Urteil des VG Aachen vom 24.04.2007

VG Aachen: ausgleichsabgabe, grobe fahrlässigkeit, arbeitsamt, säumnis, daten, sparkasse, mahnung, mangel, datum, unternehmen

Verwaltungsgericht Aachen, 2 K 603/05
Datum:
24.04.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 603/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten
nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der
jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
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Die Klägerin, ein Logistikunternehmen mit Sitz in B., wendet sich mit der vorliegenden
Klage gegen die Erhebung eines Säumniszuschlages wegen verspäteter Erhebung der
Ausgleichsabgabe.
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Die Klägerin hatte nach ihren eigenen Angaben im Kalenderjahr 2003 durchschnittlich
21,91 Arbeitsplätze, von denen keiner mit einem Schwerbehinderten besetzt war. Nach
ihren eigenen Angaben und Berechnungen hatte die Klägerin für das Kalenderjahr 2003
eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 1.260,- EUR zu entrichten. Da dieser Geldbetrag
erst am 5. Oktober 2005 bei der Kasse des Integrationsamtes einging, erhob der
Beklagte mit Bescheid vom 30. November 2004 einen Säumniszuschlag in Höhe von
87,50 EUR. Er verwies darauf, dass der Ausgleichsbeitrag vor dem 1. April 2003 hätte
eingehen müssen. Es liege somit eine Säumnis im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB IV vor.
Danach betrage der Säumniszuschlag 1 vom Hundert des rückständigen, auf 50,- EUR
nach unten abgerundeten Betrages für jeden angefangenen Monat ab Fälligkeit. Mit
Schreiben vom 11. Februar 2005 erinnerte der Beklagte an die Zahlung des
Säumniszuschlags, den er um Mahngebühren von 6,- EUR erhöhte. Er bat um
Ausgleich dieses Betrages bis spätestens zum 22. Januar 2005, da er ansonsten
gezwungen sei, - ohne weitere Ankündigung - das Verwaltungszwangsverfahren gegen
die Klägerin durchzuführen. Mit Pfändungsverfügung vom 2. März 2005 pfändete der
Beklagte von einem Konto der Klägerin bei der Sparkasse B. einen Betrag in Höhe von
120,22 EUR. Neben dem Säumniszuschlag in Höhe von 87,50 EUR umfasste dieser
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Betrag Gebühren und Auslagen in Höhe von 32,72 EUR. Diese Pfändungsverfügung
wurde am 4. März 2005 der Sparkasse Aachen zugestellt. Der Klägerin wurde sie
lediglich formlos übersandt. Die Klägerin erhob Widerspruch gegen die
Pfändungsverfügung. Ihr liege lediglich ein Schreiben vom 11. Februar 2005 vor, in
welchem auf einen behaupteten Bescheid vom 30. November 2004 über die Erhebung
eines Säumniszuschlages gemäß § 77 Abs. 4 SGB IX verwiesen werde. Dieser
Bescheid vom 30. November 2004 sei ihr zu keinem Zeitpunkt zugestellt worden. Sie
bitte deshalb zunächst um Übersendung einer Fotokopie dieses Bescheides. Im
Übrigen habe sie das im Schreiben vom 11. Februar 2005 genannte Zahlungsziel 22.
Januar 2005 nicht erreichen können, da dieses Zahlungsziel bereits zum Zeitpunkt der
Fertigung des Schreibens in der Vergangenheit lag.
Am 7. März 2005 wurde der gepfändete Betrag in Höhe von einer 120,22 EUR einem
Konto des Beklagten gutgeschrieben.
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Mit Abhilfebescheid vom 23. März 2005 gab der Beklagte dem Widerspruch gegen die
Pfändungsverfügung vom 2. März 2005 statt. Der Bescheid vom 30. November 2004,
der Grundlage der Pfändungsverfügung vom 2. März 2005 sei, sei am 30. November
2004 bei der Post als einfacher Brief aufgegeben worden. Die Zustellung dieses
Bescheides sei nicht vorgeschrieben, so dass von der Bekanntgabe am 3. Dezember
2004 gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG NRW -
ausgegangen werden konnte. Da die Klägerin den geforderten Säumniszuschlag nicht
gezahlt habe, sei mit Mahnung vom 11. Februar 2005 an die Zahlung erinnert worden.
Der in der Vergangenheit liegende Zahlungstermin 22. Januar 2005 sei ein
offensichtlicher Schreibfehler, zumindest jedoch ein durch Rückfragen einfach zu
klärender Mangel. Auch hierauf habe die Klägerin nicht reagiert, obwohl für den Fall der
Nichtzahlung das Verwaltungszwangsverfahren angekündigt war. Entgegen der
Auffassung der Klägerin seien die Säumniszuschläge auch nicht verjährt. Da keine
spezialgesetzlichen Regelungen zur Verjährung vorhanden seien, gälten die §§ 195
und 199 BGB. Deshalb werde ihr in der Anlage der Bescheid über die Erhebung eines
Säumniszuschlages für das Jahr 2003 vom 30. November 2004 erneut übersandt. Die
Zustellung werde nunmehr durch Postzustellungsurkunde nachgewiesen; der
Zahlungseingang werde bis zum 15. April 2005 erwartet. Die Erstattung des durch die
Pfändung erfolgten Betrages in Höhe von 120,22 EUR auf das Firmenkonto bei der
Sparkasse B. werde veranlasst werden. Weiterhin werde er entstandene
Zinsaufwendungen auf begründeten Antrag begleichen. Auch die Kosten des
Widerspruchsverfahrens würden auf Antrag erstattet werden.
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Das Schreiben vom 23. März 2005 nebst beigefügtem Bescheid vom 30. November
2004 wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. März 2005 mit
Zustellungsurkunde zugestellt.
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Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch. Sie ist der Auffassung, der erneuten
Heranziehung zu einem Säumniszuschlag stünde § 77 Abs. 4 Satz 8 SGB IX entgegen.
Danach dürfe die Ausgleichsabgabe nach Ablauf des Kalenderjahres, das auf die
Angabe der Anzeige beim Arbeitsamt erfolge, weder nachgefordert noch erstattet
werden. Hinzu komme, dass hier in jedem Fall ein Forderungsrecht verwirkt sei. Die
Klägerin überwies unter dem 12. April 2005 einen Betrag in Höhe von 87,50 EUR zum
Ausgleich des vom Beklagten geforderten Säumniszuschlages zur Vermeidung weiterer
Vollstreckungsmaßnahmen unter Vorbehalt.
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Mit Schreiben vom 1. April 2004 trat der Beklagte der Auffassung der Klägerin entgegen.
§ 77 Abs. 4 Satz 8 SGB IX gelte ausdrücklich nur für die Ausgleichsabgabe. Hier gehe
es aber um die Säumniszuschläge. Unter Anwendung der herangezogenen
Verjährungsfristen bedeute das, dass hier bei verspäteter Zahlung der
Ausgleichsabgabe für das Kalenderjahr 2003 Säumniszuschläge bis zum Ablauf des
Jahres 2007 erhoben werden können.
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Die Klägerin hat am 13. April 2005 Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft den
Vortrag aus dem Vorverfahren. Sie hält insbesondere an ihrer Auffassung fest, dass sie
erst im Jahre 2005 Kenntnis von dem erhobenen Säumniszuschlag erhalten habe,
dieser aber im Jahre 2005 nicht mehr hätte erhoben werden dürfen. Soweit der Beklagte
ihr vorhalte, sie sei im Jahr 2004 von der Agentur für Arbeit an die Einhaltung ihrer
Deklarationspflicht nach § 80 Abs. 2 SGB IX und ihre Zahlungsverpflichtung nach § 77
Abs. 4 SGB IX erinnert worden, so habe sie diese Schreiben nicht erhalten. Es komme
immer wieder vor, dass die an sie adressierte Post nicht ankomme. Sie habe deshalb
auch in der Vergangenheit ein Postfach angemietet. Wegen all dieser Besonderheiten
sei der Bescheid über die Erhebung eines Säumniszuschlags rechtsfehlerhaft.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 30. November 2004 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er tritt der Auffassung der Klägerin entgegen. Er verweist zunächst darauf, dass § 77
Abs. 4 Satz 8 SGB IX nicht die Verjährung regele, sondern in einem weiten Kontext zu §
80 SGB IX stehe. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass der Klägerin ihre
Deklaration gegenüber dem Arbeitsamt bzw. der Agentur für Arbeit abzugeben habe.
Das Arbeitsamt könne die Daten prüfen. Das Integrationsamt, das für die Erhebung der
Ausgleichsabgabe zuständig sei, könne für die Überprüfung und Festsetzung der
Ausgleichsabgabe auf die Kenntnisse des Arbeitsamtes zurückgreifen, es werde durch
diese aber nicht gebunden. Auf diesem Hintergrund regele § 77 Abs. 4 Satz 8 SGB IX,
dass das Integrationsamt die Angaben des Arbeitgebers allerdings dann nicht mehr
korrigieren könne, wenn seit Ende des Jahres, in dem die Anzeige beim Arbeitsamt
erstattet wurde, ein weiteres Jahr vergangen sei. Der Gesetzgeber habe verhindern
wollen, dass Vorgänge nach langer Zeit nochmals aufgerollt würden. Dies sei aber
etwas völlig anderes als die Verjährung von Ansprüchen. Da es für die Erhebung von
Säumniszuschlägen keine speziellen Verjährungsregeln gäbe, müsste auf die
allgemeinen Vorschriften zur Verjährung nach dem BGB zurückgegriffen werden. Dies
ständen aber der Erhebung des Säumniszuschlags nicht entgegen.
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Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die im Verfahren gewechselten Schriftsätze
verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig.
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Es handelt sich zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung um eine zulässige
Untätigkeitsklage im Sinne diese § 75 VwGO. Denn über den Widerspruch der Klägerin
gegen den am 24. Mai 2005 zugestellten Bescheid vom 30. November 2004 ist ohne
zureichenden Grund vom Beklagten nicht entschieden worden. Zwar war die
Klageerhebung am 13. April 2005 verfrüht. Dieser Mangel ist aber durch den mittlerweile
eingetretenen Zeitablauf geheilt.
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Das Schreiben des Beklagten vom 1. April 2005, in dem er zu den im
Widerspruchsschreiben vom 30. März 2005 vorgetragenen Erwägungen Stellung nimmt,
kann nicht als Widerspruchsbescheid gewertet werden, weil nach § 118 SGB IX allein
der Widerspruchsausschuss bei dem Integrationsamt, der in § 119 eine gesetzlich
vorgeschriebene Besetzung hat, über den Widerspruch befinden darf. Ein Anknüpfen an
den Abhilfebescheid des Beklagten vom 23. März 2005, der - sofern er eine erstmalige
Beschwer enthält - grundsätzlich Gegenstand der Anfechtungsklage sein kann (vgl. § 78
Abs. 1 Nr. 2 VwGO), scheidet hier aus. Denn der Abhilfebescheid befasst sich inhaltlich
allein mit der Aufhebung der Pfändungsverfügung und den sich daraus ergebenden
Konsequenzen. Nur nebenbei vermerkt er, dass in der Anlage der Bescheid über die
Erhebung eines Säumniszuschlag vom 30. November 2004 bekannt gegeben wird.
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Die Klage ist indes unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 30. November 2004
ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Erhebung eines
Säumniszuschlages in Höhe von 87,50 EUR aufgrund der verspätet gezahlten
Ausgleichsabgabe für das Kalenderjahr 2003 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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Nach § 77 Abs. 1 SGB IX haben Arbeitgeber, die die gesetzlich vorgeschriebene Zahl
schwerbehinderter Menschen nicht beschäftigen, für jeden nicht besetzten
Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen eine Ausgleichsabgabe zu
entrichten. Nach § 80 Abs. 2 SGB IX haben die Arbeitgeber der für ihren Sitz
zuständigen Agentur für Arbeit einmal jährlich bis spätestens zum 31. März für das
vorangegangene Kalenderjahr, aufgegliedert nach Monaten, die Daten anzuzeigen, die
zur Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung ihrer
Erfüllung und der Ausgleichsabgabe notwendig sind. Nach § 77 Abs. 4 SGB IX zahlt der
Arbeitgeber die Ausgleichsabgabe jährlich zugleich mit der Erstattung der Anzeige nach
§ 80 Abs. 2 SGB IX an das für seinen Sitz zuständige Integrationsamt. Für rückständige
Beträge der Ausgleichsabgabe erhebt das Integrationsamt nach dem 31. März
Säumniszuschläge nach Maßgabe des § 24 Abs. 1 SGB IV. Nach § 24 SGB IV ist für
Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt
hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 vom
Hundert des rückständigen, auf 50,- EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen.
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Diesen gesetzlichen Vorgaben genügt der angefochtene Bescheid vom 30. November
2004. Die Klägerin hat - zwischen den Beteiligten unstreitig - die Ausgleichsabgabe für
das Kalenderjahr 2003 erst am 5. Oktober 2004 statt bis zum 31. März 2004 gezahlt. Es
liegt somit eine Säumnis im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB IV vor. Die Frist zur Zahlung der
Ausgleichsabgabe ist in §§ 77 Abs. 4, 80 Abs. 2 SGB IX gesetzlich auf den 31. März des
dem Deklarierungszeitraum nachfolgenden Kalenderjahres bestimmt. Solche gesetzlich
vorgegebenen Termine stets wiederkehrender Zahlungen oder Erklärungspflichten zur
Festsetzung anderer öffentlicher Lasten - etwa der Erklärung zur Umsatzsteuer zum 10.
eines jeden Monats oder der Einkommen- bzw. Körperschaftssteuer zum 10. März, Juni,
September, Dezember eines Jahres - sind den am Wirtschaftsleben teilnehmenden
Unternehmen bekannt. Die mit der Erhebung solcher öffentlicher Abgaben befassten
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Stellen sind - zumindest hier - für den Fall, dass ein Unternehmen mit seiner
Anzeigepflicht oder der Zahlung im Rückstand ist, gesetzlich nicht zur Mahnung
verpflichtet. Es kommt deshalb für die Rechtmäßigkeit des Säumniszuschlages weder
darauf an, ob die Klägerin Im Kalenderjahr 2004 entsprechende Mahnungen der
Bundesagentur für Arbeit erhalten hat oder nicht, noch dass der Beklagte nicht zunächst
die umgehende Zahlung der Ausgleichsabgabe angemahnt hat. Nur nebenbei sei
angemerkt, dass der in den Verwaltungsvorgängen enthaltene, von der Klägerin
ausgefüllte Anzeigeformular nach § 80 Abs. 2 SGB IX ausdrücklich den Hinweis
"Abgabetermin bis spätestens zum 31. März 2004" enthält.
Die Höhe des erhobenen Säumniszuschlags ist gleichfalls nicht zu beanstanden.
Zunächst ist nach den gesetzlichen Vorgaben die Ausgleichsabgabe von 1.260,- EUR
auf 1.250.- EUR abzurunden. Ein Prozent ergibt einen Betrag von 12,50 EUR pro
Monat. Die Zeit der Säumigkeit vom 1 April 2004 bis zum 5. Oktober 2004 umfasst mehr
als sechs Monate; da nach § 24 Abs. 1 SGB IV jeder angebrochene Monat in Ansatz zu
bringen ist, sind deshalb der Berechnung sieben Monate zugrunde zu legen. Aus diesen
Daten (12,50 EUR x 7 Monate) errechnet sich der festgesetzte Säumniszuschlag in
Höhe von 87,50 EUR.
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Von der Erhebung des Säumniszuschlags war auch nicht nach § 77 Abs. 4 Satz 4 SGB
IX abzusehen. Denn es ist weder ersichtlich noch von der Klägerin überhaupt
vorgetragen, dass bei der Klägerin ein begründeter Ausnahmefall im Sinne dieser
Vorschrift vorliegt.
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Der Erhebung eines Säumniszuschlages steht schließlich auch § 77 Abs. 4 Satz 8 SGB
IX nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift wird die Ausgleichsabgabe nach Ablauf des
Kalenderjahres, das auf den Eingang der Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit
erfolgt, weder nachgefordert noch erstattet. Wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat,
bezieht sich diese Vorschrift zum einen nur auf die Ausgleichsabgabe selbst, zum
anderen wollte der Gesetzgeber damit sowohl Ansprüche auf Erstattung einer
überzahlten Ausgleichsabgabe als auch eine Nachforderung ausschließen, um ein mit
erheblichem Verwaltungsaufwand verbundenes Wiederaufrollen länger zurückliegender
Vorgänge zu vermeiden. Aber selbst wenn man der gegenteiligen Auffassung der
Klägerin folgen würde, hätte danach die Erhebung eines Säumniszuschlags im März
2004 noch nicht gegen diese Vorschrift verstoßen. Da nach den in den
Verwaltungsvorgängen des Beklagten enthaltenen Unterlagen die Verpflichtung zur
Anzeige der Beschäftigungssituation bei der Klägerin im Jahre 2003 unter dem von der
Klägerin angegebenen Datum 31. März 2004 gefertigt wurde und ausweislich des
Eingangsstempels am 1. Oktober 2004 beim Arbeitsamt B. eingegangen ist, wäre der
Säumniszuschlagbescheid am 24. März 2005 selbst noch innerhalb der Jahresfrist der
Klägerin zugestellt worden. Der Beklagte hat aber zutreffend darauf hingewiesen, dass
die Regelung des § 77 Abs. 4 Satz 8 SGB IX nur für die Ausgleichsabgabe selbst, nicht
aber für Säumniszuschläge gilt. Das folgt schon aus Sinn und Zweck dieser
Säumniszuschläge. Dadurch soll eine fristgerechte Zahlung der Ausgleichsabgabe
sichergestellt und verhindert werden, dass ein säumiger Arbeitgeber aufgrund des bei
Säumnis erforderlichen Feststellungs- und gegebenenfalls zeitaufwändigen
Verwaltungszwangsverfahrens sich gegenüber den fristgerecht leistenden Arbeitgebern
Vorteile verschafft. Dies schließt es aus, die Regelung des § 77 Abs. 4 Satz 8 auch nur
sinngemäß auf Säumniszuschläge anzuwenden.
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Der Erhebung des Säumniszuschlags ist auch nicht verjährt. Mangels anderweitiger
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Vorschriften gelten für die Erhebung von Säumniszuschlägen insoweit die §§ 194 ff.
BGB über die Verjährung. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt danach 3 Jahre (vgl.
§ 195 BGB). Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem
Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den
Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt
hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Unter diesen Voraussetzungen
stehen der Erhebung eines Säumniszuschlages in dem am 24. März 2005 zugestellten
Bescheid vom 30. November 2004 die Vorschriften über die Verjährung nicht entgegen.
Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht auf Verwirkung berufen. Verwirkung setzt
neben einem Zeitmoment auch einen Umstandsmoment voraus. Es sind hier aber keine
Umstände ersichtlich oder dargetan, woraus die Klägerin hätte schließen können, dass
der Beklagte auf die gesetzlich vorgesehene Verhängung eines Säumniszuschlages
verzichtet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung
mit den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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