Urteil des VG Aachen vom 16.05.2008

VG Aachen: gerichtshof der europäischen gemeinschaften, aufenthaltserlaubnis, visum, einreise, abschiebung, schengen, ausnahme, duldung, ausweisungsgrund, datum

Verwaltungsgericht Aachen, 8 L 445/07
Datum:
16.05.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 L 445/07
Tenor:
1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Aufenthalt der Antragstellerin
bis zur Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Aufenthaltsgesetz zu dulden und ihr
hierüber eine Bescheinigung zu erteilen. Im Übrigen wird der Antrag
abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsgegner zu zwei Dritteln
und der Antragsteller und die Antragstellerin als Gesamtschuldner zu
einem Drittel.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
1
1. Der - sinngemäß gestellte - Antrag der Antragstellerin (zu 1.) und des Antragstellers
(zu 2.), den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung
2
a) zu verpflichten, der Antragstellerin eine Erfassungsbescheinigung (heute
Fiktionsbescheinigung) gemäß § 21 Ausländergesetz (AuslG 1965) zu erteilen,
3
b)
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c) hilfsweise zu verpflichten, den Aufenthalt der Antragstellerin zu dulden und hierüber
eine Bescheinigung zu erteilen,
5
d)
6
e) weiter hilfsweise zu verpflichten, bis zur Entscheidung über den Antrag der
Antragstellerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis von Abschiebungsmaßnahmen
abzusehen,
7
f)
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hat in dem tenorierten Umfang Erfolg.
9
a) Der Antrag auf Verpflichtung zur Erteilung einer Erfassungsbescheinigung bleibt
ohne Erfolg.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf
Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn ein
Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf ein bestimmtes Handeln
zusteht (Anordnungsanspruch) und dieser Anspruch gefährdet ist und durch vorläufige
Maßnahmen gesichert werden muss (Anordnungsgrund). Der Antragsteller hat
Anordnungsgrund und -anspruch glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§
920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO).
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Ein Anordnungsgrund liegt vor. Der Antragsgegner bestreitet den von der Antragstellerin
geltend gemachten Anspruch und verweist sie darauf, aus der Bundesrepublik
Deutschland auszureisen, um von der Türkei aus das Visumsverfahren zu betreiben. Er
steht auf dem Standpunkt, die Abschiebungsandrohung aus der Versagungsverfügung
der Ausländerbehörde der I. vom 5. Dezember 2006 könne vollzogen werden.
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Die Antragstellerin kann sich allerdings insoweit nicht mit Erfolg auf einen
Anordnungsanspruch berufen. Die beantragte Erfassungsbescheinigung steht ihr nicht
zu.
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Die Antragstellerin begehrt eine Erfassungsbescheinigung, d. h. eine Bescheinigung
darüber, dass ihr Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde über ihren
Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Anwendung des § 21 Abs. 3 AuslG
1965 vorläufig als erlaubt gilt. Sie hält diese Vorschrift über die Standstill-Klauseln der
assoziationsrechtlichen Vereinbarungen zwischen der Europäischen Union und der
Türkei (Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei über die
Entwicklung der Assoziation - ARB 1/80 - und Art. 41 Abs. 1 des mit der Verordnung
EWG Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 bestätigten Zusatzprotokolls zum
Assoziierungsabkommen) für anwendbar, weil § 21 Abs. 3 AuslG 1965 mit der dort
geregelten Erlaubnisfiktion eine günstigere Regelung als die des nunmehr geltenden
Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) enthalte.
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Zunächst ist als Ausgangspunkt festzuhalten, dass der inhaltlich wohl bereits bei der
Vorsprache der Antragstellerin bei der Ausländerbehörde I. - I1. im Mai 2007 (ohne
Datum) gestellte und mit Schreiben vom 30. Mai 2007 als "Umverteilungsantrag" an den
Antragsgegner weitergeleitete, jedenfalls aber unter dem 9. Juli 2007 ausdrücklich
gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in der Tat weder die
Fiktionswirkungen des § 81 Abs. 4 AufenthG (Fortbestehens-/Titelfiktion) noch die des §
81 Abs. 3 AufenthG (Erlaubnis- bzw. Duldungsfiktion) auszulösen vermochte, weil die
im Jahre 2002 mit einem für die Zeit vom 7. August 2002 bis zum 15. September 2002
gültigen Schengen-Visum eingereiste Antragstellerin keine Aufenthaltserlaubnis
erhalten hatte, um deren Verlängerung es gehen könnte (§ 81 Abs. 4 AufenthG) und sie
sich nach Ablauf der Visums-Geltungsdauer nicht mit dem erforderlichen Visum, also
nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hatte. Als türkische Staatsangehörige
benötigte sie gemäß § 4 Abs. 1 AufenthG sowohl für Kurzaufenthalte (vgl. §§ 15 ff.
Aufenthaltsverordnung - AufenthV - und Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 539/2001)
als auch für längerfristige Aufenthalte (vgl. §§ 6 Abs. 4, 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG)
einen Aufenthaltstitel.
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Ob die Antragstellerin im Grundsatz die Voraussetzungen der Standstill- Klauseln in den
assoziationsrechtlichen Vereinbarungen erfüllen würde und sich mit dem von ihr
gewünschten Erfolg, der Geltung des § 21 Abs. 3 AuslG, darauf berufen könnte,
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vgl. hierzu Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), Urteil vom 11. Mai
2000 - C-37/98 (Savas) und Urteil vom 20. September 1990 - C-192/89 (Sevince), siehe
hierzu die Beschlüsse der Kammer vom 18. August 2003 - 8 L 801/03 und 803/03 - und
nunmehr das EuGH-Urteil vom 20. September 2007 - C-16/05 (Tum und Dari),
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kann hier offen bleiben. Denn jedenfalls aus einem - außerhalb der sich stellenden
Grundsatzfragen liegenden - Gesichtspunkt scheidet eine aus den Standstill-Klauseln
folgende Anwendung des § 21 Abs. 3 AuslG 1965 hier aus.
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Selbst wenn man unterstellt, dass ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in
Folge der Standstill-Klausel eine vorläufige Erlaubnisfiktion des § 21 Abs. 3 AuslG 1965
auslösen kann, gilt dies jedenfalls nicht, wenn zuvor bereits ein Antrag bestandskräftig
abgelehnt worden ist und es sich nun um einen wiederholten Antrag handelt,
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vgl. Guttmann in Gemeinschaftskommentar zum Ausländerrecht (GK AuslR), IX-1, Art.
13 ARB1 /80, Rdnr. 28.1.
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Mit anderen Worten: Wenn möglicherweise aus einer Standstill-Klausel eine
Anwendung des § 21 Abs. 3 AuslG 1965 folgt, der Ausländer also für einen Antrag in
eine ihm günstigere frühere verfahrensrechtliche Position gesetzt wird, kann er von
dieser Rücksetzung nach einer bestandskräftigen Ablehnung nicht erneut profitieren.
Wird unter der Wirkung der besseren verfahrensrechtlichen Position ein Antrag
bestandskräftig abgelehnt, so bewirkt die Bestandskraft, dass der Ausländer verfahrens-
und materiellrechtlich in die Gegenwart versetzt wird, die Bestandskraft konfrontiert ihn
also mit dem nunmehr geltenden Ausländerrecht.
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So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin hat bereits im Jahr 2005 einen
Aufenthaltserlaubnis-Antrag gestellt, den die damals zuständige Ausländerbehörde mit
Versagungsverfügung vom 5. Dezember 2006 abgelehnt hat. Diese Versagung ist nach
der Rücknahme des hiergegen zunächst erhobenen Widerspruchs am 26. Januar 2007
in Bestandskraft erwachsen. Die Antragstellerin kann die Bestandskraft nicht mit einem
(erneuten) Hinweis auf Standstill-Klauseln beseitigen; sie ist zeitlich im
Anwendungsbereich des Aufenthaltsgesetzes "angekommen".
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b) Der Hilfsantrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu
verpflichten, den Aufenthalt der Antragstellerin zu dulden und hierüber eine
Bescheinigung zu erteilen, hat jedoch Erfolg.
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Insoweit ist aus den oben dargelegten Gründen ein Anordnungsgrund und auch ein
Anordnungsanspruch gegeben. Die Antragstellerin hat nämlich das Vorliegen eines
Duldungsgrundes gemäß § 60 a Abs. 2 AufenthG - rechtliche und/ oder tatsächliche
Unmöglichkeit der Abschiebung - glaubhaft gemacht.
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Die Abschiebung erweist sich als rechtlich unmöglich, weil die Antragstellerin aufgrund
der am 10. Mai 2007 erfolgten Eheschließung nach Maßgabe des § 39 Nr. 5 AufenthV
berechtigt ist, die erforderliche Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug - nach der
Einreise - im Bundesgebiet einzuholen. Die Verwirklichung dieser Rechtsposition wäre
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ohne Sicherung im Wege einer einstweiligen Anordnung gefährdet.
Zwar scheidet die Erteilung einer Duldung bzw. die Gewährung von
Abschiebungsschutz für die Dauer des Aufenthaltsgenehmigungsverfahrens
grundsätzlich aus gesetzessystematischen Gründen aus, wenn - wie hier - ein Antrag
auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bis zu seiner Ablehnung ein vorläufiges Bleiberecht
nach § 81 Abs. 3 oder 4 AufenthG nicht zur Folge gehabt hat und ein nach
Antragsablehnung gestellter Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO damit
unzulässig wäre. Die Erteilung einer Duldung widerspräche in diesem Fall der in den
Vorschriften der §§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 1 und 2, 81 Abs. 3 und 4 AufenthG zum Ausdruck
kommenden gesetzlichen Wertung, für die Dauer eines Genehmigungsverfahrens nur
unter bestimmten Voraussetzungen ein Bleiberecht zu gewähren. Von diesem
Grundsatz ist jedoch zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des
Grundgesetzes - GG -) eine Ausnahme zu machen, wenn nur mit Hilfe einer
einstweiligen Anordnung und einer Duldung bzw. der Gewährung von
Abschiebungsschutz sichergestellt werden kann, dass eine ausländerrechtliche
Regelung ihrem Sinn und Zweck nach auch dem begünstigten Personenkreis zugute
kommt,
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vgl. zu § 32 AuslG (heute: § 23 AufenthG): Oberverwaltungsgericht für das Land
Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 15. April 2004 - 18 B 471/04 -
NWVBl. 2004, 391 und vom 20. April 1999 - 18 B 1338/97 -, InfAuslR 1999, 449.
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Die Annahme einer solchen - weiteren - Ausnahme ist mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG
aber auch in dem Fall geboten, dass - wie hier - die in § 39 Nr. 5 AufenthV vorgesehene
Berechtigung zur Einholung eines Aufenthaltstitels zum Zwecke des
Familiennachzuges im Bundesgebiet geltend gemacht wird. Andernfalls liefe diese
Vorschrift, die gerade eine Ausnahme von dem in § 5 Abs. 2 AufenthG im Grundsatz
normierten Erfordernis der ordnungsgemäßen Durchführung eines Visumverfahrens
vorsieht, leer, wenn trotz Erfüllung ihrer Voraussetzungen die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis unter Hinweis auf die Nichteinhaltung des Visumverfahrens
verweigert und auf die Einholung des Aufenthaltstitels vom Ausland aus verwiesen
würde. Dass die in § 39 Nr. 5 AufenthV vorgesehene Fallkonstellation mangels eines
vorherigen rechtmäßigen Aufenthaltes - mit oder ohne Aufenthaltstitel - nicht von § 81
AufenthG erfasst wird, steht dieser Wertung nicht entgegen. § 81 AufenthG erweist sich
unter Berücksichtigung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG insoweit gerade
nicht als abschließend.
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Es spricht nach der im Eilverfahren möglichen und gebotenen summarischen Prüfung
ganz Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen des § 39 Nr.
5 AufenthV erfüllt.
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Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer über die im Aufenthaltsgesetz geregelten
Fälle hinaus einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn seine Abschiebung
nach § 60 a AufenthG ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung oder der
Geburt eines Kindes während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet einen Anspruch auf
Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat.
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So ist die Sachlage hier. Die Abschiebung der Antragstellerin war bei Beantragung der
Aufenthaltserlaubnis im Mai 2007 (Vorsprache bei der Ausländerbehörde in I. ), im
Zeitpunkt der ausdrücklichen Antragstellung am 9. Juli 2007 und ist auch zum Zeitpunkt
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der gerichtlichen Entscheidung ausgesetzt. Die Antragstellerin hat aufgrund der
Eheschließung mit ihrem (türkischen) Ehemann nach den sich in diesem Verfahren
bietenden Erkenntnissstand einen (Rechts-)Anspruch auf Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis gemäß § 30 AufenthG (Ehegattennachzug) erworben.
Anhaltspunkte dafür, dass es - abgesehen von der Nichteinhaltung des
Visumserfordernisses nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG - sonst an einer
allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 AufenthG fehlt, sind nicht
ersichtlich.
Die Kammer teilt nicht die Auffassung des Antragsgegners, die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis komme nicht in Betracht, weil die Antragstellerin nicht die
allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Einreise mit dem erforderlichen Visum gemäß
§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erfülle und außerdem entgegen der Voraussetzung des
§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG durch den (mangels eines für den längerfristigen Aufenthalt
erforderlichen Visums) nicht rechtmäßigen Aufenthalt einen Ausweisungsgrund
verwirklicht habe.
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Es trifft zu, dass die Antragstellerin die Voraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
AufenthG nicht erfüllt. Sie ist mit einem nur für Besuchszwecke bestimmten Schengen-
Visum nach Deutschland eingereist. Dies ist jedoch ohne Belang, weil § 5 Abs. 2
AufenthG hier nicht anwendbar ist. Die Regelung kommt nämlich nicht zum Tragen,
wenn und soweit der Ausländer den Spezialregelungen der §§ 39 bis 41 AufenthV
gemäß den Aufenthaltstitel nach der Einreise einholen darf,
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vgl. hierzu nunmehr grundlegend OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2007 - 18 B
1535/07 - unter Hinweis auch auf auch Nr. 5.2.1.1 der Vorläufigen
Anwendungshinweise AufenthG, FreizügG/EU, vgl. auch Beschluss der Kammer vom
21. September 2006 - 8 L 204/06 -.
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Entgegen der Rechtsansicht des Antragsgegners kommt es in den Anwendungsfällen
des § 39 Nr. 5 AufenthV nicht auf den Visumsverstoß an. § 5 Abs. 2 AufenthG ist aus
gesetzessystematischen Gründen lediglich anzuwenden, wenn die Voraussetzungen
des § 39 Nr. 5 AufenthG nicht erfüllt sind. Die Vorschrift setzt schon ihrem eindeutigen
Wortlaut nach gerade nicht - wie früher z. B. § 9 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 DVAuslG - eine
erlaubte Einreise des Ausländers mit dem erforderlichen Visum voraus. Zwar hat der
Gesetzgeber mit dem Aufenthaltsgesetz an der schon dem Ausländergesetz 1990
zugrunde gelegten Wertung festgehalten, wonach der für den jeweils beabsichtigten
Aufenthaltszweck erforderliche Aufenthaltstitel grundsätzlich vom Ausland aus, also vor
der Einreise in einem Visumsverfahren zu beantragen ist. Daneben aber hat der
Ausländer in begrenztem Umfang weiterhin die - gegenüber § 9 DVAuslG teilweise an
günstigere Voraussetzungen - geknüpfte Möglichkeit, den Aufenthaltstitel im
Bundesgebiet einholen zu dürfen, nämlich nach den auf der Verordnungsermächtigung
des § 99 AufenthG beruhenden besonderen Regelungen der §§ 39 bis 41 AufenthV.
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Die Entstehungsgeschichte bestätigt die aufgezeigte Rechtslage. In der Begründung zu
§ 39 AufenthV,
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vgl. BT-Drucks. 731/04,
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heißt es, dass in den dort geregelten Fällen die fehlende Erfüllung der Voraussetzungen
nach § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG einem Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung eines
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Aufenthaltstitels nicht entgegen stehe,
vgl. zu Vorstehendem: OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2007, a. a. O.
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Hieraus folgt zugleich zwingend, dass der Antragstellerin entgegen der Auffassung des
Antragsgegners ihr mangels eines für den längerfristigen Aufenthalt erforderlichen
Visums nicht erlaubter Aufenthalt nicht als etwaiger Ausweisungsgrund (§ 55 Abs. 2 Nr.
2 i. V. m. §§ 95 Abs. 1 Nr. 2, 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) entgegengehalten werden kann.
Der nicht rechtmäßige Aufenthalt ist eine logische Folge der Einreise ohne das
erforderliche Visum, die - wie sich aus Vorstehendem ergibt - hier wegen der Geltung
der Spezialregelung des § 39 Nr. 5 AufenthV unerheblich bleibt. Daraus folgt zwingend,
dass dem Ausländer in Fällen des § 39 AufenthG auch nicht die aus dem nicht
rechtmäßigen Aufenthalt folgende abstrakte Verwirklichung eines Ausweisungsgrundes
(§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) zum Nachteil gereichen kann. Anderenfalls würde die vom
Gesetzgeber in § 39 AufenthG konzipierte Erleichterung der Einholung eines
Aufenthaltstitels im Bundesgebiet konterkariert werden.
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Offen bleiben kann nach diesem Ergebnis, ob die Antragstellerin aufgrund ihres vom 7.
August bis zum 15. September 2002 geltenden Schengen-Visums zusätzlich auch die
Voraussetzungen des § 39 Nr. 3 Altn. 2 AufenthV erfüllt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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2. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nrn. 1
und 2 i.V.m. 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Das Antragsinteresse
ist mit Rücksicht auf den einstweiligen Charakter dieses Verfahrens in Höhe der Hälfte
des gesetzlichen Auffangstreitwerts (5.000,- EUR) ausreichend und angemessen
berücksichtigt. Einer gesonderten streitwert-mäßigen Erfassung der Hilfsanträge
bedurfte es nicht.
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