Urteil des VerfGH Berlin vom 14.03.2017

VerfGH Berlin: verfassungsbeschwerde, wohnung, subjektives recht, vermietung, wohnraum, vermieter, mietrecht, beendigung, eigentümer, grundrecht

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
24/01
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 101 Abs 1 S 2 GG, Art 15
Abs 5 S 2 Verf BE, Art 80 Verf
BE, § 2 Abs 1 S 2 MietHöReglG,
§ 3 MietHöReglG
(VerfGH Berlin: Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen
Richter durch Nichtbeachtung der Pflicht zur Einholung eines
Rechtsentscheids gem ZPO § 541 Abs 1 S 1 aF - hier:
klärungsbedürftige Rechtsfrage zur Berücksichtigung der
Kürzungsbeträge iSv MietHöReglG § 2 Abs 1 S 2 wegen
staatlicher Förderung der Altbausanierung auch bei Vermietung
nach Renovierung)
Tenor
1. Das Urteil des Landgerichts Berlin vom 27. November 2000 - 62 S 163/00 - verletzt
das Grundrecht des Beschwerdeführers auf den gesetzlichen Richter (Art. 15 Abs. 5 Satz
2 VvB). Es wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.
2. …
3. …
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer bewohnt eine 82 qm große Altbauwohnung in Berlin, die er von
den Beteiligten zu 2) und Klägern des Ausgangsverfahrens durch Vertrag vom 15. März
1996 gemietet hatte. Mit Schreiben vom 22. Februar 1999 begehrten die Vermieter von
dem Beschwerdeführer die Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete ab 1. Mai
1999 von 357,71 DM um 107,31 DM auf 465,02 DM.
Die Wohnung war mit öffentlichen Mitteln instand gesetzt und modernisiert worden.
Durch Bescheid vom 15. September 1987 hatte die Wohnungsbaukreditanstalt Berlin
(heute: IBB) den Rechtsvorgängern der Kläger, einer GbR, Baukosten- und
Aufwendungszuschüsse gemäß den Modernisierungs- und Instandsetzungsrichtlinien
1985/ 86 bewilligt. Am 31. August 1988 war die Beteiligte zu 2) als weitere
Gesellschafterin ins Grundbuch eingetragen worden. Die Eintragung des Beteiligten zu 2)
erfolgte am 8. November 1991. Unter gleichem Datum schieden zwei andere
Gesellschafter aus. Die Auszahlung der Zuschüsse erfolgte am 7. September 1988, 15.
Januar 1989, 13. Februar 1989 und 7. Dezember 1995. Das Objekt wurde laut
Schlussabnahmeschein am 25. September 1991 fertiggestellt. Als mittlere
Bezugsfertigkeit wurde der 16. Oktober 1989 festgestellt. Da die Förderung 40.000 DM je
Wohnung überstieg, gilt eine 15-jährige Bindungsfrist, die am 15. Oktober 2004 endet.
Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg wies die Klage auf Zustimmung zur
Mieterhöhung durch Urteil vom 6. März 2000 - 20 C 306/99 - ab. Das
Mieterhöhungsverlangen sei nichtig, da dann die Kürzungsbeträge nach § 2 Abs. 1 Satz
2 MHG nicht angegeben worden seien, obgleich die Bindungszeit unstreitig noch laufe.
Die Beteiligten zu 2) seien bei Abschluss der Baumassnahmen schon Eigentümer des
Objekts gewesen; sie hätten daher die Erhöhungserklärung nach § 3 MHG abgeben
können. Also seien sie auch verpflichtet gewesen, die entsprechenden Kürzungsbeträge
gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG in ihrer Mieterhöhungserklärung auszuweisen.
Gegen dieses Urteil legten die Beteiligten zu 2) Berufung ein. Das Amtsgericht habe
übersehen, dass der Bewilligungsbescheid von 1987 eine Mietenberechnung enthalte,
die für die Wohnung des Beschwerdeführers eine Anfangsmiete (netto kalt) von 369,82
DM und eine Endmiete von 479,09 DM vorgesehen habe, die die Beteiligten zu 2) nicht
überschritten hätten. Da der Beschwerdeführer erst nach Beendigung der
Baumassnahmen in eine schon modernisierte Wohnung eingezogen sei, käme eine
Anrechnung der Kürzungsbeträge für ihn schon deswegen nicht in Betracht. Auch seien
die öffentlichen Mittel nicht den Beteiligten zu 2), sondern deren Eigentumsvorgängern
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die öffentlichen Mittel nicht den Beteiligten zu 2), sondern deren Eigentumsvorgängern
zugute gekommen.
Der Beschwerdeführer trug vor, das Landgericht müsse, falls es der Klage stattgeben
wolle, eine Rechtsentscheid-Vorlage an das Kammergericht richten, da es sich mit
dessen Rechtsentscheid vom 17. Juli 2000 (GE 2000 S. 1104) in Widerspruch setze;
jedenfalls aber deswegen, weil es sich hier bei der Auslegung des § 2 MHG um eine für
das Mietrecht grundsätzliche Frage handele.
Das Landgericht Berlin hob das Urteil des Amtsgerichts auf und gab der Klage statt. Die
Mieterhöhungserklärung sei wirksam. Kürzungsbeträge seien darin nicht anzugeben
gewesen. Kürzungsbeträge seien nur dann anzusetzen, wenn der Vermieter während
des laufenden Mietverhältnisses mit öffentlichen Mitteln modernisiert habe, nicht aber,
wenn, wie hier, Gegenstand des Mietrechtsverhältnisses von vornherein die
modernisierte Wohnung gewesen sei. Dem Umstand der öffentlichen Förderung sei
dadurch Rechnung getragen, dass die Eingangsmiete gegenüber dem Beschwerdeführer
bereits "gedeckelt" gewesen sei. Spätere Mieterhöhungen brauchten die öffentliche
Förderung nicht erneut anzurechnen. Eine Vorlage zum Rechtsentscheid komme nicht in
Betracht; denn eine Abweichung von dem Rechtsentscheid des Kammergerichts vom
17. Juli 2000 (GE 2000, S. 1104), liege nicht vor, da dieser Rechtsentscheid von einer hier
nicht gegebenen Mieterhöhung nach Modernisierung während des laufenden
Mietverhältnisses ausgehe.
Mit der am Montag, dem 12. Februar 2001 eingegangenen Verfassungsbeschwerde
gegen das am 11. Dezember 2000 zugestellte Berufungsurteil rügt der
Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 15 Abs. 5 Satz 2 und von Art. 80 VvB sowie
einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip und das Willkürverbot.
Ein Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters sei gegeben, weil § 541 Abs. 1
Satz 1 Halbs 2 ZPO a. F. vorschreibe, dass das Landgericht im Berufungsverfahren
vorab eine Entscheidung des im Rechtszug übergeordneten OLG herbeiführen müsse,
sofern die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung und noch nicht durch
Rechtsentscheid entschieden worden sei. Die Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG, also
die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei Mieterhöhungen der Abzug von
"Kürzungsbeträgen" wegen geleisteter öffentlicher Förderung der betreffenden Wohnung
geboten sei, stelle eine Rechtsfrage aus einem Mietverhältnis über Wohnraum von
grundsätzlicher Bedeutung dar. Die Begründung des Landgerichts, sein Urteil
widerspreche nicht dem Rechtsentscheid des Kammergerichts vom 17. Juli 2000 (GE
2000, S. 1004), sei nicht ausreichend, da es darauf nicht allein ankomme. Der
Rechtsentscheid sei bei jeder noch nicht durch Rechtsentscheid entschiedenen
Rechtsfrage des Wohnraummietrechts von grundsätzlicher Bedeutung einzuholen. § 2
MHG sei die Basisnorm für die häufigste und üblichste Form der Mieterhöhung und die
Frage, ob Kürzungsbeträge auch bei Vermietung einer unter Inanspruchnahme
öffentlicher Fördermittel modernisierten Wohnung anzusetzen seien oder nicht, habe
wegen der großen Zahl der Förderungen und der enormen Mittel, um die es dabei gehe,
große praktische Relevanz.
Die Frage sei auch klärungsbedürftig, da es an einer einschlägigen obergerichtlichen
Entscheidung zu ihr fehle. Die Berufung des Landgerichts auf sein eigenes
vorausgegangenes Urteil, das nicht veröffentlicht sei, sei nicht ausreichend. Alle
sonstigen Entscheidungen, auf die das Landgericht Bezug nähme, seien nicht
einschlägig, da bei den dort zugrundeliegenden Sachverhalten die Bindungsfristen
bereits abgelaufen seien.
Die rechtswissenschaftliche Literatur spreche sich einhellig dafür aus, auch bei bereits
modernisierten, neu vermietetem Wohnraum die Kürzungsvorschriften des § 2 Abs. 1
Satz 2 MHG zu beachten.
Die Auffassung der hier maßgeblichen 62. Zivilkammer des Landgerichts stehe
außerdem im Widerspruch zu einem Urteil der 61. Zivilkammer vom 20. April 2000 - 61
S 323/99 -. Dieses sei vom Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin zwar später
aufgehoben, bezüglich seiner tragenden Begründung aber als verfassungsrechtlich nicht
zu beanstanden bezeichnet worden. In der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs
vom 23.. November 2000 (VerfGH 72/00 - GE 2001, S. 50 ff.) werde jedenfalls zum
Ausdruck gebracht, dass die Berücksichtigung von Kürzungsbeträgen bei der Erhöhung
von Mieten, die erst nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten für eine Wohnung neu
vereinbart wurden, bei noch nicht abgelaufenen Bindungsfristen verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden sei.
Schließlich missachte das Urteil auch den Willen des Förderungsgebers, wie er in den
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Schließlich missachte das Urteil auch den Willen des Förderungsgebers, wie er in den
Instandsetzungs- und Modernisierungsrichtlinien 1985/86 zum Ausdruck komme. Dieser
wolle, dass der rechnerische Anteil an einer Wohnungsausstattung, die nicht durch die
Leistung des Vermieters, sondern durch Leistung des Landes Berlin geschaffen worden
sei, wenigstens während der Dauer der Bindungsfristen zur Begründung einer
Mieterhöhung nicht herangezogen werde.
Auch die Berufung des Landgerichts auf das Grundrecht des Eigentums gehe vorliegend
fehl. Bei der Anrechnung der Kürzungsbeträge sei keineswegs die Erhöhungsmöglichkeit
des Eigentümers ganz ausgeschlossen, sie verzögere sich lediglich. Es müsse aber
berücksichtigt werden, dass das Land Berlin hier durch Investitionszuschüsse in Höhe
von 1.4 Mio. DM dem Eigentümer die Instandsetzungspflicht für sein Haus weitgehend
abgenommen habe.
Dem Präsidenten des Landgerichts und den Klägern des Ausgangsverfahrens ist gemäß
§ 53 Abs. 1 und 2 VerfGHG Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Kläger
des Ausgangsverfahrens halten die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.
II.
Die Verfassungsbeschwerde hat Erfolg.
1. Allerdings ist sie insoweit unzulässig, als sie einen Verstoß gegen den Grundsatz der
Bindung des Gerichts an die Gesetze nach Art. 80 VvB rügt. Denn diese in der
Verfassung niedergelegte Bindung ist eine rechtsstaatliche Aussage objektivrechtlicher
Natur. Sie begründet kein subjektives Recht des einzelnen Bürgers (Beschluss vom 12.
Oktober 1994 - VerfGH 68/94 - LVerfGE 2, 67 <70>). Auf Art. 80 VvB kann eine
Verfassungsbeschwerde daher nicht gestützt werden.
Gleiches gilt für das vom Beschwerdeführer als verletzt bezeichnete Rechtsstaatsgebot.
Dieses gewährt gleichfalls kein mit der Verfassungsbeschwerde unmittelbar rügefähiges
individuelles Recht, sondern entfaltet Rechtsansprüche des einzelnen nur im
Zusammenhang mit anderen subjektiven Rechten (vgl. Beschluss vom 15. Juni 1973 -
VerfGH 17/92 - LVerfGE 1, 81 <83 f.> und Beschluss vom 21. September 1995 - VerfGH
46/95 - LVerfGE 3, 96 <98>).
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit sie eine Verletzung des Grundrechts des
Beschwerdeführers aus Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB moniert. Wenn Gegenstand der
Verfassungsbeschwerde die Anwendung von Bundesrecht ist, besteht die
Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofs in den Grenzen der Art. 142, 31 GG
hinsichtlich solcher Grundrechte der VvB, die mit vom Grundgesetz verbürgten
Grundrechten übereinstimmen (st. Rspr., u. a. Beschluss vom 2. Dezember 1993 -
VerfGH 89/93 - NJW 1994, 437). Der Beschwerdeführer kann sich daher hier auf das in
Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB in Übereinstimmung mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgte
Recht auf den gesetzlichen Richter berufen.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet. Das Landgericht ist seiner
Verpflichtung zur Einholung eines Rechtsentscheids entgegen § 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO
a. F. willkürlich nicht nachgekommen und hat damit unter Verstoß gegen Art. 15 Abs. 5
Satz 2 VvB dem Beschwerdeführer den gesetzlichen Richter vorenthalten. Allerdings hat
das Landgericht zu Recht angenommen, sein Urteil weiche nicht von dem
Rechtsentscheid des Kammergerichts vom 17. Juli 2000 (GE 2000, 1004) ab. Denn der
dort entschiedene Sachverhalt, der nicht erkennen lässt, ob es sich überhaupt um einen
Fall öffentlich geförderter Altbausanierung handelt, betraf eine während des laufenden
Mietvertragsverhältnisses vorgenommene, Modernisierung, während vorliegend die zu
erhöhende Miete nach Beendigung der Modernisierungsarbeiten erst neu vereinbart
worden war.
Der Vorlagezwang ergab sich jedoch daraus, dass die streitentscheidende Rechtsfrage,
ob im Fall einer Neuvermietung nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten, aber vor
Auslaufen der Mietbindungsfrist eine Mieterhöhung, die sich innerhalb der Grenzen der
Verpflichtungsmiete (Bindungsmiete) hält, die in § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG genannten
Kürzungsbeträge angeben und in Abzug bringen muss, eine sich aus einem
Mietvertragsverhältnis über Wohnraum ergebende Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung darstellt.
Die Frage nach dem notwendigen Inhalt des Zustimmungsverlangens gemäß § 2 Abs. 1
Satz 1 MHG ist entscheidungserheblich. Sind die Kürzungsbeträge anzugeben und
abzuziehen, ist die Klage abzuweisen, wenn nicht, ist ihr stattzugeben. Es handelt sich
um eine Rechtsfrage, die sich in verallgemeinerungsfähiger Weise klären lässt, deren
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um eine Rechtsfrage, die sich in verallgemeinerungsfähiger Weise klären lässt, deren
Beantwortung für gleichgelagerte Sachverhalte Bedeutung erlangen kann und die bei
Erlass des Urteils des Landgerichts am 27. November 2000 noch nicht durch
Rechtsentscheid oder sonst durch eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung
geklärt war.
Für die Beantwortung der Rechtsfrage in der einen oder anderen Weise kommen
ernsthaft zu erwägende Argumente in Betracht. Dass der Vermieter gegen den Wortlaut
der § 2 Abs. 1 Satz 2, § 3 Abs. 1 Satz 3 MHG Wohnungsmodernisierungen, die nicht von
ihm, sondern von der Allgemeinheit finanziert worden sind, auch während des Laufs der
Bindungsfrist zur Begründung von Mieterhöhungen heranziehen darf, versteht sich nicht
von selbst. Die Zivilkammer 62 des Landgerichts hat ihre entsprechende Auffassung in
mehreren Entscheidungen bekräftigt (Urteil vom 24. Juni und 2. Oktober 1996 in GE
1997, 239 und 240 sowie vom 14. November 1996 in GE 1996, 1547). Die Zivilkammer
29 (Urteil vom 12. Dezember 1989 in MM 1990, 227) sowie die Zivilkammer 64 (Urteil
vom 12. Mai 1989 in MM 1990, 23 sowie (eingeschränkt) Zivilkammer 65 (Urteil vom 8.
Mai 1990 in MM 1990, 229) haben einen gegensätzlich Standpunkt eingenommen,
ebenso die Zivilkammer 61 (Urteil vom 20. April 2000). Zwar ist deren Urteil vom
Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin (vgl. Beschluss vom 23. November 2000 -
VerfGH 72/00 - GE 2001, 50) aufgehoben worden. Dieser hat jedoch die
Berücksichtigung der öffentlichen Förderung zugunsten des Mieters bei Mieterhöhungen
während der noch laufenden Bindungsfrist des Modernisierungsvertrages grundsätzlich
nicht beanstandet.
Auch in der juristischen Literatur besteht bezüglich der genannten Rechtsfrage keine
Einhelligkeit. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, bei dem hier vorliegenden
Sachverhalt brauchten Kürzungsbeträge nicht berücksichtigt zu werden (Börstinghaus,
MM 1998, 933 <934>; Staudinger-Emmerich, 1997, Art. 3 WKSchG II, § 2 MHG, Rnr. 82),
teils wird der gegenteilige Standpunkt eingenommen (Kunze/Tietzsch, WuM 1997, 308
<312, 313>; Eichhoff, MM 1989, 145). Beuermann (GE 1996, 1514 <1518>) plädiert für
einen Abzug der Kürzungsbeträge auch im Falle der Vermietung nach Renovierung, will
den Abzugszwang aber auf einen Zeitraum von zehn Jahren begrenzen (a.a.O. S. 1520).
Angesichts dieser offenen Divergenzen in den Urteilen und in den Kommentierungen,
auf die das Landgericht vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren auch hingewiesen
worden war, handelte das Gericht objektiv willkürlich, wenn es die Nichtvorlage in seinem
Urteil lediglich mit dem Hinweis darauf begründete, sich nicht im Widerspruch zu
obergerichtlichen Rechtsentscheidungen zu befinden, im übrigen aber die
Meinungsverschiedenheiten und widersprüchlichen Entscheidungen sowie die Frage, ob
es sich dabei um Divergenzen von grundsätzlicher Bedeutung handelt, in den
Entscheidungsgründen mit Stillschweigen überging.
Die Klärungsbedürftigkeit der vorliegenden Rechtsfrage im Wege der Vorlage zum
Rechtsentscheid entfiel auch nicht deswegen, weil sie auslaufendes Recht betraf. Zwar
ist das Miethöhegesetz mit dem am 1. September 2001 in Kraft getretenen
Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 (BGBI. I S. 1149) aufgehoben worden (a.a.O.
Art. 10 Ziff. 1), doch handelt es sich bezüglich der hier maßgeblichen Passagen nur um
eine formale und redaktionelle, nicht um eine materielle Rechtsänderung. Die
Bestimmungen der § 2 Abs. 1 Satz 2, § 3 Abs. 1 Satz 3 des MHG finden sich in dem
neuen Mietrecht in den § 558 Abs. 5, § 559 a Abs. 1 und 2 BGB n. F.
Die zu entscheidende Rechtsfrage betrifft auch nicht nur noch wenige vorhersehbare
künftige Fälle. Zwar sind inzwischen die Richtlinien der Senatsverwaltung für Bau- und
Wohnungswesen über die Gewährung von Zuwendungen zur Modernisierung und
Instandsetzung von Altbauten (vgl. Mod.Inst.Richtlinien 1995 vom 21. September 1994
Ziff. 5.7 im Dienstblatt des Senats von Berlin Teil VI Nr: 5 vom 25. November 1994) mit
Wirkung zum 1. Januar 1995 bei der Frage der zu berücksichtigenden Kürzungsbeträge
für künftige Fälle im Sinne der Vermieterseite verändert worden (a.a.O. Ziff. 5.7.) und ist
die Förderung von Altbauinstandsetzung und -modernisierung aus öffentlichen
Haushalten im Land Berlin zum 1. Januar 2002 überhaupt eingestellt worden. Die
vorangegangenen Förderprogramme der Jahre 1980 bis 1994 mit einem
Gesamtvolumen von 28.384 geförderten Wohneinheiten laufen indessen erst sukzessive
in dem Zeitraum 1995 bis 2015 aus (vgl. Stadterneuerungsberichte des Senators für
Bau- und Wohnungswesen bzw. des Senators für Bauen, Wohnen und Verkehr in
Drucksachen des Abgeordnetenhauses von Berlin, Ds 12/3426 S. 30; Ds 12/4591 S. 66;
Ds 13/1341 S. 10 und S. 60). Die hier gestellte Rechtsfrage kann daher noch für eine
erhebliche Anzahl künftiger Fälle Bedeutung erlangen.
Die Verfassungsbeschwerde ist schließlich auch nicht unbegründet, wenn das
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Die Verfassungsbeschwerde ist schließlich auch nicht unbegründet, wenn das
Kammergericht die hier gestellten Rechtsfragen inzwischen durch Rechtsentscheid vom
17. Januar 2002 (GE 2002, 259 <260>) geklärt haben sollte. Für die Frage der
Verletzung des Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB ist allein auf den Zeitpunkt des Erlasses des
angegriffenen Urteils abzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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