Urteil des VerfGH Berlin vom 02.04.2017

VerfGH Berlin: wohnung, gerichtliche zuständigkeit, subjektives recht, unerlaubte handlung, einstweilige verfügung, rechtliches gehör, verfassungsbeschwerde, garantie, mietsache, abgabe

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
84/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 10 Abs 1 Verf BE, Art 15
Abs 4 Verf BE, Art 15 Abs 5
Verf BE, § 49 VGHG BE, § 50
VGHG BE
Recht auf den gesetzlichen Richter - Auslegung und Anwendung
eines Geschäftsverteilungsplans
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wohnte von 1990 an in einer Wohnung in der … Straße in Berlin -
…. Er lebte dort bis 2003 mit seiner Familie, danach allein. Zumindest bis Ende
2003/Anfang 2004 hielt er sich dort auf und verließ die Wohnung endgültig spätestens
am 7. Mai 2004. Zwischen dem Beschwerdeführer und den Beteiligten zu 2 bis 4 – der
Beteiligte zu 2 ist Eigentümer des Hauses –, kam es zu Streitigkeiten. Ob ein
Mietverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Beschwerdeführer bestand, ist
ungeklärt. In einem Mietrechtsstreit des Beteiligten zu 2 u. a. wurde der
Beschwerdeführer vom Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg am 19. Februar 2004
verurteilt, die Wohnung bis zum 30. April 2004 zu räumen und herauszugeben. Er zahlte
bis April 2004 die Miete für die genannte Wohnung.
Am 7. Mai 2004 hinderten die Beteiligten zu 3 und 4 den Beschwerdeführer daran, die
Wohnung zu betreten und ließen das Schloss der Hauseingangstür auswechseln. Als der
Beschwerdeführer hiergegen eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Tempelhof-
Kreuzberg vom 11. Mai 2004 erwirkt und sich am Abend des 13. Mai 2004 Zugang zur
Wohnung verschafft hatte, fand er die Wohnung nach seinen Angaben bis auf wenige
Gegenstände geräumt vor.
Der Beschwerdeführer erhob beim Landgericht Berlin Klage und beantragte, die
Beteiligten zu 2 bis 4 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 99.615,09 EUR zu
zahlen. Zur Begründung trug er vor, diese hätten seine komplette Wohnungseinrichtung
aus der Wohnung entfernt und schuldeten somit aus unerlaubter Handlung
Schadensersatz in der angegebenen Höhe, die dem Wert der Einrichtung entspräche.
Die Beteiligten zu 2 bis 4 traten dem mit der Behauptung entgegen, der
Beschwerdeführer habe die Wohnung lange vorher aufgegeben und die Möbelstücke im
Januar 2004 selbst aus dieser entfernt bzw. entfernen lassen. Das Landgericht erhob
hierüber Beweis durch die uneidliche Vernehmung von 13 Zeugen.
Mit Urteil vom 8. August 2005 wies das Landgericht die Klage im Wesentlichen ab und
begründete dies damit, der Beschwerdeführer sei für die unerlaubte Handlung der
Beteiligten zu 2 bis 4 beweispflichtig, dieser Beweis habe jedoch nicht erbracht werden
können. Zwar hätten sich bei der Beweisaufnahme gewichtige Gesichtspunkte dafür
ergeben, dass die Behauptung des Beschwerdeführers richtig sei, andererseits jedoch
lägen auch erhebliche Zweifel daran vor, so dass der streitige Sachverhalt letztlich nicht
aufklärbar gewesen sei. Die Beteiligten zu 2 bis 4 hafteten auch nicht nach § 848 BGB für
einen etwaigen zufälligen Untergang der in der Wohnung verbliebenen Gegenstände, da
beide Parteien nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Möglichkeit des Zutritts zu
der Wohnung gehabt hätten.
Gegen dieses Urteil richtete sich der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug. Beim Kammergericht wurde die Sache
dem 8. Senat, der 2005 für Berufungen in Mietstreitigkeiten zuständig war, zugewiesen.
Dieser wies mit Beschluss vom 26. Januar 2006 den Antrag des Beschwerdeführers auf
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Dieser wies mit Beschluss vom 26. Januar 2006 den Antrag des Beschwerdeführers auf
Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung zurück:
Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei nicht zu beanstanden; dieses habe die
Führung eines Indizienbeweises für die Täterschaft überzeugend im Rahmen seiner
freien Beweiswürdigung verneint. Beide Parteien des Rechtsstreites hätten Zugang zu
der Wohnung gehabt. Wer die Gegenstände an sich genommen habe, sei nicht mit der
notwendigen Sicherheit aufzuklären gewesen.
Die Anhörungsrüge und Gegenvorstellung hiergegen wies das Kammergericht (8. Senat)
mit Beschluss vom 27. März 2006 zurück: Es könne dahinstehen, ob der 8. Senat,
dessen Vorsitzender die Sache bei Eingang der Berufung für eine Mietstreitigkeit
gehalten habe, für die Entscheidung des Rechtsstreits und damit auch des
Prozesskostenhilfegesuches geschäftsplanmäßig ursprünglich zuständig gewesen sei,
denn der Geschäftsverteilungsplan des Kammergerichts regele, dass eine Abgabe an
einen anderen Senat nach mehr als einem Monat seit Eingang der Akten
ausgeschlossen sei. Der 8. Senat hätte die Sache daher auch bei (unterstellter)
Unzuständigkeit weiter bearbeiten müssen.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner
Grundrechte aus Art. 10 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1, 4 und 5, Art. 23 Abs. 1 sowie aus Art. 7
Abs. 1 der Verfassung von Berlin (VvB) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip durch
die Beschlüsse vom 26. Januar und 27. März 2006.
Die angegriffenen Beschlüsse des Kammergerichts perpetuierten die
Verfassungsverletzungen des Landgerichts und verletzten seine
Justizgewährungsanspruch. Denn das Urteil des Landgerichts beruhe auf einer
fehlerhaften Anwendung der Vorschriften des materiellen und Prozessrechts, die so
schwerwiegend sei, dass das im allgemeinen Gleichheitssatz enthaltene Willkürverbot
(Art. 10 Abs. 1 VvB) verletzt sei. Auch habe das Landgericht das Grundrecht des
Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 15 Abs. 1 VvB) verletzt, da es seine
Entscheidung auf tatsächliche Gesichtspunkte gestützt habe, die von den Parteien des
Rechtsstreits nicht vorgetragen worden seien und zu denen der Beschwerdeführer daher
nicht habe Stellung nehmen können.
Schließlich verstießen die angefochtenen Beschlüsse gegen Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB.
Über den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das
Berufungsverfahren habe nicht der laut Geschäftsverteilungsplan zuständige 10. Senat,
sondern der 8. Senat entschieden, der seine Zuständigkeit infolge willkürlich
angenommen habe. Der 8. Senat sei für Streitigkeiten auf dem Gebiet des Mietrechts
zuständig gewesen. Um eine solche Streitigkeit habe es sich nicht gehandelt, wie dem
Tenor und den Entscheidungsgründen des landgerichtlichen Urteils zu entnehmen
gewesen sei. Eine Zuständigkeit des Senats hätte die grob rechtswidrige und darum
ihrerseits objektiv willkürliche Bejahung der Zuständigkeit durch das Landgericht
vorausgesetzt. Die Sache sei aber unbesehen als Mietsache eingeordnet worden. Da es
sich ganz eindeutig und unzweifelhaft nicht um eine mietrechtliche Streitigkeit gehandelt
habe, könne dahinstehen, ob die erstinstanzliche Einordnung als Mietsache die nächst
höhere Instanz binde.
Die Annahme seiner Zuständigkeit durch den erkennenden 8. Zivilsenat sei objektiv
willkürlich gewesen, vor allem deshalb, weil der Senat unter der von ihm selbst zugrunde
gelegten Prämisse gerade nicht zuständig gewesen wäre. Der einzig denkbare
Anhaltspunkt für eine Einordnung als mietrechtlich habe darin bestanden, dass sich die
Gegenstände, deren Herausgabe der Beschwerdeführer begehrt bzw. für deren Verlust
er Schadensersatz verlangt habe, in einer vermieteten Wohnung befunden hätten.
Ausweislich des Beschlusses vom 27. März 2006 habe der Übernahme der Sache durch
den Senat eine bewusste rechtliche Einordnung der Streitigkeit zugrunde gelegen. Es
habe sich nicht lediglich um einen Irrläufer, nicht um einen bloßen „error in procedendo“
gehandelt.
Der unzuständige Senat habe die Abgabe an den zuständigen Senat unter Anwendung
der Regelung in Randnummer 76 des Geschäftsverteilungsplans des Kammergerichts
verweigert; diese sei missbrauchsanfällig, genüge den Anforderungen aus Art. 15 Abs. 5
Satz 2 VvB nicht und sei damit nichtig. Indem die Regelung bestimme, dass die Abgabe
einer Sache an den für zuständig angesehenen Senat nicht mehr zulässig sei, wenn seit
Eingang der Akten beim Senat ein Monat verstrichen sei, werde dem Beschwerdeführer
eine Entscheidung durch den zuständigen Senat verwehrt. Der Geschäftsverteilungsplan
selbst sei statthafter Beschwerdegegenstand. Beruhe die Bejahung der Zuständigkeit
auf einer verfassungswidrigen Bestimmung des Geschäftsverteilungsplans, so sei dies
ohne weiteres als Entziehung des gesetzlichen Richters anzusehen, ohne dass es auf
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ohne weiteres als Entziehung des gesetzlichen Richters anzusehen, ohne dass es auf
das Vorliegen objektiver Willkür ankomme.
Den Beteiligten ist gemäß § 53 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über den
Verfassungsgerichtshof (VerfGHG) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
1. Soweit mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Rechts auf effektiven
Rechtsschutz (Art. 15 Abs. 4 VvB) gerügt wird, ist sie unzulässig. Insoweit fehlt es schon
an hinreichenden Darlegungen (§§ 49, 50 VerfGHG). Im Übrigen ist auch nicht
erkennbar, dass der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Kammergerichts den
verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Versagung von Prozesskostenhilfe (vgl.
Beschluss vom 29. August 2003 – VerfGH 133/03, 133 A/03 – juris) nicht genügt .
2. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet, soweit mit ihr die Garantie des
gesetzlichen Richters aus Art. 15 Abs. 5 VvB als verletzt gerügt wird.
Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB bestimmt in Übereinstimmung mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG,
dass niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf. Das Gebot des
gesetzlichen Richters stellt nicht nur einen von Amts wegen zu beachtenden, „objektiven
Verfahrensgrundsatz“ (vgl. BVerfGE 21, 362 <373>) dar, sondern begründet auch ein
mit der Verfassungsbeschwerde verfolgbares subjektives Recht.
Die verfassungsrechtliche Garantie des gesetzlichen Richters will in Konkretisierung des
Rechtsstaatsgebots der Gefahr vorbeugen, dass die Justiz durch eine Manipulation der
rechtsprechenden Organe sachfremden Einflüssen ausgesetzt wird. Es soll vermieden
werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung
berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werden kann, gleichgültig
von welcher Seite eine solche Manipulation ausgeht (vgl. BVerfGE 95, 322 <327> m. w.
N.). Die Unabhängigkeit der Rechtsprechung soll gewahrt und das Vertrauen der
Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der
Gerichte gesichert werden (BVerfGE 95, 322 <327> m. w. N.).
Das Recht auf den gesetzlichen Richter ist nicht nur ein Schutz der Judikative vor
Eingriffen „von außen“ insbesondere durch die Exekutive. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bzw.
Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB wendet sich vielmehr auch direkt an die Judikative und verlangt
von ihr ebenfalls die aktive Gewähr des gesetzlichen Richters (Pechstein, Jura 1998, 197
<199>; Hänlein, in: Umbach/Clemens, GG, Bd. II, Art. 101 Rn. 30, 62 ff.). Auch der
Rechtsprechung ist es untersagt, durch gezielte Eingriffe richterliche Zuständigkeiten zu
verändern. Niemand darf durch Maßnahmen der Gerichtsorganisation dem in seiner
Sache gesetzlich berufenen Richter entzogen werden (BVerfGE 82, 286 <298 f.>).
Die Garantie des gesetzlichen Richters setzt deshalb abstrakte Regeln voraus, die die
Ermittlung des zuständigen Richters überhaupt erst gestatten. Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB
fordert daher eine durchnormierte Zuständigkeitsordnung.
Geschäftsverteilungspläne, die diese auf der Ebene der einzelnen Gerichte enthalten (§
21 EGGVG), unterliegen als Grundlage zur Bestimmung des gesetzlichen Richters den
Bindungen des Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB und müssen wesentliche Merkmale aufweisen,
die gesetzliche Vorschriften auszeichnen. Sie müssen im Voraus generell – abstrakt –
die Zuständigkeit der Spruchkörper regeln und hinreichend bestimmt sein.
Obwohl streng genommen jeder Fehler bei der Anwendung von Zuständigkeitsregeln
dazu führt, dass nicht der an sich vorgesehene gesetzliche Richter entscheidet, haben
weder der Verfassungsgerichtshof noch das Bundesverfassungsgericht daraus
abgeleitet, dass schon dies zu einem Verfassungsverstoß führt. Die fehlerhafte
Auslegung und Anwendung einfachgesetzlicher Vorschriften über die gerichtliche
Zuständigkeit stellt vielmehr nach ständiger Rechtsprechung erst dann einen Verstoß
gegen Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB bzw. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar, wenn sie willkürlich
ist (Beschluss vom 6. Oktober 1998 – VerfGH 26/98, 26 A/98 – LVerfGE 9, 59 <64>;
Beschluss vom 22. März 2001 – VerfGH 57/98 – NVwZ 2001, 910; zum Bundesrecht:
BVerfGE 87, 282 <284>; 96, 68 <77>). Das ist nur dann der Fall, wenn eine
Entscheidung nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist oder
wenn das Gericht Bedeutung und Tragweite des Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB grundlegend
verkennt (Beschluss vom 22. März 2001, a. a. O.).
a) Die Einordnung als Mietsache war nicht willkürlich. Hierfür genügt es nicht, dass
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a) Die Einordnung als Mietsache war nicht willkürlich. Hierfür genügt es nicht, dass
möglicherweise vor der umgehenden Rückübersendung der Prozessakten an das
Landgericht zur Entscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren keine vertiefte
Zuständigkeitsprüfung erfolgte. Denn die Einordnung als Mietsache erscheint auf der
Grundlage des erstinstanzlichen Sachvortrags des Beschwerdeführers nicht völlig
unverständlich und offensichtlich unhaltbar. Insoweit ist nicht seine rechtliche Bewertung
maßgeblich, sondern allein sein Sachvortrag. In erster Instanz hatte er zur Zuständigkeit
vorgetragen, er könne gegen den Beklagten zu 1 keine mietvertraglichen Ansprüche
herleiten, da das Mietverhältnis zum fraglichen Zeitpunkt bereits beendet gewesen sei.
Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg habe eine Räumungsfrist zum 30. April 2004
gesetzt; die schädigenden Handlungen seien erst zwischen dem 7. und 13. Mai 2004
geschehen. Nachwirkende Pflichten aus dem beendeten Mietverhältnis bei dessen
Abwicklung waren nach diesem Vortrag aber nicht ausgeschlossen. So hat auch der
Bevollmächtigte des Beschwerdeführers im Kostenfestsetzungsverfahren beim
Landgericht geltend gemacht, die Klage stehe „in unmittelbarem Zusammenhang mit
dem Mietverhältnis, das zwischen dem Beklagten zu 1 und dem Kläger bestand“. „Die
Ausräumung der Wohnung als streitiger Gegenstand des Verfahrens“ sei „Teil der
Abwicklung des Mietverhältnisses zwischen den Parteien“. „Die mit der Klage geltend
gemachten Störungen“ fänden „ja gerade ihren Grund in eben diesem
Abwicklungsverhältnis“.
Unabhängig von der Bewertung der Zuständigkeit durch die Gerichte des
Ausgangsverfahrens und die dortigen Beteiligten liegt es nahe, den Begriff „Ansprüche
aus dem Gebiet des Mietrechts und Mieterschutzrechts“ im Geschäftsverteilungsplan
des Kammergerichts in Anlehnung an § 29 a ZPO („Streitigkeiten über Ansprüche aus
Mietverhältnissen“) auszulegen. Danach wäre eine weite Auslegung vorzunehmen. Die
Zuständigkeit bestünde für alle Ansprüche, die in dem Raummietvertrag ihre Grundlage
haben; die Einordnung als vertraglicher oder gesetzlicher Anspruch wäre unerheblich.
Beispielsweise eine Schadensersatzklage wegen mietvertraglicher
Verkehrssicherungspflicht wäre erfasst (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 29 a
ZPO Rn. 9 ff.). Auch nachwirkende Pflichten nach Beendigung des Vertrages haben ihre
Grundlage im Mietverhältnis.
b) Verletzte danach der Umstand, dass die angegriffene Entscheidung durch den 8.
Senat des Kammergerichts getroffen wurde, nach der Zuweisung der Geschäfte durch
den Geschäftsverteilungsplan des Kammergerichts 2005 die Garantie des gesetzlichen
Richters (Art. 15 Abs. 5 Satz 1 VvB) nicht, kommt es auf die vom Beschwerdeführer in
den Vordergrund seiner Verfassungsbeschwerde gestellte Frage, ob die Regelung in
Randnummer 76 des Geschäftsverteilungsplans des Kammergerichts für 2005 mit Art.
15 Abs. 5 Satz 2 VvB vereinbar ist, nicht an. Entscheidungserheblich wäre sie nur dann,
wenn die Richter des 8. Senats nach Ablauf eines Monats seit Eingang der Akten, aber
vor Fassung des angegriffenen Beschlusses Zweifel an ihrer Zuständigkeit bekommen
und sich durch die genannte Regelung im Geschäftsverteilungsplan daran gehindert
gesehen hätten, die Sache an den aus ihrer Sicht zuständigen Senat abzugeben. Dies
ist indes, wie die Ausführungen des 8. Senats des Kammergerichts im
Anhörungsrügebeschluss vom 27. März 2006 zeigen, nicht der Fall. Auch der
Beschwerdeführer hatte im Übrigen Einwendungen gegen die Zuständigkeit des 8.
Senats, dessen Befassung mit der Angelegenheit der Antragserwiderung zum
Prozesskostenhilfegesuch zu entnehmen war, vor Fassung der angegriffenen
Entscheidung nicht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Mit dieser Entscheidung ist das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof
abgeschlossen.
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