Urteil des VerfGH Berlin vom 15.03.2017

VerfGH Berlin: eingriff in grundrechte, beschlagnahme, verfassungsbeschwerde, leiter, internet adresse, ermittlungsverfahren, eidesstattliche erklärung, durchsuchungsbefehl, tatverdacht, bedrohung

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
87/03, 87 A/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 28 Abs 2 Verf BE, § 102
StPO
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I. 1. Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die
Durchsuchung seiner Wohnräume sowie die Beschlagnahme von Gegenständen im
Rahmen eines gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens (56 Js 911/03). Diesem
Ermittlungsverfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Leiter der JVA Tegel erhielt am 1. April 2003 eine e-mail mit folgendem Text:
“Klaus L., du dreckiger Bastard, Deine Tage sind gezählt, du Dreckschwein!!!!! Fühl dich
bloß nicht so sicher, du Bastard. Wir töten dich, du Stück Scheiße, du perverser KZ-
Kommandant! Du Miststück hast die längste Zeit Leute gequält. Jetzt quälen wir Dich,
Klausi (geb. 15.3.1942) !!!!!!
Hurensohn !!!!!!“
Absender war eine amerikanische Internet-Adresse, die nach den Ermittlungen des
Polizeipräsidenten in Berlin anonyme e-mails ermöglicht, indem die Absenderangaben
der dort aufgegebenen e-mails bereits nach 24 Stunden gelöscht werden. Es handelt
sich um einen „anonymous-remailer“.
Da es einige Zeit zuvor einen Vorfall in der JVA Moabit gab, bei dem der Leiter der
dortigen JVA telefonisch bedroht und beleidigt wurde und die dortigen Ermittlungen sich
gegen den Beschwerdeführer richteten, kam dieser auch vorliegend in Verdacht. Die
ermittelnden Polizeibeamten waren der Auffassung, dass die in der e-mail enthaltenen
Bedrohungen und Beleidigungen mit den gegenüber dem Leiter der JVA Moabit
getätigten Äußerungen auffällige Übereinstimmungen aufwiesen. Darüber hinaus waren
gegen den Beschwerdeführer andere Ermittlungsverfahren bekannt, bei denen es
ebenfalls um Beleidigungen und Bedrohungen von Mitarbeitern der Berliner
Justizvollzugsanstalten ging.
Auf dieser Grundlage leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den
Beschwerdeführer wegen Tatverdachts gemäß §§ 185, 241 StGB ein und beantragte am
3. April 2003 beim Amtsgericht Tiergarten den Erlass eines Durchsuchungsbefehls für
die Wohn- und Nebenräume des Beschwerdeführers.
2. Mit Beschluss vom 3. April 2003 ordnete das Amtsgericht die Durchsuchung der
Wohn-, Geschäfts- und Nebenräume des Beschwerdeführers an, weil die Durchsuchung
zum Auffinden von Beweismitteln, nämlich Unterlagen und Datenträgern (auch
elektronischen) führen könnte, die eine Verbindung des Beschuldigten, der nach dem
Ergebnis der Ermittlungen Insasse der JVA Tegel gewesen war, sowie ein Motiv für die
Absendung einer solchen e-mail belegen könnte.
Die Anordnung der Durchsuchung in dem vorgenannten Umfang sei im Hinblick auf den
Tatvorwurf und die Stärke des Tatverdachts verhältnismäßig, insbesondere seien mildere
Maßnahmen beim derzeitigen Ermittlungsstand nicht ersichtlich.
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Die Durchsuchung fand am 9. April 2003 zusammen mit einer Durchsuchung im
Ermittlungsverfahren 56 Js 482/03 statt. Hinsichtlich dieser weiteren Durchsuchung ist
das Verfassungsbeschwerdeverfahren VerfGH 86/03 anhängig.
Zur Durchsuchung der Schränke und Regale des Beschwerdeführers wurden bei der
Durchsuchung die in ihnen aufbewahrten oder aufgestellten Gegenstände
herausgenommen, ihrerseits durchsucht und anschließend auf den Wohnzimmerboden
gelegt.
Bei der Durchsuchung wurden laut Beschlagnahmeprotokoll diverse Schriftstücke, 15
Disketten, 4 Schriftstücke (Nazi), eine Festplatte, ein Schriftstück (eidesstattliche
Erklärung der Mutter des Beschwerdeführers über ihr Eigentum an dem Computer), zwei
LD-Sicherheitskopien, ein Modem, fünf Bücher, zwei Schreckschusspistolen Kaliber 9
mm, zwei Pfeffersprays und ein Butterfly-Messer beschlagnahmt. Der Beschwerdeführer
wurde anlässlich der Durchsuchung vernommen und stritt die Tatvorwürfe ab.
Gegen die Beschlagnahme der Gegenstände erhob der Beschwerdeführer am 9. April
2003 Widerspruch. Ebenfalls unter dem 9. April 2003 legte der Beschwerdeführer
Beschwerde gegen den Durchsuchungsbefehl des Amtsgerichts ein.
Am 15. April 2003 erhielt der Beschwerdeführer die beschlagnahmten Bücher und einen
großen Teil der beschlagnahmten Schriftstücke zurück. Die Staatsanwaltschaft
beantragte unter dem 17. April 2003 die richterliche Bestätigung der fortdauernden
Beschlagnahme der nicht zurückgegebenen Gegenstände.
Mit Schreiben vom 27. April 2003 beantragte der Beschwerdeführer nach § 23 EGGVG
beim Kammergericht die Feststellung, dass die Art der Durchsuchung rechtswidrig
gewesen sei.
Das Landgericht verwarf die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den
Durchsuchungsbefehl des Amtsgerichts vom 3. April 2003 mit Beschluss vom 21. Mai
2003 als unbegründet. Zur Begründung führte das Landgericht aus, die Beschwerde sei
„aus den weiter zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung“ zu verwerfen.
Der erforderliche Anfangsverdacht habe bei Beschlusserlass des Amtsgerichts
vorgelegen. Dieser habe sich nicht nur aus einer ähnlichen Wortwahl zu Bedrohungen
gegenüber dem Leiter der JVA Moabit ergeben, deren der Beschwerdeführer auf Grund
eines Wiedererkennens der Stimme verdächtigt sei, sondern auch aus der zeitlichen
Nähe der Handlungen und Parallelen in den Personen der Bedrohten. Beide seien Leiter
von Justizvollzugsanstalten, in denen der Beschuldigte eingesessen habe.
Mit Beschluss vom 13. Juni 2003 bestätigte das Amtsgericht die Beschlagnahme der
weiterhin beschlagnahmten Gegenstände. Als Begründung gab es an, dass die
Gegenstände als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können und
mildere Maßnahmen zur Erreichung des Untersuchungsziels beim jetzigen Stand der
Ermittlungen nicht ersichtlich seien. Mit weiterem Beschluss am selben Tage unter
demselben Aktenzeichen wurde die Rechtmäßigkeit der Vollstreckung der Durchsuchung
festgestellt.
Gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 13. Juni 2003 erhob der Beschwerdeführer
Beschwerde zum Landgericht. Er machte geltend, für das Verfahren wegen Beleidigung
und Bedrohung sei die Beschlagnahme waffengleicher Gegenstände nicht notwendig. Er
vertrat weiterhin die Auffassung, in der fehlenden Wiedereinordnung der aus den
Schränken und Regalen entnommenen Gegenstände liege eine Sachbeschädigung.
Mit Beschluss vom 20. August 2003 wies das Kammergericht den Antrag des
Beschwerdeführers vom 27. April 2003 als unzulässig zurück, soweit er sich nicht auf die
Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme bereits freigegebener Beweismittel
bezog. Insoweit verwies das Kammergericht das Verfahren an den zuständigen
Ermittlungsrichter des Amtsgerichts. Zur Begründung führte es aus, dass der Rechtsweg
nach den §§ 23 ff. EGGVG nicht eröffnet sei, wenn die ordentlichen Gerichte bereits auf
Grund anderer Vorschriften angerufen werden könnten. Dies sei hier der Fall.
Mit Beschluss vom 28. Oktober 2003 verwarf das Landgericht die Beschwerden des
Beschwerdeführers gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 13. Juni 2003 als
unbegründet. Die Art und Weise der Durchsuchung sei rechtmäßig gewesen und eine
Aufhebung der einstweiligen Beschlagnahme und eine Freigabe der von der
Beschlagnahme umfassten Gegenstände komme nicht in Betracht. Eine
Sachbeschädigung durch „Unordnung“ liege nicht vor, weil sich aus Lichtbildern und
dem Durchsuchungsbericht ergebe, dass sich die Wohnung bereits vor der
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dem Durchsuchungsbericht ergebe, dass sich die Wohnung bereits vor der
Durchsuchung in einem unaufgeräumten Zustand befunden habe. Hinsichtlich der
beschlagnahmten als Waffen verwendbaren Gegenstände handele es sich zwar um
Zufallsfunde, die mit dem ursprünglichen Ermittlungsverfahren nicht zusammen hingen.
Wegen der Zufallsfunde sei jedoch inzwischen durch die Staatsanwaltschaft Berlin am 1.
Oktober 2003 ein neues Ermittlungsverfahren (56 Js 2221/03) eingeleitet worden.
3. Der Beschwerdeführer begehrt mit seiner Verfassungsbeschwerde festzustellen, dass
die die Durchsuchung betreffenden Beschlüsse des Amtsgerichts und Landgerichts
seine Grundrechte aus Art. 23 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 2 VvB verletzen, sowie die
Beschlagnahmeentscheidung des Polizeipräsidenten in Berlin vom 9. April 2003 und die
sie bestätigenden fachgerichtlichen Beschlüsse aufzuheben.
Der Beschwerdeführer trägt vor, in dem Durchsuchungsbefehl des Amtsgerichts sei
nicht mitgeteilt worden, warum ein Anfangsverdacht gegen ihn bestehe. Zwar seien im
Beschluss des Landgerichts vom 21. Mai 2003 Gründe angeführt. Ein solches
„Nachschieben“ von Gründen sei unzulässig. Auch sei die Durchsuchung nicht
verhältnismäßig. Das gleiche gelte für die Beschlagnahme, soweit sie aufrechterhalten
worden sei.
Zudem beantragt der Beschwerdeführer den Erlass einer einstweiligen Anordnung, durch
die die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet werden, mit der Auswertung der
beschlagnahmten Gegenstände bis zu einer Entscheidung über die
Verfassungsbeschwerde durch den Verfassungsgerichtshof zu warten.
Dem Polizeipräsidenten in Berlin, der Staatsanwaltschaft Berlin und den Präsidenten des
Amtsgerichts Tiergarten sowie des Landgerichts Berlin ist Gelegenheit zur
Stellungnahme hinsichtlich des Vortrags des Beschwerdeführers zur Durchsuchung und
zur Beschlagnahmeentscheidung des Polizeipräsidenten gegeben worden. Die
Staatsanwaltschaft Berlin weist darauf hin, dass mit der Auswertung der sichergestellten
Gegenstände bis zum Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens nicht begonnen
werde.
II. 1. Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der Durchsuchung zulässig. Auch wenn
die Durchsuchung als erledigt angesehen werden kann, besteht für die
Verfassungsbeschwerde ein Rechtsschutzbedürfnis. Bei besonders tiefgreifenden und
folgenschweren Grundrechtsverstößen muss von einem Fortbestehen des
Rechtsschutzbedürfnisses trotz Erledigung ausgegangen werden, wenn sich die direkte
Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränkt, in
welcher der Betroffene eine Entscheidung über seine Verfassungsbeschwerde kaum
erlangen kann. Der Gedanke des effektiven Rechtsschutzes gebietet es dann, dass der
Betroffene den Grundrechtseingriff gerichtlich überprüfen lassen kann. Demgemäß ist
das Rechtsschutzbedürfnis bei Durchsuchungen stets auch dann zu bejahen, wenn die
Durchsuchung bereits abgeschlossen war (Beschluss vom 11. Februar 1999 - VerfGH
25/97, 25 A/97 und 60/07 - LVerfGE 10, 49 ff.; BVerfG NJW 1997, 2163 <2164>; NJW
1991, 690).
Hinsichtlich der angegriffenen Beschlagnahmeentscheidung des Polizeipräsidenten in
Berlin ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, soweit sie sich gegen die
Beschlagnahme diverser Schriftstücke und eines Computers nebst Zubehör richtet.
Nach Aktenlage ist über den Antrag der Staatsanwaltschaft vom 17. April 2003, die
fortdauernde Beschlagnahme dieser Gegenstände richterlich zu bestätigen, durch das
Amtsgericht Tiergarten am 13. Juni 2003 entschieden worden, ohne dass der
Beschwerdeführer sich im Beschwerdeverfahren hiergegen gewandt hat.
Dementsprechend hat er insoweit den Rechtsweg vor den Fachgerichten nicht erschöpft
(§ 49 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG).
Soweit es um die einstweilige Beschlagnahme der Schreckschusspistolen, der mit
Pfefferspray gefüllten Dosen und des Butterfly-Messers sowie um die Art und Weise der
Durchsuchung geht, ist der Rechtsweg durch Beschluss des Landgerichts Berlin vom 28.
Oktober 2003 zwar erschöpft. Die hiergegen aufrechterhaltene Verfassungsbeschwerde
ist jedoch schon mangels ordnungsgemäßer Begründung unzulässig. Es ist nicht
ersichtlich, welche Rechte des Beschwerdeführers aus der Verfassung von Berlin durch
den Beschluss des Landgerichts insoweit verletzt sein sollen. Der Hinweis des
Beschwerdeführers auf seine ursprünglichen Ausführungen gegen die
Beschlagnahmeentscheidung des Polizeipräsidenten enthält hierzu keine ausreichenden
Darlegungen.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist - soweit sie zulässig ist - unbegründet.
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Die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts, welche die Durchsuchung zum
Gegenstand haben, sind verfassungsgemäß und verletzen den Beschwerdeführer nicht
in seinem Grundrecht aus Art. 28 Abs. 2 VvB.
Eine Durchsuchung von Wohnräumen greift regelmäßig schwerwiegend in die
grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen und damit in den
Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 28 Abs. 2 VvB ein. Aus Gründen der
Rechtsstaatlichkeit sind deshalb Mindestanforderungen an den Inhalt der Anordnung
einer Durchsuchung zu stellen (BVerfGE 42, 212 <218 ff.>). Diese steht ebenso wie ihre
Anordnung von vorneherein unter dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Der jeweilige Eingriff muss insbesondere in einem angemessenen Verhältnis zur
Schwere der Straftat und Stärke des Tatverdachts stehen (für Art. 13 GG: BVerfGE 20,
162 <186 f.>, 42, 212 <219 f.>, 59, 95 <97>). Ferner verstößt die gerichtliche
Anordnung einer Durchsuchung gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 10 VvB), wenn
sich für sie keine sachlich zureichenden, plausiblen Gründe finden lassen, so dass ihr
Ergebnis nicht mehr verständlich ist und sich somit der Schluss auf Willkür aufdrängt (für
Art. 3 Abs. 1 GG: BVerfG NJW 1991, 690 <691>; BVerfGE 59, 95 <97>). Es ist Aufgabe
des Richters, von vorneherein für eine angemessene Begrenzung der
Zwangsmaßnahme Sorge zu tragen. Dazu gehört, dass er durch eine geeignete
Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und
Zumutbaren sicherstellt, dass der Eingriff in Grundrechte messbar und kontrollierbar
bleibt. Ein Durchsuchungsbefehl, der keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des
Tatvorwurfs enthält und der zudem weder die Art noch den denkbaren Inhalt der
Beweismittel, denen die Durchsuchung gilt, erkennen lässt, wird diesen Anforderungen
jedenfalls dann nicht gerecht, wenn solche Angaben nach dem Ergebnis der
Ermittlungen ohne weiteres möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht
abträglich sind (BVerfG NJW 1999, 2176 mit Hinweis auf BVerfGE 42, 212 <220>; 96, 44
<51 f.>).
Der Beschluss des Amtsgerichts vom 3. April 2003 wird diesen Anforderungen nur
teilweise gerecht. Soweit dieser Beschluss die verfassungsrechtlichen Anforderungen
nicht erfüllt, ist der Beschwerdeführer gleichwohl nicht in seinen Grundrechten verletzt,
da ein diesbezüglicher Verfassungsverstoß im Beschwerdeverfahren durch Beschluss
des Landgerichts korrigiert wurde. Eine solche Heilung anfänglicher Mängel ist nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts möglich (BVerfG NJW 2003, S. 2669).
Dem schließt sich der Verfassungsgerichtshof an.
Der Beschluss des Amtsgerichts enthält tatsächliche Angaben über den Tatvorwurf,
indem er zeitliche und örtliche Angaben zur Tat macht, den Geschädigten nennt und den
Wortlaut der e-mail wiedergibt. Damit hat das Amtsgericht die Anforderungen erfüllt, die
für die nötige Begrenzung der Zwangsmaßnahme der Durchsuchung erforderlich sind.
Nach der tatsächlichen Ausgangslage bestand auch ein Tatverdacht, welcher die
Durchsuchung rechtfertigen konnte. Die dem Leiter der JVA Tegel zugegangene e-mail
ist in der Machart und Wortwahl durchaus mit dem Vorgang der Bedrohung gegenüber
dem Leiter der JVA Moabit vergleichbar. Aus der zeitlichen Nähe beider Handlungen und
den Parallelen in den bedrohten Personen konnte angesichts der Tatsache, dass auch
weitere Justizvollzugsmitarbeiter beleidigt bzw. bedroht wurden und dafür der
Beschwerdeführer als Tatverdächtiger ermittelt werden konnte, ein Tatverdacht auch in
diesem Fall hergeleitet werden.
Die Verhältnismäßigkeit der Anordnung der Zwangsmaßnahme war gewahrt. Die
Durchsuchung stand in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Straftat und
der Stärke des Tatverdachts. Eine Durchsuchung erschien hier vor dem Hintergrund der
Schwere der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Vergehen als gerechtfertigt. Denn
der Absender der e-mail hat den Geschädigten mit einem gravierenden Verbrechen,
einem Mord aus Rachemotiven, bedroht. Der Geschädigte konnte auch nicht wissen
oder erkennen, um wen es sich bei dem Bedrohenden handelte. Durch die anonyme
Übermittlung der Bedrohung durch e-mail gewann diese einen besonders ernsten
äußerlichen Rahmen. Auch musste der Täter davon ausgehen, dass der Geschädigte
hinsichtlich seiner dienstlichen Funktion die Bedrohungen in besonderer Weise ernst
nehmen und befürchten würde, dass es sich bei der Bedrohung nicht nur um einen
„Spaß“ handelte, sondern eine Realisierung des angekündigten Verbrechens tatsächlich
bevorstehen könnte.
Ebenso rechtfertigt die Intensität des Tatverdachts die Durchsuchung. Das
Ermittlungsverfahren wurde parallel zu dem Ermittlungsverfahren 56 Js 482/03 geführt,
so dass es von vorneherein nur einen Durchsuchungsvorgang gab. Die Parallelität der
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so dass es von vorneherein nur einen Durchsuchungsvorgang gab. Die Parallelität der
Tathandlungen rechtfertigten einen Schluss auf den Beschwerdeführer, und es gab
angesichts der Verwendung einer anonymen Übermittlungsweise für die e-mail auch
keine andere Möglichkeit, dem Tatverdacht nachzugehen, als auf vom Beschwerdeführer
benutzte EDV-Gerätschaften zuzugreifen.
Der Beschluss des Landgerichts vom 21. Mai 2003 erfüllt alle verfassungsrechtlichen
Anforderungen, soweit er bezüglich der Angabe von Tatvorwurf und Beweismitteln auf
den Beschluss des Amtsgerichts Bezug nimmt. Soweit verfassungsrechtlich bedenklich
erscheint, dass das Amtsgericht in seinem Beschluss nicht erkennen ließ, warum es von
einem Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer ausging, sind diese Bedenken durch
den Beschluss des Landgerichts ausgeräumt worden. Das Landgericht führte hierzu aus,
dass der erforderliche Anfangsverdacht bei Beschlusserlass vorgelegen habe. Der
Anfangsverdacht habe sich nicht nur aus einer ähnlichen Wortwahl zu Bedrohungen
gegenüber dem Leiter der JVA Moabit ergeben, deren der Beschwerdeführer auf Grund
eines Wiedererkennens der Stimme verdächtigt sei, sondern auch aus der zeitlichen
Nähe der Handlungen und Parallelen in den Personen der Bedrohten. Beide seien Leiter
von Justizvollzugsanstalten, in denen der Beschwerdeführer eingesessen habe. Damit
erfüllte das Landgericht die bestehenden verfassungsrechtlichen Begründungspflichten,
indem es dem Beschwerdeführer ermöglichte, Kenntnis vom Tatvorwurf einschließlich
eines bestehenden Anfangsverdachts zu nehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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