Urteil des VerfGH Berlin vom 15.03.2017

VerfGH Berlin: anspruch auf rechtliches gehör, verfassungsbeschwerde, mietvertrag, fristlose kündigung, grundstück, wohnraum, aussetzung, mietsache, räumung, wohnung

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
165/01, 165 A/01
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 7 Verf BE, Art 10 Abs 1 Verf
BE, Art 15 Abs 1 Verf BE, Art 15
Abs 5 S 2 Verf BE, Art 23 Verf
BE
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerdeführer wohnen in einem Einfamilienhaus in Berlin-Heiligensee. Der
Beschwerdeführer zu 1. hatte das ca. 3.000 qm große Grundstück im Jahr 1971
erworben. Auf Grund eines notariellen Schenkungsvertrages vom 26. Oktober 1984
übereignete er das Grundstück seinen beiden Söhnen. In § 5 des Vertrages wurde ihm
sowie der Beschwerdeführerin zu 2. als Gesamtberechtigten ein lebenslanges
Wohnungsrecht an dem Grundstück einschließlich der darauf befindlichen Gebäude
eingeräumt. Gleichzeitig wurde geregelt, daß die Beschwerdeführer zur Instandhaltung
des Grundbesitzes einschließlich der Baulichkeit sowie zur laufenden Bewirtschaftung
verpflichtet sind. Am 28. März 1992 bestellten die Söhne als Grundstückseigentümer
zugunsten einer Hypothekenbank u.a. eine brieflose Grundschuld von 4.000.000 DM, der
Vorrang vor dem Wohnungsrecht der Beschwerdeführer im Grundbuch eingeräumt
wurde. Zugleich schlossen die Söhne als Vermieter und die Beschwerdeführer als Mieter
einen Mietvertrag über die auf dem Grundstück S. Straße [...] im vorderen Wohnhaus
befindliche Fünf-Zimmer-Wohnung. In § 2 Ziff. 1 des Mietvertrages wurde aufgenommen,
daß der Vertrag auf Lebenszeit geschlossen werde und daß eine Kündigung des
Vermieters nur aus wichtigem Grund zulässig sei. Weiter heißt es in § 4 Ziff. 3 des
Vertrages, daß die gesetzlichen Bestimmungen gälten, soweit in den vorstehenden
Vereinbarungen keine ausdrücklichen Regelungen getroffen seien.
Am 14. November 1996 ordnete das Amtsgericht Wedding zugunsten der
Hypothekenbank als Gläubigerin die Zwangsverwaltung über das Grundstück an und
bestellte einen Zwangsverwalter. In einem zunächst vom Zwangsverwalter gegen die
Beschwerdeführer geführten Klageverfahren sprach das Landgericht Berlin mit Urteil
vom 5. Juni 2000 – 67 S 401/99 – dem Zwangsverwalter Zahlungsansprüche wegen
rückständigen Mietzinses zu. Berufung und Widerklage der Beschwerdeführer hatten
demgegenüber keinen Erfolg. Das Landgericht führte dazu aus, daß den
Beschwerdeführern keine Minderungsrechte wegen der Mangelhaftigkeit der Mietsache
zustünden, weil ihnen unter Berücksichtigung der Vereinbarung des Wohnungsrechts die
Instandhaltung des Grundbesitzes sowie die laufende Bewirtschaftung oblägen und der
später geschlossene Mietvertrag hieran nichts geändert habe. Gegen das Urteil erhoben
die Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde, die durch Beschluß des
Verfassungsgerichtshofs vom 13. Dezember 2001 - VerfGH 106/00 - zurückgewiesen
wurde.
Dem vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren liegt eine vom Zwangsverwalter
gegen die Beschwerdeführer erhobene Zahlungs- und Räumungsklage zugrunde, die
das Amtsgericht Wedding durch ein am 24. Juli 2000 verkündetes Urteil – 12a C 91/00 –
abgewiesen hatte. Hiergegen legte der Zwangsverwalter Berufung ein. Die
Beschwerdeführer beantragten die Zurückweisung der Berufung sowie die Aussetzung
des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs
im Verfahren VerfGH 106/00. Dazu machten sie geltend, daß das
Verfassungsbeschwerdeverfahren vorgreiflich sein dürfte, weil der Zwangsverwalter seine
Klage unter Zugrundelegung der nach dem Urteil des Vorprozesses vom 5. Juni 2000
vermeintlich zu ihren Lasten bestehenden Instandhaltungspflicht der Beschwerdeführer
begründe. Weiter führten die Beschwerdeführer im Rahmen ihres Antrags auf
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begründe. Weiter führten die Beschwerdeführer im Rahmen ihres Antrags auf
Zurückweisung der Berufung unter anderem im einzelnen aus, der Zwangsverwalter
verkenne, daß es in erster Linie um die Beseitigung eines Sturmschadens gehe und die
Versicherung zur Zahlung bereit gewesen sei. Dem Zwangsverwalter habe damit im
Rahmen seiner Verpflichtungen nach § 152 ZVG die Regulierung des Sturmschadens
oblegen. Mit Schreiben vom 1. Februar 2001 teilte das Landgericht den
Beschwerdeführern mit, daß über den Aussetzungsantrag im Termin zur mündlichen
Verhandlung am 2. Juli 2001 entschieden werden solle.
Durch Urteil vom 2. Juli 2001, den Beschwerdeführern zugestellt am 18. September
2001, änderte das Landgericht Berlin das Urteil des Amtsgerichts und verurteilte die
Beschwerdeführer als Gesamtschuldner, ihre Wohnung zu räumen und an den
Zwangsverwalter herauszugeben. Gleichzeitig gewährte das Landgericht den
Beschwerdeführern eine Räumungsfrist bis zum 31. Oktober 2001. Im übrigen wies es
die Klage ab. Das Landgericht führte aus, daß dem Zwangsverwalter der Anspruch auf
Räumung und Herausgabe des Hausgrundstücks zustehe. Die von ihm gegenüber den
Beschwerdeführern ausgesprochene fristlose Kündigung vom 30. November 2000 sei
gemäß § 553 BGB wirksam. Danach könne der Vermieter ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist das Mietverhältnis kündigen, wenn der Mieter ungeachtet einer
Abmahnung des Vermieters einen vertragswidrigen Gebrauch der Sache fortsetze, der
die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletze, insbesondere die Sache durch
Vernachlässigung der dem Mieter obliegenden Sorgfalt erheblich gefährde. Davon sei
hier nach dem Vortrag des Zwangsverwalters auszugehen. Es sei nämlich unter
Berücksichtigung des Urteils vom 5. Juni 2000 in der Sache 67 S 401/99 davon
auszugehen, daß die Beschwerdeführer und nicht gemäß § 536 BGB den Vermieter die
Instandhaltungspflicht für die Mietsache treffe. Dies ergebe sich aus dem notariellen
Vertrag vom 26. Oktober 1984 über die Vereinbarung des Wohnungsrechts. Die im
Mietvertrag vom 28. März 1992 getroffene Bezugnahme auf die gesetzlichen
Bestimmungen führe nicht zum Wiederaufleben der in § 536 BGB enthaltenen
Verpflichtung des Vermieters zur Instandhaltung der Mietsache. Insoweit fehle es an
einer ausdrücklichen Aufhebung der Regelung zur Instandhaltungspflicht gemäß dem
Jahre zuvor vereinbarten Wohnungsrecht. Eine Regelung zur Instandhaltung bzw. zur
Durchführung von Schönheitsreparaturen sei in dem Mietvertrag nicht getroffen worden.
Dieser Umstand sei dahin auszulegen, daß die Parteien in Kenntnis der umfassenden
Regelung im Rahmen der Bestellung des Wohnungsrechts eine neuerliche Vereinbarung
über die Instandhaltungspflichten für entbehrlich gehalten hätten. Der Zwangsverwalter
habe gravierende Mängel des Mietobjekts dargetan. Die Nichtvornahme der zur
Beseitigung der Mängel notwendigen Arbeiten sei seitens der Beschwerdeführer eine
Vernachlässigung der Mietsache, durch die die Rechte des Zwangsverwalters in
erheblichem Maße verletzt würden. Auch die Instandsetzung von Sturmschäden obliege
nicht gemäß § 152 ZVG dem Zwangsverwalter, da der Beschwerdeführer zu 1. nach
seinem eigenen Vortrag Versicherungsnehmer sei und ihm gemeinsam mit der
Beschwerdeführerin zu 2. die Instandhaltung obliege. Nach § 2 Ziff. 1 des Mietvertrages
sei eine außerordentliche Kündigung auch zulässig. Im übrigen könnten schuldrechtliche
Vereinbarungen über eine Kündigung neben dem Wohnungsrecht getroffen werden.
Auswirkungen auf das dingliche Recht hätten sie insoweit, als Umstände aus ihrem
Bereich – so auch die Ausübung eines Gestaltungsrechts – als Bedingung für die
Ausübung oder den Bestand der Grunddienstbarkeit zu deren dinglichem Rechtsinhalt
gemacht worden seien oder sich Einreden gegen das dingliche Recht aus ihnen ergäben
(BGH DB 1977, 206). Zwar entfalle bei einer späteren Kündigung nicht der Rechtsgrund
für das Wohnungsrecht, weil dieses nicht Grundgeschäft sei (BGH ZMR 1966, 333; NJW-
RR 1999, 376), doch stehe dem Zwangsverwalter für das Grundstück die Einrede der
Beendigung des Mietvertrages vom 28. März 1992 auf Grund der fristlosen Kündigung
vom 30. November 2000 zu. Eine andere Betrachtung wäre im Hinblick auf die explizite
Regelung in § 2 Ziff. 1 des Mietvertrages unverständlich. Eine Aussetzung des
Verfahrens nach § 148 ZPO komme mangels Vorgreiflichkeit nicht in Betracht. Denn die
Verfassungsbeschwerde zum Vorprozeß werde auf die Verletzung rechtlichen Gehörs
gestützt. Im Rahmen des laufenden Verfahrens hätten die Beschwerdeführer zu den
Fragen, die Gegenstand der Verfassungsbeschwerde seien, vortragen können.
Mit der am 7. November 2001 eingegangenen Verfassungsbeschwerde gegen das
Berufungsurteil rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 10 Abs. 1, Art. 15
Absätze 1 und 5, Art. 23 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 der Verfassung von Berlin (VvB) „sowie
aller sonst in Betracht kommenden Grundrechte“. Ferner stützen die Beschwerdeführer
ihre Verfassungsbeschwerde hilfsweise auf die in Art. 7 VvB garantierte allgemeine
Handlungsfreiheit für den Fall, daß speziellere Rechte nicht einschlägig seien.
Ein Verstoß gegen Art. 15 Abs. 5 VvB sei gegeben, weil das Landgericht einen
Rechtsentscheid des Kammergerichts hätte einholen müssen. Denn es sei von der zur
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Rechtsentscheid des Kammergerichts hätte einholen müssen. Denn es sei von der zur
Problematik des Zusammentreffens von dinglichem Wohnungsrecht und
schuldrechtlichem Mietvertrag ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil
vom 13. November 1998 – V ZR 29/98 – NJW-RR 1999, 376) abgewichen, indem es die
Beendigung des Mietvertrages als Einwand gegen das dingliche Wohnungsrecht
angesehen und die Beschwerdeführer zur Räumung verurteilt habe, obwohl der
Bundesgerichtshof entschieden habe, daß das Wohnungsrecht von der Kündigung eines
zusätzlich abgeschlossenen Mietvertrages unberührt bleibe. Die Entscheidung des
Bundesgerichtshofs sei dem Landgericht, wie dessen Zitierung in den Urteilsgründen
zeige, auch bekannt gewesen. Das Landgericht verkenne, daß die Beschwerdeführer für
den Fall, daß ihnen nur ein dingliches Wohnungsrecht zur Seite gestanden hätte, unter
keinen Umständen hätten gekündigt werden können. Wenn aber zu ihrem Schutz und
als Gegenleistung für den grundbuchlichen Rangrücktritt des Wohnungsrechts
gegenüber der zugunsten der Bank bestellten Grundschuld zusätzlich ein Mietvertrag
abgeschlossen worden sei, dürfe dieser nicht zu ihrem Nachteil interpretiert werden.
Dies gelte um so mehr, als sie bei alleinigem Vorhandensein des Mietvertrages besser
stünden und nicht geräumt werden könnten, weil sie dann im Hinblick auf die
Instandhaltungspflicht des Vermieters aus § 536 BGB unter keinen Umständen für die
Instandhaltung des Gebäudes aufkommen müßten. Damit stelle das Landgericht die
Beschwerdeführer unter Verletzung von Art. 10 Abs. 1 VvB sowohl gegenüber der
Vergleichsgruppe der übrigen Wohnungsrechtsinhaber als auch der Vergleichsgruppe
der übrigen Wohnraummieter schlechter, ohne daß ein sachlicher Grund gegeben sei.
Hierin liege zugleich ein Verstoß gegen das Willkürverbot. Die Entscheidung sei sachlich
schlechthin unhaltbar und deshalb objektiv willkürlich. Da die Entscheidung zugleich zu
einem Wegfall sowohl des Wohnungsrechts als auch des mietvertraglichen Besitzrechts
führe, werde auch in das Eigentumsrecht aus Art. 23 Abs. 1 VvB unzulässig eingegriffen.
Ebenso sei das Recht auf angemessenen Wohnraum tangiert, weil die Beschwerdeführer
seit 30 Jahren in dem Haus lebten und dies mittlerweile ihrem Lebensstandard
entspreche.
Ein weiterer Verfassungsverstoß liege darin, daß das Landgericht das Verfahren trotz
ausdrücklichen Antrags nicht bis zu einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs im
Verfassungsbeschwerdeverfahren VerfGH 106/00 ausgesetzt habe. Unzutreffend führe
das Landgericht aus, daß die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil im Vorprozeß
lediglich auf die Verletzung rechtlichen Gehörs gestützt worden sei. Zudem gehe es dort
um die im vorliegenden Räumungsprozeß entscheidungserhebliche Vorfrage, ob die
Instandhaltungspflicht entgegen § 536 BGB den Beschwerdeführern auferlegt werden
könne. Die Auffassung des Landgerichts, das andere Verfahren sei nicht vorgreiflich,
überschreite die Grenzen des zulässigen Ermessens, verstoße gegen das
Rechtsstaatsgebot und mache die Entscheidung willkürlich. Außerdem sei das rechtliche
Gehör verletzt, weil sich die richterliche Mitteilung vom 1. Februar 2001, daß im Termin
zur mündlichen Verhandlung über die Frage der Aussetzung entschieden werde, für die
Beschwerdeführer so dargestellt habe, als solle nur über diese Frage entschieden
werden. Um so überraschter seien sie gewesen, als sie sogleich am Schluß der Sitzung
zur Räumung verurteilt worden seien. Schließlich liege ein Gehörverstoß in der
Nichtberücksichtigung des Vortrags der Beschwerdeführer, daß eine
Schadensregulierung der Sturmschäden durch die Versicherung des Beschwerdeführers
zu 1. allein wegen der angeordneten Zwangsverwaltung und der damit einhergehenden
Verfügungsbefugnis des Zwangsverwalters nicht erfolgt sei, weil der Zwangsverwalter
sich geweigert habe, mit der Versicherung Verbindung aufzunehmen. Das Landgericht
hätte auch ohne weiteres die von den Beschwerdeführern hierzu benannten Zeugen
hören können.
Die Beschwerdeführer haben gleichzeitig beantragt, im Wege der einstweiligen
Anordnung die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts bis zu einer
Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde für unzulässig zu erklären.
II. Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig und im übrigen unbegründet.
1. Soweit die Beschwerdeführer einen Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 VvB rügen, ist die
Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil die Vorschrift weder ein allgemeines
Behaltensrecht für eine bestimmte bezogene Wohnung noch – jenseits der
Obdachlosigkeit – einen sonstigen Anspruch eines einzelnen Bürgers begründet. Das
Recht auf Wohnraum wirkt grundsätzlich nicht unmittelbar anspruchsbegründend,
sondern verpflichtet das Abgeordnetenhaus und den Senat von Berlin, das im Rahmen
staatlicher Einflußnahme und unter Berücksichtigung anderer staatlichen Aufgaben und
Pflichten Mögliche zu tun, für Schaffung und Erhaltung von Wohnraum zu sorgen
(Beschluß vom 22. Mai 1996 – VerfGH 34/96 – LVerfGE 4, 62 <63 f.>).
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Die von den Beschwerdeführern - hilfsweise - gerügte Verletzung von Art. 7 VvB ist nicht
einschlägig. Eine Verletzung des ebenso wie Art. 2 Abs. 1 GG als Auffanggrundrecht
ausgestalteten Art. 7 VvB kommt nur in Betracht, wenn der beanstandete Akt der
öffentlichen Gewalt nicht in den Schutzbereich eines anderen Freiheitsrechts eingreift.
Was die Beschwerdeführer rügen, betrifft die Grundrechte aus Art. 10 Abs. 1, Art. 15
Absätze 1 und 5 sowie Art. 23 Abs. 1 VvB. Bezüglich des Sachverhalts und des Vortrags
verbleibt nichts, was in den Bereich des Auffanggrundrechts des Art. 7 VvB fallen könnte.
Soweit sich die Beschwerdeführer auf die Verletzung „aller sonst in Betracht
kommenden Grundrechte“ berufen, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil sie
nicht dem Begründungserfordernis des § 50 VerfGHG entspricht.
2. Im übrigen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig, jedoch unbegründet. Die
Beschwerdeführer sind durch das von ihnen angegriffene Urteil des Landgerichts Berlin
nicht in ihren Rechten aus Art. 10 Abs. 1, Art. 15 Absätze 1 und 5 und Art. 23 Abs. 1 VvB
verletzt.
a) Aus der in Art. 15 Abs. 1 VvB enthaltenen verfassungsrechtlichen Verbürgung des
rechtlichen Gehörs folgt zunächst, daß ein Gericht die Ausführungen der
Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung
zu ziehen hat (Beschluß vom 16. November 1995 – VerfGH 48/94 – LVerfGE 3, 113
<117>; st. Rspr.). Das heißt jedoch nicht, daß das Gericht sich in den schriftlichen
Entscheidungsgründen mit jedem Einzelvorbringen auseinandersetzen muß. Vielmehr ist
grundsätzlich davon auszugehen, daß ein Gericht das von ihm entgegengenommene
Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat.
Der Verfassungsgerichtshof kann nur dann feststellen, daß ein Gericht seine Pflicht, den
Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, verletzt hat, wenn sich
dies aus den Umständen des einzelnen Falles eindeutig ergibt (Beschlüsse vom 16.
November 1995 – VerfGH 48/94 – LVerfGE 3, 113 <116 f.> und vom 22. Mai 1997 –
VerfGH 34/97 – LVerfGE 6, 80 <82>; st. Rspr.). Ein derartiger Fall ist hier nicht gegeben.
Die Rüge der Beschwerdeführer, das Landgericht habe ihren Vortrag nicht berücksichtigt,
daß eine Schadensregulierung der Wasserschäden durch die Versicherung des
Beschwerdeführer zu 1. allein wegen der angeordneten Zwangsverwaltung und der
damit einhergehenden Verfügungsbefugnis des Zwangsverwalters nicht erfolgt sei und
der Zwangsverwalter es unterlassen habe, sich mit der Versicherung in Verbindung zu
setzen, geht fehl. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß das Landgericht diesen
Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen haben
könnte. Der Tatsache, daß es zu diesem Vortrag nicht im einzelnen ausdrücklich
Stellung bezogen hat, kann vielmehr nur entnommen werden, daß es dem Vorbringen
rechtlich keine Bedeutung beigemessen hat, weil es die
Versicherungsnehmereigenschaft des Beschwerdeführers zu 1. für maßgeblich gehalten
und eine Obliegenheit des Zwangsverwalters zur Instandsetzung gemäß § 152 ZVG
verneint hat. Dagegen, daß sich das Landgericht der Rechtsauffassung der
Beschwerdeführer nicht angeschlossen hat, ohne sich mit jeder Einzelheit der dafür ins
Feld geführten Gründe ausdrücklich auseinanderzusetzen, schützt der Anspruch auf
rechtliches Gehör aber nicht. Ob dabei die Auslegung des einfachen materiellen Rechts
zutreffend ist oder nicht, hat der Verfassungsgerichtshof grundsätzlich nicht zu prüfen.
Aus der verfassungsrechtlichen Verbürgung des rechtlichen Gehörs ergibt sich des
weiteren nur eine Verpflichtung zur Berücksichtigung solcher Beweisanträge, die auf der
Grundlage der jeweils einschlägigen Verfahrensordnung und der materiellrechtlichen
Beurteilung des Falles durch das Gericht als erheblich anzusehen sind. Der Anspruch auf
rechtliches Gehör ist jedoch dann nicht verletzt, wenn ein Gericht aus Gründen des
formellen oder des materiellen Rechts das Vorbringen eines Beteiligten unberücksichtigt
läßt (Beschluß vom 17. Dezember 1997 – VerfGH 112/96 – LVerfGE 7, 49 <56>). Da das
Landgericht jedenfalls von einer Instandsetzungspflicht der Beschwerdeführer ausging,
war es auch nicht gehalten, die von den Beschwerdeführern zur Frage der Beseitigung
der Sturmschäden benannten Zeugen zu hören.
Auch den Aussetzungsantrag hat das Landgericht zur Kenntnis genommen und in seine
Erwägungen einbezogen. Die Ablehnung des Antrags ist unter dem Gesichtspunkt des
rechtlichen Gehörs nicht zu beanstanden. Selbst wenn man davon ausgehen würde, das
Landgericht habe die Verfassungsbeschwerde sowie die Bedeutung des Vorprozesses
für das laufende landgerichtliche Verfahren falsch verstanden und sei deswegen von
einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, liegt im Ergebnis kein Gehörverstoß vor.
Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, die
Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den Einzelfall sind Sache der
dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch den
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dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch den
Verfassungsgerichtshof entzogen (Beschluß vom 30. Juni 1992 - VerfGH 9/92 - LVerfGE
1, 7 <8 f.>; st. Rspr.). Nur bei Verletzung von spezifischem Verfassungsrecht kann der
Verfassungsgerichtshof eingreifen. Spezifisches Verfassungsrecht ist aber nicht schon
dann verletzt, wenn eine Entscheidung objektiv fehlerhaft sein sollte. Der Anspruch auf
rechtliches Gehör ist nicht schon dann verletzt, wenn der Richter zu einer unrichtigen
Tatsachenfeststellung im Zusammenhang mit der ihm obliegenden Tätigkeit der
Sammlung, Feststellung und Bewertung der von den Parteien vorgetragenen Tatsachen
gekommen sein sollte (Beschlüsse vom 25. Januar 2001 – VerfGH 148/00 – und vom 29.
August 2001 – VerfGH 127/00 -; vgl. zum Bundesrecht: BVerfGE 22, 267 <273 f.>).
Die Rüge, es liege ein weiterer Gehörverstoß darin, daß die richterliche Mitteilung vom 1.
Februar 2001 dahin zu verstehen gewesen sei, im Termin zur mündlichen Verhandlung
werde lediglich über die Frage der Aussetzung entschieden, kann schließlich schon in der
Sache keinen Erfolg haben. Bei objektiver Betrachtungsweise läßt sich diesem Hinweis
nicht die Ankündigung entnehmen, daß in der mündlichen Verhandlung nur über diesen
Antrag habe entschieden werden, nicht aber ein Endurteil habe ergehen sollen. Daß die
Beschwerdeführer diesen Hinweis fehlinterpretiert haben, ist verfassungsrechtlich
unbeachtlich.
b) Die angegriffene Entscheidung läßt auch einen Verstoß gegen die durch Art. 15 Abs. 5
Satz 2 VvB verfassungsrechtlich verbürgte Gewährleistung des gesetzlichen Richters
nicht erkennen.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, daß die
Unterlassung einer gesetzlich gebotenen Vorlage an ein übergeordnetes Gericht einen
Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters darstellen kann (Beschluß vom
19. Oktober 1995 - VerfGH 23/95 - LVerfGE 3, 99 <103>). Die Nichtvorlage an ein zur
Entscheidung berufenes Gericht verletzt die Verbürgung des gesetzlichen Richters aber
nur, wenn sich dem entscheidenden Gericht die Notwendigkeit einer Vorlage aufdrängen
mußte bzw. sich deren Unterlassung als unvertretbar und damit objektiv willkürlich
darstellt (Beschluß vom 17. Dezember 1997 - VerfGH 112/96 - LVerfGE 7, 49 <54>;
Beschluß vom 20. Dezember 1999 - VerfGH 38/99 - GE 2000, 120 <121>; vgl. zum
Bundesrecht BVerfGE 76, 93 <96>; BVerfGE 87, 282 <284 ff.>).
Das Landgericht war nicht verpflichtet, über die von den Beschwerdeführern für
vorlagebedürftig erachtete Rechtsfrage, ob bei einem Zusammentreffen von dinglichem
Wohnungsrecht und schuldrechtlichem Mietvertrag die Beendigung des Mietvertrages
als Einrede gegen das dingliche Wohnungsrecht angesehen werden könne, gemäß § 541
Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO einen Rechtsentscheid beim Kammergericht einzuholen.
Nach der genannten Vorschrift hat das Landgericht als Berufungsgericht bei der
Entscheidung einer Rechtsfrage, die sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum
ergibt oder den Bestand eines solchen Mietvertragsverhältnisses betrifft, vorab eine
Entscheidung des im Rechtszug übergeordneten Oberlandesgerichts über die
Rechtsfrage (Rechtsentscheid) herbeizuführen, wenn es von einer Entscheidung des
Bundesgerichtshofes oder eines Oberlandesgerichts abweichen will.
Damit ist zunächst Vorlagevoraussetzung, daß die klärungsbedürftige Frage ein
Mietvertragsverhältnis über Wohnraum oder dessen Bestand betrifft. Andere
Nutzungsverhältnisse wie dingliche Wohnungsrechte zählen nicht dazu (Gummer in
Zöller, ZPO, 22. Aufl. 2001, § 541 Rdnr. 8 f.). Diese Vorlagevoraussetzung ist nicht
gegeben, auch wenn neben dem dinglichen Wohnungsrecht ein schuldrechtliches
Wohnraummietverhältnis bestand. Es ist nämlich weiter Voraussetzung, daß die
zweifelhafte Rechtsfrage sich auf das materielle Mietrecht beziehen muß. Es muß sich
um eine Rechtsfrage handeln, die in einem engen inneren Sachzusammenhang mit
einer Rechtsfrage des materiellen Wohnraummietrechts steht und deren Beantwortung
sich aus dem materiellen Wohnraummietrecht ergibt. Dagegen ist nicht Sinn und Zweck
des Rechtsentscheidverfahrens, jedwede Rechtsfrage zu entscheiden, sofern sie nur in
einem Wohnraumrechtsmietstreit entscheidungserheblich geworden ist. Die Anwendung
des Rechtsentscheidverfahrens auf Rechtsfragen, die zwar im Rahmen eines
Wohnraummietverhältnisses auftreten, aber keine besonders von
wohnraummietrechtlichen Gesichtspunkten bestimmte Interessenabwägung erfordern,
scheidet aus (BGHZ 89, 275 <280>; OLG Hamm, Beschluß vom 28. April 1989 - 30 RE-
Miet 1/89 - NJW-RR 1989, 1289 <1290>; BayObLG, Rechtsentscheid vom 8. April 1988 -
RE-Miet 1/88 - NJW 1988, 1796 f.; Gummer in Zöller a.a.O. Rdnr. 12). Bei der von den
Beschwerdeführern für vorlagebedürftig erachteten Frage des Verhältnisses von
dinglichem Wohnungsrecht und Mietvertrag handelt es sich nicht um eine
wohnraummietrechtliche Rechtsfrage in diesem Sinne. Denn es geht hierbei nicht um
die Klärung von speziellen Fragen des materiellen Wohnraummietrechts, die
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die Klärung von speziellen Fragen des materiellen Wohnraummietrechts, die
typischerweise in Mietverhältnissen über Wohnraum auftreten, sondern vielmehr um die
Frage, inwieweit schuldrechtliche Vereinbarungen Einfluß auf Bestand und Umfang eines
dinglichen Rechts in Gestalt des Wohnungsrechts nach § 1093 BGB haben können.
Hierbei sind nicht spezifisch mietrechtliche Fragen von Bedeutung, sondern Fragen des
Sachenrechts in Bezug auf das Recht der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten.
Ein engerer innerer Zusammenhang mit dem Wohnraummietrecht fehlt.
Zum anderen ist die Frage auch deswegen nicht vorlagebedürftig, weil die angegriffene
Entscheidung des Landgerichts nicht von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.
November 1998 – V ZR 29/98 – (NJW-RR 1999, 376) abweicht. Das Landgericht geht
vielmehr in Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof (a.a.O. S. 377) davon aus,
daß die Kündigung des Mietverhältnisses nicht den Rechtsgrund – hier in Gestalt eines
Schenkungsvertrages - für das Wohnungsrecht entfallen läßt. Eine weitergehende
Aussage dahingehend, daß die Ausübung des Kündigungsrechts aus einem Mietvertrag
keine Auswirkungen auf das dingliche Wohnungsrecht haben könnte und damit das
Wohnungsrecht zwingend einem mietrechtlichen Räumungsbegehren entgegenstehen
müßte, enthält das Urteil des Bundesgerichtshofs jedoch nicht. Hierüber hatte der
Bundesgerichtshof auch gar nicht zu entscheiden, da der seinem Urteil zugrunde
liegende Sachverhalt insofern dem vorliegenden Fall nicht parallel gelagert war, als
Streitgegenstand die Zustimmung zur Löschung des Wohnungsrechts im Grundbuch
war. Von dem Urteil wäre das Landgericht mithin nur abgewichen, wenn es entschieden
hätte, daß die Kündigung des Mietverhältnisses zum Fortfall des Rechtsgrundes für das
eingeräumte Wohnungsrecht geführt hätte. Eine derartige Entscheidung hat es jedoch –
wie dargelegt – nicht getroffen, sondern vielmehr allein darauf abgestellt, daß dem
Zwangsverwalter gegenüber den Beschwerdeführern die Einrede der Beendigung des
Mietvertrages zustehe. Diese Schlußfolgerung hat es im Wege der Auslegung von § 2
Ziff. 1 des Mietvertrages gezogen. Davon abgesehen, daß die Auslegung
rechtsgeschäftlicher Bestimmungen grundsätzlich Sache des Tatrichters ist und keine
Vorlage rechtfertigt (BGHZ 84, 345 <348 f.>; OLG Hamm, Beschluß vom 26. Juni 1998 -
30 RE-Miet 1/98 - GE 1998, 854; Gummer in Zöller a.a.O. Rdnr. 14 , steht die Annahme,
daß Einreden einem dinglichen Wohnungsrecht entgegengehalten werden können, nicht
im Widerspruch zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs. In dem Urteil hat der
Bundesgerichtshof die Möglichkeit schuldrechtlicher, das dingliche Wohnungsrecht
beeinflussender Abreden nämlich nicht ausgeschlossen. Statt dessen hatte er zu dieser
Frage bereits in einem früheren Urteil ausgeführt, daß sich die Rechte und Pflichten der
Parteien untereinander letztlich ohnehin nach den getroffenen schuldrechtlichen
Vereinbarungen richteten, weil diese einem abweichend eingetragenen dinglichen Recht
einredeweise entgegengehalten werden dürften (Urteil vom 12. November 1976 – V ZR
254/74 – DB 1977, 206). Es ist damit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn
das Landgericht im konkreten Fall die Tatsache des Jahre nach Einräumung des
dinglichen Wohnungsrechts im schuldrechtlichen Mietvertrag vereinbarten
Kündigungsrechts aus wichtigem Grund dahin auslegt, daß die Parteien dieses
Kündigungsrecht auch als Einrede gegen das Wohnungsrecht hatten durchgreifen lassen
wollen, zumal – wie bereits dargelegt – die Auslegung rechtsgeschäftlicher
Bestimmungen nicht vorlagefähig ist.
c) Im Rahmen der Rüge, das in Art. 10 Abs. 1 VvB enthaltene Recht auf Gleichheit vor
dem Gesetz sei verletzt, kann der Verfassungsgerichtshof die Entscheidungen anderer
Gerichte nur in engen Grenzen überprüfen. Ein Verstoß gegen dieses Grundrecht liegt
nicht schon vor, wenn die Auslegung oder Anwendung des einfachen Rechts Fehler
enthält. Hinzukommen muß vielmehr, daß die Entscheidung sachlich schlechthin
unhaltbar und deshalb objektiv willkürlich ist. Das ist nur dann der Fall, wenn sie unter
keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluß aufdrängt,
daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Davon kann nicht gesprochen werden,
wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine
Schlußfolgerungen nicht jedes sachlichen Grundes entbehren (Beschlüsse vom 25. April
1994 - VerfGH 34/94 - LVerfGE 2, 16 <18> und vom 20. August 1997 – VerfGH 46/97 –
LVerfGE 7, 19 <24>).
Nach diesem Maßstab überschreitet das angegriffene Urteil nicht die Grenze zur Willkür.
Das Landgericht hat die Frage, ob den Beschwerdeführern die Instandhaltung oblag und
sie außerordentlich gekündigt sowie zur Räumung und Herausgabe der Wohnung
verurteilt werden konnten, eingehend unter Berücksichtigung des Nebeneinanders von
schuldrechtlichem Mietvertrag und dinglichem Wohnungsrecht geprüft. Hierbei hat es die
maßgeblichen Vorschriften sowie die einschlägige Rechtsprechung herangezogen.
Ebenso hat es seine Auffassung begründet, aus welchem Gesichtspunkt das
verfassungsgerichtliche Verfahren VerfGH 106/00 nicht vorgreiflich sei und deswegen
eine Aussetzung des Verfahrens ausscheide. Es kommt im Rahmen der
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eine Aussetzung des Verfahrens ausscheide. Es kommt im Rahmen der
verfassungsrechtlichen Prüfung eines Verstoßes gegen das Willkürverbot nicht darauf an,
ob diese Ausführungen im einzelnen zu überzeugen vermögen. Daß die
Beschwerdeführer die Rechtsauffassung des Landgerichts nicht teilen, ist in diesem
Zusammenhang ebenfalls unerheblich. Jedenfalls kann keine Rede davon sein, die
Auffassung des Landgerichts entbehre jeder sachlichen Grundlage, sei unter keinem
denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar und müsse deshalb als willkürlich
qualifiziert werden. Dies gilt hinsichtlich der Ablehnung des Aussetzungsantrags um so
mehr, als die Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit nach § 148 ZPO
grundsätzlich im Ermessen des Gerichts steht.
d) Eine Verletzung des durch Art. 23 Abs. 1 Satz 1 VvB geschützten Eigentumsrechts
liegt schließlich ebenfalls nicht vor.
Zu den verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen, die das bürgerliche Recht
einem privaten Rechtsträger zuordnet, gehören auch dingliche Rechte wie das
Wohnungsrecht nach § 1093 BGB (vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 79, 17 <191>
[Erbbaurecht]). Dabei ist es Sache des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des
verfassungsrechtlich geschützten Eigentums und damit die konkrete Reichweite der
Eigentumsgarantie zu bestimmen (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 VvB). Die zivilrechtlichen
Vorschriften stellen derartige Inhalts- und Schrankenbestimmungen dar. Die Gerichte
haben diese vom Gesetzgeber vorgenommene Gestaltung der Eigentumsposition bei
der Anwendung und Auslegung der einschlägigen Vorschriften zu beachten (vgl.
Beschluß vom 20. April 2000 – VerfGH 72/00 – GE 2001, 50 <51>).
Allerdings begründet selbst eine nach einfachem Recht möglicherweise fehlerhafte und
den widerstreitenden Interessen der Beteiligten nicht hinreichend gerecht werdende
gerichtliche Entscheidung nicht in jedem Fall eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts.
Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, gerichtliche Entscheidungen und das
ihnen zugrunde liegende Verfahren – ähnlich wie eine Rechtsmittelinstanz – in jeder
Hinsicht auf ihre Übereinstimmung mit dem einfachen Recht zu überprüfen. Die Schwelle
eines verfassungsgerichtlich zu korrigierenden Verstoßes gegen Art. 23 Abs. 1 VvB ist
erst dann erreicht, wenn die gerichtliche Entscheidung auf einer grundsätzlich
unrichtigen Anschauung von der Bedeutung und Reichweite des Grundrechts beruhen
würde (Beschluß vom 24. August 2000 - VerfGH 107 A/99, 107/99 - GE 2000, 1324).
Davon kann hier keine Rede sein. Das Landgericht hat sich unter Berücksichtigung der
§§ 536, 553 BGB, der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie der im konkreten
Fall vorhandenen schuldrechtlichen und dinglichen Vereinbarungen eingehend mit der
Frage auseinandergesetzt, ob die Beschwerdeführer die Instandhaltungspflicht für die
Mietsache trifft und ob sie diese in einem eine außerordentliche Kündigung
rechtfertigenden Maße verletzt haben. Es hat sich ferner ausführlich – ebenfalls unter
Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – mit der Problematik des
Zusammentreffens von dinglichem Wohnungsrecht und Mietvertrag befaßt. Die vom
Landgericht dabei vertretene Rechtsauffassung erscheint weder willkürlich noch sachlich
nicht vertretbar. Vielmehr hat es die Wirksamkeit der Kündigung des schuldrechtlichen
Mietverhältnisses und deren Durchgreifen als Einrede gegen das dingliche
Wohnungsrecht aus den im konkreten Fall sowohl zum Wohnungsrecht als auch zum
Mietverhältnis getroffenen Vereinbarungen hergeleitet. Auch deswegen ist nicht
ersichtlich, daß das Landgericht das Bestandsinteresse der Beschwerdeführer als
Inhaber eines dinglichen Wohnungsrechts fehlgewichtet hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
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