Urteil des VG Aachen vom 11.09.2003

VG Aachen (antragsteller, aufschiebende wirkung, öffentliche versteigerung, unterbringung, anordnung, verfügung, wert, antrag, frist, freihändiger verkauf)

Verwaltungsgericht Aachen, 6 L 734/03
Datum:
11.09.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 L 734/03
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der
Antragsteller.
2. Der Streitwert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Der Antrag,
2
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Folgen
der Vollziehungsmaßnahmen vom 11. Dezember 2002 rückgängig zu machen und die
10 weggenommenen Trakehner vorläufig an den Antragsteller zurückzugeben,
3
hilfsweise,
4
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 17. Dezember
2002 gegen die Sicherstellung und Verwahrung der 10 Trakehner wiederherzustellen
und anzuordnen, dass diese Pferde an den Antragsteller zurückgegeben werden,
5
weiter hilfsweise,
6
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Auskunft über
den aktuellen Aufenthaltsort der am 11. Dezember 2002 weggenommenen Trakehner
zu erteilen,
7
hat keinen Erfolg.
8
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist mit dem Hauptantrag zulässig, jedoch
unbegründet.
9
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist hier gemäß § 123 Abs. 5 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft, da es sich bei der Fortnahme und der
"Überlassung" der Pferde an den U. B. 0000 X. -U1. e.V. (im Folgenden: "B. 0000") am
11. Dezember 2002 nicht -wie der Antragsteller meint- um sofort vollziehbare
Verwaltungsakte handelt -im Hinblick auf die einstweiliger Rechtsschutz gemäß § 80
10
Abs. 5 Satz 1 VwGO zu gewähren wäre-, sondern um tatsächliches
Verwaltungshandeln, nämlich um (1.) die Anwendung des mit der Anordnung der
Fortnahme der Pferde vom 30. April 2002 angedrohten und später festgesetzten
unmittelbaren Zwangs gemäß § 65 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes -NRW-
(VwVG) und (2.) die privatrechtsgeschäftliche Vornahme der am 13. Juni 2002
angeordneten Veräußerung der Pferde durch Schenkung und Übereignung der Pferde
an die "B. 0000".
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur
Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Der Antragsteller muss glaubhaft machen, dass ihm ein Anspruch auf die geltend
gemachte Regelung zusteht (Anordnungsanspruch) und das Abwarten einer
gerichtlichen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren für ihn mit schlechthin
unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (Anordnungsgrund), § 123 Abs. 1 und 3
VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).
11
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Dem Antragsteller ist es nicht
gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.
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Ein hier allenfalls denkbarer -grundsätzlich durch einstweilige Verfügung vorläufig
sicherbarer- allgemeiner Folgenbeseitigungsanspruch des Antragstellers lässt sich nicht
mit der für die begehrte Anordnung erforderlichen Sicherheit feststellen, weil sich die
Wegnahme und die anschließende Übereignung der Pferde an die "B. 0000" im
Dezember 2002 nach der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
allein gebotenen und möglichen summarischen Prüfung nicht als rechtswidrig, sondern
als wahrscheinlich rechtmäßig erweisen. Sowohl die Anordnung der Fortnahme der
Pferde in der Grundverfügung vom 30. April 2002 und die Androhung, Festsetzung und
Anwendung des unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung der Grundverfügung wie auch
die Anordnung der Veräußerung der Pferde vom 13. Juni 2002 und deren Vornahme am
11. Dezember 2002 sind bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Hierzu ist im
Einzelnen auszuführen:
13
Die gegen die Ordnungsverfügung vom 30. April 2002 vorgebrachten Einwendungen
greifen nicht durch.
14
Rechtsgrundlage für die Anordnung ist § 16 a des Tierschutzgesetzes (TierSchG) als
spezialgesetzliche Befugnisnorm des Tierschutzrechts. Gemäß § 16 a Satz 1 TierSchG
trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur
Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Nach Satz 2 Nr. 2 a.a.O. kann
sie insbesondere ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels
Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erheblich vernachlässigt ist oder
schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange
auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des
§ 2 TierSchG entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist. In §
2 Nrn. 1 und 2 TierSchG ist vorgeschrieben, dass ein von Menschen gehaltenes Tier
seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und
verhaltensgerecht untergebracht werden muss und dass seine Möglichkeit zu
artgemäßer Bewegung nicht so eingeschränkt werden darf, dass ihm Schmerzen oder
vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden. Diese allgemein gehaltenen und
durch unbestimmte Rechtsbegriffe gekennzeichneten Haltungsgrundsätze lassen sich
15
durch Auslegung -namentlich unter Berücksichtigung des in § 1 Satz 1 TierSchG
niedergelegten Zwecks des Tierschutzgesetzes, "aus der Verantwortung des Menschen
für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen"- sowie mit
Hilfe des einschlägigen tiermedizinischen und verhaltenswissenschaftlichen Schrifttums
sowie sachverständiger Äußerungen, namentlich den vom Bundesministerium für
Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft herausgegebenen Leitlinien der
Sachverständigengruppe "tierschutzgerechte Pferdehaltung" zur Beurteilung von
Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten vom 10. November 1995, hinreichend
konkret bestimmen. So ist unter Ziff. 1.6 dieser Leitlinien insbesondere festgelegt, dass
Pferden, die sich unter naturnahen Bedingungen im Sozialverband zur Futteraufnahme
bis zu 16 Stunden täglich bewegen, zum Ausgleich für den Aktivitätsverlust unter
Haltungsbedingungen eine mehrstündige Bewegungsmöglichkeit anzubieten ist, die
neben Arbeit und Training vor allem durch Weidegang, Auslauf o.ä. erreicht werden
kann.
Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass die Pferde zum Zeitpunkt des Erlasses
der Verfügung mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG durch den
Antragsteller erheblich vernachlässigt waren. Nach den sich aus dem
Verwaltungsvorgang des Antragsgegners ergebenden Feststellungen des beamteten
Tierarztes des Antragsgegners vom 16. Januar 2002 und 16. April 2002 wurden die
Pferde vom Antragsteller in einem unzureichend belichteten und belüfteten Stall in
engen Boxen zum Teil in Anbindehaltung, zum Teil mit Doppelbelegung auf teilweise
ein Meter hohen Mistmatratzen gehalten. Der Antragsteller verfügte aufgrund der gegen
ihn auf der C. E. betriebenen Zwangsräumung nicht mehr über Weiden oder sonstige
Auslaufflächen für die Pferde. Zunächst ließ er die Pferde im Wechsel lediglich noch
minutenweise auf dem Gelände des Burginnenhofes laufen, seit Anfang April 2002 war
aufgrund einer zivilgerichtlichen Anordnung, wonach die Toranlage grundsätzlich offen
zu stehen habe, auch diese -schon unzulängliche- Bewegungsmöglichkeit für die
Pferde entfallen, so dass die Pferde vom Antragsteller nur noch zum Tränken aus dem
Stall geführt wurden. Derartige Haltungsbedingungen, durch die namentlich die
Bewegungsbedürfnisse der Tiere -deren Bedeutung in § 2 Nr. 2 TierSchG besonders
hervorgehoben wird- in nicht hinnehmbarer Weise eingeschränkt waren, erfüllen in
keiner Weise die Anforderungen, die § 2 TierSchG an eine artgerechte Haltung von
Pferden stellt. Vor dem Hintergrund, dass die mangelhaften Zustände bereits mehrere
Monate andauerten, also gerade nicht nur vorübergehender Natur waren, und dass
Pferde als Lauf- und Fluchttiere durch Bewegungsentzug besonders empfindlich in
ihren artspezifischen Bedürfnissen beeinträchtigt werden, lag eine nach Art und Dauer
gewichtige und damit erhebliche Vernachlässigung der Tiere vor. Diese ist aufgrund der
dargelegten Feststellungen durch den Amtstierarzt des Antragsgegners auch durch
Gutachten im Sinne der Vorschrift festgestellt worden. An das Gutachten, das nach § 16
a Satz 2 Nr. 2 TierSchG vorliegen muss, sind generell keine hohen Anforderungen zu
stellen. Da § 16 a Satz 2 Nr. 2 TierSchG nicht bestimmt, in welcher Form die
Begutachtung erfolgen muss, reicht es aus, wenn ein Sachverständiger, hier also der
Amtstierarzt des Antragsgegners, eine Aussage zu einer sein Fachgebiet betreffenden
Frage macht. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass zu jedem der fortgenommenen
Tiere ein Gutachten eines beamteten Tierarztes vorliegt,
16
vgl. Kluge, Tierschutzgesetz, Kommentar, § 16a Rn. 20
17
Die Voraussetzungen für die Anordnung der Wegnahme und anderweitigen
Unterbringung der Pferde waren demnach erfüllt. Anhaltspunkte dafür, dass der
18
Antragsgegner sein nach § 16 a Satz 2 Nr. 2 TierSchG bestehendes Ermessen
fehlerhaft ausgeübt hat, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht zu beanstanden,
dass er unter besonderer Berücksichtigung der Interessen des Antragstellers,
namentlich um ihm die Kosten, die durch eine anderweitige Unterbringung der über 30
Pferde entstanden wären, zu ersparen, von einer sofortigen Wegnahme und
anderweitigen Unterbringung der Tiere abgesehen hat. Die bis zum 31. Mai 2002
gesetzte Frist zur Herstellung artgerechter Haltungsbedingungen erweist sich
angesichts der erheblichen, nicht länger hinnehmbaren Beeinträchtigungen der Pferde
als angemessen.
Auch hat sich die Verfügung vom 30. April 2002 nicht -wie der Antragsteller meint- durch
die zwischenzeitlich anderweitige Unterbringung der Pferde auf den Sommerweiden in
T. -T1. und in O. erledigt. Denn der Regelungsinhalt der Verfügung war gerade nicht nur
auf die Herstellung einer dem § 2 TierSchG entsprechenden Pferdehaltung auf der C. E.
beschränkt. Nach dem Tenor der Ordnungsverfügung ist dem Antragsteller die
Sicherstellung der im Einzelnen aufgeführten Haltungsbedingungen vielmehr gerade
unabhängig vom Standort der Pferde aufgegeben worden. Diese Auslegung ergibt sich
insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der
Verfügung aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten auf der C. E. wie
der anstehenden Zwangsräumung der gesamten Burganlage, der anderweitigen
Verpachtung der Burgweiden sowie der Anordnung über die dauerhafte Öffnung der
Toranlage, eine tierschutzgerechte Pferdehaltung auf der C. de facto nicht mehr zu
verwirklichen war. Insofern konnte die Verfügung gerade nicht nur auf eine Herstellung
artgerechter Haltungsbedingungen auf der C. E. abzielen, was für den Antragsteller
unter diesen Umständen auch erkennbar war. Im Übrigen widerspricht eine derartige
"objektsbezogene" Betrachtung auch dem Charakter tierschutzrechtlicher Anordnungen,
die an eine unzureichende Erfüllung von Verhaltenspflichten des Tierhalters anknüpfen
und damit "personenbezogen" sind. Auch in zeitlicher Hinsicht ergeben sich aus der
Verfügung keine Einschränkungen. Eine artgerechte Haltung der Pferde sollte vom
Antragsteller auf Dauer sichergestellt werden, wie sich insbesondere auch aus Ziff. 2. lit.
c) des Verfügungstenors ("dauerhaft Flächen zur Verfügung") ergibt. Die
zwischenzeitliche Verbringung der Pferde auf die Sommerweiden war insofern
ersichtlich nur eine Interimslösung, die vom Antragsgegner im Sinne der Tiere
mitgetragen wurde und allenfalls Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Durchsetzung der
Verfügung hatte, jedoch den Antragsteller nicht von seinen in der Verfügung auferlegten
Handlungspflichten, die durch diese Form der -vorübergehenden- Unterbringung der
Pferde gerade nicht erfüllt waren, entbinden sollte. Eine lediglich zeitabschnittsweise
Betrachtung der Bemühungen des Antragstellers bezogen allein auf die Sommermonate
ist nach dem Verfügungsinhalt somit nicht gerechtfertigt.
19
Die Voraussetzungen der Verfügung vom 30. April 2002 waren mit Blick auf die dem
Antragsteller fortgenommenen 10 Pferde auch zum Zeitpunkt der Vollziehung am 11.
Dezember 2002 nach wie vor gegeben. Auch durch die Unterbringung der Pferde in E.
hatte sich die Grundverfügung noch nicht erledigt. Hinsichtlich der 18 vom Antragsteller
in E. gehaltenen Pferde war eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende
Haltung der Tiere nämlich noch immer nicht sichergestellt, so dass eine Fortnahme der
zur Herstellung artgerechter Haltungsbedingungen erforderlichen Anzahl von 10 Tieren
zulässig war. Nach den Feststellungen des beamteten Tierarztes des Antragsgegners
anlässlich einer Überprüfung der Pferdehaltung des Antragstellers im November 2002 -
zwischen den Beteiligten ist lediglich der genaue Termin, nicht jedoch die Tatsache,
dass die Überprüfung stattgefunden hat, streitig- hielt der Antragsteller in einer Scheune
20
mit einer Grundfläche von 60 m² (4 x 15 m), an die eine große Wiese als Auslauf
angeschlossen war, insgesamt 18 Pferde. In Ziff. 4 der genannten Leitlinien zur
Beurteilung von Pferdehaltungen ist als Richtmaß für die Bemessung der Liegeflächen
bei einer Haltung von Pferden in Gruppen für einen Gruppenlaufstall mit getrennt
liegenden Fressständen und ständigem Zugang zum Auslauf -diese Kriterien dürften
aufgrund der der Kammer vorliegenden Angaben hinsichtlich der fraglichen Haltung
anzulegen sein- ein Flächenbedarf von mindestens 2,5 x Wh² (X1. ) je Pferd
vorgeschrieben. Unter Zugrundelegung einer Wiederristhöhe von 1,67 m für ein
durchschnittlich großes Pferd entsprechend der Leitlinien ergibt sich damit eine
Mindestfläche von 7 m² je Pferd. Nach Ziff. 3 der Leitlinien muss unabhängig von der
Aufstallungsart gewährleistet sein, dass Pferde sich ungehindert ablegen und aufstehen
sowie in Seitenlage liegen und sich wälzen können. Nach diesen Vorgaben konnten in
der Scheune jedoch maximal 8 Pferde untergebracht werden. Anhaltspunkte dafür, dass
aufgrund günstiger Voraussetzungen hinsichtlich Raumstruktur, Pferde und Betreuung
vorliegend eine nach den Leitlinien mögliche Reduzierung der grundsätzlich zu
fordernden Mindestfläche in Betracht kommt, ist weder ersichtlich noch vom
Antragsteller hinreichend glaubhaft gemacht worden. Im Übrigen erscheint es
angesichts der erheblichen und über einen langen Zeitraum andauernden defizitären
Versorgung und Unterbringung der Pferde durch den Antragsteller in der Vergangenheit
im Sinne einer effektiven Verwirklichung des Tierschutzes für die betroffenen Tiere
gerechtfertigt, einen strengen Maßstab an die Haltungsbedingungen anzulegen. Vor
dem Hintergrund, dass die Stallung in der Scheune mit mehr als der doppelten der
zulässigen Anzahl von Pferden in ganz erheblicher Weise überbelegt war, ist auch
davon auszugehen, dass die Pferde mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2
TierSchG erheblich vernachlässigt im Sinne des § 16 a Satz 2 Nr. 2 TierSchG waren.
Bei einer derartigen Überbelegung der Stallung drohte für die Tiere insbesondere die
Gefahr von Leiden, Schmerzen oder Schäden, da unter solchen Haltungsbedingungen
nicht gewährleistet ist, dass sich alle -namentlich rangniedrigere- Pferde jederzeit je
nach ihrem Ruhebedürfnis witterungsgeschützt ablegen können. Außerdem bestand
aufgrund des beengten Raumangebotes, das den Pferden ein gegenseitiges
Ausweichen nicht hinreichend ermöglicht, das gesteigerte Risiko, dass die Pferde sich
im Rahmen von stets erfolgenden Rangauseinandersetzungen erhebliche Verletzungen
durch Beißen und Treten zufügen.
Die Androhung und die Festsetzung der "Wegnahme", unter der bei verständiger
Auslegung nur die Anwendung des Zwangsmittels des unmittelbaren Zwangs im Sinne
des § 57 Abs. 1 Nr. 3 VwVG verstanden werden kann -die Aufgabe des Besitzes an den
Pferden ist eine unvertretbare Handlung, die allein durch den Antragsteller
vorgenommen werden kann-, sind sodann auf der Grundlage der §§ 55 Abs. 1, 63, 64,
57, 55 VwVG rechtmäßig ergangen.
21
Schließlich erweist sich auch die konkrete Durchführung der Fortnahme der 10 Pferde
am 11. Dezember 2002 nicht als rechtswidrig.
22
Die der Anwendung des unmittelbaren Zwangs zugrunde liegenden Verwaltungsakte
waren weiterhin sofort vollziehbar. Insbesondere ist die Fortnahme der Pferde nicht
unter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgt. Vor dem
Hintergrund der Tatsache, dass dem Antragsteller die Beanstandungen durch den
Antragsgegner bereits seit über einem Jahr bekannt waren und der Antragsgegner ihm
die zunächst bis zum 31. Mai 2002 eingeräumte Frist zur Herstellung artgerechter
Haltungsbedingungen nochmals bis zum 15. Oktober 2002 verlängert hatte, war im
23
Interesse des Tierschutzes ein weiteres Zuwarten auch angesichts einer eventuellen
Zusage des Antragstellers, den Pferdebestand in der Scheune zu reduzieren, nicht
geboten, zumal eine alsbaldige Verwirklichung einer § 2 TierSchG entsprechenden
Haltung insbesondere aufgrund des Verhaltens des Antragstellers in der Vergangenheit
nicht zu erwarten war, da dieser stets nur auf erheblichen Druck des Antragsgegners für
eine Verbesserung der Haltungsbedingungen gesorgt hat und wiederholt -auch
gegenüber dem erkennenden Gericht- gegebene Zusagen -namentlich die Zusage, den
gesamten Pferdebestand im Hinblick auf seine tatsächlichen Möglichkeiten auf nur noch
10 Pferde zu reduzieren- nicht eingehalten hat.
Ebenso lässt sich die vom Antragsteller behauptete sachfremde und damit
ermessensfehlerhafte Auswahl der fortgenommenen Pferde nicht im Rahmen der im
vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen
Prüfung feststellen. Die Aussage des Antragstellers und seiner Vertrauten, Frau Q. ,
man habe gezielt nach Pferden mit einer so genannten "Pregel"-Abstammung und damit
nach züchterisch wertvollen Pferden gesucht, steht der Einlassung des Antragsgegners
gegenüber, wonach die Pferde einzig nach dem Zufallsprinzip sowie ihrer Verladbarkeit
ausgewählt worden seien. Angesichts der Tatsache, dass die Verladeaktion der 10
Pferde ausweislich des vom Antragsgegner gefertigten Vermerks über die Durchführung
der Wegnahme am 11. Dezember 2002, was auch vom Antragsteller selbst bestätigt
wird, über 7 Stunden gedauert hat, da die Pferde sich nicht aufhalftern und auch trotz
Sedierung nicht auf die Pferdeanhänger führen ließen und zuletzt nach zwei Versuchen
sowie einem kurzfristigen Polizeieinsatz direkt aus dem Laufstall in die später
herbeigeholten Transport-Lkw getrieben werden mussten, spricht der konkrete Ablauf
der Wegnahme für die Darstellung des Antragsgegners. Eine gezielte Auswahl war
nach den übereinstimmend geschilderten Umständen nach Einschätzung der Kammer
ersichtlich nicht möglich. Der Antragsteller hat auch nicht konkret dargelegt, z.B. durch
Vorlage entsprechender Abstammungsnachweise, dass es sich bei den
weggenommenen Pferden tatsächlich ausschließlich bzw. überwiegend um Pferde der
besagten Zuchtlinie handelt. Im Übrigen war es dem Antragsteller, der bei der Abholung
am 11. Dezember 2002 anwesend war, unbenommen, die wegzunehmenden Pferde
selbst auszuwählen.
24
2. Sodann ist mit Verfügung vom 13. Juni 2002 auch die Veräußerung der Pferde
rechtmäßig angeordnet worden, und zwar zu Recht auf der Grundlage des § 16 a Satz 2
Nr. 2 TierSchG.
25
Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde das Tier nach der Fortnahme in
einer weiteren Stufe des Vorgehens veräußern, wenn eine anderweitige Unterbringung
des Tieres nicht möglich oder nach Fristsetzung durch die Behörde eine den
Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung durch den Halter nicht
sicherzustellen ist. Über den mit der Fortnahme des Tieres zum Zweck der
anderweitigen Unterbringung auf Kosten des Halters auf der ersten Stufe des
behördlichen Vorgehens legitimierten -zunächst lediglich vorübergehenden-
Besitzentzug hinaus ist die Behörde damit generell auch zum dauerhaften Entzug des
Eigentums an dem Tier befugt. Zum Zeitpunkt des Erlasses der
Veräußerungsanordnung waren hier die Voraussetzungen für eine Veräußerung erfüllt,
da nach Ablauf der dem Antragsteller bis zum 31. Mai 2002 gesetzten angemessenen
Frist eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung durch die
Behörde nicht sicherzustellen war.
26
Aus dem Wortlaut der Vorschrift ("ist durch die Behörde nicht sicherzustellen") sowie
aus dem systematischen Zusammenhang des Satzes 2 mit Satz 1 des § 16 a TierSchG,
wonach die Behörde auch die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen
Anordnungen zu treffen hat, folgt, dass nach Ablauf der gesetzten Frist unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Prognose zu treffen ist, ob eine §
2 TierSchG entsprechende Haltung durch den Tierhalter in Zukunft zu erwarten ist.
Diese Prognoseentscheidung hat der Antragsgegner zu Recht zu Lasten des
Antragstellers getroffen. Bei der hier erforderlichen Gesamtbetrachtung reichte für die
Annahme einer günstigen Zukunftsprognose insbesondere nicht die Unterbringung
eines Teils der Pferde auf den Sommerweiden in T. -T1. aus, da dies gerade nur eine
zunächst hinnehmbare Übergangslösung darstellte und eine dauerhaft
ordnungsgemäße Unterbringung dieser Pferde -namentlich nach dem Ende der
Weidesaison- durch den Antragsteller gerade nicht gewährleistet war; entsprechende
Stallungen hatte der Antragsteller seinerzeit nicht nachgewiesen. Diese Einschätzung
gilt -wie bereits im Zusammenhang mit der Wegnahmeverfügung ausgeführt wurde- um
so mehr angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Verstöße gegen
§ 2 TierSchG sowie der wiederholten Nichteinhaltung gegebener Zusagen seitens des
Antragstellers. Jedenfalls aber war die negative Prognose nach ergebnislosem Ablauf
der dem Antragsteller nochmals bis zum 15. Oktober 2002 eingeräumten Frist zur
Herstellung artgerechter Haltungsbedingungen berechtigt, da hinsichtlich der in der
Scheune in E. gehaltenen 18 Pferde -wie dargelegt- die Anforderungen des § 2
TierSchG trotz mehrmaliger Nachfristen noch immer nicht erfüllt waren.
27
Der Antragsteller kann in diesem Zusammenhang auch nicht mit dem Einwand
durchdringen, der Antragsgegner habe keinerlei Bemühungen um eine anderweitige
Unterbringungsmöglichkeit für die Pferde nachgewiesen. Aufgrund des
Alternativitätsverhältnisses beider Voraussetzungen für eine Veräußerung, das sich aus
dem Wortlaut der Vorschrift klar ergibt, kommt es neben der Negativprognose nach
Ablauf der gesetzten Frist nicht darauf an, ob dem Antragsgegner eine anderweitige
Unterbringung der Pferde möglich war. Vielmehr reicht es aus, dass die Prognose
gerechtfertigt war, dass auch künftig eine tierschutzgerechte Haltung durch den
Tierhalter -hier den Antragsteller- nicht sicherzustellen ist.
28
Schließlich hat der Antragsgegner am 11. Dezember 2002 auch in rechtmäßiger Weise
von seiner Veräußerungsbefugnis nach § 16 a Satz 2 Nr. 2 TierSchG Gebrauch
gemacht.
29
Die Überlassung der Pferde an den U. "B. 0000" am 11. Dezember 2002 ist rechtlich als
Vollziehung der Veräußerungsanordnung im Sinne des § 16 a Satz 2 Nr. 2, 2. Halbsatz
TierSchG zu bewerten. Denn nach dem im Erörterungstermin vom 14. August 2003
erklärten Willen des Antragsgegners, der auch aus dem Aktenvermerk des beamteten
Tierarztes vom 11. Dezember 2002 hervorgeht, sollte durch die Überlassung der Pferde
an "B. 0000" gerade nicht nur ein Verwahrungsverhältnis begründet werden und damit
eine anderweitige pflegliche Unterbringung der Tiere im Sinne des § 16 a Satz 2 Nr. 2,
1.Halbsatz TierSchG erfolgen. Vielmehr sollte dem Antragsteller nunmehr dauerhaft das
Eigentum an den 10 Pferden entzogen und die Pferde sollten dem U. "B. 0000"
aufgrund einer Schenkung übereignet werden. Ein solcher Eigentumsentzug wird durch
den insofern unscharfen, aber nach dem Zweck der Vorschrift in diesem Sinne
auszulegenden Begriff der "Veräußerung" erfasst.
30
Da § 16 a Satz 2 Nr. 2 TierSchG keine Regelungen enthält, welche Grundsätze bei der
31
Veräußerung fortgenommener Tiere zu beachten sind, ist aufgrund der vergleichbaren
Interessenlage insoweit auf die in den landesrechtlichen Regelungen normierten
Grundsätze über die Verwertung sichergestellter Sachen (§§ 45, 46 des Polizeigesetzes
NRW -PolG-) entsprechend zurückzugreifen,
vgl. Kluge, a.a.O., § 16a Rn.34; Thum, Giftspinnen, Schlangen und andere gefährliche
Tiere aus tierschutz-, sicherheits- und artenschutzrechtlicher Sicht, NuR 2001, 558
(565).
32
Nach diesen Vorschriften wird eine Sache grundsätzlich durch öffentliche Versteigerung
verwertet, wobei § 979 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend gilt. Bleibt die
Versteigerung jedoch erfolglos, erscheint sie von vornherein aussichtslos oder würden
die Kosten der Versteigerung voraussichtlich den zu erwartenden Erlös übersteigen, so
kann die Sache freihändig verkauft werden. Der Erlös tritt in diesem Fall im Wege der
dinglichen Surrogation an die Stelle der verwerteten Sache. Lässt sich innerhalb
angemessener Frist jedoch kein Käufer finden, so kann die Sache auch einem
gemeinnützigen Zweck zugeführt werden. Bei einer entsprechenden Anwendung dieser
allgemeinen Grundsätze kann jedoch unter Berücksichtigung der besonderen
Erfordernisse des Tierschutzrechts je nach den Umständen des Einzelfalles eine
tierschutzspezifische Modifikation dieser Vorgaben geboten sein,
33
vgl. ähnlich Thum, a.a.O., NuR 2001, 558 (565).
34
Ausgehend von diesen Maßstäben war der Antragsgegner berechtigt, ausnahmsweise
von einer Veräußerung der fortgenommenen Pferde in Form der öffentlichen
Versteigerung bzw. des freihändigen Verkaufs abzusehen und die Pferde unentgeltlich
dem U. "B. 0000" als gemeinnütziger Institution zu übereignen. Denn die Einschätzung
des Antragsgegners, die Pferden hätten außer dem Schlachtpreis keinen über ein
bloßes Affektionsinteresse hinausgehenden, nennenswerten materiellen Wert mehr
gehabt, ist aufgrund der bisherigen Erkenntnisse der Kammer nicht zu beanstanden.
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen
summarischen Prüfung ist nicht mit der zur Glaubhaftmachung erforderlichen
überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die 10 Pferde tatsächlich
den vom Antragsteller behaupteten Marktwert in Höhe von insgesamt etwa 25.600,00
EUR hatten.
35
Keine der umfangreichen vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, die auf die Jahre
von 1979 bis 1986 zurückdatieren, bezieht sich konkret auf eines der 10
weggenommenen Pferde, so dass damit ein Nachweis über den behaupteten Wert der
Pferde nicht erbracht ist. Soweit aus den Unterlagen hervorgeht, dass in den Jahren von
1979 bis 1986 in der Zucht des Antragstellers bzw. seines Vaters bedeutsame und
prämierte Hengste eingesetzt wurden und seinerzeit aus der Zucht auch erfolgreiche
Pferde hervorgegangen sind, lassen sich daraus nicht ohne weiteres tragfähige
Rückschlüsse auf den Wert der hier in Rede stehenden Pferde ziehen. Dass damals die
Zucht des Antragstellers bzw. seines Vaters erfolgreich war, bedeutet nicht
zwangsläufig, dass die fraglichen Pferde heute ebenso zu beurteilen wären. Dies gilt um
so mehr, wenn man berücksichtigt, dass nicht jedes Pferd, das in seinem Stammbaum -
in welchem Grad auch immer- einen erfolgreichen und hoch dekorierten Vererber oder
eine hochprämierte Stute aufweist, zwangsläufig die gleichen Eigenschaften bzw. den
gleichen Wert hat wie diese. Insbesondere hat der Antragsteller hinsichtlich der
weggenommenen Pferde gerade keinerlei Zucht- bzw. Leistungsnachweise -wie z.B.
36
über Hengstleistungsprüfungen, Körungen, Eintragungen im (Haupt-) Stammbuch oder
Ergebnisse bei Zuchtschauen-, die bei Zuchtpferden zweifelsohne vorhanden sein
müssten und die Hinweise auf den Wert der Tiere liefern könnten, vorgelegt.
Demgegenüber liegen aussagekräftige Anhaltspunkte vor, die den vom Antragsteller
behaupteten Wert der Pferde nachhaltig in Frage stellen. So zeigt schon die vom
Antragsteller seinerzeit vorgelegte tierärztliche Bescheinigung des Dr. H. vom 15.
Oktober 2001, die eine Aufstellung der einzelnen Pferde enthält, dass der gesamte
Pferdebestand des Antragstellers eine sehr hohe Altersstruktur aufweist: 27 der damals
34 Pferde sind 18 Jahre und älter, 13 davon sind sogar über 20 Jahre, das älteste Pferd
stammt aus dem Jahr 1972, während das "jüngste" Pferd auch bereits 13 Jahre alt ist.
Das Alter von Pferden wirkt sich jedoch nachhaltig mindernd auf deren Wert aus.
Namentlich bei über 20 Jahre alten Tieren liegt auf der Hand, dass es sich dabei allein
noch um Gnadenbrotpferde handelt. Dies gilt um so mehr, als die Pferde des
Antragstellers nach der unwidersprochenen Aussage des Antragsgegners auch über
keine Reitausbildung verfügen, was sich zusätzlich mindernd auf den Wert der Tiere
auswirkt. Inwieweit bei über 20 Jahre alten Pferden noch ein Zuchtwert bestehen soll, ist
für das Gericht nicht ersichtlich. Dafür spricht auch die -wenngleich mit Nichtwissen
bestrittene- Einschätzung des insofern als sachverständige Person anzusehenden
ehemaligen Präsidenten des Deutschen Trakehnerverbandes, Herrn Radzuweit,
wonach ein Zuchtwert bei den Pferden des Antragstellers nicht mehr festzustellen ist.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Pferde über einen nicht unerheblichen
Zeitraum in der Vergangenheit tierschutzwidrig gehalten und vernachlässigt wurden, so
dass davon auszugehen ist, dass ihr Allgemeinzustand schon deshalb vermindert ist.
Zweifel an dem vom Antragsteller nunmehr behaupteten hohen Wert der Pferde
bestehen namentlich auch deshalb, weil er darauf erstmals im vorliegenden Verfahren
abstellt, obwohl die Kammer mit der Pferdehaltung des Antragstellers bereits seit Juli
2001 befasst ist und der Antragsteller trotz mehrfacher Erörterung dieser Frage
abgesehen von einem Affektionsinteresse nie einen materiellen Wert der Tiere geltend
gemacht hat.
Vor diesem Hintergrund ist der Antragsgegner nach Ansicht der Kammer zu Recht
davon ausgegangen, dass eine öffentliche Versteigerung von vornherein keine Aussicht
auf Erfolg bieten würde. Aus den gleichen Gründen war -auch unter Berücksichtigung
der Eigentumsinteressen des Antragstellers- ein freihändiger Verkauf der Tiere nicht
angezeigt. Dies gilt um so mehr als der Antragsteller selbst in der gesamten ihm
gesetzten Frist nicht ein Pferd nachweislich verkauft hat. Sofern er erstmals im
Erörterungstermin vom 14. August 2003 vorgetragen hat, erst kürzlich zwei Pferde
verkauft zu haben, hat die Kammer bereits erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser
Behauptung, da der Kläger erst nach einigem Überlegen den jeweils vereinbarten
"Freundschaftspreis" sowie auch nur einen Namen der Käufer nennen und auch keine
Verträge vorlegen konnte, die Pferde trotz des Verkaufs bei ihm verblieben sind und sich
nunmehr gerade unter den weggenommenen 10 Pferden befinden sollen. Insbesondere
musste und durfte der Antragsgegner die Pferde auch nicht im Wege des freihändigen
Verkaufs an einen Schlachter verkaufen, um im Interesse des Antragstellers zumindest
noch den Schlachtpreis für die Tiere zu erzielen. Dem steht entgegen, dass die Tötung
eines Tieres nach § 16 a TierSchG aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sowie des
nunmehr auch in Art. 20 a des Grundgesetzes verbürgten Tierschutzes erst als ultima
ratio in Betracht kommt. Eine Tötung ist daher erst dann in Betracht zu ziehen, wenn
trotz Einbeziehung von zusätzlichen Fachbehörden und Tierschutzorganisationen
weder ein Verkauf, noch ein Verschenken oder eine sonstige Abgabe möglich ist.
37
vgl. Kluge, a.a.O., § 16a Rn.36; Ziff. 15.1 zu § 16a TierSchG der Allgemeine
Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des TierSchG vom 9. Februar 2000 (BAnz. Nr.
36a vom 22. Februar 2000).
38
Schließlich ist der U. "B. 0000" als eine dem Tierschutz verpflichtete und damit
gemeinnützigen Interessen dienende Institution anzusehen, an die aufgrund der
besonderen Umstände des Einzelfalles vorliegend eine unentgeltliche Übereignung
erfolgen durfte. Nach den überzeugenden Angaben des Antragsgegners hat der Verein
sich zur dauerhaften Unterbringung der Pferde auf Gnadenbrothöfen verpflichtet. Auch
eine eventuelle Weitervermittlung der Pferde führt nicht zu einer anderen Betrachtung,
da angesichts der Zwecksetzung des Vereins unterstellt werden kann, dass dies einzig
im Interesse der Tiere erfolgt und nicht -wie der Antragsteller andeutet- zum Zwecke der
Gewinnerzielung. Dies entspricht namentlich den erklärten Aufgaben des Vereins, in
Not geratene Tiere auf Höfen unterzubringen, wo sie versorgt und betreut werden, und
sodann weiter zu vermitteln, wobei bei dem neuen Halter die Bedingungen für eine
artgerechte Unterbringung der Tiere sowie die Tragung von Futter- und Tierarztkosten
gewährleistet sein müssen.
39
Der hilfsweise gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des
Antragstellers vom 17. Dezember 2002 gegen die Sicherstellung und Verwahrung der
10 Pferden am 11. Dezember 2002 wiederherzustellen und anzuordnen, dass der
Antragsgegner die Pferde an den Antragsteller zurückgibt, hat aus den vorstehend
genannten Gründen ebenfalls keinen Erfolg. Ein solcher Antrag kommt nicht in Betracht,
da es sich bei den Vollzugsmaßnahmen am 11. Dezember 2002 gerade nicht um sofort
vollziehbare Verwaltungsakte gehandelt hat.
40
Der weiter hilfsweise gestellte Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen
Anordnung zu verpflichten, Auskunft über den aktuellen Aufenthaltsort der am 11.
Dezember 2002 fortgenommenen Pferde zu erteilen, bleibt schließlich auch ohne Erfolg.
Es kann dahin stehen, woraus sich angesichts der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des
Antragsgegners ein solcher Anspruch ergibt, da dem Antragsgegner der aktuelle
Aufenthalt der Pferde, wie im Erörterungstermin vom 14. August 2003 dargelegt, nicht
bekannt ist und er den Anspruch damit tatsächlich nicht erfüllen kann. Auch ist nicht
ersichtlich, wie der Antragsgegner den U. "B. 0000" als neuen Eigentümer der Pferde
gegen dessen Willen zur Auskunft veranlassen könnte, da ein solches
Auskunftsverlangen insbesondere nicht zur Durchführung der der Behörde durch das
Tierschutzgesetz übertragenen Aufgaben im Sinne des § 16 Abs. 2 TierSchG
erforderlich ist.
41
Aus den vorstehenden Gründen war der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz insgesamt
abzulehnen. Lediglich klarstellend weist die Kammer in diesem Zusammenhang darauf
hin, dass der Antragsteller von seinem Rechtsstandpunkt aus, diese Grundverfügungen
seien zwischenzeitlich erledigt, auf Anraten des Gerichts davon abgesehen hat,
nochmals die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner
Widersprüche gegen die Ordnungsverfügungen vom 30. April 2002 und 13. Juni 2002
sowie gegen die Androhung vom 30. April 2002 und die Festsetzung vom 13. Juni 2002
zu beantragen. Der Rechtsschutz des Antragstellers ist dadurch nicht verkürzt worden,
weil die Kammer -den Rechtsstandpunkt des Antragstellers insoweit berücksichtigend-
als Voraussetzung einer rechtmäßigen Vollziehung die Rechtmäßigkeit der in Rede
stehenden Verfügungen inzidenter geprüft hat. Hätte der Antragsteller den Streitstoff
durch zusätzliche Anträge gemäß § 80 Abs. 5 VwGO -gerichtet gegen die in Rede
42
stehenden Verfügungen- aufgeweitet, so wären auch diese Anträge aus den gleichen
Gründen wie der somit vertretbar alleine gestellte Antrag gemäß § 123 VwGO abgelehnt
worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 des
Gerichtskostengesetzes (GKG). Sie berücksichtigt, dass wegen der Vorläufigkeit der
Entscheidung lediglich die Hälfte des gesetzlichen Auffangstreitwerts nach § 13 Abs. 1
Satz 2 GKG anzusetzen ist.
44