Urteil des VG Aachen vom 08.02.2008

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Verwaltungsgericht Aachen, 3 K 1351/07
Datum:
08.02.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 K 1351/07
Tenor:
Das Verwaltungsgericht Aachen erklärt den Rechtsweg zu den
Verwaltungsgerichten für unzulässig und verweist den Rechtsstreit an
das Amtsgericht N. .
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Gründe:
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Die Klägerin begehrt Rechtsschutz mit dem Ziel, weiterhin die Internetseite der
beklagten Stadt durch Aufschaltung von Werbebannern gegen Entgelt zu nutzen. Für
diesen Rechtsstreit ist der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben, denn es handelt sich
nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Vielmehr ist das Rechtsverhältnis, das auf der
vertraglichen Vereinbarung zur entgeltlichen Nutzung von Internetwerbeflächen beruht,
zivilrechtlicher Natur. Daher ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gemäß §
13 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) eröffnet mit der Folge, dass der Rechtsstreit
gemäß § 17a Abs. 2 GVG nach Anhörung der Beteiligten zu verweisen war. Ob ein
geltend gemachter Rechtsanspruch als öffentlich-rechtlich oder als privatrechtlich zu
beurteilen ist, richtet sich nach der Natur des behaupteten Rechtsverhältnisses, aus dem
er hergeleitet wird. Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 19. Mai 1994 -
5 C 33.91 -, NJW 1994, 2968 m.w. N. Öffentlich-rechtlich sind Ansprüche nur dann,
wenn sie sich als Folge eines Sachverhalts darstellen, der nach öffentlichem Recht zu
beurteilen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kommunen nicht nur hoheitlich,
sondern auch wie Private erwerbswirtschaftlich handeln können, wenn und soweit keine
öffentlich-rechtlichen Normen oder Rechtsgrundsätze entgegenstehen. Das
Rechtsverhältnis, aus dem die Klägerin ihren Anspruch auf Weiternutzung der
kommunalen Internetseite zum Zwecke der Werbung herleitet, beruht auf einem Vertrag,
der keinen Bezug zu einer hoheitlichen Aufgabenwahrnehmung erkennen lässt und
damit der bloßen Einnahmeerzielung dient. Außerdem hat der Beklagte zum Abschluss
und zur Abwicklung des Vertrages eine private Internetagentur zwischengeschaltet.
Angesichts dessen und des erwerbswirtschaftlich geprägten Vertragsgegenstandes ist
die Vertragsbeziehung als zivilrechtlich und nicht als öffentlich-rechtlich (vgl. dazu § 54
des Verwaltungsverfahrensgesetzes NRW) anzusehen. Dem zivilrechtlichen Vertrag ist
auch keine öffentlich-rechtliche Auswahl-, Vergabe- oder Zulassungsentscheidung
vorgeschaltet, die den Verwaltungsrechtsweg eröffnen könnte. Anders als die Klägerin
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meint, besteht ein solcher öffentlich-rechtlicher Verfahrensabschnitt hier nicht. Die
Entscheidung darüber, ob und mit wem der Beklagte vertragliche Beziehungen eingeht
oder auflöst, ist ein Akt interner Willensbildung. Rechtlich existent wird er erst, wenn er
in Form eines zivilrechtlichen Angebots bzw. einer Kündigung nach außen hin erklärt
wird. Das gilt sogar dann, wenn die Willensbildung des Hoheitsträgers über die
Auswahl des Vertragspartners den öffentlich-rechtlichen Bindungen des Vergaberechts
unterliegt. Vgl. zur Unanwendbarkeit der sog. Zwei-Stufen- Theorie bei der
(unterschwellligen) Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand: BVerwG,
Beschluss vom 2. Mai 2007 - 6 B 10.07 -, NVwZ 2007, 820.
Schließlich lässt sich eine den Verwaltungsrechtsweg begründende Entscheidung des
Beklagten auch nicht aus kommunalrechtlichen Vorschriften herleiten. Insbesondere
wird hier nicht um die in § 8 Abs. 2 der Gemeindeordnung (GO) NRW geregelte
Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung gestritten. Das Vorliegen einer solchen
Einrichtung setzt einen Widmungsakt voraus, der den Gemeindeeinwohnern im
öffentlichen Interesse die Nutzung freigibt. Daran fehlt es für die hier streitige Nutzung
der kommunalen Internetseite als "digitale Litfaßsäule".
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Für die demnach vorliegende bürgerlich-rechtliche Rechtsstreitigkeit ist das Amtsgericht
N. sachlich und örtlich zuständig, vgl. § 23 Nr. 1 GVG bzw. § 17 der Zivilprozessordnung
(ZPO).
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