Urteil des VerfGH Berlin vom 14.03.2017

VerfGH Berlin: theater, hauptsache, fraktion, park, vollziehung, exekutive, anfang, obsiegen, werkstatt, verfassung

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
65 A/93
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 73 Verf BE, Art 74 Verf BE,
Art 76 Verf BE, Art 78 Verf BE,
Art 72 Abs 2 Nr 1 Verf BE
VerfGH Berlin: vorläufige Außerkraftsetzung der sofortigen
Schließung und Abwicklung der Staatlichen Bühnen -
Zulässigkeit des Antrags im Organstreitverfahren - Budgetrecht
des Parlaments
Tenor
Bis zur einer Entscheidung in der Hauptsache darf Abschnitt I Nr 5 Buchstabe b) des
Beschlusses des Senats von Berlin Nr 3528/93 vom 22. Juni 1993 für den verbleibenden
Teil des Haushaltsjahres 1993 nicht vollzogen werden, soweit nicht das
Abgeordnetenhaus von Berlin zuvor einen entsprechenden Beschluß faßt.
Fristgebundene Kündigungen und Nichtverlängerungsmitteilungen bleiben zulässig.
...
Gründe
I.
Das Land Berlin betreibt das Schiller-Theater, das Schloßpark-Theater und die dem
Schiller-Theater angeschlossene "Werkstatt" als die Staatlichen Schauspielbühnen Berlin
in der Rechtsform einer nicht rechtsfähigen Anstalt, die der Senatsverwaltung für
kulturelle Angelegenheiten untersteht. In dem 1930 gegründeten Schiller-Theater und in
dem in der Nachkriegszeit entstandenen Schloßpark-Theater wird seit Anfang der 50er
Jahre und seit Anfang der 60er Jahre auch in der Werkstattbühne des Schiller-Theaters
ununterbrochen Theater gespielt. Der dem Gesetz über die Feststellung des
Haushaltsplans von Berlin für das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) vom 18.
Dezember 1992 (GVBl S 489) als Anlage beigefügte Haushaltsplan 1993 (§ 1
Haushaltsgesetz 1993) enthält in dem "Staatliche Schauspielbühnen" überschriebenen
Kapitel 1741 Haushaltsansätze für die drei genannten Theater mit Einnahmen von
insgesamt 5.372.200,-DM und Ausgaben von insgesamt 46.746.200,-- DM. Dem Kapitel
1741 ist eine "Allgemeine Erläuterung" vorangestellt. Danach haben das Schiller-
Theater, die ihm angeschlossene Werkstattbühne und das Schloßpark-Theater die
Aufgabe, die dramatische Kunst des In- und Auslands zu pflegen und weiterzuentwickeln.
In seiner Sitzung vom 22. Juni 1993, die einen Tag nach Beginn der parlamentarischen
Sommerpause stattfand und im wesentlichen der Beschlußfassung über den Entwurf des
Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 diente, beschloß der Senat von Berlin
darüber hinaus mit der Begründung, das Land Berlin sei finanziell nicht in der Lage,
sämtliche Staatstheater weiter zu betreiben, "als strukturelle Maßnahme im
Kulturbereich" unter Abschnitt I Nr. 5 Buchstabe b) folgendes:
"Der Spielbetrieb der Staatlichen Bühnen (Schiller-Theater, Schiller-Theater-Werkstatt
und Schloßpark-Theater) ist daher am Ende der Spielzeit 1992/93 einzustellen. Die
Senatsverwaltung für Kulturelle Angelegenheiten wird beauftragt, die notwendigen
vertraglichen Regelungen mit dem künstlerischen und dem übrigen Personal
einschließlich der Aufstellung eines Sozialplanes einzuleiten und die Überführung von
Beschäftigten in andere Beschäftigungen im Land Berlin zu prüfen."
Die Antragstellerin wendet sich im Organstreitverfahren gegen diesen Beschluß und
begehrt vorab den Erlaß einer einstweiligen Anordnung. Sie rügt, die ohne vorherige
Mitwirkung des Abgeordnetenhauses vorgenommene Maßnahme des Antragsgegners
verletze das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses aus Art. 73 und 74 VvB und den sich
aus Art. 45 VvB für eine solche Maßnahme ergebenden Gesetzesvorbehalt. Als Fraktion
des Abgeordnetenhauses von Berlin sei sie befugt, dies geltend zu machen.
Zur Notwendigkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung trägt sie vor: Erhalte das
Abgeordnetenhaus erst nach einem Obsiegen in dem Hauptsacheverfahren oder gar
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Abgeordnetenhaus erst nach einem Obsiegen in dem Hauptsacheverfahren oder gar
erst im Zuge der Haushaltsberatungen für das Haushaltsjahr 1994 Gelegenheit, über
den Fortbestand oder die Schließung der Staatlichen Schauspielbühnen Berlin zu
entscheiden, so habe sich eine Entscheidung bis dahin erübrigt. Die Staatlichen
Schauspielbühnen wären dann bereits unwiderruflich zerstört. Denn die Mitglieder des
Ensembles sowie die sonstigen Mitarbeiter, die in Ausführung des Senatsbeschlusses
Kündigungen gewärtigen müßten, sähen sich schon jetzt nach neuen
Anstellungsverhältnissen um oder würden von anderen Theatern abgeworben und
gingen damit für die Staatlichen Schauspielbühnen verloren.
Die Fraktion Bündnis '90/Grüne (AL)/UFV im Abgeordnetenhaus von Berlin, die dem
Verfahren nach § 38 Abs. 1 VerfGHG auf Seiten der Antragstellerin beigetreten ist, hat
sich in der mündlichen Verhandlung im gleichen Sinne geäußert.
Beide Fraktionen beantragen, im Wege der einstweiligen Anordnung
die Vollziehung von Abschnitt I Nr 5 Buchstabe b) des Senatsbeschlusses Nr 3528/93
vom 22. Juni 1993 bis zu einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs in der
Hauptsache auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hält den Antrag für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Die gerügten
Verfassungsrechtsverletzungen seien offensichtlich ausgeschlossen. Die Bewilligung der
Haushaltsmittel in Kapitel 1741 des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 1993 enthalte
keine Verpflichtung der Exekutive, den Betrieb der Staatlichen Schauspielbühnen
aufrechtzuerhalten. Auch das Rechtsschutzbedürfnis für die gestellten Anträge sei
zweifelhaft. Denn die Antragstellerin wäre grundsätzlich nicht gehindert, gegen die
Einstellung des Spielbetriebes auf parlamentarischem Wege vorzugehen. Im übrigen
mache der Senat mit seinem Beschluß vom 22. Juni 1993 von der ihm zustehenden
Organisationsgewalt Gebrauch. Der Beschluß, den Spielbetrieb der Staatlichen
Schauspielbühnen einzustellen, sei als organisatorische Verfügung einerseits und
politische Gesamtentscheidung andererseits Ausübung originären Exekutivrechts und
bedürfe damit keiner vorherigen parlamentarischen Zustimmung. Die Verwendung der
Mittel des Kapitels 1741 des Haushaltsplans 1993 für die Vollziehung des
Senatsbeschlusses halte sich im Rahmen der Zweckbestimmung und sei deshalb
haushaltsrechtlich zulässig.
Die Fraktion der SPD im Abgeordnetenhaus von Berlin hat sich zu dem Antrag schriftlich
im Sinne des Antragsgegners geäußert.
II.
Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und in dem aus dem
Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
1. Nach § 31 Abs. 1 VerfGHG kann der Verfassungsgerichtshof im Streitfall einen
Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer
Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund
zum Gemeinwohl dringend geboten ist. Wegen der meist weittragenden Folgen, die eine
einstweilige Anordnung in einem verfassungsrechtlichen Verfahren auslöst, ist bei der
Prüfung der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 VerfGHG ein strenger Maßstab anzulegen.
Dabei müssen die Gründe, welche für oder gegen die Verfassungswidrigkeit der
angegriffenen Maßnahme sprechen, grundsätzlich außer Betracht bleiben, es sei denn,
die in der Hauptsache begehrte Feststellung erweist sich als von vornherein unzulässig
oder offensichtlich unbegründet. Bei offenem Ausgang eines Organstreits sind die
Nachteile, die eintreten, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Maßnahme
aber später für verfassungswidrig erklärt würde, gegen diejenigen abzuwägen, die
entstünden, wenn die Maßnahme nicht in Kraft träte, sie sich aber im
Hauptsacheverfahren als verfassungsgemäß erwiese (vgl. zu dem im wesentlichen
gleichlautenden § 32 BVerfGG: BVerfGE 86, 390 <395>; 82, 353 <363>).
2. Der im Organstreitverfahren gestellte Hauptsacheantrag ist weder von vornherein
unzulässig noch offensichtlich unbegründet.
a) Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind nach §§ 36, 14 Nr. 1 VerfGHG im
Organstreitverfahren, für das der Rechtsweg zum Verfassungsgerichtshof gem. Art. 72
Abs. 2 Nr. 1 VvB, § 14 Nr. 1 VerfGHG gegeben ist, parteifähig. Als Fraktion des Berliner
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Abs. 2 Nr. 1 VvB, § 14 Nr. 1 VerfGHG gegeben ist, parteifähig. Als Fraktion des Berliner
Abgeordnetenhauses nimmt die Antragstellerin gem. Art. 27 Abs. 2 VvB unmittelbar
Verfassungsaufgaben wahr, indem sie mit eigenen Rechten und Pflichten als
selbständige und unabhängige Gliederung der Volksvertretung an deren Arbeit mitwirkt
und die parlamentarische Willensbildung unterstützt. Ihr sind dazu durch die
Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses (vgl. z.B. §§ 47, 52 und 71 Abs. 1) einzelne
eigene Rechte verliehen worden, die ihre organschaftliche Stellung im Parlament
betonen. Die Parteifähigkeit des Antragsgegners ergibt sich aus seiner Eigenschaft als
oberstes Landesorgan.
Als Fraktion ist die Antragstellerin gem. § 37 Abs. 1 VerfGHG auch befugt, im Wege der
Prozeßstandschaft die Verletzung von verfassungsmäßigen Rechten des
Abgeordnetenhauses durch den Senat von Berlin geltend zu machen (vgl. hierzu VerfGH
NW OVGE 24, 296 <306> sowie BVerfGE 45, 1 <29>). Soweit sich die Antragstellerin
dabei auch auf mögliche Auswirkungen des Senatsbeschlusses auf Grundrechte
insbesondere der Künstler beruft und die sogenannte Wesentlichkeitstheorie heranzieht,
gehen ihre Ausführungen allerdings fehl. Ungeachtet der Auswirkungen der
Grundrechtsordnung auf die Austarierung der Gewaltenbalance begründen die
Grundrechte jedenfalls keine Rechte des Abgeordnetenhauses, die in einem
Organstreitverfahren gerügt werden könnten (vgl. dazu BVerfGE 68, l <70>). Mit ihrem
Vortrag, der Senat von Berlin habe es entgegen seiner verfassungsrechtlichen Pflicht
unterlassen, vor Schließung der staatlichen Bühnen Berlin wegen der damit
verbundenen Verringerung der Einnahmen sowie der Zweckentfremdung und Erhöhung
der Ausgaben eine Entscheidung des Abgeordnetenhauses von Berlin herbeizuführen,
hat sie aber schlüssig eine selbständige Verletzung des Budgetrechts des Parlaments
aus Art. 73 und 74 VvB durch den Senat von Berlin geltend gemacht. Denn nach Art. 73
Abs. 1 S. 1 VvB müssen alle Einnahmen und Ausgaben für jedes Rechnungsjahr im
Haushaltsplan veranschlagt werden, für den die Gesetzesinitiative dem Senat von Berlin
zusteht (vgl. hierzu §§ 29 und 30 LHO). Daraus folgt zugleich verfassungsrechtlich die
Verantwortung des Senats von Berlin für den Haushalt gegenüber dem
Abgeordnetenhaus von Berlin, so daß es nicht schlechthin ausgeschlossen ist, daß der
Senat das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses dadurch verletzt hat, daß er es
unterließ, einen Nachtragshaushalt einzubringen oder den Weg des Art. 78 VvB zu
beschreiten.
Für die Frage der Zulässigkeit der Anträge ist es im übrigen ohne Bedeutung, ob die
Antragstellerin den Beschluß des Senats zum Gegenstand parlamentarischer Erörterung
hätte machen können oder noch machen könnte, weil dadurch der von den
Antragstellern behauptete Verfassungsverstoß nicht ausgeräumt werden würde.
b) Der Antrag ist auch nicht offensichtlich unbegründet. Dabei kann hier dahinstehen, ob
die in der Literatur gelegentlich vertretene und von der Antragstellerin sich zu eigen
gemachte Auffassung, Haushaltsansätze ermächtigten die Exekutive nicht lediglich,
sondern verpflichteten sie - gegebenenfalls unter Vorliegen weiterer Voraussetzungen -
zur Inanspruchnahme von Mitteln, in hinreichendem Umfang nachvollziehbar ist.
Gleiches gilt für die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, ob es Angelegenheiten
gibt, die wegen ihrer Bedeutung für das Gemeinwesen auch ohne ausdrücklichen
Zustimmungsvorbehalt in der Verfassung von dem Senat nur unter Mitwirkung des
Abgeordnetenhauses geregelt werden dürfen. Jedenfalls wirft der Hauptsacheantrag die
schwierige Rechtsfrage auf, ob der Senat von Berlin die im Kapitel 1741 enthaltenen
Ausgabeansätze nur für den Betrieb oder auch für die Schließung der Staatlichen
Bühnen verwenden darf, ohne dafür zuvor einen Nachtragshaushalt einzuholen bzw. den
Weg des Art. 78 VvB zu beschreiten oder sich auf die Voraussetzungen des Art. 76 Abs.
1 VvB berufen zu können.
3. In dem Organstreitverfahren wird bei der Entscheidung dieser Rechtsfrage das
Verhältnis des Haushaltsvollzugs, der nach den Grundsätzen der Gewaltenteilung allein
Sache der Exekutive ist (vgl. hierzu Maunz in: Maunz-Dürig, Grundgesetz, Art. 110 Rn. 69
und 70), zu dem Recht des Parlaments auf Bewilligung des Haushalts und daraus
folgend auf mitlaufende Haushaltskontrolle bei außerplanmäßigen Ausgaben, für die im
Haushaltsplan Ansätze nicht vorgesehen sind, zu bestimmen sein (vgl. hierzu VerfGH
NW DÖV 1992, 576 <577 ff>), was im Verfahren über den Antrag auf Erlaß einer
einstweiligen Anordnung nicht möglich ist. Eine einstweilige Anordnung im Rahmen eines
solchen Streits kann allein der vorläufigen Sicherung des strittigen organschaftlichen
Rechts des Abgeordnetenhauses dienen, damit es nicht im Zeitraum bis zur
Entscheidung in der Hauptsache durch Schaffung vollendeter Tatsachen überspielt wird
(vgl. BVerfG, Beschluß vom 23.6.1993 - 2 BvQ 17/93 - Umdruck S. 9). Diese Sicherung
hat davon auszugehen, daß ungeklärt ist, ob der Senatsbeschluß über die Schließung
der Staatlichen Bühnen nur aufgrund eines Nachtragshaushaltsgesetzes bzw. einer
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der Staatlichen Bühnen nur aufgrund eines Nachtragshaushaltsgesetzes bzw. einer
Zustimmung des Abgeordnetenhauses nach Art. 78 VvB zulässig ist oder ob der Senat
von Berlin insoweit die beanspruchte ausschließliche Entscheidungskompetenz aus
seinem Recht zum Haushaltsvollzug zusteht.
4. Die einstweilige Anordnung mußte in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
ergehen, weil das Abgeordnetenhaus, dessen Rechte die Antragstellerin und die
Beigetretene in Prozeßstandschaft wahrnehmen, anderenfalls bei einem Obsiegen im
Hauptsacheverfahren schwerwiegende Nachteile zu befürchten hätte, die größer wären
als diejenigen Nachteile, die den Antragsgegner träfen, wenn die einstweilige Anordnung
erlassen wird und er im Hauptsacheverfahren obsiegte.
Erginge eine einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich später aber die Nutzung der
Mittel aus Kapitel 1741 des Haushaltsplans 1993 zur Schließung der Staatlichen Bühnen
als verfassungswidrig, so hätte das Abgeordnetenhaus von Berlin sein Recht auf
Mitwirkung bei der Entscheidung über die haushaltsmäßige Verwendung dieser Mittel
schlechthin nicht wahrnehmen können. Denn die Antragstellerin hat zur Überzeugung
des Verfassungsgerichtshofs dargelegt, daß die sofortige Umsetzung des Beschlusses
des Antragsgegners vom 22. Juni 1993 zu einer faktischen Auflösung der Staatlichen
Schauspielbühnen führen und eine Befassung des Abgeordnetenhauses von Berlin
sinnlos machen könnte. Demgegenüber wögen die Nachteile der hier getroffenen
einstweiligen Anordnung weniger schwer, wenn es sich später im Hauptsacheverfahren
erwiese, daß der Beschluß des Senats vom 22. Juni 1993 Rechte des
Abgeordnetenhauses nicht verletzt. Der Verfassungsgerichtshof wird voraussichtlich
noch im September 1993 in der Hauptsache entscheiden. Der Vollzug des
Senatsbeschlusses wird also durch die vorliegende einstweilige Anordnung nur für relativ
kurze Zeit ausgesetzt. Die einstweilige Anordnung war darüber hinaus zeitlich zu
begrenzen bis zu einem Zeitpunkt, zu dem das Abgeordnetenhaus gegebenenfalls
einen den Senatsbeschluß vom 22. Juni 1993 entsprechenden Beschluß faßt. Ein solcher
Beschluß muß kein Gesetzesbeschluß im Verfahren über einen Nachtragshaushalt und
auch keine Zustimmung nach Art. 78 VvB sein. Im Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes, das die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen soll,
reicht im vorliegenden Fall eine nur teilweise Wahrung der von der Antragstellerin und
der Beigetretenen in Anspruch genommenen Rechte des Abgeordnetenhauses von
Berlin aus, um die zu besorgenden schweren Nachteile (§ 31 Abs. 1 VerfGHG) für die
Mitwirkungsrechte des Abgeordnetenhauses abzuwenden.
Der Verfassungsgerichtshof hat überdies die einstweilige Anordnung in dem aus dem
Tenor ersichtlichen Umfang eingeschränkt, um dem Antragsgegner die Lösung von
Arbeitsverträgen zu einzelnen Mitgliedern des Ensembles und sonstigen Mitarbeitern zu
gestatten, woran der Senat haushaltsverfassungsrechtlich bei summarischer Prüfung
der Hauptsache im übrigen ohnehin nicht gehindert wäre. Insbesondere gebietet das
Budgetrecht nicht, die Staatlichen Bühnen in ihrem jetzigen Umfang zu erhalten,
solange die Staatlichen Bühnen als solche erhalten bleiben. Fristgebundene
Kündigungen für Teile des Ensembles und die sonstigen Mitarbeiter dürfen deshalb durch
den Antragsgegner ausgesprochen werden.
Soweit der Antrag weitergehend eine unbeschränkte Aussetzung der Vollziehung des
Senatsbeschlusses vom 22. Juni 1993 begehrt, war ihm deshalb nicht zu entsprechen.
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 31 Abs. 3 VerfGHG).
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