Urteil des VG Aachen vom 06.03.2007

VG Aachen: stadt, bebauungsplan, grundstück, anwendung des rechts, ausschluss, bekanntgabe, erlass, amtsblatt, bekleidung, versorgung

Verwaltungsgericht Aachen, 3 K 1674/05
Datum:
06.03.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 K 1674/05
Tenor:
Es wird festgestellt, dass der Kläger bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe
des Zurückstellungsbescheides vom 29. März 2005 am 2. April 2005
einen Anspruch auf Erteilung eines positiven Bescheides über seine
Bauvoranfrage vom 12. November 2003 in der Fassung vom 8. Oktober
2004 gehabt hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur
Hälfte.
T a t b e s t a n d :
1
Mit Bauvoranfrage vom 12. November 2003 in der Fassung vom 8. Oktober 2004
begehrte der Kläger bei dem Beklagten eine Bebauungsgenehmigung zur Errichtung
von zwei Einzelhandelsbetrieben (Drogeriemarkt und Textilmarkt) mit Grundflächen von
500 qm und 600 qm sowie mit Verkaufsflächen von 430 qm bzw. 520 qm auf dem
Grundstück Gemarkung F. in der B.--------straße Nr. 4. Die Grundflächenzahl des auf
dem 2.956 qm großen Grundstück geplanten Vorhabens beträgt 0,37. Die Anzahl der
unmittelbar an der B.--------straße gelegenen Stellplätze wird mit 31 angegeben.
2
Das zur Bebauung vorgesehene Grundstück liegt im Bereich des Bebauungsplanes Nr.
35 der Stadt F. vom 31. März 1971 und ist darin als Mischgebiet mit zweigeschossiger
Bauweise, Grundflächenzahl 0,4 und Geschossflächenzahl 0,7 ausgewiesen. Im
Flächennutzungsplan ist das Grundstück als gewerbliche Fläche dargestellt.
3
Die Stadt F. plant parallel mit der Änderung des Flächennutzungsplanes, die
Aufstellung eines Bebauungsplanes Nr. 271 im Bereich des Bebauungsplans Nr. 35
zwischen der B1. Straße und der Bundesautobahn A 4. Die Planvorstellungen der Stadt
beruhen auf einem Gutachten der D. T. GmbH C. vom März 2003 über das
Einzelhandelskonzept der Stadt F. . Danach sind in dem hier fraglichen Bereich
Fachmarktstandorte mit Bestandsschutz vorhanden und es soll keine Etablierung
innenstadtrelevanter Sortimente erfolgen.
4
Mit "Zwischenbescheid" vom 6. Januar 2005 verlängerte der Beklagte die
Bearbeitungsfrist der Bauvoranfrage des Klägers bis zum 29. April 2005 gemäß § 68
Abs. 8 Satz 2 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen ( BauO NRW ) mit der
Begründung, dass die Beteiligung der Bezirksregierung erforderlich sei.
5
Am 24. Februar 2005 - bekannt gemacht am 9. März 2005 im Amtsblatt Nr. 5 der Stadt F.
- beschloss der Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss (Planungsausschuss) der Stadt
F. die Aufstellung und die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit für den neuen
Bebauungsplan Nr. 271 im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 35, in dem das
Grundstück des Klägers als Gewerbegebiet ausgewiesen werden soll, mit dem
Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben, die im einzelnen aufgeführte Sortimente
führen. Im nordöstlichen Bereich des neuen Bebauungsplanes ist ein großflächiger
Einzelhandelsbereich (SO 1) geplant, während westlich anschließend im Bereich eines
vorhandenen umfangreichen S. - Marktes ein SO 2 Gebiet gelegen ist.
6
Nach der textlichen Festsetzung Nr. 2.1 zum Bebauungsplan Nr. 271 sind in
Mischgebieten und in dem Gewerbegebiet Einzelhandelsbetriebe und sonstige
Gewerbebetriebe mit Verkaufsflächen für den Verkauf an Endverbraucher nicht zulässig,
wenn das angebotene Sortiment ganz oder teilweise den Sortimentsgruppen einer
angefügten Liste zuzuordnen ist, die u. a. Textilien, Bekleidung sowie Wasch- und
Putzmittel, Hygieneartikel und Körperpflegemittel enthält. Gemäß Nr. 3.1 der textlichen
Festsetzungen sind im Gewerbegebiet generell zulässig - abweichend von der
vorstehenden Regelung unter Nr. 2.1 - Handwerksbetriebe mit Verkaufsflächen für den
Verkauf an Endverbraucher, wenn das angebotene Sortiment aus eigener Herstellung
stammt und der Betrieb aufgrund der von ihm ausgehenden Emissionen typischerweise
nur in einem Gewerbegebiet zulässig ist. Des Weiteren werden nach Nr. 3.2 für das
Gewerbegebiet Gewerbebetriebe der Abstandsklassen I bis VII gemäß des
Abstandserlasses 1978 ausgeschlossen.
7
In der Begründung zu dem Bebauungsplan Nr. 271 ist ausgeführt:
8
"1. Planungsanlass: Die Intention zur Entwicklung eines Fachmarktzentrums mit
Schwerpunkt in der Unterhaltungselektronik in der Stadt F. ist begründet durch die
Zielsetzung, sowohl die mangelnde Kaufkraftbindung im Versorgungsbereich der Stadt
für diese Branche auszugleichen als auch die Funktion F.'s als Einkaufsstadt mit einem
breiten und tiefen Angebot über den stationären Einzelhandel hinaus zu stärken. Eine
über mehrere Jahre hinweg beobachtete Analyse des Standorts kommt zu folgendem
Profil:
9
Der Einzelhandelsbesatz ist vorwiegend durch kleinteilige Angebotsstrukturen
gekennzeichnet. Der Besatz an überregional tätigen Filialisten und Fachmärkten ist
gering. Die Stadt F. verfügt über zwei Gebiete mit großflächigem Einzelhandel an der E.
Straße und der B.-------straße . Hier finden sich zwei in die Jahre gekommene SB-
Warenhäuser und ein Baumarkt. Diese Standorte sind neu zu ordnen. Eine
Verminderung des Kaufkraftabflusses bei gleichzeitiger Erhöhung der
Kaufkraftbindungsquote zur Stärkung des zentralen Ortes F. und zur Sicherung der
Versorgung der Bevölkerung erfordert die Ansiedlung eines Fachmarktzentrums mit
dem Schwerpunkt Unterhaltungselektronik. Nur durch die Ansiedlung von
konzentriertem Geschäftsbesatz mit Magnetwirkung ist der Standort F. zu arrondieren
und zu stärken. Die niedrige Bindungsquote der Kaufkraft in der benannten Branche
zeigt mangelnde Attraktivität und strukturelle Schwachpunkte. Die Zentralität bei
10
aperiodischem Bedarf ist zu steigern. Die Kaufkraftabflüsse sind zur Deckung des
Bedarfs im Versorgungsbereich zu binden....
3. Ziel und Zweck des Bebauungsplanes: Ziel des Bebauungsplanes ist es u. a., das
vorhandene, teilweise überlagernde Planungsrecht zu ordnen, das uneingeschränkte
Gewerbegebiet zu begrenzen, die Handelsflächen an dem vorhandenen Standort des
Sondergebietes zu konzentrieren und die gefangenen landwirtschaftlichen Flächen zu
entwickeln. Weiterhin ist Ziel des Bebauungsplanes, die Stadt F. als Einkaufsstadt zu
stärken und attraktive Geschäftslagen zu entwickeln, die die gesamte Breite von
Einzelhandelsformen auf konzentrierten, integrierten und aufgewerteten Standorten
anbieten. Geplant ist die Ausweisung eines Sondergebietes mit der Zweckbestimmung
"großflächiger Einzelhandel" zur Vorbereitung einer Ansiedlung eines
Fachmarktzentrums mit Schwerpunkt in der Unterhaltungselektronik. Dabei sieht die
derzeitige Konzeption an dem vorgenannten Standort eine Realisierung von ca. 7.500
qm Verkaufsfläche untergliedert in mehrere Fachmärkte vor. Ferner soll ein Wohngebiet
mit rund 30 Wohngebäuden in Einzel- und Doppelhausbebauung entstehen....
11
5. Erläuterungen zu den Planfeststellungen, 5.1.2 MI-Mischgebiete: Bei der Festsetzung
des Mischgebietes an der B1. Straße handelt es sich um eine Bestandsfestsetzung
eines Teilbereiches der von einer Mischung aus Wohnnutzung und nicht wesentlich
störenden Gewerbebetrieben geprägt ist. Diese Festsetzung entspricht der bestehenden
Planfestsetzung des vorhandenen Bebauungsplanes und wird durch die aktuelle
Zielsetzung der Stadt F. nicht geändert. Allerdings werden in den Mischgebieten
Einschränkungen für die Nutzungen vorgenommen. Es werden Einzelhandelsbetriebe
und sonstige Gewerbebetriebe mit Verkaufsflächen für den Verkauf an Endverbraucher
nicht zugelassen werden, wenn das angebotene Sortiment ganz oder teilweise der
nachstehenden Liste zuzuordnen ist:
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01. Textilien, Bekleidung.... 15. Wasch- und Putzmittel, Hygieneartikel,
Körperpflegemittel......
13
Es handelt sich dabei um nahversorgungs- und zentrenrelevante Sortimente, die im
Bereich des Gewerbegebietes M. auf den als Sondergebiet festgesetzten Standorten
und im Übrigen im Stadtkern als zentralem F. Einkaufsbereich konzentriert werden
sollen. Eine weitere ungesteuerte Entwicklung des Einzelhandels in dem als
Mischgebiet festgesetzten Bereich soll auf diese Weise verhindert werden....
14
5.1.3 GE-Gewerbegebiete: Bei dem Gewerbegebiet handelt es sich um den
rückwärtigen Teil der Grundstücke an der B1. Straße. Die in einem Teilbereich
bestehende Festsetzung als Mischgebiet wird geändert in eine
Gewerbegebietsfestsetzung, da in diesem Bereich Wohnnutzungen städtebaulich nicht
wünschenswert und aufgrund der gewerblichen Entwicklung der letzten Jahrzehnte
nicht standortgemäß sind. Auch hier sind im Gewerbegebiet Einzelhandelsbetriebe und
sonstige Gewerbebetriebe mit Verkaufsflächen für den Verkauf an den Endverbraucher
nicht zulässig, wenn das angebotene Sortiment ganz oder teilweise den Waren der o.g.
Liste (siehe MI-Gebiete unter 5.1.2) zuzuordnen ist. Diese nahversorgungs- bzw.
zentrenrelevanten Sortimente sollen in den ausgewiesenen Sondergebieten oder im
zentralen F. Einkaufsbereich konzentriert werden und gleichzeitig an diesem Standort
die gewerblichen Bauflächen für produzierendes und verarbeitendes Gewerbe
bereitgehalten werden."
15
Ende Februar/Anfang März 2005 sah der Beklagte von der vorgesehenen Vorlage der
Bauvoranfrage an die Bezirksregierung Köln ab und gab sein vorbereitetes Schreiben
an die Bezirksregierung vom 17. Februar 2005 nicht zur Absendung.
16
Mit am 30. März 2005 zur Post gegebenem Bescheid vom 29. März 2005 stellte der
Beklagte auf Antrag der Gemeinde vom 10. März 2005 die Entscheidung über die
Bauvoranfrage des Klägers gemäß § 15 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) für
einen Zeitraum von 12 Monaten zurück. Nach Einlegung des Widerspruchs des Klägers
vom 31. März 2005 ordnete der Beklagte unter dem 19. April 2005 (zugestellt am 22.
April 2005) die sofortige Vollziehung des Zurückstellungsbescheides unter Hinweis auf
den Ausschluss von Gewerbebetrieben mit Verkaufsflächen nach den textlichen
Festsetzungen des neuen Bebauungsplanes für das Gewerbegebiet an.
17
Der Kläger hat am 22. Juli 2005 Untätigkeitsklage erhoben und die Verpflichtung des
Beklagten zur positiven Bescheidung seiner Bauvoranfrage begehrt. Zur Begründung
führt er aus, seine beiden Einzelhandelsgeschäfte seien nach dem Bebauungsplan Nr.
35 und nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) 1968 zulässig. Die
Vorhaben stellten kein Einkaufszentrum und keinen Verbrauchermarkt im Sinne des §
11 Abs. 3 BauNVO dar. Zur vorhandenen Bebauung verweise er auf das SB-
Warenhaus S. -Markt sowie auf den gegenüberliegenden U. -Getränkemarkt und auf
einen M1. -Markt.
18
Am 28. September 2005 - bekannt gemacht im Amtsblatt der Stadt F. am 30. September
2005 - beschloss der Rat der Stadt F. die Auslegung des Bebauungsplanes Nr. 271 in
der Zeit vom 10. Oktober bis 11. November 2005.
19
Der Eigentümer des Antragsgrundstücks hat im Flächennutzungsplanverfahren
Einwendungen zu der Darstellung des Gewerbegebiets für seine Parzelle erhoben.
Diese Einwendungen hat der Beklagte dahin beschieden, dass dessen Grundstück
zwar im Bebauungsplan Nr. 35 als Mischgebiet festgesetzt, im Flächennutzungsplan
aber seit Jahrzehnten als Fläche für die gewerbliche Nutzung dargestellt sei. Genutzt
werde das Grundstück seit Jahrzehnten als Gewerbegrundstück. Im gesamten
rückwärtigen Bereich nördlich der B1. Straße befänden sich im Umfeld durchgängig
gewerbliche Nutzungen. Im neuen Bebauungsplanverfahren 271 werde ein Teilbereich
des Grundstücks deshalb als Gewerbegebiet festgesetzt.
20
Am 18. Januar 2006 beschloss der Rat der Stadt F. die Aufstellung einer
Veränderungssperre, da das Bebauungsplanverfahren aufgrund der Komplexität bisher
nicht abgeschlossen werden konnte. Die Veränderungssperre wurde am 27. Januar
2006 im Amtsblatt der Stadt F. bekannt gemacht.
21
Am 4. April 2006 lehnte der Beklagte einen positiven Bescheid über die Bauvoranfrage
des Klägers vom 12. November 2003/8. Oktober 2004 ab.
22
Am 26. Mai 2006 wies der Landrat des Kreises C: den Widerspruch des Klägers gegen
den Zurückstellungsbescheid vom 29. März 2005 zurück.
23
Am 12. Juli 2006 wies der Landrat des Kreises C. den Widerspruch des Klägers gegen
den Versagungsbescheid des Beklagten vom 4. April 2006 zurück.
24
Im weiteren Klageverfahren trägt der Kläger vor: Die Bauleitplanung der Stadt F. sei
25
eine unzulässige, so genannte Verhinderungsplanung. Bei seinem Vorhaben handele
es sich um zwei selbstständige Einzelhandelsbetriebe mit je unter 700 qm
Verkaufsfläche, die nicht zu einem einheitlichen und dann großflächigen
Einzelhandelsbetrieb zusammengezogen werden dürften. Es sei nicht erfindlich, warum
seine Vorhaben als kleine Einzelhandelsbetriebe verhindert werden sollten. Er
beabsichtige Schadensersatzansprüche geltend zu machen, denn er habe bereits
Mietinteressenten gehabt.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 4. April 2006
und 12. Juli 2006 zu verpflichten, seine Bauvoranfrage vom 12. November 2003 in der
Fassung vom 8. Oktober 2004 für die Errichtung eines Drogeriemarktes und eines
Textilmarktes positiv zu bescheiden,
26
hilfsweise, festzustellen dass er bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des
Zurückstellungsbescheides vom 29. März 2005 einen Anspruch auf Erteilung eines
positiven Vorbescheides gehabt hat,
27
dazu hilfsweise, festzustellen, dass er bis zur Bekanntmachung der Veränderungssperre
am 27. Januar 2006 einen Anspruch auf Erteilung eines positiven Vorbescheides
gehabt hat.
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Der Beklagte beantragt,
29
die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor: Es liege keine Verhinderungsplanung vor. Es sei im überplanten Bereich zu
einer ungesteuerten Durchmischung gewerblicher Nutzungen mit
nahversorgungsrelevantem Einzelhandel gekommen. Ziel sei es, das Gebiet in seiner
Grundstruktur als Gewerbegebiet zu sichern. Der Bebauungsplan Nr. 35 entspreche
nicht mehr dem aktuellen Planungsrecht, insbesondere den Regelungen zum
großflächigen Einzelhandel. Daher habe er seit längerer Zeit zur Bearbeitung
angestanden. Nunmehr stehe die Veränderungssperre einem positivem Bescheid über
die Bauvoranfrage des Klägers entgegen, da nach dem Bebauungsplan Nr. 271 die
Ausweisung als gewerbliche Fläche mit dem Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben
geplant sei. Ein Beschluss über die Verlängerung der Geltungsdauer der
Veränderungssperre sei als Dringlichkeitsentscheidung für den 14. März 2007
vorgesehen. Eine weitere Offenlegung des Bebauungsplanes Nr. 271 solle am 5. Juni
2007 beschlossen werden.
31
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und des
Landrats des Kreises Aachen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
33
Die zulässige Klage ist mit dem ersten Hilfsantrag begründet.
34
Mit dem Hauptantrag auf Erteilung einer Bebauungsgenehmigung hat sie keinen Erfolg.
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Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 4. April 2006 über die Bauvoranfrage des
Klägers und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid des Landrats des Kreises C.
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vom 12. Juli 2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines positiven Vorbescheides über seine
Bauvoranfrage vom 12. November 2003 in der Fassung vom 8. Oktober 2004 zur
Errichtung eines Drogerie- und eines Textilienmarktes auf dem Grundstück Gemarkung
F. . Seinem Vorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts
entgegen, vgl. §§ 71 und 75 BauO NRW.
Der Erteilung der Bebauungsgenehmigung steht die Veränderungssperre der Stadt F.
entgegen. Da der Anspruch auf Erteilung einer Bebauungsgenehmigung im Wege einer
Verpflichtungsklage geltend zu machen ist, kommt es hinsichtlich der Anwendung des
Rechts auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bei dem Verwaltungsgericht an.
Eine Veränderungssperre ist daher als geltendes Recht zu berücksichtigen, obwohl der
Kläger seinen Antrag auf Erteilung eines positiven Vorbescheides im Oktober 2005 vor
Erlass dieser Satzung gestellt hat.
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Der Rat der Stadt F. hat die Veränderungssperre am 18. Januar 2006 als Satzung
beschlossen und die Gemeinde hat sie am 27. Januar 2006 aufgrund der
Bekanntmachungsanordnung des Bürgermeisters vom 25. Januar 2006 ortsüblich im
Amtsblatt der Stadt F. bekannt gemacht, vgl. § 16 Abs. 1 und 2 BauGB.
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Die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre sind erfüllt. Nach § 14
Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Bereich
eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im Sinne des § 29
BauGB nicht durchgeführt werden dürfen, wenn ein Beschluss über die Aufstellung
eines Bebauungsplans gefasst ist. Der Planungsausschuss der Stadt F. hatte am 24.
Februar 2005 neben der 80. Änderung des Flächennutzungsplanes die Aufstellung des
Bebauungsplanes Nr. 271 - B.------- straße - für einen Teilbereich des Bebauungsplanes
Nr. 35 und die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Bauleitplanung gemäß § 3 Abs. 1
BauGB beschlossen. Dieser Beschluss wurde am 9. März 2005 im Amtsblatt der Stadt
F. ordnungsgemäß bekannt gemacht. Die Zuständigkeit des Planungsausschusses für
den "von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellenden" (vgl. § 2 Abs. 1
BauGB) Bauleitplan anstelle des Rates der Stadt F. ergibt sich aus § 41 der
Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) i. V. m. § 12 der
Hauptsatzung der Stadt F. und § 4 Abs. 2 Buchstabe a der dazugehörigen
Zuständigkeitsordnung, wonach der Planungsausschuss u. a. für die Aufstellung von
Bauleitplänen gemäß §§ 2 und 12 BauGB und für die Durchführung der frühzeitigen
Bürgerbeteiligung zuständig ist. Ein wirksamer Aufstellungsbeschluss für den
Bebauungsplan Nr. 271, der materielle Wirksamkeitsvoraussetzung für die
Veränderungssperre ist,
39
vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15. April 1988 - 4 N 4.87 -,
Entscheidungssammlung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 79, 200;
Beschluss vom 9. Februar 1989 - 4 B 236.88 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
(NVwZ) 1989, 661 und Beschluss vom 6. August 1992 - 4 N 1.92 -, NVwZ 1993, 471,
40
liegt somit vor.
41
Der Erlass einer Veränderungssperre war nicht deshalb ausgeschlossen, weil zwischen
dem Beginn des Aufstellungsverfahrens für den Bebauungsplan und dem Erlass der
Veränderungssperre ein Zeitraum von ca. einem Jahr liegt. Solche dazwischen liegende
Zeiträume sind nämlich selbst dann unbedenklich, wenn sie länger sind als die
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längstmögliche Dauer der Veränderungssperre,
vgl. Stock, in: Ernst/Zinkhahn/Bielenberg, BauGB, § 17 Rdnr. 10 unter Hinweis auf
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 8. Januar 1993 - 4 B 258.92 - und Beschluss
vom 26. Juni 1992 - 4 NB 19.92 -.
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Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit der Satzung über die Veränderungssperre sind
auch nicht insoweit gerechtfertigt, als eine Gemeinde gemäß § 14 Abs. 1 BauGB eine
Veränderungssperre nur zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich
beschließen darf. Diesem Tatbestandsmerkmal lässt sich entnehmen, dass die Planung
im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre ernsthaft gewollt und einen Stand
erreicht haben muss, der ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu
erwartenden Bebauungsplanes sein soll,
44
vgl. BVerwG, Urteil vom 10. September 1987 - IV C 39.74 -, Baurechtssammlung (BRS)
30 Nr. 76.
45
Die Planvorstellungen der Stadt F. sind im Hinblick auf den neuen Bebauungsplan Nr.
271 ausreichend konkretisiert; denn sie lassen bereits eine vollständige Überplanung
des Gebiets mit Baugebieten und Baugrenzen sowie den Umfang der zulässigen
baulichen Anlagen innerhalb eines zweifelsfrei angegebenen Planbereichs erkennen.
Es sind somit ausreichend positive planerische Vorstellungen vorhanden, die
Gegenstand einer planerischen Absicherung durch eine Veränderungssperre sein
können.
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Die Veränderungssperre ist auch zur Sicherung der Planung der Gemeinde erforderlich,
da eine Bauvoranfrage (hier: die des Klägers) vorliegt, die den konkreten Planungen der
Gemeinde widerspricht; denn der Kläger möchte zwei Einzelhandelsbetriebe errichten,
die in dem Gewerbegebiet, das für sein Grundstück vorgesehen ist, nicht zulässig sein
sollen.
47
Dass die Gemeinde einen Bauantrag oder eine Bauvoranfrage zum Anlass nimmt, eine
Veränderungssperre zu beschließen, und dies sogar nach Klageerhebung des
Bauherrn, ist nicht zu beanstanden,
48
vgl. Grauvogel, in: Kohlhammer, Kommentare zum Baugesetzbuch, § 14; BVerwG, Urteil
vom 24. November 1989 - 4 C 64.87 -, BRS 49 Nr. 118.
49
Auch materiell-rechtlich ist die Veränderungssperre mit Blick auf die Planabsichten nicht
zu beanstanden. Die Frage, ob die beabsichtigte Planung der Gemeinde den
Grundsätzen der Bauleitplanung entspricht und ob die öffentlichen und privaten Belange
gegeneinander gerecht abgewogen sind (vgl. § 1 Abs. 7 BauGB), ist abschließend erst
nach und aufgrund des Satzungsbeschlusses gemäß § 10 BauGB zu beurteilen. Die
Wirksamkeit der Veränderungssperre kann daher nicht von Voraussetzungen abhängig
gemacht werden, die für den Bebauungsplan erst in einem späteren Stadium des
Planaufstellungsverfahrens vorliegen müssen. Wollte man etwas anderes verlangen,
würde sich die Gemeinde selbst bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der
Veränderungssperre, die häufig am Beginn der Planungsphase steht, inhaltlich in einer
Weise binden, die den Grundsätzen der Beteiligung der Bürger und Träger öffentlicher
Belange und ihrerseits vor allem dem Prinzip des Abwägungsgebotes widerspräche,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1993 - 4 NB 40.43 -, Die Öffentliche
50
Verwaltung (DÖV) 1994, 385 = BRS 55 Nr. 95 und vom 27. Juli 1990 - 4 B 156.89 -
NVwZ 1991, 62; Grauvogel, a.a.O., § 14 Rdnr. 15.
Vorliegend ist also zu berücksichtigen, dass noch eine zweite Offenlegung des in der
Aufstellung befindlichen Planes beabsichtigt ist, die nach dem Eingang von (weiteren)
Anregungen und Bedenken der Bürger und Träger öffentlicher Belange zu einer
Änderung der Planung führen können.
51
Rechtliche Mängel des Planentwurfs wirken sich auf die Gültigkeit der
Veränderungssperre nur dann aus, wenn diese schlechterdings nicht behebbar sind, d.
h. die Planungsvorstellungen der Gemeinde unter keinem möglichen Gesichtspunkt zu
einem wirksamen Bebauungsplan führen können,
52
vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 - 4 C 150.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom
16. Dezember 1988 - 4 C 48.86 -, BVerwGE 81, 111 = NVwZ 1989, 655 = DVBl. 1989,
458 = DÖV 1989, 637; Grauvogel, a.a.O., § 14 Rdnr. 15.
53
An diesen Maßstäben gemessen ist die Planungsabsicht der Stadt F. nicht zu
beanstanden. Nach dem Gutachten der D. T. GmbH, C. , vom März 2003 sind für den
hier fraglichen Bereich Fachmarktstandorte mit Bestandsschutz vorhanden und es soll
keine Etablierung weiterer innenstadtrelevanter Sortimente erfolgen.
54
Nach der nicht von dem Kläger beanstandeten Begründung zum Bebauungsplan Nr.
271 ist Zielsetzung der Planung, sowohl die mangelnde Kaufkraftbindung im
Versorgungsbereich der Stadt für die Unterhaltungselektronik auszugleichen als auch
die Funktion der Stadt F. als Einkaufsstadt mit einem breiten und tiefen Angebot über
den stationären Einzelhandel hinaus zu stärken. Voraussetzung für eine weitere
Einzelhandelsentwicklung und eine planungsrechtliche Steuerung von
Einzelhandelsansiedlungen in F. soll eine räumliche Abgrenzung von zentralen
Bereichen werden. Um zukünftig ausreichend Entwicklungsspielraum zu gewährleisten,
sollen neben dem Zentrum mögliche Entwicklungsflächen unter Einbeziehung der
schon vorhandenen Standorte geschaffen und in anderen Bereichen die Errichtung von
Einzelhandelsgeschäften eingeschränkt werden. Diese Planung entspricht
städtebaulichen Grundsätzen.
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Die Kammer kann keinen Planungsfehler darin erkennen, dass neben dem
vorhandenen umfangreichen Einzelhandelsbetrieb des S. -Marktes ein Sondergebiet für
den Einzelhandel ausgewiesen wird und mit Blick auf die vorhandene Bebauung in
Richtung auf die B1. Straße zunächst ein Gewerbegebiet, das Anschluss an ein
westlich gelegenes Gewerbegebiet findet, und danach ein Mischgebiet unmittelbar an
der B1. Straße ausgewiesen wird. Die Ausweisung als Gewerbegebiet und Mischgebiet
entsprechen der tatsächlichen Nutzung und den Darstellungen des
Flächennutzungsplanes. In dem neu ausgewiesenen Gewerbegebiet sind nämlich
tatsächlich vorhanden: ein Baumaschinenbetrieb mit LKW und anderen
Nutzfahrzeugen, ein Altenteilerhaus zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und eine
landwirtschaftliche Hofstelle. Es bietet sich daher für den hier fraglichen Bereich die
Verlängerung des westlich gelegenen Gewerbegebietes mit nicht stark emittierenden
Betrieben als "Pufferzone" zwischen einem Sondergebiet mit umfangreichen
Einzelhandelsbetrieben und dem eine Wohnbebauung zulassendem Mischgebiet an
der B1. Straße an.
56
Für die Ausweisung des vom Kläger beanstandeten Gewerbegebiets auf seinem
Grundstück spricht auch die Lage an der Zufahrtstraße zu dem vorhandenen
umfangreichen S. -Markt und zu den Plangebieten SO 2 und SO 1, wobei auf letzteren
großflächige Einzelhandelsbetriebe zugelassen werden sollen. Der zu erwartende Zu-
und Abgangsverkehr zu den umfangreichen Einzelhandelsbetrieben würde zu
ungesunden Wohnverhältnissen auf dem Antragsgrundstück führen, wenn hier nach
einer Mischgebietsausweisung Wohnhäuser zulässigerweise errichtet werden könnten.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der vorgenannte Zu- und Abgangsverkehr nicht nur
auf der vorhandenen B.-------straße an der Westseite des Antragsgrundstücks, sondern
auch auf der Planstraße an der Nordseite des Antragsgrundstücks erfolgen wird. Die
weitere, dem Flächennutzungsplan entsprechende gewerbliche Nutzung des
Antragsgrundstücks als gewerbliche Fläche - wie sie auch in der Vergangenheit erfolgt
ist - ist daher mit den Grundsätzen einer städtebaulichen Ordnung vereinbar und ein
Fehler in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB ist weder substantiiert vorgetragen
noch erkennbar.
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Die Planung ist auch nicht insoweit fehlerhaft, als in dem hier fraglichen Gewerbegebiet
nach Ziffern 3 und 2 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan Nr. 271 einzelne
Handelsbetriebe und sonstige Gewerbebetriebe mit Verkaufsflächen für den Verkauf an
Endverbraucher ausgeschlossen sind, wenn das angebotene Sortiment ganz oder
teilweise den Sortimentsgruppen einer beigefügten Liste zuzuordnen ist, zu der u. a.
Textilien, Bekleidung und Pelzwaren sowie Wasch- und Putzmittel, Hygieneartikel und
Körperpflegemittel (Drogerie) gehören, wobei Ergänzungen des zulässigen Sortiments
durch einzelne Warenklassen oder Warenarten nach der Liste unbedenklich sind, wenn
ein Antragsteller nachweist, dass von der Nutzung keine schädlichen Auswirkungen im
Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO ausgehen. Der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben
mit bestimmten Warensortimenten ist nach § 1 Abs. 9 der Baunutzungsverordnung
(BauNVO) zulässig.
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Nach dieser Vorschrift kann im Bebauungsplan bei Anwendung des § 1 Abs. 5 bis 8
BauNVO festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten
allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen Anlagen zulässig oder nicht
zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, wenn besondere
städtebauliche Gründe dies rechtfertigen. In der Begründung zum Bebauungsplan ist
nachvollziehbar dargelegt, dass im Bereich der Stadt F. ein städtebauliches Bedürfnis
dafür besteht, einerseits Einzelhandelsbetriebe dadurch zu fördern, dass diese in den
dafür vorgesehenen Planbereichen errichtet werden können und andererseits die
Planungsausweisungen auf ein angemessenes Maß beschränkt wird, damit zentren-
und nahversorgungsrelevante Warensortimente zur Vermeidung der Verödung der
Innenstadt im Zentrum verbleiben. In dieser Hinsicht steht der Gemeinde ein
Planungsermessen zu. Ermessensfehler sind insoweit weder vorgetragen noch
ersichtlich. Die Bevorzugung von Gewerben produzierender und verarbeitender Art für
den hier fraglichen Bereich ist mit Blick auf die vorhandenen örtlichen Gewerbebetriebe,
auf das westlich angrenzende planungsrechtliche Gewerbegebiet und auf die
Möglichkeiten zur Errichtung von Einzelhandelsbetrieben im nördlichen und
nordwestlichen Bereich sowie mit Blick auf den Schutz des Stadtzentrums städtebaulich
gerechtfertigt. Den Interessen der Händler ist dadurch ausreichend Rechnung getragen,
dass in dem hier fraglichen Gewerbegebiet ausgeschlossene Warenklassen oder
Warenarten in Ergänzung des zulässigen Sortiments zulässig sind, wenn
nachgewiesen wird, dass von der Nutzung keine schädlichen Auswirkungen im Sinne
des § 11 Abs. 3 BauNVO ausgehen (vgl. Nr. 2.1, letzter Satz der textlichen
59
Festsetzungen zum Bebauungsplan Nr. 271), und dass Handwerksbetriebe mit
Verkaufsflächen für den Verkauf an Endverbraucher generell zulässig sind, wenn das
angebotene Sortiment aus eigener Herstellung stammt und der Betrieb aufgrund der von
ihm ausgehenden Emissionen typischerweise nur in einem Gewerbegebiet zulässig ist
(vgl. Nr. 3.1 der vorgenannten textlichen Festsetzungen).
Der Ausschluss der unter Ziffern 3 und 2.1 der textlichen Festsetzungen des
Bebauungsplans aufgeführten Warensortimentsgruppen, u. a. Textilien, Bekleidung,
Pelzwaren sowie Wasch- und Putzmittel, Hygieneartikel und Körperpflegemittel, ist
durch besondere städtebauliche Gründe gerechtfertigt. Besondere städtebauliche
Gründe im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO sind bereits dann anzunehmen, wenn es
spezielle Gründe gerade für die gegenüber Abs. 5 noch feinere Ausdifferenzierung der
zulässigen Nutzungen gibt,
60
vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 77.84 -, BRS 47 Nr. 58;
Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 7. Mai 1998 - 1 L
66/96 -, NVwZ-RR 2000, 10.
61
Solche speziellen städtebaulichen Gründe für den Ausschluss des Einzelhandels mit
zentren- und nahversorgungsrelevanten Waren, mit Gütern des täglichen Bedarfs und
mit Waren, die der jeweilige Betrieb nicht selbst herstellt, oder deren Verkauf nicht im
räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit dem Produktions- oder
Handwerksbetrieb stehen, liegen hier vor. Gründe für den vorgenannten Ausschluss
sind, dass die Stadtteilzentren gestärkt und gesichert werden sollen. Die
verbrauchernahe Versorgung der Wohnbevölkerung mit solchen Gütern soll in den
Stadtzentren und in den Stadtteilen erfolgen, in denen sich Wohnbebauung befindet,
weil dadurch "kurze Wege entstehen" und die Identifikation der Bewohner mit ihrem
Stadtteil gefördert wird. Das sind besondere städtebauliche Gründe im Sinne des § 1
Abs. 9 BauNVO. Denn dadurch wird nicht nur die bedarfsgerechte Nahversorgung mit
tragbaren Waren und mit Gütern des täglichen Bedarfs, insbesondere für nicht mobile
Käuferschichten, gewährleistet, sondern es wird auch einer Verödung der Zentren
entgegengewirkt und unnötige Verkehrs-(Einkaufs-)Ströme aus den Stadtteilen in die
Gewerbegebiete vermieden. Der Ausschluss von innenstadtrelevanten Sortimenten
über die vorhandenen, Bestandsschutz genießenden Betriebe in dem hier fraglichen
Bereich hinaus ist abwägungsgerecht und wird von einem schlüssigen städtebaulichen
Konzept getragen.
62
Als weiterer städtebaulicher Grund für den Ausschluss der hier fraglichen Waren kommt
hinzu, dass die als Gewerbegebiet festgesetzten Bereiche dem klassischen Gewerbe,
wie Produktions- und Handwerksbetrieben, vorbehalten werden sollen, und dass
größere Einzelhandelsbetriebe an anderer Stelle zusammengefasst werden sollen, um
die raumordnerischen und regionalplanerischen Vorteile für die Stadt F. auszuschöpfen.
Nach der Begründung zum Bebauungsplan (vgl. Nr. 5.1.3) sollen die nahversorgungs-
bzw. zentrenrelevanten Sortimente in den ausgewiesenen Sondergebieten oder im
zentralen F. Einkaufsbereich konzentriert werden und gleichzeitig an diesem Standort
die gewerblichen Bauflächen für produzierendes und verarbeitendes Gewerbe
bereitgehalten werden. Die planungsrechtliche Steuerung der Stadt F. für die weitere
Einzelhandelsentwicklung und Einzelhandelsansiedlungen mit einer räumlichen
Abgrenzung vom zentralen Bereich sind städtebauliche Gesichtspunkte ebenso wie die
Einbeziehung von bestimmten Einzelhandelsgeschäften in speziell ausgewiesenen
Sondergebieten. Hierbei handelt es sich um eine städtebaulich gerechtfertigte Strategie
63
der planungsrechtlichen Anpassung, um die städtebauliche Steuerung der
Einzelhandelsentwicklung zu unterstützen. In Gewerbe- und Industriegebieten werden
zentren- und nahversorgungsrelevante Einzelhandelssortimente sowie zentrenrelevante
Dienstleistungen ausgeschlossen, um städtebaulich ungewollten Entwicklungen
vorzubeugen.
Die weitere Voraussetzung, dass die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets
gewahrt bleiben muss (vgl. § 1 Abs. 9 i. V. m. § 1 Abs. 5 BauNVO), ist erkennbar erfüllt,
weil auch unter Berücksichtigung der ausgeschlossenen Einzelhandelsbetriebe eine
überwiegende Anzahl von in der Baunutzungsverordnung geregelten
Gewerbebetrieben zulässig bleiben und der Charakter eines Gewerbegebiets deshalb
nicht verändert wird.
64
Schließlich würde (als weitere Voraussetzung für die Erforderlichkeit der
Veränderungssperre) das Vorhaben des Klägers auch den Planvorstellungen der Stadt
F. entgegenstehen, da der Kläger mit den beiden geplanten Einzelhandelsbetrieben -
Drogeriemarkt und Textilienmarkt - zwei Geschäfte errichten möchte, deren
Warensortimente nach Nrn. 3 und 2.1 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan
mit der Bezeichnung Textilien, Bekleidung, Pelzwaren sowie Wasch- und Putzmittel,
Hygieneartikel und Körperpflegemittel ausgeschlossen sind. Eine Verwirklichung seiner
Vorhaben würde daher der Planung der Stadt F. in einem erheblichen Umfang
zuwiderlaufen.
65
Die somit rechtswirksame Veränderungssperre hat nicht nachträglich ihre Wirksamkeit
verloren. Insbesondere ist die Geltungsdauer der am 27. Januar 2006 bekannt
gemachten Veränderungssperre von zwei Jahren gemäß § 17 Abs. 1 BauGB nicht
abgelaufen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Zeit der Zurückstellung der
Entscheidung über die Bauvoranfrage durch Bescheid vom 29. März 2005, da seit
Bekanntgabe dieses mit einfacher Post am 30. März 2005 abgesandten und am 2. April
2005 als bekannt gemacht geltenden Zurückstellungsbescheides ( vgl. § 41 Abs. 2 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - VwVfG NRW ) bis
zur mündlichen Verhandlung der Kammer am 6. März 2007 keine zwei Jahre vergangen
sind ( vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Der auf die Zweijahresfrist des § 17 Abs. 1 Satz 2
BauGB anrechenbare Zeitraum beginnt nach Ansicht der Kammer zum Vorteil des
Klägers schon nach der Bekanntgabe des Zurückstellungsbescheides am 2. April 2005
und nicht erst mit der Zustellung der Anordnung der sofortigen Vollziehung des
Zurückstellungsbescheides am 22. April 2005, weil der Beklagte sich schon vor
Anordnung der sofortigen Vollziehung an einer Entscheidung über die Bauvoranfrage
wegen des Zurückstellungsbescheides gehindert sah.
66
Auch unter Berücksichtigung der sog. faktischen Zurückstellung für die Zeit eines nicht
hinreichend zügig bearbeiteten Baugesuchs ergibt sich keine Frist von zwei Jahren, die
zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre zum maßgeblichen Zeitpunkt der
mündlichen Verhandlung führen würde. Die Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB
über die Anrechnung abgelaufener Zeiträume nach Erlass eines
Zurückstellungsbescheides ist entsprechend auf die faktische Zurückstellung
anwendbar, d.h. wenn ein Genehmigungsantrag nicht hinreichend zügig bearbeitet,
sonst wie verzögert oder rechtswidrig abgelehnt wird,
67
vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1970 - 4 C 79.68 - Baurecht (BauR) 1971, 34 und
Beschluss vom 27. April 1992 - 4 NB 11.92 - BRS 54 Nr. 76 = BauR 1992, 746 sowie
68
Grauvogel a.a.O., § 17 Rdnr. 8 und Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 17 Rdnr. 17;
denn derartige faktische Zurückstellungen erreichen eine der Anwendung von § 15
BauGB gleichartige Wirkung und in beiden Fällen stimmt die Interessenlage überein.
Eine bescheidbare Bauvoranfrage des Klägers lag hier in der Fassung vom 8. Oktober
2004 - Eingang beim Beklagten am 12. Oktober 2004 - vor. Der Zeitraum, ab wann von
einer unangemessenen zeitlichen Verzögerung der Bescheidung einer Bauvoranfrage
ausgegangen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dieser
Zeitraum, der - nach angemessener, mit § 75 VwGO abzustimmender, im Baurecht wohl
eine häufig drei Monate unvermeidbar überschreitende Frist - ,
69
vgl. Grauvogel a.a.O., § 17 Rdnr. 10,
70
dadurch vergeht, dass ein Genehmigungsantrag nicht hinreichend zügig bearbeitet wird,
hängt im Einzelfall von der Schwierigkeit der Bearbeitung, von der Anzahl der zu
beteiligenden Behörden und Ämtern einer Behörde sowie davon ab, ob es sich um eine
Baugenehmigung oder - wie hier - um eine Bauvoranfrage mit großem Prüfungsumfang
handelt. Der Prüfungsumfang war nach dem Inhalt der Bauvoranfrage des Klägers nicht
beschränkt. In dem Formular zu der vom Kläger ausgefüllten Bauvoranfrage fehlten in
der Rubrik "Genaue Fragestellung zum Vorbescheid" Eintragungen, die eine
eingeschränkte Überprüfung ermöglichen. Der Beklagte hatte daher das gesamte
Bauplanungsrecht einschließlich der Erschließung und bauordnungsrechtlich auch die
Stellplatzfrage mit Anzahl und Lage der auf einem Lageplan angegebenen Stellplätze
zu prüfen. Da zwei Einzelhandelsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche von zusammen
weit über 700 qm auf einem Grundstück zur Genehmigung gestellt waren, stellte sich die
Frage , ob ein (anderen Beurteilungskriterien unterliegendes) Einzelhandelgeschäft im
Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO vorliegt und die Sache nach Nr. 5.6 des
Einzelhandelserlasses vom 7. Mai 1996 ( MBl NRW 1996, 922 ) vor einer Entscheidung
der Bezirksregierung Köln zur Zustimmung vorgelegt werden musste, was zunächst vom
Beklagten angenommen worden ist, wie sein Zwischenbescheid vom 6. Januar 2005
über die Verlängerung der Bearbeitungszeit bis zum 29. April 2005 und der bereits
gefertigte, aber nicht abgesandte Vorlagebericht des Beklagten vom 17. Februar 2005
verdeutlichen. Außerdem waren nicht einfach gelagerte Fragen zu der Verkehrssituation
auf der schmalen B.-------straße , die u.a. zu dem umfangreichen Einkaufszentrum S.----
markt führt, zu prüfen, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar
ausgeführt hat. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist im vorliegenden Fall die
Bearbeitungsfrist erheblich länger als drei Monate zu bemessen und es kann bis zum
hier maßgeblichen Zeitpunkt am 2. April 2005 noch nicht von einer unangemessenen
und verzögerlichen Bearbeitungszeit ausgegangen werden. Danach beginnt die
anrechenbare Zeit einen Tag nach der Bekanntgabe des Zurückstellungsbescheides,
also am 3. April 2005, und die Veränderungssperre würde am 3. April 2007 außer Kraft
treten.
71
Zugunsten des Beklagten ist weiter zu berücksichtigen dass, falls sich durch die
Anrechnung von verzögerlichen Bearbeitungszeiten in entsprechender Anwendung des
§ 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB die Unwirksamkeit der Veränderungssperre durch Zeitablauf
ergeben hätte, dennoch ein Berufen auf die Anrechnung des vorgenannten Abs. 1 Satz
2 nicht möglich ist, weil hier die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die
Veränderungssperre nach § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB verlängert werden kann. Bei der
Berechnung des Zeitraumes, nach dessen Ablauf eine Veränderungssperre dem
einzelnen Grundstückseigentümer wegen einer vorangehenden faktischen
72
Zurückstellung eines Baugesuchs in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz
2 BauGB nicht mehr entgegengehalten werden darf, ist die der Gemeinde gemäß Abs. 1
Satz 3 dieser Vorschrift eingeräumte Möglichkeit der Verlängerung der
Veränderungssperre um ein drittes Jahr regelmäßig mit einzuberechnen,
vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1990 - 4 B 156.89 - BauR 1990, 694 =
NVwZ 1991, 62 = BRS 50 Nr. 101 und Urteil vom 10. September 1976 - IV C 39.74 -
BVerwGE 51, 121 = BRS 30 Nr. 76 =BauR 1977,31 = DVBl 1977, 36;
Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 17 Rdnr. 24.
73
Anhaltspunkte gegen die Zulässigkeit einer im Ermessen der Gemeinde stehenden
Verlängerung der Veränderungssperre, die nach Angaben des Beklagten auch am 14.
März 2007 beschlossen werden soll, sind nicht ersichtlich, da das komplexe
Bebauungsplanverfahren noch nicht abgeschlossen werden konnte und eine weitere
Offenlegung des Planes, die am 5. Juni 2007 beschlossen werden soll, erforderlich
geworden ist.
74
Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der
Veränderungssperre. Gemäß § 14 Abs. 2 BauGB kann von der Veränderungssperre
eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht
entgegenstehen. Ob dies der Fall ist, ist aufgrund einer Abwägung der öffentlichen und
privaten Belange zu ermitteln. Im vorliegenden Fall fällt die Abwägung zum Nachteil des
Klägers aus, da der von der Veränderungssperre bezweckte Sicherungszweck das
Verbot der Bebauung rechtfertigt. Das Vorhaben des Klägers läuft nämlich der
zukünftigen Planung konträr entgegen und würde als Berufungsfall für weitere
Einzelhandelsgeschäfte in dem geplanten Gewerbegebiet hinter der B1. Straße
herangezogen werden können. Dieser Vorgang würde jedoch die Veränderungssperre
wirkungslos machen.
75
Soweit der Kläger mit dem ersten Hilfsantrag ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren
verfolgt, ist die Klage zulässig und begründet.
76
Zur Zulässigkeit ist auszuführen:
77
Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann ein Kläger bei Vorliegen eines berechtigten
Interesses die Feststellung beantragen, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen
ist, wenn sich der Rechtsstreit vor einer Entscheidung des Gerichts erledigt hat. Die
Vorschrift gilt entsprechend für ein Verpflichtungsbegehren, das im Prozessverlauf seine
Erledigung gefunden hat. Dementsprechend kann ein Kläger, sofern sich während der
Anhängigkeit einer auf die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung gerichteten
Verpflichtungsklage die Rechtslage zu seinem Nachteil ändert, im Wege der
Fortsetzungsfeststellungsklage seinen Antrag dahingehend umstellen, dass er nunmehr
die Feststellung begehrt, dass sein Vorhaben nach der alten Rechtslage zulässig war.
Einen solchen Antrag kann er unter Aufrechterhaltung des Hauptantrags auch - wie hier
- hilfsweise stellen,
78
vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Juli 1994 - 10 A 410/88 - und vom 17. Januar 2006 - 10 A
3413/03 -.
79
Das Begehren des Klägers auf Erteilung eines positiven Vorbescheides hat sich hier
nach Bekanntgabe des Zurückstellungsbescheides vom 29. März 2005 am 2. April 2005
80
und Erlass der nachfolgenden Veränderungssperre erledigt, da nach diesem Zeitpunkt
wegen Änderung der Rechtslage ein positiver Bescheid über die Bauvoranfrage nicht
mehr ergehen konnte. Hinsichtlich des Zurückstellungsbescheides liegt der Zeitpunkt
der Erledigung zwar vor der Klageerhebung am 22. Juli 2005, dem Kläger war es jedoch
unzumutbar, schon zu diesem Zeitpunkt sein Bauvorhaben aufzugeben und unmittelbar
vor dem Zivilgericht Schadensersatzklage zu erheben, weil die Zurückstellung der
Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bauvorhabens nur vorübergehende Wirkung
hat und der Kläger hoffen konnte, nach Ablauf der Zurückstellungsfrist einen positiven
Bescheid über seine Bauvoranfrage zu bekommen oder zu erstreiten.
Der Erlass eines Zurückstellungsbescheides und der Eintritt einer Veränderungssperre
sind zwar keine Erledigungen im eigentlichen Sinne des Wortes, sind aber nach
ständiger Rechtsprechung einer solchen Erledigung gleichzustellen,
81
vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1998 - 4 B 72.98 -, BRS 60 Nr. 100; OVG NRW,
Beschluss vom 23. Januar 2001 - 7 A 1683/99 - und Urteil vom 17. Januar 2006 - 10 A
3413/03 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Oktober 1995 - 3 S 1/93 -, BRS 57
Nr. 201.
82
Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO
an der begehrten Feststellung. Denn das Verfahren dient der Vorbereitung eines
Amtshaftungs - oder sonstigen Entschädigungsprozesses vor dem zuständigen
Zivilgericht. Eine solche beabsichtigte Schadensersatzklage vermag ein
Feststellungsinteresse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage allerdings nur dann zu
begründen, wenn ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten
und nicht offensichtlich aussichtslos ist,
83
vgl. BVerwG, Urteil vom 28. August 1987 - 4 C 31.86 -, NJW 1988, 926; OVG NRW,
Urteil vom 17. Januar 2006 - 10 A 3413/03 -. Der Kläger hat aufgezeigt, dass er einen
solchen zivilgerichtlichen Prozess gegen den Beklagten anstrengen wird, wenn er mit
dem vorliegenden Feststellungsbegehren Erfolg hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass
der behauptete Schadensersatzanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt
bestehen kann. Neben einem verschuldensabhängigen Anspruch aus § 839 des
Bürgerlichen Gesetzbuches kommt auch ein verschuldensunabhängiger Anspruch aus
§ 39 des Ordnungsbehördengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in Betracht,
dessen Voraussetzungen jedenfalls nicht offensichtlich zu verneinen sind.
84
Die mit dem ersten Hilfsantrag erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch
begründet.
85
Der Kläger hatte bis zur Bekanntgabe des Zurückstellungsbescheides am 2. April 2005
einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Bebauungsgenehmigung, vgl. § 113 Abs. 5
Satz 1 VwGO. Danach bestand kein Anspruch mehr auf Erteilung eines positiven
Vorbescheides, da die Zurückstellung rechtsfehlerfrei erfolgt ist. Insbesondere war die
Zurückstellung "für einen Zeitraum von 12 Monaten" ausreichend bestimmt, obwohl der
Bescheid nicht förmlich zugestellt worden ist und fraglich sein könnte, wann die Frist zu
laufen beginnt. Die zulässige Auslegung ergibt, dass die Frist mit dem Tag, der auf die
Bekanntgabe der Frist folgt, beginnt,
86
vgl.: VG Hamburg, Urteil vom 7. September 1989 - 9 VG 1750/89 - in juris,
87
hier also am 3. April 2005.
88
Dem Vorhaben des Klägers standen vor Bekanntgabe des Zurückstellungsbescheides
und der Veränderungssperre öffentlich-rechtliche Vorschriften des
Bebauungsplansrechts nicht entgegen, vgl. § 71 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 75 Abs. 1 Satz 1
BauO NRW.
89
Die Zulässigkeit des Vorhabens im maßgeblichen Zeitpunkt des erledigenden
Ereignisses beurteilt sich nach den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 35 vom 31.
März 1971. Denn die neue Planung nach dem Bebauungsplan Nr. 271 kann mangels
Planreife nach § 33 BauGB und entgegenstehender Planausweisung keine
Rechtsgrundlage sein. Bedenken gegen die Wirksamkeit des nach der
Bekanntmachungsanordnung des zuständigen Bürgermeister vom 19. März 1971 im
Amtsblatt des Kreises Aachen vom 31. März 1971 ordnungsgemäß veröffentlichten
Bebauungsplanes Nr. 35 sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
90
In diesem Plan aus dem Jahre 1971 ist das Grundstück des Klägers als Mischgebiet
ausgewiesen. Welche Betriebe in einem solchen Mischgebiet zulässig sind, richtet sich
wegen des Bebauungsplans aus dem Jahre 1971 nach der Baunutzungsverordnung in
der Fassung vom 26. November 1968, BGBl. I 1237, berichtigt am 20. Dezember 1968,
BGBl. I 1969, 11 (BauNVO 1968),
91
vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Januar 2006 - 10 A 3413/03 -, S. 31.
92
Danach sind die beiden vom Kläger geplanten Einzelhandelbetriebe zulässig. Gemäß §
6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO 1968 gehören u.a. Einzelhandelsbetriebe zu den ohne weiteres
zulässigen, nicht wesentlich störenden Vorhaben in einem Mischgebiet, es sei denn, es
handelt sich um Einkaufszentren oder Verbrauchermärkte, die außerhalb von
Kerngebieten errichtet werden sollen und die nach Lage, Umfang und
Zweckbestimmung vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen sollen, und
daher gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 nur in Sondergebieten zulässig sind. Von
dieser Art sind die geplanten Einzelhandelsgeschäfte des Klägers mit Verkaufsflächen
von 430 qm und 520 qm aber ersichtlich nicht.
93
Eine Addition der Verkaufsflächen der beiden hier zur Genehmigung gestellten
Einzelhandelsbetriebe kommt nicht in Betracht; der geplante Drogeriemarkt und der
Textilienmarkt erfüllen nicht die Anforderungen an den Rechtsbegriff eines
gemeinsamen Einkaufszentrums. Anhaltspunkte für eine planvolle Zusammenfassung
beider Märkte im Sinne eines geplanten Einkaufszentrums bestehen nicht. Sie sind
nicht durch ein gemeinsames Konzept oder eine Kooperation verbunden und es ist nicht
anzunehmen, dass sie nach außen, etwa durch gemeinsame Werbung oder
Namensgebung, in Erscheinung treten werden,
94
vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 25. April 2005 - 10 A 2861/04 -.
95
Hätte sich in einem nachfolgendem Baugenehmigungsverfahren auf Grund geänderter
Pläne oder Angaben des Bauherrn in dieser Hinsicht eine andere Beurteilung ergeben,
wäre insoweit eine Bindungswirkung durch den vorangegangenen Bauvorbescheid
nicht eingetreten.
96
Die vom Kläger geplanten Einzelhandelsbetriebe mit einem Drogeriemarkt und einem
97
Textilmarkt mit 430 qm bzw. 520 qm Verkaufsfläche sind als Einzelvorhaben aufgrund
ihres Umfanges keine Einkaufszentren und Verbrauchermärkte im Sinne von § 11 Abs.
3 BauNVO 1968, da sie bereits deutlich unter der Grenze von 700 qm bis 800 qm liegen,
jenseits derer regelmäßig die Großflächigkeit eines Einzelhandelsbetriebs gegeben ist.
Besonderheiten des Betriebskonzepts oder Ähnliches, die gleichwohl eine Einstufung
des Vorhabens als großflächiger Einzelhandelsbetrieb zur Folge haben müssten, sind
nicht ersichtlich,
vgl. zum Maßstab der Verkaufsfläche: BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2004 - 4 B 29.04
-, Zeitschrift für Baurecht (ZfBR) 2004, 699, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 19.85 -, BRS
47 Nr. 56; OVG NRW, Urteil vom 17. Januar 2006 - 10 A 3413/03 - und Beschlüsse vom
30. Juli 1999 - 10 B 961/99 -, BRS 62 Nr. 191 und vom 28. November 2000 - 10 B
1428/00 -, BRS 63 Nr. 70, vgl. zur Großflächigkeit ab 800 qm: BVerwG, Urteil vom 24.
November 2005 - 4 C 10.04 - sowie zu den übrigen Kriterien: OVG NRW, Beschlüsse
vom 30. Juli 1999 - 10 B 961/99 -, BRS 62 Nr. 191 und vom 28. November 2000 - 10 B
1428/00 -, BRS 63 Nr. 70 sowie vom 19. August 2003 - 7 B 1040/03 -, BRS 66 Nr. 72.
98
Aber selbst wenn das Vorhaben des Klägers als großflächiger Einzelhandelsbetrieb
nach der Baunutzungsverordnung 1968 anzusehen wäre, stünde dies allein seiner
Zulässigkeit im damaligen Mischgebiet nicht entgegen. Denn auch ein großflächiger
Einzelhandelsbetrieb ist nach § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 allein wegen dieser
Qualifikation erst dann auf Kern- und Sondergebiete zu verwiesen, wenn er nach Lage,
Umfang und Zweckbestimmung vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen
soll. Von einer übergemeindlichen Versorgung durch die Einzelhandelsbetriebe des
Planvorhabens kann hier aber keine Rede sein.
99
Die streitgegenständlichen Einzelhandelsbetriebe widersprechen auch nicht den
übrigen Festsetzungen des Bebauungsplanes aus dem Jahre 1971. Sie liegen
innerhalb der Baugrenzen, also im Bereich der überbaubaren Flächen und halten mit
der Grundflächenzahl von 0,37 das Maß der baulichen Nutzung von 0,4 nach dem
Bebauungsplan aus dem Jahr 1971 ein.
100
Die Erschließung ist über den vorderen Bereich der B.-------straße gesichert, ohne dass
störende Auswirkungen auf eine schützenswerte Wohnbebauung zu befürchten wären.
101
Die Anzahl der notwendigen Stellplätze von 24 wird mit 31 auf dem Antragsgrundstück
gestellt. Erforderlich nach Anlage zu Nr. 51.11 VVBauO NRW Nr. 3.1 sind ein Stellplatz
je 30 bis 50 qm Verkaufsnutzfläche, hier also = 950 ./. 40 = 23,75 notwendige
Stellplätze.
102
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwG
103