Urteil des VerfGH Berlin vom 23.07.2003

VerfGH Berlin: abschiebung, verfassungsbeschwerde, hauptsache, erlass, rumänien, aufschub, quelle, sammlung, interessenabwägung, link

1
2
3
4
5
6
Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
25 A/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 12 Verf BE, § 31 Abs 1
VGHG BE
Tenor
Der Vollzug des Bescheids des Landeseinwohneramts vom 23. Juli 2003 - IV A 151 - wird
bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die Verfassungsbeschwerde
VerfGH 25/04 einstweilen ausgesetzt.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Das Land Berlin hat den Antragstellern die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2
VerfGHG wegen besonderer Dringlichkeit ohne Anhörung der nach § 53 Abs.1 VerfGHG
Äußerungsberechtigten entschieden, nachdem das Landeseinwohneramt eine nur bis
zum 8. März 2004 befristete Zusicherung erteilt hat, den Antragsteller zu 1) nicht
abzuschieben. Der Antrag ist zulässig und begründet. Nach § 31 Abs.1 VerfGHG kann
der Verfassungsgerichtshof im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung
vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender
Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten
ist. Wegen der meist weitreichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem
verfassungsgerichtlichen Verfahren auslöst, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des
§ 31 Abs.1 VerfGHG ein strenger Maßstab anzulegen. Dabei müssen die Gründe, welche
für oder gegen die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechen,
grundsätzlich außer Betracht bleiben, es sei denn, die in der Hauptsache begehrte
Feststellung erweist sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet.
In anderen Fällen sind die Nachteile, die einträten, wenn die einstweilige Anordnung nicht
erginge, die Maßnahme aber später für verfassungswidrig erklärt würde, gegen
diejenigen abzuwägen, die entstünden, wenn die Maßnahme nicht in Kraft träte, sich
aber im Hauptsacheverfahren als verfassungsgemäß erwiese (vgl. Urteil vom 29. Juli
1993 - VerfGH 65 A/93 - LVerfGE 1, 124 - NVwZ 1994, S. 263).
Im vorliegenden Fall ist die Verfassungsbeschwerde selbst nicht von vornherein
unzulässig oder offensichtlich unbegründet.
Jedenfalls eine Verletzung der Grundrechte der Antragsteller aus Art. 12 VvB ist nicht
ausgeschlossen.
Bei der wegen der Offenheit des Ausgangs des Verfassungsbeschwerdeverfahrens im
vorliegenden Antragsverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung kommt im
Ergebnis den Belangen der Antragsteller ausschlaggebendes Gewicht zu. Über die
Hauptsache kann der Verfassungsgerichtshof nicht mehr vor der ohne Erlass der
einstweiligen Anordnung demnächst zu erwartenden Abschiebung des Antragstellers zu
1) entscheiden. Erginge die einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich die
Verfassungsbeschwerde aber als begründet, so hätte der Antragsteller zu 1) eine
verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Abschiebung hinzunehmen und damit eine
einschneidende Beeinträchtigung seiner Grundrechte aus Art. 12 VvB, zumal geltend
gemacht wird, dass er bei einer Rückkehr nach Rumänien auf sich allein gestellt wäre.
Ergeht dagegen die einstweilige Anordnung, erweist sich die Verfassungsbeschwerde
später aber als unbegründet, so kommt es lediglich zu einem gewissen zeitlichen
Aufschub der Abschiebung, was angesichts der Tatsache, dass die Abschiebung lediglich
zum Zwecke des Abwartens des Visumsverfahrens im Heimatland erfolgen würde,
hinnehmbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum