Urteil des VerfG Brandenburg vom 14.03.2017

VerfG Brandenburg: verfassungsbeschwerde, grundrecht, verfassungsgericht, erlass, eigentümer, denkmalschutz, sammlung, auslagerung, quelle, link

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Gericht:
Verfassungsgericht
des Landes
Brandenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
21/10, 10/10 EA
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 34 Abs 2 Verf BB, Art 34 Abs
3 Verf BB, § 45 Abs 1 VerfGG BB
Tenor
1. Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe
A.
Die Beschwerdeführer erstreben den Erhalt der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte in Königs
Wusterhausen, Ortsteil Niederlehme.
I.
Am 7. Februar 1933 traf sich die Spitze der KPD zu einer letzten illegalen Tagung unter
dem Vorsitz Thälmanns in Niederlehme (heute Ortsteil der Stadt Königs Wusterhausen).
Die Gaststätte „Sporthaus Ziegenhals“, in der das Treffen stattfand, ist nach Ende des
Zweiten Weltkriegs abgerissen worden; in einem an gleicher Stelle neuaufgebauten
Gebäude wurde im Jahr 1958/59 eine Ernst-Thälmann-Gedenkstätte eingerichtet. Diese
ist in der Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragen.
Von 1990 bis Ende 2002 nutzte der Beschwerdeführer zu 1. die Gedenkstätte aufgrund
privatrechtlicher Vereinbarungen mit dem jeweiligen Eigentümer. Der jetzige Eigentümer
ist nach einem im Mai 2009 mit der Unteren Denkmalbehörde vor dem
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg geschlossenen Vergleich berechtigt, die
Gedenkstätte von ihrem Standort zu entfernen.
Zur Sicherung der Gedenkstätte wandten sich die Beschwerdeführer erstmals am 22.
Dezember 2009 mit einer Verfassungsbeschwerde an das Verfassungsgericht des
Landes Brandenburg und beantragten zugleich den Erlass einer einstweiligen
Anordnung. Sie rügten eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 34 der Verfassung des
Landes Brandenburg (LV). Als Grundrecht gewährleiste Art. 34 Abs. 2 LV den Schutz und
die Förderung des kulturellen Erbes. In dieses Grundrecht sei eingegriffen worden. Der
von der Verfassung gebotene Schutz sei in dem Brandenburgischen
Denkmalschutzgesetz und der Verwaltungspraxis unzulänglich umgesetzt worden sei.
Der Eingriff sei nicht durch entgegenstehende Eigentümerinteressen gerechtfertigt.
Jedenfalls hätte die Gedenkstätte enteignet werden können. Die Anträge hatten keinen
Erfolg. Die Beschwerdeführer seien nicht beschwerdebefugt, so das Verfassungsgericht
in seinem Beschluss vom 21. Januar 2010 (VfGBbg 54/09 und VfGBbg 12/09 EA, NVwZ-
RR 2010, 337 = www.verfassungsgericht.branden- burg.de). Art. 34 Abs. 2 und 3 LV
gewährleiste kein Grundrecht. Die weitgehend unbestimmte Formulierung der
Verfassung lasse keinen Raum für die Annahme, der Zweck gehe dahin, subjektive
Rechte des Einzelnen oder einer gesellschaftlichen Gruppe gegen den Staat – etwa auf
Schutz der Kunst und der Kulturdenkmäler – zu begründen. Vielmehr liege eine
Staatszielbestimmung vor.
II.
Nachdem (nach Auslagerung des Inventars der Gedenkstätte) der Eigentümer mit dem
Abriss des Hauses begonnen hat, haben die Beschwerdeführer am 5. Mai 2010 erneut
Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung zum
Erhalt des bedrohten Gebäudes beantragt. Sie tragen vor, die unter Denkmalschutz
stehende Gedenkstätte werde entgegen der Gewährleistung des Art. 34 LV nicht
geschützt. Die Änderung des Denkmalschutzgesetzes und die Berücksichtigung der
Interessen des Grundstückseigentümers stünden mit den verfassungsrechtlichen
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Interessen des Grundstückseigentümers stünden mit den verfassungsrechtlichen
Vorgaben nicht im Einklang. Der Stopp der Abrissarbeiten sei erforderlich, um eine
Prüfung der Beseitigungsvoraussetzungen zu ermöglichen.
B.
Die Anträge haben keinen Erfolg.
I.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
Die Beschwerdeführer sind nach wie vor nicht beschwerdebefugt. Es bleibt dabei, dass
Art. 34 Abs. 2 LV eine Staatszielbestimmung enthält, nicht aber ein Grundrecht auf
Schutz des kulturellen Erbes. Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von
Staatszielbestimmungen aber nicht gerügt werden (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 LV). Die
Abrissarbeiten als solche ändern an der Verfassungsrechtslage nichts. Eine für die
Beschwerdeführer günstigere Beurteilung ist indes nicht mit Blick auf den von ihnen
herangezogenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Verhältnis von
Denkmalschutz und Eigentumsgarantie geboten (Entscheidung vom 14. April 2010 – 1
BvR 2140/08 -, juris). Unabhängig von ihrer Bedeutung für die einfachgesetzliche
Rechtslage besagt die Entscheidung nichts zu der Frage, ob Art. 34 LV Grundrecht oder
Staatsziel ist.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen. Eine einstweilige
Anordnung kommt nicht in Betracht, wenn das Begehren in der Hauptsache erfolglos ist.
C.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
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