Urteil des VG Aachen vom 07.05.2010

VG Aachen (kläger, abschiebung, verschlechterung des gesundheitszustandes, erkrankung, gutachten, aufenthaltserlaubnis, ausreise, arzt, vernehmung von zeugen, psychiatrie)

Verwaltungsgericht Aachen, 9 K 988/07
Datum:
07.05.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 988/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
Vollstreckungs- betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Der am 00.00.1974 geborene Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
2
Er ist türkischer Staatsangehöriger und nach eigenen Angaben kurdischer
Volkszugehörigkeit. Im September 2001 reiste er mit einem Schengen Visum in das
Bundesgebiet ein und beantragte am 30. Oktober 2001 die Anerkennung als
Asylberechtigter. Seine Ehefrau sowie zwei Kinder reisten sechs Monate später
ebenfalls nach Deutschland ein. Zwischenzeitlich sind noch zwei weitere Kinder in
Deutschland geboren worden.
3
Mit Bescheid vom 17. April 2002 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) den Antrag des Klägers auf Anerkennung als
Asylberechtigter ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie
Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und drohte dem Kläger die
Abschiebung in die Türkei an. Die hiergegen erhobene Klage wies das
Verwaltungsgericht Aachen mit rechtskräftigem Urteil vom 31. Januar 2005 (6 K
872/02.A) ab. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass er die Türkei wegen
bereits eingetretener Verfolgung verlassen habe. Sein Vorbringen weise an mehreren
Stellen erhebliche Ungereimtheiten und auffällige Unstimmigkeiten auf. Insbesondere
könne dem Kläger nicht geglaubt werden, dass er anlässlich der Newroz-Feier 1999
sowie am 15. Februar 2001 von türkischen Sicherheitskräften verhaftet und gefoltert
worden sei. In der Folgezeit wurde der Kläger geduldet.
4
Mit Schreiben der Gesellschaft für Migrationsschutz e.V. vom 21. April 2005 legte der
5
Kläger eine ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin K. C. vom 13.
März 2005 vor, der die dringende Verdachtsdiagnose einer Posttraumatischen
Belastungsstörung (PTBS) stellte. Der Kläger sei im kurdischen Teil der Türkei zweimal
verhaftet und gefoltert worden; in der Folge sei es zu der Erkrankung gekommen. Weiter
legte der Kläger eine psychotherapeutische Stellungnahme des Dr. U. S. vom 8. April
2005 vor, der erklärte, die Hauptkriterien einer PTBS seien in vollem Umfang gegeben.
Das Gesamtbild werde durch eine depressive Symptomatik überlagert, wobei eine
latente Suizidalität bestehe, so dass eine stationäre Einweisung nicht auszuschließen
sei. Im Falle der Ausweisung sei mit einer erheblichen Verschlimmerung des
Krankheitsbildes zu rechnen.
Ab 21. Oktober 2005 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im
Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie N. I. , H. . Die dort behandelnden
Ärzte teilten unter dem 18. November 2005 mit, die Entstehung der PTBS sei auf die
Misshandlungs- und Foltererlebnisse im Heimatland des Klägers zurückzuführen. Die
depressive Erkrankung sei wahrscheinlich eine depressive Reaktionsbildung, deren
Ursache ebenfalls die Traumatisierung im Heimatland sei. Es bestehe der begründete
Verdacht, dass es bei einer Abschiebung des Klägers ins Heimatland zu einer
erheblichen Verschlechterung der depressiven Erkrankung kommen werde und
höchstwahrscheinlich auch zur Entwicklung akuter Suizidalität aufgrund der
ausgeprägten Angst vor erneuten Misshandlungen.
6
Unter dem 5. Dezember 2005 stellte der Kläger einen Asylfolgeantrag und beantragte im
Hinblick auf seine psychische Erkrankung die Feststellung eines
Abschiebehindernisses. Mit Bescheid vom 29. Juni 2006 lehnte das Bundesamt die
Durchführung eines Asylfolgeverfahrens durch eine Einzelentscheiderin als
Sonderbeauftragte für Folteropfer und Traumatisierte ab. Die hiergegen gerichtete Klage
blieb erfolglos (VG Düsseldorf, 20 K 4172/06.A; OVG Münster, 8 A 2245/08.A). Der
Kläger wird seither gemäß § 60a Abs. 1 und 2 AufenthG geduldet.
7
Ab dem 7. Februar 2006 befand sich der Kläger in Behandlung des Facharztes für
Psychiatrie Q. N1. , der mit fachärztlichem Attest vom 14. August 2006 eine schwere
depressive Episode mit suizidalen Krisen im Rahmen einer PTBS diagnostizierte sowie
unter dem 26. März 2007 feststellte, dass der Kläger für nicht absehbare Zeit
reiseunfähig und eigengefährdendes Verhalten wie Suizidalität nicht auszuschließen
sei. Zusätzlich belaste den Kläger die neuerdings beim Hausarzt festgestellte Hepatitis.
8
Mit Schriftsatz vom 2. April 2007 beantragte der Prozessbevollmächtigte für den Kläger,
seine Ehefrau und die vier minderjährigen Kinder (geboren 1999, 2000, 2003, 2005) die
Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Der Kläger sei
reiseunfähig, so dass im Hinblick auf die lange Aufenthaltsdauer und die Integration des
Klägers eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen sei.
9
Am 20. September 2007 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. Er trägt vor, dass er
wegen seiner psychischen Erkrankung dauerhaft nicht reisefähig sei und deshalb eine
humanitäre Aufenthaltserlaubnis zu erteilen sei.
10
In der Folgezeit hat der Kläger zahlreiche ärztliche Atteste vorgelegt, u.a.
Stellungnahmen des Facharztes für Psychiatrie Q. N1. vom 20. Dezember 2007 und
vom 14. Oktober 2008, die seine Reiseunfähigkeit bescheinigen, ärztliche Berichte des
ab 9. Oktober 2008 behandelnden Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A.
11
vom 6. November 2008 und vom 8. Januar 2009, der die Diagnose seines Kollegen N1.
bestätigt und ebenfalls eine Reiseunfähigkeit attestiert, ferner nach stationären
Aufenthalten im April 2009 sowie im August 2009 wegen akuter Suizidalität im
Fachkrankenhaus für Psychiatrie, F. T. U1. , S1. , Berichte der dort behandelnden Ärzte
vom 30. April 2009 und vom 28. August 2009. Diese führen im Bericht vom 30. April
2009 aus: Der Kläger leide an einer depressiven Erkrankung und einer PTBS. Alle vier
Hauptkriterien, die zur Diagnosestellung einer PTBS notwendig seien, seien aktuell
festgestellt worden. Angesichts der angekündigten Abschiebung seien die latent
vorhandenen, stärksten Ängste des Klägers vor einer drohenden Wiederholung der in
der Vergangenheit erlittenen lebensbedrohlichen Gewalttaten in der Türkei verstärkt
worden. Die Angaben des Klägers zu den traumatogenen Ereignissen in der Türkei, die
zur Entstehung des psychischen Krankheitszustandes geführt hätten, seien in den
Gesprächen mit ihm erhoben worden und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als
erlebnisfundiert anzusehen. Es sei von der Erforderlichkeit einer mehrjährigen
traumaorientierten Psychotherapie, mindestens einmal wöchentlich, auszugehen. Im
Falle einer Rückführung in die Türkei müsse unmittelbar mit einer lebensbedrohlichen
Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers gerechnet werden, da schon
das bloße Ankündigen einer Abschiebung mit großer Wahrscheinlichkeit
krankheitsbedingt zu suizidalen Impulsen führen werde. Selbst wenn eine adäquate
psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeit in der Türkei zur Verfügung stehe,
könne diese die im Falle einer Abschiebung eintretende erhebliche und anhaltende
Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes des Klägers nicht wieder
verbessern. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger auch unter entsprechender
psychotherapeutischer Behandlung suizidale Handlungen vornehmen werde. Mit
Schreiben vom 15. September 2009 bestätigte der Leitende Arzt des Klinikbereichs
Psychiatrie II diesen Bericht nochmals, nachdem er vom Beklagten auf die Bewertung
des Vortrags des Klägers im Asylverfahren durch das Bundesamt und durch das Urteil
des Verwaltungsgerichts Aachen hingewiesen worden war.
Nach einem entsprechenden Hinweis des Beklagten zur Passpflicht hat der Kläger eine
Bescheinigung des türkischen Generalkonsulats vom 17. November 2009 über die
Beantragung von Reisepässen für sich und seine Familie zur Gerichtsakte gereicht.
12
Der Kläger beantragt,
13
den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen,
14
hilfsweise,
15
den Beklagten zu verpflichten, den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
16
Der Beklagte beantragt,
17
die Klage abzuweisen.
18
Er verweist darauf, dass der Kläger im Asylverfahren hinsichtlich des Vortrags zu seinen
Erlebnissen in der Türkei sowohl vom Bundesamt als auch von den Gerichten als nicht
glaubwürdig befunden worden sei und bezieht sich weiter auf das amtsärztliche
Gutachten des Dr. N2. vom 10. Dezember 2008, der den Kläger anlässlich eines
Abschiebeversuchs untersucht hatte. Aus den vom Kläger vorgelegten
19
Gehaltsabrechnungen ergebe sich, dass er als Paketzusteller tätig sei. Hierbei handle
es sich um eine anstrengende, mit viel Stress verbundene Arbeit. Es sei zweifelhaft, ob
jemand mit einer psychischen Erkrankung wie sie vom Kläger behauptet werde, diese
Arbeit erledigen könne.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 2. Februar 2009 für das vorliegende Verfahren
Prozesskostenhilfe bewilligt.
20
Auf Anregung der Kammer ist der Kläger im April 2010 erneut amtsärztlich untersucht
worden. Wegen des Ergebnisses der Untersuchung wird auf die amtsärztliche
Stellungnahme des Dr. T1. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 14. April
2010 verwiesen.
21
Der Kläger hat am 4. Mai 2010 ein Attest gleichen Datums des Facharztes für
Psychiatrie - Psychotherapie N1. vorgelegt, der ihn seit 9. Februar 2010 wieder
behandelt.
22
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug
genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der zugehörigen Eilverfahren (Az.: 9 L
525/08, 9 L 537/08, 9 L 79/09), der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten
sowie der beigezogenen Gerichtsakten 6 K 872/02.A, 6 K 1267/02.A und 6 K 1292/03.A.
23
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
24
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist als Untätigkeitsklage nach § 75 Sätze 1 und 2 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zwar zulässig, aber unbegründet.
25
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung
einer Aufenthaltserlaubnis noch einen Anspruch auf Bescheidung seines Antrages auf
Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Ermessenswege unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichtes (§ 113 Abs. 5 VwGO).
26
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt
der mündlichen Verhandlung. Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder
Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich insoweit auf die Sach- und
Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der
Tatsacheninstanz abzustellen, als es um die Frage geht, ob schon aus Rechtsgründen
eine Erlaubnis erteilt oder versagt werden muss. Dies gilt nach neuer Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts auch für die gerichtliche Überprüfung des Ermessens.
Der zuständige Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat seine bisherige
Rechtsprechung, nach der bei Klagen auf Erteilung oder Verlängerung eines
Aufenthaltstitels für die Überprüfung der Ermessensentscheidung regelmäßig der
Zeitpunkt des Erlasses der letzten behördlichen Entscheidung maßgeblich war,
ausdrücklich aufgegeben.
27
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 7. April 2009 - 1 C 17/08 -, juris,
Rdnr. 37; bestätigt mit Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 C 32/08 - , juris, Rdnr. 23.
28
Der Kläger kann im entscheidungserheblichen Zeitpunkt die begehrte Erteilung einer
humanitären Aufenthaltserlaubnis nicht nach der hier allein in Betracht kommenden
29
Rechtsgrundlage des § 25 AufenthG beanspruchen.
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und
2 AufenthG liegen offensichtlich nicht vor. Der Kläger ist nicht unanfechtbar als
Asylberechtigter anerkannt und das Bundesamt hat ihm mit den Bescheiden vom 17.
April 2002 und vom 29. Juni 2006 auch nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
30
Ein Anspruch aus § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG scheidet ebenfalls aus, denn im
vorliegenden Verfahren sind zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nicht zu
prüfen. Das Bundesamt hat mit den o.g. Bescheiden festgestellt, dass solche
Abschiebungshindernisse nicht vorliegen. An diese bestandskräftige Entscheidung ist
der Beklagte gemäß § 42 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) gebunden.
31
§ 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ist nur anwendbar auf nicht vollziehbar ausreisepflichtige
Ausländer und vermittelt dem Kläger, der nach bestandskräftiger Ablehnung seines
Asyl- und seines Asylfolgeantrags gemäß § 50 Abs. 1, 58 Abs. 2 AufenthG vollziehbar
ausreisepflichtig ist, bereits deshalb keinen Anspruch.
32
Auch die - selbständige - Anspruchsgrundlage des § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG greift
nicht. Die Vorschrift regelt die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende
Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis, setzt also zwingend voraus, dass der
Ausländer im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist oder war. Dies trifft auf die Person
des Klägers nicht zu.
33
Schließlich besitzt der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Auch insoweit fehlt es bereits am Vorliegen der
Tatbestandsvoraussetzungen, denn dem Kläger ist eine freiwillige Ausreise in sein
Heimatland möglich und zumutbar.
34
Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar
ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis
erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen
unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu
rechnen ist. Nach § 25 Abs. 5 S. 2 AufenthG soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden,
wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Aufgrund des langjährigen
geduldeten Aufenthalts des Klägers ist vorliegend der Regelanspruch des § 25 Abs. 5
Satz 2 AufenthG einschlägig. Bei dieser Norm handelt es sich um eine
Rechtsfolgenverweisung, so dass auch die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt sein
müssen.
35
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 27. Juni 2006 - 1 C 14/05 -, juris;
Ilse-Sabine Beck, jurisPR-BVerwG 1/2007 Anm. 1; Zeitler in Hypertextkommentar zum
Ausländerrecht - HTK-AuslR, www.neuer-medienverlag.com, § 25 AufenthG/ zu Abs. 5
07/2008 Nr. 6.
36
Wie bereits ausgeführt ist der Kläger vollziehbar ausreisepflichtig, § 58 Abs. 2 AufenthG.
37
Seine Ausreise, also sowohl die Abschiebung als auch die freiwillige Ausreise, ist aber
nicht aus - hier allein in Betracht kommenden - rechtlichen Gründen unmöglich, denn es
ist ihm aus Rechtsgründen zumutbar, das Bundesgebiet zu verlassen.
38
Die Ausreise ist im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen
unmöglich, wenn sowohl der Abschiebung als auch der freiwilligen Ausreise rechtliche
Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen oder als unzumutbar
erscheinen lassen. Derartige Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen
Abschiebungsverboten ergeben, zu denen u.a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus
Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - oder Art. 2
Abs. 2 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 der Europäischen Konvention
zum Schutz der Menschenrecht und Grundfreiheiten - EMRK -) in Bezug auf das Inland
herzuleiten sind, als auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60
Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG. Bei Bestehen solcher Abschiebungsverbote hat die
zwangsweise Rückführung des betroffenen Ausländers zu unterbleiben. Die rechtliche
Unmöglichkeit der Abschiebung ist - ebenso wie die hier nicht in Rede stehende
tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung - Mindestvoraussetzung für die
Unmöglichkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG. Diese setzt
weiter voraus, dass das Abschiebungsverbot dauerhaft besteht und dass dem
Ausländer auch die freiwillige Ausreise nicht zumutbar ist, wobei häufig eine freiwillige
Rückkehr aus denselben rechtlichen Gründen, die zu einem - dauerhaften -
Abschiebungsverbot führen, unzumutbar sein dürfte.
39
Vgl. BVerwG, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. April 2005 - 11 S 2779/04 -
, juris.
40
Im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachten psychischen Erkrankungen und einer
daraus folgenden Suizidgefahr lässt sich kein aus Art. 2 Abs. 2 GG folgendes
inlandsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG
feststellen. Zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 Satz 1
AufenthG sind vorliegend nicht zu prüfen. Dem steht die aus § 42 Satz 1 AsylVfG
folgende Bindungswirkung für die Ausländerbehörde und damit auch für das Gericht
entgegen, wenn das Bundesamt - wie hier im Asyl- und im Asylfolgeverfahren -
bestandskräftig entschieden hat, dass in der Person des Klägers keine
zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse vorliegen. Dies gilt auch bei einer
nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage. Diese ist dann durch einen Antrag
auf Wiederaufgreifen des Verfahrens über die Feststellung von
Abschiebungshindernissen beim Bundesamt geltend zu machen.
41
Vgl. Bruns in Handkommentar Ausländerrecht, § 42 AsylVfG, Rdnr. 6 m.w.N.
42
Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis in Form einer - hier vom Kläger geltend
gemachten - krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit kann gegeben sein, wenn sich der
Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Abschiebung oder als
unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich verschlechtern wird,
43
vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse
vom 24. Februar 2006 - 18 A 916/05 - und vom 15. August 2008 - 18 B 538/08 -.
44
Dies wird von der Rechtsprechung bejaht, wenn die Gesundheitsverschlechterung
voraussichtlich von erheblichem Gewicht sein wird und wenn sie ernsthaft droht.
Insoweit ist sowohl hinsichtlich des Gewichts der drohenden Gesundheitsgefährdung
als auch hinsichtlich des Prognosemaßstabs auf die Wertung des § 60 Abs. 7 Satz 1
AufenthG abzustellen: Eine durch die Ausreise eintretende
Gesundheitsverschlechterung ist jedenfalls dann nicht mehr zumutbar, wenn dadurch
45
mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit konkrete erhebliche Gefahren für die Gesundheit
des Betreffenden von einem Gewicht einzutreten drohen, dass sie auch gemäß § 60
Abs. 7 Satz 1 AufenthG einer Abschiebung entgegenstünden. Soweit sich unterhalb
dieser Schwelle durch die Abschiebung eine Gesundheitsverschlechterung einstellen
sollte, hat sie der Ausländer grundsätzlich hinzunehmen. Denn nicht jede mit der
Erkenntnis der Aussichtslosigkeit des Bleiberechts für das Bundesgebiet und einer
bevorstehenden Rückkehr in das Heimatland einhergehende Gefährdung oder
Verschlechterung des Gesundheitszustandes führt für sich genommen regelmäßig auf
eine Reiseunfähigkeit. Indem das Aufenthaltsgesetz ebenso wie zuvor das
Ausländergesetz die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer unter
bestimmten Voraussetzungen vorsieht (vgl. § 58 AufenthG), nimmt es in diesem
Zusammenhang vielfach zu erwartende Auswirkungen auf den gesundheitlichen,
insbesondere psychischen Zustand des Betroffenen in Kauf und lässt diese nur bei
Vorliegen besonderer Umstände, die durch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ihre
Begrenzung erfahren, als Abschiebungsverbote gelten.
Außerdem ist unter dem Gesichtspunkt des inlandsbezogenen
Vollstreckungshindernisses eine geltend gemachte Erkrankung und etwa zu
befürchtende Gesundheitsverschlechterungen allein hinsichtlich des Vollzugs der
Abschiebung als solcher in den Blick zu nehmen. Abzugrenzen hiervon sind die
Gesundheitsgefahren, die dem Ausländer aufgrund der spezifischen Verhältnisse im
Zielstaat der Abschiebung drohen, namentlich weil eine erforderliche ärztliche und/oder
psychologische Behandlung oder Versorgung dort nicht gewährleistet ist. Die Prüfung
solcher Folgen ist zielstaatsbezogen und - wie bereits oben ausgeführt - für den Kläger
ausschließlich vom Bundesamt vorzunehmen.
46
Die Anforderungen an die staatliche Schutzpflicht bestimmen sich nach den
Besonderheiten des Einzelfalls. Der Ausländerbehörde obliegt es, ggf. durch eine
entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen - etwa
durch ärztliche Hilfen bis hin zur Flugbegleitung - zu treffen, damit eine Abschiebung
verantwortet werden kann
47
vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 16. April 2002 - 2 BvR 553/02 -
, Informationsbrief Ausländerrecht (InfAuslR) 2002, 415.
48
Wenn dem Ausländer unmittelbar nach seiner Ankunft im Zielstaat eine
Gesundheitsgefährdung im vorgenannten Sinne droht, endet die Schutzpflicht zudem
nicht schon mit dessen Ankunft im Zielstaat, sondern dauert zeitlich bis zum Übergang
in eine Versorgung und Betreuung dort fort,
49
vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. August 2008 - 18 B 538/08 -, vom 4. Juli 2007 - 18
B 1899/06 - vom 27. Juli 2006 - 18 B 586/06 -.
50
Davon ausgehend kann bei einer psychischen Erkrankung vom Vorliegen eines
inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses in Form einer Reiseunfähigkeit - außer in
Fällen einer Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit im engeren Sinne - nur
ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen der Abschiebung die ernsthafte
Gefahr einer Selbsttötung droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger
Weise - etwa durch vorbeugende Maßnahmen nach dem Gesetz über Hilfe und
Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) - begegnet werden kann,
51
vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Juli 2007 - 18 B 1899/06 -, vom 27. Juli 2006 - 18 B
586/06 -, und vom 24. Februar 2006 - 18 A 916/05 - und vom 17. Februar 2006 - 18 B
52/06 -,
52
oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung oder als unmittelbare
Folge davon sonst konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des
Gesundheitszustandes droht, die allerdings - in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen
Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG - nicht wesentlich (erst) durch
die Konfrontation des Betroffenen mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden
darf. Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch
psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im
Zielstaat eine Gefährdung im genannten Sinne droht, weil es an einer erforderlichen,
unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Betreuung oder Versorgung fehlt,
53
vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Januar 2009 - 18 B 126/09 - und vom 15. August
2008 - 18 B 538/08 - sowie Beschluss vom 19. März 2009 im zugehörigen Verfahren 18
B 1880/08.
54
In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich auf der Grundlage der vorliegenden
ärztlichen Stellungnahmen, insbesondere des zuletzt auf Anregung der Kammer
erstellten amtsärztlichen Gutachtens des Dr. T1. vom 14. April 2010, nicht feststellen,
dass im Fall des Klägers, bei dem eine Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit im
engeren Sinne nicht in Rede steht, die Voraussetzungen für die Annahme eines
inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses erfüllt sind.
55
Nach dem fachärztlichen Gutachten des Amtsarztes Dr. T1. , das auf einer über
zweistündigen psychiatrischen Exploration unter Teilnahme eines Dolmetschers beruht,
ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt eine psychische Erkrankung des Klägers vorliegt.
Diagnostiziert hat Dr. T1. ausschließlich eine "Anpassungsstörung F43.3". Eine
schwerwiegende, stark sozial und psychisch beeinträchtigende psychiatrische
Erkrankung sei nicht erkennbar, dagegen spreche auch die Tatsache, dass der Kläger
über ein Jahr als Auslieferungsfahrer tätig gewesen sei, also einen Beruf ausgeübt
habe, der eine hohe psychische Belastbarkeit voraussetze. Aus ärztlich-psychiatrischer
Sicht bestehe Flugreisetauglichkeit. Es sei keine psychiatrische Grunderkrankung
erkennbar, die die Flugreisetauglichkeit einschränke. Es sei darüber hinaus überhaupt
keine schwerere psychiatrische Grunderkrankung erkennbar, die zu einer nachhaltigen
Störung der sozialen Anpassungsfähigkeit führe. Der Amtsarzt hat diese medizinische
Einschätzung am 6. Mai 2010 nochmals unter Berücksichtigung des am 4. Mai 2010
vom Kläger vorgelegten Attests des Facharztes für Psychiatrie - Psychotherapie Q. N1.
bestätigt, der aufgrund einer am selben Tag vorgenommenen psychiatrischen
Untersuchung des Klägers eine schwere depressive Episode diagnostizierte und den
Kläger für "zurzeit nicht reisefähig" hält; im Falle einer Abschiebung sei mit
eigengefährdendem Verhalten wie Suizidalität zu rechnen.
56
Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung
aufgeworfenen Bedenken gegen das amtsärztliche Gutachten teilt die Kammer nicht.
Grundsätzlich kommt den Feststellungen von Amtsärzten insbesondere wegen ihrer
Weisungsfreiheit und ihrer Verpflichtung, ihre Feststellungen nur unter ärztlichen
Gesichtspunkten und wahrheitsgemäß und unparteiisch zu treffen, eine hohe
Aussagekraft zu. Es handelt sich aus diesem Grunde auch nicht um Parteigutachten.
57
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 2005 - 18 B 43/05 - und Beschluss vom 21.
April 2010 - 1 A 1326/08 -, juris.
58
Das vorliegende Gutachten des Amtsarztes Dr. T1. weist auch keine Mängel auf, es
geht nicht von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, es enthält weder
inhaltliche Widersprüche noch gibt es irgendwelchen Anlass zu Zweifeln an der
Sachkunde oder Unparteilichkeit des Dr. T1. .
59
Dem Amtsarzt lagen die entscheidenden Atteste, auf die der Kläger sein Vorbringen
stützt, vor, insbesondere auch die Atteste des Fachkrankenhauses für Psychiatrie,
Psychosomatik und Neurologie, F. T. U1. vom 30. April 2009 und vom 23. Juli 2009. Der
Amtsarzt nahm zudem am 12. April 2010 telefonischen Kontakt mit dem derzeit
behandelnden Arzt Q. N1. auf, der ihm gegenüber erklärte, dass die Behandlung des
Klägers unter der Diagnose einer schweren depressiven Episode erfolge, eine PTBS
dagegen in den Hintergrund getreten sei, nicht im Fokus der Behandlung stehe und
nicht wesentlich beeinträchtigend erkennbar sei. Dem Gutachten liegt zudem eine über
zweistündige Exploration des Klägers zugrunde. Der Gutachter beschreibt mehrfach,
dass die vom Kläger dargestellte und deutlich agravierte Symptomatik im Rahmen der
Exploration weder verifizierbar noch nachvollziehbar sei. Ein wirklicher Leidensdruck
sei nicht zu erkennen, insgesamt imponiere ein deutlicher Hang zur Agravation. Dies
wird auch deutlich an der vom Kläger gegenüber dem Amtsarzt vorgetragenen
Verfolgungsgeschichte, die er im Vergleich zu seinem früheren Vortrag im Rahmen des
durchgeführten Asyl- und Asylfolgeverfahren nun um eine dritte Verhaftung im
Heimatland ergänzte. Nach Hinweis des Amtsarztes auf die Möglichkeit einer
Blutspiegelbestimmung räumte der Kläger zudem ein, dass er die von seinem
behandelnden Arzt verordneten Antidepressiva jedenfalls seit längerer Zeit nicht
einnimmt. Sein Vorbringen, sein Arzt habe ihm - trotz Verordnung der Medikamente -
aufgetragen, diese wegen seiner Leberschädigung nicht einzunehmen, kann nur als
Schutzbehauptung gewertet werden. In seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2008
wies der Arzt N1. nämlich ausdrücklich darauf hin, dass ein Antidepressivum wegen
einer Hepatitis B Erkrankung des Klägers abgesetzt werden musste - die Problematik ist
dem derzeit behandelnden Arzt also aus der Vergangenheit bekannt. Dennoch erklärte
der Arzt N1. telefonisch dem Amtsarzt gegenüber, die aktuelle Medikation des Klägers
bestehe derzeit aus Citalopram und Amineurin - ohne etwa zu erwähnen, dass der
Kläger diese Medikamente überhaupt nicht einnehmen solle. Dies entspricht im Übrigen
der von seinem vorbehandelnden Kollegen Dr. A. verordneten und im Bericht vom 26.
Oktober 2009 bescheinigten Medikation. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass
zwei Ärzte eine Medikation angeben, die sie dem Kläger tatsächlich nicht verordnet
haben.
60
Der Amtsarzt musste sich auch nicht eingehender mit dem Befund des
Fachkrankenhauses für Psychiatrie, Psychosomatik und Neurologie, F. T. U1. vom 30.
April 2009 auseinandersetzen. Hier ist zunächst in den Blick zu nehmen, dass dieser
Bericht bereits vor einem Jahr erstellt wurde. Weiter ist davon auszugehen, dass das
Gutachten auf einer jedenfalls unvollständigen, wenn nicht gar falschen
Tatsachengrundlage basiert. Die Ärzte, die damals eine depressive Erkrankung sowie
eine PTBS diagnostizierten, unterstellten als wahr, dass der Kläger in der
Vergangenheit im Heimatland lebensbedrohlich misshandelt worden ist; dieser Vortrag
des Klägers ist aber bereits in zwei Asylverfahren sowie nachfolgenden gerichtlichen
Verfahren als nicht glaubhaft befunden worden. Es ist nicht erkennbar, dass die Ärzte
des Fachkrankenhauses, denen dieser Umstand auch nicht bekannt gewesen sein
61
dürfte, den Vortrag des Klägers ernsthaft hinterfragt hätten. Schließlich geht auch der
derzeit den Kläger behandelnde Arzt N1. nicht (mehr) von einer PTBS aus, so dass das
Gutachten des Fachkrankenhauses U1. insoweit überholt ist.
Allein der Umstand, dass der Amtsarzt aufgrund der Ankündigung des Klägers, im Falle
einer Abschiebung seine gesamte Familie auslöschen zu wollen, suizidale Handlungen
des Klägers nicht ausschließen kann und deshalb entsprechende Vorkehrungen für
eine Abschiebung fordert, kann die Annahme einer dauerhaften rechtlichen
Unmöglichkeit der Ausreise im Verständnis des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG nicht
begründen. Dabei sieht die Kammer durchaus, dass der Kläger angesichts einer
drohenden, zwangsweisen Beendigung des Aufenthalts seiner Familie mit vier kleinen
Kindern unter erheblichem Druck stehen dürfte und eine Kurzschlusshandlung - wie in
sämtlichen Abschiebungsfällen - nicht auszuschließen ist. Einer solchen Gefahr kann
aber durch geeignete Begleitmaßnahmen bei der Abschiebung begegnet werden. Die
Kammer verweist insoweit auf ihren den Verfahrensbeteiligten bekannten Beschluss
vom 17. Dezember 2008 im zugehörigen Eilverfahren - 9 L 537/08 - sowie den in
diesem Verfahren ergangenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 19. März
2009 - 18 B 1880/08 -.
62
Dass eine permanente Begleitung und ärztliche Beobachtung des Klägers, seine
Übergabe an den medizinischen Dienst in Istanbul sowie gegebenenfalls die Aufnahme
in eine fachstationäre Behandlung nicht ausreichen würden, den Versuch eines Suizids
zu unterbinden, ist auch im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen
Verhandlung nicht ersichtlich und ergibt sich auch nicht aus der pauschalen Erklärung
im jüngsten Attest des behandelnden Arztes N1. , im Falle einer Abschiebung sei mit
eigengefährdendem Verhalten wie Suizidalität zu rechnen.
63
Vgl. zur Frage, ob suizidale Handlungen eine dauerhafte Unmöglichkeit der Ausreise
begründen: Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 15. Oktober 2009 - 2 A
329/09 - , Rdnr. 37, juris;
64
Die Kammer folgt mithin dem in sich schlüssigen und nachvollziehbaren amtsärztlichen
Gutachten, das im Gegensatz zu sämtlichen anderen Gutachten die Angaben des
Klägers einer kritischen Analyse unterzieht und entsprechend bewertet. Danach steht
zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger an keiner ernsthaften psychischen
Erkrankung leidet und dass einer nicht auszuschließenden Suizidgefahr im Rahmen der
Vollstreckungsmaßnahme wirksam begegnet werden kann.
65
Die Kammer hat auch keine Veranlassung - wie vom Kläger mit Schriftsatz vom 30. April
2010 beantragt - durch ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten und
durch Vernehmung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen Beweis zu
folgenden Tatsachen zu erheben: 1. Dass der Kläger an einer PTBS leidet. 2. Dass der
Kläger aufgrund seiner Erkrankung suizidgefährdet ist und dass bei einer Rückkehr in
die Türkei unmittelbar im Zusammenhang mit einer zwangsweisen Abschiebung mit
einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit Suizidgefahr besteht. 3. Dass mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit sich die Krankheit bei einer Rückkehr in die Türkei,
etwa durch die Retraumatisierung erheblich verschlechtert und dass die
Verschlechterung auch durch eine fachgerechte psychiatrische Behandlung der
Erkrankung auf Dauer nicht aufzufangen ist. 4. Dass Gesundheitsschäden durch eine
zwangsweise Rückführung für den Kläger bis hin zur Suizidgefährdung bestehen.
66
Auf den sachverständigen Zeugen finden die Vorschriften über den Zeugenbeweis
Anwendung (§ 98 VwGO in Verbindung mit § 414 ZPO). Die beantragte Vernehmung
von Zeugen darf grundsätzlich nicht mit der Begründung abgelehnt werden, das
Gegenteil der unter Beweis gestellten Behauptung sei bereits bewiesen. Aus § 86 Abs.
1 VwGO, wonach dem Tatsachengericht eine umfassende Pflicht obliegt, jede mögliche
Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der
Zumutbarkeit zu versuchen, folgt zugleich, dass Beweisanträge grundsätzlich nur
abgelehnt werden dürfen, wenn das vom Antragsteller angebotene Beweismittel
schlechterdings untauglich ist, wenn es auf die Beweistatsache nicht ankommt oder
wenn die Beweistatsache als wahr unterstellt wird; liegen diesen Voraussetzungen nicht
vor, dann muss der (Zeugen-)Beweis antragsgemäß erhoben werden.
67
Für die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens, namentlich eines
weiteren Gutachtens, gilt dieser Grundsatz hingegen nicht. Die Auswahl der
zuzuziehenden gerichtlichen Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl
erfolgt durch das Prozessgericht, das sich insbesondere auf die Ernennung eines
einzigen Sachverständigen beschränken kann (§ 98 VwGO in Verbindung mit § 404
Abs. 1 Sätze 1 und 2 ZPO). Die Entscheidung darüber, ob ein - weiteres - Gutachten
eingeholt werden soll, steht im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1
VwGO) im pflichtgemäßen Ermessen des Tatsachengerichts. Dieses Ermessen wird nur
dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung eines -
weiteren - Gutachtens oder eines Obergutachtens absieht, obwohl die Notwendigkeit
dieser weiteren Beweiserhebung sich ihm hätte aufdrängen müssen. Der
"Sachverständige" begutachtet als "Gehilfe" des Richters einen grundsätzlich vom
Gericht festzustellenden (Mindest-)Sachverhalt aufgrund seiner besonderen Sachkunde
auf einem Fachgebiet. Aufgabe des Sachverständigen ist es, dem Gericht besondere
Erfahrungssätze oder Kenntnisse des jeweiligen Fachgebietes zu vermitteln und/oder
aufgrund von besonderen Erfahrungssätzen oder Fachkenntnissen Schlussfolgerungen
aus einem feststehenden Sachverhalt zu ziehen. Reicht ein bereits eingeholtes
Gutachten aus, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die entscheidungserheblichen
Fragen sachkundig beurteilen zu können, ist die Einholung eines weiteren Gutachtens
oder Obergutachtens weder notwendig noch veranlasst.
68
Der sachverständige Zeuge ist demgegenüber ein Zeuge, der sein Wissen von
bestimmten vergangenen Tatsachen oder Zuständen bekundet, zu deren Wahrnehmung
eine besondere Sachkunde erforderlich war und die er nur kraft dieser besonderen
Sachkunde ohne Zusammenhang mit einem gerichtlichen Gutachtenauftrag
wahrgenommen hat.
69
Kennzeichnend für den sachverständigen Zeugen ist es, dass er "unersetzbar" ist, da er
(nur) von ihm selbst wahrgenommene "vergangene" Tatsachen bekundet (§ 414 ZPO),
während ein Sachverständiger in aller Regel gegen einen anderen gleichermaßen
Sachkundigen ausgewechselt werden kann.
70
Dieser Abgrenzung entsprechend ist ein Arzt sachverständiger Zeuge, wenn er über
einen bestimmten, von ihm selbst ohne einen Zusammenhang mit einem gerichtlichen
Gutachtenauftrag festgestellten Krankheitszustand (Befund) eines von ihm ärztlich
untersuchten Patienten aussagt. Der Arzt ist hingegen (sachverständiger) Zeuge und
Sachverständiger, wenn er zugleich die Auswirkungen der Krankheit aufgrund seiner
besonderen (fach-)ärztlichen Sachkunde beurteilt.
71
Ob die behandelnden Ärzte für die hier in Ziffer 1 bis 4 benannten Beweisthemen als
sachverständige Zeugen überhaupt ein taugliches Beweismittel wären, kann im
Ergebnis offen bleiben, da den Beweisanregungen - wie noch auszuführen ist - auch
aus anderen Gründen nicht nachzugehen war. Vieles spricht allerdings dafür, dass es
sich um untaugliche Beweismittel handelt. Der Beweisanregung scheint die Auffassung
zugrunde zu liegen, dass der behandelnde Arzt als der gewissermaßen sachnähere
Arzt besser in der Lage ist, den Zustand des Klägers zu beurteilen. Es ist jedoch
Aufgabe eines Sachverständigen, nicht eines "sachverständigen Zeugen", sich hierzu
unter Anwendung von besonderen Erfahrungssätzen auf dem einschlägigen
medizinischen Fachgebiet im Wege von Rückschlüssen aus den von mehreren Ärzten
vor und nach dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt erhobenen Befunden und dem
Ergebnis der von dem Sachverständigen selbst durchgeführten und veranlassten
ärztlichen Untersuchungen des Klägers zu äußern. Die genannten Beweisthemen
dürften also nur einem Sachverständigenbeweis zugänglich sein.
72
Vgl. umfassend zur Abgrenzung der Beweismittel Sachverständiger und
sachverständiger Zeuge: BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 - 8 C 15/84 -, juris.
73
Die Kammer musste sich auch nicht veranlasst sehen, ein weiteres medizinisches
Gutachten einzuholen. Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts steht es im tatrichterlichen Ermessen des Gerichts, ob es
weitere Sachverständigengutachten einholt oder dies im Hinblick auf vorliegende
Erkenntnismittel oder eine sonst vorhandene eigene Sachkunde ablehnt. Das
Tatsachengericht muss seine Entscheidung nachvollziehbar begründen und
gegebenenfalls angeben, woher es seine Sachkunde hat.
74
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2006 - 1 B 118/05 -, juris.
75
Eine Verpflichtung des Gerichts, zusätzlich zu bereits vorliegenden gutachterlichen
Stellungnahmen und Erkenntnissen weitere Gutachten einzuholen, besteht nicht schon
deswegen, weil ein Beteiligter die bisher vorliegenden Erkenntnisse im Ergebnis für
unzutreffend hält, sondern nur wenn sich dem Gericht die Notwendigkeit dieser weiteren
Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Das ist anzunehmen, wenn offenkundig
war, dass das vorliegende Gutachten seinen Zweck nicht zu erfüllen vermochte, dem
Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche
Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung
notwendigen Überzeugung zu ermöglichen,
76
vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Januar 2007 - 8 A 2005/05.A - und vom 23.
November 2004 - 6 A 666/03 -.
77
Davon ausgehend liegen nach Auffassung der Kammer mit dem amtsärztlichen
Gutachten des Dr. T1. vom 14. April 2010 und seiner Stellungnahme vom 6. Mai 2010
ausreichende Erkenntnismittel vor, um dem Gericht die erforderliche Sachkunde für eine
abschließende Beurteilung des psychischen Gesundheitszustandes des Klägers
einschließlich einer daraus folgenden Suizidgefährdung und der Möglichkeit eines
wirksamen Ausschlusses einer solchen in der Abschiebungssituation zu vermitteln. Der
Einholung weiteren medizinischen Sachverstandes bedarf es nicht. Insbesondere hält
die Kammer - wie bereits näher begründet - die Stellungnahmen des Amtsarztes für in
sich schlüssig und nachvollziehbar. Die Stellungnahmen beruhen auf einer breiten
Beurteilungsgrundlage. Der Amtsarzt bewertet differenziert den aktuellen
78
Gesundheitszustandes des Klägers unter kritischer Würdigung der eigen- und
fremdanamnestisch erhobenen Untersuchungsbefunde.
Darüber hinaus erweisen sich die Ziffern 1 bis 3 der Beweisanregungen des Klägers
auch hinsichtlich der zu beweisenden Tatsachen als für die Entscheidung unerheblich.
79
Die Frage, ob der Kläger an einer PTBS leidet (Ziffer 1), die hier ausschließlich an das
angeblich im Heimatland erlittene Verfolgungsschicksal geknüpft wird, kann nicht
Gegenstand des vorliegenden ausländerrechtlichen Verfahrens sein, da der identische
Lebenssachverhalt bereits Gegenstand eines Asyl- und eines Asylfolgeverfahrens war.
80
Vgl. BVerwG, a.a.O.; OVG NRW, Beschlüsse vom 14. März 2005 - 18 E 195/05 -,
InfAuslR 2005, 263, und vom 15. Februar 2005 - 18 A 4080/03 -, juris zur vergleichbaren
Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG; VG Aachen, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 8 K
577/03 -, juris; VG Stade, Urteil vom 16. Februar 2010 - 4 A 52/08 -, juris; danach ist die
Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG dahingehend zu verstehen, dass aus dem
der Feststellung des Bundesamtes zugrunde liegenden Sachverhalt kein
Ausreisehindernis i.S.d. § 25 Abs. 5 AufenthG abgeleitet werden kann.
81
Der Kläger ist insoweit auf ein Wiederaufnahmeverfahren vor dem Bundesamt zu
verweisen.
82
Der Umstand einer Suizidgefährdung des Klägers (Ziffer 2) ist für die Entscheidung
ebenfalls nicht erheblich, denn nur eine Suizidgefährdung, die ernsthaft droht und der
nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann -
wofür der Kläger vorliegend nichts substantiiert vorgetragen hat -, begründet ein
inlandsbezogenes Abschiebungsverbot.
83
Die Frage einer Retraumatisierung und einer Behandelbarkeit einer psychischen
Erkrankung im Heimatland (Ziffer 3) betrifft zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote
und ist deshalb für die hier zu treffende Entscheidung gleichfalls unerheblich. Überdies
fehlt es insoweit an einem hinreichend substantiierten Vortrag. Das amtsärztliche
Gutachten vom 14. April 2010 verneint eindeutig eine PTBS und befindet sich insoweit
im Einklang mit der telefonischen Stellungnahme und dem fachärztlichen Attest des
aktuell behandelnden Arztes N1. vom 4. Mai 2010, der nunmehr ausschließlich eine
schwere depressive Episode diagnostiziert. Dass und warum einer möglichen
Suizidalität des Klägers im Rahmen der Abschiebung nicht wirksam begegnet werden
kann, ist nicht ersichtlich und wird insbesondere auch im fachärztlichen Attest des
Arztes N1. , das nur die pauschale Feststellung enthält, aus fachärztlicher Sicht sei der
Kläger zurzeit nicht reisefähig, im Falle einer Abschiebung sei mit eigengefährdendem
Verhalten wie Suizidalität zu rechnen, in keiner Weise erläutert; das Attest enthält
insoweit überhaupt keine Aussage. Aus welchen Gründen diesbezüglich nicht (mehr)
auf die ärztliche Stellungnahme des Fachkrankenhauses U1. zurückgegriffen werden
kann, ist bereits oben ausgeführt.
84
Soweit mit der Beweisanregung in Ziffer 4 geltend gemacht werden soll, dass eine
sonstige erhebliche Gesundheitsverschlechterung des Klägers als unmittelbare Folge
der Abschiebung ernsthaft droht, ist auch diese Frage durch das vorliegende
amtsärztliche Gutachten vom 14. April 2010 hinreichend geklärt. Vor dem Hintergrund
der vorliegenden Erkenntnisse erweist sich der Beweisantrag zudem als unsubstantiiert.
Der Amtsarzt sieht den Kläger zwar nachvollziehbar belastet durch die Perspektive
85
einer erzwungenen Rückkehr in die Türkei mit seiner Familie und der dort sicherlich
deutlich schlechteren sozialen Prognose, vermag aber weiter keine Gründe zu
erkennen, die eine Rückkehr in das Heimatland unmöglich machen würden. Dem tritt
das fachärztliche Attest des Arztes N1. vom 4. Mai 2010 nicht entgegen. Dieser stellt
eine aktuelle Gesundheitsverschlechterung des Klägers bedingt durch den Druck des
laufenden Verfahrens fest, macht aber keine Angaben zu Art und Umfang einer
drohenden Verschlechterung im Falle der Rückkehr in das Heimatland.
Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise kommt im Falle des Klägers auch nicht
wegen eines Eingriffs in das durch Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum
Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) geschützte Privatleben in
Betracht, wobei offen bleiben kann, ob geduldete Ausländer überhaupt in den
Schutzbereich des Art. 8 EMRK einzubeziehen sind,
86
vgl. Darstellung im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom
3. November 2008 - 11 S 2235/08 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 1998 -
1 B 105/98 zu § 30 AuslG, juris,
87
da jedenfalls der Schutzbereich des Art. 8 EMRK nicht verletzt ist. Der weit zu
verstehende Schutzbereich des Art. 8 EMRK umfasst das Recht auf Entwicklung der
Person und das Recht darauf, Beziehungen zu anderen Personen und der Außenwelt
anzuknüpfen und zu entwickeln und damit auch die Gesamtheit der im Land des
Aufenthalts gewachsenen Bindungen, wobei eine Verletzung des Schutzbereichs -
vergleichbar der Verletzung eines Grundrechtes - nur bei einer gewissen Intensität des
Eingriffs zu bejahen ist. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise im Hinblick auf Art.
8 EMRK liegt deshalb nur dann vor, wenn der Betroffene im Aufenthaltsstaat über so
intensive persönliche und familiäre Bindungen verfügt, dass er aufgrund seiner
gesamten Entwicklung faktisch ein Inländer ist und ihm wegen der Besonderheiten
seines Falles ein Leben im Staat seiner Staatsangehörigkeit nicht zugemutet werden
kann. Insoweit ist abzuwägen einerseits zwischen der faktischen Integration
(Verwurzelung) des Betroffenen im Bundesgebiet unter Berücksichtigung seines
Lebensalters, seiner persönlichen Befähigung sich in das hiesige wirtschaftliche,
kulturelle und gesellschaftliche Leben auf Grund seiner deutschen Sprachkenntnisse,
seiner sozialen Kontakte, Wohn-, Wirtschafts- sowie Berufs- bzw. Schulverhältnisse
einzufügen und andererseits seiner Entwurzelung vom Land seiner Staatsangehörigkeit,
ebenfalls unter Berücksichtigung seines Lebensalters und seiner persönlichen
Fähigkeiten.
88
Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2009 - 1 C 40/07 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom
1. August 2006 - 18 B 1539/06 -, juris.
89
Der Kläger hält sich seit knapp 10 Jahren im Bundesgebiet auf, verfügte allerdings zu
keinem Zeitpunkt seines Aufenthalts über einen Aufenthaltstitel. Seine Mutter sowie
seine Geschwister leben im Heimatland. Seine Ehefrau sowie seine Kinder sind
türkische Staatsangehörige und verfügen ebenfalls nur über Duldungen. Vor diesem
Hintergrund kann nicht von einer nennenswerten Integration in die hiesigen
Lebensverhältnisse ausgegangen werden.
90
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.
91