Urteil des StGH Hessen vom 25.07.1984

StGH Hessen: hessen, elternrecht, quelle, grundrecht, immaterialgüterrecht, zivilprozessrecht, fahrtkosten, gymnasium, dokumentation, mangel

Gericht:
Staatsgerichtshof
des Landes
Hessen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
P.St. 965
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 131 Verf HE, §§ 45ff StGHG
HE, § 45 StGHG HE, § 34
SchulVwG HE vom 25.10.1977,
Art 55 S 1 Verf HE
Diese Entscheidung hat
Gesetzeskraft.
(Grundrechtsklage gegen gerichtliche Entscheidung;
Schülerbeförderungskosten; Elternrecht und
Gleichheitssatz; Bildungsgang)
Leitsatz
1. Zum Prüfungsumfang des Staatsgerichtshofes bei Grundrechtsklagen gegen
Gerichtsentscheidungen.
Eine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsähnlichen Rechten (subjektiven
Rechten), die die Hessische Verfassung gewährt, durch eine Gerichtsentscheidung liegt
vor,
1.1 wenn die angefochtene Gerichtsentscheidung auf einem Landesgesetz beruht, das
selbst gegen ein durch die Hessische Verfassung gewährtes Grundrecht des
Antragstellers verstößt, oder
1.2 wenn eine - an sich verfassungsgemäße - Vorschrift vom Gericht durch seine
Auslegung im Einzelfall verfassungswidrig angewendet worden ist.
2. Die in SchulVWG HE § 34 jeweils getroffenen Regelungen über die Erstattung von
Schülerbeförderungskosten verletzen weder das Recht der Eltern auf freie Schulwahl
(Verf HE Art 55 S 1) noch den Gleichheitssatz (Verf HE Art 1).
2.1 Das elterliche Erziehungsrecht schließt keinen Anspruch auf Erstattung von
Schülerbeförderungskosten ein.
2.2 Eine Regelung, die die Erstattung der tatsächlichen Fahrtkosten auf den Betrag
begrenzt, der für den Schulweg vom Wohnort des Schülers zur nächstgelegenen Schule
des gewählten Bildungsgangs entsteht oder entstehen würde, ist nicht willkürlich,
sondern sachgerecht und verstößt damit nicht gegen den Gleichheitssatz.
Sie ist auch nicht geeignet, die Ausübung des Elternrechts zur Auswahl des
Bildungsweges für das Kind unsachlich zu beeinflussen.
2.3 Die fehlende gesetzliche Definition des Begriffs "Bildungsgang" ist kein
verfassungsrechtlich zu beanstandender Mangel.
3. Eine verfassungsrechtlich zu beanstandende Anwendung und Auslegung des
SchulVwG HE § 34 im Einzelfall liegt nicht vor, wenn für Zwecke der Berechnung der
Fahrtkostenerstattung
3.1 verschiedene Schulen, die beide den gewählten Bildungsgang anbieten,
gleichgesetzt und dabei weitere Merkmale (Trägerschaft, religiöse Ausrichtung) der
Schulen nicht berücksichtigt werden und
3.2 ein Gymnasium und eine schulformbezogene Gesamtschule mit Gymnasialzweig
als Schulen, die beide den gleichen Bildungsgang anbieten, angesehen werden.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.