juli 2007 beim Beklagten eingegangen und damit
bezogen auf das vorangegangene Jahr 2006 verspätet erhoben worden. Unabhängig
hiervon ist der Erlassantrag auch unbegründet, weil ihm § 33 Abs. 5 GrStG
entgegensteht, wonach eine Ertragsminderung kein Erlassgrund ist, wenn sie für den
Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Einheitswerts berücksichtigt werden kann
oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt
werden können. Hierauf hat der Beklagte in seinen Bescheiden zu Recht hingewiesen.
Die Minderung des Rohertrages wäre im nach § 33 Abs. 1 GrStG beachtlichen Umfang
nicht eingetreten, wäre die nach Meinung der Kläger unrichtige Bewertung ihres
Eigentums als Wohnungseigentum statt als nicht zum Wohnen geeignetes Eigentum
durch eine (rechtzeitig) bei dem zuständigen Finanzamt beantragte
Änderung/Fortschreibung des Einheitswerts und Grundsteuermessbescheides beseitigt
worden. Dies haben die Kläger offenbar nicht veranlasst. Der Beklagte war jedenfalls an
die Feststellungen des vom Finanzamt erlassenen Grundsteuermessbescheides als
Grundlagenbescheid gebunden, §§ 175 Abs. 1, 184 Abs. 1, 182 Abs. 1 der
Abgabenordnung (AO).
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Gleiches gälte im Übrigen, sollte mit der Klage, was jedenfalls schriftsätzlich nicht
(ausdrücklich) beantragt ist, auch das Erlassbegehren bezogen auf das Jahr 2007
weiterverfolgt werden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO Abs. 1, Abs. 2 i. V. m.
§§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.
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