Urteil des StGH Hessen vom 13.03.2017

StGH Hessen: volksbegehren, zahl, stadt, freies ermessen, zustandekommen, wiederholung, hessen, volksabstimmung, begriff, ministerpräsident

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Gericht:
Staatsgerichtshof
des Landes
Hessen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
P.St. 486
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 7 VoBegG HE vom
16.05.1950, § 8 VoBegG HE
vom 16.05.1950, § 10 VoBegG
HE vom 16.05.1950, § 14
VoBegG HE vom 16.05.1950, §
15 VoBegG HE vom
16.05.1950
(Volksbegehren - Kein Amtsermittlungsgrundsatz bei
Wahlanfechtungsverfahren)
Leitsatz
1. Im Verfahren nach VoBegG HE § 14 (Volksbegehren) braucht der Staatsgerichtshof
solchen Tatbeständen nicht nachzugehen, auf die der Antrag nicht gestützt ist.
(Unregelmäßigkeit bei Volksbegehren)
2. Zum Begriff der Unregelmäßigkeit bei Durchführung eines Volksbegehrens iS des
VoBegG HE § 14 S 3.
(Einfluß auf Ergebnis)
3. Zur Frage, wann eine Unregelmäßigkeit auf das Ergebnis eines Volksbegehrens von
Einfluß gewesen sein kann.
Tenor
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Gründe
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Volksbegehren richtet sich nach dem Gesetz über Volksbegehren und
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1 Satz 2 GVV die Frist für die Eintragung in die zur Auslegung zugelassenen Listen
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veröffentlichte der Hessische Ministerpräsident den folgenden Beschluß der
Landesregierung:
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Landeswahlleiter eingegangene Antrag der Antragsteller auf Entscheidung des
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nicht in ortsüblicher Weise öffentlich bekanntgegeben worden; in den Gemeinden
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Bürger von der Eintragung abgeschreckt worden seien oder ihnen zumindest die
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Eintragungsmöglichkeit auf die Auslegestelle des jeweiligen Wahlbezirks
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Bekanntmachung über die Auslegezeiten nicht mit den tatsächlichen
Öffnungszeiten der Eintragungsstellen übereingestimmt hätte und daß in
Offenbach (Main) der Magistrat jede Lautsprecher- und Plakatwerbung für die
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vorsorglich:
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die behaupteten Unregelmäßigkeiten in den von den Antragstellern aufgezählten
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durchschnittlich die höchste in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt
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Abgesehen hiervon seien aber auch die erhobenen Rügen im wesentlichen
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Auslegungsfrist von vierzehn Tagen ohne unzumutbare Erschwerungen die
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weiten Entfernung von der nächsten oder der für ihn zuständigen Eintragungsstelle
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hinsichtlich der folgenden zehn Gemeinden zu:
Lichtenberg mit 316 Wahlberechtigten
Besse
1.572
Cappel
164
Gudensberg
2.344
Kleinenglis
952
Lendorf
281
Niederurff
326
Reptich
147
Zennern
710
Relbehausen
64
insgesamt
6.876 Wahlberechtigten.
Im Hinblick auf die geringe Gesamtzahl der Wahlberechtigten in diesen zehn
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aber diese Stelle sei nur zusätzlich zu der bestehenden Eintragungsstelle zur
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"üblichen Amtsstunden" sowie an Samstagen und Sonntagen zu "besonders
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Bei einer im Sinne der Antragsteller großzügigen Auslegung sei in folgenden
sieben Gemeinden unrichtig verfahren worden:
Groß-Bieberau mit 2.120 Wahlberechtigten
Gudensberg
2.344
Kleinenglis
952
Geismar
615
Niedenstein
656
Wanfried
2.690
Reichensachsen
1.977
insgesamt
11.364 Wahlberechtigten.
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Unregelmäßigkeiten nur so viele Bürger in die Listen eingetragen wie im Landkreis
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Unregelmäßigkeiten auf das Gesamtergebnis des Volksbegehrens
,
ohne die Unregelmäßigkeiten eine günstigere Einzeichnungsquote erreicht worden
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Der Landeswahlleiter hat sich nach Anhörung und Entschließung des
Landeswahlausschusses der Stellungnahme des Hessischen Ministerpräsidenten
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einziges Mal bei ihm - dem Landeswahlleiter - Beschwerden über angebliche
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jede behauptete Unregelmäßigkeit sofort und mit größter Beschleunigung
nachgeprüft und abgestellt habe - während des Volksbegehrens nicht zum
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Äußerung des Hessischen Ministerpräsidenten genannten Zahlen bestehe zu
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a) Gemäß § 14 GVV sind nach der Durchführung eines Volksbegehrens die
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Sinne dieser Bestimmung ist "Volksabstimmung" der Oberbegriff sowohl für die
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auch für den Volksentscheid einschließlich des ihm vorausgehenden
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Überdies ergibt sich die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofes zur Entscheidung
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(nicht in der Verfassung selbst genannten) Fällen der Staatsgerichtshof zu
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b) Daraus folgt zugleich die Befugnis der Antragsteller zur Anrufung des
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Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 14 GVV bestehen insoweit
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135 f) als auch der Wahlprüfungsvorschriften läßt sich eine Entscheidung über die
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c) Da es sich bei den Antragstellern um die Vertrauenspersonen im Sinne von § 2
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a) Die Vertrauenspersonen können nach § 14 Satz 3 GVV ihre Anträge nur darauf
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bei der Vorbereitung oder der Durchführung des Volksbegehrens
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Mit dieser Bestimmung wird den antragsberechtigten Vertrauenspersonen vom
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sondern sich auf die Nachprüfung im einzelnen vorgetragener Rügen beschränken
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ausdrücklicher gesetzlicher Regelung die Verfahrensart eine sinnvolle Einheit mit
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Wahl im großräumigen Flächenstaat erfordert eine Fülle von Einzelentscheidungen
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Einzelentscheidungen während des Wahlablaufs begrenzt und das
Wahlprüfungsverfahren auf die Nachprüfung im einzelnen vorgetragener Rügen
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Nachprüfungen nicht innerhalb einer angemessenen Zeit zu einem Ergebnis
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den Wahlprüfungsgerichten ein freies Ermessen zur Regelung ihres Verfahrens
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Beteiligten und der Sachverhalt als solcher bei sorgfältiger Überlegung sich
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Landeswahlausschuß und der Landeswahlleiter keine Bedenken gegen die
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Volksbegehrens noch ob bei der Durchführung des Volksbegehrens in weiteren als
den in den Anträgen genannten 35 Gemeinden Unregelmäßigkeiten
,
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b) Unter einer Unregelmäßigkeit bei der Durchführung des Volksbegehrens im
Sinne von § 14 Satz 3 GVV ist jede Abweichung von einer zwingenden und nicht
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urdemokratische Willensbildung von unten nach oben von den zuständigen
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für die unbehinderte Durchführung eines Volksbegehrens müssen öffentliche Mittel
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geringfügigen Unbequemlichkeiten nicht kapitulieren werden und daß die für das
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geringfügigen Unbequemlichkeiten nicht kapitulieren werden und daß die für das
Volksbegehren bestellten Vertrauenspersonen oder ihre örtlichen Beauftragten in
,
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unverzüglich - also noch während der Einzeichnungsfrist - Einspruch gemäß § 10
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Bekanntmachung über die Durchführung des Volksbegehrens nicht vom Magistrat
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Wählerverzeichnis naturgemäß nicht an jeder der neunzehn Eintragungsstellen
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Wohnbezirks liegenden) Eintragungsstelle nur bei vorheriger Ausstellung eines
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GVV vorgesehen gewesen; diese Bestimmung ist bei den Beratungen im Landtag
,
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wie die Zulassung einer Eintragung ohne vorherige Prüfung der
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ordnungsmäßige Eintragungslisten "zur Eintragung bereitzuhalten" verpflichtet
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ob die Auslegung der Listen an einer oder mehreren Stellen der Gemeinde erfolgt
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Die Errichtung von nur neunzehn Eintragungsstellen im Stadtgebiet verstieß
demnach nicht gegen ausdrückliche Vorschriften über die Durchführung des
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Der Hessische Ministerpräsident hat dem Staatsgerichtshof eine Stellungnahme
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daß die neunzehn Eintragungsstellen über das ganze Stadtgebiet gleichmäßig
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Eintragungsstellen in den Rathäusern von Frankfurt (Main) und Frankfurt-Höchst
und den beiden weiteren Eintragungsstellen in den beiden
Bürgergemeinschaftshäusern Gallus und Fechenheim waren alle
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sondern montags bis sonnabends in der Zeit von zehn bis neunzehn Uhr und an
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sondern montags bis sonnabends in der Zeit von zehn bis neunzehn Uhr und an
.
der Eintragungsstellen ist es zu Stauungen oder zu unzumutbaren Wartezeiten
.
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Wenn demgegenüber die Antragsteller auf die erheblich größere Zahl von
Wahllokalen (nämlich in 186 Gebäuden) in der Stadt Frankfurt (Main) anläßlich von
,
sogar anläßlich der Wahlen zu den Vertreterversammlungen der
Sozialversicherungsträger in Frankfurt (Main) 192 Wahlräume eingerichtet worden
,
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Sonntags also an einem Tag mit geringerer Verkehrsdichte der öffentlichen
,
Vertreterversammlungen der Sozialversicherungsträger in den Wahlräumen der
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mögen bei Bewohnern einiger Stadtrandgebiete Wünsche hinsichtlich der Nähe der
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in Hessen handelte und daß der Unterschied zwischen den Eigenarten eines
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d) Dagegen sind ausweislich der Berichte der Gemeindevorstände in mehreren
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Eintragungsstellen nicht an allen vierzehn Tagen der Einzeichnungsfrist geöffnet
waren oder der Begriff der "üblichen Amtsstunden" unrichtig dahin ausgelegt
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kommt es auf die Feststellung etwaiger Unregelmäßigkeiten in den anderen 34
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eins in jeder Hinsicht völlig fehlerfreie Beachtung aller Verfahrensregeln eines
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Stellen besteht zwischen dem Begriff "Ergebnis" einerseits und dem
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Unregelmäßigkeiten sei allenfalls die Erreichung der höchsten (im Landkreis
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vorliegenden Fall der denkbar höchste Grad einer potentiellen Kausalität zwischen
vorgekommenen Unregelmäßigkeiten einerseits und dem Zustandekommen oder
Nichtzustandekommen des Volksbegehrens andererseits angenommen und
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seien tatsächlich Unregelmäßigkeiten vorgekommen und es hätten sich in diesen
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November 1966 und das Volksbegehren für unwirksam zu erklären und die
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In diesen 34 Gemeinden gab es 206.126 Wahlberechtigte , von denen sich 18.312
eingetragen haben . Demnach wären 187.814 Eintragungen zu den erzielten
237.089 hinzugekommen . Die Summe von 424.903 Eintragungen hätte jedoch
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hinsichtlich der anderen 34 Gemeinden keine das Ergebnis des Volksbegehrens
,
Hilfsantrag der Antragsteller auf Wiederholung des Volksbegehrens in einigen
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Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.