Urteil des VerfG Brandenburg vom 19.02.2010

VerfG Brandenburg: vertreter, verfassungsgericht, verfassungsbeschwerde, erlass, richteramt, ermessen, rechtsschutz, beschränkung, kreis, lfg

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Gericht:
Verfassungsgericht
des Landes
Brandenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
30/10, 21/10 EA
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 19 Abs 1 VerfGG BB, § 19 Abs
3 VerfGG BB, § 79 Abs 2 S 2 Nr
2 Alt 2 ZPO
Leitsatz
Personen sind nicht allein wegen ihrer Befähigung zum Richteramt zur Vertretung in den
Verfahren vor dem Verfassungsgericht des Landes Brandenburg berechtigt.
Tenor
1. Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
2. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe
A.
I.
Der Beschwerdeführer hat den Angaben seines Vertreters in den vorliegenden Verfahren
zufolge Vollstreckungsabwehrklage beim Amtsgericht Eisenhüttenstadt (Az.: 7 F 257/03)
erhoben, über die noch nicht entschieden sei.
Am 19. Februar 2010 wandte der Vertreter des Beschwerdeführers sich in dessen
Namen erstmals an das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg mit dem Antrag
festzustellen, dass die Untätigkeit des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt im Verfahren 7 F
257/03 Grundrechte des Beschwerdeführers verletze, und beantragte zugleich den
Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Anträge hatten keinen Erfolg. Die
Verfassungsbeschwerde sei durch den Vertreter des Beschwerdeführers nicht wirksam
erhoben worden. Der Vertreter erfülle weder die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1
Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) noch sei er nach § 19 Abs. 3
VerfGGBbg als Beistand zuzulassen (Beschluss vom 20. Mai 2010 - VfGBbg 9/10 und
VfGBbg 4/10 EA, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).
II.
Der Vertreter des Beschwerdeführers hat am 25. Juni 2010 erneut in dessen Namen
Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung
beantragt. Er trägt vor, seit 1977 Rechtsanwalt zu sein. Er sei weiterhin zum Richteramt
befähigt und daher jedenfalls nach § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 2. Alt. Zivilprozessordnung
(ZPO) vertretungsbefugt. Im Übrigen sei er als Beistand des Beschwerdeführers
zuzulassen. Die Zulassung sei objektiv sachdienlich und subjektiv notwendig, da er sich
seit längerem mit verfassungswidriger Untätigkeit deutscher Fachgerichte befasse. § 19
VerfGGBbg sei verfassungswidrig, soweit danach für die Vertretungsberechtigung die
Rechtsanwaltszulassung erforderlich sei und die Zulassung als Beistand in das Ermessen
des Verfassungsgerichts gestellt werde.
B.
Die Anträge haben keinen Erfolg.
I.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie ist durch den Vertreter des
Beschwerdeführers nicht wirksam erhoben worden.
Der Vertreter des Beschwerdeführers erfüllt nach wie vor weder die Voraussetzungen,
die § 19 Abs. 1 VerfGGBbg an die im verfassungsgerichtlichen Verfahren
vertretungsberechtigten Personen stellt, noch ist er gemäß § 19 Abs. 3 VerfGGBbg als
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vertretungsberechtigten Personen stellt, noch ist er gemäß § 19 Abs. 3 VerfGGBbg als
Beistand zuzulassen.
1. Bei dem Vertreter des Beschwerdeführers handelt es sich nicht um einen
Rechtsanwalt im Sinne von § 19 Abs. 1 VerfGGBbg. Darunter ist – nur – der nach § 12
Bundesrechtsanwaltsordnung zugelassene Rechtsanwalt zu verstehen (vgl. zu § 22
Bundesverfassungsgerichtsgesetz Klein in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge,
Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 32. EL, März 2010, Rn. 2 zu § 22). Der Vertreter des
Beschwerdeführers ist nicht mehr als Rechtsanwalt zugelassen. Seinen eigenen
Angaben zufolge hat der Berliner Senator für Justiz die Zulassung zur
Rechtsanwaltschaft zum 31. Dezember 1989 zurückgenommen, nachdem er in der
mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgericht Berlin am 26. Juli 1989 seinen Verzicht
auf die Zulassung erklärt hatte. Sein Einwand, die Verzichtserklärung habe nach damals
geltendem Recht wirksam nur gegenüber dem Senator für Justiz abgegeben werden
können, ändert nichts daran, dass er die Rücknahmeentscheidung des Justizsenators
nicht angefochten hat und diese daher fortgilt.
Die Vertretungsbefugnis folgt auch nicht aus § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 2. Alt. ZPO,
wonach im Parteiprozess Personen mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigte
vertretungsbefugt sind. § 79 ZPO ist nicht gemäß § 13 Abs. 1 VerfGGBbg für das
verfassungsgerichtliche Verfahren heranzuziehen, weil § 19 VerfGGBbg - abschließend -
regelt, durch welche Personen sich ein im Verfahren vor dem Verfassungsgericht des
Landes Brandenburg Beteiligter vertreten lassen kann. Dass ein Beschwerdeführer
danach hinsichtlich der Personen, derer er sich als Prozessbevollmächtigte bedienen
kann, auf zugelassene Rechtsanwälte und Lehrer des Rechts an einer deutschen
Hochschule beschränkt ist, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die
Regelung verkürzt weder unzulässig das in Art. 52 Abs. 3 LV gewährleistete Recht des
Beschwerdeführers auf Gehör noch verletzt sie seinen Anspruch auf wirksamen
Rechtsschutz nach Art. 6 Abs. 1 LV (zur Geltung der grundgesetzlichen Entsprechung im
Verfassungsbeschwerdeverfahren vgl. Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig, Grundgesetz,
58. Lfg., Art. 19 Rn. 175 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat für die Verfahren vor dem
Landesverfassungsgericht auf einen generellen Vertretungszwang verzichtet und –
lediglich – für die Fälle, in denen die Beteiligten aufgrund eigener Entscheidung ihr
Verfahren nicht selbst betreiben, den Kreis der Vertretungsberechtigten begrenzt. Diese
Beschränkung soll ersichtlich eine sachgerechte und geordnete Verfahrensführung durch
diejenigen sicherstellen, deren Eignung bei typisierender Betrachtung aufgrund ihrer
beruflichen Tätigkeit zu vermuten ist. Damit dient § 19 VerfGGBbg dem zulässigen
Ausgleich zwischen den Interessen an einem ungehinderten Zugang zum
verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz und an einer Verfahrensförderung durch
qualifizierte Vertreter.
2. Eine Zulassung des Vertreter des Beschwerdeführers als Beistand i.S.v. § 19 Abs. 3
Satz 1 VerfGGBbg kommt weiterhin nicht in Betracht. Auch das neue Vorbringen lässt
nicht das Unvermögen des Beschwerdeführers erkennen, seine rechtlichen Interessen
selbst wahrzunehmen. Auf die geltend gemachte Sachkunde des Vertreters kommt es
in diesem Zusammenhang nicht an. Liegen danach die Voraussetzungen für eine
Zulassung als Beistand (s. dazu Beschluss vom 16. Juli 2009 – VfGBbg 3/09 -,
www.verfassungsgericht.brandenburg.de) nicht vor, bedarf es vorliegend keiner Prüfung,
ob das dem Gericht in § 19 Abs. 3 Satz 1 VerfGGBbg eingeräumte Ermessen
verfassungsgemäß ist.
II.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen. Eine einstweilige Anordnung
kommt nicht in Betracht, wenn das Begehren in der Hauptsache erfolglos ist.
C.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
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