Urteil des VG Aachen vom 16.07.2007

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Verwaltungsgericht Aachen, 6 K 921/06
Datum:
16.07.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 921/06
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen,
damit bei einer künftigen Nutzung des Bolzplatzes an der M. -I. -Schule
(Gemarkung F , Flur , Flurstück ) auf dem Grundstück der Kläger Q. -H. -
Straße (Gemarkung F. , Flur , Flurstück ) ein Beurteilungspegel tags an
Werktagen innerhalb der Ruhezeiten von 7 Uhr bis 8 Uhr und von 20
Uhr bis 22 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A) nicht
überschritten wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zu 2/5, die
Beklagte trägt sie zu 1/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des jeweiligen Vollstreckungsbetrags
abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Kläger sind seit dem Jahre 2001 Eigentümer des Hausgrundstücks mit der
postalischen Anschrift Q. -H. -Straße (Gemarkung F. , Flur , Flurstück ). Das Grundstück
befindet sich im Geltungsbereich des am 9. August 1986 in Kraft getretenen
Bebauungsplans der Beklagten Nr. XX ("F. -Nord") und wird durch diesen als
allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Etwa zehn bis 15 Meter von der hinteren
Grenze des Grundstücks der Kläger entfernt liegt eine unter anderem von der L. -Q1. -
Straße her zugängliche Grünfläche (Gemarkung F. , Flur , Flurstück ), die der
Bebauungsplan Nr. XX als öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung
"Spielplatz" ausweist (zur Grundstückssituation vergleiche etwa den Auszug aus dem
Liegenschaftskataster auf Blatt 13 der Gerichtakte). In der Begründung für den
Bebauungsplan Nr. XX wird ausgeführt, in Randlagen seien drei Bolzplätze vorgesehen
und in Wälle eingebunden, um Störungen auf die angrenzenden Wohngebiete zu
2
vermeiden. Weiter heißt es im Abschnitt "2.6 Die öffentlichen Grünflächen mit Spiel-,
Erholungs- und Freizeitbereichen", dass planungsrechtlich eindeutige Festsetzungen in
unterschiedliche Ruhe- und Aktivitätsbereiche wie Parkanlagen, Spielbereiche,
Bolzplätze, Grillplatz mit Grillhütte sowie Aussichtspunkt mit Wetterdach erfolgt seien.
Die Grünfläche wurde etwa seit Ende der 1970er Jahre teilweise als Kinderspielplatz
und teilweise als Bolzplatz genutzt. Ende der 1990er Jahre wurden der Kinderspielplatz
und der bis dahin bestehende Bolzplatz im Zuge der Bauarbeiten zur Errichtung der M. -
I. -Grundschule beseitigt. Im Jahre 2002 stellte die Beklagte auf der Grünfläche erneut
einen Bolzplatz fertig und stattete diesen im Oktober 2002 mit zwei Kleinfeldfußballtoren
sowie einem Ballfangzaun an der Grenze zum Gelände der M. -I. -Grundschule aus. An
den beiden Zugängen zu dem Bolzplatz installierte die Beklagte jeweils ein
"Bolzplatzschild". Im Mai 2003 brachte die Beklagte ein weiteres "Bolzplatzschild" an
der Zuwegung hinter der Sporthalle der M. -I. -Grundschule an und versah dieses mit
einem Hinweis auf die Nutzungszeiten. Im Juli 2003 reparierte die Beklagte einen
defekten Ballfangzaun und entfernte das zusätzliche Ballfanggitter innerhalb des
Kleinfeldtores.
3
Mit Schreiben vom 13. Mai 2004 teilte das (vormalige) Staatliche Umweltamt B. der
Klägerin zu 1. mit, Messungen des Lärms während des Ballspiels auf dem
benachbarten Bolzplatz hätten für werktags, außerhalb der Ruhezeit, einen
Beurteilungspegel von 65 dB(A) und für Sonn- und Feiertage von 67 dB(A) ergeben.
Dies sei eine für reine und allgemeine Wohngebiete deutliche Überschreitung der
zulässigen Werte.
4
Mit Schreiben vom 1. Juni 2004 teilten die Kläger der Beklagten mit, die Benutzung des
Bolzplatzes führe für sie zu einer erheblichen Lärmbelästigung.
5
In einem Vermerk der Beklagten vom 9. August 2004 heißt es, ein Sozialarbeiter der
Beklagten habe bei einer Begehung des Bolzplatzes am 5. August 2004 in der Zeit von
21.15 Uhr bis 21.45 Uhr eine Gruppe von etwa 15 männlichen Fußballern im Alter von
ca. 17 bis 40 Jahren angetroffen. Diese hätten auf Nachfrage erklärt, sie gehörten zur
unmittelbaren Nachbarschaft der L. -Q1. -Straße und nutzten den Bolzplatz regelmäßig
zum Zwecke freizeitmäßigen Fußballspiels. Der "Bolzplatz L. - Q1. -Straße" sei seit Juni
2003 fester Bestandteil der "Streetwork-Runde". Mindestens zweimal pro Woche werde
der Q1. in der Zeit von ca. 18 Uhr bis 23 Uhr begutachtet. Bis dahin hätten von Seiten
des Sozialarbeiters weder auswärtige "Thekenmannschaften" und Alkoholexzesse
vorgefunden noch ein zu hoher Geräuschpegel oder eine starke Platzverschmutzung
festgestellt werden können.
6
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2004 teilte die Beklagte den Klägern im Nachgang zu
einer Besprechung vom 5. Oktober 2004 mit, folgende Maßnahmen würden
durchgeführt, um eine bestimmungsgemäße Nutzung des Bolzplatzes sicherzustellen
und die Lärmsituation zu verbessern: Altersbegrenzung der Nutzer des Bolzplatzes auf
bis zu 14 Jahren (als Sofortmaßnahme werde die Beschilderung geändert und
insbesondere in der Anfangsphase eine intensivierte Kontrolle durchgeführt),
Verringerung der Spielfeldgröße durch Versetzung der Tore, Prüfung des Zustandes der
Tore und Entfernung der im Tor vorhandenen Metallstangen als Ballfang, Austausch
des Ballfangzaunes zum Schulhof hin durch eine Netzkonstruktion und Errichtung eines
bepflanzten Erdwalles zum Schulhof hin (damit einher gehend würden noch weitere
Zaunelemente entfernt), Abpflanzung der Betonwand im Schulbereich und hinter dem
7
Tor zur Grünanlage hin. Eine Erhöhung der Zaunelemente im Bereich des Zugangs zum
Schulhof sei erst einmal nicht erforderlich, da der Bolzplatz von der Grünanlage her
sowieso frei zugänglich sei und bei bestimmungsgemäßer Nutzung die Gruppe der
Autofahrer von Seiten des Schulhofes her nicht mehr auftreten dürfe.
In einem Vermerk vom 9. November 2004 führt der Sozialarbeiter der Beklagten aus,
Begehungen des Bolzplatzes hätten zu folgenden Feststellungen geführt: Am 15.
Oktober 2004, am 18. Oktober 2004 und am 19. Oktober 2004 habe im Zeitpunkt der
Kontrolle keine Benutzung des Bolzplatzes stattgefunden. Auch am 20. Oktober 2004
sei der Bolzplatz nicht bespielt worden. Es seien lediglich drei Jungen im Alter von elf
bzw. zwölf Jahren auf Bänken sitzenden angetroffen worden. Kein Fußballspiel habe
außerdem am 21. Oktober 2004, am 22. Oktober 2004, am 23. Oktober 2004, am 25.
Oktober 2004, am 26. Oktober 2004, am 27. Oktober 2004, am 28. Oktober 2004, am 29.
Oktober 2004, am 31. Oktober 2004, am 2. November 2004, am 3. November 2004, am
4. November 2004, am 5. November 2004, am 6. November 2004 und am 8. November
2004 festgestellt werden können. Am 31. Oktober 2004 habe ein Anwohner dem
Sozialarbeiter gegenüber erklärt, seit der Errichtung des Erdwalls und der damit einher
gehenden Entfernung eines Tores hätten auf dem Bolzplatz keine Aktivitäten
stattgefunden.
8
Mit Schreiben vom 27. Januar 2005 trugen die Kläger gegenüber der Beklagten vor, der
Bolzplatz sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil er auf einer öffentlichen Grünfläche
mit der Zweckbestimmung "Spielplatz" liege. Die Nutzung des Bolzplatzes sei zudem
auch immissionsschutzrechtlich unzulässig, wie die Messungen des Staatlichen
Umweltamtes B. aus dem Jahre 2004 zeigten.
9
Mit Schreiben vom 22. März 2005 führten die Kläger gegenüber der Beklagten aus,
durch Nutzer des Bolzplatzes komme es erneut zu erheblichen Lärmbelästigungen,
nachdem die Witterung sich wieder gebessert habe. Der Bolzplatz werde nach wie vor
von Jugendlichen und Erwachsenen genutzt. Eine Einhaltung der
Nutzungsbeschränkung durch die Beklagte werde für erforderlich gehalten. Nach Ablauf
von zwei Monaten werde die Angelegenheit einer gerichtlichen Klärung zugeführt, sollte
sich die Lärmbelästigung nicht verringern.
10
Mit Schreiben vom 2. Juni 2005 trugen die Kläger bei der Beklagten vor, der Bolzplatz
werde jeden Tag von Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren genutzt. Es werde
beantragt, insoweit ordnungsbehördlich gegen die unzulässige Nutzung des
Bolzplatzes einzuschreiten und sicherzustellen, dass tagsüber außerhalb der
Ruhezeiten ein Beurteilungspegel von 55 dB(A) und innerhalb der Ruhezeiten ein
Beurteilungspegel von 50 dB(A) nicht überschritten werde.
11
In einem Vermerk der Beklagten vom 15. Juni 2005 heißt es, der Bolzplatz sei am
Sonntag, dem 12. Juni 2005, insbesondere in der Zeit ab 10.30 Uhr mehrfach kontrolliert
worden. Trotz der guten Witterung sei kein Nutzer angetroffen worden. Auch bei einer
weiteren Überprüfung um 19 Uhr desselben Tages sei kein erwachsener Nutzer des
Bolzplatzes angetroffen worden.
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Ein weiterer Vermerk der Beklagten vom 5. Juli 2005 hat den Inhalt, dass im Rahmen
einer Überprüfung des Bolzplatzes am Sonntag, dem 3. Juli 2005, trotz schönen Wetters
keine Nutzer angetroffen worden seien. Die Überprüfungen seien um 11.40 Uhr, 12.10
Uhr, 12.40 Uhr, 13.10 Uhr, 15.30 Uhr, 16 Uhr, 16.30 Uhr und 18.10 Uhr durchgeführt
13
worden.
In einer E-mail der Beklagten vom 11. Juli 2005 wird ausgeführt, der Bolzplatz sei am
Sonntag, dem 10. Juli 2005, um 14 Uhr und um 20.10 Uhr erneut überprüft worden.
Wiederum sei kein Nutzer angetroffen worden.
14
Die Kläger haben am 22. Mai 2006 Klage erhoben.
15
Zur Begründung tragen sie vor, durch die Benutzung des Bolzplatzes, die auch
außerhalb der Ruhezeiten sowie sonn- und feiertags stattfinde und teilweise bis in die
Nacht anhalte, entstehe für sie eine erhebliche Lärmbelästigung. Der Bolzplatz werde
nach wie vor regelmäßig und überwiegend von Erwachsenen und älteren Jugendlichen
genutzt. Die bisherigen Maßnahmen der Beklagten hätten sich darin erschöpft, an der
Böschung Sträucher zu pflanzen und den Ballfangzaun zum Schulhof hin zu ändern.
Weitere Maßnahmen, insbesondere eine Überwachung der Altersbegrenzung, seien
nicht erfolgt. Der Spielbetrieb gehe in gewohntem Umfang weiter. Es spielten täglich
Mannschaften, die oft aus bis zu zwölf Erwachsenen bestünden. Die Kinder würden zum
Spielen auf den nebenliegenden Schulhof geschickt, was zu einer zusätzlichen
Lärmbelästigung führe. In der Zeit vom 20. März 2005 bis zum 6. Mai 2005 hätten die
Kläger (ohne Schulsport und das Spielen kleinerer Kinder) im Einzelnen dokumentierte
Aktivitäten beobachtet (siehe dazu die Aufstellung auf Blatt 5 f. und 31 ff. der
Gerichtsakte). Hinzu komme, dass die Bürgerinitiative "BISS", deren Ziel die Erhaltung
der öffentlichen Spiel- und Sportflächen sei, auf dem Bolzplatz häufig
Gemeinschaftstreffen veranstalte und Spiele organisiere, was zu erheblichem Lärm
führe. Seit November 2005 bestehe ein weiterer Bolzplatz, der sich in erreichbarer Nähe
direkt außerhalb der Wohnbebauung befinde. Die Nutzung des streitgegenständlichen
Bolzplatzes sei nicht erforderlich, weil der Bebauungsplan Nr. XX entlang der
Nordtangente zwei weitere Bolzplätze ausweise, von denen sich einer lediglich in 200
Metern Luftlinie vom streitgegenständlichen Bolzplatz entfernt befinde. Daneben sei die
bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Bolzplatzes in die Betrachtung
einzubeziehen. Die tatsächliche Nutzung des Bolzplatzes stehe zu der Festsetzung im
Bebauungsplan als "Spielplatz" in Widerspruch. Darüber hinaus verstoße der Bolzplatz
in seiner derzeitigen Anlage insoweit gegen den Bebauungsplan Nr. XX, als in dessen
4. Änderung vom 7. November 1998 festgelegt worden sei, dass zwischen
Baugrundstücken und Bolzplätzen Schallschutzwände mit einer Mindesthöhe von 2,5
Metern über der Höhenlage der Bolzplätze vorhanden sein müssten. Solche Wälle
seien indes nicht vorhanden. Zudem bestehe ein Abwehrrecht der Kläger aus ihrem
Gebietserhaltungsanspruch. Aus der Begründung des Bebauungsplanes Nr. XX ergebe
sich, dass die Bolzplätze in den Randlagen hinter Lärmschutzwällen hätten angeordnet
werden sollen, um Störungen der angrenzenden Wohnbebauung zu vermeiden. In der
Begründung der 6. Änderung des Bebauungsplans Nr. XX heiße es zudem unter Nr.
4.1, dass die im allgemeinen Wohngebiet zulässigen Anlagen für sportliche Zwecke
ausgeschlossen würden, um Belastungen für die Wohnqualität zu vermeiden. Ein
Bestandsschutz für den Bolzplatz bestehe nicht, weil die Anlage seit ihrer erstmaligen
Herstellung vielfach umgestaltet worden sei.
16
Die Kläger beantragen sinngemäß,
17
die Beklagte zu verurteilen, den Bolzplatz an der M. -I. - Schule (Gemarkung F. , Flur ,
Flurstück ) zu schließen,
18
hilfsweise,
19
die Beklagte zu verurteilen, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit bei einer
künftigen Nutzung des Bolzplatzes an der M. -I. -Schule (Gemarkung F. , Flur , Flurstück
) auf dem Grundstück der Kläger Q. -H. -Straße (Gemarkung F. , Flur , Flurstück ) ein
Beurteilungspegel tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten von 55 dB(A), tags an
Werktagen innerhalb der Ruhezeiten von 6 Uhr bis 8 Uhr und von 20 Uhr bis 22 Uhr und
an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A) sowie nachts von 40 dB(A) nicht überschritten
wird.
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Die Beklagte beantragt,
21
die Klage abzuweisen.
22
Sie trägt vor, die Anlage, die mindestens seit 1979 bestehe, genieße Bestandsschutz.
Überschreitungen der maßgeblichen Immissionsschutzrichtwerte, die sich hier aus der
Freizeitlärmrichtlinie ergäben, hätten die Kläger nicht hinreichend substantiiert
vorgetragen. Den von den Klägern vorgetragenen einzelnen Nutzungen des Bolzplatzes
von März bis Mai 2005 würden keine konkreten Lärmwerte bzw. Überschreitungen
zugeordnet. Die vorgelegten Messergebnisse seien im Übrigen älter als ein Jahr. Zur
Beurteilung der heutigen Lärmsituation seien sie zudem ungeeignet, weil sie vor den
Lärmminderungsmaßnahmen der Beklagten vom Herbst 2004 vorgenommen worden
seien. Auch für den Fall des Nachweises solcher Überschreitungen sei eine
Untersagung der Nutzung als Bolzplatz jedenfalls unverhältnismäßig. Eine Einhaltung
der Immissionsschutzrichtwerte könne durch regelmäßige Kontrollen oder auch durch
eine geeignete Beschränkung der Nutzungszeiten erreicht werden.
23
Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit am 9. August 2006 im Rahmen eines
Erörterungstermins in Augenschein genommen. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll
verwiesen. Darüber hinaus hat das Gericht im Erörterungstermin zu der Frage, in
welchem Umfang von dem Bolzplatz Lärmimmissionen ausgingen und ob es zu
regelmäßigen Verstößen gegen die Benutzungsordnung komme, Beweis erhoben durch
die Vernehmung von Frau T. F1. (Miteigentümerin und Bewohnerin des Grundstücks mit
der postalischen Anschrift L. -Q1. -Straße ) und von Herrn N. L1. (Eigentümer und
Bewohner des Grundstücks mit der postalischen Anschrift Q. -H. -Straße ) als Zeugen.
Auch wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift
verwiesen.
24
Mit Beschluss vom 14. August 2006 hat das Gericht zu der Frage, welcher Lärmpegel
bei der Benutzung des Bolzplatzes L. -Q1. -Straße in Bezug auf das Grundstück der
Kläger erreicht wird, durch Einholung eines Lärmgutachtens Beweis erhoben. Mit der
Erstellung des Gutachtens hat das Gericht das vormalige Staatliche Umweltamt B.
beauftragt.
25
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2006 teilte das vormalige Staatliche Umweltamt B.
dem Gericht mit, es sei mehrmals versucht worden, die durch die Benutzung des
Bolzplatzes verursachten Geräuschimmissionen messtechnisch zu erfassen. Dabei
habe nur am Sonntag, dem 8. Oktober 2006, eine Schallpegelmessung vorgenommen
werden können. Am 15. Dezember 2006 seien die Kläger letztmalig vom Mess- und
Prüfdienst des vormaligen Staatlichen Umweltamtes B. aufgesucht worden, um sich
nach dem Stand der Lärmsituation zu erkundigen. Bei diesem Besuch habe die Klägerin
26
zu 1. mitgeteilt, dass auf dem Bolzplatz seit längerer Zeit keine Aktivitäten mehr
stattgefunden hätten. Dem Messbericht des vormaligen Staatlichen Umweltamtes B.
vom 9. Oktober 2006 zufolge fand die Messung am 8. Oktober 2006 zwischen 15 Uhr
und 16 Uhr statt. Dabei wurde ein Beurteilungspegel von 53,30 dB(A) und ein
Vergleichswert von 50,30 dB(A) ermittelt. Bei einer Beurteilungszeit von neun Stunden
ergebe sich dem Messbericht zufolge für sonntags, außerhalb der Ruhezeiten, ein
Beurteilungspegel von 56,18 dB(A).
Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2007 übersandte die Beklagte eine Stellungnahme der L.
Schalltechnik GmbH zum Messbericht des vormaligen Staatlichen Umweltamtes B. vom
9. Oktober 2006. Darin heißt es, letztlich liege der Beurteilung im Messbericht des
Staatlichen Umweltamtes B. nur eine Messzeit von zehn Minuten zugrunde, die dann
mit vier Stunden Dauer für den gesamten Beurteilungszeitraum von neun Stunden
(sonn- und feiertags außerhalb der Ruhezeiten) angesetzt worden sei. Da anzunehmen
sei, dass dabei eine oder mehrere lautere Phasen ausgewählt worden seien, sei das
Ergebnis nur von geringer Aussagesicherheit. Im Messbericht sei auf S. 2 ein
Beurteilungspegel von 53,30 dB(A) und in der Anlage von 56,18 dB(A) ermittelt worden.
Der Unterschied resultiere auf einer nicht näher erläuterten unterschiedlichen
Handhabung des Impulszuschlags einmal mit dem Wert von 6 dB und abweichend
davon mit dem Wert von 9,9 dB. Beide Beurteilungspegel überschritten den für Sonn-
und Feiertage geltenden Immissionsrichtwert in allgemeinen Wohngebieten von 50
dB(A) nach der Freizeitlärmrichtlinie. Verwende man hingegen das Zehn-Minuten-
Messergebnis für eine Beurteilung nach der 18. Verordnung zur Durchführung des
Bundes- Immissionsschutzgesetzes (Sportanlagenlärmschutzverordnung - 18. BImSchV
-), so betrage der Beurteilungspegel bei einer Dauereinwirkung über die
Beurteilungszeiträume am Tage 46,8 dB(A). Nach Einschätzung der örtlichen Situation
seien bei einer intensiven Nutzung des Bolzplatzes etwa im Sommer während der
Schulferien durchaus höhere als vom Staatlichen Umweltamt gemessene
Beurteilungspegel nicht auszuschließen. Eine belastbare Aussage zur Lärmsituation
könne nur durch mehrere längere beaufsichtigte Messungen erzielt werden.
27
Mit Schriftsatz vom 5. Februar 2007 erklärten die Kläger dazu, die Messergebnisse des
Staatlichen Umweltamtes im Messbericht vom 9. Oktober 2006 wiesen aus, dass trotz
der erheblich verminderten Nutzungsfrequenz die Immissionsrichtwerte der
Freizeitlärmrichtlinie überschritten würden. Es sei zu vermuten, dass die Beklagte
insbesondere auf die Mitglieder der Bürgerinitiative zum Erhalt der Bolzplätze Einfluss
genommen habe. Nach Durchführung des Erörterungstermins und der Ankündigung von
Lärmmessungen sei die Frequenz der Nutzung des Bolzplatzes vor allem durch die
Mitglieder der Bürgerinitiative und durch ältere Spieler rapide gesunken. Aus einer
beigefügten Aufstellung einer Anwohnerin (Blatt 167 f. der Gerichtsakte) ergebe sich,
dass auch in der Zeit vom 25. August 2006 bis zum 13. Dezember 2006 Lärmereignisse
stattgefunden hätten und die Lärmbeeinträchtigungen somit fortdauerten.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (2 Hefte)
Bezug genommen.
29
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
30
Über die Klage wird im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 87 a Abs. 2 und 3, 101
Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch
31
den Berichterstatter entschieden.
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang mit dem
Hilfsantrag teilweise begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
32
Der Hauptantrag ist zulässig.
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Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Namentlich
handelt es sich vorliegend um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Die Kläger wenden
sich gegen die im Zuge der Nutzung des im Streit stehenden Bolzplatzes auf dem
Grundstück in der Gemarkung F. , Flur , Flurstück , entstehenden Immissionen.
Diesbezügliche Abwehransprüche sind öffentlich- rechtlicher Natur, wenn die
abzuwehrende Beeinträchtigung dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist. Dies ist hier zu
bejahen, weil die Einwirkungen auf das Grundstück der Kläger durch die Nutzung einer
gemeindlichen Anlage verursacht werden, welche die Beklagte - wie sie mit Schriftsatz
vom 26. Juli 2006 vorträgt - im Rahmen ihres Erschließungsauftrags als öffentliche
Einrichtung zur sozialen Betreuung ihrer Einwohner in einem öffentlich-rechtlichen
Planungs- und Funktionszusammenhang geschaffen und nicht zuletzt auch zur
Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Jugendpflege zur Verfügung gestellt hat.
34
Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage, weil die Kläger die Abwehr der
störenden Folgen einer schlicht-hoheitlich betriebenen Anlage erreichen wollen.
35
Der Hauptantrag ist jedoch unbegründet.
36
Die Kläger haben aus der Sicht des Zeitpunktes der gerichtlichen Entscheidung keinen
Anspruch darauf, dass die Beklagte den Bolzplatz an der M. -I. -Schule auf dem
Grundstück Gemarkung F. , Flur , Flurstück , schließt.
37
Als Anspruchsgrundlage kommt insoweit der öffentlich-rechtliche Abwehranspruch in
Betracht, der sich aus einer analogen Anwendung der das privatrechtliche
Nachbarschaftsverhältnis regelnden §§ 906, 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
im öffentlichen Recht,
38
Vgl. zu weiteren Herleitungsmöglichkeiten des öffentlich- rechtlichen Abwehranspruchs
aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) und aus den
Grundrechten des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG bzw. des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG:
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 19. Januar 1989 - 7 C 77.87 -, Amtliche
Entscheidungssammlung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 81, 197 ff.,
39
ergibt.
40
Nach § 906 Abs. 1 Satz 1, 1004 Abs. 1 BGB kann ein Nachbar unter anderem
Geräusche, die die Benutzung seines Grundstücks nicht nur unwesentlich
beeinträchtigen, abwehren. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt gemäß § 906
Abs. 1 Satz 2 BGB in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnung
festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und
bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden.
41
Als Maßstab dafür, ob Geräuschimmissionen wesentlich und deshalb nicht zu dulden
sind, ist § 22 Abs. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) i.V.m. § 3 Abs. 1
42
BImSchG heranzuziehen.
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 - 7 C 77.87 -, BVerwGE 81, 197 ff.
43
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen -
um eine solche handelt es sich auch bei dem streitgegenständlichen Bolzplatz als
sonstiger ortsfester Einrichtung im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG - ,
44
vgl. allgemein zum Begriff der ortsfesten Einrichtung Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005,
§ 3 Rn. 69 ff.,
45
so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert
werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. § 3 Abs. 1 BImSchG definiert
schädliche Umwelteinwirkungen als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer
geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die
Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
46
Ob Immissionen als schädlich anzusehen sind, hängt von einer Vielzahl von Faktoren
ab. Die Schädlichkeit lässt sich nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab für
jegliche Art von Geräuschen bestimmen und ist weitgehend der tatrichterlichen Wertung
im Einzelfall vorbehalten. Insofern ist eine umfassende situationsbezogene Abwägung
aller Umstände des Einzelfalls und ein Ausgleich widerstrebender Interessen
vorzunehmen. Dabei sind die Wirkungen der Immissionen für die Betroffenen zu
berücksichtigen. Für die tatrichterliche Bewertung der Zumutbarkeit von Immissionen
können technische Regelwerke als "Orientierungshilfe" oder "grober Anhalt"
herangezogen werden. Eine schematische Anwendung bestimmter Mittelungs- oder
Grenzwerte ist jedoch unzulässig. Die normkonkretisierende Funktion der
Immissionsrichtwerte, eine interessengerechte, gleichmäßige Bewertung der
belästigenden Wirkung von Lärm zu ermöglichen und damit ein Höchstmaß an
Rechtssicherheit zu erreichen, kann die individuelle Würdigung gerade auch bei
Anlagen wie Bolzplätzen, (Beach-)Volleyballanlagen, Skateranlagen oder
Basketballplätzen wegen ihrer Atypik und Vielgestaltigkeit nicht ersetzen.
47
Vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 30. Juli 2003 - 4 B 16.03 -, juris; vom 17. Juli 2003 -
4 B 55.03 - Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2003, 3360, und vom 11. Februar
2003 - 7 B 88.02 - Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2003, 377.
48
Die tatrichterliche Wertung im Einzelfall richtet sich weiterhin insbesondere nach der
durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit
und Schutzbedürftigkeit; dabei sind wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale
Adäquanz und allgemeine Akzeptanz mitbestimmend. Ebenso ist zu berücksichtigen, ob
das Grundstück der Immissionsbetroffenen tatsächlich oder rechtlich vorbelastet ist. Alle
diese Umstände müssen im Sinne einer "Güterabwägung" in eine wertende
Gesamtbetrachtung einfließen.
49
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2003 - 7 B 88.02 -, NVwZ 2003, 751; Urteile
vom 19. Januar 1989 - 7 C 77.87 -, BVerwGE 81, 197 ff.; vom 24. April 1991 - 7 C 12.90 -
BVerwGE 88, 143 ff. und vom 30. April 1992 - 7 C 25.91 - BVerwGE 90, 163, 165 f.;
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 16. November 2004 - 22
ZB 04.2269 -, NVwZ- Rechtsprechungsreport (NVwZ-RR) 2005, 532;
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH B.-W.), Urteil vom 16. April 2002 - 10
50
S 2443/00 -, NVwZ-RR 2002, 643; Hessischer Verwaltungsgerichtshof (HessVGH),
Urteil vom 30. November 1999 - 2 UE 263/97 -, juris.
In Ansehung dieses Maßstabs ergibt die im zugrunde liegenden Fall vorzunehmende
Güterabwägung, dass die Geräuschimmissionen, die von der Nutzung des Bolzplatzes
ausgehen, in Bezug auf das klägerische Grundstück die Zumutbarkeitsschwelle
werktags innerhalb der Ruhezeiten von 6 Uhr bis 8 Uhr und von 20 Uhr bis 22 Uhr
sowie an Sonn- und Feiertagen überschreiten und somit insoweit schädliche
Umwelteinwirkungen darstellen. Maßgebend für dieses Abwägungsergebnis sind vor
allem das Resultat der Lärmmessung, die das vormalige Staatliche Umweltamt B. im
Rahmen der Beweiserhebung im Auftrag des Gerichts am 8. Oktober 2006 durchgeführt
hat, sowie der Umstand, dass der Bolzplatz aufgrund seiner Nähe zur angrenzenden
Wohnbebauung ein bauplanungsrechtliches Konfliktpotential in sich birgt, das die
Beklagte bislang nicht vollumfänglich mit Rücksicht auf die werktäglichen Ruhezeiten -
ausgenommen die Stunde von 6 Uhr bis 7 Uhr, die bereits als Teil der Nachtruhe von
der Benutzungszeit ausgenommen worden ist - sowie mit Rücksicht auf Sonn- und
Feiertage im Sinne eines optimalen Ausgleichs der widerstrebenden Interessen
bewältigt hat.
51
Als Orientierungshilfe zur Bewertung der Wirkung der von dem in Rede stehenden
Bolzplatz hervorgerufenen Geräuschimmissionen auf das Grundstück der Kläger ist
vorliegend die durch Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein- Westfalen vom 15.
Januar 2004 erlassene Richtlinie zur Messung, Beurteilung und Verminderung von
Geräuschimmissionen bei Freizeitanlagen - V - 5 - 8827.5 - (V Nr. 1 /04) - (im
Folgenden: Freizeitlärmrichtlinie) heranzuziehen.
52
Denn der Bolzplatz erfüllt nach seinem äußeren Gepräge und nach seiner ihm durch die
Beklagte beigelegten Zweckbestimmung die Begriffsmerkmale einer Freizeitanlage und
seine Geräuschcharakteristik kann anhand der Maßgaben der Freizeitlärmrichtlinie
adäquat bestimmt werden.
53
Ziffer 1 der Freizeitlärmrichtlinie, die den Anwendungsbereich der Richtlinie bestimmt,
definiert Freizeitanlagen als Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 3
BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu
werden. Grundstücke gehören zu den Freizeitanlagen, wenn sie nicht nur gelegentlich
zur Freizeitgestaltung bereitgestellt werden. Dies können auch Grundstücke sein, die
sonst z. B. als Sportanlagen, der Sportausübung oder dem Flugbetrieb oder dem
Straßenverkehr dienen. Zu den Freizeitanlagen gehören insbesondere Abenteuer-
Spielplätze (Robinson-Spielplätze, Aktiv-Spielplätze) oder Erlebnisbäder, die zur
Sportausübung (zum Schwimmen bzw. Schwimmenlernen) wegen der Größe und Tiefe
ihrer Badebecken weder geeignet noch bestimmt sind. Die Freizeitlärmrichtlinie ist nicht
zur Beurteilung von Geräuschbelastungen von Sportanlagen, die der 18. BImSchV
unterliegen, anzuwenden. Sie gilt auch nicht für Kinderspielplätze, die die Wohnnutzung
in dem betreffenden Gebiet ergänzen.
54
Dem solchermaßen umschriebenen Begriff der Freizeitanlage lässt sich - wovon
offenbar auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - der "Bolzplatz L. -Q1. -
Straße" in seiner gegenwärtigen Gestalt subsumieren.
55
Gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. XX der Beklagten befindet sich
56
der Bolzplatz auf einer öffentlichen Grünfläche mit der Zweckbestimmung "Spielplatz".
Wie die Beklagte im Schriftsatz vom 26. Juli 2006 darlegt, soll die Anlage nach ihrem
Willen eine dauerhafte Möglichkeit zur Freizeitgestaltung bieten. Diese Intention steht im
Einklang mit den Ausführungen in der Begründung für den Bebauungsplan Nr. XX unter
"2.6 Die öffentlichen Grünflächen mit Spiel-, Erholungs- und Freizeitbereichen", denen
sich entnehmen lässt, dass die Beklagte im Zuge ihrer Planung die Schaffung von die
Wohnnutzung des angrenzenden Baugebietes ergänzende
Freizeitgestaltungsmöglichkeiten beabsichtigte.
Die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, von denen sich der Berichterstatter
anlässlich des Ortstermins am 9. August 2006 ein Bild machen konnte, stimmen mit der
vorgenannten Zweckbestimmung der Anlage als Anlage zur Freizeitgestaltung überein.
Das Ballspielfeld ist - abgesehen von seiner zum Gelände der M. -I. - Schule gewandten
Seite - in eine von Baumbewuchs umrahmte Grünanlage eingebettet und liegt in
unmittelbarer Nachbarschaft zu den Wohnhäusern der Q. - H. -Straße und der L. -Q1. -
Straße, so dass es von den Anwohnern und deren Kindern in kürzester Zeit fußläufig
erreicht werden kann. Neben dem Ballspielfeld sind Sitzbänke aufgestellt und
Papierkörbe angebracht worden, was den Schluss zulässt, dass das Areal nicht nur zum
Ballspiel zur Verfügung stehen, sondern auch zum davon unabhängigen Verweilen
einladen soll.
57
Die Merkmale einer Sportanlage im Sinne von § 1 Abs. 2 der 18. BImSchV erfüllt der
Bolzplatz dagegen nicht.
58
Nach dieser Vorschrift sind Sportanlagen ortsfeste Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs.
5 Nr. 1 BImSchG, die zur Sportausübung bestimmt sind.
59
Die 18. BImSchV erfasst nicht sämtliche Erscheinungsformen körperlich- spielerischer
Aktivität, sondern nur solche, bei der eine für Sportanlagen typische sportübliche
Organisation des Betriebs der Anlage gegeben ist. Der Verordnungsgeber der 18.
BImSchV hat sich - wie sich vor allem auch an den in § 3 der 18. BImSchV
vorgesehenen Maßnahmen erkennen lässt - am Leitbild einer Sportanlage orientiert, die
dem Vereinssport, Schulsport oder vergleichbar organisiertem Freizeitsport dient.
60
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2003 - 7 B 88.02 -, NVwZ 2003, 751; OVG für
das Land Mecklenburg-Vorpommern (OVG M.-V.), Beschluss vom 1. Februar 2005 -,
juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Dezember 1999 - 7 A 11469/98 -, NVwZ 2000,
1190.
61
So verstanden ist der Bolzplatz nicht zur Sportausübung bestimmt. Er dient seiner
Konzeption nach nicht dem organisierten Freizeitsport. Vielmehr steht er nach den
Vorgaben der Benutzungsordnung gerade nicht vereinsmäßig oder ähnlich
organisierten Nutzern im Alter bis zu 14 Jahren offen und ermöglicht Spiele zwischen
die Anlage zufällig gleichzeitig frequentierenden Teilnehmern aus diesem
Personenkreis.
62
Der Bolzplatz ist auch nicht als "Kinderspielplatz, der die Wohnnutzung in dem
betreffenden Gebiet ergänzt", anzusehen und als solcher von dem Anwendungsbereich
der Freizeitlärmrichtlinie ausgenommen ist.
63
Ein Kinderspielplatz ist eine für eine altersgemäße Entwicklung eines Kindes
64
wünschenswerte, wenn nicht gar erforderliche Einrichtung mit einer auf Kinder bis zu 14
Jahren zugeschnittenen Ausstattung, um einem Kind einen von Beeinträchtigungen der
Umwelt weitgehend ungestörten Aufenthalt im Freien zu ermöglichen und ihm unter
anderem Gelegenheit zu geben, sein Sozialverhalten im Spielen mit anderen Kindern
zu trainieren.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1991 - 4 C 5.88 -, NJW 1992, 1779; Beschluss
vom 11. Februar 2003 - 7 B 88.02 -, NVwZ 2003, 751; OVG NRW, Urteile vom 13. März
2006 - 7 A 4591/04 -, S. 9 f. des amtlichen Umdrucks und vom 11. September 2003 - 10
A 2630/00 -, juris; Beschluss vom 5. Januar 2001 - 7 B 6/01 -, juris.
65
Trotz der Beschränkung des Benutzerkreises auf Personen bis zu einem Alter von 14
Jahren ist der Bolzplatz nicht allein aufgrund dessen dem Leitbild eines
Kinderspielplatzes zuzuordnen. Da es an einer für einen Kinderspielplatz typischen
Möblierung etwa mit Schaukel, Rutsche und Klettergerüst fehlt,
66
vgl. insoweit OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 4591/04 -, S. 9 des amtlichen
Umdrucks,
67
steht der Bolzplatz nach seinem äußeren Erscheinungsbild einer Rasenfläche mit zwei
Kleinfeldtoren als "nicht typischer Spielplatz",
68
vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Loseblatt, Stand Januar 2005, § 9 Rn.
122,
69
einem "typischen Bolzplatz", der auch und vor allem der spielerischen und sportlichen
Betätigung Jugendlicher und junger Erwachsener dient,
70
vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 1992 - 4 B 70.91 -, NVwZ 1992, 378; OVG NRW,
Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 4591/04 -, S. 8 des amtlichen Umdrucks; OVG Berlin,
Urteil vom 22. April 1993 - 2 B 6.91 -, NVwZ-RR 1994, 141,
71
näher.
72
Da der Bolzplatz im zugrunde liegenden Fall eine Freizeitanlage i.S.v. Ziffer 1 der
Freizeitlärmrichtlinie darstellt, bedarf es zur Bestimmung der von ihm ausgehenden
Geräuschimmissionen keines Rückgriffs auf die in der 18. BImSchV festgelegten
Ermittlungs- und Messverfahren als geeigneterer Vorschrift.
73
Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2003 - 7 B 88/02 -, NVwZ 2003, 751;
OVG M.-V., Beschluss vom 1. Februar 2005 - 3 M 298/04 -, juris; BayVGH, Beschluss
vom 16. November 2004 - 22 ZB 04.2269 -, NVwZ-RR 2005, 532; BayVGH, Urteil vom
14. Juli 2004 - 25 B 97.2307 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12. Mai 2004 - 22 ZB
04.234 -, NVwZ- RR 2004, 735; BayVGH, Urteil vom 25. November 2002 - 1 B 97.1352 -
, NVwZ-RR 2004, 20.
74
Eine entsprechende Heranziehung der Vorgaben der 18. BImSchV anstelle des
Maßstabs der Freizeitlärmrichtlinie erscheint in Fallgestaltungen der vorliegenden Art
auch aus teleologischen Gründen regelmäßig nicht angezeigt, weil die 18. BImSchV
gegenüber anderen Regelwerken wie der Freizeitlärmrichtlinie und der 6. Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum
75
Schutz gegen Lärm - TA Lärm -) eine Privilegierung von Sportanlagen bedeutet. Diese
Privilegierung hat der Verordnungsgeber mit der besonderen gesellschaftlichen und
sozialen Bedeutung der organisierten Sportausübung begründet.
Vgl. Bundesregierungs-Drucksache 17/91, S. 32; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer,
Umweltrecht, Band II, Durchführungsvorschriften zum Bundes-Immissionsschutzgesetz
Loseblatt, Stand Dezember 2006, Vorb. 18. BImSchV Rn. 3; Ketteler, Die Bedeutung der
Sportanlagenlärmschutzverordnung im Spannungsfeld zwischen Sport und Wohnen,
baurecht 1992, 459, 468.
76
Die Privilegierung zeigt sich insbesondere in den Regelungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 der
18. BImSchV (Privileg von Nebeneinrichtungen), § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV (höhere
Richtwerte für Sonn- und Feiertage außerhalb der Ruhezeiten), § 5 Abs. 5 der 18.
BImSchV (erhöhte Werte für seltene Ereignisse an 18 Tagen), § 6 der 18. BImSchV
(Ausnahmeregelung für Sportveranstaltungen von herausragender Bedeutung), § 5 Abs.
4 der 18. BImSchV (Altanlagenbonus), Nr. 1.3.2 des Anhangs (kürzere
Beurteilungszeiten am Tag), Nr. 1.6 des Anhangs (Berücksichtigung eines
Messabschlags), keine Zuschläge für sog. soziale Geräusche, keine Berücksichtigung
tieffrequenter Geräusche.
77
Vgl. zu den Unterschieden zwischen der Freizeitlärmrichtlinie einerseits und der 18.
BImSchV andererseits: BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2001 - 7 C 16.00 -, NVwZ 2001,
1167; OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2002 - 7 B 929/01 -, juris; Reidt/Schiller, in:
Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, Durchführungsvorschriften zum Bundes-
Immissionsschutzgesetz Loseblatt, Stand Dezember 2006, Vorb. 18. BImSchV Rn. 3 f.;
Wellhöfer, Geräusche von Freizeitanlagen, Natur und Recht (NuR) 2005, 575 ff.,
derzufolge Unterschiede im Ergebnis oftmals unbedeutend seien, die 18. BImSchV aber
die insgesamt etwas weniger strenge Beurteilungsvorschrift sein dürfte; siehe
außerdem: OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2002 - 7 B 42/02 -, juris.
78
Da Bolzplätzen des in Rede stehenden Zuschnitts jedenfalls gemessen an der Intention
des Verordnungsgebers keine Sportanlagen i.S.d. § 1 Abs. 2 der 18. BImSchV
gleichzuachtende gesellschaftliche und soziale Bedeutung zukommt und sie infolge
einer oftmals gegebenen größeren Nähe zu Wohngebieten ein größeres
Konflikpotential aufweisen als Sportanlagen i.S.v. § 1 Abs. 2 der 18. BImSchV, besteht
kein Anlass, sie an den Privilegierungen der 18. BImSchV teilhaben zu lassen.
79
Nachdem das klägerische Grundstück im Bebauungsplanes Nr. XX als allgemeines
Wohngebiet festgesetzt ist - wie auch der Vertreter der Beklagten im Erörterungstermin
am 9. August 2006 nochmals bestätigt hat -, betragen die einschlägigen
Immissionsrichtwerte gemäß Ziffer 3.1 d) der Freizeitlärmrichtlinie für Immissionsorte
außerhalb von Gebäuden tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten (8 bis 20 Uhr,
vgl. Ziffer 3.3 der Freizeitlärmrichtlinie) 55 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der
Ruhezeiten (6 bis 8 Uhr und 20 bis 22 Uhr, vgl. Ziffer 3.3 der Freizeitlärmrichtlinie) und
an Sonn- und Feiertagen 50 dB(A) sowie nachts (22 bis 6 Uhr, vgl. vgl. Ziffer 3.3 der
Freizeitlärmrichtlinie) 40 dB(A).
80
Der Messung des vormaligen Staatlichen Umweltamtes B. von Sonntag, dem 8. Oktober
2006, zufolge wird der Immissionsrichtwert für Sonn- und Feiertage von 50 dB(A) bei der
Nutzung des Bolzplatzes überschritten: Die Messung, die ausweislich des Messberichts
zwischen 15 Uhr und 16 Uhr stattfand, ergab einen Beurteilungspegel von 53,30 dB(A)
81
und - offenbar nach Vornahme eines Messabschlags - einen Vergleichswert von 50,30
dB(A). Bezogen auf eine Beurteilungszeit von neun Stunden weist der Messbericht
einen Beurteilungspegel von 56,18 dB(A) aus.
Dafür, dass der Immissionsrichtwert von 50 dB(A) im Zuge der Nutzung des Bolzplatzes
nicht durchgehend eingehalten wird, spricht auch die im Auftrag der Beklagten gefertigte
Stellungnahme der L. Schalltechnik GmbH zu dem Messbericht des vormaligen
Staatlichen Umweltamtes B. vom 24. Januar 2007. Dort heißt es, dass angesichts der
örtlichen Situation bei einer intensiven Nutzung des Bolzplatzes etwa im Sommer
während der Schulferien durchaus auch höhere Beurteilungspegel, als sie das
Staatliche Umweltamt gemessen habe, nicht auszuschließen seien.
82
Das Ergebnis der Messung hat die Beklagte nicht substantiiert in Zweifel gezogen.
83
Soweit in der vorerwähnten Stellungnahme der L. Schalltechnik GmbH ausgeführt wird,
als Beurteilungsgrundlage müsse vorliegend die 18. BImSchV herangezogen werden -
was bei einer Dauereinwirkung einen Beurteilungspegel von 46,8 dB(A) ergebe -, ist auf
die obigen Darlegungen zur Anwendbarkeit der Freizeitlärmrichtlinie im zu
entscheidenden Fall zu verweisen.
84
Für die Annahme der L. Schalltechnik GmbH, dass anlässlich der Messung "mehrere
laute Phasen" ausgewählt worden seien, bestehen keine Anhaltspunkte, zumal nicht
recht nachvollziehbar ist, was unter einer "lauten Nutzungsphase" konkret zu verstehen
sein soll.
85
Auch der - auch in den Schreiben des vormaligen Staatlichen Umweltamtes an das
Gericht vom 18. Dezember 2006 zum Ausdruck gebrachte - Umstand, dass im
Betrachtungszeitraum lediglich eine Messung durchgeführt werden konnte und nach der
Mitteilung der Klägerin zu 1. seit längerer Zeit keine Aktivitäten auf dem Bolzplatz
stattgefunden hätten, stellt die Repräsentativität des Messergebnisses nicht
durchgreifend in Frage.
86
Bei der Benutzung des Bolzplatzes zum Zwecke des Fußballspiels handelt es sich auch
in Anbetracht der augenscheinlichen Abnahme der Nutzungsintensität im Nachgang zu
dem Erörterungstermin vom 9. August 2006 im Zeitraum der Beweiserhebung aus der
Sicht des Zeitpunktes der gerichtlichen Entscheidung nicht um ein seltenes Ereignis
i.S.v. Ziffer 3.2 der Freizeitlärmrichtlinie.
87
Nach dieser Bestimmung soll, wenn eine Anlage trotz Einhaltung des Standes der
Lärmminderungstechnik nur in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber
an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und in diesem
Rahmen auch nicht an mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden einen
relevanten Beitrag zur Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Ziffer 3.1 b) bis f)
der Freizeitlärmrichtlinie verursacht, erreicht werden, dass die Geräuschimmissionen
außerhalb von Gebäuden die Immissionsrichtwerte nach Ziffer 3.1 b) bis f) der
Freizeitlärmrichtlinie um nicht mehr als 10 dB(A), keinesfalls aber die Höchstwerte von
tags außerhalb der Ruhezeiten von 70 dB(A), von tags innerhalb der Ruhezeiten von 65
dB(A) und nachts von 55 dB(A) überschreiten (Ziffer 3.2 a) der Freizeitlärmrichtlinie),
dass einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen die nach Ziffer 3.2 a) der
Freizeitlärmrichtlinie für seltene Ereignisse geltenden Immissionsrichtwerte tags um
nicht mehr als 20 dB(A) und nachts um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten (Ziffer 3.2
88
b) der Freizeitlärmrichtlinie) und dass im Einzelfall keine besonderen Umstände
vorliegen, die die Geräuschbelastung unzumutbar erscheinen lassen (Ziffer 3.2 c) der
Freizeitlärmrichtlinie).
Bei der bestimmungsgemäßen Benutzung des Bolzplatzes handelt es sich nicht um ein
seltenes Ereignisse im vorbenannten Sinne, weil der Bolzplatz nach dem derzeitigen
Erkenntnisstand mehr als zehn Mal im Kalenderjahr zum Zwecke des Fußballspiels
benutzt wird.
89
Für das Jahr 2006 haben die Kläger zuletzt mit Schriftsatz vom 5. Februar 2007 eine von
Frau T. F1. erstellte Auflistung von 19 Lärmereignissen im Zeitraum vom 25. August
2006 bis zum 13. Dezember 2006 vorgelegt, der die Beklagte nicht entgegen getreten ist
und die sich zumindest auch auf die bestimmungsgemäße Benutzung des Bolzplatzes
beziehen dürfte. Das Gericht sieht mit Blick auf die nach Datum und Uhrzeit
spezifizierten Angaben keinen Anlass, an der Wahrheitsgemäßheit der Darstellung der
Frau F1. zu zweifeln, auch wenn die Klägerin zu 1. dem vormaligen Staatlichen
Umweltamt B. gegenüber offenbar am 15. Dezember 2006 äußerte, auf dem Bolzplatz
hätten seit längerer Zeit keine Aktivitäten mehr stattgefunden. Denn im Schriftsatz vom
5. Februar 2007 tragen die Kläger vor, dass die Lärmbeeinträchtigung fortdauert.
90
Frau F1. hat unabhängig davon überdies im Rahmen ihrer Zeugenaussage im
Erörterungstermin am 9. August 2006 glaubhaft bekundet, dass im Sommer 2006 nach
ihrer Wahrnehmung bis zum Zeitpunkt des Erörterungstermins fast jeden Tag gespielt
worden sei. Diese Angabe deckt sich im Wesentlichen mit der im Erörterungstermin
übergebenen Aufstellung der Frau F1. über Lärmbelästigungen infolge der
Bolzplatznutzung im Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis zum 6. August 2006. Die
Darstellung von Frau F1. ist auch von dem ebenfalls als Zeuge vernommenen Herrn L1.
nicht in Abrede gestellt worden. Er hat lediglich vage ausgesagt, er kümmere sich
eigentlich nicht darum, wer den Bolzplatz bespiele und wie lange dies geschehe. Vom
Gericht nach dem von Frau F1. in ihrer Aufstellung genannten jüngsten Lärmereignis
vom 6. August 2006 gefragt, erklärte der Zeuge ausweichend, er könne sich nicht daran
erinnern, dass an diesem Tag, einem Sonntag, auf dem Bolzplatz Fußball gespielt
worden wäre.
91
Vor diesem Hintergrund hat das Gericht keinen Anlass anzunehmen, dass die
Benutzungsfrequenz des Bolzplatzes sich nunmehr im Bereich "seltener Ereignisse"
bewegt oder in absehbarer Zeit bewegen wird.
92
Die von der L. Schalltechnik GmbH hinterfragte Handhabung der Vergabe eines
Impulszuschlags durch den Mess- und Prüfdienst des vormaligen Staatlichen
Umweltamtes B. führt gleichfalls nicht dazu, dass an der Nichteinhaltung des
Immissionsrichtwerts für Sonn- und Feiertage von 50 dB(A) bei Benutzung des
Bolzplatzes Zweifel bestünden. Denn auch unter Zugrundelegung eines niedrigeren
Impulszuschlags von 6 dB(A) kommt das vormalige Staatliche Umweltamt B. zu einem
Beurteilungspegel von 53,30 dB(A).
93
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass bei der Beurteilung von
Geräuschimmissionen von Freizeitanlagen der in Nr. 6.9 der TA Lärm vorgesehene
Messabschlag von 3 dB(A) nicht berücksichtigt werden muss.
94
Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2001 - 7 C 16.00 -, NVwZ 2001, 1167.
95
Unterlässt man dem folgend einen Messabschlag, verbleibt es bei einem
Beurteilungspegel von 53,30 dB(A) und somit bei einer recht deutlichen Überschreitung
des Immissionsrichtwerts der Ziffer 3.1 d) der Freizeitlärmrichtlinie für Sonn- und
Feiertage
96
Da die Geräuscheinwirkungen des Spielbetriebs auf dem Bolzplatz an Sonn- und
Feiertagen denjenigen an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten gleichkommen, ist auf
der Basis der Messung des vormaligen Staatlichen Umweltamtes vom 8. Oktober 2006
und der bereits zitierten Einschätzung der L. Schalltechnik GmbH vom 24. Januar 2007
hinsichtlich des Ausmaßes der Lärmbeeinträchtigung durch die Benutzung des
Bolzplatzes gerade während der Sommermonate der Schluss gerechtfertigt, dass die
Bolzplatznutzung auch werktags innerhalb der Ruhezeiten zu einer Überschreitung des
Immissionsrichtwerts von 50 dB(A) führt.
97
Demgegenüber lässt sich eine Überschreitung des Immissionsrichtwerts von 55 dB(A)
für werktags außerhalb der Ruhezeiten aus der Sicht des Zeitpunkts der gerichtlichen
Entscheidung ebenso wenig feststellen wie eine Überschreitung des Nachtrichtwerts
von 40 dB(A). Für eine regelmäßige nächtliche bestimmungsgemäße Nutzung des
Bolzplatzes bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte.
98
Neben dem Ergebnis der Lärmmessung fällt im Zuge der Abwägung zuungunsten der
Beklagten ins Gewicht, dass der Bolzplatz wegen seiner Nähe zur angrenzenden
Wohnbebauung ein bauplanungsrechtliches Konfliktpotential in sich birgt, das die
Beklagte bislang mit Rücksicht auf die werktäglichen Ruhezeiten - ausgenommen die
Stunde von 6 Uhr bis 7 Uhr, die bereits als Teil der Nachtruhe von der Benutzungszeit
ausgenommen worden ist - sowie mit Rücksicht auf Sonn- und Feiertage nicht im Sinne
eines optimalen Ausgleichs der widerstrebenden Interessen bewältigt hat.
99
Die konkrete Ausstattung der Grünfläche mit dem im Streit befindlichen Bolzplatz als
"nicht typischem Spielplatz" ist zwar bauplanungsrechtlich zulässig.
100
Vgl. zur Bedeutung der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit der
Anlage für die Beurteilung der Wesentlichkeit der von ihr ausgehenden Immissionen
auch OVG für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 4. Mai 1994 - 1 L 1/92 -, NVwZ
1995, 1019.
101
Die Errichtung des Bolzplatzes, ist von der - hinreichend bestimmten -,
102
vgl. zu dem diesbezüglichen Maßstab BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B
40.98 -, NVwZ 1998, 1179; OVG NRW, Beschluss vom 5. Januar 2001 - 7 B 6/01 -, juris,
103
Ausweisung als öffentliche Grünfläche, "Spielplatz", (noch) gedeckt.
104
Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB können im Bebauungsplan aus städtebaulichen
Gründen die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Dauerkleingärten,
Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze sowie Friedhöfe festgesetzt werden. Wenn sich ein
Bebauungsplan - wie hier - bei einer öffentlichen Grünfläche der zusätzlichen
Festsetzung "Spielplatz" bedient, so ist nur dieser Unterfall einer öffentlichen Grünfläche
zugelassen. Sportplätze sind damit nicht erfasst, weil § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB zwischen
Spielplätzen und Sportplätzen unterscheidet.
105
Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15. November 2004 - 4 K 3384/02 -,
NRWE-Datenbank, mit weiteren Nachweisen.
106
Spielplätze sind auf die unmittelbare Nähe zur Wohnbebauung angewiesen und als
deren Ergänzung sowohl in allgemeinen als auch in reinen Wohngebieten grundsätzlich
zulässig. Hiervon zu unterscheiden sind jedoch typische Bolzplätze, die - wie schon
erwähnt - auch und vor allem der spielerischen und sportlichen Betätigung junger
Erwachsener dienen. Sie unterscheiden sich von Spielplätzen wegen der von ihnen
ausgehenden stärkeren Auswirkungen auf ihre Umgebung und erfordern deshalb eine
andere bauplanungsrechtliche Beurteilung.
107
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 1992 - 4 B 70.91 -, NVwZ 1992, 378; OVG NRW,
Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 4591/04 -, S. 8 f. des amtlichen Umdrucks; Beschluss
vom 5. Januar 2001 - 7 B 6/01 -, juris; Urteil vom 2. März 1999 - 10 A 6491/96 -,
Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.) 1999, 426.
108
Der streitige Bolzplatz ist gemessen an diesem Maßstab entsprechend den obigen
Ausführungen zur Anwendbarkeit der Freizeitlärmrichtlinie zwar nicht als
"Kinderspielplatz, der die Wohnnutzung in dem betreffenden Gebiet ergänzt", aber
(noch) als "(nicht typischer) Spielplatz" i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB anzusehen und
nicht als Sportplatz in der Form eines typischen Bolzplatzes, dessen Nutzungsspektrum
über die Funktion eines Spielplatzes deutlich hinausgeht.
109
Vgl. insoweit OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 4591/04 -, S. 8 des amtlichen
Umdrucks.
110
Maßgebend für diese Einschätzung ist insbesondere der Umstand, dass die Beklagte
die Benutzung des Ballspielfeldes auf Personen bis zu einem Alter von 14 Jahren
beschränkt hat, was Jugendliche und junge Erwachsene als Nutzer ausschließt. Die
Nachbarschaft des Bolzplatzes zur M. -I. -Grundschule, deren Schüler den Q1.
unschwer in Anspruch nehmen können, und seine Größe, die hinter derjenigen eines
"typischen Bolzplatzes" zurückbleiben dürfte, deutet ebenso auf eine Zuordnung zur
Kategorie "(nicht typischer) Spielplatz" i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB hin wie seine
unmittelbare Nähe zur benachbarten Wohnbebauung, die ihn für die Kinder dieser
Nachbarschaft leicht erreichbar macht. Im Übrigen ermöglicht das Areal des
Ballspielfeldes nicht nur das Fußballspiel, sondern auch andere Formen der
spielerischen Nutzung, worauf auch die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 26. Juli 2006
hinweist. Für die Einordnung des im Streit stehenden Bolzplatzes als "(nicht typischer)
Spielplatz" i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB spricht schließlich, dass die Beklagte etwa
ausweislich der - auch von den Klägern in Bezug genommenen - Begründung zur 6.
Änderung des Bebauungsplanes (dort Abschnitt 4.1) offenbar "Anlagen für sportliche
Zwecke" aus dem Kreise der gemäß § 4 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO)
zulässigen Nutzungen herausnehmen wollte, um dadurch eine städtebauliche
Fehlentwicklung durch Fremdverkehre zu Lasten der Wohnqualität zu vermeiden. Es ist
davon auszugehen, dass die Beklagte die Ausgestaltung des Bolzplatzes an diesen
planerischen Erwägungen und an der Zweckbestimmung "Spielplatz" ausgerichtet hat,
um das von ihr erkannte von dem Gelände ausgehende Konfliktpotential für die
Nachbarschaft in Grenzen zu halten.
111
Wenngleich Bolzplätze demnach auch - wie hier - neben einem allgemeinen
112
Wohngebiet grundsätzlich als sozialadäquate Einrichtung prinzipiell zulässig sind,
vgl. nochmals insoweit BVerwG, Beschluss vom 3. März 1992 - 4 B 70.91 -, NVwZ 1992,
378; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 4591/04 -, S. 8 f. des amtlichen
Umdrucks; Beschluss vom 5. Januar 2001 - 7 B 6/01 -, juris; Urteil vom 2. März 1999 - 10
A 6491/96 -, juris,
113
sind sie aufgrund der von ihnen ausgehenden Geräuscheinwirkungen im
Nebeneinander mit der angrenzenden Wohnbebauung in hohem Maße konfliktträchtig.
114
Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 3. März 1992 - 4 B 70.91 -, NVwZ 1992, 378; OVG
NRW, Beschluss vom 5. Januar 2001 - 7 B 6/01 -, juris; Urteil vom 2. März 1999 - 10 A
6491/96 -, NWVBl. 1999, 426; siehe außerdem Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom
10. Februar 2004 - 1 K 1027/02 -, NRWE- Datenbank.
115
Sie sind im Allgemeinen dazu bestimmt, vornehmlich Kindern und Jugendlichen ein
"sich Austoben" durch spontanes und weitgehend regelloses Fußballspielen zu
ermöglichen. Mit diesem "Bolzen" geht naturgemäß eine erhebliche
Geräuschentwicklung einher, und zwar - dem Verhalten der Spielenden entsprechend -
nicht nur durch das Treten von Bällen im Spiel auf das Tor und auf die oftmals
errichteten Ballfangzäune. Diese Geräuschentwicklungen ziehen sich bei
entsprechendem Zuspruch der Anlage über erhebliche Zeiträume des Tages,
erfahrungsgemäß gerade in der Sommerperiode auch bis in die Abendstunden, hinein.
Hinzutreten oftmals, dem typischen Reiz der Anlage entsprechend, auch
Folgewirkungen, die durch Überschreiten der gegebenen Nutzungsmöglichkeiten
eintreten. Ein Bolzplatz hat wegen seiner ihm immanenten offenen
Benutzungsmöglichkeiten einen erheblichen Anreiz für Kinder und Jugendliche - aber
auch für junge Erwachsene - zu missbräuchlichem Verhalten.
116
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. März 1999 - 10 A 6491/96 -, NWVBl. 1999, 426.
117
Das Nebeneinander von Wohnen und einem Bolzplatz, kann im Einzelfall zu Problemen
führen, die - aus baugenehmigungsrechtlicher Sicht - ihre Zulassung entweder ganz
ausschließen oder zumindest Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft erforderlich
machen können. Der Umfang der nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO gebotenen
Rücksichtnahme hängt wiederum von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab,
aus denen die Instrumente einer Feinsteuerung mit dem Ziel der Erreichung eines
jeweils gebotenen Interessenausgleichs abzuleiten sind.
118
Vgl. insoweit BVerwG, Beschlüsse vom 3. März 1992 - 4 B 70.91 -, NVwZ 1992, 378
und vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179; OVG NRW, Beschluss vom 5.
Januar 2001 - 7 B 6/01 -, juris; VGH B.-W., Urteil vom 16. April 2002 - 10 S 2443/00 -,
NVwZ-RR 2002, 353; Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 10. Februar 2004 - 1 K
1027/02 -, NRWE- Datenbank.
119
Gemessen an diesen auf den vorliegenden Fall zu übertragenden Grundsätzen hat die
Beklagte den Konflikt, der zwischen der Nutzung des Bolzplatzes auf der einen und der
nahegelegenen Wohnnutzung auf der anderen Seite besteht, trotz der bisher mit der
Durchführung von Lärmminderungsmaßnahmen im Jahre 2004 unternommenen
Anstrengungen noch nicht hinreichend bewältigt. Sie hat die in Betracht kommenden
Instrumente einer Feinsteuerung zur Erreichung eines optimalen Interessenausgleichs
120
zwischen dem privaten Interesse der Nachbarn an einer möglichst ungestörten
Wohnruhe und dem gemeindlichen Interessen an der Eröffnung eines attraktiven
Freizeitangebots derzeit noch nicht ausgeschöpft, obwohl gerade der geringe Abstand
des Bolzplatzes zum klägerischen Grundstück von etwa zehn bis 15 Metern eine solche
Ausschöpfung gebietet. Namentlich legt die mittels eines "Bolzplatzschildes"
verlautbarte Benutzungsordnung des Bolzplatzes Benutzungszeiten gegenwärtig
lediglich insoweit fest, als die Nachtruhe auf die Zeit zwischen 22 Uhr und 7 Uhr
festgesetzt wird. Im Hinblick auf die festgestellte Immissionsrichtwertüberschreitung an
Sonn- und Feiertagen und davon ausgehend auch an Werktagen innerhalb der
Ruhezeiten ist es jedoch angezeigt, die Benutzung des Bolzplatzes auch während
dieser besonders schutzbedürftigen Zeiten zu untersagen. Zusätzlich erscheint eine
weitergehende Effektivierung der Kontrolle der Einhaltung der Benutzungsordnung des
Bolzplatzes als möglich und erstrebenswert. In diesem Kontext lässt sich auch die
Abstimmung der Kontrolltermine zwischen der Beklagten und den Beschwerde
führenden Nachbarn zu verbessern, um Situationen zu vermeiden, in denen - wie
geschehen - Kontrollen der Beklagten jeweils ergebnislos verlaufen, Nachbarn aber
nahezu gleichzeitig weiterhin zahlreiche Lärmbelästigungen beklagen. Der Vertreter der
Beklagten hat insofern im Erörterungstermin erklärt, die Beklagte ziehe in Betracht,
einen privaten Sicherheitsdienst mit der Überwachung des Bolzplatzes zu beauftragen
und befinde sich in diesbezüglichen Vertragsverhandlungen. Dieser Sicherheitsdienst
könnte sich vor der Durchführung von Begehungen des Bolzplatzes mit den
Beschwerde führenden Anwohnern ins Benehmen setzen oder für diese anlassbedingt
erreichbar sein.
Nach alledem sind die von der Nutzung des Bolzplatzes ausgehenden
Geräuschimmissionen werktags innerhalb der Ruhezeiten sowie an Sonn- und an
Feiertagen als wesentlich und damit für die Kläger unzumutbar einzustufen.
121
Die Beklagte muss sich die von den Benutzern des Bolzplatzes hervorgerufenen
Immissionen als dessen Betreiberin zurechnen lassen.
122
Dem Betreiber einer solchen Anlage ist zumindest das an Auswirkungen zuzurechnen,
was durch ihre Funktion bedingt wird. Er muss sich darüber hinaus auch die durch
zweckfremde Nutzungen verursachten Beeinträchtigungen zurechnen lassen, wenn er
eine Lage geschaffen hat, die derartige Störungen ohne weiteres ermöglicht oder sogar
einen besonderen Anreiz dafür bietet.
123
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 8 A 2622/04 -, S. 3 des amtlichen
Umdrucks; Urteil vom 2. März 1999 - 10 A 6491/96 -, NWVBl. 1999, 426; HessVGH,
Urteil vom 30. November 1999 - 2 UE 263/97 -, juris.
124
Einem Bolzplatz haftet dabei typischerweise das Risiko von Regelüberschreitungen
(Zeitüberschreitungen, Nutzung auch durch Erwachsene, exzessive
Geräuschentwicklungen, Abirren von Bällen etc.) anlagebedingt an.
125
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. März 1999 - 10 A 6491/96 -, NWVBl. 1999, 426.
126
Daran gemessen sind die bei der Nutzung des Bolzplatzes verursachten Immissionen
der Beklagten zuzurechnen, sei es, dass sie im Rahmen der konkreten Widmung dieser
öffentlich-rechtlich betriebenen Anlage entstehen, sei es, dass sie auf typische
Regelüberschreitungen der genannten Art zurückzuführen sind.
127
Das Vorliegen unzumutbarer Lärmimmissionen, die der Beklagten zurechenbar sind,
führt im vorliegenden Fall zum gegenwärtigen Zeitpunkt indes noch nicht zur Bejahung
des mit dem Hauptantrag verfolgten Schließungsanspruchs.
128
Die Beseitigung der störenden Anlage bzw. die Unterbindung der störenden Nutzung ist
nicht zwangsläufig Rechtsfolge des öffentlich-rechtlichen Abwehranspruchs. Im
Allgemeinen werden vielmehr z. B. zeitliche Einschränkungen des Anlagenbetriebs
oder andere Maßnahmen, die eine Einhaltung der jeweiligen Immissionsrichtwerte
gewährleisten, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eher entsprechen. Ob die
Störungsabwehr ausnahmsweise in der Form der Beseitigung der Anlage zu erfolgen
hat, bestimmt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. Es kommt insoweit
maßgeblich darauf an, ob es geeignete andere, grundsätzlich im Ermessen des
Betreibers stehende Möglichkeiten als die Beseitigung der Anlage gibt, die auch unter
Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu einer
Störungsbeseitigung führen. Erst wenn diese Maßnahmen zur Gefahrenbeseitigung
ohne Erfolg geblieben sind, keinen Erfolg versprechen oder der Betreiber zu solchen
nicht bereit ist, ist eine Verpflichtung zur Schließung in Betracht zu ziehen.
129
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Oktober 2005 - 8 A 2622/04 -, S. 3 des amtlichen
Umdrucks und vom 8. Juli 2004 - 21 A 2435/02 -, NVwZ-RR 2005, 100; HessVGH, Urteil
vom 30. November 1999 - 2 UE 263/97 -, juris; Verwaltungsgericht Würzburg, Urteil vom
16. Juni 2004 - W 2 K 02.464 -, juris.
130
Danach haben die Kläger aus Gründen der Verhältnismäßigkeit derzeit noch keinen
Anspruch gegen die Beklagte auf Schließung des Bolzplatzes. Denn wie bereits
angesprochen, bestehen noch andere geeignete Möglichkeiten als die vollständige
Schließung der Anlage, um die Einhaltung der Immissionsrichtwerte werktags innerhalb
der Ruhezeiten sowie an Sonn- und Feiertagen zu gewährleisten. Als
Lärmminderungsmaßnahmen kommen vorliegend insbesondere die weitere
Beschränkung der Nutzungszeiten im Rahmen der durch Beschilderung bekannt
gemachten Benutzungsordnung, die Einrichtung eines für die Anwohner erreichbaren
Kontrolldienstes und nicht zuletzt auch eine immissionsmindernde bauliche Konzeption
der Anlage in Betracht.
131
Vgl. insoweit etwa OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 4591/04 -, S. 8 ff. des
amtlichen Umdrucks; VGH B.-W., Urteile vom 26. Juni 2002 - 10 S 1559/01 -, juris und
vom 16. April 2002 - 10 S 2443/00 -, NVwZ-RR 2002, 643; HessVGH, Urteil vom 30.
November 1999 - 2 UE 263/97 -, juris.
132
Dass derartige Maßnahmen von vornherein keinen Erfolg versprechen, ist aus der Sicht
des Zeitpunktes der gerichtlichen Entscheidung nicht ersichtlich. Die Beklagte hat auch
nicht erklärt, zum Ergreifen weiterer Lärmminderungsmaßnahmen grundsätzlich nicht
mehr bereit zu sein. Im Erörterungstermin vom 9. August 2006 hat der Vertreter der
Beklagten lediglich geäußert, er könne eine weitere Beschränkung der Nutzungszeiten
nicht zusichern, und er könne auch eine Verbesserung der Erreichbarkeit des
Ordnungsamtes nicht zusagen. Gleichzeitig hat er aber auf die Überlegungen der
Beklagten zur Beauftragung eines privaten Sicherheitsdienstes hingewiesen, was für
eine prinzipielle Bereitschaft der Beklagten spricht, sich fortgesetzt um eine
Verbesserung er Lärmsituation zu bemühen. Dafür spricht auch das Vorbringen im
Schriftsatz der Beklagten vom 26. Juli 2006, in dem sie auf S. 15 ausführt, eine
133
Lärmminderung könne durch regelmäßige Kontrollen und durch eine geeignete
Beschränkung der Nutzungszeiten herbeigeführt werden.
Die Kläger können den mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch des Weiteren nicht
unabhängig von der immissionsschutzrechtlichen Situation aus § 30 BauGB i.V.m. der
bauplanungsrechtlichen Festsetzung des von ihnen bewohnten Grundstücks als
allgemeines Wohngebiet durch den Bebauungsplan Nr. XX herleiten.
134
Der in diesen Bestimmungen zu verortende so genannte
Gebietsgewährleistungsanspruch greift nur innerhalb desselben Baugebiets.
Grundstücke, für die innerhalb eines Bebauungsplangebietes unterschiedliche
Nutzungsarten festgelegt sind, liegen jedoch nicht innerhalb eines Baugebiets, sondern
in unterschiedlichen Baugebieten. Ein von konkreten Beeinträchtigungen unabhängiger
gebietsübergreifender Schutz des Nachbarn vor gebietsfremden Nutzungen im
benachbarten Baugebiet besteht nicht. Das wechselseitige Austauschverhältnis, auf
dem der Gebietsgewährleistungsanspruch letztlich beruht, beschränkt sich auf die
Eigentümer der in demselben Baugebiet gelegenen Grundstücke.
135
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. November 2002 - 10 B 1618/02 -, juris und vom 8.
Juli 2004 - 21 A 2435/02 -, NVwZ-RR 2005, 100; BVerwG, Urteil vom 16. September
1993 - 4 C 28.91 - , BVerwGE 94, 151 ff.
136
Das klägerische Grundstück und der Bolzplatz liegen aber nicht in demselben
Baugebiet. Denn der einschlägige Bebauungsplan weist für die beiden Grundstücke -
wie dargelegt - unterschiedliche Nutzungsarten aus.
137
Dass im Falle der Kläger ausnahmsweise etwas anderes zu gelten hätte, ist nicht
ersichtlich. Dies folgt bereits im Ansatzpunkt daraus, dass die konkrete Ausgestaltung
des Bolzplatzes (noch) von der diesbezüglichen Festsetzung des Bebauungsplanes Nr.
XX gedeckt ist.
138
Die Klage hat jedoch im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang mit dem Hilfsantrag
teilweise Erfolg.
139
Der zulässige Hilfsantrag ist insoweit begründet, als die Kläger die Verurteilung der
Beklagten begehren, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit bei einer
künftigen Nutzung des Bolzplatzes, tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten -
ausgenommen der von der Beklagten bereits der Nachtruhe zugeschlagenen Stunde
von 6 Uhr bis 7 Uhr - und an Sonn- und Feiertagen an ihrem Grundstück
Beurteilungspegel von 50 dB(A) nicht überschritten werden.
140
In diesem Umfang steht den Klägern ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch zu, weil
dieser Immissionsrichtwert bei der Nutzung des Bolzplatzes - wie gezeigt wurde -
überschritten wird.
141
Einen Abwehranspruch auf darüber hinaus gehende Maßnahmen haben die Kläger
nicht. Denn anhand der Messung des vormaligen Staatlichen Umweltamtes B. lässt sich
nicht hinreichend sicher feststellen, dass auch die Immissionsrichtwerte für werktags
außerhalb der Ruhezeiten von 55 dB(A) und für die Nachtzeit von 40 dB(A) unzumutbar
überschritten werden.
142
Zur Rechtsfolge des (Abwehr-)Anspruchs auf Einhaltung der Immissionsrichtwerte weist
das Gericht darauf hin, dass der Störungsbetroffene gegenüber dem störenden
Hoheitsträger regelmäßig keinen Anspruch auf bestimmte Maßnahmen, sondern allein
darauf hat, dass Lärmbelästigungen oberhalb der Zumutbarkeitsschwelle unterbleiben.
Wie der unterlassungspflichtige Hoheitsträger dies erreicht, obliegt allein seiner
Entscheidung.
143
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2004 - 21 A 2435/02 - , NVwZ-RR 2005, 100.
144
Aus diesem Grund ist es - der klägerischen Formulierung des Hilfsantrags folgend - bei
der Tenorierung zu belassen, dass die Beklagte die notwendigen Vorkehrungen zu
treffen hat, dass die Immissionsrichtwerte eingehalten werden, deren Überschreitung die
Anlagennutzung in ihrer bisherigen Gestalt besorgen lässt. Als
Lärmminderungsmaßnahmen sind die bereits exemplarisch erwähnten Maßnahmen ins
Auge zu fassen.
145
In diesem Zusammenhang ist schließlich noch zu betonen, dass es in den
Sommermonaten besonderer Anstrengungen der Behörden bedürfen kann, die
Einhaltung von Benutzungszeiten sicher zu stellen.
146
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2003 - 4 B 16.03 -, juris; BayVGH, Urteil vom 25.
November 2002 - 1 B 97.1352 -, NVwZ-RR 2004, 20.
147
Eventuellen missbräuchlichen Störungen ist mit polizei- und ordnungsrechtlichen Mitteln
zu begegnen.
148
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 4591/04 -, S. 14 des amtlichen
Umdrucks.
149
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100
Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO); diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit
aus einer entsprechenden Anwendung des § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
150
Vgl. zur Frage der vorläufigen Vollstreckbarkeit verwaltungsgerichtlicher
Leistungsurteile Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Loseblatt,
Stand: September 2004, § 167 Rn. 135; Niedersächsisches OVG, Teilurteil vom 30.
August 1989 - 12 L 85/89 - , NVwZ 1990, 275 einerseits und HessVGH, Teilurteil vom
19. September 1989 - 2 S 576/89 - , NVwZ 1990, 272 andererseits.
151