Urteil des VerfGH Berlin vom 14.03.2017

VerfGH Berlin: anspruch auf rechtliches gehör, öffentliche gewalt, verfassungsbeschwerde, ablauf der frist, grundrecht, subjektives recht, duldung, mehrheit, ausländer, auskunft

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4/96
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 62 Verf BE vom 01.09.1950,
Art 15 Abs 1 Verf BE, § 29 Abs
2 S 1 VGHG BE, § 49 Abs 1
VGHG BE, § 54 Abs 3 VGHG BE
(VerfGH Berlin: Ablehnung einer vorläufigen
ausländerrechtlichen Duldung nach AuslG § 55 Abs 2: Verletzung
des rechtlichen Gehörs durch fachgerichtlich nicht eingeräumte
Gelegenheit zur Stellungnahme zur Frage der freiwilligen
Rückkehrmöglichkeit in die Bundesrepublik Jugoslawien -
abweichende Meinungen)
Tenor
1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 8. November 1995 - OvG 5 S
XX - verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör und wird
aufgehoben.
2. …
3. …
Gründe
Der Beschwerdeführer ist albanischer Volkszugehörigkeit und stammt aus Serbien-
Motenegro/Bundesrepublik Jugoslawien. Er flüchtete im Januar 1991 wegen des Krieges in
seinem Heimatland in die Bundesrepublik und wurde hier zunächst geduldet. Der
Reisepaß des Beschwerdeführers ist seit Januar 1994 ungültig; seine Bemühungen um
eine Verlängerung seines Reiseausweises blieben bisher vergeblich. Mit Bescheid vom 5.
Juli 1994 lehnte es das Landeseinwohneramt Berlin ab, den Aufenthalt des
Beschwerdeführers weiterhin zu dulden; zugleich drohte ihm das Landeseinwohneramt
für den Fall, daß er nicht freiwillig ausreise, die Abschiebung an. Gegen die
Abschiebungsandrohung erhob der Beschwerdeführer nach erfolglosem
Widerspruchsverfahren ebenso Klage wie gegen die Versagung der Duldung; über beide
Klagen ist noch nicht entschieden.
Durch Beschluß vom 11. Mai 1995 hat das Verwaltungsgericht Berlin im Wege der
einstweiligen Anordnung das Land Berlin, vertreten durch das Landeseinwohneramt,
verpflichtet, dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 2 AuslG vorläufig eine Duldung für
6 Monate zu erteilen. Auf die Beschwerde des Landes Berlin hat das
Oberverwaltungsgericht Berlin durch Beschluß vom 8. November 1995 den
angegriffenen Beschluß des Verwaltungsgerichts geändert und den Antrag des
Beschwerdeführers, das Land Berlin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu
verpflichten, ihm eine Duldung zu erteilen, mit im wesentlichen folgender Begründung
abgelehnt:
Selbst wenn zugunsten des Beschwerdeführers davon ausgegangen werde, daß eine
Abschiebung im Sinne einer zwangsweisen Verbringung in seinen Heimatstaat
gegenwärtig nicht möglich sei, könne er als zur Ausreise verpflichteter Ausländer sich
darauf nicht berufen, wenn und solange er seiner Ausreisepflicht durch - freiwillige -
Heimreise genügen könne. Schutzbedürftig im Rahmen des in Rede stehenden
Duldungstatbestandes sei nach der ständigen Rechtsprechung mehrerer Senate des
Oberverwaltungsgerichts Berlin nur der ausreisepflichtige Ausländer, bei dem eine
Rückkehr in sein Heimatland aus Gründen ausgeschlossen sei, die er nicht beeinflussen
könne. Wer ausreisepflichtig sei und in sein Heimatland zurückkehren könne, mache sich
nach dem Willen des Gesetzgebers strafbar, wenn er seiner Ausreisepflicht nicht
nachkomme und, ohne eine Duldung zu besitzen, im Bundesgebiet verbleibe (§ 92 Abs.
1 Nr. 1Aus1G). Für die Annahme, der Gesetzgeber habe gleichwohl auch demjenigen
ausreisepflichtigen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht nachkomme, obwohl er
diese Pflicht erfüllen könne, gestatten wollen, sich auf die tatsächliche Unmöglichkeit der
zwangsweisen Durchsetzung dieser Pflicht zu berufen, um das Privileg der Duldung und
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zwangsweisen Durchsetzung dieser Pflicht zu berufen, um das Privileg der Duldung und
damit den Wegfall der strafrechtlichen Sanktion der Pflichtverletzung zu erreichen,
spreche nichts. §§ 55 Abs. 2 AuslG bezwecke nicht, die strafbewehrte Verletzung der
erfüllbaren gesetzlichen Ausreisepflicht durch Duldung zu "legalisieren".
Daß es dem Antragsteller tatsächlich unmöglich sei, in sein Herkunftsland
zurückzukehren, sei nicht glaubhaft gemacht. Einen ernsthaften, aber erfolglos
gebliebenen Rückkehrversuch unternommen zu haben, behaupte er nicht. An der vom
Verwaltungsgericht angenommenen generellen Unmöglichkeit der freiwilligen Rückkehr
in die Bundesrepublik Jugoslawien bestünden bei objektiver Würdigung des vorliegenden
Erkenntnismaterials erhebliche Zweifel; es spreche eher mehr dafür, daß
ausreisepflichtige Ausländer aus der Bundesrepublik Jugoslawien, die freiwillig nach dort
reisen wollten, dies auch könnten. Der erkennende Senat halte die dahingehende, in den
Urteilen des 8. Senats vom 4. April 1995 - OVG 8 B … -, vom 6. Juni 1995 - OVG 8 B … -
(nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Leiters des Bundesgrenzschutzamts in
Berlin und des an der Grenzschutzstelle am Flughafen Berlin-Schönefeld tätigen
Polizeibeamten P… als Zeugen) und vom 27. Juni 1995 - OVG 8 B … - eingehend
dargelegte Bewertung für überzeugend. Die nach Angaben verschiedener staatlicher
und nichtstaatlicher Stellen (vgl. Landeseinwohneramt im Vermerk vom 31. März 1995,
Grenzpolizei Bad Reichenhall vom 23. Januar 1995 und Bundesministerium des Innern
vom 13. April und 8. Juni 1995 sowie International Organization for Migration vom
21. April 1995 und DRK, Landesverband Berlin e. V., vom 13..April 1995) - auch - im Jahre
1995 erfolgten Ausreisen ausreisepflichtiger Ausländer mit dem Ziel der Rückkehr in die
Bundesrepublik Jugoslawien, weitgehend auch über Drittstaaten wie Ungarn, Bulgarien
und auch Mazedonien, sowie das Fehlen verläßlicher Anhaltspunkte dafür, daß in
nennenswerter Zahl oder gar allgemein die Einreise in das Herkunftsland mißlungen ist,
ließen keinen Raum für die Annahme, gegenwärtig sei allgemein für den genannten
Personenkreis die freiwillige Rückkehr in die Bundesrepublik Jugoslawien nicht möglich.
Sie sprächen ferner dagegen, daß die bekannten Erklärungen der jugoslawischen
Regierung seit November 1994 zur Zurückweisung von "Scheinasylanten" in der Weise in
die Praxis umgesetzt würden, daß praktisch alle Staatsangehörigen mit noch gültigen
Pässen der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, die in Serbien oder
Montenegro ausgestellt worden seien und keinen Hinweis auf einen rechtmäßigen
Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland enthielten, an der Einreise in die
Bundesrepublik Jugoslawien gehindert würden (vgl. auch Schreiben der Senatsverwaltung
für Inneres an den Vorsitzenden des Petitionsausschusses des Abgeordnetenhauses von
Berlin vom 8. August 1995, in dem im übrigen darauf hingewiesen werde, daß die
Außenstelle der jugoslawischen Botschaft in Bonn "ohne Probleme" Pässe ausstelle,
wenn sie nicht durch deutsche Behörden zum Zweck der Abschiebung beantragt
würden).
Der Antragsteller habe auch nicht glaubhaft gemacht, daß seine Rückkehr nach
Jugoslawien am Ablauf der Gültigkeitsdauer des Reisepasses KA -… scheitern würde.
Dies gelte schon deshalb, weil der Antragsteller nicht dargetan habe, daß die Gültigkeit
seines Reisepasses - entgegen der oben angegebenen Auskunftslage - bislang aus von
ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht verlängert worden sei. Aus der Bescheinigung
der jugoslawischen Vertretung vom 29. September 1994 gehe lediglich hervor, daß der
Antragsteller in bezug auf seinen Reisepaß einen Antrag gestellt habe. Dies und die
durch eidesstattliche Versicherungen belegten telefonischen Nachfragen in der
Vertretung erfüllten offenkundig nicht die Anforderungen, die in diesem Zusammenhang
an den Nachweis ernsthafter und beharrlicher Bemühungen um Paßverlängerung zu
stellen seien.
Gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin richtet sich die
Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, mit der er rügt, in dem angegriffenen
Beschluß seien vom Oberverwaltungsgericht Berlin Auskünfte verwendet worden, die es
zuvor nicht in das Verfahren eingeführt habe. Damit sei sein - des Beschwerdeführers -
Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt worden.
Zum einen seien Erkenntnisse eingeführt worden, die nicht einmal in der Entscheidung
des Oberverwaltungsgerichts näher bezeichnet worden seien. Insoweit werde lediglich
darauf verwiesen, daß die vom Verwaltungsgericht geäußerte Vermutung dafür, daß
auch die freiwillige Einreise nicht gestattet werde, sich nicht aus den früheren
Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Erkenntnismaterialien
begründen lasse. Ferner seien in das Verfahren nicht eingeführt, gleichwohl aber
verwertet worden: Die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 3. Juli 1995, die Angaben
des Landeseinwohneramtes vom 31. März 1995 und 1. Juni 1995, die Auskünfte des
Deutschen Roten Kreuzes vom 13. April 1995 und der International Organization for
Migration vom 21. April 1995 und vom 21. September 1995 sowie die Niederschrift über
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Migration vom 21. April 1995 und vom 21. September 1995 sowie die Niederschrift über
die Beweisaufnahme des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. September 1995 (VG 35 A
785/95).
Die Entscheidung zu seinem - des Beschwerdeführers - Nachteil beruhe auch auf dieser
Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör. Hinsichtlich der Bezugnahme auf
Erkenntnisse aus anderen Entscheidungen müsse dies unterstellt werden, weil diese
nicht näher bezeichnet worden seien und ihm damit die Möglichkeit genommen worden
sei, in dieser Verfassungsbeschwerde im einzelnen konkret anzugeben, welche
Beweismittel und Auskünfte er für den Fall, daß diese eingeführt worden wären, hätte
vorbringen können. Der zitierten Auskunft des Auswärtigen Amtes, daß "nach hiesigen
Erkenntnissen" auch Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien mit gültigen
Pässen freiwillig zurückkehren könnten, sei entgegenzuhalten, daß in ihr der
aufenthaltsrechtliche Status eines Rückkehrers nicht erwähnt sei. Ihm - dem
Beschwerdeführer - werde somit die Möglichkeit genommen, selbst Auskünfte
beizubringen oder entsprechende Beweisanträge zur Aufklärung dieser Frage zu stellen.
Der Senatsverwaltung für Justiz und dem Landeseinwohneramt ist Gelegenheit zur
Stellungnahme gegeben worden.
II.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässi9.
Nach § 49 Abs. 1 VerfGHG kann jedermann "mit der Behauptung, durch die öffentliche
Gewalt des Landes Berlin in einem seiner in der Verfassung von Berlin enthaltenen
Rechte" verletzt zu sein, Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof erheben,
soweit nicht Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhoben ist oder
wird. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde zum
Verfassungsgerichtshof ist daher, daß - alles andere vernachlässigt - der
Beschwerdeführer geltend macht, - erstens - durch eine der öffentlichen Gewalt des
Landes Berlin in - zweitens - einem gerade durch die Verfassung von Berlin und nicht
etwa durch das Grundgesetz (inhaltsgleich) auch zu seinen Gunsten verbürgten Recht
verletzt zu sein. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Der Beschwerdeführer wendet sich
gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 8. November 1995; durch
Art. 62 der im Zeitpunkt dieser Entscheidung noch maßgebenden Verfassung von Berlin
vom 1. September 1950 (V0Bl. I S. 433), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juni 1995
(GVBl. S. 339), wird der Anspruch auf rechtliches Gehör (mit)gewährleistet, der mit dem
durch Art. 103 Abs. 1 GG verbürgten Grundrecht inhaltsgleich ist (vgl. dazu u.a. Beschluß
vom 15. Juni 1993 - VerfGH 18/92 - JR 1993, 519). In seiner Beschwerdebegründung
beruft sich der Beschwerdeführer auf eine Verletzung des "rechtlichen Gehörs". Er rügt
diese Verletzung mehrfach. In einem Fall ist der Rüge, der Klammerzusatz ("Art. 103
Abs. 1 GG") hinzugefügt. Anders als in dem dem Beschluß vom 25. April 1996 (VerfGH
21/95) zugrundeliegenden Fall, in dem der Beschwerdeführer sich mehrfach auf Art. 103.
Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab berufen hatte, so daß das Vorbringen des
Beschwerdeführers in dem damals entschiedenen Fall nur die Auslegung zuließ, daß der
Beschwerdeführer ausschließlich Art. 103 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab
zugrundegelegt haben wollte, kann in dem hier zu entscheidenden Fall von der
grundsätzlichen Vermutung ausgegangen werden, daß die Überprüfung einer
Maßnahme nach Maßgabe eines "Berliner Rechts" gewünscht ist, wenn die Verletzung
von Grundrechten in Rede steht, die inhaltsgleich vom Grundgesetz und von der
Verfassung von Berlin verbürgt werden. Daß vom Beschwerdeführer bei der Rüge der
Verletzung des rechtlichen Gehörs auch einmalig ein Hinweis auf Art. 103 Abs. 1 GG
erfolgt, widerlegt die eben genannte Vermutung nicht und macht die
Verfassungsbeschwerde nicht unzulässig.
Insoweit ist die Entscheidung mit fünf zu vier Stimmen ergangen.
An der somit angezeigten Überprüfung unter dem Blickwinkel des Grundrechts auf
rechtliches Gehör ist der Verfassungsgerichtshof nicht etwa deshalb gehindert, weil hier
die Anwendung von § 108 Abs. 2 VwGO, der der Gewährleistung des rechtlichen Gehörs
Rechnung trägt, und damit die Anwendung von Bundesrecht durch ein Berliner Gericht in
Rede steht (vgl. u.a. Beschluß vom 2. Dezember 1993 - VerfGH 89/93 - NJW 1994, 436).
Die Verfassungsbeschwerde genügt auch den Anforderungen des § 49 Abs. 2 Satz 1
VerfGHG: Der Rechtsweg ist erschöpft, da gegen den Beschluß des
Oberverwaltungsgerichts Berlin ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben ist (arg. § 152
VwGO). Der Beschwerdeführer ist auch nicht gehalten, zunächst den Ausgang des noch
anhängigen Klageverfahrens der Hauptsache abzuwarten. Zwar gebietet es § 49 Abs. 2
Satz 1 VerfGHG, über die Rechtswegerschöpfung im engeren Sinne hinaus auch
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Satz 1 VerfGHG, über die Rechtswegerschöpfung im engeren Sinne hinaus auch
sonstige prozessuale Möglichkeiten zu nutzen, um eine Korrektur der geltend
gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken. Daraus folgt, daß die Erschöpfung des
Rechtswegs im Eilverfahren nicht ausreicht, soweit das Hauptsacheverfahren
ausreichende Möglichkeiten bietet, der behaupteten Grundrechtsverletzung abzuhelfen
und dieser Weg dem Beschwerdeführer zumutbar ist. Dies gilt jedoch nicht, soweit es um
die Verletzung verfahrensrechtlicher Grundrechte durch die Entscheidung im vorläufigen
Rechtsschutz geht, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ausgeräumt
werden könnte (vgl. Beschluß vom 9. Juni 1994 - VerfGH 72/93 - Umdruck S. 7 sowie zum
inhaltsgleichen § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG in BVerfGE 59, 63 <81>; 65, 227 <233>; 77,
381 <401 f.>; 80, 40 <45>). So liegt der Fall hier, weil der Beschwerdeführer mit der
Rüge der Gehörsverletzung eine den vorläufigen Rechtsschutz als solchen betreffende
Grundrechtsverletzung geltend macht.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet. Der Beschluß des
Oberverwaltungsgerichts Berlin verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers auf
Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 62 VvB.
a) Das verfassungsrechtliche Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das
Gericht, den am Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, zu den nach Einschätzung
des Gerichts entscheidungserheblichen Tatsachen Stellung zu nehmen sowie
sachdienliche Anträge zu stellen. Das rechtliche Gehör soll den Beteiligten Gelegenheit
geben, auf eine bevorstehende Entscheidung einzuwirken. Dies gilt nicht nur, wenn es
um die abschließende rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts im Klageverfahren geht,
sondern grundsätzlich auch für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. zu
Art. 103 Abs. 1 GG: BVerfG, Beschluß vom 3. November 1983, NJW 1984, 719). Nur wenn
der Schutz gewichtiger Interessen die Überraschung eines Beteiligten unabweisbar
erfordert - beispielsweise bei der einstweiligen Verfügung des Zivilprozesses -, ist es
ausnahmsweise zulässig, ihn erst nach der Entscheidung anzuhören (vgl. BVerfG a.a.O.).
Derartige Umstände liegen im vorliegenden Fall ersichtlich nicht vor. Dies gilt um so
mehr, als das Gericht beabsichtigte, die zugunsten des Beschwerdeführers ergangene
erstinstanzliche Entscheidung zu seinem Nachteil abzuändern (vgl. insoweit zu Art. 103
Abs. 1 GG: BVerfG, Beschluß vom 24. Juli 1957, NJW 1957, 1350), die beabsichtigte
Entscheidung also in eine ihm vom Verwaltungsgericht zuerkannte Rechtsposition
eingriff.
b) Nach dieser Maßgabe war das Oberverwaltungsgericht gehalten, seiner Entscheidung
nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse einschließlich Behördenauskünften
zugrundezulegen, zu denen die Beteiligten sich vor der Entscheidung äußern konnten.
Eine Gelegenheit zur Äußerung zu der entscheidungserheblichen Feststellung des
Oberverwaltungsgerichts, dem Beschwerdeführer sei eine freiwillige Rückkehr in seinen
Heimatstaat, die Bundesrepublik Jugoslawien, möglich, bestand für den
Beschwerdeführer jedoch nicht. Das Oberverwaltungsgericht beruft sich zur Begründung
seiner Entscheidung zunächst auf die Rechtsprechung anderer Senate des
Oberverwaltungsgerichts Berlin und das diesen Entscheidungen zugrundeliegende
Erkenntnismaterial, dem es entnimmt, daß sich die vom Verwaltungsgericht geäußerte
Vermutung, daß auch die freiwillige Rückkehr nicht gestattet werde, nicht begründen
lasse. Das Oberverwaltungsgericht hat sich damit nicht nur der in den von ihm zitierten
Entscheidungen der anderen Senate vertretenen Rechtsauffassung angeschlossen,
sondern hat sich auch der diesen Entscheidungen zugrundeliegenden tatsächlichen
Erkenntnisse bedient. Da es nicht davon ausgehen konnte, daß dieses
Erkenntnismaterial dem Beschwerdeführer bekannt war - und dieser es auch tatsächlich
nicht kannte -, wäre es verpflichtet gewesen, diese Erkenntnisquellen ordnungsgemäß in
das Verfahren einzuführen. Denn aus anderen Verfahren übernommene tatsächliche
Feststellungen unterliegen in gleicher Weise dem Gebot des rechtlichen Gehörs wie das
vom Gericht selbst gewonnene Erkenntnismaterial (s. zu § 108 VwGO: BVerwG, Buchholz
310 § 108 VwGO-Nr. 132 und 133; BGH, Urteil vom 16. Mai 1991, NJW 1991, 2824 f.).
Dieser Verpflichtung ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgekommen.
Auch zu den vom Oberverwaltungsgericht des weiteren verwerteten, auf S. 3 seines
Beschlusses zitierten Erkenntnissen, nämlich
- Auskunft des Auswärtigen Amtes an die 19. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 3. Juli 1995
- LEA-Vermerk vom 19. Mai 1995
- Stellungnahme der International Organization for Migration (IOM). vom 21. September
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- Niederschrift über die Beweisaufnahme des VG Berlin vom 22. September 1995 im
Verfahren VG 35 A 785/95
- Auskunft des LEA Berlin IV B 1 vom 1. Juli 1995
bestand für den Beschwerdeführer keine Gelegenheit zur Äußerung. Die Erkenntnisse
wurden ihm weder übermittelt noch sonst in einer für ihn nachvollziehbaren Form in das
Verfahren eingeführt. Insgesamt hatte der Beschwerdeführer mithin keine Gelegenheit,
zu dem für die Frage der freiwilligen Rückkehrmöglichkeit maßgeblichen
Erkenntnismaterial. Stellung zu nehmen, insbesondere ihm mit eigenem Sachvortrag
entgegenzutreten und so auf die Entscheidung Einfluß zu nehmen.
c) Es ist nach Lage der Dinge auch nicht auszuschließen, daß die vom
Oberverwaltungsgericht getroffene Entscheidung auf dem festgestellten Gehörsverstoß
beruht. Denn bei einer derartig komplexen Materie erscheint es immerhin möglich, daß
eine Äußerung des Beschwerdeführers zu den verwerteten Erkenntnissen Einfluß auf die
Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin gehabt hätte. So hat der
Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde auf eine Auskunft der Internationalen
Helsinki-Föderation in Wien (Frau von K…) vom 31. Oktober 1995 hingewiesen, nach der
die Einreise von Kosovo-Albanern aus Deutschland in ihre Heimat nur mit gefälschten
oder ausgeliehenen Dokumenten möglich sei oder ganz ohne Dokumente (über die
grüne Grenze). Ferner hat er auf eine seine Auffassung stützende Beweisaufnahme vor
der 35. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. September 1995 in dem
Verfahren VG 35 A 785/95 aufmerksam gemacht. Vor diesem Hintergrund erscheint es
nicht ausgeschlossen, daß das Oberverwaltungsgericht zu anderen tatrichterlichen
Feststellungen gelangt wäre und sich im Ergebnis der Rechtsprechung des VGH Baden-
Württemberg angeschlossen hätte, der ebenfalls von einer Unmöglichkeit der freiwilligen
Rückkehr ausgeht (Beschluß vom 19. Juni 1995 Inf.AuslR 96 S. 79 f.).
Der angegriffene Beschluß war daher gemäß § 54Abs. 3 VerfGHG aufzuheben und die
Sache in entsprechender Anwendung des § 95 Abs. 2 BVerfGG an das
Oberverwaltungsgericht Berlin zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
Abweichende Meinung
der Richter Prof. Dr. Driehaus und Töpfer nach § 29 Abs. 2 Satz 1 VerfGH
Die Verfassungsbeschwerde ist u. E. unzulässig. Sie genügt nicht den Anforderungen
des § 49 Abs. 1 VerfGH. Die davon abweichende Auffassung der Mehrheit des
Verfassungsgerichtshofs ist mit seiner eigenen Rechtsprechung im Beschluß vom 25.
April 1996 (VerfGH 21/95) nicht vereinbar.
1. In der bezeichneten Entscheidung vom 25. April 1996 hat der Verfassungsgerichtshof
erkannt:
"Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist unter dem hier behandelten
Blickwinkel abhängig davon, daß der Beschwerdeführer vorträgt, durch die 'Berliner
öffentliche Gewalt' in einem sozusagen 'Berliner Recht' verletzt zu sein; er muß rügen,
von ihm mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Maßnahme der 'Berliner
öffentlichen Gewalt' beruhe auf der Verletzung gerade eines 'Berliner Rechts'. § 49 Abs.
1 VerfGHG verlangt von dem Beschwerdeführer - mit anderen Worten - die Angaben
desjenigen, dem die verletzende Maßnahme zuzurechnen ist ('Berliner öffentliche
Gewalt'), und er verlangt überdies die Angabe des Prüfungsmaßstabs, der der Annahme
des Beschwerdeführers zugrundeliegt, die von ihm beanstandete Maßnahme verletze
ein subjektives Recht, und an dem nunmehr die Richtigkeit dieser Annahme gemessen
werden soll, d. h. die Angaben des Maßstabs, auf dessen Grundlage der
Beschwerdeführer die von ihm beanstandete Maßnahme beurteilt wissen möchte.
In den Fällen, in denen der Beschwerdeführer nicht rügt, durch eine Maßnahme der
'Berliner öffentlichen Gewalt' werde ein subjektives 'Berliner Recht' verletzt, ist sein
Vorbringen sowohl mit Blick auf die 'Berliner öffentliche Gewalt' als auch mit Blick auf die
Behauptung der Verletzung eines 'Berliner Rechts', d. h. des begehrten
Prüfungsmaßstabs, auszulegen. In diesem Rahmen ist hinsichtlich des
Prüfungsmaßstabs bei einer aus Berlin stammenden., an den Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin gerichteten Verfassungsbeschwerde jedenfalls dann grundsätzlich
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des Landes Berlin gerichteten Verfassungsbeschwerde jedenfalls dann grundsätzlich
davon auszugehen, daß die Überprüfung einer Maßnahme nach Maßgabe eines 'Berliner
Rechts' gewünscht ist, wenn die Verletzung von Grundrechten in Rede steht, die
inhaltsgleich vom Grundgesetz und von der Verfassung von Berlin verbürgt werden (...).
Jedoch ist diese Vermutung widerlegt, wenn der Vortrag des Beschwerdeführers
ausdrücklich einzig auf die Verletzung einer Bestimmung des Grundgesetzes abstellt."
Ein Fall der letzteren Art ist hier gegeben. Der Beschwerdeführer hat - wie die Mehrheit
des Verfassungsgerichtshofs einräumt - an keiner Stelle auch nur die Verfassung von
Berlin erwähnt. Dazu hätte - wenn er denn eine Prüfung am Maßstab der Verfassung von
Berlin begehrt hätte - insbesondere auch deshalb Anlaß bestanden, weil die hier noch
maßgebende Verfassung von Berlin vom 1. September 1950 (V0Bl. I S. 433), zuletzt
geändert durch Gesetz vom 8. Juni 1995 (GVBl. S. 393), den Anspruch auf rechtliches
Gehör nicht ausdrücklich anspricht, sondern der Verfassungsgerichtshof ein derartiges
Grundrecht in seinem Beschluß vom 15. Juni 1993 (VerfGH 18/92 - JR 1993, 519 <520>)
erst durch Auslegung des Art. 62 VvB "ermittelt" hat. Der Beschwerdeführer hat nicht
einmal durch irgendeinen Hinweis zu erkennen gegeben, daß er die Verfassung von
Berlin überhaupt in seine Erwägungen einbezogen hat. Vielmehr hat er in seiner
Beschwerdebegründung insoweit lediglich vorgebracht, der angegriffene Beschluß des
Oberverwaltungsgerichts Berlin "verletzt das Grundrecht ... auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs. 1 GG)" (Beschwerdebegründung S. 3). Kurzum: Dadurch, daß der
Beschwerdeführer in seiner Beschwerdebegründung ausdrücklich einzig auf eine
Verletzung der Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG abstellt, d. h. überhaupt keine
andere Bestimmung als möglicherweise verletzt angibt, ist nach der Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofs vom 25. April 1996 die anderenfalls zu seinen Gunsten
streitende Vermutung widerlegt, daß er - wie es § 49 Abs. 1 VerfGHG als Voraussetzung
für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde verlangt - eine Überprüfung des
angegriffenen Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Berlin am Maßstab der
Verfassung von Berlin begehrt.
2. Richtig ist, daß der Beschwerdeführer in einer gerichtlichen Verfügung vom 25. Januar
1996 darauf hingewiesen worden ist, seine Verfassungsbeschwerde könne aus dem hier
behandelten Grund unzulässig sein. Erst daraufhin hat er erklärt, es werde die
Verletzung des bis "Ende November 1995 durch Art. 62 mitgewährleistete(n)
Grundrecht(es) des rechtlichen Gehörs" gerügt. Das ist jedoch deshalb unbeachtlich, weil
dieses Vorbringen erst nach Ablauf der für die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde
maßgeblichen Frist des § 51 Abs. 1 Satz 1 VerfGHG beim Verfassungsgerichtshof
eingegangen ist. Denn nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 25.
April 1996 (VerfGH 21/95) ist im Rahmen der von Fall zu Fall erforderlichen Auslegung,
ob der Beschwerdeführer eine Überprüfung einer Maßnahme der "Berliner öffentlichen
Gewalt" am Maßstab gerade eines "Berliner Rechts" wünscht, "berücksichtigungsfähig
nur das Vorbringen, das innerhalb der jeweils für die Verfassungsbeschwerde nach
Maßgabe des § 51 VerfGHG einschlägigen Frist beim Verfassungsgerichtshof
eingegangen ist".
Dr. Kunig nach § 29 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG
Auch ich halte die Verfassungsbeschwerde für unzulässig. Der Beschwerdeführer hat
erst nach Ablauf der Frist des § 51 Abs. 1 S. 2 VerfGHG vorgebracht, der Beschluß des
Oberverwaltungsgerichts Berlin verletze ihn in seinen ihm von der Verfassung von Berlin
verbürgten Rechten. Die anders lautende Entscheidung der Mehrheit steht nicht in
Übereinstimmung mit den im Beschluß vom 25. April 1996 - VerfGH 21/95 -
zugrundegelegten Maßstäben. Danach besteht - ungeachtet eines Fehlens
ausdrücklicher Berufung auf Berliner Verfassungsrecht - bei Vorliegen bestimmter
Voraussetzungen ein Anlaß für die "Vermutung", daß eine Überprüfung anhand Berliner
Rechts begehrt werde; beruft sich ein Beschwerdeführer allein auf das Grundgesetz, ist
die Vermutung aber als "widerlegt" zu erachten.
Nach diesen Maßstäben ist auch die vorliegende Verfassungsbeschwerde, berücksichtigt
man, wie geboten, nur das fristgerecht eingegangene Vorbringen, unzulässig. Die
Annahme der in diesem Fall die Entscheidung tragenden Mehrheit, es bestehe ein
Unterschied zu dem vorgenannten Verfahren, geht m. E. fehl. Die Feststellung der
Mehrheit, der Beschwerdeführer "rügt diese Verletzung" - eine solche "des" rechtlichen
Gehörs - "mehrfach" und füge nur "in einem Fall" den Klammerhinweis auf Art. 103 Abs.
1 GG hinzu, mag man so treffen. Sie erweckt allerdings gleichsam den Eindruck eines
"Versehens", dessen Berücksichtigung mit der Konsequenz der Unzulässigkeit der
Verfassungsbeschwerde sich als bloße Förmelei verbiete. Einer derartigen Betrachtung
gegenüber ist festzuhalten, daß der anwaltliche Beschwerdeschriftsatz vom 8.1.1996
nach dem Tatsachenvorbringen, also zu Beginn der rechtlichen Würdigung, auf den
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nach dem Tatsachenvorbringen, also zu Beginn der rechtlichen Würdigung, auf den
Obersatz gründet: "Dieser Beschluß verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers auf
rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)". "Das" - erkennbar: "dieses" - Grundrecht findet
in dem Schriftsatz dann noch zweimal Erwähnung, wenn zum einen festgestellt wird, das
Recht sei "verletzt", zum anderen, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts
"beruhe" auch auf dieser Verletzung. Ich sehe angesichts dieses Bildes keinen
Anhaltspunkt für die Annahme einer "Widerlegung" einer "Vermutung" und meine, die die
Entscheidung tragende Mehrheit hätte Anlaß zu der Feststellung gehabt, es werde an
der in dem genannten Beschluß vom 25. April 1996 begründeten Rechtsprechung
nunmehr nicht weiter festgehalten.
Von alldem abgesehen scheint mir jedenfalls die in dem vorliegenden Beschluß
eingeschlagene Linie nicht geeignet zu sein, die nicht zuletzt im Interesse der
Rechtsuchenden und ihrer Beistände gebotene Rechtssicherheit bei der Abgrenzung
zwischen zulässigen und unzulässigen Verfassungsbeschwerden herbeizuführen. Das
findet auch in der Wendung seinen Ausdruck, im vorliegenden Fall "könne" von der
"grundsätzlichen Vermutung" (einer Berufung auf Berliner Recht) ausgegangen werden.
Die genannte Abgrenzungsfrage bedarf der Beantwortung anhand objektiv faßbarer
Kriterien, wie sie etwa der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen in seinem
Beschluß vom 22. Juni 1995 - Vf.24/IV -93 - (LKV 1995, 402 - LS) zugrundegelegt hat,
wenn es dort heißt, eine "Erwähnung" oder jedenfalls - man wird hinzufügen dürfen: nach
objektiven Maßstäben greifbare - "Bezugnahme" auf Grundrechte gerade des dortigen
Landesverfassungsrechts sei für die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde
erforderlich.
Im übrigen sei festgehalten: Ein - oft gewiß "verständliches" -Bestreben, den Erfolg einer
im Fall ihrer Zulässigkeit auch begründeten Verfassungsbeschwerde nicht am Fehlen
einer gesetzlichen Sachentscheidungsvoraussetzung scheitern zu lassen, wäre nicht
geeignet, die Anforderungen an die Feststellung einer solchen Voraussetzung zu
relativieren. Im Rechtsstaat mit unmittelbar grundrechtsverpflichteter
Fachgerichtsbarkeit, zumal auch mit "Wahlrecht" (vgl. zuletzt BVerfG, NJW 1996, 1464)
zwischen zwei Wegen verfassungsgerichtlichen Grundrechtsschutzes in Land und Bund,
kann kein Anlaß bestehen, die Begründungslasten bei der Wahrnehmung der
verschiedenen Rechtsverfolgungschancen in solcher Weise zu lindern - was nicht nur für
Fristbestimmungen selbstverständlich ist, sondern gleichermaßen auch für die
Anforderungen aus den §§ 49 I, 50 VerfGHG gilt. Es könnte sich sonst womöglich
ergeben, daß in Fällen offensichtlicher Unbegründetheit die
Zulässigkeitsvoraussetzungen "streng", in Fällen denkbarer Begründetheit hingegen
anders gehandhabt würden, was schon mit dem Grundsatz der
Rechtsanwendungsgleichheit unvereinbar wäre. Es entspräche dies dem geltenden
Prozeßrecht nicht - ungeachtet der Argumente, die rechtspolitisch dafür sprechen
mögen, die "Annahme" von Verfassungsbeschwerden in ein an ihrem inhaltlichen
Gewicht orientiertes Ermessen der Verfassungsgerichte zu stellen.
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