Urteil des StGH Hessen vom 25.05.1983

StGH Hessen: gymnasiallehrer, pflichtstundenzahl, unterricht, oberstufe, hessen, vergleich, verfassungskonforme auslegung, realschullehrer, schüler, rechtsverordnung

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Gericht:
Staatsgerichtshof
des Landes
Hessen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
P.St. 933
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
Art 3 GG
(Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen
Pflichtstundenzahl für Lehrer an integrierten
Gesamtschulen)
Leitsatz
Es ist mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, daß die Pflichtstundenzahl für Lehrer mit
der Befähigung zum Lehramt an Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen auch
dann höher ist als für Lehrer mit der Befähigung zum Lehramt an Gymnasien, wenn sie
ebenso wie diese an einer integrierten Gesamtschule tätig sind.
Tenor
§ 20 Abs. 4 S. 1 der Verordnung über die Pflichtstunden der Lehrer, über die
Anrechnung dienstlicher Tätigkeiten und über Pflichtstundenermäßigungen aus
sozialen Gründen - Pflichtstundenverordnung - vom 15. Juni 1976 (GVBl. I S. 301),
zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung der
Pflichtstundenverordnung vom 2. August 1982 (GVBl. I S. 192), ist mit der
Verfassung des Landes Hessen vereinbar.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.
Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
A.
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob § 1 Nr. 1 a (jetzt - ohne inhaltliche
Änderung -: § 1 Abs. 1) in Verbindung mit § 20 Abs. 4 S. 1 der Verordnung über die
Pflichtstunden der Lehrer, über die Anrechnung dienstlicher Tätigkeiten und der
Pflichtstundenermäßigungen aus sozialen Gründen - Pflichtstunden-VO - vom 15.
Juli 1976 (GVBl. I S. 301), zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur
Änderung der Pflichtstunden-VO vom 2. August 1982 (GVBl. I S. 192), mit Artikel 1
der Verfassung des Landes Hessen - HV - vereinbar ist,
soweit sich nach diesen Bestimmungen für Lehrer mit der Befähigung zum
Lehramt an Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen, die ausschließlich in
nicht mehr nach Schulformen gegliederten Gesamtschulen im Unterricht der
Schüler ab 5. Schuljahr eingesetzt sind, im Vergleich zu den Lehrern mit der
Befähigung zum Lehramt an Gymnasien, die ebenfalls an solchen Gesamtschulen
unterrichten, eine höhere Pflichtstundenzahl ergibt.
I.
Art. 1 HV lautet:
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, ohne Unterschied des Geschlechts,
der Rasse, der Herkunft, der religiösen und der politischen Überzeugung.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 a Pflichtstunden-VO beträgt
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die wöchentliche Pflichtstundenzahl für Lehrer mit der Befähigung zum
Lehramt an Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen 28, nach
§ 1 Abs. 1 Nr. 5 a
für Lehrer mit der Befähigung zum Lehramt an Gymnasien 24 Stunden.
§ 20 Abs. 4 Pflichtstunden-VO bestimmt:
Lehrern mit der Befähigung zum Lehramt an Grundschulen, Hauptschulen und
Realschulen, die ausschließlich in nicht mehr nach Schulformen gegliederten
Gesamtschulen im Unterricht der Schüler ab 5. Schuljahr eingesetzt sind, wird eine
Wochenstunde auf die Pflichtstundenzahl angerechnet.
II.
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist Lehrerin mit der Befähigung zum Lehramt
an Grund-, Haupt- und Realschulen.
Sie begehrt in diesem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden mit ihrer
Klage gegen den Regierungspräsidenten in Gießen in erster Linie die Feststellung,
daß sie nicht mehr als 24 Wochenstunden Unterricht erteilen muß, solange sie in
der Sekundarstufe I einer integrierten Gesamtschule tätig ist. Hierzu vertritt sie die
Ansicht, die ungleiche Behandlung von Gymnasiallehrern und Lehrern mit der
Befähigung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen durch die
Pflichtstunden-VO verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, soweit diese
Lehrergruppen in ein und derselben integrierten, also nicht mehr nach
Schulformen gegliederten Gesamtschule tätig seien.
Die Klägerin unterrichtete im Schuljahr... an einer integrierten Gesamtschule in ....
Inzwischen ist sie an die integrierte Gesamtschule ... in ... versetzt und hat dort
z.Zt. eine 2/3-Stelle mit 16 Pflichtstunden in der Woche inne. An beiden Schulen
erteilten bzw. erteilen neben der Klägerin und anderen Lehrkräften mit der
Befähigung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen auch Lehrer mit
der Befähigung zum Lehramt an Gymnasien Unterricht.
Das von der Klägerin angerufene Verwaltungsgericht Wiesbaden hat sich an einer
Sachentscheidung gehindert gesehen, weil es die §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 a, 20 Abs. 4 S.
1 Pflichtstunden-VO für verfassungswidrig hält. Es hat das Ausgangsverfahren
ausgesetzt und die Sache gemäß Art. 132, 133 HV in Verbindung mit § 41 des
Gesetzes über den Staatsgerichtshof (StGHG) dem Staatsgerichtshof vorgelegt.
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, daß die genannten Vorschriften der
Pflichtstunden-VO gegen Art. 1 HV verstießen, eine verfassungskonforme
Auslegung nicht möglich und die Vereinbarkeit dieser Vorschriften mit Art. 1 HV für
das Verfahren entscheidungserheblich sei. Hierzu führt es aus:
Die Klage in der Fassung des nunmehr als Hauptantrag gestellten
Feststellungsantrages sei zulässig, und sie wäre auch begründet, wenn die
genannten Vorschriften der Pflichtstundenverordnung ganz oder teilweise
unwirksam und auf Lehrer mit der Befähigung für das Lehramt an Grund-, Haupt-
und Realschulen bei Verwendung an nicht mehr nach Schulformen gegliederten
Gesamtschulen in der Sekundarstufe I nicht anzuwenden wären. Die durch die
Unwirksamkeit dieser Normen entstehende Regelungslücke wäre dann nämlich
durch das Gericht im Wege rechtsanaloger Anwendung anderer, wirksamer
Vorschriften der Pflichtstunden-VO zu schließen. Nach Ansicht der Kammer käme
in diesem Fall nur eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 5 a Pflichtstunden-
VO in Betracht, weil diese Vorschrift ihrem Regelungsinhalt nach der Tätigkeit eines
Lehrers mit der Befähigung zum Lehramt für Grund-, Haupt- und Realschulen bei
Verwendung in der Sekundarstufe I einer integrierten Gesamtschule und der damit
verbundenen Arbeitsbelastung am nächsten komme.
Die mithin entscheidungserhebliche Vorschrift des § 20 Abs. 4 S. 1 in Verbindung
mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 a Pflichtstunden-VO verstoße zwar nicht gegen Art. 33 GG,
wohl aber gegen den in Art. 1 HV verankerten Gleichheitssatz, weil die im Vergleich
zur Pflichtstundenzahl der Gymnasiallehrer nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 a Pflichtstunden-
VO höhere Unterrichtsverpflichtung für Lehrer mit der Befähigung zum Lehramt an
Grund-, Haupt- und Realschulen ausschließlich an die unterschiedliche
Lehrbefähigung anknüpfe und der Regelung deswegen ein
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Lehrbefähigung anknüpfe und der Regelung deswegen ein
Unterscheidungsmerkmal zugrunde liege, das für die Festlegung der zumutbaren
Arbeitszeit regelmäßig ungeeignet sei (OVG Lüneburg, DVBl. 1980, 487 ff.).
Die Qualität der von einem Beamten aufgrund seiner Befähigung geleisteten oder
zu erwartenden Tätigkeit sei kein geeigneter Maßstab für deren Quantität,
jedenfalls nicht, soweit diese in der zeitlichen Inanspruchnahme durch die Tätigkeit
zum Ausdruck komme. Vielmehr gelte für alle Beamten ohne Rücksicht auf den
Grad ihrer Befähigung in gleicher Weise die Pflicht, sich mit voller Hingabe dem
Beruf zu widmen; dies werde durch die Verordnung über die Arbeitszeit der
Beamten auch dadurch konkretisiert, daß die regelmäßige Arbeitszeit aller
Beamten ohne Differenzierung nach ihrer Fähigkeit auf wöchentlich 40 Stunden
festgelegt worden sei. Schließlich stelle aber auch die Festlegung der
Regelstundenzahl für Lehrer eine Arbeitszeitregelung dar.
Wie das OVG Lüneburg (aaO) zutreffend ausgeführt habe, lasse sich eine
Entscheidung über die zeitliche Fixierung der von einem Lehrer zu leistenden
Arbeitsquantität im Regelfall nur unter Berücksichtigung der konkret ausgeübten
Funktionen treffen. Demnach könne eine Sinn und Zweck der Ermächtigung in § 85
Abs. 1 HessBeamtenGes. entsprechende Regelung unterschiedliche
Pflichtstundenzahlen für verschiedene Lehrergruppen nur dann vorsehen, wenn
unterschiedliche Funktionen ausgeübt würden. Freilich sei die zeitliche
Inanspruchnahme in bestimmten Funktionen "im Wege generalisierender
Betrachtungsweise" zu ermitteln. Bei Festlegung der Pflichtstundenzahl sei daher
von einer durchschnittlichen Arbeitsbelastung für einen Lehrer in bestimmter
Funktion auszugehen. Dabei sei es in der Regel nicht von vornherein zu
beanstanden, wenn an das Merkmal Lehrbefähigung im klassischen gegliederten
Schulsystem angeknüpft werde. Jedenfalls verliere aber die Lehrbefähigung dann
ihren Bezug zum tatsächlichen Arbeitsaufwand des Lehrers, wenn er an einer
integrierten Gesamtschule in den Klassen bzw. Jahrgangsstufen 5 - 10 eingesetzt
werde. Denn an diesen Schulen, an denen Lehrer sowohl mit der Befähigung für
das Lehramt an Gymnasien als auch für das Lehramt an Grund-, Haupt- und
Realschulen nebeneinander Unterricht in diesen Jahrgangsstufen erteilten, könne
nicht generell ausgeschlossen werden, daß Lehrer mit unterschiedlicher
Lehrbefähigung gleichartige Tätigkeiten mit gleicher Arbeitsbelastung verrichteten.
Der Differenzierung in den Jahrgangsstufen 7 und 8 sowie 9 und 10 nach sog.
Anspruchsebenen (A, B, C-Kursen) - mit unterschiedlichen Anforderungen an die
Leistungsfähigkeit der Schüler - stehe keine entsprechende Zuordnung der
Lehrkräfte zu den entsprechenden Anspruchsebenen gegenüber. Insbesondere
gebe es daher Weder eine Regelung, die den Einsatz von Lehrern mit der
Befähigung zum Lehramt für Grund-, Haupt- und Realschulen in der Mittelstufe
bzw. Sekundarstufe I auf die leistungsschwächeren Kurse beschränke, noch sei es
ausgeschlossen, daß Lehrer mit der Befähigung zum Lehramt an Gymnasien an
integrierten Gesamtschulen ausschließlich in der Sekundarstufe I und dort in
Kursen mit gleicher oder gar niedrigerer Anspruchsebene zum Einsatz kämen wie
bzw. als Lehrer mit der Befähigung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und
Realschulen.
Bei dieser Sachlage verliere die ausschließliche Anknüpfung an die Lehrbefähigung
für die Bemessung der Pflichtstundenzahl, die durch § 20 Abs. 4 S. 1
Pflichtstunden-VO ausdrücklich beibehalten werde, jeden Bezug zur tatsächlichen
Arbeitsbelastung des Lehrers. Mithin sei dieser Maßstab in diesen Fällen ein
generell ungeeignetes Unterscheidungskriterium.
Demgegenüber reiche es zur Verwirklichung des Gleichheitsgebotes nicht aus,
wenn in § 20 Abs. 4 S. 1 Pflichtstunden-VO die Zahl der Pflichtstunden der Grund-,
Haupt- und Realschullehrer bei Verwendung an integrierten Gesamtschulen in der
Sekundarstufe I durch die Anrechnung einer Wochenstunde an diejenige der
Gymnasiallehrer angenähert sei.
Schließlich werde auch durch die weitergehende Anrechnungsmöglichkeit des § 10
Abs. 1 Pflichtstunden-VO (bis zu zwei Wochenstunden je Lehrer für die Koordination
des Unterrichts in Förderstufen und schulformübergreifenden Gesamtschulen)
noch immer nicht die Gleichheit der tatsächlichen Pflichtstundenzahl beider
Lehrergruppen erreicht, zumal § 10 Pflichtstunden-VO für alle Lehrergruppen, d.h.
auch für Lehrer mit der Befähigung für das Lehramt an Gymnasien gelte.
III.
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Gemäß Art. 131, 132 HV, § 42 Abs. 1 StGHG ist dem Hessischen
Ministerpräsidenten - Staatskanzlei - und den Beteiligten des Ausgangsverfahrens
Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden.
1. Der Ministerpräsident hält die Vorlage im Ergebnis für zulässig, aber für
unbegründet und hat sich dazu wie folgt geäußert:
a) Der dem Vorlagebeschluß zugrunde liegende Sachverhalt bedürfe insoweit einer
Ergänzung, als das vorlegende Gericht bei seinen Erwägungen von der
Unterrichtssituation des Schuljahres... an der integrierten Gesamtschule in ...
ausgehe, die Klägerin des Ausgangsverfahrens jedoch seit einigen Jahren an die
integrierte Gesamtschule... versetzt worden sei. Nach der dortigen
Unterrichtssituation im Januar 1982 habe die Klägerin lediglich zu 1/6 Unterricht
erteilt, der den Anforderungen eines Gymnasiums entspreche. Dagegen seien
Lehrer mit der Befähigung zum Lehramt an Gymnasien in A-Kursen
überrepräsentiert, in C-Kursen jedoch kaum eingesetzt; bei den Grund-, Haupt-
und Realschullehrern verhalte es sich umgekehrt, wobei fast 1/3 überhaupt nicht in
Leistungskursen unterrichte.
b) Die Vorlage könnte trotz erheblicher Bedenken als zulässig angesehen werden,
weil jedenfalls die zur Überprüfung gestellten Bestimmungen der Pflichtstunden-
VO entscheidungserheblich seien. Insoweit könne das vorlegende. Gericht - die
Zulässigkeit der Feststellungsklage vorausgesetzt - zu einem anderen als
klageabweisenden Urteil in jedem Falle nur bei Ungültigkeit der genannten
Bestimmungen kommen.
c) Die Vorlagefrage sei allerdings dahingehend einzuschränken, daß nur § 20 Abs.
4 S. 1 Pflichtstunden-VO zur Prüfung gestellt werde. Dagegen sei die in § 1 Abs. 1
Nr. 1 a Pflichtstunden-VO lediglich allgemein geregelte Stundenverpflichtung der
Lehrer mit der Befähigung zum Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen nicht
im Streit. Denn die Klägerin im Ausgangsverfahren erstrebe allein die
Herabsetzung dieser Stundenverpflichtung insoweit, als Inhaber dieses Lehramtes
in nicht wesentlich unterschiedlicher Weise als Gymnasiallehrer an integrierten
Gesamtschulen eingesetzt würden. Wieviele Unterrichtsstunden Lehrer mit der
Lehrbefähigung an Grund-, Haupt- und Realschulen bei ihrer Verwendung an
integrierten Gesamtschulen zu geben hätten, bestimme jedoch § 20 Abs. 4 S. 1
Pflichtstunden-VO, der die ihnen auf ihre reguläre Pflichtstundenzahl zu
gewährende Ermäßigung festlege. Dem Rechtsschutzziel der Klägerin im
Ausgangsverfahren werde daher auch dann entsprochen, wenn in § 20 Abs. 4 S. 1
Pflichtstunden-VO die Worte "eine Wochenstunde" durch die Formulierung "vier
Wochenstunden" ersetzt würden.
Der Feststellung der Verfassungswidrigkeit von § 1 Abs. 1 Nr. 1 a Pflichtstunden-
VO bedürfe es nicht. Eine solche Einschränkung sei zulässig, da sie dem
Rechtsschutzbegehren der Klägerin im Ausgangsverfahren und der
Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts nicht entgegenstehe.
d) Die Vorlage sei jedoch unbegründet. Der Gleichheitssatz - Art. 1 HV - werde
durch die nach § 20 Abs. 4 S. 1 Pflichtstunden-VO bestehende unterschiedliche
Unterrichtsverpflichtung der an integrierten Gesamtschulen tätigen
Gymnasiallehrer und der Lehrer mit der Befähigung zum Lehramt an
Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen nicht verletzt.
aa) Unter Berufung auf die Ausführungen des Staatsgerichtshofes in seinen
Beschlüssen vom 23. Mai 1979 (P. St. 839 und P.St. 854) bejaht der Hessische
Ministerpräsident die dort zum Ausdruck gekommene Auffassung, daß der
allgemeine Gleichheitssatz auch dem Verordnungsgeber einen weiten Bereich des
Ermessens offen lasse und ihm nur äußerste Grenzen ziehe.
bb) Die Grenzen dieser Gestaltungsfreiheit habe der Verordnungsgeber beachtet,
als er in § 20 Abs. 4 S. 1 Pflichtstunden-VO die wöchentliche
Unterrichtsverpflichtung der an integrierten Gesamtschulen eingesetzten Grund-,
Haupt- und Realschullehrer nur um eine Stunde auf 27 Stunden ermäßigte, so daß
Lehrer mit dieser Lehrbefähigung wöchentlich 3 Stunden mehr erteilen müssen als
die an integrierten Gesamtschulen verwendeten Gymnasiallehrer.
Die von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe für
eine willkürfreie Bewertung der Lehrerarbeitszeit und eine sachlich gerechtfertigte
Differenzierung der Stundenverpflichtung für die einzelnen Lehrergruppen seien
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Differenzierung der Stundenverpflichtung für die einzelnen Lehrergruppen seien
eingehalten.
So sei bei der Beurteilung der Lehrerarbeitszeit eine Orientierung am Sinn und
Zweck der allgemeinen beamtenrechtlichen Regelung erforderlich. Die
unterschiedliche beamtenrechtliche Stellung (Laufbahn, Besoldung) reiche für eine
Differenzierung nicht aus, die Quantität der Leistung könne im Regelfall nur unter
Berücksichtigung der konkret ausgeübten Funktion bestimmt werden. Aus
sachlichen Erwägungen sei in der Regel die einheitliche Festsetzung der
Pflichtstundenzahl für alle Lehrer, die einer bestimmten Schulform oder Schulstufe
angehörten, gerechtfertigt. Eine unterschiedliche Festsetzung der
Pflichtstundenzahl sei nur dann angebracht, wenn die Arbeitsbelastung in einem
Maße unterschiedlich sei, daß sie Differenzierungen rechtfertige. Dabei sei eine
generalisierende Betrachtungsweise zugrundezulegen und der Aufwand an
individueller Arbeitszeit bewußt zu vernachlässigen. Als mögliche
Anknüpfungspunkte für eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung seien z.B.
grundsätzlich anzusehen die Verschiedenartigkeit der Ausbildungsziele der
einzelnen Schularten oder die verschiedenen Anspruchsebenen eines
differenzierten Unterrichts, wobei dann nach der Lehrbefähigung unterschieden
werden könne, wenn der Lehrer ihr entsprechend eingesetzt werde. Für den
konkreten Vergleich kämen das unterschiedliche Ausbildungsziel in den Fächern, in
denen der Unterricht in verschiedenen Anspruchsebenen erteilt werde, der
unterschiedliche Einsatz der Lehrer in den A-, B- und C-Kursen und die besondere,
übergreifende Funktion in Betracht, die der Gymnasiallehrer als Verbindungsglied
zu den weiterführenden Schulformen habe.
cc) Die integrierte Gesamtschule sei zwar eine eigenständige Schulform, sie führe
jedoch in der Sekundarstufe I zu den gleichen Abschlüssen, die nach dem Besuch
dieser Schulstufe an anderen Schulen erworben werden könnten (§ 1 der
Verordnung über die Abschlüsse nach den Jahrgangsstufen 9 und 10 an
integrierten Gesamtschulen vom 17.7.78 - Abl. S. 632 -). Den unterschiedlichen
Ausbildungszielen - Hauptschulabschluß, Realschulabschluß oder Versetzung in die
Jahrgangsstufe 11 der gymnasialen Oberstufe -diene vor allem die Differenzierung
des Unterrichts in Kurse mit unterschiedlichem Anspruchsniveau.
Ziel der A-Kurse sei in erster Linie die Vorbereitung auf den Besuch der
Sekundarstufe II, der gymnasialen Oberstufe; in den B-Kursen sollte zu einem
Realschulabschluß, in den C-Kursen zu einem Hauptschulabschluß hingeführt
werden.
Diese unterschiedlichen Ausbildungsziele führten hinsichtlich des Einsatzes der
Lehrer mit unterschiedlicher Lehrbefähigung zu folgenden Konsequenzen:
Gymnasiallehrer unterrichteten überwiegend im - differenzierenden -
Kursunterricht und dort in der obersten Anspruchsebene, den A-Kursen; Lehrer mit
Lehrbefähigung an Grund-, Haupt- und Realschulen seien überwiegend in den B-
und C-Kursen eingesetzt.
In der Schulpraxis werde tatsächlich entsprechend verfahren; das zeige
beispielhaft die eingangs dargestellte Aufteilung des Unterrichts an der
Gesamtschule... zwischen den verschiedenen Lehrergruppen.
Soweit Gymnasiallehrer überhaupt außerhalb der A-Kurse verwendet würden, sei
dies teilweise fächerbedingt, teilweise diene es neben der Erfüllung der
unmittelbaren Zwänge des Stundenplanes auch der Erweiterung des
Erfahrungsbereichs dieser Lehrergruppen.
Schon dieser unterschiedliche Einsatz der Gymnasiallehrer rechtfertige die
geringere Pflichtstundenzahl, da z.B. der auf das Ausbildungsziel "Versetzung in
die Jahrgangsstufe 11 der gymnasialen Oberstufe" ausgerichtete Unterricht im
Regelfalle längere Vorbereitungszeiten erfordere, so daß vergleichbare
Arbeitszeiten nur durch niedrigere Pflichtstundenzahlen zu erreichen seien. Dabei
sei - wie bei der gesamten Pflichtstundenregelung - eine Pauschalregelung
zulässig, ja sogar geboten, da in der Schulpraxis nicht jeder Einzelfall
berücksichtigt werden könne.
Unbeachtlich sei, daß die Zuordnung der Lehrer mit unterschiedlicher
Lehrbefähigung zu den Kursen mit entsprechendem Anspruchsniveau nicht
ausdrücklich geregelt sei. Ausschlaggebend für die - pauschale -
Pflichtstundenregelung sei die überwiegende tatsächliche Verwendung der
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Pflichtstundenregelung sei die überwiegende tatsächliche Verwendung der
einzelnen Lehrergruppen. Es falle daher bei der notwendig generalisierenden
Betrachtung nicht ins Gewicht, wenn in Einzelfällen Gymnasiallehrer, aus welchen
Gründen auch immer, ausschließlich Unterricht unterhalb des obersten
Anspruchsniveaus geben sollten.
dd) Die geringere Stundenverpflichtung des an einer integrierten Gesamtschule
tätigen Gymnasiallehrers sei weiter durch dessen besondere Funktion im System
der weiterführenden Schulen begründet. So führe z.B. das aufgrund eines Erlasses
des Kultusministers vom 28. Juli. 1975 (ABl. S. 539) geregelte "Verfahren für die
Zusammenarbeit von Schulen der Mittelstufe und der gymnasialen Oberstufe
(Schulverbund)" zu erheblichen Unterschieden bei der Verwendung der
Gymnasiallehrer gegenüber den anderen an der integrierten Gesamtschule
beschäftigten Lehrern. Insbesondere werde die sog. "Personalverzahnung" als
wichtigstes Mittel für den angestrebten Schulverbund durch die Gymnasiallehrer
geleistet. Diese würden deshalb teilweise in der gymnasialen Oberstufe eingesetzt
oder müßten damit in gewissen Abständen rechnen.
Auch hier zeige die eingangs dargestellte Übersicht über den Einsatz der
Gymnasiallehrer an der Gesamtschule..., daß von den 18 in Betracht kommenden
Lehrern 6 an der Oberstufe der ... schule unterrichteten.
Die Auffassung des OVG Lüneburg, "daraus, daß nicht alle Gymnasiallehrer
ausschließlich in der Orientierungsstufe eingesetzt seien, ergebe sich noch kein
funktionsbedingter Grund zur Differenzierung gegenüber Lehrern, die in der
Orientierungsstufe unterrichten", könne nicht überzeugen. Sie treffe keinesfalls
dann zu, wenn sowohl Unterricht an der integrierten Gesamtschule als auch an der
gymnasialen Oberstufe gegeben werde. Der Unterricht in der Oberstufe
(Sekundarstufe II) setze eine erhöhte geistige Konzentration während des
Unterrichts und eine vertiefte fachliche Vorbereitung im Verhältnis zu den beiden
anderen Stufen voraus. Im übrigen müsse auch der Gymnasiallehrer, der
vorübergehend nicht an einer Oberstufe unterrichte, jederzeit mit einer solchen
Verwendung rechnen. Wegen der fachlichen Anforderungen des
Oberstufenunterrichts sei jedoch eine intensivere berufsbegleitende Weiterbildung
notwendig als für den Unterricht in der Sekundarstufe I; dies gelte auch für die an
einer integrierten Gesamtschule tätigen Gymnasiallehrer.
ee) Ferner dürfe sich der Vergleich der Arbeitsbelastung nicht auf die an der
integrierten Gesamtschule tätigen Lehrergruppen beschränken. Vielmehr müsse
auch deren Stellung im Vergleich zu den Inhabern entsprechender Lehrämter, die
außerhalb der integrierten Gesamtschule beschäftigt seien, in die Betrachtung
einbezogen werden.
Ein Vergleich zwischen den Grund-, Haupt- und Realschullehrern an einer
integrierten Gesamtschule - soweit sie nicht mit einem Teil ihrer
Stundenverpflichtung in Kursen der obersten Leistungsgruppe unterrichteten - und
den an Grund-, Haupt- oder Realschulen eingesetzten Lehrern zeige, daß beide im
wesentlichen den gleichen Unterrichtsanforderungen ausgesetzt seien. Es würde
deshalb eine sachlich nicht begründbare Besserstellung bedeuten, wenn die
Wochenstundenverpflichtung der an einer integrierten Gesamtschule verwendeten
Grund-, Haupt- und Realschullehrer um 4 Stunden geringer wäre als die ihrer
Kollegen mit gleicher Lehrbefähigung an Grund-, Haupt- oder Realschulen.
Entsprechend verhalte es sich bei den in der integrierten Gesamtschule
verwendeten Gymnasiallehrern im Verhältnis zu ihren an Gymnasien tätigen
Kollegen. Im Vergleich zu diesen erscheine es nicht gerechtfertigt, den an einer
integrierten Gesamtschule unterrichtenden Gymnasiallehrer hinsichtlich seiner
Stundenverpflichtung einem Grund-, Haupt- oder Realschullehrer gleichzustellen.
Seine primäre Aufgabe sei es, im Unterricht an der integrierten Gesamtschule den
gymnasialen Bereich pädagogisch und wissenschaftlich zu vertreten. Er bleibe
nach den an ihn gestellten Anforderungen ebenso Gymnasiallehrer wie Inhaber
dieser Lehrbefähigung, die an Gymnasien beschäftigt seien.
ff) Schließlich dürfe bei einer sachgerechten Bewertung des Arbeitsaufwandes
nicht unberücksichtigt bleiben, daß es zwar die integrierte Schulform, noch nicht
aber den Lehrer mit einer auf diese Schulform abgestimmten Lehrbefähigung
gebe. Solange dies nicht der Fall sei, müßten sich die Unterrichtsgestaltung und
damit der Arbeitsaufwand und die Arbeitsbelastung der einzelnen an der
integrierten Gesamtschule tätigen Lehrergruppen primär an der Schulform
orientieren, der sie nach ihrer Ausbildung zugehörten und deren Ausbildungsziele
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orientieren, der sie nach ihrer Ausbildung zugehörten und deren Ausbildungsziele
sie in der neuen Schulform zu vermitteln hätten.
2. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hat zur Zulässigkeit der Vorlage
ausgeführt, diese habe der Staatsgerichtshof ebenso wie die Zulässigkeit der
Ausgangsklage außer bei - hier augenscheinlich nicht gegebener - offensichtlicher
Unhaltbarkeit nicht nachzuprüfen, sondern insoweit die Auffassung des
vorlegenden Gerichts hinzunehmen. Im übrigen hat sie sich der Rechtsauffassung
im Vorlagebeschluß des Verwaltungsgerichts Wiesbaden, die §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 a,
20 Abs. 4 S. 1 Pflichtstunden-VO verstießen gegen das Gleichheitsgebot der
Hessischen Verfassung, angeschlossen.
Sie hat ausgeführt, insoweit könne dahinstehen, ob die Gestaltungsfreiheit des
Verordnungsgebers tatsächlich derjenigen entspreche, die für den Gesetzgeber
nach ständiger Verfassungsrechtsprechung im Rahmen des Gleichheitsprinzips
gelte. Denn jedenfalls dürfe ein willkürliches, nämlich sachfremdes und nicht
begründbares Unterscheidungskriterium nicht zu einer ungleichen Behandlung
führen.
Anknüpfungspunkt für die Festsetzung der Pflichtstundenzahl könne daher nicht -
wie es nach der Pflichtstunden-VO ausschließlich der Fall sei - die Befähigung der
Lehrer sein, sondern - wie die Rechtsprechung vielfach betont habe - lediglich ihr
konkreter Einsatz oder ihre bestimmte Funktion.
In diesem Zusammenhang müsse die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts
hervorgehoben werden, die in den von dem Hessischen Ministerpräsidenten
vorgelegten Beschluß dieses Gerichts vom 24. März 1977 (2 BVR 1333/76)
Eingang gefunden habe:
"Der Verordnungsgeber hat deshalb eine Regelung zu treffen, die sich am
Umfang der zeitlichen Belastung der Lehrer für die betreffende Schulart orientiert."
Das Bundesverfassungsgericht sehe nicht ohne Grund davon ab, das Lehramt als
Kriterium für die Pflichtstundenregelung überhaupt auch nur zu erwähnen. Dies
erscheine auch selbstverständlich, wenn berücksichtigt werde, daß unabhängig
von ihrer Befähigung Beamte, die nicht Lehrer seien, einer regelmäßigen
Arbeitszeit von 40 Wochenstunden unterlägen. So würden im gesamten
außerschulischen Bereich die Unterschiede in der Befähigung über die Besoldung
geregelt. Dabei müsse betont werden, daß das Lehramt der Klägerin generell eine
Besoldungsgruppe niedriger als das Lehramt für Gymnasien eingestuft sei.
Die Ausführungen des Hessischen Ministerpräsidenten zur Begründetheit des
Vorlageantrages könnten nicht überzeugen.
a) Auf die tatsächlichen Verhältnisse an den hessischen Schulen komme es nur
"illustrativ und ganz nebenher" an, da in diesem Verfahren abstrakt über die
Gültigkeit von Normen zu entscheiden sei. Insoweit seien weder die Verhältnisse in
... noch in ... repräsentativ, da an anderen integrierten Gesamtschulen wiederum
ganz andere Verhältnisse herrschen könnten. Fest stehe lediglich, daß an beiden
Schulen Lehrer mit der Befähigung zum Lehramt an Gymnasien ausschließlich an
der Gesamtschule unterrichteten und nirgendwo sonst. Im übrigen könne auch aus
dem derzeitigen Einsatz der Klägerin schon deshalb nichts hergeleitet werden, weil
beispielsweise ihre Unterrichtstätigkeit in A-Kursen von dem Beklagten des
Ausgangsverfahrens manipulierbar sei.
Der Vorlagebeschluß prüfe zutreffend lediglich die Rechtslage, wie sie sich aus
dem Schulverwaltungsgesetz, dem Lehramtsgesetz und der Pflichtstunden-VO
ergebe. Insoweit könnten daher die von der Staatskanzlei herangezogenen Erlasse
und die tatsächliche von der Landesregierung erwünschte oder herbeigeführte
Situation für die Entscheidung über die abstrakte Rechtsfrage nicht erheblich sein.
Die von ihr zudem nicht überprüfbaren Aussagen über die Schulpraxis seien
solange ohne Belang, als sie nicht Eingang in die Rechtsnormen gefunden hätten.
Denn die aus der unterschiedlichen Lehrbefähigung herleitbaren
Unterscheidungsmerkmale seien im Lehramtsgesetz und in den
Besoldungsgesetzen endgültig geregelt, so daß jede weitere Differenzierung
aufgrund dieses Merkmals, die auch die Arbeitszeit betreffe, willkürlich sei.
Die Arbeitszeit jedes Lehramtes sei nämlich von der Funktion des Lehrers und
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Die Arbeitszeit jedes Lehramtes sei nämlich von der Funktion des Lehrers und
nicht von seiner Befähigung beeinflußt.
b) Die Tatsache, daß nicht alle Gymnasiallehrer an der Sekundarstufe I
unterrichteten, ergebe noch keinen Grund, eine solche Funktionsabweichung
zwischen Gymnasiallehrern sowie Grund-, Haupt- und Realschullehrern
anzunehmen, daß eine unterschiedliche Arbeitszeit gerechtfertigt sei.
Pauschale Typisierungen, die eine Gruppe benachteiligten und andere Gruppen
bevorzugten, seien nur ganz eingeschränkt als sachlich gerechtfertigt anzusehen.
Im vorliegenden Fall sei eine Notwendigkeit zur Typisierung jedoch nicht ersichtlich,
da sowohl das Lehramt an Gymnasien als auch das Lehramt der Klägerin des
Ausgangsverfahrens jeweils mit Einsatz an der integrierten Gesamtschule als
eigener Typus angesehen und einer eigenen speziellen Regelung für diesen Fall
unterzogen werden könne.
3. Der Landesanwalt stimmt den Ausführungen des Ministerpräsidenten zur
Zulässigkeit und Einschränkung der Vorlagefrage sowie zur Unbegründetheit der
Vorlage zu. Ergänzend führt er aus:
Nach dem Beschluß des Staatsgerichtshofs vom 23. Mai 1979 (P. St. 854) sei zu
fragen, ob für die von der Regelung für Gymnasiallehrer abweichende
Pflichtstundenzahl der Lehrer mit der Befähigung zum Lehramt an Grund-, Haupt-
und Realschulen, die ausschließlich in nicht mehr nach Schulformen gegliederten
Gesamtschulen im Unterricht der Schüler vom 5. Schuljahr an eingesetzt seien,
"sachlich einleuchtende Gründe bestehen, die dem Gerechtigkeitsgefühl
entsprechen und keine Willkür erkennen lassen" (StGH aaO, S. 16). Diese Frage sei
zu bejahen, ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht festzustellen.
Einerseits beanstande die Vorlage, daß in § 20 Abs. 4 S. 1 Pflichtstunden-VO
ausschließlich an die unterschiedliche Lehrbefähigung angeknüpft werde und damit
der Festsetzung der Pflichtstundenzahl ein Unterscheidungsmerkmal zugrunde
gelegt sei, das sich für die Festlegung der zumutbaren Arbeitszeit regelmäßig
nicht eigne. Andererseits erkenne sie aber auch an, "daß die Bemessung der
Pflichtstundenzahl nach der Lehrbefähigung im gegliederten Schulsystem bei
generalisierender Betrachtungsweise am tatsächlichen Arbeitsaufwand orientiert
ist". Aus diesem Grund hält der Landesanwalt, abweichend von manchen anderen
Stimmen, die Lehrbefähigung für einen verfassungsrechtlich nicht zu
beanstandenden Anknüpfungspunkt zur Festlegung der Pflichtstundenzahl, weil
dadurch - jedenfalls bei Verwendung des Lehrers nach seiner Lehrbefähigung - die
Pflichtstundenzahl maßgeblich am Ausbildungsziel der Schulart und somit an der
insgesamt gegebenen Arbeitsbelastung ausgerichtet sei. Zu fragen sei dann nur
noch, ob für dieses Unterscheidungsmerkmal "Lehrbefähigung" auch bei einer
Verwendung der Lehrer an einer integrierten Gesamtschule "sachlich
einleuchtende Gründe bestehen, die dem Gerechtigkeitsgefühl entsprechen und
keine Willkür erkennen lassen". Die vom Hessischen Ministerpräsidenten
vorgetragenen Gründe, insbesondere der Hinweis auf den unterschiedlichen
Einsatz der Lehrer in den A-, B- und C-Kursen, ließen eine verfassungsrechtlich zu
beanstandende Ungleichbehandlung nicht erkennen.
Etwaige Bedenken dagegen, ob § 20 Abs. 4 S. 1 Pflichtstunden-VO der
Arbeitsbelastung der Lehrer mit Befähigung zum Lehramt an Grund-, Haupt- und
Realschulen, soweit sie vor allem bei Unterricht in A-Kursen der Arbeitsbelastung
der Gymnasiallehrer vergleichbar sei, in voll befriedigender Weise Rechnung trage,
erlangten jedenfalls kein verfassungsrechtliches Gewicht.
Die von der Klägerin des Ausgangsverfahrens in ihrer Erwiderung zur
Stellungnahme des Ministerpräsidenten geltend gemachten Unterschiede von
Schule zu Schule führten zu keiner anderen Bewertung. Es liege durchaus noch im
Rahmen einer in verfassungsrechtlich zulässiger Weise generalisierenden
Regelung, daß nicht in allen Fällen nach den von der Staatskanzlei dargelegten
Grundsätzen beim Lehrereinsatz verfahren werden könne.
Entgegen der von der Klägerin des Ausgangsverfahrens vertretenen Auffassung
seien die von der Staatskanzlei geschilderten tatsächlichen Verhältnisse und die
von ihr herangezogenen Erlasse auch entscheidungserheblich. Unter Berufung auf
den Beschluß des Staatsgerichtshofs vom 23. Mai 1979 (P.St. 854) betrachte der
Landesanwalt die verfassungsrechtliche Prüfung von Rechtssätzen als einen
komplexen Vorgang, in dem neben den Tatsachenfeststellungen sich Wertungen,
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komplexen Vorgang, in dem neben den Tatsachenfeststellungen sich Wertungen,
Schätzungen und Prognosen sowie Auslegungen einfacher und
verfassungsrechtlicher Normen vermischten.
B.
I.
Die Vorlage ist zulässig.
1. Allerdings muß die Vorlagefrage ausgelegt werden. Denn die Klägerin im
Ausgangsverfahren - und ihr folgend das vorlegende Gericht - wenden sich im
Ergebnis nicht gegen § 1 Abs. 1 Nrn. 1 a, 5 a Pflichtstunden-VO. Die Klägerin greift
nicht die generelle Regelung an, nach der die wöchentliche Stundenzahl
grundsätzlich für Lehrer mit der Befähigung zum Lehramt an Gymnasien 24 und
mit der Befähigung zum Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen 28 beträgt.
Vielmehr hält sie es für verfassungswidrig, daß diese beiden Gruppen von Lehrern
auch dann, wenn sie an Schulen der gleichen Art, nämlich an integrierten
Gesamtschulen, und sogar an derselben Schule tätig sind, unterschiedliche
Unterrichtsverpflichtungen haben, nämlich die einen 24 und die anderen 27
Stunden unterrichten müssen.
Diese Frage der trotz Tätigkeit an derselben Schulart oder Schule
unterschiedlichen Unterrichtsverpflichtung ist aber in der Weise geregelt, daß für
Gymnasiallehrer auch dann die für sie grundlegende und allgemeine Vorschrift des
§ 1 Abs. 1 Nr. 5 a Pflichtstunden-VO (= 24 Wochenstunden) unverändert gilt,
während nach § 20 Abs. 4 S. 1 Pflichtstunden-VO die Unterrichtsverpflichtung der
Lehrer mit der Befähigung zum Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen, die
an integrierten Gesamtschulen tätig sind, um eine Stunde je Woche ermäßigt wird,
diese Lehrer also statt 28 nur 27 Stunden zu unterrichten haben. Indem die
Klägerin im Ausgangsverfahren die unterschiedliche Pflichtstundenzahl der beiden
an integrierten Gesamtschulen unterrichtenden Lehrergruppen als
verfassungswidrig ansieht, greift sie also im Ergebnis diese Vorschrift insoweit an,
als sie die dort normierte Ermäßigung für unzureichend hält. Es ist einerseits
erforderlich, genügt andererseits aber auch, die Vereinbarkeit von § 20 Abs. 4 S. 1
Pflichtstunden-VO mit der Hessischen Verfassung (im Verhältnis zur
Pflichtstundenzahl der Gymnasiallehrer) zu prüfen.
2. Nach Art. 132, 133 HV trifft nur der Staatsgerichtshof eine Entscheidung
darüber, ob ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung mit der Verfassung des
Landes Hessen in Widerspruch steht.
Hat ein gerichtliches Verfahren Anlaß zu dem Antrag auf Prüfung der
Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsverordnung gegeben, so muß es für die
Entscheidung im Ausgangsverfahren auf die Frage ankommen, ob die
Rechtsverordnung wegen Verfassungswidrigkeit ungültig ist. Das ist dann der Fall,
wenn das Gericht bei Gültigkeit der vorgelegten Norm anders entscheiden würde,
als bei ihrer Ungültigkeit (so StGH, Urteile vom 6. September 1958 - P.St. 221 -,
StAnz. 1958, 1154, DÖV 1959, 101 m. Anm. Klein und vom 19. Mai 1976 - P.St.
757 -, StAnz. 1976, 1134 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts, u.a. in BVerfGE 36, 258, 263 mit weiteren
Nachweisen, und zuletzt StGH, Urteil vom 1. Dezember 1976 - P.St. 812 -, StAnz.
1977, 110).
Im Ergebnis ist diese Frage zu bejahen. Ist § 20 Abs. 4 S. 1 in Verbindung mit § 1
Abs. 1 Nr. 1 a Pflichtstunden-VO mit der Hessischen Verfassung vereinbar, dann
muß die Klage im Ausgangsverfahren abgewiesen werden. Wäre hingegen diese
Vorschrift verfassungswidrig, dann träfe es zwar nicht zu, daß, wie das vorlegende
Gericht meint, § 1 Abs. 1 Nr. 5 a zwangsläufig analog angewendet werden müßte.
Denn die von der Klägerin im Ausgangsverfahren gerügte Ungleichheit könnte
auch auf andere Weise beseitigt werden, z.B. durch Erhöhung der
Pflichtstundenzahl der Gymnasiallehrer oder durch eine vermittelnde Lösung. Es
bliebe vielmehr dann der Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers überlassen,
wie die Regelungslücke geschlossen werden sollte (vgl. BVerfGE 22, 349, 361).
Indessen würde ein Urteil des Staatsgerichtshofs, das einen Gleichheitsverstoß
feststellte, der Klägerin damit die Chance einer für sie letztlich positiven Lösung
eröffnen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das vorlegende Gericht unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Staatsgerichtshofs und analoger Anwendung
bestimmter, verfassungsgemäßer Vorschriften der Pflichtstunden-VO selbst
entscheiden könnte, oder ob es dann das Verfahren (erneut) auszusetzen und
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entscheiden könnte, oder ob es dann das Verfahren (erneut) auszusetzen und
eine verfassungskonforme Neuregelung durch den Verordnungsgeber abzuwarten
hätte. Denn schon diese alternative Möglichkeit genügt für die
Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage und damit für die Zulässigkeit der
Vorlage insgesamt (vgl. dazu BVerfGE 29, 51, 55; 49, 192, 203 jeweils mit weiteren
Nachweisen). Jedenfalls ist bei einem vom Staatsgerichtshof festgestellten Verstoß
gegen die Verfassung das Tätigwerden des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers zu
erwarten.
3. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin im Ausgangsverfahren entfällt auch
nicht deshalb, weil sie mit ihrer Klage möglicherweise nicht eine ihr günstige,
sondern nur eine den Gymnasiallehrern ungünstigere Regelung erreichen könnte.
Denn die Möglichkeit, daß es zu einer für sie günstigen Entscheidung kommen
könnte, ist nicht auszuschließen.
II.
§ 20 Abs. 4 S. 1 Pflichtstunden-VO ist mit der Verfassung des Landes Hessen
vereinbar.
Prüfungsmaßstab für die Frage, ob die unterschiedliche Pflichtstundenzahl für
Gymnasiallehrer einerseits, Grund-, Haupt- und Realschullehrer andererseits bei
gleichzeitigem Einsatz an integrierten Gesamtschulen der Verfassung entspricht,
ist Art. 1 HV.
1. Der allgemeine Gleichheitssatz bindet nicht nur den Gesetz-, sondern auch den
Verordnungsgeber als normsetzende Exekutive. Der Verordnungsgeber muß
danach im wohlverstandenen Sinn der ihm erteilten Ermächtigung handeln und
darf sich nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen; im übrigen ist er in
diesem Gestaltungsrahmen jedoch im wesentlichen frei, so daß die Erkenntnisse
zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers auch für die Beurteilung einer
Rechtsverordnung am Maßstab des Art. 1 HV herangezogen werden können
(StGH, Beschluß vom 23. Mai 1979 - P.St. 839 -, ESVGH 29, 210). Der
Staatsgerichtshof hat keine Möglichkeit, eine Rechtsverordnung oder eine einzelne
Vorschrift daraus unter den Gesichtspunkten der allgemeinen Gerechtigkeit und
der Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Vielmehr läßt der allgemeine Gleichheitssatz
auch hier dem Verordnungsgeber einen weiten Bereich des Ermessens offen und
zieht ihm nur äußerste Grenzen.
Diese Grenzen sind nicht überschritten. Zwar mögen auch andere und jedenfalls
von einzelnen Interessen her gesehen auch "bessere" Lösungen denkbar sein, als
sie die Verordnung in ihrer detaillierten, gleichwohl aber nicht erschöpfenden
Kasuistik getroffen hat. Indessen kommt es darauf im Rahmen der
verfassungsrechtlichen Prüfung nicht an, und erreichen derartige Zweifel keine
verfassungsrechtliche Relevanz. Denn die ausschlaggebende Frage ist abstrakt zu
betrachten, und dazu genügt es, daß objektive Merkmale und Kriterien vorhanden
sind, die es rechtfertigen, beide Gruppen von Lehrern auch dann unterschiedlich
zu behandeln, wenn Unterschiede in ihrer praktischen Tätigkeit an derselben
Schulart oder Schule jedenfalls zeitweise nicht bestehen.
2. Die äußerste Grenze für die Ermessens- und Gestaltungsfreiheit des
Verordnungsgebers, das Willkürverbot, ist nicht verletzt. Nach den zu diesem
Verbot entwickelten Grundsätzen muß der Verordnungsgeber - ebenso wie der
Gesetzgeber - bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken gleichliegende
oder vergleichbare Sachverhalte mit denselben Rechtsfolgen regeln. Auch bei
vergleichbaren Tatbeständen verbietet der Gleichheitssatz nicht jede
Differenzierung, soweit sich dafür ein vernünftiger, aus der Natur der Sache
folgender oder sonst sachlich einleuchtender Grund finden läßt; er ist erst dann
verletzt, wenn für die Unterscheidung ein solcher Grund nicht vorliegt, die
Regelung also willkürlich ist (BVerfGE 35, 263, 272; 40, 109, 116).
Andererseits erlaubt der Gleichheitssatz mit Rücksicht auf eine Ungleichheit
verschiedener Sachverhalte nicht jede Differenzierung; für sie muß sich ebenfalls
gerade aus dem Sachverhalt, den die Regelung zum Gegenstand hat, ein sachlich
vertretbarer Gesichtspunkt anführen lassen (BVerfGE 17, 122, 130; 19, 1, 8).
3. Es ist allgemein anerkannt, daß bei der Ermittlung der Gesamtarbeitszeit für
Lehrer neben den Pflichtstunden noch andere Arbeitsbelastungsmomente zu
berücksichtigen sind, die im Ergebnis Unterschiede in der Pflichtstundenzahl
rechtfertigen können.
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Im wesentlichen übereinstimmend geht die verwaltungsgerichtliche
Rechtsprechung davon aus, daß es sich bei der Pflichtstundenzahl für Lehrer zwar
nicht um eine Regelung der Arbeitszeit i.S. der einschlägigen Beamtengesetze
handele, sich die Pflichtstundenzahl jedoch zwangsläufig auf die gesamte
Arbeitszeit auswirke, die der Lehrer für seinen Beruf (Vorbereitung, Unterricht,
Korrektur, Konferenzen, Elternbesprechungen und dergl.) aufzubringen habe (so
schon HessVGH, ZBR 1970, 124 f; BVerwG, ZBR 1971, 171, 344 f; ZBR 1972, 155;
ZBR 1978, 373 f; BVerwG, DVBl. 1983, 502 f; VGH Baden-Württemberg, ZBR 1977,
332; wohl weitergehend: OVG Lüneburg a.a.O.). Diese Auffassung wird auch vom
Bundesverfassungsgericht vertreten (Beschluß vom 24. März 1977 - BvR 1333/76 -
); ihr hat sich der Staatsgerichtshof schon in seinen Entscheidungen vom 23. Mai
1979 (P.St. 839 und 854) angeschlossen.
Grundsätzlich wird es dabei als nicht willkürlich angesehen, wenn der Normgeber
im Rahmen generalisierender Betrachtungsweise zwischen den
Arbeitsbelastungsmomenten verschiedener Lehrergruppen aufgrund differierender
Lehrbefähigung unterscheidet (vgl. Schwandt, Arbeitszeit der Lehrer, ZBR 1980,
202, 206 mit weiteren Nachweisen; VGH Baden-Württemberg, ZBR 1977, 332 ff;
vgl. auch Hess. VGH, ZBR 1970, 124; BVerwG, ZBR 1978, 373 f). Der vom
vorlegenden Gericht geteilten abweichenden Ansicht des OVG Lüneburg (a.a.O.)
vermag der Staatsgerichtshof schon deshalb nicht zu folgen, weil die
Orientierungsstufe in Niedersachsen mit der integrierten Gesamtschule nach
hessischem Schulrecht nicht vergleichbar ist und auch sonst die tatsächlichen
Verhältnisse als Entscheidungsgrundlage für das dortige Urteil andere waren als
hier.
Der Geeignetheit dieses Merkmals steht nicht entgegen, daß an den Begriff der
Befähigung bereits die Einstellung, Laufbahn und Besoldung des Beamten
geknüpft werden. Eine Berücksichtigung der Lehrbefähigung auf der Ebene der
Qualität schließt nicht aus, daß sie auch im Bereich der Quantität den von den
einzelnen Lehrergruppen geforderten Umfang der Arbeitsbelastung mitbestimmt.
Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn Einsatz und Funktion des Lehrers gerade
von seiner Lehrbefähigung abhängen. Für den Bereich der nach Schulformen
gegliederten Schulen ist daher das Abstellen auf das Merkmal "Lehrbefähigung"
nicht willkürlich, da dort gerade Schulform und Lehrbefähigung aufeinander
abgestimmt sind.
4. Der Staatsgerichtshof hält diesen Ausgangspunkt und die ausschlaggebende
Bedeutung der Lehrbefähigung auch innerhalb eines Schultyps - hier: einer
integrierten Gesamtschule -jedenfalls so lange für ein zulässiges
Unterscheidungsmerkmal zwischen verschiedenen Lehrergruppen und ihre
Berücksichtigung in diesem Zusammenhang nicht für sachwidrig, willkürlich und
verfassungswidrig, als die Lehrbefähigung mit der Funktion gekoppelt ist, so daß
die eine von der anderen mindestens teilweise abhängt. Diese Voraussetzung ist
hier gegeben.
a) Zunächst ist zu berücksichtigen, daß die Lehrer mit der Befähigung zum
Lehramt an Gymnasien auch in der Sekundarstufe II unterrichten dürfen und
können, diejenigen mit der Befähigung zum Lehramt an Grund-, Haupt- und
Realschulen dagegen nicht (§ 4 des Gesetzes über das Lehramt an öffentlichen
Schulen i.d.F. vom 30. Mai 1969 - GVBl. 1969 S. 101). Dieser grundlegende
Unterschied rechtfertigt die differierende Pflichtstundenzahl für beide
Lehrergruppen auch in der besonderen Situation gleichzeitiger Verwendung an
derselben Schulform oder Schule. Denn die ganz oder zum Teil an integrierten
Gesamtschulen eingesetzten Gymnasiallehrer können dabei - im Gegensatz zu
den Lehrern mit der Befähigung zum Lehramt an Grundschulen, Hauptschulen und
Realschulen sowie mit einer als gleichwertig anerkannten Befähigung zu diesem
Lehramt - ausschließlich oder zum Teil Unterricht in der Sekundarstufe II erteilen,
entweder an derselben oder gleichzeitig an einer anderen Schule. Zum einen gibt
es nämlich integrierte Gesamtschulen, die auch eine Sekundarstufe II umfassen;
zum anderen unterrichten Gymnasiallehrer - und das nicht nur ausnahmsweise -
gleichzeitig an einer integrierten Gesamtschule und an der Oberstufe eines
Gymnasiums oder an einer Oberstufenschule, während diese Konstellation für die
anderen Lehrergruppen ausscheidet. Selbst wenn dies nicht allgemeine Praxis sein
sollte, reicht die Möglichkeit aus, um die getroffene Differenzierung in der
Pflichtstunden-VO als von sachlichen Erwägungen getragen erscheinen zu lassen
(vgl. dazu insbesondere auch VGH Baden-Württemberg, ZBR 1977, S. 334).
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b) Weiterhin beeinflußt die Verschiedenartigkeit der Ausbildungsziele der einzelnen
Schularten die Unterrichtsgestaltung und damit zwangsläufig auch die Arbeitszeit
der Lehrer; sie wird damit ebenfalls als sachgerechtes Kriterium unterschiedlicher
Festsetzung des Regelstundenmaßes angesehen (vgl. z.B. BVerwG, ZBR 1971,
172; 1972, 156; 1978, 71; DVBl. 1983, 502 f.). Dieser Verschiedenartigkeit
entspricht die in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 vorzunehmende Differenzierung
nach sog. Anspruchsebenen in A-, B- und C-Kurse. Die A-Kurse sollen zum
Übergang in die gymnasiale Oberstufe, die B-Kurse zum Real- und die C-Kurse
zum Hauptschulabschluß führen. Schon aus dieser Konzeption und der darauf
beruhenden Interessenlage folgt, daß jedenfalls typischerweise die
Gymnasiallehrer überwiegend in A-, die anderen Lehrergruppen in B- und C-Kursen
eingesetzt werden. Die Differenzierung der Pflichtstundenzahlen ist - selbst bei
(zeitweise) ausschließlichem Einsatz beider Lehrergruppen an dieser Schulform -
jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil die Differenzierung nach dem
Leistungsvermögen der Schüler in unterschiedliche Anspruchsebenen und
demzufolge ihre Aufteilung auf verschiedene Kurse geradezu zwangsläufig einen
unterschiedlichen Einsatz der Lehrer gemäß ihrer Lehrbefähigung in demjenigen
Kurs nach sich zieht, der dem konventionellen Schulaufbau entspricht.
Wie sich aus dem Vortrag des Ministerpräsidenten ergibt, decken sich mit diesem
Postulat, das aus den tatsächlichen Voraussetzungen und Gegebenheiten
nachgerade zwingend folgt, die Verfahrensweise und Verhältnisse in der Praxis -
auch an der Schule, an der die Klägerin im Ausgangsverfahren unterrichtet.
Zudem liegt es im wohlverstandenen Interesse aller Schüler einer integrierten
Gesamtschule, deren Konzeption - Hinführung in den A-Kursen zur Sekundarstufe
II -zu folgen und die Gymnasiallehrer mit ihrer darauf gerichteten Ausbildung und
wiederum darauf beruhenden Lehrbefähigung in dieser Weise einzusetzen. Es kann
nicht davon ausgegangen werden, daß die dafür zuständigen Stellen sich
sachwidrig verhalten und generell anders verfahren (vgl. dazu auch VGH Baden-
Württemberg a.a.O.). Auch die Klägerin im Ausgangsverfahren hat dazu
Abweichendes oder Gegenteiliges nicht konkret und substantiiert vorgetragen.
Zuzugeben ist allerdings, daß eine rechtliche Fixierung dieser Intention und
Sachlage zur Klarstellung beitragen, etwaige Zweifel beseitigen, die gebotene
Transparenz bewirken oder erhöhen und damit die erforderlichen
Entscheidungsprozesse erleichtern würde. Aber auch ohne eine solche
ausdrückliche Regelung reicht die vorbezeichnete typischerweise unterschiedliche
Verwendung als Kriterium für eine unterschiedliche Festlegung der
Pflichtstundenzahl auch in diesem Bereich aus.
5. Ungeachtet der rechtlich und pädagogisch selbständigen Schulform der
integrierten Gesamtschule und der dadurch bedingten Verschmelzung der
getrennten Bildungsgänge der traditionellen Schulformen muß ein Vergleich der
Arbeitsbelastung der dort unterrichtenden mit den nicht an einer Gesamtschule
tätigen Lehrergruppen zulässig sein und angestellt werden. Die Berücksichtigung
der Aufgaben und Zielsetzungen einer integrierten Gesamtschule kann nicht
gleichsam zu einem "Vergleichsverbot" zwischen den an integrierten
Gesamtschulen tätigen und denjenigen Lehrern führen, die ihrer
Lehramtsbefähigung entsprechend an traditionellen Schulformen unterrichten.
Mit dieser Betrachtungsweise wird das allgemeine Problem, Pflichtstunden für
Lehrer mit unterschiedlicher Lehrbefähigung festzulegen, nicht unzulässig mit dem
besonderen Problem der Gleichbehandlung der an integrierten Gesamtschulen
tätigen Lehrer vermischt. Obwohl nach den in Hessen getroffenen
organisationsrechtlichen Regelungen die integrierte Gesamtschule weder eine
Hauptschule noch eine Realschule oder ein Gymnasium, sondern eine
eigenständige Schulform neben diesen traditionellen Schulen ist, gibt es aufgrund
der Sachnähe zu eben diesen Schulformen hinsichtlich der Lehrtätigkeit mehr
Kriterien, die eine Differenzierung in bezug auf die Arbeitsbelastung und damit die
Pflichtstunden rechtfertigen, als solche Umstände, die allein aufgrund der
Selbständigkeit dieser Schulform und der für sie geltenden Aufgaben und Ziele
eine einheitliche Festlegung der Stundenverpflichtung aller an ihr unterrichtenden
Lehrer verlangten. Nach alledem rechtfertigt als differenzierendes Kriterium im
Ergebnis die Gesamtarbeitsbelastung der verschiedenen Lehrergruppen -
gemessen an der in den einzelnen Unterrichtsstunden aufzubringenden
Konzentration, an der zeitlichen Inanspruchnahme durch Vorbereitung für den
Unterricht und durch Nacharbeiten - die Unterschiede in den Pflichtstundenzahlen.
Um einen Verstoß der Pflichtstunden-VO gegen den Gleichheitssatz zu begründen,
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Um einen Verstoß der Pflichtstunden-VO gegen den Gleichheitssatz zu begründen,
müßte die Arbeitsbelastung für Gymnasiallehrer einerseits, Grund-, Haupt- und
Realschullehrer andererseits auch bei gleichzeitiger Verwendung an einer
integrierten Gesamtschule tatsächlich einen solchen Grad an Gleichheit erlangen,
daß allein eine für beide Lehrergruppen einheitliche Festsetzung der Pflichtstunden
dem Gleichheitsgebot i.S. des Art. 1 HV gerecht würde. Das trifft jedoch, wie
dargelegt, nicht zu.
Selbst wenn in einzelnen Fällen nicht auszuschließen wäre, daß Lehrer mit der
Befähigung zum Lehramt an Gymnasien (zeitweise) auf der gleichen
Anspruchsebene der integrierten Gesamtschule wie Grund-, Haupt- und
Realschullehrer zum Einsatz kommen, würde dieser Einwand bei generalisierender
Betrachtungsweise nicht zu der Feststellung führen, die unterschiedliche
Festsetzung einer einheitlichen Pflichtstundenzahl verstoße gegen den
Gleichheitssatz und sei daher verfassungswidrig. Um allen Unterschieden oder
Ungleichheiten der mit der Arbeitsbelastung der Lehrer zusammenhängenden
Faktoren gerecht zu werden, bedürfte es einer Pflichtstundenfestsetzung nach
Schulfach oder konkretem Unterrichtseinsatz; sie müßte zudem bei sämtlichen
Änderungen des Stundenplans, der Klassenfrequenz oder anderer relevanter
Umstände jeweils neu getroffen werden. Eine solche Regelung wäre mit einem
nicht zu bewältigenden Verwaltungsaufwand verbunden und würde die Planung
eines geordneten Schulbetriebes unerträglich erschweren, ja unmöglich machen
(vgl. BVerwG, ZBR 1971, 344, 346; DVBl. 1983, 502 f). Zudem hätte sie
zwangsläufig wiederum neue Unklarheiten und Streitfragen zur Folge.
6. Bei diesem Ergebnis kann offenbleiben, ob dann, wenn die zur Prüfung gestellte
Regelung nicht schon im Grundsatz als willkürfrei befunden worden wäre, ein
Unterschied von 3 bei 27 Pflichtstunden von seinem Ausmaß her
verfassungsrechtliche Qualität und Relevanz erlangen könnte (vgl. dazu VGH
Baden-Württemberg a.a.O., der - in ähnlichem Zusammenhang - eine Differenz
von 10 % für vertretbar gehalten hat). Dies gilt um so mehr, als die
Betrachtungsweise hier auf ein Problem und einen Teilaspekt der
Gesamtarbeitszeit und -belastung verengt erscheint, die im übrigen auch noch
von anderen tatsächlichen Faktoren und rechtlichen Vorschriften wesentlich
mitbestimmt wird. Dabei ist der Aufgabenbereich außerhalb der
Unterrichtsstunden um so weniger zeitlich exakt meßbar, als die insoweit
aufzuwendende Arbeitszeit auch nach Schülerzahl, Schulfächern und schließlich
auch individuell nach Fähigkeiten und Erfahrungen des einzelnen Lehrers differiert
(BVerwG ZBR 1978, 373 f; DVBl. 1983, 502 f).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 24 StGHG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.