Urteil des VerfGH Berlin vom 13.03.2017

VerfGH Berlin: meinungsfreiheit, öffentliche gewalt, persönliches interesse, im bewusstsein, grundrecht, unterlassen, berechtigter, wahrheitsbeweis, werturteil, verfassungsbeschwerde

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
122/05, 123/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 14 Verf BE, § 193 StGB, §
186 StGB
Zum Umfang der Meinungsäußerungsfreiheit
Tenor
Die Verfahren VerfGH 122/05 und VerfGH 123/05 werden zur gemeinsamen
Entscheidung unter dem Aktenzeichen VerfGH 122/05 verbunden.
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seinen Verfassungsbeschwerden gegen
zivilgerichtliche Entscheidungen, aufgrund derer er verpflichtet ist, bestimmte
Äußerungen zu unterlassen sowie bestimmte Behauptungen zu widerrufen.
I.
1. Der Beschwerdeführer ist jeweils Beklagter der Ausgangsverfahren. Die dortigen
Kläger T. und B. und der Beschwerdeführer waren im Jahre 1999 für ein Wahlbündnis mit
Namen „Allianz bürgerliche Parteien“ (im Folgenden: Allianz) aktiv, das für die
Abgeordnetenhauswahl 1999 kandidierte. Im Rahmen einer Diskussion der Allianz
setzten sich die Herren T. und B. für den Wahlkampfspruch „nicht rechts, nicht links, nur
deutsch“ ein. Herr B. gab im August 1999 für die Allianz eine Pressemitteilung mit der
Überschrift „Holocaust-Denkmal: Nein“ heraus. Er war Ende 2003 Mitglied der „Schill-
Partei“. Alle drei waren zudem Mitglieder im Bund der Steuerzahler Berlin e. V. (BdSt).
Nachdem die Herren T. und B. einen Antrag auf Abwahl des Beschwerdeführers als
Verwaltungsrat des BdSt gestellt und sich selbst dabei als neue
Verwaltungsratsmitglieder vorgeschlagen hatten, richtete der Beschwerdeführer an sie
jeweils ein Schreiben, in dem er ankündigte, er werde u. a. folgende Behauptungen über
sie aufstellen: Sie hätten als Spitzenkandidaten im Rahmen einer Sitzung der Allianz die
sinngemäße Äußerung eines anderen Teilnehmers: „Im SFB arbeiten nur Juden,
Kommunisten und Neger“ und „Neger sind keine Menschen“ nicht nur hingenommen,
sondern sogar Verständnis dafür gezeigt. Ihre mündlichen und schriftlichen Äußerungen
im Berliner Wahlkampf 1999 würden den Vorwurf rechtfertigen, dass sie rechtsextremes
Gedankengut verbreiten. Gegenüber Herrn B. kündigte der Beschwerdeführer zudem die
Behauptung an, dieser habe auf einer von ihm einberufenen und geleiteten
Wahlkampfveranstaltung nichts dagegen unternommen, dass von Funktionären der
Allianz übelstes antisemitisches Material auf den Tischen ausgelegt worden sei.
Entsprechende Hinweise und die Aufforderung einzuschreiten habe er als unwichtig
abgetan. Zu dem Material habe eine Schmähschrift gegen das jüdische Volk gehört, in
der im Stile des „Stürmers“ Bilder von Menschen jüdischen Glaubens bzw. jüdischer
Rasse abgebildet worden seien.
Im Februar 2001 wandte sich der Beschwerdeführer schriftlich an den Vorstand des BdSt
und regte den Ausschluss der Herren T. und B. mit der Begründung an, sie würden
rechtsradikales Gedankengut verbreiten. Herr B. habe sich zudem mehrfach bemüht,
den rechtsradikalen Anwalt M. als Unterstützer und Redner zu gewinnen. Gleichzeitig
schrieb der Beschwerdeführer an ein Mitglied des BdSt, bei der Gruppe um die Herren T.
und B. handele es sich „um Rechtsradikale“, die offensichtlich den BdSt „unterwandern“
wollten.
Die drei Kontrahenten wurden im Juni 2001 aus dem BdSt ausgeschlossen.
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2. Durch Urteile vom 4. und 11. Dezember 2003 verurteilte das Landgericht Berlin den
Beschwerdeführer jeweils dazu, es zu unterlassen, gegenüber Dritten oder der
Öffentlichkeit zu äußern,
1) der jeweilige Kläger habe in einer im Sommer 1999 geleiteten Sitzung der Allianz eine
Äußerung des Vertreters der Allianz: „im SFB arbeiten nur Juden, Kommunisten und
Neger“, hingenommen und hierfür Verständnis gezeigt,
2) in der gleichen Veranstaltung habe der jeweilige Kläger es nicht nur hingenommen,
sondern habe Verständnis dafür gezeigt, dass ein anderer Teilnehmer geäußert habe:
„Neger sind keine Menschen“,
3) der jeweilige Kläger verbreite rechtsextremes Gedankengut,
4) bei dem jeweiligen Kläger handele es sich um einen Rechtsradikalen,
sowie die Behauptungen zu 1) und 2) zu widerrufen.
Mit dem Urteil vom 11. Dezember 2003 wurde zudem der Beschwerdeführer verpflichtet,
die Äußerung zu unterlassen, auf einer vom dortigen Kläger einberufenen und geleiteten
Wahlkampfveranstaltung habe der dortige Kläger es geduldet, dass übelstes
antisemitisches Material ausgestellt und insbesondere eine Schmähschrift im Stil des
„Stürmers“ verteilt worden sei.
Das Landgericht stützte seine Urteile im Wesentlichen darauf, die aufgestellten
Tatsachenbehauptungen seien gemäß § 186 StGB geeignet, den jeweiligen Kläger in der
öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Der dem Beschwerdeführer mangels
Vorhandensein eines berechtigten öffentlichen Interesses obliegende Wahrheitsbeweis
sei ihm nicht geglückt, weil die Zeugen zwar die jeweiligen Äußerungen (und Schriften)
bestätigen konnten, jedoch nicht ein Verhalten der jeweiligen Kläger, das man als
Billigung der Äußerungen (und Schriften) hätte verstehen können. Auch komme dem
Beschwerdeführer das Privileg für Äußerungen im Rahmen vereinsrechtlicher Verfahren
nicht zugute. Die Werturteile seien erkennbar von den einzelnen
Tatsachenbehauptungen abgeleitet und unzulässig, weil die dazu vorgetragenen
Einzeltatsachen ungenügend bzw. nicht bewiesen seien.
3. Die vom Beschwerdeführer gegen diese Urteile eingelegten Berufungen wurden durch
Beschlüsse des Kammergerichts vom 14. und 15. Juni 2005 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
verworfen. Zur Begründung führte das Kammergericht im Wesentlichen aus, der Vorwurf
an die Kläger, sie seien Rechtsradikale und würden rechtsextremes Gedankengut
verbreiten, sei ein schwerwiegender Vorwurf, der unter Abwägung der widerstreitenden
Grundrechte von der Meinungsfreiheit nur dann gedeckt wäre, wenn nachvollziehbare
Tatsachen zumindest die subjektive Wertung des Beschwerdeführers verständlich
machen würden. Dies sei jedoch - wenn sich die Äußerungen der jeweiligen Kläger auch
in deutlicher Nähe rechtsextremer Ansichten bewegten und einen „faden
Beigeschmack“ hätten - (noch) nicht der Fall. Ein derartig verkürzter und
schwerwiegender Vorwurf sei auch im Rahmen von vereins- oder parteiinternen
Streitigkeiten nicht im Rahmen der Wahrnehmung berechtigter Interessen zulässig,
wenn dafür nachvollziehbare und nachgewiesene Anhaltspunkte fehlten.
4. Mit seinen am 29. August 2005 eingegangenen Verfassungsbeschwerden rügt der
Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 14 Abs. 1 der Verfassung von Berlin (VvB) und
macht geltend, durch die Entscheidungen in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit
verletzt zu sein. Die Gerichte hätten selbst dann, wenn man den Wahrheitsbeweis der
Tatsachenbehauptungen nicht für erbracht erachtete, das Recht auf Meinungsfreiheit
verkannt. Tatsachenbehauptungen, die Grundlage für eine Wertung seien, seien nur
dann nicht mehr vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst, wenn sie in dem
Bewusstsein ihrer Unwahrheit aufgestellt würden oder deren Unwahrheit bereits im
Zeitpunkt der Äußerung unzweifelhaft feststehen würde. Der Beschwerdeführer habe
aber seine Behauptungen über die Reaktionen der Herren T. und B. auf rechtsradikale
Äußerungen nicht im Bewusstsein der Unwahrheit dieser Behauptungen aufgestellt.
Zudem dürfe eine nicht erweislich wahre ehrenrührige Behauptung dann, wenn auch ihre
Unwahrheit nicht bewiesen sei, zumindest in Fällen, in denen es um eine die
Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit gehe, auf der Grundlage der nach
Art. 5 Abs. 1 GG und § 193 StGB vorzunehmenden Güterabwägung demjenigen, der sie
aufgestellt habe, solange nicht untersagt werden, als er sie zur Wahrnehmung
berechtigter Interessen für erforderlich halten dürfe.
Bei der politischen Einordnung der Herren T. und B. als Rechtsradikale läge ein Werturteil
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Bei der politischen Einordnung der Herren T. und B. als Rechtsradikale läge ein Werturteil
vor, das von dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt sei. Die Auffassung des
Kammergerichts, dafür müssten nachvollziehbare Tatsachen zumindest die subjektive
Wertung des Beschwerdeführers verständlich machen, stelle einen Verstoß gegen Art.
14 Abs. 1 VvB dar.
II.
Die gemäß § 22 VerfGHG zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen
Verfassungsbeschwerden haben keinen Erfolg.
1. Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig. Gemäß § 49 Abs. 1 VerfGHG kann
jedermann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt des Landes Berlin in einem
seiner in der Verfassung von Berlin enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die
Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof erheben. Soweit Gegenstand der
Verfassungsbeschwerde die Anwendung von Bundesrecht ist, wie hier die straf- und
zivilrechtlichen Regelungen zur Unterlassung von Ehrverletzungen, ist der
Verfassungsgerichtshof grundsätzlich berechtigt, Entscheidungen der Berliner Gerichte
am Maßstab solcher in der Verfassung von Berlin verbürgten Individualrechte zu
messen, die den im Grundgesetz gewährleisteten Grundrechten entsprechen. Solche
Individualrechte sind, soweit sie inhaltlich mit den Grundrechten des Grundgesetzes
übereinstimmen, auch dann von der rechtsprechenden Gewalt des Landes Berlin zu
beachten, wenn diese Bundesrecht anwendet.
Art. 14 Abs. 1 VvB garantiert die Meinungsäußerungsfreiheit nur innerhalb der Gesetze
und schränkt diese dadurch in stärkerem Maße ein als nach Bundesrecht (vgl. den
qualifizierten Gesetzesvorbehalt in Art. 5 Abs. 2 GG). Eine derartige schrankendivergente
Parallelverbürgung von Grundrechten auf Bundes- und Landesebene steht jedoch, da
das stärker eingeschränkte Landesgrundrecht im Sinne einer (zusätzlichen)
Mindestgarantie auf der Ebene der Landesverfassung zu verstehen ist, der Annahme
einer Übereinstimmung mit dem entsprechenden Bundesgrundrecht und damit der
Anwendung durch den Verfassungsgerichtshof nicht entgegen (vgl. Beschluss vom 20.
Dezember 1999 - VerfGH 56/99, 56 A/99 -).
2. Die Verfassungsbeschwerden sind jedoch unbegründet; die mit ihnen angegriffenen
Entscheidungen des Landgerichts und des Kammergerichts halten einer
verfassungsrechtlichen Überprüfung stand.
Der Begriff der Meinung in Art. 14 Abs. 1 VvB ist - in Übereinstimmung mit der ständigen
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG -
grundsätzlich weit zu verstehen. Sofern eine Äußerung durch die Elemente der
Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, ist das Grundrecht auf freie
Meinungsäußerung berührt. Davon zu unterscheiden sind Tatsachenbehauptungen.
Doch auch diese sind durch das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit geschützt,
wenn sie Voraussetzung der Bildung von Meinungen sind (vgl. zum Bundesrecht:
BVerfGE 85, 1 (15 f.)). Ausschlaggebendes Kriterium für die Eröffnung des sachlichen
Schutzbereiches ist die Wahrheit der Tatsachenbehauptung. Die erwiesen oder bewusst
unwahre Tatsachenbehauptung fällt aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG heraus
(BVerfGE 61, 1 (18); 88, 185 (197)).
a) Die in den angegriffenen landgerichtlichen Urteilen jeweils zu 1. und 2. und im Urteil
vom 11. Dezember 2003 zu 3. ausgesprochenen Unterlassungs- und die hierauf
bezogenen Widerrufspflichten betreffen - wie zutreffend vom Landgericht Berlin
festgestellt und vom Kammergericht Berlin bestätigt - Tatsachenbehauptungen.
Gegenstand dieser Behauptungen sind konkrete Vorgänge in der Vergangenheit, die
sinnlich wahrnehmbar in die Wirklichkeit getreten und damit dem Beweis zugänglich sind.
Der dem Beschwerdeführer obliegende Wahrheitsbeweis ist ihm nach den Feststellungen
des Landgerichts nicht gelungen. In diesem Fall findet nur dann eine Abwägung zwischen
der Bedeutung einerseits der Meinungsfreiheit und andererseits des Rechtsguts, in
dessen Interesse sie eingeschränkt ist, statt, wenn eine Wahrnehmung berechtigter
Interessen gemäß § 193 StGB vorliegt. Die Anwendung und Auslegung dieses Begriffs ist
im Einzelnen Sache der Zivilgerichte. Der Verfassungsgerichtshof darf nur eingreifen,
wenn die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts in Frage steht, wenn die
Fachgerichte also bei der gebotenen Abwägung zwischen dem Grundrecht der
Meinungsfreiheit und dem dieses einschränkenden Gesetz Bedeutung und Tragweite des
betroffenen Grundrechtes verkannt haben.
Das ist hier nicht der Fall. Die Fachgerichte haben darauf abgestellt, dass der
Beschwerdeführer weder ein persönliches Interesse ins Feld führen könne noch eine
Stellung inne habe, vermittels derer er sich zur Wahrnehmung eines fremden Interesses
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Stellung inne habe, vermittels derer er sich zur Wahrnehmung eines fremden Interesses
berufen fühlen könne. Dies ist bei dem vom Beschwerdeführer unterbreiteten
Sachverhalt verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Fachgerichte sind weiterhin
der Meinung, dass der Beschwerdeführer sich auch nicht auf ein etwaiges berechtigtes
Interesse an der Wahrnehmung der Belange der Allgemeinheit berufen könne. Dabei
verkennen sie nicht, dass es auch im Interesse der Allgemeinheit liegt, wenn jemand im
Rahmen der Meinungsfreiheit rechtsradikalem Gedankengut mit Entschiedenheit
entgegen tritt. Gerade deshalb weist das Kammergericht jedoch zu Recht darauf hin,
dass Behauptungen, die jemanden als Sympathisanten solchen Gedankengutes
erscheinen lassen, einen schwerwiegenden Vorwurf enthalten und deshalb nicht
leichtfertig erhoben werden dürfen. Wenn die Fachgerichte vor diesem Hintergrund im
Rahmen einer sachgerechten Abwägung der wechselseitig betroffenen Grundrechte
unter Würdigung des konkreten Sachverhalts zu dem Ergebnis kommen, dass der
Beschwerdeführer gerade wegen der Nichterweislichkeit der Tatsachen mit ihrer
Behauptung nichts zur Wahrnehmung der Belange der Allgemeinheit beitragen konnte,
so ist das verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
b) Soweit der Beschwerdeführer verpflichtet wurde, seine von den einzelnen
Tatsachenbehauptungen abgeleiteten Werturteile zu unterlassen, ist der Schutzbereich
der Meinungsfreiheit ebenfalls berührt. Das Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 VvB findet
seine Schranken jedoch innerhalb der Gesetze. Diese sind allerdings als
grundrechtsbeschränkende Vorschriften des einfachen Rechts wiederum im Lichte des
eingeschränkten Grundrechts auszulegen, damit dessen wertsetzende Bedeutung für
das einfache Recht auch auf der Rechtsanwendungsebene zur Geltung kommt. Das führt
im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale der einfachrechtlichen
Vorschriften regelmäßig zu einer fallbezogenen Abwägung zwischen der Bedeutung der
Meinungsfreiheit und dem Rang des durch die Meinungsäußerung beeinträchtigten
Rechtsguts, das das einfache Recht schützen will. Dieses Rechtsgut ist vorliegend die
Ehre der Herren T. und B.
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Fachgerichte sich bei
Meinungsäußerungen, die eng mit Tatsachenbehauptungen zusammen erklärt werden,
im Rahmen der Abwägung der betroffenen Rechtsgüter auch mit der Tatsache
auseinandersetzen, dass sich wertende und tatsächliche Elemente in einer Äußerung so
vermengen, dass diese zwar insgesamt als Werturteil anzusehen ist, einzelne
Bestandteile jedoch auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden können. Baut die
Meinungsäußerung auf erwiesen falschen oder bewusst unwahren
Tatsachenbehauptungen auf, so wird regelmäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit
hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut
zurücktreten. In allen anderen Fällen unwahrer oder jedenfalls nicht erweislich wahrer
Tatsachenbehauptungen ist dagegen zu beachten, dass an die Wahrheitspflicht im
Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden dürfen, die die
Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so auf die
Meinungsfreiheit insgesamt einschnürend wirken könnten (vgl. zum Bundesrecht:
BVerfGE 61, 1 (8); 85, 1 (15)). Die Gerichte müssen dann im Einzelnen prüfen, welchen
Wahrheitsgehalt die dem Werturteil vorangehenden Tatsachenbehauptungen haben
könnten und welche Anhaltspunkte der Wertende für diesen Wahrheitsgehalt hatte.
Solche Anhaltspunkte haben die Fachgerichte im Rahmen ihrer Beweisaufnahme nicht
feststellen können. Vor diesem Hintergrund sind ihre Ergebnisse verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden.
Das Landgericht hat darauf abgestellt, dass die zu den Werturteilen vorgetragenen
Einzeltatsachen ungenügend bzw. nicht bewiesen sind sowie nicht die Ableitung
rechtfertigen, die Herren T. und B. seien rechtsradikal und verbreiteten rechtsextremes
Gedankengut. Ob letztere Auffassung der Bedeutung der Meinungsfreiheit bei der
Bildung von Werturteilen gerecht wird, kann dahinstehen. Das Kammergericht hat
insoweit nämlich im Rahmen seiner Überprüfung der Entscheidungen des Landgerichts
ausgeführt, dass diese schwerwiegenden und verkürzten Vorwürfe unter Abwägung der
widerstreitenden Grundrechte von der Meinungsfreiheit nur dann gedeckt wären, wenn
nachvollziehbare Tatsachen zumindest die subjektive Wertung des Beschwerdeführers
verständlich machen würden. Solche seien jedoch nicht ersichtlich. Die Ausführungen
des Kammergerichts zeigen dabei, dass es eine einzelfallbezogene Abwägung, die auch
die verfassungsrechtlich geschützten Positionen des Beschwerdeführers sachgerecht
berücksichtigt, vorgenommen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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