Urteil des VerfGH Berlin vom 05.11.2002

VerfGH Berlin: anspruch auf rechtliches gehör, öffentliches interesse, karte, verfassungsbeschwerde, beweisantrag, form, entkräftung, beweisergebnis, inhaber, strafanzeige

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 15 Abs 1 Verf BE, § 265a
StGB, § 244 StPO, § 313 Abs 2
S 1 StPO, § 322a S 3 StPO
VerfGH Berlin: Verletzung des rechtlichen Gehörs durch
berufungsgerichtliche Verurteilung wegen Schwarzfahrens ohne
inhaltliche Auseinandersetzung mit neuem, entlastenden
Beweisantrag des Verurteilten
Tenor
1. Die Beschlüsse des Landgerichts Berlin vom 21. August und 5. November 2002
verletzen den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 15
Abs. 1 VvB und werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht
zurückverwiesen.
2. …
3. …
4. …
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin verhängte durch Strafbefehl vom 29. April 2002
gegen den Beschwerdeführer wegen Erschleichens von Leistungen in drei Fällen eine
Gesamtgeldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 10 €.
Auf seinen Einspruch hin fand am 11. Juni 2002 die Hauptverhandlung vor dem
Amtsgericht Tiergarten statt, in der der Beschwerdeführer als Beruf Jurastudent angab
und erklärte, er werde von seiner Mutter mit monatlich 500,00 € unterstützt.
Zur Sache ließ er sich dahingehend ein, dass er immer eine Monatskarte besessen,
diese aber an den Tagen der vermeintlichen Taten in einer Jacke zu Hause vergessen
habe; er sei nicht vorsätzlich ohne Fahrschein gefahren und habe seinerzeit auch keine
Karte im Jahres-Abonnement gehabt. Das erhöhe Beförderungsentgelt habe er für den
dritten der ihm zur Last gelegten Fälle bezahlt, für die beiden anderen nicht.
Er habe in der Folge eine Zahlungsaufforderung von einem Inkassobüro erhalten, das
jeweils 40,00 DM Bearbeitungsgebühren erhoben habe, die er für evident unberechtigt
halte.
Das Verfahren wurde hinsichtlich des dritten Falls gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig
eingestellt. Die Staatsanwaltschaft beantragte sodann eine Gesamtgeldstrafe von 20
Tagessätzen zu je 15,00 E, der Beschwerdeführer Freispruch.
Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Amtsgerichts wegen Erschleichens von
Leistungen in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 15,00 €
verurteilt. Zur Begründung führte das Gericht u. a. aus:
Es gehe nach der Einlassung des Beschwerdeführers von einem Einkommen von ca.
500,00 monatlich aus.
Es bewertete die Einlassung des Beschwerdeführers als bloße Schutzbehauptung; der
Angeklagte habe seine Angaben weder durch Vorlage der entsprechenden Monatsmarke
belegt, noch habe er sich seinerzeit auch nur ansatzweise um die Klärung der
Angelegenheit bei der BVG durch Vorlage einer Monatsmarke bemüht, was im Hinblick
auf die zivilrechtlichen Konsequenzen mehr als naheliegend gewesen wäre. Es seien
auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich, die die Version des Angeklagten stützen
könnten; so sei er als regelmäßiger Benutzer von Verkehrsmitteln der BVG insbesondere
nicht Inhaber eines Abonnements, wodurch der vermeintliche Besitz einer Monatskarte
im Mai 2000 nachzuweisen gewesen wäre.
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Der Beschwerdeführer legte gegen das Urteil Berufung ein. Zur Begründung gab er im
Wesentlichen an:
Er besitze weder einen Führerschein noch ein Kraftfahrzeug, fahre regelmäßig mit der
BVG und sei häufig kontrolliert worden; er habe immer einen Fahrausweis gehabt, und
der Rückschluss des Gerichts sei insoweit lebensfremd.
Unzulässig sei auch der Rückschluss des Gerichts, weil er keine Monatsmarke habe
vorweisen können, sei sein Vorsatz indiziert. Das Vergessen eines Fahrausweises
aufgrund eines unbewussten Fehlers bei routinemäßigen Abläufen sei nur als
Fahrlässigkeit zu werten. Die Kontrolleure, die Zeugen B. und K., könnten bestätigen,
dass er längere Zeit nach seinem Portemonnaie gesucht habe und aufgeregt gewesen
sei, als er es nicht gefunden habe.
Soweit das Gericht Vorsatz unterstelle, weil er sich nicht um das (nachträgliche)
Vorzeigen seiner Monatskarte bemüht habe, so sei auch dies ein persönliches
Versäumnis, zumal die BVG die Vorlage binnen einer Woche verlange und das Büro nur
Montag bis Freitag bis 15.00 Uhr und Mittwoch bis 18.00 Uhr geöffnet sei. Er habe die
Karte nicht rechtzeitig vorlegen können, weil dies mit seinen Vorlesungen nicht in
Einklang zu bringen gewesen sei. Er habe die Angelegenheit daher auf den
letztmöglichen Tag verschoben und sie an diesem Tag vergessen; als er zwei Tage nach
Fristablauf bei der BVG vorstellig geworden sei, sei die Akte bereits weitergereicht
worden.
Auch bei dem zweiten Vorgang habe er es aus gleichen Gründen versäumt, die Karte
rechtzeitig vorzulegen; im Übrigen sei er dennoch davon ausgegangen, dass die Vorlage
der Karte nur zur Wahrung zivilrechtlicher Interessen, nicht zur Beweisführung im
Strafverfahren erforderlich sei. Da er nicht von einem strafrechtlich relevanten Verhalten
ausgegangen sei, habe er dem Vorgang lediglich zivilrechtliche Bedeutung zugemessen.
Aus dem Verhalten der Kontrolleure sei nicht hervorgegangen, dass man ihn einer
Straftat verdächtigt habe. Auch die BVG habe keine strafrechtliche Relevanz gesehen
und erst 1 1/2 Jahre später Strafanzeige erstattet. Dass dies Praxis der BVG sei, stelle er
durch die Vernehmung des Vorstandsvorsitzenden der BVG unter Beweis.
Dass er als regelmäßiger Nutzer der BVG nicht Inhaber eines (Jahres-) Abonnements sei,
könne die Entscheidung gleichfalls nicht tragen, die BVG habe erst in jüngster Zeit mit
einem Jahres-Abo öffentlich geworben, die klassische Form des Erwerbs sei die
Monatsmarke am Schalter oder Fahrkartenautomaten; auch sehe er bei einem
Jahresabonnement den Nachteil, während der Urlaubs-/Semesterferien diese Zeiten
mitbezahlen zu müssen.
Auch der Umstand, erhöhte Beförderungsentgelte später nicht bezahlt zu haben,
spreche nicht gegen ihn. Auf 60,00 DM seien 45,30 DM Inkassokosten aufgeschlagen
worden und nachfolgend beauftragte Anwälte hätten schließlich 131,27 DM verlangt.
Diese Aufschläge empfinde er als unberechtigt. Auf eine Erfüllung nur der
Hauptforderung bei Verzicht auf die weitergehenden Forderungen habe sich das
Inkassobüro nicht eingelassen. Zum Beweis für diese Angaben werde er in der
Berufungsverhandlung die Schreiben des Inkassobüros und der Anwaltskanzlei vorlegen
und berufe sich auf das Zeugnis benannter Zeugen des Inkassobüros für stattgefundene
Telefonate. Zwischenzeitlich habe er die Forderungen beglichen.
Dass die Monatsmarke für Mai 2000 in der Hauptverhandlung von ihm nicht vorgelegt
worden sei, liege daran, dass die BVG nach Ablauf der Antragsfrist gemäß § 77 b StGB
Strafanzeige gestellt und erst die Staatsanwaltschaft ein besonderes öffentliches
Interesse unterstellt habe; er habe nach fast 1 ½ Jahren nicht mehr damit gerechnet,
sich in dieser Form verteidigen zu müssen, und sei nicht von strafrechtlich relevantem
Verhalten ausgegangen.
Weiterhin hat sich der Beschwerdeführer auf den Zeugen K. berufen, mit dem er seit
Jahren bekannt sei, der bestätigen werde, dass er auch im alltäglichen Leben vergesslich
und dieser Umstand keine Schutzbehauptung sei.
Darüber hinaus habe er sich bei der gemachten Einkommensangabe von 500,00 €
geirrt, da seine Mutter die Höhe ihrer Zuwendungen geändert habe und er durch die
seinerzeitige Euro-Umstellung durcheinander gekommen sei; tatsächlich erhalte er
monatlich 370,00 € und würde entsprechende Belege in der Hauptverhandlung vorlegen.
Im Übrigen sei das Gericht I. Instanz in gewisser Hinsicht voreingenommen, wie sich aus
dem Umstand ergebe, dass in dem Fall, in dem er die Monatskarte bei der BVG
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dem Umstand ergebe, dass in dem Fall, in dem er die Monatskarte bei der BVG
vorgelegt und dies ebenso wie die Zahlung des erhöhten Entgeltes auch durch
Schriftwechsel belegt habe, das Verfahren nach § 154 StPO eingestellt worden sei. Da
alle Fälle bis auf den Nachweis und die Zahlung gleichgelagert gewesen seien, hätte er
auch insoweit freigesprochen werden müssen.
Außerdem erfülle derjenige, der eine Zeitkarte besitzt, sie jedoch nicht bei sich führe,
bereits den objektiven Tatbestand des § 265 a StGB nicht.
Das Landgericht Berlin verwarf die Berufung des Beschwerdeführers mit Beschluss vom
21. August 2002 als unzulässig, da ihre Annahme wegen offensichtlicher
Unbegründetheit nicht in Betracht komme, und führte unter Verwendung eines
Vordrucks insoweit aus, dass unter Berücksichtigung des gesamten Akteninhaltes,
insbesondere des Inhalts des erstinstanzlichen Hauptverhandlungsprotokolls, die
tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil zu
überzeugen vermöchten, zumal die Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht zu
beanstanden seien, die verhängte Strafe angemessen erscheine und ein möglicherweise
zu berücksichtigender relevanter Vortrag in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht
vorliege (§ 317 StPO).
Mit Antrag gemäß § 33 a StPO vom 13. Oktober 2002 wandte der Beschwerdeführer ein,
das Gericht habe, seine Berufungsbegründung nicht gewürdigt. Diese habe zum
Zeitpunkt der Begründung des Beschlusses dort wohl nicht vorgelegen. Das Landgericht
lehnte mit Beschluss vom 5. November 2002 eine Änderung seines Beschlusses vom
21. August 2002 mit der Begründung ab, dass die Berufungsbegründung im Zeitpunkt
der Beschlussfassung vorgelegen habe; sie habe jedoch keinen tatsächlich oder
rechtlich relevanten Vortrag enthalten.
Mit der am 2. Januar 2003 eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der
Beschwerdeführer gegen das Urteil des Amtsgerichts und beide Beschlüsse des
Landgerichts und rügt die Verletzung der Art. 7 (in Verbindung mit dem
Rechtsstaatsprinzip), Art. 10 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 und 2 VvB. Er bezieht sich auf die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu § 313 Abs. 2 Satz 1 StPO, nach der es
grundsätzlich ausgeschlossen sei, die Berufung als offensichtlich unbegründet
anzusehen, wenn der Angeklagte zur Entkräftung von Feststellungen, auf denen das
erstinstanzliche Urteil beruhe, einen neuen Beweisantrag ankündige. Eine solche
Ankündigung sei vorliegend erfolgt. Ferner verletze es seinen Anspruch auf rechtliches
Gehör, dass das Landgericht in seinen beiden Beschlüssen auf sein Vorbringen gar nicht
eingehe und seine Entscheidungen nicht näher begründe.
Dem Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, sich zu äußern.
Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der Rüge einer Verletzung des rechtlichen
Gehörs (Artikel 15 Abs. 1 VvB) zulässig und begründet, soweit sie sich gegen die
Beschlüsse des Landgerichts vom 21. August und 5. November 2002 richtet.
Der Beschwerdeführer hat den Rechtsweg im Sinne von § 49 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG, zu
dem auch das Nachverfahren gemäß § 33 a StPO 4 gehört, erschöpft.
In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die Gewährleistung des
rechtlichen Gehörs (Artikel 15 Abs. 1 VvB) das Gericht verpflichtet, die Ausführungen von
Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl.
Beschluss vom 16. November 1995 – VerfGH 48/94 – LVerfGE 3, 113 <117>). Dabei ist
grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene
Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat.
Der Verfassungsgerichtshof kann nur dann feststellen, dass ein Gericht seine Pflicht, den
Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, verletzt hat, wenn sich
dies aus den Umständen des einzelnen Falles eindeutig ergibt (vgl. Beschluss vom 22.
Mai 1997 – VerfGH 34/97 – LVerfGE 6, 80 <82>; st. Rspr.). Im Einzelfall müssten danach
besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen des
Beschwerdeführers entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der
Entscheidung nicht erwogen worden ist.
Die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachen
müssen jedoch in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden. Beweisanträge, auf die
es für die Entscheidung ankommt, müssen vom Gericht berücksichtigt werden, sofern
nicht Gründe des Prozessrechts es gestatten oder dazu zwingen, sie unbeachtet zu
lassen.
Nach diesen Maßstäben verletzen die Beschlüsse des Landgerichts Art. 15 Abs. 1VvB.
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Nach § 313 Abs. 2 Satz 1 StPO nimmt das Berufungsgericht die Berufung in den Fällen
des Absatzes 1 der Vorschrift an, wenn sie nicht offensichtlich unbegründet ist. Die
Auslegung dieser Vorschrift, die in erster Linie den Strafgerichten zukommt, ist nicht in
jeder Hinsicht durch den Verfassungsgerichtshof überprüfbar, sondern nur darauf, ob
Verfassungsrecht – insbesondere Grundrechte und grundrechtsgleiche
Gewährleistungen – verletzt sind. Nach herrschender, verfassungsrechtlich nicht zu
beanstandender Ansicht der Strafgerichte ist die Berufung offensichtlich unbegründet,
wenn für jeden Sachkundigen anhand der Urteilsgründe und einer eventuell vorliegenden
Berufungsbegründung sowie des Protokolls der Hauptverhandlung erster Instanz ohne
längere Prüfung erkennbar ist, dass das Urteil sachlich – rechtlich nicht zu beanstanden
ist und keine Verfahrensfehler vorliegen, die die Revision begründen würden.
Aufgrund der vorliegenden Rechtsprechung hätte sich das Landgericht, soweit es die
Zulassung der Berufung als offensichtlich unbegründet ablehnen will, mit der
umfangreichen Berufungsbegründung des Beschwerdeführers inhaltlich weitergehend
auseinandersetzen müssen. Es ist grundsätzlich ausgeschlossen, eine Berufung als
offensichtlich unbegründet anzusehen, wenn der Angeklagte zur Entkräftung von
Feststellungen, auf denen das erstinstanzliche Urteil beruht, neue Beweisanträge
angekündigt hat. Diese dürfen regelmäßig nur dann unbeachtet bleiben, wenn ein Grund
vorliegt, der gemäß § 244 StPO die Ablehnung eines Beweisantrags rechtfertigte. Das
entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an das rechtliche Gehör. Nur
ausnahmsweise wird es in Betracht kommen, einen neuen Beweisantrag als ungeeignet
anzusehen, das bisherige Beweisergebnis zu entkräften; das Tatbestandsmerkmal der
Offensichtlichkeit in § 313 Abs. 2 Satz 1 StPO ist insoweit nur dann erfüllt, wenn an der
Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen
kann. Dies hat das Berufungsgericht – auch im Blick auf Art. 15 Abs. 1 VvB – zu
begründen, wenn es die Annahme der Berufung ablehnt (Gegenschluss aus § 322 a Satz
3 StPO, vgl. hierzu BVerfG, 2. Kammer des Zweiten Senats, Kammerbeschluss vom 18.
Mai 1996 – 2 BvR 2847/95 – NJW 1996, 2785).
Das Landgericht hat sich in den Beschlüssen vom 21. August und 5. November 2002 nur
äußerst pauschal geäußert und eine Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt nur
insoweit erkennen lassen, als es im Beschluss vom 21. August 2002 erklärt, dass ein
möglicherweise zu berücksichtigender relevanter Vortrag in tatsächlich und rechtlicher
Hinsicht nicht vorliege. Aus dem Umkehrschluss aus § 322 a Satz 3 StP0 ergibt sich
jedoch, dass ein derartiger Beschluss inhaltlich zu begründen ist, da bei Stellung neuer
Beweisanträge die Nichtannahme der Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit
nur ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn neue Beweisanträge als ungeeignet
anzusehen sind, das bisherige Beweisergebnis zu entkräften. Daran fehlt es hier, zumal
der Beschwerdeführer zahlreiche Beweisanträge angekündigt hat, von denen zumindest
die Vorlage von Belegen zur Höhe seines monatlichen Einkommens nicht ohne weiteres
nach § 244 StPO dürfte abgelehnt werden können. Der Entscheidungsbegründung des
Landgerichts ist jedoch nicht zu entnehmen, dass beabsichtigte Beweisanträge
überhaupt Gegenstand der Berufungsbegründung waren. Die Beschlüsse des
Landgerichts vermitteln vielmehr den Eindruck, als hätte der Beschwerdeführer zur
Begründung seines Rechtsmittels praktisch nichts vorgetragen, obwohl dieser eine fünf
Seiten umfassende Begründung eingereicht hatte, auf deren verschiedene Argumente
zumindest in kurzer Form konkret einzugehen gewesen wäre. Deren Zurückweisung mit
einer Pauschalformel verletzt daher das Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches
Gehör nach Art. 15 Abs. 1 VVB.
Die Beschlüsse des Landgerichts waren somit gemäß § 54 Abs. 3 VerfGHG aufzuheben
und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen, ohne dass es auf die darüber
hinaus gerügten Verfassungsverstöße angekommen wäre.
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde auch gegen das Urteil des Amtsgerichts richtet,
ist sie – abgesehen von dem Fehlen einer darauf zielenden substantiierten Begründung
– schon deshalb unzulässig, weil keine Verletzungen von Rechten des
Beschwerdeführers durch dieses Urteil dargelegt werden, die im Berufungsverfahren
nicht korrigierbar wären.
Die Entscheidung über die Kosten und die Erstattung notwendiger Auslagen ergibt sich
aus den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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