Urteil des VerfGH Berlin vom 22.05.2002
VerfGH Berlin: treu und glauben, verfassungsbeschwerde, verwertung, fortsetzung des mietverhältnisses, wohnraum, kündigung, vermieter, rüge, vermietung, erwerb
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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
17/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 14 Abs 1 S 1 GG, Art 3 Abs
1 GG, § 535 BGB, § 564b Abs 1
BGB, § 564b Abs 2 Nr 3 S 1
BGB
VerfGH Berlin: Wegen unzureichender Substantiierung
unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen Räumungsurteil
nach Verwertungskündigung des Vermieters iSv § 564b Abs 2 Nr
3 BGB
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen ein in einer
Mietrechtssache ergangenes Berufungsurteil des Landgerichts Berlin.
Die Beschwerdeführer mieteten im Jahr 1984 eine 3-Zimmerwohnung in der W.straße in
Berlin-Charlottenburg. Die im 4. Obergeschoss des Vorderhauses befindliche Wohnung
bildete ursprünglich mit weiteren zum Seitenflügel gelegenen Räumlichkeiten eine
Einheit. Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt ist diese größere Wohnung geteilt worden,
indem zwei Zimmertüren verschlossen bzw. mit Rigipsplatten abgedeckt wurden. Die
zweite abgetrennte Wohnung war bis 1999 ebenfalls vermietet und stand danach leer.
Die Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Eigentümerin und Vermieterin des Hauses
(im Folgenden: Klägerin) kündigte das Mietverhältnis mit den Beschwerdeführern
zunächst mit Schreiben vom 29. Februar 2000 unter Berufung darauf, die beiden Teile
der Ursprungswohnung wieder zusammenführen und wirtschaftlich nutzen zu wollen. Die
Beschwerdeführer bestritten die Wirksamkeit der Kündigung. Die daraufhin von der
Klägerin beim Amtsgericht Charlottenburg erhobene Räumungsklage hatte keinen
Erfolg; das Amtsgericht wies sie durch Urteil vom 4. Oktober 2001 mit der Begründung
ab, die an das Kündigungsschreiben gesetzlich gestellten Begründungserfordernisse
seien nicht erfüllt.
Daraufhin kündigte die Klägerin das Mietverhältnis erneut mit Kündigungsschreiben vom
29. März 2001 gemäß § 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB a. F. mit der Begründung, die beiden
Wohnungen zu einer Wohneinheit zusammenlegen zu wollen. Aufgrund
bauordnungsrechtlicher Vorschriften könne der unvermietete Teil der Wohnung weder
durch Vermietung noch durch einen Verkauf wirtschaftlich verwertet werden. Die
Beschwerdeführer widersprachen auch dieser Kündigung, so dass die Klägerin vor dem
Amtsgericht Charlottenburg erneut Räumungsklage erhob. Zur Begründung trug sie vor,
die Teilung der ursprünglich einheitlichen Wohnung sei widerrechtlich und zu keinem
Zeitpunkt genehmigungsfähig gewesen. So wiesen die zum Seitenflügel hin gelegenen
Räumlichkeiten keinen zweiten Rettungsweg auf, ferner gebe es keinen hinreichenden
Schallschutz zwischen beiden Wohnungsteilen und genüge die Trennung auch sonst
nicht den Brandschutzvorschriften. Die zum Seitenflügel hin gelegenen Räumlichkeiten
könnten daher nicht eigenständig genutzt und vermietet werden.
Mit Urteil vom 27. März 2003 gab das Amtsgericht Charlottenburg der Räumungsklage
statt. Die Kündigung sei zu Recht auf § 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB a. F. gestützt worden. Die
Klägerin sei durch Fortsetzung des Mietverhältnisses mit den Beschwerdeführern an
einer angemessenen Verwertung des Grundstücks, nämlich der zum Seitenflügel hin
gelegenen Räumlichkeiten gehindert und erleide dadurch erhebliche Nachteile. Eine
eigenständige Vermietung der zum Seitenflügel hin gelegenen Räumlichkeiten komme
nicht in Betracht. Es gebe keine Hinweise, dass diese Räumlichkeiten in früherer Zeit als
eigenständige abgeschlossene Wohnung genehmigt worden seien, zumal die
Beweisaufnahme ergeben habe, dass jedenfalls ab 1929 diese Räumlichkeiten wegen
Fehlens eines zweiten Rettungsweges nicht mehr genehmigungsfähig gewesen seien.
Dies habe die Zeugin J. (eine im Dienst des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf
stehende Architektin) bei ihrer Vernehmung glaubhaft bekundet und durch Vorlage eines
Kommentars zur Bauordnung von 1929 nach dem Stand von 1952 belegt. Demzufolge
müsste für eine Genehmigung seitens der Baubehörde die Trennung der Räumlichkeiten
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müsste für eine Genehmigung seitens der Baubehörde die Trennung der Räumlichkeiten
bereits vor 1929 stattgefunden haben, wofür es keine Anhaltspunkte gebe; die
Beweislast dafür treffe die Beschwerdeführer.
Von der Klägerin könne nicht verlangt werden, die Räumlichkeiten unter
Außerachtlassung baurechtlicher Vorschriften erneut zu vermieten. Auf die
Wahrscheinlichkeit eines Eingreifens der Behörde komme es dabei nicht an. Der Klägerin
sei es ferner nicht zumutbar, nachträglich einen zweiten Rettungsweg durch Schaffung
einer Feueraußentreppe zu schaffen. Daraus ergebe sich, dass eine wirtschaftliche
Nutzung der zum Seitenflügel hin gelegenen Räumlichkeiten nur in Verbindung mit den
von den Beschwerdeführern gemieteten Räumen möglich sei. Die erheblichen
wirtschaftlichen Nachteile für die Klägerin folgten daraus, dass nach Verbindung der
Räume eine größere Wohnung zu einem entsprechend höheren Mietzins vermietet
werden könnte.
Zur Begründung ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Berufung trugen die
Beschwerdeführer vor, das Amtsgericht habe sich mit den tatbestandlichen
Voraussetzungen einer Verwertungskündigung gemäß § 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB a. F.
nicht hinreichend auseinandergesetzt und sei deshalb zu einem falschen Ergebnis
gelangt. So habe die Klägerin nicht angegeben, welche anderweitige Verwertung der
Wohnung sie anstrebe, ob etwa eine Vermietung der zusammen gelegten Wohnung
geplant sei oder ein Verkauf als Eigentumswohnung. Das Amtsgericht habe ferner
unbeachtet gelassen, dass nicht das Mietverhältnis mit den Beschwerdeführern die
Verwertung der im Seitenflügel gelegenen Wohnung behindere, sondern der bauliche
Zustand jener Wohnung, der - etwa durch Installierung einer Außentreppe - zu ändern
wäre. Hinsichtlich der Frage der wirtschaftlich angemessenen Verwertung habe das
Amtsgericht nicht beachtet, dass die Klägerin ein schon bei Ankauf des Gebäudes
bestehendes wirtschaftliches Risiko auf die Beschwerdeführer abzuwälzen versuche.
Denn schon bei Erwerb des Grundstücks hätte die Klägerin wissen müssen, dass die
wirtschaftliche Nutzung der im Seitenflügel gelegenen Wohnung mit Risiken behaftet
gewesen sei. Das Amtsgericht hätte berücksichtigen müssen, dass ein berechtigtes
Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses die geltende Rechts-
und Sozialordnung einzubeziehen habe. Danach habe jeder für die Folgen seines
wirtschaftlichen Handelns selbst einzustehen. Hieraus folge, dass die Klägerin durch die
Nichtvermietbarkeit der im Seitenflügel gelegenen Wohnung keinen erheblichen Nachteil
erleide, da dieser Nachteil - wenn auch verdeckt - schon bei Erwerb des Gebäudes
vorhanden gewesen sei und sich jetzt lediglich realisiere.
Im Übrigen werde von den Beschwerdeführern bestritten, dass die Nachbarwohnung
keinen Bestandsschutz genieße und deshalb unvermietbar sei; die Beweislast hierfür
trage die Klägerin. Zu Unrecht sei das Amtsgericht davon ausgegangen, die
Beschwerdeführer treffe die Beweislast dafür, dass die Trennung der Wohnungen bereits
vor 1929 erfolgt sei und deshalb Bestandsschutz bestehe. Der Klägerin sei es zudem
zumutbar, auch eine bauordnungswidrige Vermietung fortzusetzen, da eine
systematische Beobachtung und Kontrolle durch die Behörden ohnehin nicht stattfinde
und eine etwaige Untersagungsverfügung deshalb als willkürlich aufgehoben werden
müsste. Zudem verstoße die Kündigung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, da
die Beschwerdeführer bereit seien, was in der mündlichen Verhandlung auch erörtert
worden sei, die Wohnung zu einem Mietzins für Wohnungen entsprechender Größe zu
mieten. Darauf sei die Klägerin jedoch nicht eingegangen; sie habe sich in diesem
Zusammenhang gegen den Wunsch der Beschwerdeführer gesperrt, für die
Nachbarwohnung eine Untermieterlaubnis zu erhalten. Das Gericht hätte bei seiner
Abwägung diese Bereitschaft der Beschwerdeführer zur Anmietung der im Seitenflügel
gelegenen Räume berücksichtigen müssen.
Durch Urteil vom 17. November 2003 wies das Landgericht Berlin die Berufung der
Beschwerdeführer zurück und führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, das
Mietverhältnis sei durch das Kündigungsschreiben vom 29. März 2001 gemäß § 564b
Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB a. F. wirksam beendet worden. Die Klägerin sei durch das
Mietverhältnis an einer wirtschaftlichen Verwertung der Teilfläche im Seitenflügel
gehindert gewesen. Die angestrebte Zusammenlegung der Räumlichkeiten solle einen
zwangsläufigen Leerstand vermeiden, der mit finanziellen Einbußen verbunden sei, ohne
dass sich die Klägerin bereits festlegen müsse, ob sie den neu zu schaffenden
Wohnraum in Gänze vermieten oder verkaufen wolle. Die Klägerin habe die Immobilie
nach deren Erwerb in Wohneigentum aufgeteilt, wobei das Bezirksamt Charlottenburg
am 5. Dezember 1998 die Abgeschlossenheit der einzelnen Wohnungen insoweit
bescheinigt habe, als die Räume einschließlich der Teilfläche im Seitenflügel als eine
Wohnung angesehen würden. Die Abtrennung der Teilfläche stehe im Widerspruch zu
bauordnungsrechtlichen Vorschriften, wie sich aus einer behördlichen Stellungnahme
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bauordnungsrechtlichen Vorschriften, wie sich aus einer behördlichen Stellungnahme
ergebe. Die Beschwerdeführer könnten sich auch nicht auf einen etwaigen
Bestandsschutz für den bauordnungswidrigen Zustand berufen. Insoweit liege die
Darlegungs- und Beweislast bei ihnen. Die Stellungnahme des Bezirksamtes
Charlottenburg-Wilmersdorf und die glaubhafte Aussage einer sachverständigen Zeugin
des Bezirksamtes in der ersten Instanz sprächen dafür, dass eine behördliche
Genehmigung für die Aufteilung der Räumlichkeiten niemals erteilt worden sei und die
Aufteilung der Räumlichkeiten schon nach den Vorschriften der Bauordnung für Berlin,
wie sie im Jahr 1929 gegolten habe, wegen des Fehlens der erforderlichen Zahl von
Rettungswegen nicht genehmigungsfähig gewesen sei.
Für die Klägerin komme weder ein Verkauf, durch den sich ein angemessener Erlös
erzielen ließe, noch die erneute Vermietung der Teilfläche im Seitenflügel in Betracht,
denn sie müsste damit rechnen, dass ihr entweder die Wohnungsaufsichtsbehörde oder
die Bauaufsichtsbehörde eine Nutzung der Teilfläche im Seitenflügel zu Wohnzwecken
untersagten. Die angestrebte Zusammenlegung der Räumlichkeiten solle daher einen
zwangsläufigen Leerstand vermeiden, durch den die Klägerin auf Dauer erhebliche
Nachteile erleide. Die Ausschlussgründe des § 564b Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 und Satz 3 BGB
a. F. griffen nicht ein, weil es der Klägerin darum gehe, zur Vermeidung des Leerstandes
neuen Wohnraum zu schaffen, der in Gänze zu einem anderen Quadratmeterpreis
vermietet oder verkauft werden solle. Der Klägerin sei es auch nicht zuzumuten, den
Missstand durch Errichtung einer zusätzlichen "Feuertreppe" zu beseitigen; ferner
könnten sich die Beschwerdeführer nicht darauf berufen, dass der Klägerin eine
angemessene wirtschaftliche Nutzung der Teilfläche im Seitenflügel dadurch möglich sei,
dass ihnen die Räumlichkeiten vermietet würden. Ausweislich ihres Vorbringens in der
Berufungsbegründung hätten die Beschwerdeführer die Räumlichkeiten ohne Rücksicht
auf die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete lediglich zu dem Quadratmeterpreis
anmieten wollen, den sie für die streitgegenständliche Wohnung zahlten. Zudem hätten
sie den Wunsch geäußert, dass ihnen die Klägerin nach der Zusammenlegung eine
generelle Erlaubnis zur Untervermietung erteile, ohne dass hierauf ein Anspruch
bestehe. Schließlich verstoße die Kündigung auch nicht gegen den Grundsatz von Treu
und Glauben. Es sei nicht ersichtlich, dass der Klägerin bereits bei Erwerb der Immobilie
die Bescheinigung des Bezirksamts Charlottenburg vom 5. Dezember 1988 vorgelegen
habe, der zufolge die streitgegenständlichen Räumlichkeiten und die angrenzende
Teilfläche im Seitenflügel als eine Wohnung im rechtlichen Sinne anzusehen seien. Auch
bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin beim Erwerb bewusst gewesen
sei, dass eine behördliche Genehmigung für die Aufteilung der Räumlichkeiten niemals
erteilt worden sei, zumal die Teilfläche im Seitenflügel zum damaligen Zeitpunkt
tatsächlich bewohnt gewesen sei.
Das Landgericht gewährte den Beschwerdeführern eine Räumungsfrist bis zum 31.
Januar 2004, innerhalb derer die Beschwerdeführer aus der streitbefangenen Wohnung
ausgezogen sind.
Mit ihrer am 5. Februar 2004 eingelegten Verfassungsbeschwerde rügen die
Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 10 Abs. 1, Art. 15 Abs. 5 Satz 2
sowie Art. 23 Abs. 1 der Verfassung von Berlin (VvB) durch das Urteil des Landgerichts.
1. Das Urteil des Landgerichts verstoße gegen Art. 10 Abs. 1 VvB. Es sei in einem
Umfang fehlerhaft, der die Entscheidung schlechthin unhaltbar und damit willkürlich
mache. In Rechtsprechung und Kommentarliteratur herrsche Einigkeit, dass für eine
Verwertungskündigung nach § 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB a. F. kumulativ vier
Tatbestandsmerkmale vorliegen müssten: Der Vermieter müsse die Absicht haben, die
Mietsache anderweitig zu verwerten, diese Verwertung müsse angemessen sein, der
Bestand des Mietverhältnisses müsse der Verwertung entgegenstehen und durch die
Hinderung der Verwertung müssten erhebliche Nachteile für den Vermieter eintreten.
Diese Voraussetzungen seien weder vom Amtsgericht noch vom Landgericht überprüft
worden:
a) So habe die Klägerin weder in der Kündigungserklärung noch im gerichtlichen
Verfahren eine konkrete Verwertungsabsicht dargelegt. Eine Bewertung der
Verwendungsabsicht sei jedoch unmöglich, sofern die Art der Verwertung
(Vermietung/Verkauf) unbekannt bleibe.
b) Ebenso wenig sei im angegriffenen Urteil eine Überprüfung des Merkmals der
Hinderung einer angemessenen Verwertung erfolgt. Die Klägerin sei auch nach
Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund der gesetzlichen Regelungen gehindert, eine
Teilfläche zu veräußern. Zwischen dem Bestand des Mietverhältnisses und der
Hinderung des Verkaufes gebe es also keine Kausalität. Soweit eine Hinderung der
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Hinderung des Verkaufes gebe es also keine Kausalität. Soweit eine Hinderung der
angemessenen Verwertung darin liegen könnte, dass ein Verkauf der zusammen-
gelegten Wohnung am Bestand des Mietverhältnisses scheiterte, so sei von der Klägerin
hierzu nichts vorgetragen worden; das Gericht habe hierzu keine Feststellungen treffen
können.
Das Landgericht unterstelle die Hinderung der Verwertbarkeit, weil die Wohnung im
Seitenflügel wegen des rechtswidrigen Bauzustandes nicht gesondert vermietet werden
dürfe. Hierbei fehle jedoch eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zu
vergleichbaren Konstellationen. So sei es ständige Rechtsprechung, dass weder ein
bauordnungswidriger Zustand noch die Zweckentfremdung von Wohnraum eine
Minderung der Miete oder die Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertige, solange
nicht die zuständige Ordnungsbehörde einschreite.
Den Ausführungen im Urteil sei ferner nicht zu entnehmen, warum die Klägerin auch
angesichts der Bereitschaft der Beschwerdeführer, die Wohnung im Seitenflügel
zusätzlich zu mieten und hierfür eine Miete für entsprechend große Wohnungen nach
dem Mietspiegel zu bezahlen, an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung
gehindert sei. Es sei falsch, dass die Beschwerdeführer lediglich den Quadratmeterpreis
hätten zahlen wollen, den sie für ihre bisherige Wohnung gezahlt haben. Im Übrigen
habe das Gericht nicht dargelegt, dass diese Miete unterhalb der ortsüblichen Miete
liege und deshalb eine angemessene wirtschaftliche Verwertung nicht zu erzielen sei.
Ebenso wenig sei zu erkennen, dass eine solche Verwertung durch den "Wunsch" der
Beschwerdeführer zur Erteilung einer Untermieterlaubnis behindert werde.
Dem Berufungsurteil lasse sich nicht entnehmen, welchen Mietzins die Klägerin für die
zusammengelegte Wohnung erzielen könne und welche wirtschaftlichen Einbußen sie
ohne die Zusammenlegung erleide.
Zu Unrecht habe das Landgericht die Voraussetzungen des § 564b Abs. 2 Nr. 3 Satz 3
BGB a. F. mit der Begründung als nicht erfüllt angesehen, dass neuer Wohnraum
geschaffen werden solle. Dies sei unrichtig, neuer Wohnraum werde nicht neu
geschaffen, sondern sei bereits vorhanden.
c) Die Kündigung verstoße auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Ein
Vermieter, der das Bauordnungsrecht nicht beachte, könne mit diesem Rechtsverstoß
keine Kündigung begründen. Die Klägerin sei durch den Erwerb des Hauses in diese für
sie rechtlich und wirtschaftlich ungünstige Position eingetreten. Die ihr entstehenden
Nachteile wälze sie nun auf die Beschwerdeführer ab.
2. Die Beschwerdeführer rügen ferner eine Verletzung ihres Anspruchs auf den
gesetzlichen Richter nach Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB.
a) Zum einen hätte das Landgericht die Frage, ob die Nutzung der Wohnung im
Seitenflügel schon nach früher geltendem Bauordnungsrecht rechtswidrig gewesen sei
oder ob der jetzige Zustand Bestandsschutz genieße, als Rechtsfrage selbst
entscheiden müssen und hätte nicht ohne eigene Prüfung der rechtlichen Einschätzung
der vor dem Amtsgericht gehörten Zeugin folgen dürfen.
b) Das Landgericht vertrete die Auffassung, die Ausschlussgründe gemäß § 564b Abs. 2
Nr. 3 Satz 2 und Satz 3 BGB a. F. seien nicht einschlägig, weil zur Vermeidung von
Leerstand neuer Wohnraum geschaffen werde. Insoweit hätte wegen grundsätzlicher
Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts die Revision zum Bundesgerichtshof
zugelassen werden müssen.
3. Zudem rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 23 Abs. 1 VvB. Auch das
Besitzrecht des Mieters an der Wohnung sei durch das Eigentumsgrundrecht geschützt
und müsse bei einer Verwertungskündigung und der Frage, ob der Vermieter erhebliche
Nachteile erleide, berücksichtigt werden, wobei das Bestandsinteresse des Mieters
gegenüber dem Verwertungsinteresses des Vermieters abzuwägen sei. Dies habe das
Landgericht missachtet.
II.
Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Es kann offen bleiben, ob wegen des
(urteilsbedingten) Auszuges der Beschwerdeführer aus der streitbefangenen Wohnung
noch vor Einlegung der Verfassungsbeschwerde ein Rechtsschutzinteresse besteht.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der Rüge, das Urteil des Landgerichts
verletze die Beschwerdeführer in ihrem Recht aus Art. 10 Abs. 1 VvB, unzulässig.
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Eine gerichtliche Entscheidung verletzt das mit Art. 3 Abs. 1 GG inhaltsgleiche
Willkürverbot nach der Verfassung von Berlin nur dann, wenn die Entscheidung unter
keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt,
sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Die Gestaltung des Verfahrens, die
Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, die Auslegung des einfachen Rechts und
seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind grundsätzlich Sache der dafür allgemein
zuständigen Gerichte und insoweit der Nachprüfung durch den Verfassungsgerichtshof
entzogen (vgl. Beschluss vom 30. Juni 1992 - VerfGH 9/92 - LVerfGE 1, 7 (8 f.); st. Rspr.).
Willkür im hier maßgeblichen Sinne liegt erst dann vor, wenn die Sach- oder Rechtslage
in krasser Weise verkannt worden ist, d. h. wenn bei objektiver Würdigung der
Gesamtumstände der Auslegung bzw. Sachverhaltsfeststellung die Annahme geboten
ist, die vom Gericht vertretene Auffassung sei im Bereich des schlechthin Abwegigen
anzusiedeln (vgl. Beschluss vom 23. April 1996 - VerfGH 69/95, 69 A/95 - LVerfGE 4, 54
(61 f.) m. w. N.).
Diese Voraussetzungen sind für die Rüge, das Landgericht habe die Voraussetzungen
für eine Verwertungskündigung nach § 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB a. F. nicht hinreichend
geprüft, nicht ausreichend dargetan.
a) Soweit die Beschwerdeführer vortragen, die Klägerin habe weder in der
Kündigungserklärung noch im gerichtlichen Verfahren eine konkrete Verwertungsabsicht
hinsichtlich der Wohnräume dargelegt und schon deshalb sei dem Landgericht eine
rechtliche Bewertung gemäß § 564b Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 BGB a. F. unmöglich gewesen,
genügt dieser Vortrag nicht den Darlegungsvoraussetzungen gemäß § 49 Abs. 1, § 50
VerfGHG für den behaupteten Grundrechtsverstoß. Das Landgericht ist erkennbar davon
ausgegangen, dass die Klägerin bei Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses an beiden
Verwertungsmöglichkeiten gehindert sei und jeweils erhebliche Nachteile erleiden würde,
weil entweder eine (erneute) Vermietung der Teilfläche bauordnungsrechtlich nicht
möglich sei oder sich bei einem Verkauf der Wohnung kein angemessener Kaufpreis
erzielen lasse. Warum eine solche Alternativbetrachtung im Rahmen des § 564b Abs. 2
Nr. 3 Satz 1 BGB a. F. rechtlich nicht möglich sein soll, sich der Vermieter vielmehr
zwingend auf eine bestimmte Verwertungsart festlegen müsse und jede andere
rechtliche Betrachtung offensichtlich fehlerhaft und objektiv willkürlich wäre, wird von den
Beschwerdeführern nicht näher begründet.
b) Soweit die Beschwerdeführer rügen, das Gericht sei fälschlich davon ausgegangen,
dass zwischen dem Bestand des Mietverhältnisses und der Hinderung eines Verkaufs
Kausalität bestünde, vielmehr sei die Klägerin auch nach der Beendigung des
Mietverhältnisses aufgrund gesetzlicher Regelungen gehindert, eine Teilfläche zu
veräußern, geht diese Argumentation ins Leere, da das Landgericht erkennbar von der
(alternativen) Verwertungsabsicht ausgegangen ist, die zusammengelegte Wohnung als
Einheit zu verkaufen. Auch die Rüge der Beschwerdeführer, das Gericht habe keine
Feststellungen dazu treffen können, dass ein Verkauf der zusammengelegten Wohnung
am Bestand des Mietverhältnisses "scheitere", geht an den Urteilsgründen vorbei, weil
das Landgericht nicht von einem "Scheitern" eines beabsichtigten Verkaufs
ausgegangen ist, sondern davon, dass sich bei Fortführung des (auf eine Teilfläche
beschränkten Mietverhältnisses) kein angemessener Kaufpreis für den Verkauf der
(Gesamt-)Wohnung erzielen lasse.
c) Nicht ausreichend dargelegt und begründet ist auch die Rüge, das Landgericht
unterstelle (in willkürlicher Weise) die Hinderung der Verwertbarkeit, weil die Räume im
Seitenflügel wegen des rechtswidrigen Bauzustandes nicht gesondert vermietet werden
dürften. Insoweit fehle eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung dazu, dass
weder ein bauordnungswidriger Zustand noch die Zweckentfremdung von Wohnraum
eine Minderung der Miete oder die Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertige, solange
nicht die zuständige Ordnungsbehörde einschreite. Die Beschwerdeführer verkennen
hierbei, dass die von ihnen vermisste Auseinandersetzung mit der genannten
Rechtsprechung das Urteil nur dann objektiv willkürlich machte, wenn dieser Mangel auch
zu einem unhaltbaren und damit objektiv willkürlichen Auslegungsergebnis geführt hätte.
Zudem betrifft die von den Beschwerdeführern genannte Rechtsprechung die völlig
andere Fragestellung, welche Rechte ein Mieter nach Abschluss eines - an sich
ordnungsrechtlich unzulässigen - Mietvertrages hat. Es kann im Übrigen auch im
Ergebnis nicht willkürlich sein, dass das Landgericht der Klägerin im Rahmen des § 564b
Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 BGB a. F. nicht die bewusste Übertretung eines
bauordnungsrechtlichen Verbots als zumutbare Handlungsalternative angedient hat.
d) Unzulässig ist ferner die Rüge, das Landgericht sei in dem Urteil fälschlich davon
ausgegangen, dass die Beschwerdeführer für die zusammengelegte Wohnung lediglich
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ausgegangen, dass die Beschwerdeführer für die zusammengelegte Wohnung lediglich
den Quadratmeterpreis hätten zahlen wollen, den sie für die bisherige Wohnung gezahlt
haben. Allein mit einer solchen, die Richtigkeit einer im Urteil genannten Tatsache
bestreitenden Behauptung kann ein Willkürvorwurf gegenüber dem Gericht nicht zulässig
erhoben werden. Dazu reicht auch nicht die Erläuterung, es sei zwischen den Parteien im
Gütetermin vor dem Amtsgericht besprochen und daher "unstreitig" gewesen, dass die
Beschwerdeführer eine Miete für entsprechend große Wohnungen nach dem Mietspiegel
hätten zahlen wollen. Die Beschwerdeführer hätten darlegen müssen, warum auch das
Landgericht dies hätte wissen und berücksichtigen müssen, zumal dieser Umstand im
Protokoll des Gütetermins nicht erwähnt wird.
Auch die Rüge, das Gericht hätte aufzeigen müssen, dass die für die alte Wohnung
gezahlte Miete unterhalb der ortsüblichen Miete liege und deshalb eine wirtschaftliche
Verwertung nicht zu erzielen sei, ist nicht ausreichend begründet, weil die
Beschwerdeführer ihrerseits in der Verfassungsbeschwerde hätten darlegen müssen,
dass die bisher gezahlte Miete der ortsüblichen Miete entsprach, weil nur so das
Beruhen der angegriffenen Entscheidung auf der behaupteten Grundrechtsverletzung
überprüft werden kann.
Im Übrigen verkennen die Beschwerdeführer, dass das Landgericht die Bereitschaft der
Beschwerdeführer zur Anmietung der zusammengelegten Wohnung - unabhängig von
der Frage der Miethöhe - auch deshalb nicht als der Klägerin zumutbare Möglichkeit im
Rahmen des § 564b Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 BGB a. F. angesehen hat, weil bereits ein Streit
über die Frage der Untervermietung erkennbar war. Hierauf gehen die Beschwerdeführer
in der Verfassungsbeschwerde nicht substantiiert ein.
e) Soweit die Beschwerdeführer rügen, das Landgericht habe die Voraussetzungen der
Ausschlussgründe des § 564b Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 und Satz 3 BGB a. F. zu Unrecht mit
der Begründung verneint, dass zur Vermeidung von Leerstand neuer Wohnraum
geschaffen werden solle, vielmehr sei der entsprechende Wohnraum schon "vorhanden",
genügt auch dieser Vortrag nicht den Darlegungsvoraussetzungen. Ersichtlich ist das
Landgericht von der Überlegung ausgegangen, dass die Räumlichkeiten im Seitenflügel
zwar "vorhanden" sind, aber ohne Zusammenlegung mit der Wohnung der
Beschwerdeführer nicht als Wohnraum genutzt werden können. "Neuer", d. h. nutzbarer
Wohnraum entstünde - so die Argumentation des Landgerichts -erst mit der
Zusammenlegung. Die Beschwerdeführer gehen auf diese rechtliche Betrachtung nicht
ein und tragen nichts vor, was einen Willkürvorwurf rechtfertigen könnte.
f) Die Verfassungsbeschwerde ist ferner unzulässig, soweit die Beschwerdeführer
vortragen, die Kündigung verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, weil die
Klägerin durch den Erwerb des Hauses in eine für sie rechtlich und wirtschaftlich
ungünstige Situation eingetreten sei und nun versuche, die Nachteile auf die
Beschwerdeführer abzuwälzen. Abgesehen davon, dass die Verfassungsbeschwerde
insoweit eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils, das sich
mit dieser Frage befasst, vermissen lässt und es sich zudem um einfach-rechtliche
Fragen handelt, die der Verfassungsgerichtshof nicht im Sinne einer
Superrevisionsinstanz ohne weiteres überprüfen kann, steht der Zulässigkeit der Rüge
auch der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegen (§ 49 Abs. 2
Satz 1 VerfGHG), weil die Beschwerdeführer im Rahmen der Berufungsbegründung die in
der Verfassungsbeschwerde dargelegte rechtliche Auffassung, dass die Klägerin sich -
auch ohne eigenes Wissen oder Verschulden - bauordnungsrechtliche Verstöße ihrer
Vorgängerin im Rahmen des § 564b Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 BGB a. F. zurechnen lassen
müsse, nicht vorgebracht und daher nicht alles dafür getan haben, schon dem
Landgericht eine solche Prüfung nahe zu legen, um eine etwaige Grundrechtsverletzung
zu vermeiden.
2. Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde auch hinsichtlich der Rüge, das Urteil des
Landgerichts verletze die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter
aus Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB.
a) Ein Verstoß gegen dieses Recht besteht - entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführer - nicht darin, dass das Landgericht bei der Frage, ob die Aufteilung der
Räumlichkeiten in zwei Wohnungen schon nach der Bauordnung für Berlin von 1929 nicht
genehmigungsfähig war, auf die Angaben der in erster Instanz vernommenen
sachverständigen Zeugin vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf Bezug
genommen hat. Hierdurch ist schon der Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 5 Satz 2
VvB, wonach niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf, nicht berührt,
denn das hätte nur dann der Fall sein können, wenn das angegriffene Urteil nicht von
den geschäftsplanmäßig dafür vorgesehenen Richtern stammen würde. Dafür ist jedoch
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den geschäftsplanmäßig dafür vorgesehenen Richtern stammen würde. Dafür ist jedoch
nichts vorgetragen oder ersichtlich.
b) Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung ihres Anspruchs auf den gesetzlichen
Richter aus Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB mit der Begründung rügen, das Landgericht hätte
wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts die Revision zulassen
müssen, fehlt es wiederum an ausreichender Darlegung und Begründung der
Verfassungsbeschwerde.
So hätten die Beschwerdeführer hinsichtlich des Revisionszulassungsgrundes der
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die betreffende Rechtsfrage präzise
benennen und darlegen müssen, warum es sich ihrer Auffassung nach um eine
entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Frage handelt, die sich
in einer Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an
einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. die
diesbezügliche Definition in BGHZ 154, 288 (291), m. w. N.). Ähnliches gilt für den
Revisionszulassungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 1 ZPO
(Fortbildung des Rechts). An der erforderlichen Darlegung willkürlich übergangener
revisionstauglicher abstrakter Rechtsfragen durch die Beschwerdeführer fehlt es.
3. Keinen Erfolg hat die Verfassungsbeschwerde auch, soweit die Beschwerdeführer eine
Verletzung ihres Eigentumsgrundrechts als Mieter aus Art. 23 Abs. 1 VvB durch das
Urteil des Landgerichts rügen.
Ob im Rahmen der gängigen Mietverträge das Besitzrecht des Mieters an der Wohnung
auch als Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinne anzusehen ist (für Art. 14 Abs. 1
Satz 1 GG bejahend: BVerfGE 89, 1 (5 ff.) sowie NJW 1995, 1480 f.; NJW 1997, 2377; NJW-
RR 2004, 440), ist vom Verfassungsgerichtshof bisher offen gelassen worden (vgl. etwa
Beschlüsse vom 17. März 1994 - VerfGH 139/93 - LVerfGE 2, 9 (12) und 16. Mai 2002 -
VerfGH 124/01 und 124 A/01 -, WuM 2003, 21). Die Frage braucht auch in diesem Falle
nicht entschieden zu werden.
Folgt man der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 14 Abs. 1 Satz 1
GG, sind bei der Auslegung und Anwendung von § 564b Abs. 1 und 2 BGB
a. F. durch die Gerichte die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu wahren
und ist die im Gesetz aufgrund verfassungsmäßiger Grundlagen zum Ausdruck
kommende Interessenabwägung in einer Weise nachzuvollziehen, die den beiderseitigen
Eigentumsschutz beachtet und unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen
vermeidet. Bei der Auslegung und Anwendung der genannten mietrechtlichen
Vorschriften sind danach neben den Belangen des Vermieters, seinem
Erlangungsinteresse, auch die Belange des Mieters, sein Bestandsinteresse,
angemessen zu berücksichtigen, die beiderseitigen Belange gegeneinander abzuwägen
und in einen verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen (BVerfG, NJW-RR 1999, 1097
(1098)). Die Auslegung des einfachen Gesetzesrechts bleibt auch hier Sache der
zuständigen Fachgerichte und ist der verfassungsgerichtlichen Überprüfung nur insoweit
eröffnet, als eine Verkennung oder grundsätzlich unrichtige Anwendung von
Grundrechten in Rede steht. Demgemäß ist die Schwelle eines verfassungsgerichtlich zu
korrigierenden Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG erst erreicht, wenn die
Auslegung des einfachen Rechts Auslegungsfehler erkennen lässt, die auf einer
grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie,
insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs beruhen und auch in ihrer materiellen
Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind. Der Mieter kann
danach beanspruchen, dass das Gericht seinen Einwänden in einer Weise nachgeht, die
der Bedeutung und Tragweite seines Bestandsinteresses gerecht
wird.
Ein Verstoß hiergegen ist im vorliegenden Fall nicht dargetan. Allein aus dem von den
Beschwerdeführern gerügten Umstand, dass im angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich
das Bestandsinteresse der Beschwerdeführer am Erhalt der Wohnung als
Abwägungsgesichtspunkt genannt ist, folgt nicht, dass dieses außer Betracht geblieben
wäre. Bereits die gesetzliche Regelung in § 564b Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 BGB a. F., die die
Verwertungskündigung von Wohnraum nur unter bestimmten Voraussetzungen,
insbesondere beim Vorliegen "erheblicher Nachteile" für den Vermieter, überhaupt
zulässt, ist das Ergebnis eines vom Gesetzgeber berücksichtigten Interessenausgleichs
zwischen Mieter und Vermieter. § 564b Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 BGB a. F. trifft in diesem
Spannungsfeld eine Regelung, welche die Mieterinteressen angemessen berücksichtigt
und dem Vermieter zugleich die Wiedererlangung der unmittelbaren Verfügungsgewalt
unter zumutbaren Bedingungen ermöglicht (vgl. BVerfG, NJW 1989, 972 (973)). Da das
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unter zumutbaren Bedingungen ermöglicht (vgl. BVerfG, NJW 1989, 972 (973)). Da das
Landgericht bei Fortführung des Mietverhältnisses derartige "erhebliche Nachteile" für
die Klägerin wegen des drohenden Leerstandes der Teilfläche und der daraus folgenden
wirtschaftlichen Einbußen als gegeben und damit die tatbestandlichen Voraussetzungen
des § 564b Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 BGB a. F. als erfüllt angesehen hat, ist mangels
entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass bei dieser Prüfung und
Abwägung das "normale", bei jeder Kündigung vorhandene Bestandsinteresse der
Mieterseite, hier also der Beschwerdeführer, auch ohne ausdrückliche Erwähnung
beachtet worden ist. Weiterer substantiierter Vortrag der Beschwerdeführer zu
Besonderheiten des Einzelfalls, etwa möglichen Vermögenseinbußen durch Verlust einer
vergleichsweise "billigen" Wohnung, besondere Mühen und Kosten eines Umzuges o. ä.,
was vom Landgericht ausdrücklich in die konkrete Abwägung mit entsprechenden
Vermögensnachteilen der Klägerin, gegebenenfalls auch im Rahmen des § 556a BGB a.
F., hätte eingestellt und in den Entscheidungsgründen ausdrücklich erwähnt werden
müssen, fehlt; der Verfassungsgerichtshof ist nicht gehalten, von sich aus die Akten auf
derartigen fachgerichtlichen Vortrag durchzusehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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