Urteil des VerfG Brandenburg vom 16.02.1987

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Gericht:
Verfassungsgericht
des Landes
Brandenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
15/95
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 45 Abs 2 VerfGG BB, § 894
BGB
VerfG Potsdam: Mangels Ausschöpfung zumutbarer
einfachgerichtlicher Rechtsschutzalternativen unter
Subsidiaritätsgesichtspunkten unzulässige
Verfassungsbeschwerde
Gründe
A.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Ablehnung eines
grundbuchrechtlichen Berichtigungsantrages sowie gegen die Zurückweisung eines auf
die entsprechende weitere Beschwerde bezogenen Prozeßkostenhilfebegehrens.
Die Beschwerdeführerin ist Erbin zu 1/3 ihrer am 16. Februar 1987 verstorbenen Mutter,
Frau F. geb. ...
Diese war Eigentümerin eines 6.740 qm großen Grundstücks in B. (verzeichnet im
Grundbuch B. Blatt ...)
Am 3. März 1978 schloß sie mit den Eheleuten L. einen vor dem damaligen Staatlichen
Notariat Cottbus aufgenommenen Grundstückskaufvertrag; in dessen § 1 ist als
Kaufgegenstand das Grundstück mit Grundbuchblatt und Flurbezeichnung aufgeführt.
Zugleich erklärten die damaligen Vertragsbeteiligten die Auflassung. Die Eheleute L.
wurden am 5. Mai 1978 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
Mit Schreiben vom 27 Februar 1994 stellte die Beschwerdeführerin bei dem Amtsgericht
Cottbus - Grundbuchamt - Antrag auf Berichtigung des Grundbuches. Sie machte
geltend, Gegenstand des Grundstückskaufvertrages aus dem Jahre 1978 sei der Sache
nach nicht das gesamte Grundstück, sondern nur ein 3.325 qm großer Teil desselben
gewesen.
Durch Beschluß vom 28. September 1994 wies das Amtsgericht Cottbus durch die
Rechtspflegerin den Antrag unter Hinweis auf die Bezeichnung des Kaufgegenstandes in
§ 1 des Kaufvertrages zurück (B. Blatt ...). Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies
das Landgericht Cottbus durch Beschluß vom 4. Januar 1995 zurück (5 T 341/94). Der
daraufhin bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht gestellte Antrag auf
Gewährung von Prozeßkostenhilfe zur Durchführung der weiteren Beschwerde gemäß §§
78 ff. Grundbuchordnung (GBO) blieb ohne Erfolg (Beschluß vom 10. Mai 1995 - 8 Wx
34/95 -, zugestellt am 23. Mai 1995).
Mit ihrer am 15. Juli 1995 bei dem Verfassungsgericht eingegangenen
Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus
Artikel 12 Abs. 1, 41 Abs 1 Satz 1 und 52 Abs. 3 und 4 der Landesverfassung.
Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, die von den Gerichten vorgenommene
Auslegung der Urkunde des Staatlichen Notariats Cottbus verletze bedeutsame
Strukturelemente der Landesverfassung. Die Auslegung sei im Lichte der Verfassung
nicht mehr verständlich und stelle Willkür dar. Durch die aus ihrer Sicht falsche
Eintragung im Grundbuch werde sie außerdem an der Verwertung ihres Grundstücks
gehindert; dies bedeute eine Verletzung ihres Eigentums. Darin, daß sie auf einen die
Entscheidung des Landgerichts tragenden rechtlichen Gesichtspunkt vor Erlaß der
Entscheidung nicht hingewiesen worden sei, liege zudem eine Verletzung rechtlichen
Gehörs. Schließlich sei der Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt worden: Das
Oberlandesgericht hätte sich zur Abwehr der ihr drohenden Eigentumsverletzung nicht
auf das Fehlen von öffentlichen Urkunden berufen dürfen; es hätte vielmehr von Amts
wegen Beweis erheben müssen.
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B.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
Es kann zunächst dahinstehen, ob der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin als
Lehrbeauftragter a.D. einem Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule
gleichzustellen ist und er deshalb die Beschwerdeführerin nach § 19 Abs. 1 des
Brandenburgischen Verfassungsgerichtsgesetzes (VerfGGBbg) vor dem
Verfassungsgericht wirksam vertreten kann; ebenso kann offenbleiben, ob er -
verneinendenfalls - nach Maßgabe des § 19 Abs. 3 VerfGGBbg als Beistand der
Beschwerdeführerin behandelt werden könnte.
Es bedurfte auch keiner Entscheidung, ob die Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf
das in der Sache nicht mehr durchgeführte Beschwerdeverfahren vor dem
Brandenburgischen Oberlandesgericht (§§ 78 ff. GBO) mangels Erschöpfung des
Rechtsweges (§ 45 Abs. 2 VerfGGBbg) unzulässig ist.
Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht jedenfalls der Grundsatz der
Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegen, wie er in § 45 Abs. 2 VerfGGBbg
seinen Ausdruck gefunden hat. Dieser Grundsatz fordert von einem Beschwerdeführer,
daß er über die Rechtswegerschöpfung hinaus alles im Rahmen seiner Möglichkeiten
Stehende getan hat, um eine etwaige Grundrechtsverletzung zu beseitigen oder zu
verhindern. Der Subsidiaritätsgrundsatz dient einer sachgerechten Aufgabenverteilung
zwischen dem Verfassungsgericht und den Fachgerichten. Demnach obliegt es vorrangig
den Fachgerichten, einfachrechtliche Vorschriften auszulegen und die zur Anwendung
der Vorschriften erforderlichen Ermittlungen sowie die Würdigung des Sachverhalts
vorzunehmen (ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichts des Landes
Brandenburg, vgl. Beschluß vom 20. Oktober 1994 - VfGBbg 12/94 - GewArch 1995, 414,
415; Beschluß vom 15. September 1994 - VfGBbg 5/94 - UPR 1995, 353; Beschluß vom
17. März 1994 - VfGBbg 11/93 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Hiernach kann sich
die Beschwerdeführerin nach Lage des Falles nicht in zulässiger Weise an das
Verfassungsgericht wenden. Sie kann ihr Rechtsschutzziel - Berichtigung des
Grundbuches zu ihren Gunsten - in zumutbarer Weise vor den ordentlichen Gerichten
verfolgen. Insbesondere möglich ist eine auf den sachenrechtlichen Anspruch aus § 894
BGB gestützte Klage auf Erteilung der Berichtigungsbewilligung gegen die Eheleute L.
Die gegebenenfalls in diesem Zusammenhange vorzunehmende Auslegung des
Grundstückskaufvertrages vom 3. März 1978 einschließlich der Auflassung sowie die
Bewertung der von der Beschwerdeführerin hierzu vorgelegten Schreiben gehört vor das
Fachgericht. Die Frage der Erfolgsaussicht einer Klage aus § 894 BGB muß hier
offenbleiben.
Da die Verfassungsbeschwerde erfolglos geblieben ist, war mangels hinreichender
Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung - auch der Antrag auf Bewilligung
von Prozeßkostenhilfe zurückzuweisen (§ 48 Satz 1 VerfGGBbg i.V.m. § 114 Satz 1
Zivilprozeßordnung).
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