Urteil des StGH Hessen vom 07.12.1999

StGH Hessen: körperliche unversehrtheit, recht auf leben, politische verfolgung, anerkennung, staatliche verfolgung, abweisung, menschenwürde, bundesamt, ausreise, syrien

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Gericht:
Staatsgerichtshof
des Landes
Hessen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
P.St. 1318
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 7 S 2 Verf HE , § 43 Abs 1
StGHG , § 43 Abs 2 StGHG
Leitsatz
Gegen Entscheidungen hessischer Verwaltungsgerichte, die Bescheide des
Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bestätigen, kann eine
Grundrechtsklage unter Berufung auf das Asylrecht des Art. 7 Satz 2 HV oder andere
materielle Grundrechte der Hessischen Verfassung nicht zulässig erhoben werden.
Tenor
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Gründe
A
I.
Die Antragsteller wenden sich mit der Grundrechtsklage gegen ein
verwaltungsgerichtliches Urteil, mit dem ihre Klagen gegen einen Bescheid des
Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge sowie eine
ausländerbehördliche Abschiebungsandrohung als offensichtlich unbegründet
abgewiesen wurden.
Die Antragsteller sind nach eigenen Angaben syrische Staatsangehörige. Das
Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte mit Bescheid
vom 5. April 1991 ihre Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte ab und
verneinte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des
Ausländergesetzes - AuslG -. Der Oberbürgermeister der Stadt W setzte den
Antragstellern mit Verfügung vom 8. Oktober 1991 zur freiwilligen Ausreise eine
Frist von einem Monat nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des
Bundesamtsbescheides und drohte ihnen für den Fall der nicht fristgemäßen
Ausreise die Abschiebung an. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden wies die gegen
die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Verpflichtungsklage und die gegen die
Stadt W gerichtete Anfechtungsklage mit den Antragstellern am 25. Mai 1998
schriftlich bekannt gegebenem Urteil vom 15. April 1998 - 2 E 7310/91.A(V) - als
offensichtlich unbegründet ab.
Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus,
asylrechtlichen Schutz genieße jeder, der im Falle seiner Rückkehr in dem
Herkunftsstaat dort aus politischen Gründen Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr
für Leib und Leben oder Beschränkungen in seiner persönlichen Freiheit
ausgesetzt wäre oder in diesem Land politische Repressalien zu erwarten hätte.
Eine Verfolgung sei politisch im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG, wenn sie dem
Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse
Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein
prägten, gezielt Rechtsverletzungen zufüge, die ihn ihrer Intensität nach aus der
übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzten. Diese
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übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzten. Diese
spezifische Zielrichtung sei anhand des inhaltlichen Charakters der Verfolgung
nach deren erkennbarem Zweck und nicht nach den subjektiven Motiven des
Verfolgenden zu ermitteln. Würden durch die staatliche Maßnahme nicht Leib,
Leben oder die physische Freiheit des Betreffenden gefährdet, sondern andere
Rechtsgüter beeinträchtigt, so seien diese Eingriffe nur dann asylrelevant, wenn sie
nach Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzten und über das
hinausgingen, was die Bewohner des Heimatstaates aufgrund des dort
herrschenden Systems allgemein hinzunehmen hätten. Art. 16a Abs. 1 GG setze
eine gegenwärtige Verfolgungsbetroffenheit voraus. Dem Asylsuchenden müsse
deshalb politische Verfolgung bei verständiger Würdigung aller Umstände seines
Falles mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit drohen, so dass es
ihm nicht zumutbar sei, in sein Heimatland zurückzukehren. Hierbei sei gemäß §
77 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG - auf die Verhältnisse im
Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen, wobei es
einer über einen absehbaren Zeitraum ausgerichteten Prognose der sich für den
Asylsuchenden ergebenden Verfolgungssituation bedürfe.
Ein herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab gelte für diejenigen
Asylsuchenden, die schon in ihrer Heimat politisch verfolgt worden seien, die
insbesondere bereits Opfer politisch begründeter Repressalien gewesen seien oder
jedenfalls gute Gründe gehabt hätten, solche Repressalien als konkret
bevorstehend zu befürchten. Diese Personen seien schon dann als Asylberechtigte
anzuerkennen, wenn an ihrer Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bei
Rückkehr in den Heimatstaat ernsthafte Zweifel verblieben.
Ein strenger Maßstab sei demgegenüber sowohl in materieller Hinsicht als auch
was die Darlegungen und die Beweisanforderungen anbelange, dann anzulegen,
wenn sich der Asylsuchende auf Verfolgungsgründe berufe, die er nach Verlassen
seines Heimatstaates aus eigenem Entschluss geschaffen habe (sog.
selbstgeschaffene Nachfluchttatbestände). Diese subjektiven
Nachfluchttatbestände seien wegen des Fehlens des von Art. 16a GG
grundsätzlich vorausgesetzten kausalen Zusammenhangs zwischen Verfolgung
und Flucht überdies nur in eng begrenzten Ausnahmefällen überhaupt
asylrechtlich relevant. Die grundsätzliche Unerheblichkeit subjektiver
Nachfluchtgründe folge jetzt aus § 28 AsylVfG und entspreche der bereits zur
vorhergehenden Fassung des Asylverfahrensgesetzes ergangenen
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Eine Ausnahme von der
grundsätzlichen Unerheblichkeit subjektiver Nachfluchtgründe sei dabei dann
anzuerkennen, wenn sich der Asylsuchende im Zeitpunkt seines eine Verfolgung
auslösenden Nachfluchtverhaltens in einer ausweglosen Lage befunden habe.
Bestehe das zur Verfolgung führende Nachfluchtverhalten in einer exilpolitischen
Betätigung, sei der sich hieraus ergebende Nachfluchttatbestand gemäß § 28 Satz
1 AsylVfG dann asylrechtlich relevant, wenn sich die politische Betätigung als
Ausdruck und Fortführung einer schon während des Aufenthalts im Heimatstaat
vorhandenen und erkennbar betätigten Überzeugung darstelle.
Diesen Anforderungen genüge der unter Einbeziehung des sonst ermittelten
Sachverhalts zu würdigende Vortrag der Antragsteller offensichtlich nicht. Dies
habe das Bundesamt in seinem Bescheid vom 5. April 1991 zutreffend festgestellt.
Allerdings hätte das Bundesamt bei richtiger rechtlicher Würdigung die
Asylbegehren der Antragsteller als offensichtlich unbegründet ablehnen müssen.
Die Antragstellerin habe keinerlei Asylgründe vorgetragen. Im Übrigen hätten die
Antragsteller ohne Not - mit gültigem syrischen Reisepass legal über die Grenze
auf normalem Weg, wie vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung am 15.
April 1998 vor Gericht erklärt - ihre Heimat verlassen und seien offenkundig aus
wirtschaftlichen Gründen als sogenannte Vorhut ihrer später nachgefolgten
Familienangehörigen nach Deutschland eingereist. Die vom Antragsteller bei der
Niederschrift seines Asylbegehrens angegebenen Gründe für seine Ausreise seien
nicht glaubhaft. Zutreffend habe das Bundesamt in seinem ablehnenden Bescheid
auf die gravierenden Widersprüche in seinem Asylvorbringen hingewiesen. Diese
habe der Antragsteller auch im Rahmen seiner Einlassung vor Gericht nicht
ausräumen können. Aufgrund des Eindrucks, den der Antragsteller in der
mündlichen Verhandlung bei Gericht hinterlassen habe, und aufgrund seiner
Einlassung stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass es sich bei dem
Asylvorbringen des Antragstellers um einen frei erfundenen Vortrag handele. Nach
alledem halte das Gericht den Antragsteller für unglaubwürdig.
Aber auch wenn das Gericht zu Gunsten des Antragstellers davon ausginge, er sei
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Aber auch wenn das Gericht zu Gunsten des Antragstellers davon ausginge, er sei
Mitglieder der ADO, habe er damit einen Asylanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Bei der 1957 gegründeten ADO („Assyrische Demokratische Organisation“)
handele es sich um eine unpolitische Vereinigung, deren Ziele ausschließlich auf
kulturell-religiösem Bereich lägen. Die ADO selbst habe 1986 erklärt, dass die
Assyrer in Syrien keine politische Verfolgung zu erleiden hätten. Vor diesem
Hintergrund und in Anbetracht der gesamten Auskünfte und Stellungnahmen sei
das Gericht der Ansicht, dass eine unmittelbare staatliche Verfolgung der in Syrien
lebenden Christen und Assyrer nicht vorliege. Aber selbst wenn das Gericht die
gravierenden Widersprüche im Asylvorbringen des Antragstellers außer Acht ließe
und zu seinen Gunsten annehme, er sei in Syrien mehrfach festgenommen und
verhört worden, rechtfertige dies ebenfalls keine Asylanerkennung, weil diese
kurzfristigen Maßnahmen nicht die Schwelle der Asylrelevanz erreicht hätten.
Vielmehr zeige die Tatsache, dass der Antragsteller wie seine ihm später
nachfolgenden Familienangehörigen seine Heimat legal und mit syrischem Pass
ungehindert habe verlassen können, dass der syrische Staat an ihm und seinen
Verwandten kein asylrelevantes Verfolgungsinteresse habe. Der Antragsteller
habe auch offensichtlich keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter
aufgrund von nach der Ausreise eingetretenen Umständen. Solche selbst
geschaffenen Nachfluchtgründe seien grundsätzlich nur dann asylrechtlich
beachtlich, wenn sie sich als Ausdruck und Fortführung einer schon während des
Aufenthalts im Heimatland vorhandenen erkennbar betätigten Überzeugung
darstellen würden. Dies sei nach Überzeugung des Gerichts - wie oben bereits
dargestellt - offenkundig nicht der Fall, so dass eine Anerkennung als
Asylberechtigter im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG ausscheide.
Abschiebungshindernisse gemäß § 51 Abs. 1 AuslG lägen ebenfalls offensichtlich
nicht vor. Nach dieser Vorschrift dürfe ein Ausländer nicht in einen Staat
abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse,
Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen
Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sei. Auch diese
Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall offensichtlich nicht erfüllt. Die bloße -
selbst durch den Einzelfall bestätigte - Möglichkeit einer Verletzung der
vorerwähnten Rechte reiche hierfür nicht aus. Die gesetzlichen Voraussetzungen
des § 51 AuslG beinhalteten vielmehr, dass eine konkrete, beachtliche
Wahrscheinlichkeit für die Rechtsverletzung bestehen müsse. Diese beachtliche
Wahrscheinlichkeit bestehe jedoch bei einer Rückkehr in das Heimatland
offensichtlich nicht. Einer Abschiebung nach Syrien stünden somit keine
Hindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG entgegen. Auch die Tatsache der
Asylantragstellung und der lange Aufenthalt der Antragsteller im Bundesgebiet
führten in Anbetracht der Erkenntnislage nicht zu Abschiebungshindernissen nach
§ 51 Abs. 1 AuslG. Die Antragsteller hätten bei einer Rückkehr nach Syrien
Verfolgungsmaßnahmen auch nicht deshalb zu befürchten, weil sich der
Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland als Musiker, Sänger und Texter
für die assyrische Sache eingesetzt habe. Die vom Antragsteller in diesem
Zusammenhang vorgelegten Zeitschriftenartikel und abgegebenen Äußerungen
enthielten keine konkreten Angriffe gegen den syrischen Staat mit der Folge, dass
die Antragsteller bei einer Rückkehr in ihr Heimatland Repressalien befürchten
müssten. Die insoweit vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung
gemachten Angaben über seine Aktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland
ließen solche Anhaltspunkte in dem genannten Sinne nicht erkennen. Dies gelte
auch für die vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vorgelegten und
von ihm selbst verfassten Liedertexte. Nach vollständiger Erfassung des
Sachverhalts bestünden nach alledem im Zeitpunkt der Entscheidung an der
Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel mehr,
so dass sich die Abweisung der Klage nach allgemein anerkannter
Rechtsauffassung geradezu aufdränge. Zudem sei das Asylvorbringen in
wesentlichen Punkten, nämlich zu seinen angeblichen Festnahmen, Verhören und
zeitlichen Angaben, nicht substantiiert, sondern widersprüchlich (§ 30 Abs. 3 Ziffer
1 AsylVfG). Nach alledem sei offensichtlich, dass sich die Antragsteller nur aus
asylfremden Gründen in Deutschland aufhielten und Asylantrag gestellt hätten (§
30 Abs. 2 AsylVfG). Die Klage sei daher als offensichtlich unbegründet abzuweisen.
Am 25. Juni 1998 haben die Antragsteller Grundrechtsklage erhoben.
Sie rügen die Verletzung des Asylgrundrechts in Verbindung mit der
Rechtsschutzgarantie, des Gleichheitsgrundsatzes und des Willkürverbots,
hilfsweise der Menschenwürde und des Rechts auf Leben und körperliche
Unversehrtheit durch das vorgenannte Urteil. Sie benennen dazu Art. 7 Satz 2 der
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Unversehrtheit durch das vorgenannte Urteil. Sie benennen dazu Art. 7 Satz 2 der
Verfassung des Landes Hessen (kurz: Hessische Verfassung - HV -), im Übrigen
zitieren sie Grundrechte des Grundgesetzes.
Unter Darstellung des bisherigen Verfahrensablaufs und Schilderung ihres
angeblichen Verfolgungsschicksals machen die Antragsteller geltend, das
Verwaltungsgericht habe ihre Asylklage vor dem Hintergrund der
verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie nicht als offensichtlich unbegründet
abweisen dürfen. Im Hinblick auf die asylrechtliche Relevanz des musikalischen
Engagements des Antragstellers in Deutschland für die Rechte der Assyrer habe
das Verwaltungsgericht nicht dargelegt, weshalb das Asylbegehren offensichtlich
unbegründet sei. Es fehle auch an einer ausreichenden Würdigung dieser
exilpolitischen Betätigung des Antragstellers. Dies verletze zugleich den
Gleichheitssatz und das Willkürverbot. In einem vergleichbaren Einzelfall habe das
Verwaltungsgericht Wiesbaden einer Asylklage stattgegeben, auch habe das
Bundesamt einen Landsmann des Antragstellers als asylberechtigt anerkannt. Die
Rechtsschutzgarantie sei auch dadurch verletzt, dass ihnen durch die
unberechtigte Abweisung ihres Asylbegehrens als offensichtlich unbegründet der
weitere Instanzenzug verwehrt worden sei. Schließlich verstoße auch die
Feststellung des Verwaltungsgerichts, Abschiebungshindernisse gemäß § 51 Abs.
1 AuslG lägen offensichtlich nicht vor, gegen Verfassungsrecht. Die
Abschiebungshindernisse des § 51 Abs. 1 AuslG seien im Asylgrundrecht angelegt,
jedenfalls aber in der Menschenwürde und dem Recht auf Leben und körperliche
Unversehrtheit verankert.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
1. festzustellen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 15. April
1998 - 2 E 7310/91.A(V) - das Asylgrundrecht in Verbindung mit der
Rechtsschutzgarantie, das Gleichheitsgrundrecht und das Willkürverbot, hilfsweise
die Menschenwürde und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit
verletzen,
2. das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 15. April 1998 - 2 E
7310/91.A(V) - für kraftlos zu erklären und den Rechtsstreit an das
Verwaltungsgericht Wiesbaden zurückzuverweisen.
II.
Die Landesregierung hält die Grundrechtsklage für unzulässig, jedenfalls aber für
unbegründet. Die Unzulässigkeit folge daraus, dass die Antragsteller eine
Verletzung von Grundrechten der Hessischen Verfassung nicht hinreichend
substantiiert dargelegt hätten. Selbst bei Inhaltsgleichheit des Asylrechts und der
Rechtsweggarantie der Hessischen Verfassung mit den parallelen Grundrechten
des Grundgesetzes seien Grundrechtsverletzungen durch die Abweisung der
Asylbegehren der Antragsteller auszuschließen. Das Verwaltungsgericht habe in
verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise aufgrund des in wesentlichen
Punkten widersprüchlichen Vorbringens des Antragstellers die Asylklage als
offensichtlich unbegründet abgewiesen. Anhaltspunkte für eine Verletzung des aus
Art. 1 HV abzuleitenden Willkürverbots oder sonstiger Rechte seien dem
Vorbringen der Antragsteller im verfassungsgerichtlichen Verfahren nicht zu
entnehmen.
III.
Die Landesanwaltschaft hat erklärt, sich am Verfahren nicht zu beteiligen.
IV.
Die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Wiesbaden ist vom Staatsgerichtshof
beigezogen worden.
B
I.
Die Grundrechtsklage ist unzulässig.
Die Antragsschrift genügt nicht den Anforderungen des § 43 Abs. 1 und 2 des
Gesetzes über den Staatsgerichtshof - StGHG -. Nach dieser Vorschrift erfordert
die Zulässigkeit einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten
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die Zulässigkeit einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten
Grundrechtsklage, dass der Antragsteller substantiiert einen Lebenssachverhalt
schildert, aus dem sich - seine Richtigkeit unterstellt - plausibel die Möglichkeit
einer Verletzung der von ihm benannten Grundrechte der Hessischen Verfassung
ergibt (ständige Rechtsprechung des StGH, zuletzt Beschluss vom 10. November
1999 - P.St. 1414 -). Sämtliche von den Antragstellern erhobenen Rügen der
Verletzungen von Grundrechten werden diesem Zulässigkeitserfordernis nicht
gerecht.
Die Möglichkeit einer Verletzung des Art. 7 Satz 2 HV scheidet von vornherein aus,
soweit das Verwaltungsgericht die gegen den Bescheid des Bundesamtes für die
Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gerichtete Klage der Antragsteller als
offensichtlich unbegründet abgewiesen hat. Nach Art. 7 Satz 2 HV genießen
Fremde Schutz vor Auslieferung und Ausweisung, wenn sie unter Verletzung der in
der Hessischen Verfassung niedergelegten Grundrechte im Ausland verfolgt
werden und nach Hessen geflohen sind.
Ob diese landesverfassungsrechtliche Grundrechtsgewährleistung im Hinblick auf
Art. 31 GG, wonach Bundesrecht Landesrecht bricht, und die bestehenden
bundesrechtlichen Regelungen des Asyl- und Ausländerrechts fortgilt, mag
dahinstehen. Denn zumindest in den Fällen, in denen sich ein Antragsteller - wie
hier - gegen die fachgerichtliche Bestätigung der Entscheidung einer
Bundesbehörde wendet, kann Art. 7 Satz 2 HV keine Geltung beanspruchen. Die
angegriffene Entscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge wurde allein auf der Grundlage von Bundesrecht getroffen. Das
Landesverfassungsrecht, das alle Landesstaatsgewalt verpflichtet, bindet
Bundesbehörden bei ihren Entscheidungen nicht. Demgemäß beschränkt sich die
fachgerichtliche Kontrolle der bundesbehördlichen Anwendung von Bundesrecht -
auch wenn die Überprüfung durch Gerichte eines Bundeslandes erfolgt - auf das
von der Behörde angewendete Bundesrecht (vgl. Verfassungsgerichtshof des
Saarlandes, Beschluss vom 24.9.1998 - Lv 4/98 -). Landesverfassungsrecht,
insbesondere Grundrechte der Landesverfassungen, ist kein Maßstab für die
inhaltliche Überprüfung bundesbehördlicher Entscheidungen durch Fachgerichte
der Bundesländer. Unter Berufung auf das Asylrecht des Art. 7 Satz 2 HV oder
andere materielle Grundrechte der Hessischen Verfassung können
Grundrechtsklagen gegen Entscheidungen hessischer Verwaltungsgerichte, die
Bescheide des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
bestätigen, mithin zulässig nicht erhoben werden. Demgemäß scheidet auch die
Möglichkeit einer von den Antragstellern angedeuteten Verletzung der
Menschenwürde und des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß
Art. 3 HV aus, soweit das Verwaltungsgericht Wiesbaden die Entscheidung des
Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bestätigt hat, wonach
die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorliegen.
Grundrechtsverletzungen durch die verwaltungsgerichtliche Bestätigung der
ausländerbehördlichen Abschiebungsandrohungen haben die Antragsteller nicht
behauptet.
Auf der Grundlage des Vorbringens der Antragsteller fehlt es auch an der
plausiblen Möglichkeit einer Verletzung der Rechtsweggarantie des Art. 2 Abs. 3
HV.
Diese Verfassungsbestimmung ist verletzt, wenn der Zugang zu den Gerichten
ausgeschlossen oder in unzumutbarer Weise erschwert wird (ständige
Rechtsprechung des StGH, vgl. zuletzt Beschluss vom 2.11.1998 - P.St. 1328 -).
Darüber hinaus garantiert Art. 2 Abs. 3 HV einen effektiven Rechtsschutz durch die
Gerichte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (vg. StGH, Beschluss vom
2.11.1998 - P.St. 1328 -). Die Ausgestaltung der Rechtsweggarantie ist Sache des
einfachen Gesetzgebers. Der Rechtsschutz wird daher im Rahmen der jeweils
geltenden Prozessordnung gewährleistet. Eine Verletzung des Art. 2 Abs. 3 HV
durch die Anwendung und Auslegung des einfachgesetzlichen Prozessrechts kann
nur angenommen werden, wenn das Fachgericht die dargelegte Bedeutung dieses
Grundrechts eindeutig verkannt hat. Für die Abweisung von Asylklagen als
offensichtlich unbegründet hat das Bundesverfassungsgericht die Anforderungen
der bundesverfassungsrechtlichen Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG
konkretisiert. Im Hinblick auf die Verfahrensbedingtheit der bundesrechtlichen
Asylgarantie setzt eine Abweisung der Asylklage als offensichtlich unbegründet -
mit der Folge des Ausschlusses weiterer gerichtlicher Nachprüfung (vgl. § 78 Abs.
1 AsylVfG) - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
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1 AsylVfG) - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
voraus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des
Verwaltungsgerichts (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG) an der Richtigkeit der tatsächlichen
Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und
bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung
(unter Beachtung des Stands von Rechtsprechung und Lehre) die Abweisung der
Klage sich dem Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt. Aus den
Entscheidungsgründen muss sich danach klar ergeben, weshalb das Gericht zu
seinem Urteil nach § 78 Abs. 1 AsylVfG kommt, warum also die Klage nicht nur als
schlicht unbegründet, sondern als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden
ist (vgl. etwa BVerfGE 65, 76 [95 f.]; 71, 276 [193 f.]).
Ob Art. 2 Abs. 3 HV die genannten Anforderungen in gleicher Weise stellt wie Art.
19 Abs. 4 GG, was Voraussetzungen einer korrespondierenden
Prüfungsberechtigung und -verpflichtung des Staatsgerichtshofs ist (ständige
Rechtsprechung des StGH, vgl. zuletzt Urteil vom 20.10.1999 - P.St. 1356 -), kann
offen bleiben.
Die Abweisung des Asylbegehrens der Antragsteller als offensichtlich unbegründet
im Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden trägt nämlich den vom
Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen Rechnung. Das Urteil
enthält eine hinreichend detaillierte Auseinandersetzung mit den materiellen
Kriterien des Offensichtlichkeitsbegriffs anhand der Umstände des konkreten
Einzelfalls der Antragsteller. Das Verwaltungsgericht hat sich mit den von den
Antragstellern vorgetragenen Asylgründen befasst und nachvollziehbar dargelegt,
weshalb sich aus ihnen ein Asylanspruch eindeutig nicht ergibt. Dies gilt auch im
Hinblick auf das musikalische Engagement des Antragstellers in Deutschland.
Denn das Verwaltungsgericht hat diese nach der Ausreise eingetretenen
Umstände für asylrechtlich nicht relevant erachtet, da sie sich nicht als Ausdruck
und Fortführung einer schon im Heimatland erkennbar betätigten Überzeugung
dargestellt hätten. Widersprüchen im Sachvortrag des Antragstellers ist das
Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 15. April 1998 durch
Befragung des Antragstellers nachgegangen.
Für eine mögliche Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes sowie des Willkürverbots
durch die Abweisung der Anträge der Antragsteller, sie als Asylberechtigte
anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 AuslG
vorliegen, als offensichtlich unbegründet, fehlt jeder Anhaltspunkt. Eine
unterschiedliche Rechtsanwendung überschreitet die Schwelle zum
verfassungsrechtlich relevanten Verstoß gegen den Gleichheitssatz erst dann,
wenn die Rechtsanwendung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss
aufdrängt, dass die getroffene Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht
(ständige Rechtsprechung des StGH, vgl. zuletzt Beschluss vom 10.11.1999 - P.St.
1414 -). Die Möglichkeit einer solchen Rechtsanwendungswillkür ist dem
Vorbringen der Antragsteller nicht nachvollziehbar zu entnehmen. Die
Anerkennung anderer syrischer Flüchtlinge mit - nach Auffassung der Antragsteller
- vergleichbaren Schicksalen begründet sich allein nicht, dass die Ablehnung der
Asylbegehren der Antragsteller willkürlich erfolgt ist.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 28 StGHG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.