Urteil des VG Aachen vom 22.06.2001

VG Aachen: stadt, juristische person, kreis, öffentliche bekanntmachung, satzung, anschluss, betriebsführung, abschreibung, rahmenvertrag, verordnung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Aachen, 7 K 3275/97
22.06.2001
Verwaltungsgericht Aachen
7. Kammer
Urteil
7 K 3275/97
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in der zu
vollstreckenden Höhe abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor
Sicherheit in derselben Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Abfallentsorgungsgebühren. Er ist
Eigentümer des bebauten Grundstücks C.------straße 00 - 00 in B. . Das Grundstück ist an
die von der Beklagten durchgeführte städtische Abfallentsorgung angeschlossen.
Laut Rahmenvertrag zwischen dem Kreis B. , der Stadt B. und der B1. Abfallwirtschaft Kreis
und Stadt B. GmbH (B1. GmbH) vom 23. Dezember 1993 bedienen sich Kreis und Stadt B.
bei der Wahrnehmung ihrer abfallwirtschaftlichen Aufgaben der B1. GmbH als beauftragter
Dritter im Sinne des § 5 Abs. 7 des Landesabfallgesetzes (LAbfG). Gemäß Entgeltvertrag
zwischen der Stadt B. und der B1. GmbH vom 17. Dezember 1993 erhebt die B1. GmbH
nach Maßgabe einer von ihr zu erlassenden Entgeltordnung von der Stadt privatrechtliche
Entgelte, wobei die für die Stadt von Privatanlieferern vereinnahmten Entgelte anzurechnen
sind. Gemäß § 2 Abs. 1 des Entgeltvertrages verpflichtet sich die B1. GmbH bei der
Ermittlung ihrer Entgelte zur Einhaltung der Vorschriften des öffentlichen Preisrechts. Nach
§ 2 Abs. 2 des Entgeltvertrages hat die Entgeltkalkulation den jeweils geltenden
preisrechtlichen Vorschriften des öffentlichen Preisrechts zu entsprechen.
Am 9. Dezember 1996 legte die B1. GmbH dem Beklagten ihre Entgeltkalkulation für 1997
in der Fassung der 1. Nachtragskalkulation vor, in der der Beginn des Echtbetriebes der
MVA X. nunmehr mit dem 1. April 1997 angenommen und der Entgeltberechnung zugrunde
gelegt wurde. In Erwartung der Zusammenarbeitsvereinbarung vom 19. Juni 1997
zwischen Kreis B. , Stadt B. , B1. GmbH, S.+U. Entsorgung GmbH und der MVA X. GmbH &
Co. KG wurde in der Nachtragskalkulation die von einer errichteten Anlagenkapazität von
360.000 t/a als durchschnittlich zur Verfügung stehend erwartete Kapazität von 290.000 t/a
aufgeteilt. Sowohl auf die B1. GmbH zur Entsorgung der Abfallmengen aus Kreis und Stadt
B. als auch auf die S.+U. Entsorgung GmbH entfiel jeweils ein Mengenkontingent von
145.000 t/a. In die kalkulierten Entgelte stellte die B1. GmbH neben den von ihr an die
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145.000 t/a. In die kalkulierten Entgelte stellte die B1. GmbH neben den von ihr an die
(damals zu gründende) MVA X. GmbH & Co. KG zu zahlenden Verbrennungsentgelte die
ebenfalls von ihr zu übernehmenden 50 % der kalkulierten nicht gedeckten Kosten der
Anlage ein.
Am 18. Dezember 1996 beschloss der Rat der Stadt B. , die Festsetzung der
Gebührensätze für das Jahr 1997 in Gestalt der Änderung der Abfallwirtschaftssatzung auf
die nächste Ratssitzung vom Januar 1997 zu vertagen. Mit Dringlichkeitsentscheidung vom
20. Dezember 1996 beschlossen der Beklagte und ein Ratsmitglied die Zustimmung zur
Entgeltkalkulation der B1. GmbH für das Jahr 1997. Am 30. Dezember 1996 erging durch
einen weiteren Dringlichkeitsbeschluss des Beklagten und zweier Ratsmitglieder der IV.
Nachtrag zur Abfallwirtschaftssatzung vom 10. Dezember 1992. In der Ratssitzung vom 22.
Januar 1997 genehmigte der Rat die Dringlichkeitsentscheidungen.
Für die Entsorgung des im Stadtgebiet des Beklagten eingesammelten Haus​ und
Sperrmülls durch die B1. GmbH stellte der Beklagte für das Jahr 1997 Entgelte in Höhe von
17.035.400,- DM in die Gebührenkalkulation für die Abfallentsorgungsgebühren ein.
Mit Abgabenbescheid vom 30. Januar 1997 zog der Beklagte den Kläger unter
Zugrundelegung der auf dem Grundstück befindlichen Müllgefäße (3 x 110 l-Gefäß à
634,80 DM) zu Abfallentsorgungsgebühren für das Jahr 1997 in Höhe von 1.904,40 DM
heran.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch, den der Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 1997, dem Kläger zugestellt am 13. Oktober 1997,
zurückwies.
Der Kläger hat am 31. Oktober 1997 Klage erhoben.
Er trägt vor, die die Einbeziehung der Kosten für eine aufgrund eines absehbaren
Planungsfehlers überdimensionierte Müllverbrennungsanlage X. sei rechtsfehlerhaft. Auch
sei die Gebührenkalkulation fehlerhaft, weil die Anlage 1997 noch im Probebetrieb
gelaufen sei. Im Übrigen beziehe er sich auf den klägerischen Vortrag in den
Parallelverfahren 7 K 3321/97, 7 K 3413/97, 7 K 3414/97 und 7 K 3468/97.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 1997 hinsichtlich der Heranziehung zu
Abfallentsorgungsgebühren für das Jahr 1997 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, die Heranziehung sei rechtmäßig. Sie sei auf eine wirksame
Gebührenkalkulation zurückzuführen. Die ursprünglich in § 20 Abs. 2 AWS enthaltene
Gebührenanpassungsklausel sei durch den 8. Nachtrag zur AWS vom 28. Dezember 1999
rückwirkend zum 1. Januar 1997 aufgehoben worden. Selbst wenn man davon ausginge,
dass die Festlegung der Gebührensätze zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 28.
Dezember 1999 nicht auf der Grundlage der 1996 kalkulierten Werte, sondern nach dem
damals schon vorliegenden tatsächlichen Beriebsergebnis für 1997 hätte erfolgen müssen,
seien die der Heranziehung zugrunde liegende Gebührensatzregelungen als im Ergebnis
wirksam anzusehen. Zwar ergebe sich aus der Betriebsabrechnung für das Jahr 1997 und
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der Gegenüberstellung der angesetzten Planwerte und der Ist- Zahlen für 1997 eine
geringfügige Kostenüberdeckung von 539.763,83 DM. Geringere Abfallgebührensätze
resultierten hieraus jedoch nicht. Insgesamt habe sich nämlich der Preis pro Liter
entsorgten Abfalls dadurch erhöht, dass während des Jahres 1997 ein erheblicher
Rückgang der Behälterzahlen und damit ein geringeres Behältervolumen eingetreten sei.
Der Rat der Stadt hätte daher bei der Neuberechnung aus Anlass des
Satzungsbeschlusses vom 28. Dezember 1999 die Gebührensätze nicht vermindern
müssen.
Es seien keine nicht ansatzfähigen Kosten, insbesondere keine Kosten für die Beseitigung
wilden Mülls, in die Kalkulation eingestellt worden. Die Einbeziehung der Kosten der
Bioabfallentsorgung sei rechtlich unbedenklich. Zu Abfallentsorgungsgebühren seien
63.268 Gebührenpflichtige veranlagt worden; 6.210 Gebührenpflichtige seien vom
Anschluss- und Benutzungszwang befreit gewesen. Damit habe der Befreiungsgrad unter
10 % aller Gebührenpflichtigen gelegen. Darüber hinaus sei den Eigenkompostierern ein
pauschaler Gebührenabschlag von 30,- DM pro Haushalt gewährt worden, der die Kosten
für die Inanspruchnahme bzw. Nichtinanspruchnahme im Wesentlichen ausgeglichen, d. h.
die laufenden Kosten der Bioabfallentsorgung vollständig ausgeglichen habe. Die
Rechtsprechung zur verbotenen Quersubventionierung der Bioabfallentsorgung sei daher
hier nicht einschlägig.
Hinsichtlich der Dimensionierung der MVA X. liege aus damaliger Sicht eine Fehlprognose
der Bezirksregierung und des Satzungsgebers nicht vor. Kreis und Stadt B. hätten bei ihren
Planungsentscheidungen auf das Abfallwirtschaftskonzept vertrauen dürfen. Die
aufgetretene Überkapazität sei damals weder offensichtlich noch vorhersehbar gewesen.
Eine Ausschreibungspflicht oder eine Bindung an öffentliches Preisrecht hinsichtlich des
Baus der Anlage gebe es nicht.
Gegen preisrechtliche Vorschriften sei nicht verstoßen worden. Im Rahmenvertrag vom 23.
Dezember 1993 und im Entgeltvertrag vom 17. Dezember 1993 seien Selbstkostenpreise
vereinbart worden. Ein Vorrang von Marktpreisen bei der Entgeltberechnung habe nicht
bestanden, da Ende 1993 für die nachgefragten Leistungen kein Markt bestanden habe.
Der 1993 zulässigerweise vereinbarte Selbstkostenpreis habe Geltung auch für das Jahr
1997. Verstöße gegen die Vorschriften der Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von
Selbstkosten (LSP) seien nicht ersichtlich.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der Verfahren 7 K 3321/97, 7 K 3413/97, 7 K 3414/97 und 7 K 3468/97
einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 30. Januar 1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 1997 ist hinsichtlich der Heranziehung zu
Abfallentsorgungsgebühren für das Kalenderjahr 1997 rechtmäßig.
Rechtsgrundlage der streitigen Heranziehung ist die Abfallwirtschaftssatzung (AWS) der
Stadt B. vom 10. Dezember 1992 in der (rückwirkenden) Fassung der 8. Nachtragssatzung
vom 28. Dezember 1999. Sie ist in formeller Hinsicht nicht deshalb unwirksam, weil die 4.
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Nachtragssatzung, in der die der Heranziehung zugrunde liegenden Gebührensätze
zunächst festgeschrieben waren, im Wege der Dringlichkeitsentscheidung gemäß § 60
Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) durch den Beklagten und
zwei Ratsmitglieder beschlossen wurde. Es kann dahinstehen, ob der in § 60 GO NW
vorausgesetzte Fall äußerster Dringlichkeit vorlag, da der Rat der Stadt B. die
Dringlichkeitsentscheidung in seiner Sitzung vom 22. Januar 1997 genehmigte. Durch die
Genehmigung kommt es auf diese Frage nicht mehr an, weil die Rechtslage sich so
darstellt, als ob der Rat die IV. Nachtragssatzung selbst beschlossen hätte,
vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 25.
März 1974 - III A 953/72 -; Urteil vom 15. August 1985 - 2 A 2613/84 -, StuGemR 1986, 321;
Urteil vom 31. Mai 1988 - 2 A 1739/86 -, NWVBl. 1988, 336; Urteil vom 23. April 1996, - 10
A 620/91 -, NVwZ 1997, 598 = NWVBl. 1996, 441; Held/Becker/Decker/Kirchhof/Krämer/
Wansleben, Kommunalverfassungsrecht Nordrhein-Westfalen, § 60 GO, Anm. 5.2.
Der Genehmigungsbeschluss bedurfte nicht der Satzungsform,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. April 1996, a.a.O.
Auch war seine Bekanntmachung nicht erforderlich. Weder schreibt die Gemeindeordnung
die Bekanntmachung vor, noch folgt eine Bekanntmachungspflicht aus der
Bekanntmachungsverordnung (BekanntmVO). § 2 Abs. 4 Nr. 2 BekanntmVO ist nicht
anwendbar, weil er für ein Tätigwerden des Rates als "Behörde" gilt, hier der Rat aber als
Selbstverwaltungsorgan gehandelt hat,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. April 1996, a.a.O., Beschluss vom 5. Oktober 1992 - 3 B
778/90 -; Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung, Stand: Januar 1998, § 60, Erl. IV.
Die für das Wirksamwerden der im Wege der Dringlichkeitsentscheidung erlassenen
Satzung gemäß § 7 Abs. 4 GO NW i. V. m. den Vorschriften der
Bekanntmachungsverordnung erforderliche öffentliche Bekanntmachung des
Dringlichkeitsbeschlusses ist am 31. Dezember 1996 erfolgt.
Die Abfallwirtschaftssatzung ist auch materiell wirksam, soweit es um die Regelungen über
die Heranziehung zu Abfallentsorgungsgebühren geht und soweit ihre Überprüfung
veranlasst war.
Der in § 20 AWS geregelte Gebührenmaßstab begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die
Maßstabsregelung stellt auf die Zahl, Art und Größe der aufgestellten Restmüllbehälter
sowie auf die Häufigkeit der regelmäßigen Abfuhr ab und sieht darüber hinaus einen so
genannten Gebührenerlass für Gebührenpflichtige vor, die eine qualifizierte
Eigenkompostierung betreiben. Ein solcher Maßstab ist als Wahrscheinlichkeitsmaßstab
im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-
Westfalen (KAG) i.V.m. § 9 Abs. 2 LAbfG zulässig,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. April 2001 - 9 A 1795/99 -.
Der in der AWS vorgesehene Einheitsmaßstab für die Inanspruchnahme der
verschiedenen Sonderleistungen der städtischen Abfallentsorgung begegnet keinen
rechtlichen Bedenken. Insbesondere ist eine unzulässige Quersubventionierung der
Biotonnen nicht festzustellen. Eine Einbeziehung der Entsorgungskosten für den so
genannten Biomüll in die allgemeine (Einheits-)Gebühr ist dann unter dem Gesichtspunkt
der Typengerechtigkeit noch hinzunehmen, wenn die Gruppe der nicht an die
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Bioabfallentsorgung Angeschlossenen nicht größer als 10 % der Benutzer der Einrichtung
ist,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. April 2001 - 9 A 1795/99 -; Urteile vom 17. März 1998 - 9 A
1430/96 -, NVwZ-RR 1998, 775 = NWVBl. 1998, 361, und - 9 A 3871/96 -, KStZ 1999, 37 =
NWVBl. 1998, 445; HessVGH, Urteil vom 18. August 1999, 5 UE 251/97, RdL 2000, 75.
So verhält es sich vorliegend. Nur 6.210 Gebührenpflichtige und damit unter 10 % von
63.268 Gebührenpflichtigen insgesamt nehmen nicht an der Bioabfallentsorgung über die
Biotonne teil. Abgesehen davon wird auch der Gruppe der Selbstkompostierer durch einen
pauschalen Gebührenabschlag von jährlich 30,- DM pro Haushalt ausreichend Rechnung
getragen.
Auch die Gebührensatzregelungen des § 20 AWS erweisen sich für das hier
streitbefangene Gebührenjahr 1997 letztlich als wirksam.
Zwar ist davon auszugehen, dass die Satzung in der Fassung der IV. Nachtragssatzung
vom 30. Dezember 1996 zunächst wegen eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG
rechtsfehlerhaft war. Nach dieser zwingenden Vorschrift ist in der Satzung der Abgabesatz,
also hier der Gebührensatz, festzulegen. Eine solche Festlegung der Gebührensätze lag
wegen der in § 20 Abs. 2 AWS enthaltenen Gebührenanpassungsklausel nicht vor. Denn
die Gebührensätze wurden hierdurch unter den Vorbehalt einer späteren Veränderung
gestellt. Allerdings hat der Rat der Stadt später die rechtliche Möglichkeit ergriffen, die in §
20 Abs. 2 AWS enthaltene Gebührenanpassungsklausel durch den 8. Nachtrag zur AWS
vom 28. Dezember 1999 rückwirkend zum 1. Januar 1997 aufzuheben. Durch die
Beseitigung der Anpassungsklausel hat er zugleich eine bis dahin nicht existente
Festlegung der Gebührensätze im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG in der Satzung
getroffen. Dabei hat er es allerdings konkludent bei der Zugrundelegung der im Jahre 1996
erstellten Gebührenkalkulation bewenden lassen, da die seinerzeit beschlossenen
Gebührensätze unverändert blieben. Der Rat hätte wegen der in der Zwischenzeit
eingetretenen Veränderungen aber den rückwirkend eingeführten Gebührensätzen
zwingend die Einnahmen und Ausgaben aus dem bereits vorliegenden Betriebsergebnis
für 1997 zugrunde legen müssen,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juli 1995 - 9 A 2251/93 -, OVGE MüLü 45, 59-69 = NVwZ-
RR 1996, 695-697 = NWVBl 1995, 470-473 = ZKF 1996, 37-38 = WuM 1996, 99-102 =
Gemeindehaushalt 1997, 13-17; Schulte in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6, Rdnr.
78, Stand: März 2001.
Dass dies unterblieben ist, führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der betreffenden
Gebührensatzvorschriften. Denn die in § 20 Abs. 1 AWS geregelten Gebührensätze lassen
sich auf das Betriebsergebnis für 1997 stützen. Nach der von der Kammer geteilten
Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, OVGE MüLü 44, 134-155 =
NVwZ 1995, 1233-1238 = NWVBl 1994, 428-434 = KStZ 1994, 213-220 = ZKF 1994, 227-
230 = DWW 1994, 319-325; Urteil vom 19. Mai 1995 - 9 A 560/93 -, StzGR 1995, 315; Urteil
vom 24. Juli 1995 - 9 A 2251/93 -, a.a.O.; Urteil vom 30. September 1996 - 9 A 4047/93 -;
vgl. hierzu auch Schulte in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6, Rdnr. 72 ff., Stand:
März 1998,
ist rechtlich davon auszugehen, dass der Gebührensatz lediglich im Ergebnis den
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Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften (§ 6 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 KAG)
entsprechen muss. Danach kann eine Gemeinde ohne Einschaltung des Rates eine
fehlerfreie Kalkulation bzw. nach Ablauf des Gebührenjahres eine Nachberechnung nach
dem Betriebsergebnis nachschieben. Das Gericht hat sodann zu überprüfen, ob sich die
der Heranziehung zugrunde liegenden Gebührensätze im Ergebnis als von der
Nachkalkulation bzw. Nachberechnung getragen erweisen und ob die Ansätze aus dem
Betriebsergebnis ihrerseits gebührenrechtlich zulässig sind. Danach können überhöhte
Kostenansätze gegebenenfalls ohne Auswirkungen auf die Gültigkeit des Gebührensatzes
und auf die Satzung insgesamt bleiben, wenn sich im Rahmen einer umfassenden Prüfung
herausstellt, dass zulässige Kostenansätze unterblieben oder zu niedrig bemessen worden
sind. Dabei können Überschreitungen der rechtmäßigerweise anzusetzenden
Gesamtkosten von bis zu 3 % noch als unerheblich angesehen werden. Die 3 %-Grenze
ergibt sich aus Praktikabilitätserwägungen. Würde man bereits geringste Fehler ausreichen
lassen, um den Gebührensatz und damit die Satzung insgesamt für ungültig zu halten, läge
hierin eine Verkennung des Wesens einer mit zahlreichen Unwägbarkeiten belasteten
Prognose. Dabei gilt allerdings die Einschränkung, dass Kostenüberschreitungen, die auf
willkürlich, d. h. bewusst fehlerhaften Kostenansetzungen beruhen, unabhängig von ihrer
Höhe nicht toleriert werden können.
Aus dem vom Beklagten mit Schriftsatz vom 11. Januar 2001 eingereichten und von der
Kammer überprüften Rechenwerk über die Ist-Zahlen (Einnahmen und Ausgaben) 1997
zeigt sich das Vorhandensein eines im Grundsatz teilweise unzulässigen Kostenansatzes.
Hieraus ergibt sich allerdings für das Gebührenjahr 1997 lediglich eine unter der 3 %-
Grenze liegende Überdeckung.
Abgesehen von der vom Beklagten selbst errechneten Überdeckung von 539.763,83 DM
hat das Gericht zu prüfen, ob in dem mit Schriftsatz vom 11. Januar 2001 eingereichten
Betriebsergebnis für 1997 ungerechtfertigte Kostenpositionen enthalten sind. Insbesondere
ist der Frage nachzugehen, ob die an die B1. GmbH zu zahlenden Entgelte nach den in §§
2 Abs. 1, 6 Abs. 1 Satz 3 KAG aufgestellten gesetzlichen Anforderungen in die Berechnung
eingestellt werden durften.
Im Grundsatz begegnet die vollständige Übernahme der von der B1. GmbH geforderten
Entgelte rechtlichen Bedenken. Zu den nach § 6 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 KAG in eine
Gebührenkalkulation einstellbaren Kosten gehören auch Entgelte für in Anspruch
genommene Fremdleistungen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 KAG). Fremdleistungen im Sinne der
Vorschrift sind Leistungen, die eine dritte Person - sei es eine natürliche Person oder
Personenmehrheit oder eine juristische Person ​ für die entsorgungspflichtige Körperschaft
als eigentlichen Aufgabenträger der Abfallentsorgung erbringt. Dritte Person i.d.S. kann
auch eine juristische Person des Privatrechts sein (z.B. GmbH), an der eine Gemeinde mit
Mehrheit beteiligt ist. Entscheidend ist, dass eine von der kommunalen Körperschaft
jedenfalls rechtlich getrennte juristische Person gehandelt hat,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 1999 - 9 A 53594 -; Beschluss vom 19. März
1998 - 9 B 144/98 -; Urteile vom 1. Juli 1997 - 9 A 3556/96 -​ StuG 1997, 356, und vom 30.
September 1996 - 9 A 4047/93 - sowie Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -
OVGE 44, 211 = NVwZ 1995, 1238 = NWVBl. 1995, 173.
Gebührenrechtlich unbedenklich ist es, dass der Auftrag an die B1. GmbH ohne vorherige
Ausschreibung erteilt wurde. Nach der von der Kammer geteilten Rechtsprechung des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
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vgl. Urteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173; siehe hierzu auch
Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 27. April 1999, 5 N 3909/98;
Schulte/Wiesemann in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 KAG, Rdnr. 141 b, Stand:
September 2000,
ist eine Ausschreibung nach Gemeindehaushalts- und Vergaberecht jedenfalls dann nicht
zwingend geboten, wenn es - wie hier - um eine Vergabe an eine GmbH geht, an der die
Stadt selbst (maßgeblich) beteiligt ist.
Der Entsorgungsträger darf jedoch nicht jeden von dem Fremdleister geforderten Preis
unbesehen in seine Kostenkalkulation bzw. Nachberechnung einstellen. Vielmehr hat er zu
prüfen, welches die für das Gebührenjahr ansatzfähigen Kosten nach § 6 Abs. 1 Satz 3,
Abs. 2 KAG i.V.m. § 9 Abs. 2 LAbfG sind. Ansatzfähig sind dabei nur die Entgelte, die
aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen in Verbindung mit den geltenden rechtlichen
Vorgaben gerechtfertigt sind. Sie müssen insbesondere betriebsnotwendig sein, ihre
Bemessung darf nicht dem Äquivalenzprinzip widersprechen,
vgl. OVG NW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994, a.a.O.; Urteil vom 24. November 1999,
a.a.O.
Im ersten Schritt ist bei dieser Überprüfung von den über die Entgelte für die Fremdleistung
bestehenden vertraglichen Grundlagen auszugehen.
Aus den vertraglichen Vereinbarungen folgt, dass die Vertragsparteien
Entsorgungsentgelte nach Selbstkostenpreise vorsehen wollten. Laut Rahmenvertrag
zwischen dem Kreis B. , der Stadt B. und der B1. Abfallwirtschaft Kreis und Stadt B. GmbH
vom 23. Dezember 1993 ist die B1. GmbH im Wesentlichen zur eigenverantwortlichen
Sicherstellung der ordnungsgemäßen Entsorgung der im Kreis- und Stadtgebiet
anfallenden Abfälle gegen eine Vergütung in Form von Entgelten nach einer von ihr zu
erlassenden und von Stadt und Kreis zu genehmigenden Entgeltordnung verpflichtet. Nach
§ 6 Abs. 1 des Rahmenvertrages hat sie bei der Ermittlung der Entgelte die im
Kommunalabgabengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen enthaltenen Grundsätze der
Vollkostendeckung und der Äquivalenz von Leistung und Entgelt nach Maßgabe der
Grundsätze des § 9 LAbfG zu beachten. Gemäß § 2 Abs. 2 des Entgeltvertrages zwischen
der Stadt B. und der B1. GmbH vom 17. Dezember 1993 verpflichtet sich die B1. GmbH bei
der Ermittlung ihrer Entgelte zur Einhaltung der Vorschriften des öffentlichen Preisrechts,
ferner zur Berücksichtigung der Grundsätze der Vollkostendeckung sowie der Äquivalenz
von Leistung und Gegenleistung. Nach § 2 Abs. 2 des Entgeltvertrages hat die
Entgeltkalkulation den jeweils geltenden preisrechtlichen Vorschriften des öffentlichen
Preisrechts zu entsprechen, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Verordnung PR Nr.
30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21. November 1953 - VPöA -, und
unter anderem den Leitsätzen für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten - LSP -.
Im Rahmen der Vollkostendeckung ist nach dem Rahmenvertrag vom 23. Dezember 1993
und dem Entgeltvertrag vom 17. Dezember 1993 eine den betriebswirtschaftlichen
Grundsätzen entsprechende, angemessene Entgeltgestaltung zugrunde zu legen, die eine
angemessene Eigenkapitalverzinsung, einen angemessenen Gewinn und eine
angemessene Risikovergütung enthält.
Grundlage für die Preisbildung durch die MVA sollten demnach die jeweils geltenden
Regelungen über die Preise bei öffentlichen Aufträgen - insbesondere die nach wie vor
gültige Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Auftragen, zuletzt geändert
am 13. Juni 1989 - sein,
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vgl. zu den Grundlagen und der Geltung dieser Verordnung BVerwG, Urteil vom 21.
Februar 1995 - 1 C 36/92 -, NVwZ-RR 1995, 425, Urteil vom 4. Mai 1999 - 1 B 34/99 -
NVwZ 1999, 1112; HessVGH, Urteil vom 11. Januar 1999 - 8 UE 3300/94 -, HessVGRspr
1999, 74.
Nach diesen Maßstäben durfte die Beklagte das von der B1. GmbH für die Entsorgung
städtischer Abfälle festgesetzte bzw. berechnete Entgelt für 1997 im Grundsatz nicht in
vollem Umfang in ihre Gebührenbedarfsberechnung bzw. nunmehr in ihre
Nachberechnung übernehmen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der wegen der
langen Dauer des Probebetriebs herabgesetzten Entgelte bzw. der u. a. an die Stadt B.
erfolgten Erstattungen.
Die vollständige Einbeziehung der Entgelte steht im Grundsatz nämlich nicht im Einklang
mit den preisrechtlichen Vorschriften.
Die für Leistungen aufgrund öffentlicher Aufträge geltende Verordnung PR Nr. 30/53 stellt
ein Stufenprinzip auf, das bei der Preisfeststellung einzuhalten ist: Nach § 1 Abs. 1 VO PR
Nr. 30/53 ist für Leistungen auf Grund öffentlicher Aufträge grundsätzlich Marktpreisen der
Vorzug zu geben, die gemäß § 4 VO PR Nr. 30/53 für marktgängige Leistungen nicht
überschritten werden dürfen. Sinn des Primats des Marktpreises ist es, die Preisbildung bei
öffentlichen Aufträgen möglichst in das marktwirtschaftliche System einzuordnen und von
einem echten Leistungswettbewerb abhängig zu machen. Nur ausnahmsweise können
gemäß § 5 VO PR Nr. 30/53 Selbstkostenpreise vereinbart werden,
vgl. Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 7. Aufl. 2001,
§ 1 VO PR 30/53, Rdnr. 28 ff., 68 ff., § 4, Rdnr. 1 ff.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich bei der von der B1. GmbH erbrachten Leistung
der Abfallverbrennung jedenfalls im Herbst und zum Ende des Jahres 1996, also zur Zeit
der Beschlussfassung über die Einbeziehung der Fremdentgelte in die Kalkulation, um
eine marktgängige Leistung im Sinne von § 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 gehandelt hat,
vgl. insoweit (verneinend) bezogen auf das gesamte Jahr 1996 und den Regierungsbezirk
Köln OVG NRW, Urteil vom 5. April 2001 - 9 A 1795/99 -.
Für eine Marktgängigkeit spricht, dass Verbrennungsleistungen von unterschiedlichen in
öffentlich- rechtlicher und privatrechtlicher Weise organisierten Betreibern in Konkurrenz
zueinander angeboten und sowohl von entsorgungspflichtigen Körperschaften ohne eigene
anderweitige Entsorgungskapazität als auch durch - etwa gemäß dem bis zum 5. Oktober
1996 geltenden § 3 Abs. 3 Abfallgesetz (AbfG) vom 27. August 1986 (BGBl I 1410) selbst
entsorgungspflichtige - Private nachgefragt wurden. In Betracht zu ziehende Anbieter
waren und sind die MVA Düsseldorf-Flingern, das MHKW Essen- Karnap, die MKVA
Krefeld-Uerdingen, die GMVA Niederrhein in Oberhausen, die MVA Solingen, das MHKW
Wuppertal, die MVA Bonn, das MHKW Leverkusen, die MVA Hagen, das MHKW Iserlohn,
das RZR Herten sowie die MVA im Abfallentsorgungszentrum Asdonkhof in Kamp-Lintfort.
Schon im Jahre 1995 wurde aufgrund mangelhafter Auslastung von
Verbrennungskapazitäten (in Nordrhein-Westfalen) die Erschließung von Müllmengen aus
anderen Bundesländern (z. B. Bayern) angestrebt und durchgesetzt. Der Kammer fehlt es
insoweit jedoch an Erkenntnissen darüber, ob und in welchem Umfang Einzugsbereiche
der zuvor genannten Anlagen durch die zuständigen Behörden bindend festgelegt waren,
weshalb die Kammer jedenfalls zur Zeit dem vom Oberverwaltungsgericht in seinem o. g.
Urteil vom 5. April 2001 aufgestellte Grundsatz nicht ohne Weiteres folgt, bei der
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Beurteilung der Marktgängigkeit könne nur auf die im jeweiligen Regierungsbezirk
vorhandenen Verbrennungsanlagen abgestellt werden. In diesem Zusammenhang sind die
Urteile des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 7. November 1995 im Verfahren 17 K
8014/95 sowie die Berufungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Nordrhein-Westfalen,
OVG NRW, Urteil vom 24. September 1998 - 20 A 7308/95 -,
zu erwähnen. Das Oberverwaltungsgericht wies die gegen die erstinstanzliche Aufhebung
der Festlegung eines Einzugsbereichs unter Ausschluss anderer Bundesländer gerichtete
Berufung der Bezirksregierung zurück. Es führte aus, die Erforderlichkeit der Festlegung
von Einzugsbereichen einer Abfallentsorgungsanlage sei anhand der konkreten Umstände
des Einzelfalles zu beurteilen. Dem Grundsatz der Vermeidung von "Abfalltourismus"
könne nur dann durchschlagendes Gewicht zukommen, wenn ihm über das mit diesem
Begriff verbundene pauschale Umwelturteil hinaus unter Einbeziehung sonstiger - nicht
zuletzt wirtschaftlicher Umstände - hinaus Vorrang beigemessen werde.
Abgesehen davon erscheint es als Indiz für das Vorliegen eines Marktes, dass im Vorgriff
und offensichtlich in sicherer Erwartung des Abschlusses der bereits vorbereiteten und in
den Gremien der B1. GmbH und der Stadt (ausweislich des Protokolls der Ratssitzung vom
18. Dezember 1996) diskutierten Zusammenarbeitsvereinbarung vom 19. Juni 1997 gemäß
den Vorgaben der Entgeltkalkulation der B1. GmbH vom Dezember 1996 in der städtischen
Gebührenbedarfsberechnung (unter der Ordnungsnr. 721.1690/6) Einnahmen aus der
"Mitbenutzung" der Anlage in Höhe von 2.191.430,- DM veranschlagt wurden. Diese
Mitbenutzung bezog sich auf das mit der Zusammenarbeitsvereinbarung vom 19. Juni 1997
verwirklichte neue, "gemischtwirtschaftliche" Betreibermodell, wonach wegen der
absehbaren "nicht kostendeckenden Marktpreise" die B1. GmbH und die S.+U. Entsorgung
GmbH jeweils ein Kontingent von 145.000 t/a zur Aquisition von Fremdmengen vorrangig
aus der Region B. zur erforderlichen höheren Auslastung der Anlage übernehmen, danach
aus dem Regierungsbezirk Köln, danach aus Nordrhein-Westfalen und danach aus
anderen Bundesländern. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass die B1.
GmbH in der Anlage 20 zur Kalkulation hinsichtlich der "Fremdmengen" (Seite 11 der
Nachtragsentgeltkalkulation) im Einzelnen katalogartig die "Preisempfehlungen für Mengen
ohne Anschluss- und Benutzungszwang (Marktpreisniveau)" aussprach. Dies spricht dafür,
dass für die Verbrennungsleistung ein verkehrsüblicher Marktpreis ermittelt werden konnte,
vgl. in diesem Zusammenhang Ebisch/Gottschalk, a.a.O., § 4 VO PR 30/53, Rdnr. 51 ff.
Eine Mangellage oder ein auf Anbieterseite beschränkter Wettbewerb i. S. d. § 5 Abs. 1 Ziff.
2 VO PR 30/53 ist ebenfalls zu hinterfragen. Die oben dargestellten Bemühungen der B1.
GmbH und der Stadt um das so genannte gemischtwirtschaftliche Betreibermodell zum
Zweck der Vermarktung der freien Kapazitäten deuten auf einen Angebotsüberhang hin,
der die am Markt zu erzielenden Entsorgungspreise weit unter die berechneten
Selbstkostenpreise drückte. Angesichts des vorhandenen Überangebots an
Verbrennungskapazitäten, das durch die Konkurrenz mit der im Jahre 1996 noch
zulässigen Deponierung als zumindest vergleichbarer Leistung im Sinne von § 4 Abs. 2 VO
PR 30/53 noch verschärft wurde, kann gegebenenfalls nicht von einem beschränkten
Wettbewerb ausgegangen werden. Dem Wert der langfristigen Versorgungssicherheit wäre
insoweit durch einen auf die Marktpreise vorzunehmenden angemessenen Aufschlag
gemäß § 4 Abs. 4 VO PR Nr. 30/53 Rechnung zu tragen.
Allerdings kann die Frage der Marktgängigkeit (zumindest in Form vergleichbarer Leistung
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im Sinne von § 4 Abs. 2 VO PR 30/53) offen bleiben, weil aus dem Vorgesagten für das
Gebührenjahr 1997 kein Verstoß gegen den Vorrang der Kalkulation von Marktpreisen
nach § 1 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 und damit gegen das in § 1 Abs. 3 VO PR Nr. 30/53
enthaltene gesetzliche Verbot gemäß § 134 BGB mit der Folge der Nichtigkeit überhöhter
Preise folgen würde. Denn maßgeblich für die Beurteilung des zulässigen Preistyps ist der
Zeitpunkt des Abschlusses der vertraglichen Vereinbarungen,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 1999 - 9 A 5359/94 -; Ebisch/Gottschalk, a.a.O., §
1 VO PR 30/53, Rdnr. 62, 106, vgl. auch Schulte/Wiesemann in: Driehaus,
Kommunalabgabenrecht, § 6 KAG, Rdnr. 141 c, Stand: September 2000,
also das Jahr 1993, in dem mangels eines Marktes zulässigerweise Selbstkostenpreise
vorgesehen werden durften. Verfestigt sich in den Folgejahren ein entstandener Markt, ist
lediglich an eine Vertragsanpassung hinsichtlich des Preistyps zu denken,
vgl. hierzu Ebisch/Gottschalk, a.a.O., § 1 VO PR Nr. 30/53, Rdnr. 106.
Die Frage, ob und wann unter Umständen eine Vertragsanpassung zu erfolgen hat, kann
aber mangels Relevanz für das Gebührenjahr 1997 auf sich beruhen.
Aus dem Vorgesagten folgt, dass für das Jahr 1997 die Vereinbarung von
Selbstkostenpreisen grundsätzlich zulässig war. Sie sind aber auf die Vereinbarkeit mit den
einschlägigen preisrechtlichen Regelungen zu überprüfen. Die für das Jahr 1997
berechneten Entgelte und die hier darauf beruhende Gebührenkalkulation steht im
Grundsatz nicht im Einklang mit den Regelungen des § 5 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 und der
Nr. 4 LSP. Nach § 5 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 sind bei der Ermittlung der Selbstkostenpreise
nur die "angemessenen Kosten" des Auftragnehmers zu berücksichtigen. Gemäß Nr. 4
LSP kommen nur diejenigen Kosten in Betracht, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur
Erstellung von Leistungen entstehen. Im Angemessenheitsgrundsatz und in Nr. 4 LSP
kommt der oben bereits erwähnte Grundsatz zum Ausdruck, dass nur die Entgelte für
Leistungen Dritter ansatzfähig sind, die sich insbesondere als betriebsnotwendig darstellen
und deren Bemessung nicht dem Äquivalenzprinzip widersprechen darf,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. April 2001 - 9 A 1795/99 -; Urteil vom 24. November 1999,
a.a.O.; Teilurteil vom 15. Dezember 1994, a.a.O.; vgl. auch Ebisch/Gottschalk, a.a.O., Nr. 4
LSP, Rdnr. 17 ff.
Danach sind die von der B1. GmbH in ihrer Entgeltkalkulation angesetzten und in die
Gebührenbedarfsberechnung des Beklagten als Fremdleistungskosten übernommenen
Anlagenkosten für die Müllverbrennungsanlage X. den Gebührenpflichtigen aus dem
Stadtgebiet der Stadt B. nur zu einem Teil zuzurechnen.
Dabei kommt der Frage, ob die MVA X. aus der Sicht der Gebührenpflichtigen gemessen
an dem von ihnen ausgelösten Verbrennungsbedarf überdimensioniert war bzw. ist, nur
mittelbare Bedeutung zu. Grundsätzlich steht es im Belieben des privaten Fremdleisters,
hier der B1. GmbH, ob er für die von ihm zu erbringende Leistung zu groß dimensionierte
Anlagen vorhält, und sei es mit der Motivation, für einen erwarteten Anstieg der
Verbrennungsmengen gerüstet zu sein. Dies ändert sich auch nicht dadurch, dass an dem
betreffenden privaten Unternehmen Körperschaften des öffentlichen Rechts beteiligt sind.
Eine andere Frage ist aber, in welcher Höhe für die zu erbringende Leistung im jeweiligen
Gebührenjahr Entgelte gefordert werden können. Hierbei sind nach Nr. 4 LSP nur die
Kosten zu berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der
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Leistung entstehen,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. April 2001 - 9 A 1795/99 -.
Dies kann nur heißen, dass zwischen der für die Gebührenpflichtigen nachgefragten
Verbrennungs- bzw. Entsorgungsleistung und den in die Entsorgungsentgelte
eingeflossenen Kostenpositionen ein hinreichender ursächlicher Zusammenhang bestehen
muss. Den Gebührenzahlern müssen die eingestellten Kosten bei wirtschaftlicher
Betriebsführung zuzurechnen sein.
Dies ist hier nicht in vollem Umfang der Fall. Ein Teil der den Gebührenpflichtigen
angelasteten Kosten ist von ihnen nicht veranlasst. Zwar liegt der Entgeltkalkulation und
der Ergebnisrechnung 1997 der B1. GmbH, auf die die hier zu überprüfenden
Entgeltzahlungen zurückgehen, zu Recht die Erwägung zu Grunde, dass aufgrund von
Abschaltvorgängen und Stilllegungszeiten in Folge auftretender Betriebsstörungen oder
notwendiger periodischer Wartungsmaßnahmen die rechnerische Anlagenkapazität von
360.000 t/a nicht während des ganzen Jahres zur Verfügung steht,
vgl. zu entsprechenden Erfahrungswerten OVG NRW, Urteil vom 5. April 2001 - 9 A
1795/99 -.
Danach erscheint die Annahme einer durchschnittlich zur Verfügung stehenden
Verbrennungskapazität von 290.000 t/a (ca. 80 % von 360.000 t/a) als sachgerecht,
vgl. insoweit Ebisch/Gottschalk, a.a.O., Nr. 4 LSP, Rdnr. 23 ff. (26), 29.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass für die Entsorgung der Abfallmengen aus Stadt und
Kreis B. ein Kapazitätsanteil von 145.000 t/a als notwendig angesehen und kalkuliert
worden ist. Nach der Nachtragsentgeltkalkulation hat die B1. GmbH für 1997 dem
Anschluss- und Benutzungszwang unterliegende Abfallmengen aus Stadt und Kreis B. von
127.000 t erwartet. Diese Erwartung hat sich durch die tatsächliche Verbrennungsmenge
des Jahres 1997 mehr als bestätigt. Diese betrug (für dem Anschluss- und
Benutzungszwang unterfallende Abfälle) einschließlich Direktanlieferung aus Stadt und
Kreis B. 169.780 t, davon aus der Stadt B. 55.283,35 t. Die (nach Abzug der Einnahmen
nach Unterabschnitt 1.721.1690) davon durch Gebühren auszugleichende Abfallmenge
betrug 50.321,96 t (vgl. Beiakte III, Tabelle "Berechnung und Aufteilung des
Entgeltrückerstattungsanteils für den gebührenrelevanten Haushalt "Abfallbeseitigung" im
Haushaltsjahr 1997, Seite 2).
Allerdings sind den Gebührenpflichtigen nicht nur die entsprechenden Kapazitätskosten in
Rechnung gestellt worden. Vielmehr enthält das Entgeltkalkulationsschema ebenso wie
die in der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2001 vom Vertreter der B1. GmbH
vorgelegte Aufstellung "Kostenverteilung Thermische Abfallbeseitigung" für 1997 einen so
genannten "B1. -Aufschlag", um den der 50%ige B1. -Basiskostenanteil erhöht wurde.
Dieser machte im Hinblick auf die für den Kreis und die Stadt B. zunächst angesetzten
145.000 t/a von insgesamt 290.000 t/a 50 % der für den Betrieb der
Müllverbrennungsanlage ermittelten ansatzfähigen Kosten aus. Gemäß dem
Entgeltschema zahlt die B1. GmbH nach Abzug der im Wesentlichen von der Fa. S. +U.
Entsorgung GmbH gezahlten Verbrennungsentgelte diesen "B1. - Aufschlag" an die MVA
X. GmbH & Co. KG in Höhe von 50 % der kalkulierten verbleibenden, nicht gedeckten
Kosten der Anlage und wälzt ihn über die Entgelte auf die Kommunen ab. Diese nicht
durch die für die Gebührenzahler aus Stadt und Kreis B. vorgehaltene Kapazität von
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145.000 t/a veranlassten, sondern mit dem weiteren Kapazitätsanteil verbundenen Kosten
sind bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Verbrennungsleistung für die
Stadt und den Kreis B. nicht notwendig im Sinne von Nr. 4 LSP; sie gehen über das Maß
der Inanspruchnahme der Abfallentsorgung durch die Gebührenpflichtigen hinaus.
Für das Gebührenjahr wirkt sich dieser methodisch fehlerhafte Kalkulationsansatz
allerdings nicht aus, weil die sich insgesamt ergebende Belastung der Gebührenpflichtigen
weniger als 3 % der zulässigen Kostenansätze beträgt. Entsprechend der in der
mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2001 vorgelegten Aufstellung "Kostenverteilung
Thermische Abfallbeseitigung" lag der "B1. - Aufschlag" im Jahr 1997 bei 469.772,46 DM
(Spalte 32 der Aufstellung). Auf die Gewichtstonne Abfall umgerechnet ergibt sich hieraus
ein Betrag von 3,15 DM netto und 3,67 DM brutto. Angesichts der gebührenrelevanten
Abfallmenge aus der Stadt B. von 50.321,96 t folgt hieraus eine Belastung durch den "B1. -
Aufschlag" in Höhe von 184.681,59 DM. Dieser relativ geringe Betrag erklärt sich daraus,
dass die MVA X. entgegen den Erwartungen zur Zeit der Entgeltkalkulation im
Gebührenjahr 1997 tatsächlich nur einen Monat, nämlich im Dezember 1997 im Echtbetrieb
lief, dessen Kosten im Gegensatz zu denen des bis einschließlich November 1997
andauernden Probebetriebes letztlich anteilig von den Gebührenzahlern zu tragen waren.
Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen mit dem Anlagenlieferer war die B1. GmbH
nach Ablauf des Jahres 1997 in der Lage, den Kommunen die wegen der langen Dauer
des Probebetriebes ihr nicht entstandenen Kosten zurückzuerstatten. Dadurch reduzierten
sich die Entsorgungsentgelte um 238,248 DM/t netto und 273,986 DM/t brutto.
Aus dem "B1. -Aufschlag" in Höhe von 184.681,59 DM und der vom Beklagten selbst
errechneten Überdeckung von 539.763,83 DM ergibt sich ein Gesamtbetrag von
724.445,42 DM. Zur Ermittlung der zulässigen durch Gebühren zu deckenden
Gesamtkosten ist dieser Betrag zunächst von dem aus der "WS-Rechnung" des Beklagten
folgenden Kostenbetrag von 38.810.398,78 DM abzuziehen. Ausgehend von dem Ergebnis
von 38.085.953,36 DM liegt die maßgebliche 3%-Grenze bei 1.142.578,50 DM. Der die
Gebührenpflichtigen belastende Betrag von 724.445,42 DM liegt unterhalb dieser Grenze.
Für andere Gebührenjahre mag sich dies anders darstellen.
Die unter der Ordnungsnr. 2800/9 in die Gebührenkalkulation aufwandsmindernd
eingebrachte Position "Zuführung von Vermögenshaushalt" in Höhe von 5.964.000,- DM
musste vom Beklagten nicht auch in die Vergleichsberechnung nach dem Betriebsergebnis
eingeführt werden. Der Betrag stammt aus der bei der Stadt gebildeten
Gebührenausgleichsrücklage. Diese wird aus nicht vorausgesehenen Überdeckungen
früherer Kalkulationsperioden gespeist. Das entsprechende "Guthaben" der
Gebührenzahler wurde gebührenmindernd in die Kalkulationsperiode 1997 eingestellt. Aus
der Niederschrift über die Ratssitzung vom 18. Dezember 1996 ist das dringliche Bemühen
des Rates ersichtlich, die Gebührenlast für 1997 zu senken. Allerdings kommt es - wie
oben ausgeführt - bei der Ergebnisbetrachtung hinsichtlich der Rechtfertigung der
Gebührensätze allein auf die gebührenrechtliche Zulässigkeit der tatsächlichen
Kostenansätze an. Weil eine rechtliche Verpflichtung zum Einsatz der Rücklage wegen des
Grundsatzes des Verbots periodenfremder Verrechnungen nicht besteht, bleibt diese
Position im Rahmen der Überprüfung der Ist-Rechnung unberücksichtigt. Dies folgt daraus,
dass der Gebührensatz nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das
Land Nordrhein-Westfalen lediglich im Ergebnis den (zwingenden) Anforderungen der
einschlägigen Gebührenvorschriften (§ 6 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 KAG) entsprechen muss,
vgl. auch Urteil vom 27. Januar 1998 - 9 A 6093/96 -; Beschluss vom 19. März 1998 - 9 B
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Die Frage, ob der Beklagte bei der rechnerischen Darstellung der (Behälter-
)Maßstabsgrößen für 1997 auf das Jahresende abstellen durfte, entfaltet für die
Vergleichsberechnung keine Bedeutung. Auf die vom Beklagten in diesem
Zusammenhang vorgenommene Berechnung des Abfallentsorgungs-Literpreises kommt es
nicht an. Die für die Vergleichsberechnung maßgebliche Größe ist die Höhe der
tatsächlichen Gebühreneinnahmen im Jahr 1997. In diesen schlägt sich die Entwicklung
der Behältergrößen durch Änderungsmeldungen bzw. Verringerung während des Jahres
exakt nieder.
Auch weitere Gesichtspunkte verhelfen der Klage nicht zum Erfolg.
In der Gebührenkalkulation der Stadt sind die kalkulatorischen Abschreibungen
zulässigerweise nach dem Wiederbeschaffungszeitwert berechnet worden,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 - NWVBl. 1994, 429 = KStZ 1994,
213 = StädteT 1994, 681 = GemHH 1994, 233; Urteil vom 21. März 1997 - 9 A 1921/95 -
a.a.0., Urteil vom 19. Mai 1998 - 9 A 5799/97 -.
Der Wortlaut des § 6 Abs. 2 KAG steht einer Abschreibung auf der Basis des
Wiederbeschaffungszeitwertes nicht entgegen. Er lässt vielmehr jegliche
Abschreibungsmethode zu, soweit sie betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entspricht. Die
Kammer weicht von der durch Auswertung eines eingeholten betriebswirtschaftlichen
Sachverständigengutachtens gefundenen und nunmehr in ständiger Rechtsprechung
vertretenen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
wonach es sich bei der Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten um eine nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zulässige Abschreibungsmethode handelt, nicht ab.
Damit ist es nach dem Willen des Landesgesetzgebers den Gemeinden überlassen,
zwischen mehreren zulässigen Abschreibungsmethoden, nämlich nach dem so genannten
Anschaffungswertmodell und nach Wiederbeschaffungszeitwerten, auszuwählen. Daraus
folgt zugleich, dass die Städte und Gemeinden hingegen rechtlich nicht gezwungen sind,
von der Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten zugunsten der Abschreibung
nach Anschaffungswerten Abstand zu nehmen,
vgl. zuletzt OVG NRW, Urteil vom 5. April 2001 - 9 A 1795/99 -.
Ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden ist die vorgenommene Verzinsung des
Anlagekapitals (Ordnungsnr. 6850/7) auf die Herstellungs- bzw. Anschaffungswerte nach
einem Nominalzinssatz von 8 %. Die Kammer sieht für die hier zur Überprüfung
anstehende Kalkulation noch keinen Anlass, von dem vom Oberverwaltungsgericht
gefundenen zulässigen Mischzinssatz von 8 %,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 - (II. 5.1) a.a.O.; Urteil vom 21.
März 1997 - 9 A 1921/95 -, S. 11 a.a.O.; vgl. auch Mohl, Schick, KStZ 1994, 226, 227,
abzuweichen. Denn diesem Nominal-Mischzinssatz liegt eine Auswertung der
Umlaufrenditen für öffentliche Anleihen der letzten 40 Jahre bis 1992 zu Grunde. Diese
betrugen von 1952 bis 1992 durchschnittlich - je nach Berechnungsmethode - 7,5 - 7,7 %,
wobei dieser als Ausgangswert dienende Zinssatz hinsichtlich des zu verzinsenden
Fremdkapitals angemessen zu erhöhen ist. Zwar sind die entsprechenden Zinssätze für die
darauf folgenden Jahre, 1993 bis zum hier maßgeblichen Jahr der Kalkulation 1996,
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niedriger als der o. g. durchschnittliche Zinssatz. Sie liegen nach einer von der
Landeszentralbank in Düsseldorf eingeholten Auskunft vom 25. Oktober 2000 für das Jahr
1993 bei 6,28 %, für 1994 bei 6,67 %, für 1995 bei 6,50 % und für 1996 bei 5,64 %, also für
die Jahre 1993 bis 1996 bei durchschnittlich nur 6,27 %. Allerdings sind die
Nutzungszeiten für die hier in Rede stehenden höherwertigen Anlagegüter zum Teil relativ
lang. Sie liegen für unbewegliches Anlagevermögen (Gebäude, Zwischenlager) im
Wesentlichen zwischen zehn und 67 Jahren und für die höherwertigen beweglichen
Vermögenspositionen (Lkw, Großraumbehälter, Abfallwirtschaftskonzept,
Gewerbemüllkataster) bei sieben bis zehn Jahren. Da es damit angesichts der einzelner
Anlagegüter auf eine längerfristige Betrachtung der Zinsentwicklung ankommt, wirkt sich
die unter 8 % abfallende Tendenz in der Zinsentwicklung ab 1993 insgesamt noch nicht
derart aus, dass der der Kalkulation zugrundegelegte Durchschnittszins von 8 % rechtlich
zu beanstanden wäre.
Die Frage nach der Ansatzfähigkeit der Kosten für die Beseitigung so genannten wilden
Mülls ließe sich nicht ohne Weiteres allein aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 LAbfG
beantworten, wonach zu den ansatzfähigen Kosten insbesondere auch die Kosten für das
Einsammeln, Befördern und Endbeseitigen verbotswidriger Abfallablagerungen auf den der
Allgemeinheit zugehörigen Grundstücken gehören. Zwar ist der Vorschrift der
gesetzgeberische Wille zur Schaffung einer gegenüber den allgemeinen rechtlichen
Vorgaben des § 6 KAG modifizierten Abfallentsorgungsgebühr zu entnehmen.
Dementsprechend ist der Aufgabenkreis der öffentlichen Einrichtung Abfallbeseitigung
erheblich erweitert worden. Mangels eines solchen Zusammenhanges zu einer
Inanspruchnahme durch die Gebührenpflichtigen könnte die "Gebühr" unter Einstellung der
Entsorgungskosten für den "wilden Müll" in die Nähe einer unzulässigen Sonderabgabe
geraten,
vgl. Dahmen in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 4 KAG, Rdnr. 58 (Erg. Lfg. Sept.
1995), Schulte/Wiesemann in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6, Rdnr. 97, 135
jeweils Erg. Lfg. März 2000; Dahmen, Abfallgebühr - quo vadis?, KStZ 1992, 121; VG
Dresden, Urteil vom 4. Juni 1998, 7 K 3305/95; VG Leipzig, Urteil vom 21. September 1998,
6 K 1692/96.
Insoweit sei auf die mit Bundesrecht unvereinbaren Regelungen über die landesrechtlichen
Lizenzentgelte, die gemäß § 9 Abs. 2 LAbfG NRW auch zu den ansatzfähigen Kosten
gehören sollen, hingewiesen,
vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. März 2000, 2 BvL 3/96.
Diese Frage kann für das Jahr 1997 aber offen bleiben, weil für dieses Jahr nach den
vorliegenden Unterlagen und den Darlegungen des Beklagten kein Ansatz für die
Beseitigung "wilden Mülls" stattgefunden hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m.
§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.