Urteil des VG Aachen vom 29.10.2010

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Verwaltungsgericht Aachen, 1 K 123/10
Datum:
29.10.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 123/10
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des
jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d :
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Die Beteiligten streiten über eine Personalmaßnahme gegenüber dem Kläger, der als
technischer Fernmeldeamtsrat im Dienst der Beklagten steht.
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Mit Schreiben vom 7. Juli 2009 hörte der Vorstand der Deutschen Telekom AG den
Kläger gemäß § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) zu einer beabsichtigten
Zuweisung gemäß § 4 Abs. 4 Sätze 2 und 3 Postpersonalrechtsgesetz (PostPersRG) zu
der U. -T1. F. Service GmbH mit Dienstort in E. an. Dieser Absicht widersprach er im
Wesentlichen mit der Begründung, dass weder das Stellenangebot selbst noch die
Stelle seinem Profil entspreche, weil die künftige Stelle erkennbar zum nicht
technischen mittleren Dienst gehöre.
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In der Folgezeit überprüfte die Beklagte die Einwände und teilte dem Kläger mit
Schreiben vom 9. September 2009 mit, dass die Anhörung vom 27. Juli 2009 um einen
Passus zur betrieblichen üblichen Arbeitszeit und zur altersreduzierten
Wochenarbeitszeit ergänzt werde. Ebenfalls unter dem 9. September 2009 erhielt der
Kläger ein Schreiben der Deutschen Telekom AG, Niederlassung Personalbetreuung,
für zu Töchtern beurlaubte Mitarbeiter, in dem es wie folgt heißt:
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"Sehr geehrter Herr U. . , wir laden Sie hiermit zu einem Vorstellungsgespräch mit Herrn
G. K. (Namensabkürzungen durch das Gericht), Leiter des Account
Sparkasseninformatik, am Mittwoch den 16.09.2009 um 10:00Uhr I. M.-- 35 in 40549 E.
recht herzlich ein. Bitte melden Sie sich am Empfang. Ihr Ansprechpartner vor Ort ist
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Frau B. Für das Vorstellungsgespräch bringen Sie bitte Ihre kompletten
Bewerbungsunterlagen mit (ausführlicher Lebenslauf, Zeugnisse). Nach den Konzern -
Reiserichtlinien können Sie für die Fahrt nach E. Reisekostenerstattung beantragen. Wir
wünschen Ihnen für das Vorstellungsgespräch viel Erfolg. Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift"
Mit Schreiben vom 14. September 2009 rügte der Prozessbevollmächtigte, dass sich die
Beklagte in diesem Schreiben unmittelbar an den Kläger gewandt und ihn, den
Prozessbevollmächtigten, nicht informiert habe. Sein Mandant sei nicht verpflichtet, an
der in dem Schreiben genannten Veranstaltung teilzunehmen und werde den Termin
am 16.09.2009 nicht wahrnehmen.
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Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 18. November 2009 mitgeteilt hatte, dass die
dauerhafte Zuweisung des Klägers nicht mehr beabsichtigt sei, beantragte der
Prozessbevollmächtigten den Erlass einer Widerspruchsentscheidung, nachdem der
Widerspruch gegen die beabsichtigte Zuweisung nach E. erfolgreich gewesen sei.
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Der Kläger hat am 22. Januar 2010 Klage erhoben. Er trägt vor, er habe gegen die
Aufforderung, sich am 16.09.2009 zu einem Vorstellungsgespräch in E. einzufinden,
erfolgreich Widerspruch eingelegt, ohne dass die Beklagte hierüber und die Kosten des
Widerspruchsverfahrens entschieden habe.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, über den Widerspruch des Klägers vom 14.09.2009 gegen
die Zuweisung vom 09.09.2009 zu entscheiden.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hält die Klage für unzulässig, weil in dem Schreiben vom 09.09.2009 lediglich eine
Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch am 16. September 2009
ausgesprochen worden sei. Hierin liege kein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1
VwVfG, gegen den ein Widerspruch statthaft wäre.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Personalakten
verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Kammer kann durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheiden,
weil sich die Beteiligten hiermit übereinstimmend einverstanden erklärt haben, vgl. §§
87 a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Die Klage hat keinen Erfolg. Der Kläger besitzt keinen Anspruch Verpflichtung der
Beklagten, über seinen Widerspruch vom 14. September 2009 gegen die von ihm so
bezeichnete "Zuweisung" vom 9. September 2009 neu zu entscheiden. Denn in diesem
Schreiben der Beklagten liegt kein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), gegen den ein Widerspruch gemäß § 68 Abs.
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1 Satz 1 VwGO statthaft wäre.
Ein Verwaltungsakt ist nach § 35 Satz 1 VwVfG jede Verfügung, Entscheidung, oder
andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf
dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach
außen gerichtet ist. Die im Schreiben der Beklagten vom 9. September 2009
ausgesprochene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bei dem Leiter des B. T2.
Informatik am 16. September 2009 nach E. erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
Insbesondere ist sie erkennbar nicht auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen
gerichtet. Es blieb nämlich dem Kläger überlassen, ob er der Einladung folgte oder - wie
geschehen - nicht. Dienstrechtliche Sanktionen waren mit dieser Entscheidung weder
angedroht noch tatsächlich verbunden. Bereits mit dem Wortlaut einer Einladung weist
das Schreiben keine Nähe zu einer als Verwaltungsakt zu qualifizierenden Maßnahme,
wie Abordnung, Versetzung oder Zuweisung, auf.
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Dies war auch aus dem "Empfängerhorizont" des Klägers ohne Weiteres, insbesondere
ohne tiefer gehende juristische Kenntnisse zu erkennen. An dieser rechtlichen
Beurteilung ändert auch der am Ende des Schreibens enthaltene Hinweis darauf nichts,
dass der Kläger die Fahrt nach E. nach den Konzern-Reiserichtlinien abrechnen könne.
Einen Regelungscharakter enthält die Einladung hierdurch nicht. Diese Einschätzung
wird bestätigt durch den weiteren Verlauf des Zuweisungsverfahrens, das - ohne ein
weiteres Eingehen auf den versäumten Termin - durch Mitteilung vom 18. November
2009 formlos beendet worden ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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