Urteil des VerfGH Berlin vom 13.03.2017

VerfGH Berlin: beschlagnahme, öffentliches interesse, verfassungsbeschwerde, stimme, beweismittel, leiter, durchsuchungsbefehl, telefon, schwein, straftat

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
86/03, 86 A/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 6 Verf BE, Art 7 Verf BE, Art
28 Abs 2 Verf BE, § 94 StPO, §
102 StPO
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I. 1. Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die
Durchsuchung seiner Wohnräume sowie die Beschlagnahme von Gegenständen im
Rahmen eines gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens (56 Js 482/03), dem
folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:
Der Leiter der JVA Moabit erhielt am 9. Februar 2003 einen Telefonanruf in seinem
Privathaus. Der Anrufer meldete sich nicht namentlich. Im Rahmen des
Telefongesprächs behauptete der Anrufer, der Angerufene sei für den Tod seines
Bruders verantwortlich. Der Anrufer soll gedroht haben, den Angerufenen umzubringen.
Am 10. Februar 2003 rief ein Anrufer den Leiter der JVA Moabit in dessen Amtsräumen
an. Der Anrufer soll u. a. gesagt haben: „Sie werden getötet aus Rache für meinen
Bruder!“ und den Angerufenen „Dreckschleuder und perverses Schwein“ genannt
haben. Ein Zeuge des Telefonats gab an, die Stimme des Beschwerdeführers erkannt zu
haben. Als der Zeuge den Anrufer unter Nennung des Namens des Beschwerdeführers
direkt ansprach, legte der Anrufer sofort auf. Der Leiter der JVA Moabit gab an, dass es
sich bei dem Anrufer um den Anrufer vom Vortag handelte.
Daraufhin leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den
Beschwerdeführer wegen Tatverdachts gemäß §§ 185, 241 StGB ein und beantragte am
13. Februar 2003 beim Amtsgericht Tiergarten den Erlass eines Durchsuchungsbefehls
für die Wohn- und Nebenräume des Beschwerdeführers.
2. Mit Beschluss vom 28. Februar 2003 ordnete das Amtsgericht die Durchsuchung der
Wohn-, Geschäfts- und Nebenräume des Beschwerdeführers an, weil „die Durchsuchung
zum Auffinden von Beweismitteln, nämlich Unterlagen, insbesondere Schriftstücken, die
eine Verbindung des Beschuldigten, der nach seinen eigenen Worten bei dem
Telefongespräch am 10. Februar 2003 Insasse der JVA Moabit gewesen ist, und dem
Angerufenen, sowie ein Motiv für seine Anrufe, belegen, führen wird.“ Es wird ausgeführt,
dass der Beschuldigte in dem Verdacht stehe, den Leiter der JVA Moabit telefonisch am
9. Februar 2003 unter dessen Privatnummer sowie am 10. Februar 2003 unter dessen
Dienstnummer angerufen und am 9. Februar 2003 mit den Worten, er werde sich
rächen, der Angerufene sei doch der Leiter der JVA Moabit, er werde diesen umbringen,
sowie am 10. Februar 2003 u.a. mit den Worten: „... Tun Sie nicht so blöde! Sie feiges
Schwein ... Sie haften mir persönlich. Sie werden getötet. Sie werden getötet - aus
Rache für meinen kleinen Bruder ... Sie perverses Schwein ...Was Sie für Leid erzeugen,
Sie Dreckschleuder ...“ beleidigt und bedroht zu haben.
Die Anordnung der Durchsuchung in dem vorgenannten Umfang sei im Hinblick auf den
Tatvorwurf und die Stärke des Tatverdachts verhältnismäßig, insbesondere seien mildere
Maßnahmen beim derzeitigen Ermittlungsstand nicht ersichtlich.
Die Durchsuchung fand am 9. April 2003 zusammen mit einer Durchsuchung im
Ermittlungsverfahren 56 Js 911/03 statt. Hinsichtlich dieser weiteren Durchsuchung ist
das Verfassungsbeschwerdeverfahren VerfGH 87/03 anhängig.
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Bei der Durchsuchung wurden laut Beschlagnahmeprotokoll ein Schnellhefter
„Verleihung der SS Dienstauszeichnung“, diverse Zettel „Worte an Hitlersoldaten“, zwei
Leitzordner mit diversen Aufzeichnungen über Gerichtsverfahren, ein Zeitungsausschnitt
„Berliner Kurier“, 10 Briefe Hauspost JVA Tegel, ein Handy „Philips“ D 2 GSM TCD 128/H4
und ein DIN-A-4-Blatt mit diversen Telefonnummern beschlagnahmt. Der
Beschwerdeführer wurde anlässlich der Durchsuchung vernommen und stritt die
Tatvorwürfe ab.
Gegen die Beschlagnahme der Gegenstände erhob der Beschwerdeführer am 9. April
2003 Widerspruch. Ebenfalls unter dem 9. April 2003 legte der Beschwerdeführer
Beschwerde gegen den Durchsuchungsbefehl des Amtsgerichts ein.
Am 15. April 2003 erhielt der Beschwerdeführer bis auf den Zeitungsausschnitt „Berliner
Kurier“, das DIN-A-4-Blatt und das Handy die beschlagnahmten Gegenstände zurück.
Die Staatsanwaltschaft beantragte unter dem 16. April 2003 die richterliche Bestätigung
der fortdauernden Beschlagnahme der nicht zurückgegebenen Gegenstände.
Mit Schreiben vom 27. April 2003 beantragte der Beschwerdeführer mit Antrag nach §
23 EGGVG beim Kammergericht die Feststellung, dass die Art der Durchsuchung
rechtswidrig gewesen sei.
Mit Beschluss vom 2. Mai 2003 bestätigte das Amtsgericht die Beschlagnahme der
weiterhin beschlagnahmten Gegenstände. Als Begründung gab es an, dass die
Gegenstände als Beweismittel dienten und mildere Maßnahmen zur Erreichung des
Untersuchungsziels beim jetzigen Stand der Ermittlung nicht ersichtlich seien. Mit
weiterem Beschluss am selben Tag unter demselben Aktenzeichen wurde die
Rechtmäßigkeit der Vollstreckung der Durchsuchung festgestellt.
Am 12. Mai 2003 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen die Beschlüsse des
Amtsgerichts vom 2. Mai 2003.
Das Landgericht verwarf die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den
Durchsuchungsbefehl des Amtsgerichts vom 28. Februar 2003 mit Beschluss vom 21.
Mai 2003 als unbegründet. Zur Begründung führte das Landgericht aus, die Beschwerde
sei „aus den weiter zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung“ zu
verwerfen. Der erforderliche Anfangsverdacht habe aufgrund eines Wiedererkennens der
Stimme durch einen Zeugen vorgelegen.
Mit Beschluss vom 1. Juli 2003 verwarf das Landgericht die gegen die Beschlüsse des
Amtsgerichts vom 2. Mai 2003 gerichteten Beschwerden des Beschuldigten „aus den
weiter zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung“.
Mit Beschluss vom 20. August 2003 wies das Kammergericht den Antrag des
Beschwerdeführers vom 27. April 2003 als unzulässig zurück, soweit er sich nicht auf die
Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme bereits freigegebener Beweismittel
bezog. Insoweit verwies das Kammergericht das Verfahren an den zuständigen
Ermittlungsrichter des Amtsgerichts. Zur Begründung führte es aus, dass der Rechtsweg
nach den §§ 23 ff. EGGVG nicht eröffnet sei, wenn die ordentlichen Gerichte bereits
aufgrund anderer Vorschriften angerufen werden könnten. Dies sei hier der Fall.
3. Der Beschwerdeführer begehrt mit seiner Verfassungsbeschwerde festzustellen, dass
die die Durchsuchung betreffenden Beschlüsse des Amtsgerichts und Landgerichts
seine Grundrechte aus Art. 23 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 2 VvB verletzen, sowie die
Beschlagnahmeentscheidung des Polizeipräsidenten in Berlin vom 9. April 2003 und die
sie bestätigenden Gerichtsentscheidungen aufzuheben und die Sache zur Entscheidung
über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Landgericht zurückzuverweisen.
Der Beschwerdeführer trägt vor, in dem Durchsuchungsbefehl des Amtsgerichts sei
nicht mitgeteilt worden, warum ein Anfangsverdacht gegen ihn bestehe. Zwar sei im
Beschluss des Landgerichts vom 21. Mai 2003 angeführt, dass ein Zeuge die Stimme
des Anrufers wieder erkannt habe. Ein solches „Nachschieben“ von Gründen sei
unzulässig. Der Zeuge habe sich durch heimliches Mithören strafbar gemacht, seine
Aussage sei nicht verwertbar. Auch sei die Durchsuchung nicht verhältnismäßig.
Zudem beantragt der Beschwerdeführer den Erlass einer einstweiligen Anordnung, durch
die die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet werden, mit der Auswertung der
beschlagnahmten Gegenstände bis zu einer Entscheidung über die
Verfassungsbeschwerde durch den Verfassungsgerichtshof zu warten.
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Dem Polizeipräsidenten in Berlin, der Staatsanwaltschaft Berlin und den Präsidenten des
Amtsgerichts Tiergarten sowie des Landgerichts Berlin ist Gelegenheit zur
Stellungnahme gegeben worden. Die Staatsanwaltschaft Berlin weist darauf hin, dass
mit der Auswertung der sichergestellten Gegenstände bis zum Abschluss des
Verfassungsbeschwerdeverfahrens nicht begonnen werde.
II. 1. Die Verfassungsbeschwerde ist auch zu den Durchsuchungsentscheidungen
zulässig. Auch wenn die Durchsuchung als erledigt angesehen werden kann, besteht für
die Verfassungsbeschwerde ein Rechtsschutzbedürfnis. Bei besonders tief greifenden
und folgenschweren Grundrechtsverstößen muss von einem Fortbestehen des
Rechtsschutzbedürfnisses trotz Erledigung ausgegangen werden, wenn sich die direkte
Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränkt, in
welcher der Betroffene eine Entscheidung über seine Verfassungsbeschwerde kaum
erlangen kann. Der Gedanke des effektiven Rechtsschutzes gebietet es dann, dass der
Betroffene den Grundrechtseingriff gerichtlich überprüfen lassen kann. Demgemäß ist
das Rechtsschutzbedürfnis bei Durchsuchungen stets auch dann zu bejahen, wenn die
Durchsuchung bereits abgeschlossen war (Beschluss vom 11. Februar 1999 - VerfGH
25/97, 25 A/97 und 60/97 - LVerfGE 10, 49 ff.; BVerfG NJW 1997, 2163 <2164>; NJW
1991, 690).
2. Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch unbegründet.
a) Die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts, welche die Durchsuchung
zum Gegenstand haben, sind verfassungsgemäß und verletzen den Beschwerdeführer
nicht in seinem Grundrecht aus Art. 28 Abs. 2 VvB.
Eine Durchsuchung von Wohnräumen greift regelmäßig schwerwiegend in die
grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen und damit in den
Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 28 Abs. 2 VvB ein. Aus Gründen der
Rechtsstaatlichkeit sind deshalb Mindestanforderungen an den Inhalt der Anordnung
einer Durchsuchung zu stellen (BVerfGE 42, 212 <218 ff.>). Diese steht ebenso wie ihre
Anordnung von vorneherein unter dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Der jeweilige Eingriff muss insbesondere in einem angemessenen Verhältnis zur
Schwere der Straftat und Stärke des Tatverdachts stehen (für Art. 13 GG: BVerfGE 20,
162 <186 f.>, 42, 212 <219 f.>, 59, 95 <97>). Ferner verstößt die gerichtliche
Anordnung einer Durchsuchung gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 10 VvB), wenn
sich für sie keine sachlich zureichenden, plausiblen Gründe finden lassen, so dass ihr
Ergebnis nicht mehr verständlich ist und sich somit der Schluss auf Willkür aufdrängt (für
Art. 3 Abs. 1 GG: BVerfG NJW 1991, 690 <691>; BVerfGE 59, 95 <97>). Es ist Aufgabe
des Richters, von vorneherein für eine angemessene Begrenzung der
Zwangsmaßnahme Sorge zu tragen. Dazu gehört, dass er durch eine geeignete
Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und
Zumutbaren sicherstellt, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar
bleibt. Ein Durchsuchungsbefehl, der keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des
Tatvorwurfs enthält und der zudem weder die Art noch den denkbaren Inhalt der
Beweismittel, denen die Durchsuchung gilt, erkennen lässt, wird diesen Anforderungen
jedenfalls dann nicht gerecht, wenn solche Angaben nach dem Ergebnis der
Ermittlungen ohne weiteres möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht
abträglich sind (BVerfG NJW 1999, 2176 mit Hinweis auf BVerfGE 42, 212 <220>; 96, 44
<51 f.>).
Der Beschluss des Amtsgerichts vom 28. Februar 2003 wird diesen Anforderungen nur
teilweise gerecht. Soweit dieser Beschluss die verfassungsrechtlichen Anforderungen
nicht erfüllt, ist der Beschwerdeführer gleichwohl nicht in seinen Grundrechten verletzt,
da ein diesbezüglicher Verfassungsverstoß im Beschwerdeverfahren durch Beschluss
des Landgerichts korrigiert wurde. Eine solche Heilung anfänglicher Mängel ist nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts möglich (BVerfG NJW 2003, S. 2669).
Dem schließt sich der Verfassungsgerichtshof an.
Der Beschluss des Amtsgerichts enthält tatsächliche Angaben über den Tatvorwurf, in
dem er zeitliche und örtliche Angaben zur Tat macht, den Geschädigten nennt und den
hier bedeutsamen teilweisen Wortlaut des Telefongesprächs wiedergibt. Damit hat das
Amtsgericht die Anforderungen erfüllt, die für die nötige Begrenzung der
Zwangsmaßnahme der Durchsuchung erforderlich sind.
Nach der tatsächlichen Ausgangslage bestand auch ein Tatverdacht, welcher die
Durchsuchung rechtfertigen konnte. Nach Angaben der Strafanzeige der Polizei hat ein
Kollege des Geschädigten das Gespräch am 10. Februar 2003 mitgehört und in der
Stimme des anonymen Anrufers die Person des Beschwerdeführers wiedererkannt. Dass
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Stimme des anonymen Anrufers die Person des Beschwerdeführers wiedererkannt. Dass
dieses Mithören bei einem dienstlichen Telefongespräch rechtswidrig war, so dass die
Zeugenaussage des Mithörenden unverwertbar wäre, ist nicht ersichtlich. Der
Geschädigte selbst erkannte in der Stimme des Anrufers vom 10. Februar 2003 die
Stimme des Anrufers vom vorherigen Tage. Damit war ein Anfangsverdacht gemäß §§
185, 241 StGB gegen den Beschwerdeführer gegeben.
Die Verhältnismäßigkeit der Anordnung der Zwangsmaßnahme war gewahrt. Die
Durchsuchung stand in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Straftat und
der Stärke des Tatverdachts. Eine Durchsuchung erschien hier vor dem Hintergrund der
Schwere der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Vergehen als gerechtfertigt. Denn
der Anrufer hat den Geschädigten mit einem gravierenden Verbrechen, einem Mord aus
Rachemotiven, bedroht. Der Geschädigte konnte auch nicht wissen oder erkennen, um
wen es sich bei dem Bedrohenden handelte. Durch die anonyme Übermittlung der
Bedrohung am Telefon gewann diese einen besonders ernsten äußerlichen Rahmen.
Auch musste der Täter davon ausgehen, dass der Geschädigte hinsichtlich seiner
dienstlichen Funktion die Bedrohungen in besonderer Weise ernst nehmen und
befürchten würde, dass es sich bei der Bedrohung nicht nur um einen „Spaßanruf“
handelte, sondern eine Realisierung des angekündigten Verbrechens tatsächlich
bevorstehen könnte.
Ebenso rechtfertigt die Intensität des Tatverdachts die Durchsuchung. Ein Kollege des
Geschädigten erkannte die Stimme und ordnete sie dem Beschwerdeführer, den er als
früheren Gefangenen kannte, ohne Zweifel zu. Ein weiteres Indiz für die Stärke des
Tatverdachts ist die Tatsache, dass der Anrufer das Telefongespräch sofort abbrach,
nachdem der Zeuge ihn mit dem Namen des Beschwerdeführers ansprach.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine Vernehmung des Beschwerdeführers zeitlich vor
der Durchsuchung wesentlich zum Ermittlungserfolg beigetragen hätte und damit ein
gleich geeignetes, aber milderes Mittel dargestellt hätte. Insoweit bestand vielmehr die
Gefahr des Verlustes möglicher Beweismittel.
Der Beschluss des Landgerichts vom 21. Mai 2003 erfüllt alle verfassungsrechtlichen
Anforderungen, soweit er bezüglich der Angaben zum Tatvorwurf und zu den
Beweismitteln auf den Beschluss des Amtsgerichts Bezug nimmt. Soweit
verfassungsrechtlich bedenklich erscheint, dass das Amtsgericht in seinem Beschluss
nicht erkennen ließ, warum es von einem Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer
ausging, sind diese Bedenken durch den Beschluss des Landgerichts ausgeräumt
worden. Das Landgericht führte hierzu aus, dass ein Zeuge die Stimme wiedererkannt
habe und damit der erforderliche Anfangsverdacht vorlag. Damit erfüllte das Landgericht
die bestehenden verfassungsrechtlichen Begründungspflichten, indem es dem
Beschwerdeführer ermöglichte, Kenntnis vom Tatvorwurf einschließlich eines
bestehenden Anfangsverdachts zu nehmen. Dass der Zeuge nicht mit Namen und mit
dem wesentlichen Inhalt seiner Aussage genannt wurde, ist unschädlich. Denn es sind
nur solche Kennzeichnungen zu machen, die den Zwecken der Strafverfolgung nicht
abträglich sind.
b) Ebenso sind die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts, welche die
Beschlagnahme verschiedener möglicher Beweismittel zum Inhalt haben,
verfassungsgemäß und verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht aus
Art. 7 i. V. m. Art. 6 VvB.
Dieses Grundrecht gewährt dem einzelnen Bürger einen unantastbaren Bereich privater
Lebensgestaltung, der der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen ist. Das
verfassungsrechtliche Gebot, die Intimsphäre des Einzelnen zu achten, findet seine
Grundlage in dem durch Art. 7 VvB garantierten Grundrecht auf freie Entfaltung der
Persönlichkeit. Bei der Bestimmung von Inhalt und Reichweite dieses Grundrechts muss
berücksichtigt werden, dass nach Art. 6 VvB die Würde des Menschen unantastbar ist
und gegenüber aller staatlicher Gewalt Achtung und Schutz beansprucht (für Art. 2 Abs.
1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG BVerfGE 32, 373 <378 f.>, vgl. Beschluss vom 11. Februar
1999, a.a.O. - LVerfGE 10, 49 ff.). Diesem Schutzbereich unterfallen grundsätzlich auch
Maßnahmen der Beschlagnahme gemäß § 94 StPO.
Jedoch können diejenigen Maßnahmen das Grundrecht gemäß Art. 6 i. V. m. Art. 7 VvB
nicht verletzen, welche im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter strikter
Wahrung der Verhältnismäßigkeit getroffen werden (für das Bundesrecht vgl. BVerfGE
32, 373 <379>). Ein solches öffentliches Interesse besteht in den unabweisbaren
Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung (BVerfGE 77, 65 <76> mit Hinweis auf
BVerfGE 19, 342 <347>; 20, 45 <49>; 20, 144 <147>; 33, 367 <383>) und in dem
Interesse an einer möglichst umfassenden Wahrheitsermittlung im Strafverfahren
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Interesse an einer möglichst umfassenden Wahrheitsermittlung im Strafverfahren
(BVerfGE 77, 65 <76> mit Hinweis auf BVerfGE 32, 373 <381>; 33, 367 <383>). Wie
auch die Zwangsmaßnahme der Durchsuchung muss die Beschlagnahme in einem
angemessenen Verhältnis zur Schwere der Tat und zur Stärke des Tatverdachts stehen
und für die Ermittlungen notwendig sein (BVerfGE 20, 162 <186>). Im Rahmen dieser
Abwägung kommt es bei der Beschlagnahme i. S. d. § 94 StPO lediglich auf die
potentielle Beweiseignung an (BVerfG NJW 1995, 2839).
Diese verfassungsrechtlichen Anforderungen werden von der
Beschlagnahmeentscheidung des Polizeipräsidenten und den Beschlüssen des
Amtsgerichts vom 2. Mai 2003 sowie des Landgerichts vom 1. Juli 2003 erfüllt.
Die Beschlagnahme von Gegenständen war angesichts der bereits erörterten Schwere
der Straftat sowie der Stärke des Tatverdachts angemessen. Vorliegend war die
Beschlagnahme der Gegenstände auch geeignet, da schriftlichen Beweisstücken oder
einem mobilen Telefon mit seinem gespeicherten Verzeichnis von Telefonnummern und
dem Verlauf der getätigten Anrufe ein höherer Beweiswert als einer Zeugenaussage
zukommen kann. Es ist nicht ersichtlich, dass es den Gegenständen an einer
potentiellen Beweiseignung fehlt und die Beschlagnahme insoweit willkürlich erschien.
Der in der Wohnung des Beschwerdeführers aufgefundene Zeitungsausschnitt mit einem
Bericht über einen anonymen Anrufer, der mit einer Bombe in der JVA Tegel drohte, mag
dem vorliegenden Fall anonymer Bedrohung mittels Telefon ähnlich sein und erhält
durch das Auffinden gerade in der Wohnung des Beschwerdeführers potentielle
Beweiseignung. Auch der Zettel mit Telefonnummern steht im Zusammenhang mit dem
Tatvorwurf. Ebenfalls kann das mobile Telefon durch Feststellung der angerufenen oder
abgespeicherten Telefonnummern Beweis erbringen. Dass die Beschlüsse vorliegend
keine detaillierte Erörterung der Beweiseignung enthalten, ist unschädlich, da zwar
einfachgesetzliche Begründungspflichten verletzt sein mögen (§ 34 StPO), dem jedoch
keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen. Bei der Beschlagnahme i. S. d.
§ 94 StPO verlangt das Verfassungsrecht keine so umfassende Begründung wie bei der
Durchsuchung gemäß § 102 StPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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