Urteil des VerfGH Berlin vom 14.03.2017

VerfGH Berlin: besondere gefährlichkeit, öffentliche sicherheit, gefahr, körperliche unversehrtheit, rasse, verfassungsbeschwerde, behörde, negative feststellungsklage, gestaltungsspielraum

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
152/00
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 7 Verf BE, Art 10 Abs 1 Verf
BE, Art 31 Abs 2 Verf BE, § 49
Abs 2 S 2 VGHG BE, § 55 SOG
BE 1992
VerfGH Berlin: Neuregelung der Verordnung über das Halten
von Hunden in Berlin mit
Bestimmtheitsgebot und Gleichheitssatz vereinbar -
unwiderlegliche Vermutung der Gefährlichkeit aufgrund von
Rassemerkmalen - Anzeige- und Kennzeichnungspflicht - Anlein-
und Maulkorbzwang - Zuverlässigkeit von Hundehaltern -
Zuchtverbot
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihren Verfassungsbeschwerden unmittelbar
gegen Änderungen der zum Schutz vor gefährlichen Hunden erlassenen
landesrechtlichen Vorschriften, die insbesondere das Halten und Züchten unwiderleglich
als gefährlich eingestufter Hunderassen betreffen.
1. Bis zum Erlass der angegriffenen Änderungen galten nach § 3 der Verordnung über
das Halten von Hunden in Berlin - HundeVO Bln - vom 5. November 1998 (GVBl. S. 326,
370) Hunde als gefährlich, wenn sie wiederholt in gefahrdrohender Weise Menschen
angesprungen (Nr. 1), wiederholt Wild, Vieh, Katzen oder Hunde gehetzt oder gerissen
(Nr. 2), sich gegenüber Mensch oder Tier als bissig erwiesen hatten (Nr. 3) oder auf
Angriffslust oder über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Schärfe
oder andere in der Wirkung gleichstehende Zuchtmerkmale gezüchtet oder trainiert
wurden (Nr. 4). Außerhalb des eingefriedeten Besitztums mussten gefährliche Hunde an
der Leine und unter bestimmten Voraussetzungen mit einem beißsicheren Maulkorb
geführt werden. Die zum Halten und Führen eines gefährlichen Hundes erforderliche
Zuverlässigkeit und Sachkunde war auf Verlangen ggf. der zuständigen Behörde
nachzuweisen.
Mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Halten von Hunden in
Berlin vom 4. Juli 2000 (GVBl. S. 365) hat der Verordnungsgeber eine zwölf Rassen
umfassende Liste unwiderleglich als gefährlich geltender Hunde eingeführt, für die
außerhalb des eingefriedeten Besitztums ein Leinen- und Maulkorbzwang angeordnet
wird. Für fünf Hunderassen sieht die Verordnung darüber hinaus eine Anzeige- und
Kennzeichnungspflicht sowie ein Zuchtverbot vor. Verstöße gegen die genannten
Verpflichtungen können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Nach den am 6. Juli
2000 in Kraft getretenen Änderungen haben die einschlägigen Regelungen folgenden
Wortlaut:
§ 3
Gefährliche Hunde
(1) Hunde folgender Rassen oder Gruppen von Hunden sowie deren Kreuzungen
untereinander oder mit anderen Hunden sind auf Grund rassespezifischer Merkmale
gefährlich:
1. Pit-Bull
2. American Staffordshire Terrier
3. Staffordshire Bullterrier
4. Bullterrier
5. Tosa Inu
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6. Bullmastiff
7. Dogo Argentino
8. Dogue de Bordeaux
9. Fila Brasileiro
10. Mastin Espanol
11. Mastino Napoletano
12. Mastiff
(2) Als gefährliche Hunde im Sinne dieser Verordnung gelten darüber hinaus Hunde, die
.... .
§ 4
Führen gefährlicher Hunde
(1) Außerhalb des eingefriedeten Besitztums dürfen gefährliche Hunde nur vom Halter
des Hundes oder einer anderen sachkundigen Person nach § 5 Abs. 4 Satz 1 geführt
werden. Sie sind dabei an einer höchstens zwei Meter langen Leine zu führen.
Gefährliche Hunde nach § 3 müssen außerhalb des eingefriedeten Besitztums stets
einen beißsicheren Maulkorb tragen.
(2) Die Anleinpflicht nach Absatz 1 Satz 1 gilt nicht in Hundeauslaufgebieten, wenn der
Hund einen beißsicheren Maulkorb trägt.
§ 5
Zuverlässigkeit und Sachkundenachweis
(1) Wer einen gefährlichen Hund hält oder außerhalb eines eingefriedeten Besitztums
führt, muss über die dafür erforderliche Zuverlässigkeit verfügen.
(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 besitzen nicht Personen,
die insbesondere wegen
1. einer vorsätzlichen Straftat mit Gewaltanwendung gegenüber Menschen,
insbesondere wegen Raubes, Nötigung, Vergewaltigung, Zuhälterei, Land- oder
Hausfriedensbruchs oder Widerstandes gegen die Staatsgewalt,
2. einer Straftat gegen das Tierschutzgesetz, das Bundesjagdgesetz oder das
Waffengesetz rechtskräftig verurteilt worden sind und wenn seit dem Eintritt der
Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind.
(3) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel auch nicht Personen, die
1. alkoholkrank oder rauschmittelsüchtig sind oder
2. ... (4) bis (6) ...
§ 5 a
Anzeige- und Kennzeichnungspflicht
(1) Wer einen Hund nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 hält, muss der zuständigen Behörde
unverzüglich unter Nachweis seine Personalien die Haltung sowie Rasse und Alter des
Hundes anzeigen. Über die Anzeige erteilt die zuständige Behörde eine Bescheinigung.
(2) Innerhalb von acht Wochen nach der Anzeige hat der Halter der zuständigen Behörde
1. ein Führungszeugnis,
2. einen Nachweis seiner Sachkunde sowie
3. einen Nachweis, dass der Hund keine über das natürliche Maß hinausgehende
Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder eine andere in der Wirkung vergleichbare
Eigenschaft gegenüber Menschen oder Tieren aufweist,
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beizubringen.
(3) Nach Vorlage der beizubringenden Unterlagen und wenn keine Tatsachen die
Annahme rechtfertigen, dass von der Haltung des Hundes eine Gefahr für Leben oder
Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht, erteilt die zuständige Behörde eine
Plakette. Liegen die Voraussetzungen für die Erteilung der Plakette nicht vor, untersagt
die zuständige Behörde die Haltung des Hundes und ordnet seine Sicherstellung an. Die
Plakette ist grün, kreisförmig und weist einen Durchmesser von 4 cm auf.
(4) Die Plakette ist am Halsband des Hundes zu befestigen, wenn der Hund außerhalb
des eingefriedeten Besitztums geführt wird. Bis zur Erteilung der Plakette hat der Führer
des Hundes die Bescheinigung über die Anzeige nach Absatz 1 mitzuführen und auf
Verlangen vorzuzeigen.
§ 8
Abrichten und Züchten von Hunden
(1)...
(2) Die Zucht, das Inverkehrbringen und der Erwerb von Hunden nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ist
verboten. Die Zucht mit Hunden nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 ist verboten. ....
§ 10
Ausnahmeregelungen und Übergangsvorschrift
(1) Diese Verordnung gilt nicht für Diensthunde der Polizei, des Grenzschutzes, des
Zolls, der Bundeswehr, der Rettungsdienste und des Katastrophenschutzes sowie für
geprüfte Schutzhunde bei Wach- und Ordnungsdiensten.
(2) bis (5) ...
2. Die Beschwerdeführer sind Halter eines oder mehrerer Hunde, die unter § 3 Abs. 1
HundeVO Bln fallen. Mit Ausnahme der Beschwerdeführer zu 1., 5., 13., 29. und 32., die
einen der in § 3 Abs. 1 Nr. 6 bis 12 HundeVO Bln aufgeführten Hunde halten, unterliegen
sie der Anzeige- und Kennzeichnungspflicht nach § 5 a Abs. 1 Satz 1 der Verordnung. Mit
ihren Verfassungsbeschwerden beantragen sie, § 3 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 4, 5, 5 a,
8 Abs. 2 Satz 2 und § 10 Abs. 1 HundeVO Bln in der Fassung der Änderungsverordnung
vom 4. Juli 2000 für ungültig zu erklären.
Gerügt wird vorrangig eine Verletzung des Gleichheitssatzes. Die allein an die
Rassezugehörigkeit eines Hundes anknüpfende Aufzählung als gefährlich geltender
Hunde in § 3 Abs. 1 der Verordnung und die sich daraus für die betroffenen Hundehalter
ergebenden Ge- und Verbote verstießen gegen Art. 10 Abs. 1 der Verfassung von Berlin
- VvB - und das darin enthaltene Willkürverbot. Der in § 4 Abs. 1 vorgesehene generelle
Leinen- und Maulkorbzwang verletze zudem - ebenso wie das Zuchtverbot in § 8 Abs. 2
Satz 2 - das Eigentumsgrundrecht des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 VvB und die in Art. 7 VvB
gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit; die Regelungen über den Nachweis der
erforderlichen Zuverlässigkeit und Sachkunde (§§ 5, 5 a) seien darüber hinaus nicht mit
dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar und verstießen, soweit die Vorlage eines polizeilichen
Führungszeugnisses verlangt werde, gegen das Grundrecht der Beschwerdeführer auf
informationelle Selbstbestimmung aus Art. 33 VvB.
Zur Begründung tragen die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:
a) Die Verfassungsbeschwerden seien, da sämtliche Beschwerdeführer durch die
Verordnung selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen seien, zulässig. Aus den
geänderten Bestimmungen ergäben sich allein aufgrund der Rassezugehörigkeit der von
ihnen gehaltenen Hunde im einzelnen bestimmte Halterpflichten, ohne dass es insofern
eines behördlichen Vollzugsaktes bedürfe.
Die Erschöpfung des Rechtswegs vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde sei keinem
der Beschwerdeführer zumutbar. Soweit auch in Fällen unmittelbarer Betroffenheit der
Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde eingreife, werfe die geänderte
Verordnung keine tatsächlichen oder rechtlichen Fragen auf, die vorab - etwa im Wege
einer vorbeugenden Feststellungsklage - durch die zuständigen Fachgerichte zu klären
wären. Weder die angegriffene "Rasseliste" noch die sich daraus ergebenden
Restriktionen für die betroffenen Hundehalter ließen den Behörden oder Gerichten einen
ausfüllungsbedürftigen Gestaltungsspielraum. Die Beschwerdeführer könnten überdies
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ausfüllungsbedürftigen Gestaltungsspielraum. Die Beschwerdeführer könnten überdies
nicht darauf verwiesen werden, gegen einzelne bußgeldbewehrte Vorschriften zu
verstoßen, um auf diesem Wege eine Vorabklärung einzelner Vorschriften im
Instanzenzug zu erreichen.
Ebenso wenig sei es den Beschwerdeführern, deren Hunde erkrankt seien, zumutbar,
eine Ausnahmegenehmigung vom allgemeinen Maulkorbzwang zunächst im
behördlichen und einem sich ggf. anschließenden Verwaltungsstreitverfahren geltend zu
machen. Die Verordnung sehe entsprechende Ausnahmen nicht vor, so dass auch
insofern allein über die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Norm zu
befinden wäre.
Den Verfassungsbeschwerden komme zudem allgemeine Bedeutung zu. In den
einzelnen Bundesländern seien in der Vergangenheit eine Vielzahl unterschiedlicher
Hundeverordnungen und "Rasselisten" erlassen worden, die Gegenstand zahlreicher -
divergierender - Gerichtsentscheidungen gewesen seien. Angesichts der aus
fachwissenschaftlicher Sicht unhaltbaren Behauptung des Verordnungsgebers, Hunde
bestimmter Rassen seien allein aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit besonders gefährlich,
bestehe ein allgemeines Interesse daran, möglichst bald zu sachgerechten und mit der
Verfassung zu vereinbarenden Lösungen zum Schutz vor gefährlichen Hunden zu
kommen.
b) Die in § 3 Abs. 1 der Verordnung enthaltene unwiderlegliche Vermutung, Hunde
bestimmter Rassen oder Gruppen von Hunden sowie deren Kreuzungen untereinander
oder mit anderen Hunden seien - im Gegensatz zu anderen Hunden - allein aufgrund
ihrer Rassezugehörigkeit gefährlich, sei zu unbestimmt und mangels eines die
Ungleichbehandlung rechtfertigenden Grundes willkürlich. Alle an diese Vermutung
geknüpften Ge- und Verbote verletzten den Gleichheitssatz des Art. 10 Abs. 1 VvB.
aa) Soweit § 3 Abs. 1 HundeVO Bln zwölf einzelne Rassebezeichnungen aufführe, habe
der Verordnungsgeber weder Rassedefinitionen noch verbindliche Rassestandards
festgelegt. Die Regelung verstoße daher gegen das verfassungsrechtlich verankerte
Bestimmtheitsgebot und sei von der Verordnungsermächtigung nicht gedeckt. Da eine
Abgrenzung der Hunderassen untereinander nicht anhand objektiver Kriterien möglich
sei, eröffne die Frage der Rassezugehörigkeit den zuständigen Behörden einen
Beurteilungsspielraum. Insofern sei keineswegs sichergestellt, dass die in erster Linie
zuständigen Amtstierärzte über ausreichende kynologische Kenntnisse verfügten; um
eine zuverlässige Zuordnung vornehmen zu können. Bei den vorhandenen
Zuchtstandards des Vereins für das Deutsche Hundewesen (VDH) handele es sich um
Festlegungen eines privaten Vereins, die den Verordnungsgeber nicht davon entbinden
könnten, die von ihm verwendeten Begriffe selbst zu definieren. So kenne der VDH
beispielsweise für den unter § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung aufgeführten Pitbull keine
Rassestandards.
Soweit der Verordnungsgeber auch Halter aller Kreuzungen der von ihm ausgewählten
Rassen untereinander und mit anderen Hunden bestimmten Restriktionen unterwerfe,
sei der genaue Normadressat der Vorschrift nicht hinreichend bestimmt. Mangels
jeglicher Einschränkung sei davon auszugehen, dass jede Kreuzung - auch in der fünften,
sechsten etc. Generation - von der Verordnung erfasst werden solle. Spätestens hieran
offenbare sich die fehlende Sachkunde des Verordnungsgebers in Hundefragen. Aus
wissenschaftlicher Sicht sei es unmöglich, die Rassezugehörigkeit eines Hundes
unbekannter Abstammung eindeutig zu klären. Zudem sei es wissenschaftlich völlig
ungeklärt, in welchem Verhältnis die Vererbung äußerer (phänotypischer) Merkmale zur
Vererbung aggressiver Verhaltensweisen stehe. Dem Halter eines Mischlings sei es
daher - ebenso wenig wie den mit dem Vollzug der Verordnung beauftragten
Polizeibeamten oder Amtstierärzten - möglich, sicher zu erkennen, ob er sich an die
besonderen "rassegebundenen" Halteranforderungen halten müsse.
bb) Die Auswahl der in § 3 Abs. 1 HundeVO Bln aufgenommenen Hunderassen sei
objektiv willkürlich. Mit der Einführung einer "Rasseliste" habe der Verordnungsgeber den
ihm im Bereich der Gefahrenabwehr zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten.
Für eine Ungleichbehandlung von Hundehaltern, die allein an die Rassezugehörigkeit des
Hundes anknüpfe, fehle es an sachlichen Gründen. Nach gesicherten kynologischen
Erkenntnissen gebe es keine Hunderasse, die von Natur aus oder genetisch besonders
aggressiv veranlagt sei. Die Frage, inwieweit aggressive Verhaltensweisen überhaupt
vererbt werden könnten, sei wissenschaftlich noch nicht geklärt. Die Gefährlichkeit eines
Hundes könne daher nach übereinstimmenden fachwissenschaftlichen Aussagen nur
anhand rasseneutraler Kriterien und jeweils für das einzelne Hundeindividuum beurteilt
werden. Sie sei in erster Linie eine Folge des Sozialisationsprozesses und hänge davon
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werden. Sie sei in erster Linie eine Folge des Sozialisationsprozesses und hänge davon
ab, unter welchen Umständen und mit welchen Erfahrungen ein Hund aufwachse.
Sämtliche in § 3 Abs. 1 HundeVO Bln aufgeführten Hunderassen seien bei vernünftiger
Haltung "völlig normale Familienhunde". Sie wiesen keinerlei Merkmale oder
Eigenschaften auf, die anderen Hunden fehlten. Die angebliche besondere "Beißkraft"
sogenannter Kampfhunde sei "eine Erfindung des Volksmundes" und wissenschaftlich in
keiner Weise belegt.
Die besondere Gefährlichkeit der in der Verordnung genannten Hunderassen sei auch
empirisch nicht nachgewiesen. Aus den in der Amtlichen Begründung angeführten
Statistiken über Beißvorfälle, die ohnehin nur bedingt aussagekräftig seien, gehe
keinesfalls hervor, dass die aufgeführten Hunderassen Menschen häufiger als andere
von der Verordnung nicht erfasste Hunde gefährdet hätten. Vielmehr seien weitaus
häufiger Beißvorfälle mit den in Deutschland typischen Gebrauchshunden - Deutscher
Schäferhund, Rottweiler und diverse Mischlinge - verzeichnet. Die durch die Verordnung
inkriminierten Rassen seien dagegen teilweise überhaupt nicht statistisch erfasst.
Soweit sich der Verordnungsgeber zur Begründung der angegriffenen Regelungen auf
die obergerichtliche Rechtsprechung zur Rechtmäßigkeit von Hundesteuersatzungen
bezogen habe, beruhe dies auf einer Verkennung fachwissenschaftlicher Erkenntnisse.
Die den bisher ergangenen Entscheidungen zugrunde liegende Annahme, bei den
erfassten Hunderassen sei eine Zuchtauswahl getroffen worden, die besondere
Angriffsbereitschaft, große Kampfkraft, Beschädigungswille ohne Hemmung, eine
niedrige Reizschwelle und herabgesetzte Empfindlichkeit gegenüber Angriffen des
Gegners fördern solle, werde von führenden Wissenschaftlern auf den Gebieten der
Verhaltensforschung, Zoologie und Genetik einhellig verworfen. Abgesehen davon
komme dem Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts ein weitergehender Spielraum
zur Generalisierung und Typisierung zu als im Bereich der Gefahrenabwehr. Soweit zur
Abwehr einer als regelungsbedürftig angesehenen abstrakten Gefahr in Grundrechte der
Hundehalter eingegriffen werde, sei der Verordnungsgeber an den allgemeinen
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. Notwendig seien insofern Überlegungen
zur Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Regelungen, wolle sich der
Verordnungsgeber nicht dem Vorwurf aussetzen, im Bereich der Gefahrenabwehr zu
"experimentieren" und "die Gesundheit von Menschen aufs Spiel zu setzen".
Die Ungleichbehandlung gegenüber anderen von der Verordnung nicht erfassten
Hunderassen lasse sich - entgegen der vom Verordnungsgeber in Bezug genommenen
Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs - auch nicht mit dem Hinweis
darauf rechtfertigen, möglicherweise ebenso gefährliche Rassen wie Deutsche Dogge,
Dobermann, Rottweiler, Boxer oder Deutscher Schäferhund genössen als traditionelle
deutsche Gebrauchshunde eine höhere Akzeptanz in der Allgemeinheit. Dieser
Gesichtspunkt habe mit den Grundsätzen der Gefahrenabwehr, die sich auf objektive
Kriterien und nicht auf subjektive Einschätzungen stützen müsse, nichts zu tun. Ein
innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der
differenzierenden Regelung sei insofern nicht ersichtlich.
c) Der in § 4 Abs. 1 HundeVO Bln für alle als gefährlich geltenden Hunderassen
angeordnete Leinen- und Maulkorbzwang greife darüber hinaus unverhältnismäßig in das
Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 7 und Art. 23 Abs. 1 Satz 1 VvB ein. Soweit
die Beschwerdeführer ihrer Anzeige- und Kennzeichnungspflicht nachgekommen seien
und die grüne Plakette erhalten hätten, sei die Ungefährlichkeit ihrer Tiere und die zur
Haltung erforderliche Zuverlässigkeit und Sachkunde behördlich anerkannt. Ein Leinen-
und Maulkorbzwang sei in diesen Fällen weder erforderlich noch angemessen.
Unabhängig davon stelle der generelle Leinen- und Maulkorbzwang weder eine
geeignete noch eine erforderliche und angemessene Maßnahme dar, um
Bissverletzungen vorzubeugen. Erführe vielmehr zu einer andauernden
Bewegungsarmut der Hunde und einer damit verbundenen Senkung der Reizschwelle.
Hunde, die ausschließlich an der Leine geführt würden und Begegnungen mit
Artgenossen und Menschen nicht ausweichen könnten, seien in jedem Fall gefährlicher
als Hunde, die sich ausreichend bewegen könnten. Die Anordnung in § 4 Abs. 1 der
Verordnung könne Aggressionen bei friedlichen Tieren auslösen, die ohne den Leinen-
und Maulkorbzwang nicht auftreten würden. Insofern seien verstärkt gefährliche
Bissvorfälle, insbesondere in den Familien der Halter, zu befürchten.
Als weniger einschneidende Maßnahme, die auch dem artgerechten Sozialverhalten der
Tiere gerecht werde, komme allein die individuelle Beurteilung der Gefährlichkeit eines
Hundes durch rassenabhängige Kriterien in Betracht. Durch den generellen Zwang zum
Tragen eines Maulkorbs werde das artgerechte Sozialverhalten in massiver, mit dem
geltenden Tierschutzrecht nicht zu vereinbarender Weise eingeschränkt, ohne dass die
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geltenden Tierschutzrecht nicht zu vereinbarender Weise eingeschränkt, ohne dass die
individuelle Gefährlichkeit der Tiere dies im Interesse der Sicherheit von Menschen
gebiete. Die Hunde sämtlicher Beschwerdeführer zeigten, seitdem sie einen Maulkorb
tragen müssten, deutliche Verhaltensauffälligkeiten. Für alte und kranke Hunde könne
das ständige Tragen eines Maulkorbs lebensbedrohlich sein; für die Hunde der
Beschwerdeführer zu 11., 16. und 21. sei die Notwendigkeit einer Befreiung vom
Maulkorbzwang bereits tierärztlich attestiert worden. Die Verordnung sehe eine solche
Ausnahmemöglichkeit jedoch nicht vor und erweise sich schon deshalb als
unverhältnismäßig.
d) Die Pflicht zur Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses nach § 5 a Abs. 2 Nr. 1
Hunde VO Bln stelle zudem einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht der
Beschwerdeführer auf informationelle Selbstbestimmung dar. Einschränkungen dieses
Grundrechts seien nach Art. 33 VvB nur aufgrund eines Gesetzes zulässig; die von der
Verordnungsermächtigung nicht gedeckte Regelung des § 5 a Abs. 2 Nr. 1 könne einen
derart intensiven Grundrechtseingriff nicht rechtfertigen. Sie sei auch nicht geeignet,
Beißverletzungen durch gefährliche Hunde zu verhindern. Der Zusammenhang zwischen
der Rasse eines Hundes, dem Vorstrafenregister seines Halters und der Gefahr, die von
dem Tier mutmaßlich ausgehe, sei konstruiert und gründe letztlich auf reinen
Vorurteilen. Für die sonstigen Zuverlässigkeitskriterien des § 5 Abs. 2 und 3 der
Verordnung gelte im Ergebnis dasselbe. Es gebe keinen Grund anzunehmen, dass es
künftig weniger Beißvorfälle gebe, nur weil "nicht zuverlässige" Personen von der Haltung
bestimmter Hunderassen ausgeschlossen würden.
e) Soweit § 5 a Abs. 2 Nr. 2 HundeVO Bln von den Haltern der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5
aufgeführten Hunderassen den Nachweis der Sachkunde verlange, werde die
Sachkundeprüfung nach ständiger Verwaltungspraxis nicht von der zuständigen
Behörde, sondern von privaten Dritten durchgeführt. Dies verstoße gegen das
Rechtsstaatsprinzip. Der Verordnungsgeber sei nicht befugt, hoheitliche Aufgaben, die
im Ergebnis dazu führen könnten, die Haltung des Tieres zu untersagen, auf private
Dritte zu übertragen. Es fehle insofern an der für jedes staatliche Handeln erforderlichen
demokratischen Legitimation. Dies gelte auch für den nach § 5 a Abs. 2 Nr. 3 HundeVO
Bln geforderten "Wesenstest", der ebenfalls nach nicht genauer bestimmten Kriterien
von privaten Sachverständigen abgenommen werde.
f) Die Verpflichtung, die von der Verordnung erfassten Hunde nach Beibringung der
erforderlichen Unterlagen mit einer grünen Plakette zu kennzeichnen (§ 5 a Abs. 4
HundeVO Bln), sei zur Gefahrenabwehr nicht geeignet. Die Kennzeichnungspflicht treffe
völlig friedfertige Hunde, deren Halter sowohl zuverlässig als auch sachkundig seien, und
die nach der Verordnung ohnehin nur mit Leine und Maulkorb geführt werden dürften,
bei denen mithin ein gefährlicher Zwischenfall mit der größtmöglichen Sicherheit
ausgeschlossen sei.
g) Das Zuchtverbot in § 8 Abs. 2 Satz 2 HundeVO Bln stelle einen unverhältnismäßigen
Eingriff in das Eigentumsgrundrecht aller Halter der betroffenen Hunde dar. Es sei zum
einen nicht belegt, dass ausgerechnet Hunde der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 genannten
Rassen überproportional an Beißvorfällen beteiligt seien, zum anderen treffe das
Zuchtverbot auch völlig friedfertige Tiere, die für die Weitergabe ihrer guten
Eigenschaften verwendet werden könnten. Es sei ausreichend, die Zucht von Hunden zu
verbieten, die sich als aggressiv erwiesen hätten.
§ 8 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung verletze zudem das Grundrecht auf freie Berufswahl
aus Art. 17 VvB. Das Züchten von Hunden sei als Beruf anzusehen; die
Beschwerdeführerin zu 6. wolle eine derartige Zucht mit ihrer Hündin aufbauen, was ihr
bei Anwendung der Verordnung untersagt sei. Gründe, die diesen Eingriff zur Abwehr
nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend
wichtiges Gemeinschaftsgut rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.
h) Die in § 10 Abs. 1 HundeVO Bln enthaltene Ausnahmevorschrift sei zu eng gefasst.
Sie verletze insbesondere den Beschwerdeführer zu 34. in seinem Recht auf
Gleichbehandlung. Die von ihm gehaltenen Staffordshire Bullterrier-Hündinnen seien
vielfach geprüft und als Therapiehunde, die seit Jahren bei der Arbeit mit behinderten
Menschen, in Kinder- und Altenheimen eingesetzt würden, anerkannt. Ihre Ausbildung
sei auf ein Höchstmaß an Toleranz und Friedfertigkeit angelegt; sie seien daher weder
mehr noch weniger gefährlich als die von § 10 Abs. 1 erfassten Hunde im Polizei- und
Katastrophenschutzdienst. Für eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen von der
Verordnung ausgenommenen Hunden bestehe keinerlei sachlicher Grund.
3. Gemäß § 53 Abs. 3 in Verbindung mit § 44 VerfGHG ist dem Präsidenten des
Abgeordnetenhauses von Berlin und dem Senat von Berlin Gelegenheit zur
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Abgeordnetenhauses von Berlin und dem Senat von Berlin Gelegenheit zur
Stellungnahme gegeben worden. Der Senat von Berlin, vertreten durch die
Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen, ist dem Verfahren nach § 53 Abs. 4
VerfGHG beigetreten und hat sich wie folgt geäußert:
a) Die Verfassungsbeschwerden seien mangels Erschöpfung des Rechtswegs unzulässig.
Einer unmittelbaren Anrufung des Verfassungsgerichtshofs stehe der Grundsatz der
Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegen. Die Aufklärung des Sachverhalts
und die Klärung fachwissenschaftlicher Fragen durch Einholung eines von den
Beschwerdeführern für geboten erachteten Sachverständigengutachtens sei Aufgabe
der dafür allgemein zuständigen Fachgerichte. Den Beschwerdeführern sei es zumutbar,
zunächst den ihnen offenstehenden Rechtsweg zu beschreiten.
Eine Vorabentscheidung über die Verfassungsbeschwerden sei auch nicht wegen deren
allgemeiner Bedeutung geboten. Den aufgeworfenen Fragen komme weder
grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch hätten die den
Beschwerdeführern auferlegten Beschränkungen über den Einzelfall hinaus
weitreichende Bedeutung. Die verfassungsgerichtliche Klärung könne sich ohnehin nur
auf die angegriffene Verordnung, nicht aber auf den dem Abgeordnetenhaus von Berlin
bereits vorliegenden Gesetzentwurf über das Halten und Führen von Hunden in Berlin
beziehen; sie könne daher zwangsläufig nur begrenzte Bedeutung haben.
b) Die Verfassungsbeschwerden seien zudem unbegründet.
aa) Die Aufzählung unwiderleglich als gefährlich geltender Hunde in § 3 Abs. 1 HundeVO
Bln verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 10 Abs. 1 VvB und das darin
enthaltene Willkürverbot.
Die angegriffene Regelung halte sich im Rahmen des dem Verordnungsgeber im Bereich
der Gefahrenabwehr zustehenden weiten Gestaltungsspielraums. Das Halten eines
gefährlichen Hundes im Sinne des § 3 Abs. 1 der Verordnung stelle weder ein
personenbezogenes Kriterium dar noch werde durch die daran anknüpfenden
Anforderungen an die Hundehaltung in schwerwiegender Weise in grundrechtlich
geschützte Freiheiten der Beschwerdeführer eingegriffen. Soweit es - wie vorliegend - um
die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben von Menschen und Tieren gehe, sei der
Verordnungsgeber nicht gehalten, "flächendeckend" sämtliche Hunderassen, von denen
eine Gefahr ausgehen könne, im Rahmen einer entsprechenden Polizeiverordnung zu
bekämpfen. Die durch den Gleichheitssatz gezogene Grenze sei erst dann überschritten,
wenn sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung völlig fehlten, die Unsachlichkeit der
vom Verordnungsgeber getroffenen Regelung mithin evident sei. Die
verfassungsgerichtliche Kontrolle könne sich nur auf die Einhaltung dieser äußersten
Grenzen des normativen Ermessens beziehen.
Die Definition gefährlicher Hunde in § 3 Abs. 1 HundeVO Bln sei hinreichend bestimmt.
Bei Rassehunden sei die Rassezugehörigkeit anhand anerkannter Rassestandards der
Hundeverbände (u.a. Federation Cynologique Internationale , VDH) ohne weiteres
möglich und allgemein anerkannt. Die Zuordnung von Mischlingen der aufgelisteten
Rassen sei auch bei unbekannter Herkunft der Elterntiere aufgrund phänotypischer
Merkmale möglich. Es entspreche ständiger Verwaltungspraxis, nur Mischlinge der
ersten Generation, d.h. unmittelbare Nachkommen eines Hundes der als gefährlich
eingestuften Rassen, unter die Bestimmungen der Verordnung zu rechnen. Bei dem
unter § 3 Abs. 1 Nr. 1 HundeVO Bln aufgeführten Pit-Bull handele es sich zwar nicht um
eine von der FCI anerkannte Hunderasse, der VDH gehe jedoch ohne weiteres auch von
der Bestimmbarkeit dieser Hunde aus. Die Kreuzung Pit-Bull werde als eine eindeutige
Gruppe von Kampfhunden bezeichnet; einziges Ziel der Züchtung sei eine möglichst
niedrige Aggressionsschwelle.
Die Behauptung der Beschwerdeführer, dass es keine Hunderasse gebe, die von Natur
aus oder genetisch besonders aggressiv veranlagt sei, sei unzutreffend. Bei Rassen
handele es sich um Teilpopulationen einer Art, die in der Haustierzucht durch künstliche
Selektion - ausgehend von unterschiedlichen Zuchtzielen - entstanden seien. Die
typischen Rasseunterschiede in der Hundezucht bezögen sich häufig auf das äußere
Erscheinungsbild, könnten jedoch auch durch den Verwendungszweck der jeweiligen
Rasse bestimmte Verhaltensweisen, wie etwa gesteigerte Aggressivität, umfassen. Es
entspreche wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass das Aggressionsverhalten eines
Hundes durch die genetische Disposition der Rasse, der er angehöre, mitbestimmt
werde. Ebenso wie körperliche Schäden gebe es auch Verhaltensmerkmale und -
störungen, die genetisch fixiert seien. Anerkannt sei, dass es gewisse Rassen bzw.
bestimmte Zuchtlinien gewisser Rassen gebe, bei denen durch einseitige, unbiologische
Zuchtziele Extremformen hervorgebracht worden seien, deren Reizschwelle zur
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Zuchtziele Extremformen hervorgebracht worden seien, deren Reizschwelle zur
Auslösung aggressiven Verhaltens so weit gesenkt worden sei, dass diese Tiere immer
als latent gefährlich bezeichnet werden müssten. Zu diesen Hunderassen, deren
Aggressionsverhalten problematisch sei, zählten die sogenannten Kampfhunde. Das
Züchten von Kampfhunden habe Hunde hervorgebracht, die - wie sonst keine andere
Rasse - einer Zuchtauswahl auf starken "Kampftrieb" und "Mut" unterworfen worden
seien. Zwar treffe es zu, dass Hunde auch allein durch falsche Behandlung,
Vernachlässigung und konfliktreiche Umgebung, ohne genetische Veranlagung,
verhaltensgestört werden könnten; gezielte künstliche Selektion habe jedoch,
entsprechend dem "Gebrauch" einer Rasse, bestimmte angeborene Verhaltensweisen
wie etwa Aggressivität gefördert und gehöre heute zum Standard bestimmter Rassen.
Diese Rassen zeichneten sich durch eine genetische Disposition zu gesteigerter
Aggressivität aus.
Im Unterschied zu den in § 3 Abs. 1 der Verordnung aufgelisteten Rassen lägen für die
von Absatz 1 nicht erfassten Hunderassen wie Deutsche Dogge, Dobermann, Rottweiler
oder Deutscher Schäferhund keine entsprechenden wissenschaftlichen Aussagen über
genetische Dispositionen vor. Hinzu komme ein völlig anderes Beißverhalten der Tiere.
Zwar sei aufgrund der anatomischen und physiologischen Verhältnisse auch bei diesen
Rassen von einer großen Beißkraft auszugehen; anders als bei den sog. Kampfhunden
sei die Art des Beißens jedoch nicht dadurch gekennzeichnet, sich - ohne loszulassen -
zu verbeißen und so schwerste Verletzungen zu verursachen. Im Vergleich zu den
unwiderleglich als gefährlich eingestuften Rassen fehle zudem die sehr hohe
Schmerztoleranz, die als eine der Ursachen für ungehemmtes Aggressionsverhalten
anzusehen sei. Soweit sich die Beschwerdeführer zum Beleg einer willkürlichen
Ungleichbehandlung gegenüber den angeführten traditionellen deutschen
Gebrauchshunden auf die bisher in Deutschland erstellten Statistiken über Beißvorfälle
beriefen, sei zu berücksichtigen, dass diese nur bedingt aussagekräftig seien. Den
einschlägigen Erhebungen fehle insbesondere ein Bezug zur Gesamtpopulation der
jeweiligen Rasse. Abgesehen davon könnten die Beschwerdeführer, die möglicherweise
gleich große Gefährlichkeit anderer Hunderassen unterstellt, aus dem Gleichheitssatz
ohnehin keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht herleiten.
Zu den einzelnen in § 3 Abs. 1 der Verordnung aufgeführten Hunderassen sei zu
bemerken:
Bei Pit-Bull, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier und Tosa
Inu (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5) handele es sich um äußerst muskulöse, relativ schwere und
kraftvolle Rassen bzw. Gruppen von Hunden. Die anatomische Beschaffenheit des
Kopfes belege die große Beißkraft dieser Hunde, die ein erhöhtes Risiko schwerer
Verletzungen nach sich ziehe. Der Ursprung dieser Rassen liege in der Verwendung für
Hundekämpfe. Der bis in die Gegenwart reichende Missbrauch als Kampfhund habe zur
Herausbildung von Verhaltenseigenschaften wie hoher Angriffsbereitschaft, Mut,
niedriger Reizschwelle, fehlender Beißhemmung und hoher Schmerztoleranz geführt, die
ihre besondere Gefährlichkeit im Vergleich zu anderen Hunderassen begründeten. Die
rassebedingte gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit sei durch wissenschaftliche
Untersuchungen belegt. Die abstrakte Gefahr, die von diesen Hunden ausgehe,
rechtfertige unter dem Gesichtspunkt der Prävention und der Pflicht des Staates, durch
geeignete Maßnahmen des Polizei- und Ordnungsrechts Leben und körperliche
Unversehrtheit von Menschen und Tieren zu schützen, eine strengere Reglementierung.
Die Einstufung der in § 3 Abs. 1 Nr. 6 bis 12 aufgeführten, sämtlich zur Gruppe der
Molosser gehörenden Rassen beruhe auf deren Charakterisierung durch
Rassestandards, ihrer früheren Verwendung als Kampfhunde und ihrem bis heute
reichenden Missbrauch. Hunde dieser Rassen imponierten vor allem durch ihre Größe,
Körperkraft und ihr zum Teil furchteinflößendes Erscheinungsbild. Die physischen
Merkmale dieser Hunde könnten bei Beißvorfällen zu schweren Verletzungen führen.
Auch bei diesen Rassen sei von einer genetischen Disposition zu gesteigerter
Aggressivität und Gefährlichkeit auszugehen.
bb) Der für die genannten Hunderassen in § 4 Abs. 1 HundeVO Bln angeordnete
generelle Leinen- und Maulkorbzwang verletze weder Art. 7 noch Art. 23 Abs. 1 Satz 1
VvB.
Angesichts der rassebedingten Aggressivität der von § 3 Abs. 1 erfassten Hunde sei der
Leinen- und Maulkorbzwang geeignet, dem Risiko schwerer Verletzungen von Mensch
oder Tier vorzubeugen. Untersuchungen belegten, dass unangeleinte Hunde häufiger
Beißvorfälle verursachten als angeleinte Hunde. Dem Gesichtspunkt des Tierschutzes
sei dadurch Genüge getan, dass es Maulkörbe gebe, die eine Wärmeabgabe mittels
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sei dadurch Genüge getan, dass es Maulkörbe gebe, die eine Wärmeabgabe mittels
Hecheln zuließen. Im übrigen seien bei kranken Tieren Ausnahmeregelungen aus
tierschutzrechtlichen Gründen möglich.
Die Regelung sei mit Blick auf die Unvorhersehbarkeit tierischen Verhaltens auch
erforderlich. Die Annahme, ein bestandener Wesenstest nach § 5 a Abs. 2 Nr. 3 der
Verordnung erlaube es, vom Leinen- und Maulkorbzwang abzusehen, übersehe, dass
gerade die in einer Großstadt herrschenden Bedingungen vielfach zu Situationen führen
könnten, in denen die beschriebenen rassebedingten Eigenschaften der Hunde
aggressive Reaktionen auslösen könnten. Nur eine Leinen- und Maulkorbpflicht sei daher
geeignet, unvorhersehbare Reaktionen der Hunde mit schwerwiegenden Folgen für
Mensch und Tier zu verhindern. Die Praxis habe gezeigt, dass in den überwiegenden
Fällen Hunde auffällig geworden seien, die sich bis dahin völlig unauffällig gezeigt hätten.
Angesichts der zu verhindernden Gefahren seien die mit dem Leinen- und
Maulkorbzwang verbundenen Einschränkungen zumutbar.
cc) Die in § 5 a Abs. 2 Nr. 1 HundeVO Bln geregelte Vorlage eines polizeilichen
Führungszeugnisses verletze nicht das Grundrecht der Beschwerdeführer auf
informationelle Selbstbestimmung. Es handele sich insoweit um eine reine Obliegenheit;
es bleibe letztlich der Entscheidung des jeweiligen Hundehalters überlassen, ob er seine
Zuverlässigkeit nachweisen wolle oder nicht. Unabhängig davon halte sich die Regelung
im Rahmen der polizei- und ordnungsrechtlichen Verordnungsermächtigung. Die
Behauptung der Beschwerdeführer, die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses
sei nicht geeignet, Bissverletzungen durch gefährliche Hunde zu verhindern, verkenne
die bisher auf dem Gebiet der Hundehaltung gewonnen Erkenntnisse, dass gerade die in
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 der Verordnung aufgeführten Hunde Tierhalter benötigten, die ihrer
hohen Verantwortung gerecht würden. Begründete Zweifel bestünden aber bei solchen
Haltern, die in der Vergangenheit wegen einer der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 2 HundeVO Bln
aufgeführten Straftaten rechtskräftig verurteilt worden seien.
dd) Die Tatsache, dass der ebenfalls als Obliegenheit ausgestaltete Nachweis der
Sachkunde nach § 5 a Abs. 2 Nr. 2 HundeVO Bln durch Vorlage einer erfolgreich
abgelegten Sachkundeprüfung bei einem privaten Sachverständigen erbracht werden
könne, sei eine geläufige Vorgehensweise im Verwaltungsrecht. Die diesbezüglichen
Bedenken der Beschwerdeführer seien daher nicht gerechtfertigt. Dies gelte auch für die
in § 5 a Abs. 4 HundeVO Bln normierte Kennzeichnungspflicht. Die Kennzeichnung der
betroffenen Hunde mit einer Plakette erleichtere die Überwachung der Vorgaben der
Verordnung und erhöhe die Sicherheit der Bevölkerung. Sie sei daher zur
Gefahrenabwehr geeignet und verletze die Beschwerdeführer nicht in ihren
Grundrechten.
ee) Bei dem Zuchtverbot des § 8 Abs. 2 Satz 2 HundeVO Bln handele es sich um einen
typischen Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums. Art. 23 Abs. 1 Satz 1 VvB sei
daher ebenso wenig verletzt wie Art. 17 VvB, dessen Schutzbereich sich nicht auf die
hier allein betroffene Freiheit der Berufsausübung erstrecke.
ff) Schließlich stelle es keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar, dass
die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 1 HundeVO Bln sich nicht auf sogenannte
Therapiehunde beziehe. Abgesehen von dem insoweit bisher unsubstantiierten
Sachvortrag könne nicht jede vereinzelte Nutzung von Hunden zu bestimmten Zwecken
eine Ausnahme rechtfertigen. Die Regelung stelle ersichtlich auf Hunde ab, die für
öffentliche oder private Sicherheitszwecke benötigt würden. Dass in vergleichbarer Weise
eine Ausnahmeregelung für "Therapiehunde" erforderlich sei, sei nicht ersichtlich.
II.
Die unmittelbar gegen die landesrechtlichen Vorschriften gerichteten
Verfassungsbeschwerden sind im wesentlichen zulässig. Insbesondere steht einer
sofortigen Sachentscheidung des Verfassungsgerichtshofs nicht der Grundsatz der
Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegen.
1. Verfassungsbeschwerde gegen Akte der Rechtssetzung kann nur erheben, wer durch
die angegriffenen Vorschriften selbst, gegenwärtig und unmittelbar in seinen
Grundrechten betroffen ist (vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 1, 97 <101 >; 86, 382
<386>; st. Rspr.). Das Erfordernis der Selbstbetroffenheit setzt voraus, dass der
Beschwerdeführer geltend machen kann, in einem seiner in der Verfassung von Berlin
enthaltenen Rechte verletzt zu sein (§ 49 Abs. 1 VerfGHG). Soweit Gegenstand der
Verfassungsbeschwerden auch die Regelungen in §§ 5 a und 8 Abs. 2 Satz 2 HundeVO
Bln sind, trifft dies von vornherein nur auf die Beschwerdeführer zu, deren Hunde unter §
3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 der Verordnung fallen. Die Beschwerdeführer zu 1., 5., 13., 29. und
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3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 der Verordnung fallen. Die Beschwerdeführer zu 1., 5., 13., 29. und
32. und die von ihnen gehaltenen Hunde unterliegen dagegen weder der Anzeige- und
Kennzeichnungspflicht noch dem Zuchtverbot; ihre Verfassungsbeschwerden können
sich daher nur auf die übrigen zur Entscheidung gestellten Vorschriften beziehen. Soweit
die Hunde der Beschwerdeführer zu 15. und 22. mittlerweile verstorben sind, fehlt es an
einer gegenwärtigen Selbstbetroffenheit; allein die Absicht, in Zukunft möglicherweise
wieder einen der von der Verordnung erfassten Hunde zu erwerben, reicht dafür nicht
aus. Insoweit sind die Verfassungsbeschwerden mithin bereits unzulässig.
Die in § 5 Abs. 3 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 4 bis 6 HundeVO Bln normierte Pflicht,
nach Aufforderung der zuständigen Behörde (vgl. § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 2
Nr. 1 bis 3 HundeVO Bln) die erforderliche Sachkunde nachzuweisen, betrifft die
Beschwerdeführer nicht unmittelbar. Insoweit sind die Verfassungsbeschwerden
ebenfalls unzulässig. Die übrigen angegriffenen Regelungen betreffen die
Beschwerdeführer dagegen jeweils unmittelbar. Sie wirken ohne einen vermittelnden Akt
- insbesondere ohne einen Vollzugsakt der Exekutive - unmittelbar in den Rechtskreis
der Beschwerdeführer ein (vgl. zum Erfordernis der Unmittelbarkeit: BVerfGE 16, 147
<158 f.>; 45, 104 <117>; 90, 128 <135 f.>). Dies gilt sowohl für den nach der
Verordnung für alle gesondert aufgelisteten Hunde geltenden Leinen- und
Maulkorbzwang (§ 4 Abs. 1 und 2) als auch für die Anzeige- und Kennzeichnungspflicht
nach § 5 a. Das Nichtbeibringen der in § 5 a Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HundeVO Bln genannten
Unterlagen kann nach § 9 Abs. 1 Nr. 9 als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Es
handelt sich daher nicht um eine bloße, die Rechtssphäre der Beschwerdeführer noch
nicht berührende Obliegenheit (vgl. zur landesrechtlichen Regelung in Rheinland-Pfalz:
RhPfVerfGH, Beschluss vom 20. November 2000 - VGH A 11/00 - NVwZ 2001, 193
<194>), sondern um eine bußgeldbewehrte Rechtspflicht, die unmittelbar auf die
Rechtsstellung der Beschwerdeführer einwirkt.
2. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aus
Art. 10 Abs. 1 VvB und einen Eingriff in ihre Rechte aus Art. 7 und Art. 23 Abs. 1 Satz 1
VvB rügen, genügt ihr Beschwerdevorbringen den Substantiierungsanforderungen der §§
49 Abs. 1, 50 VerfGHG.
3. Die Verfassungsbeschwerden sind rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 51 Abs. 2
VerfGHG eingelegt worden. Dies gilt auch für die angegriffenen Regelungen in § 4 Abs. 1
Sätze 1 und 2, § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 1, 2 und 3 Nr. 1 und § 10 Abs. 1 HundeVO Bln, die
vom Wortlaut her bereits in der ursprünglichen Verordnung enthalten waren. Denn mit
der Neufassung des § 3 Abs. 1 der Verordnung hat sich ihr Anwendungsbereich
erweitert. Sie gelten nunmehr für alle nach § 3 Abs. 1 vom Verordnungsgeber
unwiderleglich als gefährlich eingestuften Hunde und entfalten damit erstmalig auch für
die Beschwerdeführer Rechtswirkung. Die Rechtslage hat sich daher für die
Beschwerdeführer durch den neuen gesetzgeberischen Akt - hier: die Erste Verordnung
zur Änderung der Verordnung über das Halten von Hunden in Berlin vom 4. Juli 2000 -
geändert; die insoweit mit Erlass der Änderungsverordnung (neu) beginnende Jahresfrist
ist gewahrt (vgl. zur inhaltsgleichen Regelung in § 93 Abs. 2 BVerfGG: BVerfGE 12, 10
<24>; 45, 104 <119 f.>).
4. Der Grundsatz der Subsidiarität steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden
nicht entgegen. Dieser in § 49 Abs. 2 VerfGHG zum Ausdruck kommende Grundsatz
findet auch bei Verfassungsbeschwerden Anwendung, die sich unmittelbar gegen
Rechtsnormen richten (Urteil vom 31. Oktober 1996 - VerfGH 54/96 -LVerfGE 5, 49
<53>; vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 69, 122 <125 f.>; 74, 69 <74>; 90, 128, <136
f.>). Er verpflichtet den jeweiligen Beschwerdeführer, mit seinem Anliegen vor einer
Anrufung des Verfassungsgerichtshofs grundsätzlich die dafür allgemein zuständigen
Gerichte zu befassen, um auf diese Weise eine Korrektur des geltend gemachten
Verfassungsverstoßes zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern. Die
für die Auslegung und Anwendung von Rechtsvorschriften im Einzelfall erforderliche
Klärung tatsächlicher und einfachrechtlicher Fragen obliegt vorrangig den Fachgerichten.
Auch in den Fällen, in denen ein fachgerichtlicher Rechtsschutz gegen die Norm selbst
nicht eröffnet ist, kann der außerordentliche Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde
daher unzulässig sein, wenn der Beschwerdeführer in zumutbarer Weise wirkungsvollen
Rechtsschutz durch Anrufung der Fachgerichte erlangen kann (vgl. BVerfGE 71, 305
<336> m. w. N.).
Die Möglichkeit eines verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens ist den
Beschwerdeführern vorliegend, da Berlin von der Ermächtigung in § 47 Abs. 1 Nr. 2
VwGO keinen Gebrauch gemacht hat, nicht eröffnet. Gegenüber den angegriffenen,
ohne weiteren behördlichen Vollzugsakt eintretenden Rechtswirkungen der Verordnung -
etwa der Anordnung des Leinen- und Maulkorbzwangs und der Anzeige- und
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etwa der Anordnung des Leinen- und Maulkorbzwangs und der Anzeige- und
Kennzeichnungspflicht - käme jedoch fachgerichtlicher Rechtsschutz in Form einer
(vorbeugenden) Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO - mit dem zugehörigen
einstweiligen Rechtsschutz - in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1982 - 5
C 103/81 - NJW 1983, 2208; BVerwGE 80, 355 <362>; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl.
2000, § 43 Rdnr. 8; nach Auskunft des Verwaltungsgerichts Berlin ist eine derartige
negative Feststellungsklage bereits beim VG Berlin anhängig). Eine derartige
Klagemöglichkeit bestünde auch, soweit sich insbesondere der Beschwerdeführer zu 34.
gegen die - aus seiner Sicht unzureichende - Ausnahmeregelung in § 10 Abs. 1 der
Verordnung wendet. Soweit die Beschwerdeführer zu 3., 11., 12., 16., 18. und 21. wegen
der Erkrankung ihrer Hunde eine Ausnahme vom Maulkorbzwang verfassungsrechtlich
für geboten erachten, könnten sie ihr Begehren im Wege der Verpflichtungsklage (§ 42
Abs. 1 VwG0) verfolgen. Auch wenn die Verordnung eine derartige
Ausnahmegenehmigung nicht vorsieht, kann ihre Erteilung aus höherrangigem Recht,
insbesondere tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten, möglich und geboten sein. Soweit
die Behörde nach § 5 a Abs. 3 Satz 2 HundeVO Bln die Haltung des Hundes untersagen
und seine Sicherstellung anordnen kann, handelt es sich um eine ordnungsbehördliche
Verfügung, gegen die mit der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwG0 vorgegangen
werden kann.
Die genannten Rechtsmittel ändern allerdings nichts an dem Risiko der
Beschwerdeführer, dass sie bei Zuwiderhandlungen gegen die in der Verordnung
normierten Halterpflichten wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt werden können (vgl.
§ 9 Abs. 1 Nr. 5 bis 10 HundeVO Bln) und mit diesem Makel behaftet blieben, wenn der
dann unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde erforderlich
werdende ordentliche Rechtsweg und eine nachfolgende Verfassungsbeschwerde nicht
zum Erfolg führen würde. Das Risiko eines solchen Makels spricht unabhängig von den
vorstehend dargestellten Möglichkeiten eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes
gegen die Annahme der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerden. Letztlich bedarf
jedoch weder diese Frage noch die weitergehende Frage, ob die Beschreitung des
Verwaltungsrechtswegs den Beschwerdeführern unter dem Gesichtspunkt effektiven
Rechtsschutzes zumutbar ist (vgl. zur Landeshundeverordnung Nordrhein-Westfalen, die
- anders als die HundeVO Bln - für das Halten bestimmter Hunde eine Erlaubnispflicht
vorsieht: BVerfG, Beschluss vom 18. August 2000 - BvR 1329/00 u.a. - NVwZ 2000, 1407
<1408>), keiner abschließenden Entscheidung. Denn der Grundsatz der Subsidiarität
der Verfassungsbeschwerde gilt nicht uneingeschränkt. Nach dem insoweit sinngemäß
anwendbaren § 49 Abs. 2 Satz 2 VerfGHG (vgl. Urteil vom 31. Oktober 1996, a.a.0, S.
54) ist eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vor Erschöpfung des Rechtswegs
möglich, wenn die Verfassungsbeschwerde von allgemeiner Bedeutung ist und die
Erschöpfung des Rechtswegs auch im Hinblick auf den Sinn des Subsidiaritätsprinzips -
eine vorherige Klärung der tatsächlichen und rechtlichen Fragen durch die Fachgerichte
zu gewährleisten - nicht geboten ist (vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 90, 128 <136 f.>).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
Die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffenen Rechtsvorschriften betreffen eine
Vielzahl von Hundehaltern. Eine Vorabentscheidung des Verfassungsgerichtshofs ist
mithin geeignet, über den Einzelfall hinaus in einer großen Zahl gleichgelagerter Fälle
Klarheit über die Rechtslage zu schaffen und eine Klärung der aufgeworfenen
verfassungsrechtlichen Fragen in überschaubarem Zeitraum zu ermöglichen, ohne dass
es der Ausschöpfung des unter Umständen langwierigen fachgerichtlichen
Instanzenzuges bedarf (vgl. RhPfVerfGH, NVwZ 2001, 193 <194>). Die danach
anzunehmende allgemeine Bedeutung der Verfassungsbeschwerden ist im Ergebnis
nicht dadurch in Frage gestellt, dass es sich bei der Verordnung - mit Blick auf den dem
Abgeordnetenhaus von Berlin vorliegenden Entwurf eines Gesetzes über das Halten und
Führen von Hunden in Berlin - möglicherweise um in absehbarer Zukunft auslaufendes
Recht handelt. Denn abgesehen davon, dass im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens
offensichtlich die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs abgewartet werden soll,
sieht der bisher vorliegende Gesetzentwurf in § 4 Abs. 2 ebenfalls eine Auflistung als
gefährlich eingestufter Hunderassen vor und unterwirft die betroffenen Hundehalter
bestimmten Halteranforderungen. Sowohl auf Seiten der Betroffenen als auch auf Seiten
des Landesgesetzgebers besteht mithin ein erhebliches Interesse an baldiger
verfassungsrechtlicher Klärung.
Eine Vorklärung durch die Fachgerichte erscheint nicht zwingend geboten. Da das
Vorliegen einer allgemeinen Bedeutung nur ein Moment im Rahmen der Abwägung für
und wider eine sofortige Sachentscheidung des Verfassungsgerichtshofs ist (Urteil vom
31. Oktober 1996, a.a.0., S. 54 f.; ebenso zum Bundesrecht BVerfGE 86, 382 <388>),
kommt der fachgerichtlichen Vorklärung insbesondere dort Bedeutung zu, wo die
Beurteilung der mit der Verfassungsbeschwerde erhobenen Rügen die Prüfung
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Beurteilung der mit der Verfassungsbeschwerde erhobenen Rügen die Prüfung
tatsächlicher oder einfachrechtlicher Fragen voraussetzt, für die das Verfahren vor den
Fachgerichten besser geeignet ist (vgl. BVerfGE 86, 382 <387>; 90, 128 <137 f.>). Eine
derartige Klärung tatsächlicher oder einfachrechtlicher Fragen, auf die der
Verfassungsgerichtshof für die Beurteilung der im Verfassungsbeschwerdeverfahren
erhobenen Rügen angewiesen wäre, ist vorliegend von der vorherigen Durchführung
eines Verwaltungsstreitverfahrens nicht zu erwarten. Soweit tatsächliche Fragen von
Bedeutung sind, beziehen sie sich nicht auf die Ermittlung und Würdigung des
Sachverhalts, sondern betreffen vorrangig die Entscheidungsgrundlagen und die
Einschätzungen des Verordnungsgebers (vgl. BVerfGE 90, 128 <138>).
III.
In der Sache können die Verfassungsbeschwerden jedoch keinen Erfolg haben. Die
angegriffenen Regelungen halten einer verfassungsrechtlichen Prüfung insbesondere
anhand des Gleichheitssatzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stand.
1. Die Beschwerdeführer sehen sich durch die Regelung in § 3 Abs. 1 HundeVO Bln und
die sich daraus ergebenden Halteranforderungen vorrangig in ihrem Recht auf
Gleichbehandlung aus Art. 10 Abs. 1 VvB verletzt. Mit ihrem Vorbringen, die
Gefährlichkeit eines Hundes könne - entgegen der Einschätzung des Verordnungsgebers
- nicht aufgrund rassespezifischer Merkmale, sondern nur für das einzelne
Hundeindividuum bestimmt werden, können sie nicht durchdringen. Der
Verordnungsgeber hat mit der Aufzählung unwiderleglich als gefährlich geltender Hunde
in § 3 Abs. 1 HundeVO Bln die ihm durch den Gleichheitssatz gezogenen Grenzen seines
Gestaltungsspielraums nicht überschritten.
a) Der allgemeine Gleichheitssatz, der in Art. 10 Abs. 1 VvB inhaltsgleich mit Art. 3 Abs.
1 GG verbürgt ist (vgl. Beschluss vom 12. Dezember 1996 - VerfGH 38/96 - LVerfGE 5,
58 <60>), verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches
willkürlich gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung
verboten. Es ist vielmehr grundsätzlich Sache des Normgebers, diejenigen Sachverhalte
auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolge knüpft, die er mithin im Rechtssinn als
gleich ansehen will. Den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum muss der Gesetzgeber
allerdings sachgerecht ausüben. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich
vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen,
sondern immer nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt
werden soll (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 90, 145 <196>; 93, 319 <348 f.>).
Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich danach
unterschiedliche Grenzen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit, die vom bloßen
Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse
reichen. Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster
Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll,
unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen
regelmäßig einer strengen Bindung (Beschluss vom 6. Oktober 1998 - VerfGH 32/98 -
LVerfGE 9, 45 <53>; vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 55, 72 <88>; 88, 87 <96>; 95, 267
<316>; 99, 367 <388>). Das gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von
Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl.
BVerfGE 89, 15 <22>). Bei lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das
Maß der Bindung vor allem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch
ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen
unterschieden wird (vgl. BVerfGE 55, 72 <89>). Dem Gestaltungsspielraum des
Gesetzgebers sind überdies um so engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die
Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich
geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 60, 123 <134>; 82, 126
<146>; 88, 87 <96>; 99, 367 <388>; allgemein zur Entwicklung des Gleichheitssatzes
in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Gubelt, in: von Münch/Kunig,
Grundgesetz-Kommentar, Band 1, 5. Aufl. 2000, Art. 3 Rdnr. 14).
Der unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums entspricht
eine abgestufte Kontrolldichte bei der verfassungsgerichtlichen Prüfung. Die vorliegend
angegriffenen Regelungen der HundeVO Bln haben ihre Rechtsgrundlage in § 55 des
Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin
(ASOG Bln) vom 14. April 1992 (GVBl. S. 119). Danach kann der Senat von Berlin
Rechtsverordnungen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder
Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 1 ASOG Bln erlassen. Für den hier in Rede stehenden
Bereich der traditionellen Gefahrenabwehr durch "Polizeiverordnung" ist über andere,
inzwischen wesentlich differenzierter geregelte Bereiche des Ordnungsrechts
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inzwischen wesentlich differenzierter geregelte Bereiche des Ordnungsrechts
hinausgehend festzustellen, dass in besonderer Weise das Opportunitätsprinzip gilt.
Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für Maßnahmen der Gefahrenabwehr vor, kann
der Verordnungsgeber im Rahmen seines Gestaltungs- und Ermessensspielraums
grundsätzlich frei entscheiden, ob und welche Gefahren er mittels einer Verordnung zur
Gefahrenabwehr bekämpfen will. Er ist, wenn er sich zum Eingreifen gegen eine
Gefahrenquelle entschlossen hat, nicht allgemein verpflichtet, in gleicher Weise auch
gegen andere, ähnlich gelagerte Gefahrenquellen vorzugehen (vgl.
Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 370 ff.; Götz,
Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, Rdnr. 347 ff.). Soweit der
Verordnungsgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum sachgerecht ausübt, ist
es nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs zu prüfen, ob jeweils die zweckmäßigste,
vernünftigste oder gerechteste Lösung gewählt worden ist. Die dem Verordnungsgeber
im Bereich der Gefahrenabwehr zuzubilligende Gestaltungsfreiheit ist zudem unter dem
Blickwinkel des Gleichheitssatzes tendenziell um so größer, je schwerer der Schutzzweck
der Regelung zu gewichten ist und je weniger empfindlich in die Grundrechte der
Betroffenen eingegriffen wird (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 12. Oktober 1994 - Vf.
16-VII- 92 u.a. - NVwZ-RR 1995, 262 <266>).
Die Differenzierungsmerkmale, die den von den Beschwerdeführern angegriffenen
Regelungen zugrunde liegen, sind darüber hinaus nicht personen-, sondern
verhaltensbezogen. Die als verfassungswidrig beanstandete Ungleichbehandlung knüpft
an die Haltung bestimmter - vom Verordnungsgeber aufgrund rassespezifischer
Merkmale unwiderleglich als gefährlich eingestufter - Hunderassen an. Sie stellt die
Halter von Hunden der in § 3 Abs. 1 aufgeführten Rassen schlechter als die Halter von
Hunden, deren Gefährlichkeit nach § 3 Abs. 2 der Verordnung im Einzelfall individuell
festgestellt werden muss. Eine Differenzierung nach personenbezogenen Merkmalen,
bei der der Gesetzgeber einer besonders strengen Bindung unterliegen würde, liegt in
dieser Ungleichbehandlung nicht. Die vom Verordnungsgeber vorgenommene
Differenzierung knüpft vielmehr an eine unterschiedliche Behandlung von
Sachverhaltsgruppen an. Die Auflistung der einzelnen Rassen, Kreuzungen und Gruppen
von Hunden in § 3 Abs. 1 der Verordnung hat allerdings Einschränkungen der Haltung
und Züchtung der genannten Hunde zur Folge, die die Beschwerdeführer in ihrem
grundrechtlich geschützten Freiheitsbereich - insbesondere in ihrem Grundrecht der
allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 7 VvB - berühren. Die verfassungsgerichtliche
Prüfung kann sich daher nicht auf eine bloße Willkürkontrolle beschränken, andererseits
unterlag der Verordnungsgeber nicht den strengen Bindungen an
Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Es genügt vielmehr, dass die differenzierende
Regelung auf hinreichend sachbezogenen, die ungleichen Rechtsfolgen nach Art und
Gewicht rechtfertigenden Gründen beruht (vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 88, 87 <97>;
91, 389 <401>; 93, 99 <111>; 95, 217 <317>; 99, 367 <389>).
b) Bei Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs ist die Auflistung unwiderleglich als
gefährlich geltender Hunde in § 3 Abs. 1 HundeVO Bln verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden. Sie beruht auf hinreichend sachbezogenen, nach Art und Gewicht
vertretbaren Gründen. Die an § 3 Abs. 1 HundeVO Bln anknüpfenden
Halteranforderungen verletzen die Beschwerdeführer daher nicht in ihrem Grundrecht
auf Gleichbehandlung.
aa) Dass von Hunden mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit eine Gefahr für
die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, ist in Rechtsprechung und Literatur
allgemein anerkannt (vgl. BayVerfGH, NVwZ-RR 1995, 262 <265> m. w. N.). Kommt es
zu Beißzwischenfällen mit solchen Hunden, besteht für die Opfer, zu denen gerade
Kinder und ältere Menschen gehören, die Gefahr schwerer Verletzungen oder gar
tödlicher Unfälle. Dieser abstrakten Gefahr, die von der Haltung gefährlicher Hunde
ausgeht, kann der Verordnungsgeber im Rahmen einer Gefahrenabwehrverordnung, wie
sie die vorliegend angegriffenen Regelungen darstellen, begegnen. Dabei dürfen die
Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nicht überspannt
werden. Da es um den Schutz von Leben und Gesundheit von Menschen und damit um
den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter geht, genügt für die Annahme einer
abstrakten Gefahr bereits ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit des
Schadenseintritts (vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens, a.a.0., S. 224, 496 m. w. N.). Der
dem Verordnungsgeber insoweit zustehende Prognosespielraum trägt dem staatlichen
Schutzauftrag für die in Rede stehenden Rechtsgüter Rechnung. Das in Art. 8 Abs. 1 VvB
ebenso wie in Art. 2 Abs. 2 GG geschützte Recht auf Leben und körperliche
Unversehrtheit begründet seinem objektiv-rechtlichen Gehalt nach auch eine Pflicht des
Staates, sich schützend und fördernd vor diese Rechtsgüter zu stellen und sie
insbesondere vor rechtswidrigen Eingriffen anderer zu bewahren (vgl. zum Bundesrecht
BVerfGE 56, 54 <73>). In dem hier vorliegenden Bereich der vorbeugenden
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BVerfGE 56, 54 <73>). In dem hier vorliegenden Bereich der vorbeugenden
Gefahrenabwehr darf der Verordnungsgeber daher auch berücksichtigen, dass die
gefahrlose Haltung von Hunden mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit
besondere Anforderungen an das Verantwortungsbewusstsein und die Befähigung der
jeweiligen Halter stellt. Der in der Haltung solcher Hunde liegenden abstrakten
Gefahrenquelle kann er durch sicherheitsrechtliche Vorschriften, die die Haltung zum
Schutz der Allgemeinheit bestimmten Anforderungen unterwerfen, entgegentreten (vgl.
OVG Bremen, Urteil vom 6. Oktober 1992 - 1 N 1/92 - DOV 1993, 576; Beschluss vom
21. September 2000 - 1 B 291/00 - NVwZ 2000, 1435 <1436>; VGH Mannheim, Urteil
vom 26. April 1999 - 1 S 2214/98 - NVwZ 1999, 1016 <1017>; VGH Kassel, Beschluss
vom 8. September 2000 - 11 NG 2500/00 - NVwZ 2000, 1438 <1439>).
bb) Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist der Verordnungsgeber dabei nicht verpflichtet,
auf die besondere Gefährlichkeit des einzelnen Hundes abzustellen. Bei der
Hundehaltung handelt es sich gerade in einer Stadt wie Berlin, die bundesweit die
höchste Hundepopulation aufweist (vgl. Caspar, Die neuen Regelungen des Bundes und
der Länder zum Schutz vor gefährlichen Hunden, DVBl. 2000, 1580 <1583>), um eine
Massenerscheinung. In einem solchen Bereich ist der Verordnungsgeber, insbesondere
wenn es - wie vorliegend - um die Abwehr erheblicher Gefahren für höchste Rechtsgüter
geht, zu typisierenden Regelungen befugt (vgl. BVerfGE 78, 214 <226> m. w. N.). Der
Erlass einer generell- abstrakten Gefahrenregelung setzt stets eine Abgrenzung
zwischen tatbestandlich relevanter und nicht mehr relevanter Gefährdung der zu
schützenden Rechtsgüter voraus. Gewisse Generalisierungen und Typisierungen sind
insoweit unumgänglich und können unter dem Gesichtspunkt der
Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität namentlich dann gerechtfertigt sein, wenn
eine Verfeinerung die Gefahr mangelnder Wirksamkeit der Regelung mit sich bringen
kann.
Soweit sich ausschließlich verhaltensbezogene Regelungen, die erst bei
erwiesenermaßen aggressiven und auffällig gewordenen Hunden bzw. deren
unzuverlässigen Haltern ansetzten, in der Vergangenheit als unzureichend erwiesen
haben, ist der Verordnungsgeber danach verfassungsrechtlich nicht gehindert, im
Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr eine typisierende und generalisierende
Regelung in Gestalt einer Auflistung als gefährlich anzusehender Rassen bzw. Gruppen
von Hunden zu treffen. Der Verfassungsgerichtshof kann diese mit der
Gefahrabschätzung verbundene Prognose des Verordnungsgebers unter dem
Blickwinkel des Gleichheitssatzes - wie ausgeführt - nur dann beanstanden, wenn es an
hinreichend sachbezogenen, die ungleichen Rechtsfolgen nach Art und Gewicht
rechtfertigenden Gründen fehlt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die an rassespezifische
Merkmale - als typisierte Ursache einer gesteigerten Gefährlichkeit - anknüpfende
Regelung in § 3 Abs. 1 HundeVO Bln beruht auf sachlichen Gründen, die im Interesse des
Schutzes der Allgemeinheit die damit verbundenen Einschränkungen der Haltung dieser
Tiere zu rechtfertigen vermögen.
Die Beschwerdeführer weisen zwar zutreffend darauf hin, dass in Fachkreisen vielfach die
Auffassung vertreten wird, eine bestimmte Rasse könne nicht pauschal als besonders
aggressiv oder gefährlich bezeichnet werden, da das Verhalten eines Hundes nicht allein
durch angeborene Eigenschaften, sondern auch durch Umweltfaktoren wie Erziehung
und Ausbildung sowie die Art der Haltung beeinflusst werde (vgl. Eichelberger, in: VDH
, "Kampfhunde"? Gefährliche Hunde?, 5. Aufl. 2000, S. 8; Feddersen- Petersen,
ebda., S. 14; Schöning, in: Deutsches Tierärzteblatt 1999, S. 674; Hamann, NVwZ 1999,
964; Karst, NVwZ 1999, 244 <245>; in diesem Sinne auch die von den
Beschwerdeführern eingereichte Entschließung der Hauptversammlung des 22.
Deutschen Tierärztetages vom 24. März 2000). In der verwaltungsgerichtlichen
Rechtsprechung sind entsprechende Regelungen daher teilweise als gleichheitswidrig
beanstandet worden, da es keine Gründe für die Annahme einer höheren Aggressivität
bestimmter Hunderassen gebe, die ausschließlich und durchgängig rassebedingt sei
(vgl. VGH Mannheim, NVwZ 1992, 1105 <1108> sowie NVwZ 1999, 1016 <1018>; OVG
Bremen DÖV 1993, 576 <577>).
Der Umstand, dass sich aggressive Verhaltensweisen nicht ausschließlich auf den
Einfluss genetischer Dispositionen zurückführen lassen, sondern durch
Umwelterfahrungen mit geprägt werden, vermag einen Gleichheitsverstoß indes nicht zu
begründen. Der Einwand der Beschwerdeführer verkennt den dem Verordnungsgeber im
Bereich der vorbeugenden Gefahrenabwehr zustehenden Gestaltungsspielraum. Der von
ihm in Erfüllung entsprechender Verfassungspflichten zu bewirkende Schutz von Leben
und Gesundheit von Menschen kann im Ergebnis nicht daran scheitern, dass es - wie von
den Beschwerdeführern vorgetragen - bisher an hinreichend verlässlichen und
aussagekräftigen wissenschaftlichen Untersuchungen darüber fehlt, inwieweit die
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aussagekräftigen wissenschaftlichen Untersuchungen darüber fehlt, inwieweit die
Rasseanlagen eines Hundes, neben oder unabhängig von Umweltfaktoren und
Erziehung, dessen gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit begründen. Soweit es
sich - wie vorliegend - um einen komplexen und in mancher Hinsicht noch nicht
endgültig, jedenfalls nicht durch eindeutig objektivierbare Maßstäbe geklärten
Sachverhalt handelt, ist dem Verordnungsgeber angesichts der auf dem Spiel
stehenden Rechtsgüter ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen, der
verfassungsgerichtlich nicht darauf zu kontrollieren ist, ob mit Blick auf die
Zweckbestimmung der Regelung eine optimale Lösung gefunden worden ist (vgl.
BVerfGE 50, 290 <332 f.>; 88, 87 <97>). Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist der
Verordnungsgeber danach schon dann zum Erlass der angegriffenen Regelung
berechtigt, wenn er aufgrund fachwissenschaftlicher Veröffentlichungen sachlich
begründete Anhaltspunkte dafür hat, dass eine gesteigerte Gefährlichkeit auch
rassebedingt sein kann.
In den einschlägigen, auch von den Beschwerdeführern angeführten kynologischen
Veröffentlichungen wird insofern zugleich darauf verwiesen, dass der Hund bzw. sein
Charakter und Verhalten nicht nur ein Produkt seiner Umwelt ist, sondern
Untersuchungen zur genetischen Grundlage von Angst und Aggression gezeigt haben,
dass in einzelnen Zuchtlinien bestimmte negativ auffällige Verhaltens- und
Charakterkomponenten weitervererbt werden (vgl. Schöning, a.a.0., S. 674). Dabei wird
allgemein davon ausgegangen, dass Verhalten und Aggression von Hunden vererbbar
und durch Züchtung beeinflussbar sind (vgl. Eichelberger, Kampfhunde - Gefährliche
Hunde, Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 107 <2000>, S. 91 ff.; Stur,
Stellungnahme zu Fragen zum Thema der besonderen Gefährlichkeit von Hunden auf
Grund der Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen, S. 2, 11). Es wird darauf verwiesen,
dass Hunde zum einen zur Gefahr für Menschen werden, wenn sie falsch erzogen und
durch ein gestörtes Mensch- Hund-Verhältnis "ungesteuert" aggressiv werden, dass es
zum anderen aber auch gewisse Rassen bzw. bestimmte Zuchtlinien gewisser Rassen
gibt, bei denen durch einseitige, unbiologische Zuchtziele Extremformen hervorgebracht
worden sind, deren Reizschwelle zur Auslösung aggressiven Verhaltens so weit gesenkt
wurde, dass diese Tiere immer als latent gefährlich bezeichnet werden müssen (vgl.
Feddersen-Petersen, Hundepsychologie, 1986, S. 72). Zu den Hunderassen, deren
Aggressionsverhalten nicht ohne Problematik ist, werden "zweifellos" die sog.
Kampfhunderassen gezählt (vgl. Feddersen-Petersen, a.a.0., S. 78). Bei Hunden dieser
Rassen wird davon ausgegangen, dass sie "unbestritten" ein Potential zur Erzeugung des
"gefährlichen" Hundes darstellen (vgl. Eichelberger, a.a.0., S. 7); auch die Stellungnahme
von Unshelm (in: VDH, a.a.0., S. 23) belegt, dass von einer überproportional häufigen, a
priori aufgrund rassespezifischer Merkmale gesteigerten Gefährlichkeit bei bestimmten
Hunden auszugehen ist.
Aus den fachwissenschaftlichen Aussagen (vgl. auch die Nachw. in BayVerfGH, NVwZ-RR
1995, 262 <265>) ergibt sich danach mit hinreichender Deutlichkeit, dass sich die
Züchtung verschiedener Hunderassen nicht nur auf die Ausbildung bestimmter
körperlicher Merkmale, sondern auch psychischer Eigenschaften richtet, dass es
"Aggressionszüchtungen" gibt und dass sich bestimmte Rassen hierfür besonders
eignen. Bei dieser Sachlage ist die Entscheidung des Verordnungsgebers,
rassespezifische Merkmale als eine der Ursachen gesteigerter Gefährlichkeit anzusehen,
sachlich vertretbar und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch wenn Hunde
aus anderen Gründen als ihrer Rassezugehörigkeit - etwa wegen falscher Behandlung
oder Erziehung oder nicht artgerechter Haltung - aggressiv und gefährlich werden
können, überschreitet er nicht den ihm im Bereich der vorbeugenden Gefahrenabwehr
zustehenden Gestaltungsspielraum, wenn er nicht zugleich jegliche denkbare Ursache
aggressiven Verhaltens in seine Regelung einbezieht. Aufgrund der ihm vorliegenden
Erkenntnisse durfte der Verordnungsgeber von der besonderen Gefährlichkeit
bestimmter Hunderassen ausgehen; er musste bei seiner typisierenden Regelung nicht
in Rechnung stellen, dass einzelne Hunde einer als gefährlich eingestuften Rasse diese
Merkmale möglicherweise nicht aufweisen. Die darin liegende Benachteiligung der Halter
im einzelnen aufgeführter Rassen beruht unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der
angegriffenen Regelungen auf hinreichend sachbezogenen Gesichtspunkten, die die
damit verbundenen Einschränkungen der Haltung ihrer Art und ihrem Gewicht nach zu
rechtfertigen vermögen (im Ergebnis ebenso BayVerfGH, NVwZ 1995, 262 <263>; OVG
Bremen, NVwZ 2000, 1435 <1436>; zur Erhebung einer Kampfhundesteuer auch
BVerwGE 110, 265 <273 f.>; OVG Lüneburg, NVwZ 1997, 816 <817>; VGH München,
NVwZ 1997, 819; OVG Koblenz, NVwZ 2001, 228 <229 f.>; vgl. aus der Literatur Schmitt
Glaeser/Horn, Die Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, 1996, 417
<419>; Hölscheidt, Kampfhunde als Rechtsproblem, NdsVBl. 2000, 1 <6>; Caspar,
a.a.0., S. 1585 f.).
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Der Anregung der Beschwerdeführer, Beweis durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens darüber zu erheben, dass es keine rassespezifischen
Merkmale gebe, die einen Hund zum "gefährlichen" Hund machten, war danach nicht
nachzugehen. Da es - wie dargelegt - in der fachwissenschaftlichen Literatur eindeutige
Hinweise darauf gibt, dass gewisse Hunderassen und Züchtungen gefährlicher sind als
andere, kann der Verfassungsgerichtshof nicht über eine Beweisaufnahme eigene
Bewertungen und Erkenntnisse an die Stelle der Beurteilung des Normgebers setzen.
Selbst wenn einzelne Gutachter gegenteilige Auffassungen vertreten sollten, hätte dies
nicht zur Folge, dass der Verordnungsgeber mit der Anknüpfung an rassespezifische
Merkmale die ihm durch den Gleichheitssatz gesetzten Grenzen seiner
Gestaltungsfreiheit überschritten hätte. Verfassungsrechtlich ist es ausreichend, wenn
der Verordnungsgeber sich einen Überblick über die Fachmeinungen verschafft und
dann der für seine Auffassung sprechenden Richtung folgt, solange diese vertretbar ist.
Dies wird durch andere wissenschaftliche Stellungnahmen nicht ausgeschlossen und
letztlich von den Verfassungsbeschwerden auch nicht begründet angegriffen.
cc) Der Einwand der Beschwerdeführer, der Verordnungsgeber habe es gleichheitswidrig
unterlassen, über die im einzelnen aufgeführten Hunderassen hinaus noch andere,
möglicherweise ebenso gefährliche Hunde - wie Deutsche Dogge, Dobermann,
Rottweiler, Boxer oder Deutschen Schäferhund - in die Regelung des § 3 Abs. 1 HundeVO
Bln aufzunehmen, kann den Verfassungsbeschwerden ebenfalls nicht zum Erfolg
verhelfen (wie hier BayVerfGH, NVwZ-RR 1995, 262 <266>; BVerwGE 110, 265 <276>;
OVG Koblenz, NVwZ 2001, 228 <230 f.>; a. A. VGH Mannheim, NVwZ 1992, 1105
<1107 f.> sowie NVwZ 1999, 1016 <1018>; OVG Bremen, DÖV 1993, 576 <577 f.>;
OVG Saarlouis, Urteil vom 1. Dezember 1993 - 3 N 3/93 - OVGE 24, 412 <425>). Bei der
Feststellung einer gesteigerten Gefährlichkeit gewisser Hunderassen ist der
Verordnungsgeber nicht auf bestimmte Methoden, Auswahlkriterien oder
Erkenntnisquellen festgelegt. Die von ihm vorzunehmende Gefahrabschätzung kann auf
empirischen Tatsachen wie etwa der Beißhäufigkeit, aber auch auf Art und Schwere der
durch die jeweiligen Rassen hervorgerufenen Verletzungen sowie auf kynologischen
Erkenntnissen über das Ausmaß der rassespezifischen Gefährlichkeit beruhen. Soweit
die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf statistische Angaben über
Beißvorfälle verweisen, ist der Verordnungsgeber daher nicht gehalten, derartige "Beiß-
Statistiken" zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen. Den bisher vorliegenden
Statistiken kann ohnehin nur eine begrenzte Aussagekraft zugesprochen werden, da
eine Zuordnung der registrierten Zwischenfälle zur Gesamtzahl der gehaltenen Hunde
der jeweiligen Rassen nicht hergestellt wird. Ebenso wenig wird nach den Ursachen und
der Art und dem Ausmaß etwaiger Verletzungen unterschieden; eine flächendeckende
Erfassung von Beißvorfällen ist nicht gewährleistet (vgl. Schöning, a.a.0., S. 674, wonach
von einer geschätzten Dunkelziffer in fast der doppelten Höhe aktenkundiger
Zwischenfälle auszugehen ist).
Die § 3 Abs. 1 HundeVO Bln zugrunde liegende Annahme, die aufgeführten Hunderassen
wiesen, insbesondere wegen ihrer Größe, Beißkraft sowie der Art ihres Beißens -
verbunden mit ihrem ursprünglichen Verwendungszweck -, ein großes Potential zur
Ausprägung der Eigenschaften eines gefährlichen Hundes auf, das sie von Hunden
anderer, vergleichbar großer Rassen unterscheide, kann daher nicht mit dem Hinweis
auf Statistiken über Beißvorfälle in Frage gestellt werden. Der Verordnungsgeber kann
sich insofern vielmehr, wie ausgeführt, auf fachwissenschaftliche Veröffentlichungen
stützen, die gerade bei den aufgeführten Rassen bzw. Gruppen von Hunden die
Möglichkeit der Erzeugung eines "gefährlichen" Hundes hervorheben. Zu den
gemeinsamen Wesensmerkmalen, die den als Kampfhunden bezeichneten Hunderassen
danach zugeschrieben werden, gehören neben einer gesteigerten Aggressivität,
geringen Schmerzempfindlichkeit und fehlenden Angst (vgl. Brockhaus-Enzyklopädie, 20.
Aufl. 1997, Band 11, S. 414) insbesondere auch die fehlende Beherrschbarkeit dieser
Hunde bei Aggressionsverhalten (vgl. Wegner, Haltung von Kampfhunden, Dt.
tierärztliche Wochenschrift 97 <1990>, S. 168 ff.). Dass die Haltung derartiger Hunde
regelmäßig besondere Anforderungen an den Menschen stellt und ihre
Beherrschbarkeit, wenn ihr Aggressionsverhalten ausgelöst wird, nicht oder allenfalls
eingeschränkt gewährleistet ist, begründet in erhöhtem Maße eine abstrakte Gefahr,
dass es bei Beißzwischenfällen mit Hunden dieser Rassen zu schweren Verletzungen
oder gar tödlichen Unfällen kommt.
Dieses besondere den sog. Kampfhunderassen zukommende Gefahrenpotential stellt
unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der angegriffenen Regelung einen
sachgerechten Grund dar, der die Ungleichbehandlung gegenüber den von den
Beschwerdeführern angeführten anderen Hunderassen zu rechtfertigen vermag. Da es
sich bei den nicht in § 3 Abs. 1 HundeVO Bln aufgenommenen Hunden um in
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sich bei den nicht in § 3 Abs. 1 HundeVO Bln aufgenommenen Hunden um in
Deutschland seit jeher gezüchtete und gehaltene Hunderassen handelt, besteht bei
Züchtern und Haltern dieser Hunde, worauf insbesondere der Bayerische
Verfassungsgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht hingewiesen haben, ein
größerer Erfahrungsschatz bezüglich des Charakters und des möglichen Verhaltens
dieser Hunde. Wenn sie nicht durch falsche Haltung und/oder bewusste Abrichtung
"scharf gemacht" werden, sind diese Hunde bei Aggressionsverhalten in der Regel für
den Halter beherrschbar. Bei seiner im Rahmen der vorbeugenden Gefahrenabwehr
anzustellenden Risikoabschätzung durfte der Verordnungsgeber daher den
Gesichtspunkt, dass sie möglicherweise ebenfalls mit einem nicht zu unterschätzenden
Aggressionspotential ausgestattet sind, geringer gewichten und dabei auch ihre lange
Verwendung als Gebrauchs- und Schutzhunde und ihre größere Akzeptanz in der
Bevölkerung berücksichtigen. Dass auch Hunde dieser Rassen, wenn sie auf Angriffslust
oder über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Schärfe oder andere in
der Wirkung gleichstehende Zuchtmerkmale gezüchtet oder trainiert werden, als
gefährlich anzusehen sind und den im einzelnen normierten Halteranforderungen der
Verordnung unterliegen, ist durch die Regelung in § 3 Abs. 2 HundeVO Bln sichergestellt.
Die darin - gegenüber der unwiderleglichen Vermutung des § 3 Abs. 1 HundeVO Bln -
liegende Ungleichbehandlung ist angesichts der geschützten Rechtsgüter und dem
insoweit zuzubilligenden normativen Gestaltungs- und Prognosespielraum
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Über andere Regelungsmöglichkeiten und
deren gegebenenfalls höhere Effektivität hat der Verfassungsgerichtshof vorliegend nicht
zu befinden.
dd) Die in § 3 Abs. 1 HundeVO Bln enthaltene Auflistung unwiderleglich als gefährlich
eingestufter Hunde hält auch hinsichtlich der einzelnen konkret benannten Rassen bzw.
Gruppen von Hunden einer verfassungsrechtlichen Überprüfung stand. Für den
Verordnungsgeber lagen ausreichende sachlich begründete Anhaltspunkte vor, dass die
- mit handelsüblichen Namen - aufgeführten Hunderassen aufgrund rassespezifischer
Merkmale eine gesteigerte Gefährlichkeit aufweisen.
Soweit die Beschwerdeführer die Bestimmtheit der Regelung insbesondere mit Blick auf
den unter Nr. 1 aufgeführten Pit-Bull in Frage stellen, kann ihnen nicht gefolgt werden.
Ob es sich bei den damit erfassten Hunden um eine Rasse im zoologischen Sinne oder
eine Kreuzung verschiedener Hunderassen handelt (vgl. Eichelberger, in: VDH, a.a.0., S.
6, 14), kann dahinstehen, da in der kynologischen Fachliteratur zumindest von der
Bestimmbarkeit dieser Hunde ausgegangen wird (vgl. die vom BayVerfGH angeführten
Nachweise, NVwZ-RR 1995, 262 <267>; sowie VGH Mannheim, NVwZ 1992, 1105
<1109>).
Die Regelung genügt auch insoweit rechtsstaatlichen Anforderungen an eine
ausreichende Normenklarheit, als sie Kreuzungen der aufgelisteten Rassen oder
Gruppen von Hunden erfasst. Nach dem Regelungszweck der Vorschrift, bestimmte
Hunderassen wegen ihrer rassespezifischen Gefährlichkeit besonderen
Halteranforderungen zu unterwerfen, werden ersichtlich nur solche Hunde erfasst, bei
denen die für die Aufzählung maßgeblichen Rassemerkmale noch signifikant in
Erscheinung treten. Nach der Stellungnahme des Senats von Berlin sind dies nach
ständiger Verwaltungspraxis nur Mischlinge der ersten Generation. Dass insoweit im
Einzelfall eine Zuordnung durch sachverständige Amtstierärzte erforderlich sein mag,
nimmt der Regelung nicht ihre hinreichende Bestimmtheit (im Ergebnis ebenso VGH
Mannheim, NVwZ 1992, 1105 <1109>).
Mit Ausnahme des Rhodesian Ridgeback stimmen die danach ausreichend
gekennzeichneten, in § 3 Abs. 1 HundeVO Bln aufgeführten Hunderassen mit der
bayerischen Kampfhundeliste überein, die Gegenstand der Entscheidung des
Bayerischen Verfassungsgerichtshofs war. In dieser bereits mehrfach zitierten
Entscheidung wird detailliert - unter Auswertung kynologischer Fachliteratur - zu den
einzelnen Hunderassen Stellung genommen (NVwZ-RR 1995, 262 <267 f.>); auf diese
Ausführungen nimmt der Verfassungsgerichtshof Bezug (vgl. auch OVG Lüneburg, NVwZ
1997, 816 <817>). Dass die bayerische Regelung - anders als vorliegend - bei
bestimmten Hunderassen von einer unwiderleglichen, bei anderen dagegen von einer
widerleglichen Vermutung ausgeht, mindert die Aussagekraft der Darlegungen nicht. Der
Bayerische Verfassungsgerichtshof hat wiederholt auf den Aspekt abgestellt, dass die
aufgelisteten Rassen, selbst wenn sie zuweilen als ruhige oder gegenüber Menschen
gutartige Tiere beschrieben werden, als schwer beherrschbar charakterisiert werden und
aufgrund ihrer natürlichen Schärfe bei Fehlern in der Haltung eine erhebliche Gefahr für
Menschen oder auch Tiere darstellen. Der Verordnungsgeber überschreitet daher nicht
seinen mit der Typisierungsbefugnis einhergehenden Gestaltungsspielraum, wenn er
angesichts der ihm vorliegenden Anhaltspunkte für eine gesteigerte Gefährlichkeit der in
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angesichts der ihm vorliegenden Anhaltspunkte für eine gesteigerte Gefährlichkeit der in
die Liste aufgenommenen Hunde und der tatsächlichen Schwierigkeiten, auf die die
Beurteilung der potentiellen Gefährlichkeit eines Hundes stößt (vgl. Feddersen-Petersen,
in: VDH, a.a.0., S. 10; Schöning, a.a.0., S. 678 ff.), im Interesse einer praktikablen und
effektiven Gefahrenabwehr den Gegenbeweis zu der rassespezifisch erhöhten
Gefährlichkeit generell verwehrt und zu dem gesetzestechnisch gebräuchlichen Mittel
der unwiderleglichen Vermutung greift. Dies berücksichtigt das Schleswig-Holsteinische
Oberverwaltungsgericht nicht hinreichend, wenn es aus der unbestrittenen Tatsache,
dass nicht von jedem einzelnen Tier der als gefährlich eingestuften Rasse eine konkrete
Gefahr ausgeht, schlussfolgert, in einer abstrakt-generellen Regelung dürfte nicht an die
Rassezugehörigkeit angeknüpft werden (Urteil vom 29. Mai 2001 - 4 K 8/00 -, UA S. 19
f.).
Für die unter § 3 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 und 5 HundeVO Bln aufgeführten Rassen bzw.
Gruppen sieht auch die bayerische Regelung eine unwiderlegliche Vermutung vor.
Hinsichtlich des Bullterriers (§ 3 Abs. 1 Nr. 4), für den in Bayern eine widerlegliche
Vermutung gilt, wird in der Fachliteratur im wesentlichen übereinstimmend - zumindest
bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der Züchtungen - eine genetische Hypertrophie
des Aggressionsverhaltens festgestellt (vgl. die Nachw. in BayVerfGH, NVwZ-RR 1995,
262 <268> sowie Feddersen- Petersen, Hundepsychologie, S. 78 ff.). Seine Einordnung
als abstrakt gefährlich ist sowohl vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 110, 265
<275 f.>) als auch - unter ausführlicher Bezugnahme auf einschlägige
Veröffentlichungen - vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (NVwZ 1997, 816
<817>) bestätigt worden. Das mittlerweile vom Bundesgesetzgeber erlassene Gesetz
zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12. April 2001 (BGBl. I S. 530) sieht in § 2 Abs.
1 Satz 1 ebenfalls ein Einfuhrverbot für Bullterrier (neben Pitbull-Terrier, American
Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier) vor und zählt sie zu den gefährlichen
Hunden im Sinne der Begriffsbestimmung des § 1. Die Aufnahme dieser Rasse in die
Liste unwiderleglich als gefährlich anzusehender Hunde kann daher verfassungsrechtlich
nicht beanstandet werden.
In gleichem Maße unproblematisch erscheint die Aufnahme des Bullmastiff und des Fila
Brasileiro (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 und 9 HundeVO Bln). Die insoweit vom Bayerischen
Verfassungsgerichtshof herangezogenen Veröffentlichungen belegen eine besondere
Gefährlichkeit, die gerade bei Unzulänglichkeiten des Halters fatale Folgen haben kann;
der Fila Brasileiro wird aufgrund seiner ausgeprägten natürlichen Schärfe und seiner
niedrigen Reizschwelle als völlig ungeeignet für die Haltung in der Stadt beschrieben (vgl.
zu letzterem auch OVG Lüneburg, NVwZ 1997, 816 <817>).
Die von den Beschwerdeführern zu 13., 29. und 32. gehaltenen Hunde der Rassen
Dogue de Bordeaux und Dogo Argentino (§ 3 Abs. 1 Nr. 7 und 8) werden ausweislich der
vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof erwähnten Literatur zwar durchaus als
gutmütig, mitunter sogar als kinderliebe Familienhunde beschrieben, bei beiden
Hunderassen wird zugleich aber hervorgehoben, dass sie schwer beherrschbar sind und
bei Fehlern in der Erziehung und Haltung eine erhebliche Gefahr darstellen. In dem hier
vorliegenden Bereich der vorbeugenden Gefahrenabwehr erscheint ihre Einstufung als
unwiderleglich gefährlich daher sachgerecht.
Hunde der Rassen Mastin Espanol, Mastino Napoletano und Mastiff (§ 3 Abs. 1 Nr. 10 bis
12) werden von keinem der Beschwerdeführer gehalten. Nähere Angaben zu diesen
Rassen sind im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren daher nicht erforderlich.
ee) Der Verordnungsgeber war verfassungsrechtlich schließlich nicht gehindert, bei den
unter § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 HundeVO Bln aufgeführten Rassen von einer besonderen
Gefährlichkeit auszugehen und ihre Haltung, im Gegensatz zu den unter Nr. 6 bis 12
genannten Hunden, neben den allgemeinen Halteranforderungen einer Anzeige- und
Kennzeichnungspflicht zu unterwerfen. Für diese Differenzierung lassen sich
sachgerechte Gründe anführen. Die von der Senatsverwaltung genannten
Veröffentlichungen belegen gerade bei diesen Rassen bzw. Gruppen - ausgehend von
ihrem ursprünglichen Verwendungszweck für Hundekämpfe - eine bis heute vorhandene
hohe Angriffsbereitschaft, niedrige Reizschwelle, fehlende Beißhemmung und hohe
Schmerztoleranz. In der bereits erwähnten Stellungnahme von Unshelm (in: VDH, a.a.0.,
S. 23) wird insbesondere für die Rassen Pit-Bull, American Staffordshire Terrier,
Staffordshire Bullterrier und Tosa Inu davon ausgegangen, dass eine a priori aufgrund
rassespezifischer Merkmale gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit
überproportional häufig ist. Die dem in dieser Aufzählung nicht genannten Bullterrier
zugeschriebenen Eigenschaften lassen seine Einstufung als besonders gefährlich
ebenfalls als sachgerecht erscheinen. Mit Ausnahme des Tosa Inu ist auch der
Bundesgesetzgeber bei diesen Hunden von einer gesteigerten, ein Einfuhrverbot
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Bundesgesetzgeber bei diesen Hunden von einer gesteigerten, ein Einfuhrverbot
rechtfertigenden Gefährlichkeit ausgegangen. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei
den besonders hervorgehobenen Rassen um die am weitesten verbreiteten und - wie
nicht zuletzt das vorliegende Verfahren zeigt - auch in Berlin am häufigsten gehaltenen
Kampfhunde handeln dürfte, ist die Anzeige- und Kennzeichnungspflicht in besonderem
Maße geeignet, den zuständigen Behörden einen Überblick über die in der Stadt
gehaltenen gefährlichen Hunde zu verschaffen und damit eine effektive Gefahrenabwehr
zu ermöglichen.
2. Die an § 3 Abs. 1 HundeVO Bln anknüpfenden Einschränkungen der Haltung und
Züchtung als gefährlich eingestufter Rassen bzw. Gruppen von Hunden sind auch mit
Blick auf die weiteren Rügen der Beschwerdeführer verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden.
a) Zur Verbesserung des vorbeugenden Schutzes vor den von gefährlichen Hunden
ausgehenden Gefahren sieht § 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3 HundeVO Bln vor, dass Hunde der
in § 3 Abs. 1 aufgeführten Rassen bzw. Gruppen - ebenso wie Hunde, die nach § 3 Abs. 2
der Verordnung als gefährlich anzusehen sind - außerhalb des eingefriedeten
Besitztums nur an einer Leine geführt werden dürfen und dabei stets einen beißsicheren
Maulkorb tragen müssen. Der generelle Leinen- und Maulkorbzwang schränkt die
Beschwerdeführer als Hundehalter in ihrer Handlungsfreiheit ein, er ist daher am
Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 7 VvB zu messen. Art. 23 Abs. 1
VvB kommt dagegen entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht als
Prüfungsmaßstab in Betracht, da durch die damit einhergehenden Beschränkungen des
freien Umherlaufens von Hunden nicht in ihr Eigentumsgrundrecht eingegriffen wird.
Art. 7 VvB gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit zwar - ebenso wie Art. 2 Abs. 1
GG - im umfassenden Sinne (vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 6, 32 <36>; st. Rspr.), die
Reichweite des Grundrechtsschutzes kann jedoch nicht losgelöst von anderen, gleichfalls
schutzwürdigen Interessen bestimmt werden. Schranken der grundrechtlichen
Verbürgung ergeben sich nach dem Wortlaut des Art. 7 VvB insbesondere aus der
verfassungsmäßigen (Rechts-) Ordnung und den Rechten anderer. Soweit der
Normgeber danach zu Einschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit befugt ist,
müssen sich derartige Eingriffe allerdings im Rahmen des allgemeinen
Rechtsgrundsatzes der Verhältnismäßigkeit halten (vgl. BVerfGE 80, 137 <153> m. w.
N.). Dieser Grundsatz verlangt, dass das gewählte Mittel zur Erreichung des
angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sein muss und dass der damit verbundene
Eingriff in den grundsätzlichen Freiheitsanspruch des Bürgers nicht außer Verhältnis zu
dem angestrebten Zweck stehen darf. Sind diese sich aus dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit ergebenden Voraussetzungen gewahrt, muss jedermann als
gemeinschaftsbezogener und gemeinschaftsgebundener Bürger Einschränkungen
seiner Handlungsfreiheit, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit erfolgen,
hinnehmen (vgl. BVerfGE 54, 143 <146 f.>).
Die angegriffene Regelung wird diesen Maßstäben gerecht; sie entspricht dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Dass der generelle Leinen- und Maulkorbzwang geeignet ist, die in der Öffentlichkeit von
gefährlichen Hunden ausgehenden abstrakten Gefahren für die Gesundheit und das
Leben von Menschen zu verringern, kann nicht ernsthaft in Frage gestellt werden.
Werden gefährliche Hunde an der Leine und mit Maulkorb geführt, können durch
Anspringen oder Bisse verursachte Verletzungen vermieden werden. Durch die Pflicht zu
Leine und Maulkorb wird darüber hinaus das subjektive Sicherheitsgefühl derjenigen
Menschen erheblich gestärkt, die einen ihnen begegnenden Hund aufgrund seines
sichtbaren Rassenmerkmals als "gefährlich" einstufen und dementsprechend in vielen
Situationen bei einem oft nicht zu vermeidenden Näherkommen Angst entwickeln. Der
Verordnungsgeber ist nicht gehindert, auf solche subjektive Befindlichkeiten Rücksicht zu
nehmen, wenn sie in größerer Zahl auftreten und vertretbare Gründe haben.
Der im generellen Leinen- und Maulkorbzwang liegende Eingriff in die Handlungsfreiheit
der Beschwerdeführer ist auch erforderlich. Durch die unwiderlegliche Vermutung des § 3
Abs. 1 HundeVO Bln ist es den Beschwerdeführern zwar verwehrt, im Einzelfall durch
einen sog. Wesenstest nachzuweisen, dass von den von ihnen gehaltenen Hunden keine
Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht. Die Verordnung
sieht auch nach Bestehen eines derartigen Wesenstests keine Ausnahmen vom Leinen-
und Maulkorbzwang vor. Dies ist verfassungsrechtlich jedoch nicht zu beanstanden.
Mit der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 HundeVO Bln wollte der Verordnungsgeber
ausweislich der amtlichen Begründung den für notwendig erachteten präventiven Schutz
der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden verbessern. Er hat damit einen Zweck verfolgt,
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der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden verbessern. Er hat damit einen Zweck verfolgt,
der sich unmittelbar aus seinem Schutzauftrag für die in Rede stehenden Rechtsgüter
rechtfertigt und mit dem Hinweis auf die Rechte anderer in Art. 7 VvB vorgezeichnet ist.
Ein milderes Mittel, mit dem dieser Zweck in gleich wirksamer, die Handlungsfreiheit der
Beschwerdeführer weniger einschränkender Weise erreicht werden könnte, ist nicht
ersichtlich. Die insoweit - gerade mit Blick auf den generellen Maulkorbzwang - in Teilen
der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vertretene Auffassung, eine durch einen
positiv verlaufenen Wesenstest widerlegbare Vermutung der Gefährlichkeit sei zur
Gefahrenabwehr ausreichend, entsprechende Ausnahmen vom Maulkorbzwang seien
daher geboten (vgl. OVG Bremen, NVwZ 2000, 1435 <1437>; VGH Kassel, NVwZ 2000,
1438 <1439>), erscheint nicht überzeugend. Sie wird schon im objektiven Bereich der
bereits oben angesprochenen Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens nicht gerecht.
Nach dem Gutachten von Feddersen-Petersen (in: VDH, a.a.0., S. 10) ist die Beurteilung
der potentiellen Gefährlichkeit eines Hundes, d.h. der Art und des Ausmaßes seiner
Aggressivität in bestimmten Situationen, außerordentlich schwierig bis unmöglich. Die
Beurteilung setzt voraus, dass ein Hund gut bekannt ist und seine Reaktionen in
aggressiven Interaktionen mit Artgenossen und Menschen mehrfach beobachtet worden
sind. Hervorgehoben wird, dass - selbst wenn diese Voraussetzungen beachtet sind -
überraschende Umweltkonstellationen nicht vorhersehbare Reaktionen eines Hundes
bewirken können. Auch ein bestandener Wesenstest kann mithin das Risiko spontaner
und unkontrollierter Aggressionen nicht ausschließen. Gerade unter den besonderen
Bedingungen einer Großstadt können solche überraschenden Umweltkonstellationen in
vielfältiger Weise auftreten; das Zusammenleben von Menschen und Hunden auf engem
Raum bedingt, dass sich typische Unfallsituationen (vgl. den Beitrag von Stur,
"Kampfhunde" - gibt's die?, S. 3) nicht vermeiden lassen (erwähnt wird etwa das
Vorbeifahren an einem Hund mit dem Fahrrad). Angesichts des hohen
Gefährdungspotentials, das den von § 3 Abs. 1 der Verordnung erfassten Hunderassen
zukommt und der in der Fachliteratur beschriebenen Problematik, die voraussichtliche
Gefährlichkeit eines einzelnen Hundes zu beurteilen, vermögen Ausnahmen vom Leinen-
und Maulkorbzwang nach bestandenem Wesenstest den präventiven Schutz der
Allgemeinheit vor gefährlichen Hunden nicht in gleich wirksamer Weise zu gewährleisten.
Hinzu kommt, dass die Verpflichtung zur Durchführung eines Wesenstestes selbst dann,
wenn der Erfolg in sichtbarer Weise am Hund durch eine Plakette oder ähnliches
dokumentiert würde, im Vergleich zum Vorhandensein von Leine und Maulkorb kaum
geeignet sein dürfte, subjektive Beeinträchtigungen des Sicherheitsempfindens
zurückzudrängen. Das Risiko spontaner und unkontrollierter Aggressionen vieler Hunde
der als "gefährlich" eingestuften Rassen ist allgemein bekannt, und dementsprechend
wäre das Vertrauen in einen in großer Zahl durchzuführenden Wesenstest nicht
besonders hoch. Der Verordnungsgeber verstößt daher nicht gegen das Gebot der
Erforderlichkeit, wenn er von derartigen Ausnahmeregelungen absieht.
Die Regelung ist schließlich auch in engerem Sinne verhältnismäßig. Der Einwand der
Beschwerdeführer, durch den Leinen- und insbesondere den Maulkorbzwang werde die
artgerechte Haltung der Hunde beeinträchtigt, weil sie durch die Beschränkung ihrer
Bewegungsfreiheit und der mit dem Maulkorb einhergehenden Beeinträchtigung ihres
Geruchssinns und ihrer Mimik nicht mehr in einer ihren Bedürfnissen entsprechenden
Weise mit anderen Hunden in "Sozialkontakt" treten könnten, muss unter dem
Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit hinter dem Ziel des Schutzes von Leben und
Gesundheit von Menschen vor besonders gefährlichen, mit einem erhöhten
Aggressionspotential ausgestatteten Hunden zurücktreten. Die Beschwerdeführer als
Halter von der Verordnung erfasster Hunde müssen sich den höheren Rang der damit
geschützten Rechtsgüter entgegenhalten lassen (vgl. zum Leinenzwang BayVerfGH,
NVwZ-RR 1995, 262 <269>). Die mit dem Leinen- und Maulkorbzwang verbundene
Einschränkung ihrer Möglichkeit, ihre Hunde in der Öffentlichkeit frei umherlaufen zu
lassen, ist Ausdruck ihrer Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit und der
insoweit vom Verordnungsgeber zu berücksichtigenden legitimen und schutzwürdigen
Interessen anderer. Auch wenn - wie von den Beschwerdeführern unter Hinweis auf
entsprechende Gutachten vorgetragen - insbesondere mit der Maulkorbpflicht eine
Beeinträchtigung des Sozialverhaltens und des Wohlbefindens der betroffenen Hunde
verbunden ist, die u.U. sogar zu einer Steigerung der Aggressivität führen kann (vgl.
auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 31. August 2000 - 11 M 2876/00 - NVwZ 2000,
1440 <1441 f.>), durfte der Verordnungsgeber im Rahmen der von ihm
vorzunehmenden Gefahrabschätzung dem Schutz von Leben und körperlicher
Unversehrtheit von Menschen oberste Priorität einräumen. Eine Verfehlung des ihm
aufgegebenen gerechten Ausgleichs zwischen den Interessen der betroffenen
Hundehalter und dem Gemeinwohlbelang einer effektiven Gefahrenabwehr und dem
Schutz der Rechtssphäre anderer kann hierin nicht gesehen werden. Da sich die
Beeinträchtigungen der Hunde durch den Leinen- und Maulkorbzwang durch Gründe der
vorbeugenden Gefahrenabwehr rechtfertigen, liegt insoweit weder ein Widerspruch zu
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vorbeugenden Gefahrenabwehr rechtfertigen, liegt insoweit weder ein Widerspruch zu
Art. 31 Abs. 2 VvB noch zu den bundesrechtlichen Bestimmungen des
Tierschutzgesetzes vor, die den Schutz von Tieren vor vermeidbaren Leiden vorsehen.
Soweit insbesondere bei kranken Hunden zur Abwehr vermeidbarer Leiden Ausnahmen
vom Maulkorbzwang aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten sind, schließt die
Verordnung derartige auf bundesrechtlichen Regelungen beruhende
Ausnahmegenehmigungen nicht aus. Im übrigen haben die Beschwerdeführer nach § 4
Abs. 2 der Verordnung die Möglichkeit, ihre Hunde in Hundeauslaufgebieten auch ohne
Leine auszuführen; der Maulkorbzwang wird davon allerdings nicht berührt.
b) Die in § 5 Abs. 1, 2 und 3 Nr. 1 der Verordnung normierten Anforderungen an die
Zuverlässigkeit von Haltern gefährlicher Hunde sind verfassungsrechtlich ebenfalls nicht
zu beanstanden.
Die Regelung soll den Gefahren begegnen, die durch die Unzuverlässigkeit von
Hundehaltern entstehen, die - soweit hier von Belang - einen der in § 3 Abs. 1 der
Verordnung aufgeführten Hunde halten. Sie dient damit unmittelbar der
Gefahrenabwehr und ist durch die gesetzliche Ermächtigung in § 55 ASOG ebenfalls
gedeckt. Die durch die Regelung bewirkte Beschränkung des Rechts zum Halten
gefährlicher Hunde auf Personen, die weder wegen einer der aufgeführten Straftaten
verurteilt noch alkoholkrank oder rauschmittelsüchtig sind, kann weder als ungeeignet
noch als unverhältnismäßig angesehen werden. Über das Haltungsverbot des § 7
HundeVO Bln wird es den zuständigen Behörden vielmehr ermöglicht, den besonderen
Gefahren, die sich aus dem Zusammentreffen unzuverlässiger Hundehalter und
potentiell gefährlicher Hunde ergeben, zu begegnen und einen bestimmten
Personenkreis, bei dem eine erhöhte Gefahr des Missbrauchs der genannten
Hunderassen besteht, von der Haltung als gefährlich eingestufter Hunde
auszuschließen. Die Vorschrift bezieht damit auch die Halter in die der vorbeugenden
Gefahrenabwehr dienenden Regelungen mit ein und trägt - im Sinne des Vortrags der
Beschwerdeführer - der Tatsache Rechnung, dass die Gefährlichkeit eines Hundes neben
rassespezifischen Merkmalen ursächlich auch durch das Verhalten des jeweiligen Halters
bedingt sein kann.
c) Gegen die allgemeine Regelung der Anzeigepflicht in § 5 a Abs. 1 der Verordnung
haben die Beschwerdeführer, die einen der unter § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 fallenden Hunde
halten, keine Einwände erhoben. Soweit sie sich gegen die Pflicht zur Beibringung eines
Führungszeugnisses, eines Nachweises der Sachkunde und eines Attests über die
"Ungefährlichkeit" ihres Hundes wenden (§ 5 a Abs. 2 Nr. 1 bis 3), ist ihr Vorbringen nicht
geeignet, eine Grundrechtsverletzung zu begründen.
Art. 33 Satz 1 VvB, der dem Einzelnen das Recht gewährleistet, grundsätzlich selbst
über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, wird
durch die Auflage zur Beibringung eines Führungszeugnisses nicht verletzt. Den
Beschwerdeführern ist zwar einzuräumen, dass durch die Ordnungswidrigkeitenregelung
in § 9 Abs. 1 Nr. 9 und die in § 5 a Abs. 3 Satz 2 der Verordnung vorgesehene
Möglichkeit der Behörde, die Haltung des Hundes zu untersagen und seine
Sicherstellung anzuordnen, die betroffenen Hundehalter nicht "selbst", d.h. frei und
unbeeinflusst über die Preisgabe ihrer persönlichen, im Führungszeugnis enthaltenen
Daten bestimmen. Diese Einschränkung ihrer informationellen Selbstbestimmung ist
jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da sie auf einer hinreichenden
gesetzlichen Grundlage beruht und im überwiegenden Allgemeininteresse erfolgt (Art.
33 Satz 2 und 3 VvB).
Dabei kann dahin stehen, ob den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts grundsätzlich
durch eine Rechtsverordnung Genüge getan ist oder ob - möglicherweise abhängig von
Art und Umfang der zu offenbarenden Daten - eine formelle gesetzliche Grundlage in
Form eines Parlamentsgesetzes erforderlich ist (vgl. zum Bundesrecht Murswiek, in:
Sachs, Grundgesetz, 2. Aufl. 1999, Art. 2 Rdnr. 107; Kunig, in: von Münch/ders., a.a.0.,
Art. 2 Rdnr. 42). Denn die Regelung des § 5 a Abs. 2 Nr. 1 HundeVO Bln ist durch § 55
ASOG, wonach der Senat zum Erlass von Rechtsverordnungen zur Abwehr von Gefahren
für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ermächtigt ist, gedeckt. Diese gesetzliche
Ermächtigungsgrundlage umfasst auch die Befugnis, die zum Vollzug entsprechender
Gefahrenabwehrregelungen erforderlichen Vorschriften zu erlassen. Soweit es im
Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr zu Vollzugszwecken notwendig ist, Auskünfte
über personenbezogene Daten zu verlangen, die in öffentlichen Registern gespeichert
sind, stellt mithin bereits § 55 ASOG die verfassungsrechtlich gebotene gesetzliche
Grundlage dar. Aus der Tatsache, dass der nunmehr vorliegende Gesetzentwurf
weitergehende Regelungen zum Datenschutz enthält, kann nicht gefolgert werden, dass
die Anforderung eines Führungszeugnisses - begrenzt auf die Zweckbestimmung, die in
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die Anforderung eines Führungszeugnisses - begrenzt auf die Zweckbestimmung, die in
§ 5 Abs. 2 der Verordnung normierten Zuverlässigkeitsanforderungen zu prüfen - zuvor
nicht zulässig war. Die darin liegende Bekanntgabe persönlicher Daten liegt mit Blick auf
die besonderen Gefahren, die aus der Haltung eines gefährlichen Hundes durch
unzuverlässige, wegen einer der aufgeführten Straftaten verurteilte Hundehalter
erwachsen können, auch im überwiegenden Allgemeininteresse und belastet die
Beschwerdeführer nicht unzumutbar.
Die in der Pflicht zur Beibringung eines Sachkundenachweises und eines Nachweises
über die "Ungefährlichkeit" ihres Hundes liegende Einschränkung der allgemeinen
Handlungsfreiheit der Beschwerdeführer begegnet ebenfalls keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken. Dass die Sachkundeprüfung und die Wesensprüfung
nicht nur von den zuständigen Behörden - in der Regel den Veterinär- und
Lebensmittelaufsichtsämtern der Bezirke - durchgeführt werden, sondern auch
entsprechende Nachweise von anerkannten Verbänden oder privaten Sachverständigen
anerkannt werden können (vgl. die Amtl. Begr. der Verordnung sowie die Antwort auf die
Kleine Anfrage Nr. 14/888), ist aus rechtsstaatlichen Gründen nicht zu beanstanden. Die
Behörde begibt sich damit, worauf in der amtlichen Begründung ausdrücklich
hingewiesen wird, nicht ihrer Befugnis zu prüfen, ob diese Nachweise inhaltlich den
Anforderungen an die Durchführung einer Sachkunde- und Wesensprüfung entsprechen
und der Zweckbestimmung der Verordnung genügen. Die Prüfungstätigkeit anerkannter
Verbände und privater Sachverständiger hat damit nur vorbereitenden und
unterstützenden Charakter. Eine Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf private Dritte,
die einer gesetzlichen Legitimation bedürfte (vgl. zur Sachkundeprüfung OVG Münster,
Beschluss vom 6. März 1997 - 5 B 3202/96 - NVwZ 1997, 806 <807>), liegt entgegen
der Ansicht der Beschwerdeführer nicht vor.
Bei der in § 5 a Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 der Verordnung vorgesehenen
Kennzeichnungspflicht mittels Plakette handelt es sich schließlich um eine zur
Gefahrenabwehr geeignete und verhältnismäßige Maßnahme, die den darin liegenden -
als geringfügig anzusehenden - Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der
Beschwerdeführer zu rechtfertigen vermag. Die Kennzeichnung eines gefährlichen
Hundes kann zwar der von ihm ausgehenden Gefahr nicht unmittelbar begegnen. Sie
ermöglicht in Anbetracht der besseren Identifizierungsmöglichkeiten der Hunde und
damit auch ihrer Halter aber eine wirksamere Kontrolle und kann somit eine
verhaltenssteuernde Wirkung entfalten, die in der Verordnung normierten
Halteranforderungen - insbesondere die Leinen- und Maulkorbpflicht - zu beachten (vgl.
RhPfVerfGH, NVwZ 2001, 193 <194>; OVG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 20. Oktober
2000 - 4 B 155/00.NE - NVwZ 2001, 223 <226>). Sie ist daher durch überwiegende
Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt.
d) § 8 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung sieht ein Zuchtverbot für die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5
aufgeführten Hunde vor. Diese Regelung, die durch den erst am 1. September 2001 in
Kraft tretenden § 11 der Tierschutz-Hundeverordnung vom 2. Mai 2001 (BGBl. I S. 838)
derzeit noch nicht verdrängt wird, verletzt weder das Eigentumsgrundrecht der
Beschwerdeführer, noch greift sie in unzulässiger Weise in die durch Art. 17 VvB
geschützte Berufsfreiheit ein. Dabei kann dahin stehen, ob der Vortrag, die
Beschwerdeführerin zu 6. wolle mit ihrer Hündin eine Zucht aufbauen, überhaupt - mit
Blick auf Art. 17 VvB - den Anforderungen an einen hinreichend substantiierten
Sachvortrag genügt. Denn die Eigentumsgewährleistung ist ebenso wie die Berufsfreiheit
nicht schrankenlos gewährt. Soweit die Zucht nicht aus gewerblichen Gründen
durchgeführt werden. soll, handelt es sich bei dem Verbot der Züchtung bestimmter
Hunderassen, bei denen - wie ausgeführt - hinreichende Anhaltspunkte für eine
rassespezifisch erhöhte Gefährlichkeit vorliegen, um eine zulässige Inhaltsbestimmung
des Eigentums, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt. Im Ergebnis dasselbe
gilt für Art. 17 VvB. Da die Hundezucht nicht insgesamt verboten wird, sondern nur die
im einzelnen aufgeführten Hunderassen erfasst, ist allein die Berufsausübung betroffen,
die angesichts der in Rede stehenden Rechtsgüter durch vernünftige und
verhältnismäßige Erwägungen des Gemeinwohls in verfassungsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise eingeschränkt wird (vgl. OVG Frankfurt/Oder, NVwZ 2001, 223
<225>; Caspar, DVBl. 2000, 1580 <1590>).
e) Nach § 10 Abs. 1 der Verordnung gelten die von den Beschwerdeführern
angegriffenen Regelungen nicht für die gesondert aufgeführten Diensthunde und
Schutzhunde. Dass weitere Ausnahmen, etwa für die vom Beschwerdeführer zu 34.
gehaltenen "Therapiehunde", nicht vorgesehen sind, ist entgegen dem Vorbringen der
Beschwerdeführer verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Verordnungsgeber ist
mit Blick auf den Gleichheitssatz nicht verpflichtet, jede Form der privaten Nutzung der
Hunde, mag ihr Einsatz auch im Interesse anderer liegen, durch eine Ausnahmeregelung
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Hunde, mag ihr Einsatz auch im Interesse anderer liegen, durch eine Ausnahmeregelung
zu privilegieren. Dass einzelne Hunde der in § 3 Abs. 1 der Verordnung aufgeführten
Rassen bzw. Gruppen nicht die ihnen rassespezifisch zukommende Gefährlichkeit
aufweisen, nimmt - wie ausgeführt - dem Verordnungsgeber nicht die ihm im Interesse
einer effektiven Gefahrenabwehr zuzubilligende Typisierungsbefugnis und zwingt nicht
zum Erlass weitergehender genereller Ausnahmeregelungen. Der Verordnungsgeber
konnte ohne Überschreitung seines Gestaltungsspielraums davon ausgehen, dass bei
den von der Ausnahmeregelung erfassten Hunden angesichts ihrer Zweckbestimmung
und ihrer Verwendung durch die genannten Behörden und Institutionen eine Gefährdung
der öffentlichen Sicherheit und Ordnung von vornherein auszuschließen ist, während dies
in anderen Fällen privater Nutzung nicht in gleichem Maße der Fall ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieses Urteil ist unanfechtbar.
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