Urteil des StGH Hessen vom 18.06.1980

StGH Hessen: juristische person, höchstpersönliche rechte, grundrecht, mitbestimmungsrecht, biologie, hessen, staat, beschwerdebefugnis, öffentliche aufgabe, schule

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Gericht:
Staatsgerichtshof
des Landes
Hessen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
P.St. 878
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 56 Abs 6 Verf HE, Art 131
Verf HE, § 45 Abs 2 StGHG HE
(Grundrechtsklage - Beschwerdebefugnis -
Individualgrundrecht - Prozeßstandschaft -
Regierungsinterne Zustimmungsakte)
Leitsatz
1. Zur Beschwerdebefugnis im Grundrechtsklageverfahren: Juristische Personen des
öffentlichen Rechts und andere ihrer Existenz oder ihren Tätigkeitsbereichen nach dem
öffentlichen Recht zuzuordnende Einrichtungen oder Organisationen können - soweit sie
sich ausnahmsweise auf Grundrechte berufen können - Grundrechte oder
grundrechtsähnliche Rechte für ihre "Mitglieder" nicht geltend machen.
2. Träger des Grundrechts aus Verf HE Art 56 Abs 6 sind allein die Eltern bzw die kraft
Privatrechts zur Erziehung Befugten.
3. Eine durch den einfachen Gesetzgeber geschaffene mit gewissen Befugnissen im
Rahmen des staatlichen Schulwesens ausgestattete, zwangsverbandsähnlich
konstruierte Einrichtung ist zur Wahrnehmung des Individualgrundrechts aus Verf HE Art
56 Abs 6 ungeeignet.
4. Im Verfahren über die Grundrechtsklage gibt es keine Prozeßstandschaft.
5. Regierungsinterne Entschließungen ohne unmittelbare Außenwirkung können
mangels Rechtsnormcharakter nicht zum Gegenstand einer Grundrechtsklage gemacht
werden.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den gemäß § 23 Abs 2 Satz 4 des Gesetzes
über die Mitbestimmung der Erziehungsberechtigten und den Landesschulbeirat in
der Fassung vom 30. Mai 1969 (GVBl I S 109) - zuletzt geändert durch das Gesetz
vom 14. Juli 1977 (GVBl I S 319) - gefaßten Beschluß der Landesregierung vom 13.
September 1977, durch den die Landesregierung der Freigabe der
"Rahmenrichtlinien Biologie" für die landesweite verbindliche Erprobung durch den
Kultusminister zustimmte, und gegen die daraufhin vom Hessischen
Kultusminister erlassene "Zweite Verordnung über Rahmenpläne vom 27. April
1978" (ABl S 232), durch die die Rahmenrichtlinien Sekundarstufe I: Biologie,
Ausgabe März 1978, zur Erprobung in den Klassen 5 bis 10 der allgemeinbildenden
Schulen freigegeben wurden.
Der Antragsteller ist eine zur Unterstützung von Schule, Elternhaus und
Berufsausbildungsstätten bei der Erziehung und Bildung der Jugend und zur
Gewährleistung des Mitbestimmungsrechts der Erziehungsberechtigten gemäß Art
56 Abs 6 der Verfassung des Landes Hessen geschaffene, auf Landesebene tätige
Einrichtung (§ 1 Abs 1 Elternmitbestimmungsgesetz), deren Befugnisse und
Aufgaben in §§ 21ff des Elternmitbestimmungsgesetzes näher geregelt sind.
Gemäß § 22 Nr 1 dieses Gesetzes bedürfen der Zustimmung des
Landeselternbeirats "allgemeine Bestimmungen über Bildungsziele und
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Landeselternbeirats "allgemeine Bestimmungen über Bildungsziele und
Bildungswege, insbesondere in Bildungsplänen und Prüfungsordnungen, soweit sie
das Unterrichtswesen der Schulen im Sinne des § 1 gestalten". § 23
Elternmitbestimmungsgesetz hat folgenden Wortlaut:
(1) Zustimmungspflichtige Maßnahmen sind zwischen dem Kultusminister und
dem Landeselternbeirat mit dem Ziele einer Verständigung zu erörtern. Diese
Erörterung soll im Rahmen des Landesschulbeirats stattfinden, es sei denn, daß
der Minister oder der Landeselternbeirat es anders wünscht. Bei Einverständnis
der Beteiligten kann von einer Erörterung abgesehen werden.
(2) Verweigert der Landeselternbeirat seine Zustimmung, so ist dieser
Beschluß schriftlich zu begründen. Eine erneute Erörterung hierüber nach Abs 1 ist
erst nach Ablauf von sechs Wochen zulässig. Wird die Zustimmung wiederum
verweigert, entscheidet der Minister endgültig. Hat der Landeselternbeirat den
zweiten ablehnenden Beschluß mit mehr als Zweidrittel der Zahl seiner
gesetzlichen Mitglieder gefaßt, so kann der Minister eine gegenteilige
Entscheidung nur mit Zustimmung der Landesregierung treffen.
Im Jahre 1975 wurde ein Entwurf der "Rahmenrichtlinien Sekundarstufe I: Biologie"
erarbeitet und am 18. Dezember 1975 durch den vom Hessischen Kultusminister
berufenen Rahmenrichtlinienbeirat, dem auch ein Mitglied des Antragstellers
angehörte, beraten. Der Rahmenrichtlinienbeirat erhob gegen die verbindliche
Erprobung keine grundsätzlichen Einwände, schlug jedoch einzelne Änderungen
vor. Diese Vorschläge wurden bei der Überarbeitung berücksichtigt und die
Änderungen am 29. April 1976 dem Antragsteller mit der Bitte um Zustimmung zu
dem Entwurf zugeleitet. Da die Amtszeit der damaligen Mitglieder des
Antragstellers Ende Mai 1976 ablief und ein notwendiger Konsens unter den
Mitgliedern des Antragstellers nicht zustande kam, erfolgte seinerzeit eine
Verabschiedung des Entwurfs durch den Antragsteller nicht. Nach erfolgter
Neuwahl der Mitglieder des Antragstellers leitete dieser zur Vorbereitung seiner
Beratung und Entscheidung den Entwurf für die Rahmenrichtlinien Biologie
zunächst den Elternbeiräten und der Elternschaft zur Kenntnisnahme und
Stellungnahme zu. Am 19. März 1977 verweigerte der Antragsteller nach
vorausgehender Beratung, an der neben dem Fachreferenten und dem
zuständigen Abteilungsleiter des Kultusministeriums auch zwei Mitglieder der dem
Hessischen Institut für Bildungsplanung und Schulentwicklung zugeordneten
Rahmenrichtlinien-Fachgruppe Biologie Sekundarstufe I teilnahmen, mit mehr als
zwei Dritteln der Zahl seiner gesetzlichen Mitglieder die Zustimmung zu dem
Rahmenrichtlinienentwurf Biologie Sekundarstufe I (Abstimmungsergebnis: 2 dafür,
10 dagegen, 1 Enthaltung). Mit Schreiben vom 25. April 1977, auf dessen Inhalt
verwiesen wird, begründete der Antragsteller gemäß § 23 Abs 2 Satz 1
Elternmitbestimmungsgesetz seine ablehnende Entscheidung dem Kultusminister
gegenüber und kündigte die erneute Erörterung der Rahmenrichtlinien für den 14.
Mai 1977 an. Der Kultusminister übersandte dem Antragsteller daraufhin mit
Schreiben vom 9. Mai 1977 eine Stellungnahme der Rahmenrichtlinien-Fachgruppe
Biologie Sekundarstufe I zu den geltend gemachten Ablehnungsgründen mit der
Bitte, sie in die weitere Beratung mit einzubeziehen. Ferner übermittelte Professor
Dr K. dem Antragsteller und auch dem Kultusminister eine gutachtliche
Stellungnahme, die sich mit den Rahmenrichtlinien und den ihm
bekanntgewordenen Ablehnungsgründen des Antragstellers befaßte.
In seiner Sitzung am 14. Mai 1977 beriet der Antragsteller erneut über den
unverändert gebliebenen Rahmenrichtlinienentwurf und verweigerte wiederum mit
mehr als zwei Dritteln der Zahl seiner gesetzlichen Mitglieder die Zustimmung
(Abstimmungsergebnis: 3 dafür, 11 dagegen; keine Enthaltung).
Der Kultusminister führte daraufhin gemäß § 23 Abs 2 Satz 3
Elternmitbestimmungsgesetz eine Entscheidung der Landesregierung herbei.
Diese faßte am 13. September 1977 folgenden Beschluß:
"Die Landesregierung stimmt gemäß § 23 Abs 2 des Gesetzes über die
Mitbestimmung der Erziehungsberechtigten und den Landesschulbeirat in der
Fassung vom 30. Mai 1969 (GVBl I S 109), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.
Juli 1977 (GVBl I S 319), zu, daß der Kultusminister die Rahmenrichtlinien Biologie
für die landesweite verbindliche Erprobung freigibt, obwohl der Entwurf dieser
Richtlinien vom Landeselternbeirat im zweiten Beschluß mit mehr als Zweidrittel
der Zahl seiner gesetzlichen Mitglieder abgelehnt worden ist. Die Freigabe zur
Erprobung soll erst nach Inkrafttreten des vorgesehenen Gesetzes zur Änderung
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Erprobung soll erst nach Inkrafttreten des vorgesehenen Gesetzes zur Änderung
des Schulverwaltungsgesetzes erfolgen".
Durch die "Zweite Verordnung über Rahmenpläne vom 27. April 1978" des
Hessischen Kultusministers (ABl 233) erfolgte die Freigabe der umstrittenen
Rahmenrichtlinien zur Erprobung vom 1. Februar 1979 an.
II.
Mit der am 19. Juni 1978 beim Staatsgerichtshof eingegangenen Eingabe hat der
Antragsteller Grundrechtsklage erhoben. Er beantragt:
1. Der gemäß § 23 Abs 2 Satz 4 des Gesetzes über die Mitbestimmung der
Erziehungsberechtigten vom 30. Mai 1969 (GVBl I S 273) in der Fassung
vom 1. Dezember 1975 (GVBl I S 459) getroffene Beschluß der
Landesregierung vom September 1977 sowie die Rechtsverordnung über
die Einführung der Rahmenrichtlinien Biologie in der Sekundarstufe I vom
27. April 1978 (ABl S 233) sind mit Art 56 Abs 6 der Hessischen Verfassung
unvereinbar und daher nichtig;
2. hilfsweise: ob und gegebenenfalls in welcher Auslegung die Lösung eines
Konfliktes zwischen Landeselternbeirat und Kultusminister bzw
Landesregierung mit Art 56 Abs 6 der Hessischen Verfassung vereinbar ist.
Zur Begründung führt der Antragsteller aus, er nehme als gesetzliche
Elternvertretung auf Landesebene das in Art 56 Abs 6 der Hessischen Verfassung
- HV - verankerte Recht auf Mitbestimmung bei der Gestaltung des
Unterrichtswesens gegenüber dem Land Hessen wahr. Das gemäß Art 56 Abs 7
HV erlassene Elternmitbestimmungsgesetz regele in § 23 die Wahrnehmung
dieser Rechte gegenüber der Exekutive. Seine Legitimation als Vertretung aller
Erziehungsberechtigter im Lande Hessen könne er letztlich aus einem gemischten
System von Urwahl und Wahlmännerprinzip bzw Delegiertenprinzip ableiten,
welches eindeutig demokratischen Grundsätzen entspreche. Die Wahl zu den
Elternvertretungen diene in erster Linie der Verwirklichung eines Grundrechts,
welches, um praxiswirksam zu werden, der Repräsentation bedürfe. Er sei mithin
Träger des Grundrechts der Elternmitbestimmung gemäß Art 56 Abs 6 HV. In
diesem Grundrecht sei er durch die Verfahrensweise bei der probeweisen
Einführung der Rahmenrichtlinien Biologie Sekundarstufe I (kurz: RRL Biologie)
dadurch verletzt, daß der Kultusminister von der in § 23 Abs 2 Satz 4
Elternmitbestimmungsgesetz vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht habe,
das qualifizierte ablehnende Votum des Landeselternbeirats durch den
angegriffenen Beschluß der Landesregierung außer Kraft zu setzen und die
umstrittenen Rahmenrichtlinien ohne die Zustimmung des Landeselternbeirats
durch die ebenfalls beanstandete Rechtsverordnung zur Erprobung freizugeben. Es
komme hinzu, daß die Rechtsverordnung auf die Rahmenrichtlinien "Ausgabe März
1978" verweise, die dem Landeselternbeirat nicht vorgelegen habe, worin eo ipso
eine Verletzung des Grundrechts aus Art 56 Abs 6 HV liege. Inzidenter gehe es
ihm bei der Grundrechtsklage um die in § 23 Abs 2 Satz 4
Elternmitbestimmungsgesetz enthaltene verfassungswidrige einseitige
Konfliktlösung zu Lasten des Landeselternbeirats, also letztlich um die
verfassungsrechtliche Streitfrage, ob eine Zweidrittelmehrheits-Entscheidung des
Landeselternbeirats als Träger des Grundrechts der Elternmitbestimmung durch
die politische Entscheidung der parlamentarisch verantwortlichen Landesregierung
außer Kraft gesetzt werden könne (Antrag zu 1.) oder ob die Grundrechtsqualität
der Elternmitbestimmung zumindest zu einer anderen Konfliktlösung als
derjenigen durch eine politische Entscheidung seitens der Landesregierung zwinge
(Antrag zu 2.).
Als Träger des Grundrechts gemäß Art 56 Abs 6 HV sei er auch aktiv legitimiert,
denn er mache eigenes Recht im eigenen Namen und nicht die Rechte anderer
oder stellvertretend für andere geltend. Das Gesetz sehe eine Repräsentation
durch Elternvertretungen auf verschiedenen Ebenen zur Verwirklichung des
Grundrechts vor. Auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung sei für
Schulelternbeiräte sowohl die Notwendigkeit einer solchen Repräsentation wie
auch die aktive Parteifähigkeit bei der Inanspruchnahme eigener Rechte anerkannt
worden. Dies müsse gleichermaßen für ihn gelten.
Auch in der Sache selbst müsse die Grundrechtsklage Erfolg haben. Die in § 23
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Auch in der Sache selbst müsse die Grundrechtsklage Erfolg haben. Die in § 23
Abs 2 Satz 4 Elternmitbestimmungsgesetz geregelte Konfliktlösung zwischen
Elternvertretung und Staat sei mit dem Grundrecht der Elternmitbestimmung
nicht vereinbar, deshalb sei auch die aus dieser Konfliktlösung hervorgegangene
Rechtsverordnung über die Einführung der umstrittenen Rahmenrichtlinien Biologie
nichtig. "Mitbestimmen" bedeute von der Wortinterpretation her nicht, daß sich der
Mitbestimmende gegenüber seinem Partner gegen dessen Willen durchsetzen
dürfe. Andererseits sage der Begriff aber auch nicht, daß er selbst überstimmt
werden könne. Der Mitbestimmung wohne also der Zug zum "Patt" hin inne.
Daraus folge allerdings die Notwendigkeit, solche Pattsituationen oder
Konfliktsituationen aufzulösen. In weiten Bereichen der Mitbestimmung in
Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung seien verschiedene Regelungen für
derartige Konfliktlösungen vorgesehen (zB § 87 Abs 2 in Verbindung mit § 76
Betriebsverfassungsgesetz 1972; § 71 Bundespersonalvertretungsgesetz). Diese
Modelle einer praktizierten Mitbestimmung ließen erkennen, daß Mitbestimmung
den Zwang zur Einigung beinhalte, nicht jedoch das Überstimmtwerden des einen
durch den anderen. Das gelte umsomehr für den Bereich der Erziehung in der
Schule, die sich sowohl auf Seiten der Eltern als auch des Staates nur an der einen
Persönlichkeit des Kindes vollziehen könne und daher ein größtmögliches
Zusammenwirken von Eltern und Staat erfordere.
Diesem Grundgedanken trage § 23 Abs 2 Satz 3 und 4 insofern nicht Rechnung,
als dem Kultusminister bzw der Landesregierung der sogenannte Stichentscheid
zugewiesen werde. Gerade der vorliegende Fall zeige, daß auf diese Weise das
Mitbestimmungsrecht zur Farce werden könne: Der Kultusminister habe die
strittigen Rahmenrichtlinien Biologie unverändert zur weiteren Beratung durch den
Landeselternbeirat vorlegen können in der sicheren Gewißheit, daß er seine
Konzeption trotz aller sachlichen Einwände eben doch durchzusetzen in der Lage
sei. In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, durch die der im
individuellen Bereich der Erziehung früher vorgesehene sogenannte Stichentscheid
des Vaters für verfassungswidrig erklärt worden sei, sei unter anderem ausgeführt
worden, daß die gemeinsame unteilbare Verantwortung gegenüber dem Kinde in
Verbindung mit dem Gleichberechtigungsverbot zu einer vollen Gleichordnung von
Vater und Mutter führe und daß im Nichteinigungsfalle die Anrufung einer
neutralen Instanz, nämlich des Vormundschaftsrichters, verfassungskonform sei
(NJW 1969, 1483). Diese Grundgedanken des individuellen Elternrechts seien auf
den Bereich des kollektiven Elternrechts übertragbar; dies auch deshalb, weil das
Bundesverfassungsgericht im Förderstufenurteil ausgeführt habe, daß der
staatliche Erziehungsauftrag in der Schule und das elterliche Erziehungsrecht (Art
6 Abs 2 Satz 2 GG) sich gleichgeordnet gegenüberstünden und keines dem
anderen übergeordnet oder untergeordnet sei (BVerfGE 34, 165, 183). Auch Art 56
Abs 6 HV enthalte eine Wertung zwischen Elternmitbestimmung und staatlichem
Erziehungsauftrag: Das Mitbestimmungsrecht der Eltern dürfe nämlich expressis
verbis die in den vorangehenden Absätzen 2 bis 5 enthaltenen
Unterrichtsgrundsätze und Erziehungsgrundsätze nicht verletzen. Wohl aber dürfe
das Mitbestimmungsrecht der Eltern den Art 56 Abs 1 HV einschränken, aus dem
sich das Recht des Staates auf Gestaltung des Schulwesens und der staatliche
Erziehungsauftrag ergäben. Nehme man hinzu, daß "mitbestimmen" nicht
"überstimmt werden" heißen könne, so lasse sich daraus nur die Schlußfolgerung
ziehen, daß die Gestaltung der Unterrichtsinhalte nur gleichgeordnet durch den
Staat und die Elternvertretung erfolgen könne. Dieses habe der Verfassungsgeber
von 1946 offensichtlich unter dem Eindruck der Erfahrungen aus den Jahren 1933
bis 1945 auch gewollt. Da ein sogenannter Stichentscheid durch den Staat
ausscheide, obliege es dem Gesetzgeber, eine Lösung des Konfliktfalles
herbeizuführen, wobei die sogenannte Einigungsstelle als eine Möglichkeit in
Betracht kommen könne. Die Einschränkung des staatlichen Erziehungsauftrags
durch ein gleichrangiges Elternmitbestimmungsrecht berühre im übrigen auch
nicht die parlamentarische Verantwortlichkeit der Exekutive.
Für den Fall der Abweisung des Hauptantrags bleibe hilfsweise zu prüfen, ob
gleichwohl eine andere Art der Konfliktlösung als die des Stichentscheides in
Betracht zu ziehen sei. Dabei stehe die Überlegung im Vordergrund, daß es einem
in seinen Vorstellungen von vornherein festgelegten Kultusminister möglich sei,
alle im Gesetz vorgesehenen, mit dem Ziel der Verständigung zu führenden
Erörterungen als eine Formsache zu betrachten, die der Durchsetzung seines
Wollens nicht entgegenstehe.
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Der Hessische Ministerpräsident hält den Antrag in mehrfacher Hinsicht für
unzulässig.
Der Antragsteller sei im Verfahren nach Art 131 Abs 1 und 3 HV, § 45 Abs 2
StGHG nicht parteifähig. Antragsberechtigt und damit parteifähig im Verfahren
nach § 45 Abs 2 StGHG könne nur sein, wer grundrechtsfähig sei. Die Fähigkeit,
Inhaber eines Grundrechts zu sein, müsse sich gerade auf das Grundrecht
beziehen, dessen Verletzung geltend gemacht werde. Als verletztes Grundrecht
komme ausschließlich Art 56 Abs 6 HV in Betracht, das den
Erziehungsberechtigten in Ergänzung ihres Grundrechts aus Art 55 HV ein
prozedurales Teilhaberecht vermittle. Dieses könne nur nach Maßgabe besonderer
Regeln von ihnen gemeinsam wahrgenommen werden. Gleichwohl sei das Recht
des Art 56 Abs 6 HV als Individualgrundrecht ausgestaltet und stehe ausschließlich
den Erziehungsberechtigten zu, deren Kinder in Hessen die Schule besuchten. Der
Antragsteller sei aber kein Erziehungsberechtigter im Sinne des Art 56 Abs 6 HV.
Parteifähigkeit setze weiter die Fähigkeit voraus, Träger von subjektiven Rechten
zu sein, die vor Gericht geltend gemacht werden könnten. Das
Elternmitbestimmungsgesetz habe den Antragsteller aber nicht als Träger
subjektiver Rechte ausgebildet und ihm solche Rechte verliehen, sondern ihn als
Organ dem Kultusminister zugeordnet und mit bestimmten Kompetenzen
ausgestattet, die vom Gesetzgeber nicht in den Rang subjektiver Rechte erhoben
worden seien. Der Antragsteller sei demnach nur ein nach Maßgabe des einfachen
Gesetzes gewähltes Gremium, das mit bestimmten Kompetenzen ausgestattet
zwar in Sachfragen weisungsunabhängig, aber öffentlich finanziert und kontrolliert
Aufgaben im Bereich des öffentlichen Schulwesens wahrnehme und das deswegen
in erster Linie als eine Einrichtung der Ordnung des Schulwesens anzusehen sei.
Ein Gremium, das nach Aufgabenstellung und Organisation in den "staatlichen
Behördenapparat" eingebunden sei, könne aber nicht zugleich Träger eines gegen
den Staat gerichteten Individualgrundrechts sein.
Dem Antragsteller stehe das Recht aus Art 56 Abs 6 HV auch nicht kraft einer
Geltungserstreckung dieses Individualgrundrechts auf juristische Personen oder
andere Organisationsformen zu. Der Antragsteller sei zum einen keine juristische
Person, zum anderen sei ihm auch keine Rechtsposition verliehen, die ihn
ungeachtet fehlender Rechtsfähigkeit ausnahmsweise zum Träger des
Grundrechts aus Art 56 Abs 6 HV machen könnte. Der Annahme einer derartigen
Rechtsposition stehe schon entgegen, daß der Antragsteller eine öffentliche
Aufgabe erfülle. Wenn schon juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht
Grundrechtsträger sein könnten, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnähmen,
liege diese Einschränkung noch näher, wenn dem Träger einer öffentlichen
Aufgabe keine eigene Rechtsfähigkeit eingeräumt sei. Der Antragsteller könne sich
nicht darauf berufen, daß seine Funktionen einen Bereich grundrechtlich
geschützter gesellschaftlicher Betätigung beträfen und nur deshalb öffentlich-
rechtlich organisiert seien, um die geordnete Wahrnehmung elterlicher
Mitbestimmung auf Landesebene zu ermöglichen.
Der Grundrechtsträgerschaft des Antragstellers stehe ferner die ihm durch das
Elternmitbestimmungsgesetz eingeräumte Ausschließlichkeitsstellung entgegen,
die sich aus dem zwangsverbandähnlichen Zusammenschluß der Eltern ergebe.
Dem Antragsteller könne auch nicht etwa deshalb Parteifähigkeit zukommen, weil
er nach den Interessenzusammenhängen und Legitimationszusammenhängen
Träger zusammengefaßter individueller Rechte sei, die den im Staat verkörperten
Interessen entgegengesetzt seien oder weil er sich zum
"grundrechtsgefährdenden" Staat im gleichen Verhältnis der
Gewaltunterworfenheit befinde wie der "grundrechtsgefährdete" Bürger. Solche
Argumentationen könnten hier nicht herangezogen werden, weil die gesetzlich
geregelte Mitbestimmung die Erziehungsberechtigten in den Prozeß der
Staatswillensbildung einbeziehe. Zwar könne der Erziehungsberechtigte zur
Wahrnehmung des ihm gewährleisteten Rechts auf Mitbestimmung, sofern es sich
auf die Landesebene erstrecke, auf Einrichtungen wie die des Antragstellers - oder
andere Vertretungen - angewiesen sein. Zur Verteidigung seiner Rechte gegen
verfassungswidrige Verletzungen durch den Staat sei der Erziehungsberechtigte
hingegen auf solche Einrichtungen nicht angewiesen, da er das Recht habe, in
einem solchen Fall selbst den Staatsgerichtshof anzurufen. Insoweit bedürfe er
eines Sachwalters seines Rechts nicht.
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Schließlich könne auch der Argumentation des Antragstellers nicht gefolgt werden,
er sei Träger des Grundrechts aus Art 56 Abs 6 HV, weil die Repräsentation der
Erziehungsberechtigten durch Vertretungen notwendig, im
Elternmitbestimmungsgesetz vorgesehen und demokratisch legitimiert sei. Es
handele sich hier um den mißlungenen Versuch des Antragstellers, dazutun, daß
es sich nicht um eine bei der Verteidigung von Grundrechten unzulässige
Prozeßstandschaft, sondern um eine qualitativ andere Form der Wahrnehmung
von Grundrechten Dritter handele.
Vollends ungeeignet sei der Antragsteller als Träger des Erziehungsrechts der
Eltern aus Art 55 HV. Das Elternrecht sei als Individualrecht weder übertragbar
noch der Ausübung durch Mehrheitsbildung zugänglich. Beides aber wäre
unvermeidlich, sollte Mitwirkung auf Landesebene ermöglicht werden. Zu fragen
bliebe dann nach dem Recht der Eltern, die in der Minderheit blieben. Daß ihnen
die Verwirklichung ihrer Erziehungsvorstellungen versagt bleibe, sei nicht mit der
Erwägung zu rechtfertigen, daß sie in der Wahrnehmung ihres Grundrechts durch
die kollidierenden Grundrechte anders denkender Personen beschränkt seien,
sondern nur mit der Erwägung, daß die Entfaltungsmöglichkeiten des Menschen in
einer Gemeinschaftseinrichtung wie der Schule nur beschränkt verwirklicht werden
könnten. Den Ausgleich könne nur der Gesetzgeber bewirken, nicht aber die
Mehrheitsentscheidung eines Vertretungsorgans.
Der Antragsteller sei auch nicht teilrechtsfähig und beteiligtenfähig im Sinne des §
61 VwGO; denn hierfür fehle es an der Zuerkennung subjektiver Rechte durch das
Elternmitbestimmungsgesetz. Selbst wenn man aber von der Zuerkennung
subjektiver Rechte durch das Elternmitbestimmungsgesetz ausgehe, wären dies
immer nur Rechte, die das einfache Gesetz, nicht aber die Hessische Verfassung
eingeräumt hätte. Aus welchem Rechtsgrund aber aus der Inhaberschaft eines
subjektiven Rechts des einfachen Gesetzesrechtes die Inhaberschaft eines
Grundrechts folgen solle, vermöge der Antragsteller nicht darzulegen.
Die Grundrechtsklage sei weiter deshalb unzulässig, weil der Antragsteller nicht
schlüssig behaupte, gegenwärtig in einem Grundrecht verletzt zu sein. Soweit
juristischen Personen oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts
Grundrechte zustünden, könnten sie diese nur in den Grenzen der ihnen durch
einfaches Gesetz zugewiesenen Kompetenz ausüben. Wenn man daher dem
Antragsteller überhaupt die Berufung auf Grundrechte zugestehen würde, könnte
sich der Schutz nur auf das Recht zur Wahrnehmung der zuerkannten
Kompetenzen beziehen, die nicht verletzt seien.
Soweit der Antragsteller rüge, daß die von ihm erklärte Verweigerung der
Zustimmung nach § 23 Abs 2 Elternmitbestimmungsgesetz keine absolute
Sperrwirkung habe, mache er keine Verletzung seiner Kompetenzen geltend,
sondern begehre deren Erweiterung und bezweifele zugleich die
Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes, das ihn geschaffen und mit Kompetenzen
ausgestattet habe. Die Rüge, daß diese Kompetenzen nicht dem Gebot des Art 56
Abs 6 HV genügten, stehe aber nicht dem Antragsteller, sondern nur den von
diesem Grundrecht begünstigten Erziehungsberechtigten zu.
Soweit sich der Antrag zu 1. gegen den Beschluß der Landesregierung vom 13.
September 1977 richte, sei die Grundrechtsklage auch deswegen unzulässig, weil
dieser Beschluß nur regierungsinterne Bedeutung und keine Außenwirkung habe.
Die Grundrechtsklage sei schließlich hinsichtlich des Hilfsantrages zu 2. unzulässig,
weil der Antragsteller vom Staatsgerichtshof eine Gutachten begehre.
Die Grundrechtsklage sei auch unbegründet.
Die Verfassungsmäßigkeit von § 23 Abs 2 Satz 4 Elternmitbestimmungsgesetz
könne am Maßstab des Art 56 Abs 6 HV nur gemessen werden, wenn dieses
Grundrecht eine Mitbestimmung der Erziehungsberechtigten auch an den das
Unterrichtswesen gestaltenden Entscheidungen und Maßnahmen verbürge, die
der Kultusminister mit Wirkung für das ganze Land treffe. Das sei jedoch entgegen
der in der Entscheidung des Staatsgerichtshofs vom 18. Februar 1958 - PSt 230 -
vertretenen Auffassung nicht der Fall.
Die Rüge des Antragstellers, er sei beim Erlaß einer Rechtsverordnung durch den
Kultusminister nicht ausreichend beteiligt worden, gehe fehl. Selbst wenn die
Ausdehnung des Mitbestimmungsrechts nach Art 56 Abs 6 HV auf Landesebene
bejaht würde, sei eine Erstreckung auf den Erlaß von Rechtsverordnungen nicht
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bejaht würde, sei eine Erstreckung auf den Erlaß von Rechtsverordnungen nicht
denkbar.
Ein Recht auf gleichberechtigte Mitentscheidung des Antragstellers bei
Verwaltungsanordnungen oder gar Rechtsverordnungen des Kultusministers lasse
sich aus Art 56 Abs 6 HV keinesfalls begründen. Gegen diese Annahme spreche
neben der Entstehungsgeschichte auch ein Vergleich mit anderen Bestimmungen
der Hessischen Verfassung, in denen der Begriff "Mitbestimmung" mit dem Zusatz
"gleichberechtigt" (Art 37 Abs 2 HV) oder "gleich" (Art 38 Abs 3 HV) versehen sei.
Die Strukturprinzipien der Hessischen Verfassung schlössen überdies die
Ausstattung des Antragstellers mit einem gleichberechtigten
Mitentscheidungsrecht aus, weil es den Kultusminister und die Landesregierung
der parlamentarischen Verantwortlichkeit entziehen würde und sowohl mit dem
Grundsatz der Staatlichkeit und Gesetzmäßigkeit des Schulwesens (Art 56 Abs 1
und Abs 7 Satz 1 HV) als auch mit dem demokratisch-repräsentativen Aufbau der
Staatsgewalt (Art 70, 71, 101, 102, 114 HV) und dem Homogenitätsgebot (Art 28
Abs 1 in Verbindung mit Art 7 Abs 1, 65, 20 GG) unvereinbar sei.
Der Antragsteller könne sich auch nicht darauf berufen, daß er als Repräsentant
einer gesellschaftlichen Gruppe deren eigene Angelegenheiten wahrnehme und
deshalb nicht durch das Prinzip der parlamentarischen Verantwortung in seinen
Rechten eingeschränkt werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Inhalt der
Stellungnahme des Hessischen Ministerpräsidenten vom 28. August 1979
verwiesen.
IV.
Der Landesanwalt hält die Anträge ebenfalls in mehrfacher Hinsicht für unzulässig.
Der Antragsteller sei für eine Grundrechtsklage nicht beschwerdebefugt (§ 45 Abs
2 StGHG). Er sei nicht Träger des Mitbestimmungsgrundrechts aus Art 56 Abs 6
HV, dessen Verletzung er geltend mache. Dieses Individualgrundrecht stehe nur
den einzelnen Erziehungsberechtigten zu. Eine Grundrechtsinhaberschaft des
Antragstellers könne auch nicht aus der Überlegung folgen, daß das
Mitbestimmungsrecht aus Art 56 Abs 6 HV nur durch einen gesetzlichen
Organisationsverbund der gesamten Elternschaft landesweit wirksam darstellbar
sei und daher auch der Organisation selbst zustehen müsse. Solche korporativen
Daseinsrechte und Betätigungsrechte kenne das deutsche Verfassungsrecht nur
für die Koalitionen (Art 9 Abs 3 GG, Art 29 Abs 2 HV). Einen vergleichbaren
Rechtsstatus könne ein vom einfachen Gesetzgeber geschaffenes
Mitbestimmungsorgan im Bereich des staatlichen Unterrichtswesens nicht haben.
Der Antragsteller habe auch keine grundrechtsähnliche Befugnis, das
Individualgrundrecht der Erziehungsberechtigten im eigenen Namen
wahrzunehmen oder zu verteidigen. Existenz, Status und Kompetenzen des
Antragstellers seien verfassungsrechtlich weder ausgeformt noch gewährleistet. Er
sei eine vom einfachen Gesetzgeber gebildete, mit einzelnen Befugnissen im
Rahmen des staatlichen Schulwesens ausgestattete und der staatlichen
Schulverwaltung zugeordnete Einrichtung, die im Wege der einfachen
Gesetzgebung veränderbar und durch andere Organisationsformen der
Elternmitbestimmung ersetzbar sei. Zwar treffe den staatlichen Gesetzgeber auf
Grund von Art 56 Abs 6 in Verbindung mit Abs 7 HV eine Verpflichtung, geeignete
Organisationsformen bereitzustellen, in denen die mitbestimmungsberechtigten
Eltern gemeinsam ihren Willen bilden und gegenüber den für die Gestaltung des
Unterrichtswesens verantwortlichen staatlichen Stellen "mitbestimmend" äußern
könnten. Ob das Mitbestimmungsrecht sich auf die von den zentralen
Verwaltungsstellen erlassenen Richtlinien erstrecke oder seinen sachlichen
Schwerpunkt nur in der Kooperation aller Beteiligten an der einzelnen Schule habe,
könne hier dahinstehen. Allein entscheidend sei, daß sich aus Art 56 Abs 6 HV
keine grundrechtsähnliche Befugnis einer landesweit organisierten Vertretung der
Elternschaft entnehmen lasse, auf Grund dieses Mitbestimmungsrechts eine
bestimmte Ausgestaltung ihrer Kompetenzen im eigenen Namen fordern zu
können.
Der Antragsteller sei auch nicht auf Grund einer durch Wahlen legitimierten
"Repräsentation" befugt, als Sachwalter des Mitbestimmungsgrundrechts aller
Erziehungsberechtigten aufzutreten und dieses im eigenen Namen geltend zu
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Erziehungsberechtigten aufzutreten und dieses im eigenen Namen geltend zu
machen. Die Verleihung einer solchen Stellung durch den Landesgesetzgeber an
den Antragsteller würde im Gegenteil das Individualgrundrecht der
Erziehungsberechtigten aus Art 56 Abs 6 HV verletzen; denn die Konstruktion
einer "treuhänderischen" Grundrechtsausübung für die "repräsentierten" Eltern
hätte zur Folge, daß Beschlüsse des Landeselternbeirates auch den Eltern
zugerechnet werden müßten, die sich bei seiner Bildung nicht beteiligt hätten oder
bei seiner Willensbildung majorisiert worden seien. Grundrechte als
höchstpersönliche Rechte könnten überdies nicht durch gesetzlichen
Organisationsakt zur treuhänderischen Wahrnehmung auf eine durch Wahlen
gebildete Einrichtung übertragen werden; denn dabei würde es sich um eine Abart
der Prozeßstandschaft handeln, die im verfassungsrechtlichen Verfahren
ausgeschlossen sei.
Nach Art 56 Abs 6 HV müsse es den Erziehungsberechtigten überlassen bleiben,
ihr Mitbestimmungsrecht selbst und im eigenen Namen geltend zu machen. Bei
der vom Antragsteller beanspruchten Grundrechtsausübung kraft "demokratisch
legitimierter" Repräsentation handele es sich in Wirklichkeit um den mißlungenen
Versuch, eine Form der verfassungsgerichtlich unzulässigen Prozeßstandschaft
durch eine Scheinlegitimation zu verdecken. Der Antragsteller habe schließlich die
Verletzung eigener Grundrechte oder grundrechtsähnlicher Rechte nicht schlüssig
gerügt. Er erstrebe mit seiner Klage eine Ausweitung seiner einfachgesetzlichen
Mitwirkungskompetenzen zu einer absoluten Vetoposition, die durch Beschluß der
demokratisch legitimierten und kontrollierten Regierung nicht mehr überwindbar
wäre, sondern in einem entscheidungslosen Einigungszwang enden müßte. Allein
die Eltern als Grundrechtsträger könnten geltend machen, daß ihr
Mitbestimmungsrecht aus Art 56 Abs 6 HV dem staatlichen Erziehungsauftrag
gleichrangig sei und nicht durch Regierungsbeschluß überstimmt werden dürfe.
Der angefochtene Beschluß der Landesregierung vom 13. September 1977 habe
im übrigen nur regierungsinterne Wirkung. Er selbst tangiere keine Rechte des
Antragstellers und könne daher nicht Gegenstand der Kontrolle im Verfahren der
Grundrechtsklage sein.
Eine Befassung mit dem Hilfsantrag sei dem Staatsgerichtshof verwehrt. Denn
damit begehre der Antragsteller die Erstattung eines verfassungspolitischen
Gutachtens mit dem Ziel, dem Gesetzgeber zu einer Revision der in § 23 Abs 2
Satz 4 des Elternmitbestimmungsgesetzes gefundenen Konfliktlösung zu
veranlassen. Daß dies nicht zu den Aufgaben des Staatsgerichtshofs gehöre, sei
evident.
Die Grundrechtsklage sei auch unbegründet, wie der Hessische Ministerpräsident
mit zutreffender Begründung vorgetragen habe.
Entscheidungsgründe
Die Anträge können keinen Erfolg haben; sie sind unzulässig.
1.
Nach Art 131 Abs 3 HV in Verbindung mit § 45 Abs 2 StGHG kann jedermann den
Staatsgerichtshof anrufen, der geltend macht, daß ein ihm von der Verfassung
gewährtes Grundrecht verletzt sei. Nach ständiger verfassungsgerichtlicher
Rechtsprechung ist daher im Verfahren zur Verteidigung der Grundrechte nur
antragsberechtigt, wer selbst Inhaber des angeblich verletzten Grundrechts oder
grundrechtsähnlichen Rechts ist (vgl Hessischer Staatsgerichtshof, Beschluß vom
26. Oktober 1977 - PSt 835 -; ebenso zu § 90 BVerfGG: BVerfGE 39, 302 (312)
unter Hinweis auf BVerfGE 3, 383 (391); 6, 273 (277); 12, 6 (8); 21, 362 (367); vgl
auch Zinn/Stein, Verfassung des Landes Hessen, Kommentar, Band II, Erläuterung
B IV 18 zu Art 131 bis 133). Durch diesen besonderen Bezug zum Grundrecht und
die Abhängigkeit von dem jeweiligen Rechtsbegehren unterscheidet sich die
allgemeine subjektive Beschwerdebefugnis im Grundrechtsklageverfahren von der
Parteifähigkeit im Zivilprozeß und in den verwaltungsgerichtlichen Verfahren, die
im wesentlichen grundsätzlich nur von der materiellen Rechtsfähigkeit abhängt (vgl
§§ 50 ZPO, 61 Nr 1 VwGO, 70 SSG, 57 FGO; vgl auch Hessischer
Staatsgerichtshof, Beschluß vom 26. Oktober 1977 - PSt 835 -). Die vom
Antragsteller unter Berufung auf die in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
bei einem Repräsentationsorgan der Elternschaft erfolgte Anerkennung der
Parteifähigkeit vertretene Ansicht, seine Parteifähigkeit sei auch im
verfassungsgerichtlichen Grundrechtsklageverfahren ohne weiteres gegeben, geht
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verfassungsgerichtlichen Grundrechtsklageverfahren ohne weiteres gegeben, geht
deshalb fehl. Der Antragsteller verkennt insoweit die Unterschiedlichkeit der
Anknüpfungspunkte für die allgemeine subjektive Beschwerdebefugnis im
Grundrechtsklageverfahren einerseits und für die Parteifähigkeit in anderen
gerichtlichen Verfahren andererseits.
2.
Art 56 Abs 6 HV, dessen Verletzung der Antragsteller in dem vorliegenden
Grundrechtsklageverfahren geltend macht, gewährt zwar ein Grundrecht. Das ist in
der Rechtsprechung des Staatsgerichtshof wie auch im verfassungsrechtlichen
Schrifttum seit langem anerkannt (vgl StGH, Urteil vom 18. Februar 1958 - P St
230 -, StAnz S 311 (313); Urteil vom 6. Oktober 1971 - P St 608.637 -; Zinn/Stein,
aaO, Band I, Anm 11 zu Art 56). In seiner Entscheidung vom 18. Februar 1958 - P
St 230 - hat der Staatsgerichtshof dazu folgendes ausgeführt:
"Daß es sich ... um ein Grundrecht handelt, ergibt sich formell daraus, daß die
Bestimmung des Art 56 Abs 6 dem Grundrechtsteil der Hessischen Verfassung
angehört, und materiell aus der Bedeutung, die diesem Recht zukommt. Zwar wird
nicht jede öffentlich-rechtliche Befugnis, die in dem Grundrechtsteil der Verfassung
jemandem zugesprochen wird, ohne weiteres als ein Grundrecht anzusehen sein.
Wenn jedoch dem einzelnen in einer Bestimmung des Grundrechtsteils Befugnisse
von besonderer Bedeutung gewährt werden, dann handelt es sich um ein
Grundrecht. Das trifft auf das Mitbestimmungsrecht der Erziehungsberechtigten
nach Art 56 Abs 6 HV zu. Die Ziele und Wege der Bildung im Schulwesen
festzulegen, war nach dem überlieferten deutschen Schulrecht ausschließlich
Sache des Staates. Wenn nunmehr die Hessische Verfassung den
Erziehungsberechtigten insoweit ein Mitbestimmungsrecht gewährt, so ist dies
eine so bedeutsame Änderung im Schulwesen, daß eine dahingehende Befugnis
als Grundrecht gewertet werden muß".
Dem Antragsteller fehlt indessen die spezifisch verfassungsrechtliche
Beschwerdebefugnis gemäß § 45 Abs 2 StGHG; denn er ist weder allein noch
neben den Erziehungsberechtigten Träger des Grundrechts aus Art 56 Abs 6 HV.
Grundrechte oder grundrechtsähnliche Rechte sind höchstpersönlicher Natur. Die
Grundrechtsklage ist ein außerordentlicher Rechtsbehelf zur Verteidigung dieser
Rechte. Die Beschwerdebefugnis muß daher dem persönlichen Geltungsbereich
des in Betracht kommenden Grundrechts oder dem verteidigten Rechtsstatus
folgen. Das schließt zwar nicht aus, daß etwa auch juristische Personen oder nicht
rechtsfähige Vereinigungen Träger von Grundrechten sein können, soweit
bestimmte Grundrechte ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind (vgl StGH,
Beschluß vom 11. April 1973 - P St 697 -, StAnz 1973, 927 (929) = ESVGH 23, 147
= DÖV 1973, 524; Beschluß vom 26. Oktober 1977 - P St 835 -, vgl auch
Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, BVerfGG, RdNrn 25, 28, 29 zu § 90).
Juristische Personen des öffentlichen Rechts hingegen können sich auf
Grundrechte grundsätzlich nicht berufen, soweit sie öffentliche Aufgaben
wahrnehmen. Etwas anderes kann nur gelten, wenn ausnahmsweise die
betreffende juristische Person des öffentlichen Rechts unmittelbar dem durch die
Grundrechte geschützten Lebensbereich zuzuordnen ist (StGH, Beschluß vom 11.
April 1973 - P St 697 -; BVerfGE 31, 314 (322); BverfGE 39, 302 (313)). Das setzt
aber voraus, daß subjektive Rechte der Hessischen Verfassung dem Eigenbereich
der juristischen Person des öffentlichen Rechts angehören oder doch in einem
untrennbaren Zusammenhang mit ihr stehen. Für andere Einrichtungen oder
Organisationsformen, die ihrer Existenz und ihren Tätigkeitsbereichen nach dem
öffentlichen Recht zuzuordnen sind, muß dies erst recht gelten.
3.
Der Antragsteller ist entgegen seiner Auffassung nicht Träger des Grundrechts aus
Art 56 Abs 6 HV, dessen Verletzung er mit der Grundrechtsklage geltend macht.
Schon aus dem Wortlaut der Verfassungsbestimmung läßt sich für eine solche
Annahme nichts herleiten. Nach Art 56 Abs 6 HV haben die
"Erziehungsberechtigten" das Recht, die Gestaltung des Unterrichtswesens
mitzubestimmen, soweit die Grundsätze der Absätze 2 bis 5 nicht verletzt werden.
Der Kreis der Berechtigten ist - wie der Staatsgerichtshof bereits in seinem Urteil
vom 18. Februar 1958, P St 230, zum Ausdruck gebracht hat - schon in dieser
Formulierung so weit festgelegt, daß er sich durch Heranziehung der
Bestimmungen des Privatrechts über die Berechtigung zur Erziehung eindeutig
bestimmen läßt. Berechtigte sind hiernach in erster Linie die Eltern; ihnen obliegt
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bestimmen läßt. Berechtigte sind hiernach in erster Linie die Eltern; ihnen obliegt
das Recht und die Pflicht zur Erziehung des Kindes als Teil der Personensorge (§§
1626ff, 1631 Abs 1 BGB; vgl auch Art 6 Abs 2 Satz 1 GG). Daß der Antragsteller
nicht Erziehungsberechtigter im Sinne dieser Vorschriften ist, ist offenkundig.
Auch von seinem Sinn und Zweck her vermag Art 56 Abs 6 HV nicht die Annahme
zu rechtfertigen, der Antragsteller sei (allein oder neben den kraft Privatrechts zur
Erziehung Befugten) Träger des in dieser Bestimmung verankerten Grundrechts.
Es ist zwar zutreffend, daß das Mitbestimmungsrecht, soweit es sich um
Maßnahmen der zentralen Unterrichtsverwaltung handelt, wohl nur durch ein
Vertretungsorgan der Erziehungsberechtigten auf Landesebene wahrgenommen
werden kann. Das hat der Staatsgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom
18. Februar 1958 - P St 230 zum Ausdruck gebracht. Aus der Erwägung heraus,
daß das Mitbestimmungsrecht aus Art 56 Abs 6 HV nur durch einen wie immer
gearteten Organisationsverbund der gesamten Elternschaft auf Landesebene
wirksam darstellbar ist, kann indessen nicht die Schlußfolgerung hergeleitet
werden, diese Organisation sei auch Träger dieses Teilhabegrundrechts. Art 56 Abs
6 HV ist ersichtlich als Individualgrundrecht ausgestaltet, das nur den Personen
zugeordnet ist, denen nach den Normen des Privatrechts die Erziehungsbefugnis
zusteht. Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Verfassungsnorm wäre
eine andere Auslegung allenfalls dann vertretbar bzw sachlich geboten, wenn die
Eltern, bzw die Personen, denen nach den Vorschriften des Privatrechts die
Erziehungsbefugnis zusteht, einer etwaigen Verletzung ihres Grundrechts aus Art
56 Abs 6 HV anderenfalls nicht wirksam begegnen könnten. Dies ist jedoch nicht
der Fall, den die Erziehungsberechtigten können selbst, sofern sie in ihrem
Mitbestimmungsrecht aus Art 56 Abs 6 HV beeinträchtigt oder verletzt sind, den
Staatsgerichtshof anrufen und die Grundrechtsverletzung rügen.
4.
Der Antragsteller ist auch nicht aus anderen Rechtsgründen befugt, das
Individualgrundrecht der Erziehungsberechtigten aus Art 56 Abs 6 HV im eigenen
Namen wahrzunehmen und etwaige Verletzungen dieses Grundrechts im Wege
der Grundrechtsklage vor dem Staatsgerichtshof geltend zu machen. Der
Antragsteller ist zwar eine Einrichtung, die der hessische Landesgesetzgeber in
Ausfüllung des Art 56 Abs 7 Satz 1 HV unter anderem dazu geschaffen hat, das
Mitbestimmungsrecht der Erziehungsberechtigten gemäß Art 56 Abs 6 der
Verfassung des Landes Hessen zu gewährleisten (vgl § 1 Abs 1 des
Elternmitbestimmungsgesetzes); er ist zu diesem Zweck mit gewissen
Befugnissen ausgestattet worden. Ob es sich bei diesen Befugnissen um
subjektive Rechte handelt oder nicht, kann in diesem Zusammenhang
dahinstehen. Zu berücksichtigen ist jedoch, daß Existenz, Status und Kompetenz
des Antragstellers durch die Verfassung selbst weder näher ausgestaltet noch
gewährleistet sind. Die Einrichtung des Landeselternbeirats und die ihm
verliehenen Befugnisse im Rahmen des staatlichen Schulwesens sind im Wege der
einfachen Gesetzgebung geschaffen worden und könnten auf demselben Wege
jederzeit durch andere Formen der Elternmitbestimmung ersetzt werden. Es ist
deshalb ausgeschlossen, daß sich in einer solchen Einrichtung, die weder ihre
Existenz noch ihre Kompetenzen unmittelbar aus der Verfassung ableiten kann,
die Berechtigung zur Ausübung des Individualgrundrechts der
Erziehungsberechtigten aus Art 56 Abs 6 HV gewissermaßen verselbständigt,
zumal dafür - wie oben bereits ausgeführt wurde - unter dem Gesichtspunkt eines
effektiven verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes gegen Beeinträchtigungen des
den Erziehungsberechtigten zustehenden Mitbestimmungsgrundrechts kein
Bedürfnis besteht, weil die Erziehungsberechtigten selbst in der Lage sind, sich
gegen Grundrechtsverletzungen angemessen zur Wehr zu setzen.
5.
Die Beschwerdebefugnis des Antragstellers gemäß § 45 Abs 2 StGHG läßt sich
auch nicht mit der Erwägung begründen, daß er kraft seiner durch Wahl nach § 21
des Elternmitbestimmungsgesetzes gegebenen "demokratischen Legitimation"
zur "Repräsentation" der Erziehungsberechtigten bei der Wahrnehmung des
Mitbestimmungsrechts befugt sei. Ungeachtet dessen, daß sich für diese
Annahme weder aus der Hessischen Verfassung noch dem
Elternmitbestimmungsgesetz etwas herleiten läßt und abgesehen davon, daß
gerade das Elternrecht seinem Wesen nach individuelles Recht ist, das sich nicht
kollektiv ausüben läßt (vgl Starck, DÖV 1979, 269ff (275)), ist die Konstruktion
einer gewissermaßen treuhänderischen Ausübung von Individualgrundrechten dem
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einer gewissermaßen treuhänderischen Ausübung von Individualgrundrechten dem
deutschen Verfassungsrecht wesensfremd. Die Grundrechte sind
höchstpersönliche Rechte und zum Schutze der persönlichen Freiheit geschaffen;
sie sind weder ihrem Inhalt nach noch in ihrer Ausübung durch Gesetz oder
Rechtsgeschäft übertragbar (StGH, Beschluß vom 11. April 1973 - P St 697 -, vgl
auch Beschluß vom 26. Oktober 1977 - P St 835). Die Grundrechtsklage ist ein
Rechtsbehelf zur Verteidigung dieser Rechte. Deshalb kann es im Verfahren über
eine Grundrechtsklage auch keine Prozeßstandschaft geben (StGH, Beschluß vom
11. April 1973 - P St 697 - mit weiteren Nachweisen). Nichts anderes wäre es aber
der Sache nach, wollte man dem Antragsteller eine Verteidigung des
Individualgrundrechts aus Art 56 Abs 6 HV vor dem Landesverfassungsgericht
zugestehen. Eine Einrichtung wie der Antragsteller, die ihre Entscheidungen auf
Grund von Abstimmungen nach dem Mehrheitsprinzip trifft, ist zur Wahrnehmung
bzw Verteidigung eines Individualgrundrechts schlechthin ungeeignet. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann das elterliche
Erziehungsrecht aus Art 6 Abs 2 GG als Individualgrundrecht nicht durch
Mehrheitsbildung ausgeübt werden (BVerfGE 47, 46ff (76)). Entsprechendes gilt
auch für das elterliche Erziehungsrecht nach Art 55 HV und das
Mitbestimmungsrecht der Erziehungsberechtigten nach Art 56 Abs 6 HV. Wäre das
Mitbestimmungsgrundrecht der Ausübung durch einen mehrheitlich
beschließenden kollektiven Organisationsträger zugänglich, so hätte das die unter
verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu billigende Konsequenz, daß einer
Minderheit von Grundrechtsträgern ein Grundrechtsverzicht zugunsten einer
Mehrheit oktroyiert werden könnte, weil der Landeselternbeirat
zwangsverbandähnlich konstruiert ist und es einen einheitlichen Elternwillen nicht
gibt. Darauf hat insbesondere der Landesanwalt zutreffend hingewiesen. Nur die
Erziehungsberechtigten selbst können daher im Wege der Grundrechtsklage die
Verletzung ihres Mitbestimmungsrechts gemäß Art 56 Abs 6 HV bzw die
Verkürzung ihres Mitbestimmungsrechts durch eine in Ausfüllung des Art 56 Abs 7
Satz 1 HV ergangene gesetzliche Mitbestimmungsregelung rügen.
6.
Die Verletzung eigener Grundrechte oder grundrechtsähnlicher Rechte hat der
Antragsteller nicht schlüssig dargetan. Es kann deshalb hier dahinstehen, ob und
gegebenenfalls auf welche Grundrechte oder grundrechtsähnlichen Rechte sich
eine durch einfaches Landesgesetz zur Unterstützung von Schule, Elternhaus und
Berufsausbildungsstätten bei der Erziehung und Bildung der Jugend und zur
Gewährleistung des Mitbestimmungsrechts der Erziehungsberechtigten
geschaffene Einrichtung überhaupt berufen könnte.
7.
Soweit sich die Grundrechtsklage gegen den Beschluß der Landesregierung vom
13. September 1977 richtet, ist sie auch deshalb unzulässig, weil jener Beschluß
lediglich regierungsinterne Bedeutung hat. Er richtet sich nicht an den
Antragsteller, sondern ermächtigt den Kultusminister, eine nach außen wirkende
Maßnahme - hier die probeweise Freigabe der Rahmenrichtlinien Biologie - zu
treffen. Der Beschluß selbst greift daher weder in die Rechtsstellung der
Erziehungsberechtigten noch in die Rechtssphäre des Antragstellers ein. Eine
derartige regierungsinterne Zustimmung unterliegt nicht der allgemeinen
verfassungsgerichtlichen Kontrolle durch den Staatsgerichtshof.
Nur Rechtsnormen, wie Gesetze und Verordnungen, die den Grundrechtsträger
tatsächlich selbst, gegenwärtig und unmittelbar, nicht erst mit Hilfe eines
Vollziehungsaktes, in einem Grundrecht verletzen, können nach ständiger
Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs mit der Grundrechtsklage unmittelbar
angegriffen werden (vgl etwa StGH, Beschluß vom 26. Oktober 1977 - P St 835 -).
8.
Auch hinsichtlich des hilfsweise gestellten Antrags ist die Grundrechtsklage
unzulässig. Der Antragsteller begehrt damit letztlich eine gutachtliche
Stellungnahme des Staatsgerichtshofs unter Ausschöpfung aller
Denkmöglichkeiten und Hypothesen darüber, ob und in welcher Form die Lösung
des "Konfliktes" zwischen ihm und dem Kultusminister bzw der Landesregierung
mit Art 56 Abs 6 HV vereinbar ist. Die Erstattung eines solchen "Gutachtens"
gehört nicht zu den Aufgaben des Staatsgerichtshofs.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.